04 - Virologie Wien

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04/12
”VIRUSEPIDEMIOLOGISCHE INFORMATION” NR._____
Für den Inhalt verantwortlich: Prof. Dr. Franz X. Heinz
Redaktion: Prof. Dr. H. Holzmann, Prof. Dr. Th. Popow-Kraupp
Department f. Virologie d. Med. Universität Wien
1095 Wien, Kinderspitalgasse 15
Tel. +43 1 40160-65500 Fax: +43 1 40160-965599
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HIV-Epidemie 2011 in Österreich
Elisabeth Puchhammer-Stöckl
Wie jeden Februar präsentieren wir auch heuer wieder an dieser Stelle die Zahlen
der HIV-Infektionen und der AIDS Fälle in Österreich im vergangenen Jahr. Wie aus der
Tabelle 1 ersichtlich ist, wurden im Jahr 2011 in Österreich 525 Fälle von HIVInfektionen neu diagnostiziert, das ist deutlich mehr als 2010, aber nur wenig höher als
in den Jahren davor. Es scheint als ob der leichte Rückgang der Neudiagnosen im Jahr
2010 nur eine Zufallsschwankung war und keine wirkliche Änderung der Situation in
Österreich stattgefunden hat. Leider sind wir nach wie vor von den niedrigeren Zahlen
früherer Jahre weit entfernt, und es scheint dass das HIV-Risikoverhalten sich nicht
verbessert hat. Die Änderungen in den einzelnen Bundesländern (Tabelle 2) sind wie
jedes Jahr unterschiedlich und wirkliche Trends in den einzelnen Regionen sind nur
schwer zu erkennen. Eine Zunahme der Neudiagnosen 2011 im Vergleich zu 2009 und
2010 hat es vor allem in Wien und Kärnten gegeben. Bei einem Teil der mit HIV neu
diagnostizierten Patienten ist die Nationalität bekannt, und es zeigt sich, dass in den
letzten Jahren konstant ca. 70% der Neudiagnosen bei österreichischen Staatsbürgern
stattgefunden haben, 10-15% bei Personen aus anderen europäischen Staaten und 612% bei Patienten aus afrikanischen Ländern. Die Daten wurden vor allem in den
großen österreichischen Behandlungszentren im Rahmen der österreichischen HIVKohortenstudie (AHIVKOS, Leiter Prof.Zangerle) erhoben.
Seit Jahren, eigentlich bereits seit dem Beginn der HIV-Epidemie, steht die Frage im
Raum, wie viele Personen mit HIV-Infektion nun tatsächlich in Österreich leben (siehe
auch VEI 4/10) und wie viele davon eine antivirale Behandlung erhalten. Auch diese
Frage wurde im Rahmen der österreichischen HIV-Kohortenstudie untersucht. Laut
dieser Studie erhalten derzeit in Österreich etwa 4.000 Personen antivirale Therapien in
klinischen Zentren oder bei den niedergelassenen HIV-Experten. Wenn zusätzlich die
Patienten miteinbezogen werden, die bekannt HIV-positiv sind aber derzeit keine
antivirale Therapie erhalten, und angenommen wird, dass 25% aller HIV-Infizierten bis
Mit Unterstützung der Firmen Baxter, Novartis, Abbott und Roche.
Copyright by Prof. Dr. Franz X. Heinz. Veröffentlichungen auch auszugsweise sind nur mit Genehmigung gestattet.
jetzt noch nicht diagnostiziert sind, kommen die Leiter der Kohorte auf eine Zahl von bis
zu 8.000 HIV-positiven Personen, die derzeit in Österreich leben.
Eine deutliche Änderung gibt es bei den offiziellen Zahlen über die AIDS Fälle
(Tabelle
1).
Erkrankungen
Nach
im
genauer
letzten
Nachforschung
Jahr
ist
die
und
Zahl
Nachmeldungen
der
AIDS
Fälle,
von
die
AIDSdem
Gesundheitsministerium nun vorliegen, deutlich höher als früher angenommen. Generell
geht das Ministerium jetzt davon aus, dass in Österreich etwas mehr als 1.700
Personen mit AIDS leben. Die Zahl der Patienten, die seit 1983 an AIDS verstorben
sind, wird in der jährlichen Statistik (bis Anfang Dezember 2011) mit 1.945 angegeben.
Ein sehr wichtiger Aspekt für das Eindämmen der HIV-Neuinfektionen ist der
Zeitpunkt, wann im Krankheitsverlauf die Erstdiagnose der HIV-Infektion erfolgt. Hier
zeigen die Daten, dass leider nur ca. 20% der Patienten in Österreich eine relativ frühe
Diagnose erhalten. Im Gegensatz dazu wurden - auch im Jahr 2011 (bis September) ein Viertel aller Patienten der österreichischen HIV-Kohorte erst in einem sehr
fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung als HIV-positiv diagnostiziert, mit einer CD4
Zellzahl von unter 200/µl Blut und/oder mit einer Entwicklung von AIDS definierenden
Erkrankungen innerhalb von 3 Monaten nach Diagnose. Diese Zahlen (die auch
vergleichbar mit anderen europäischen Ländern sind) weisen deutlich darauf hin, dass
das Bewusstsein für die HIV-Infektion in der Bevölkerung viel zu gering ist, und das
eigene Infektionsrisiko oft gar nicht wahrgenommen wird. Das ist aber nicht nur für den
Krankheitsverlauf der einzelnen Patienten, sondern auch aus epidemiologischer Sicht
äußerst
problematisch.
Bei
Personen, bei denen die
HIV-Infektion frühzeitig
diagnostiziert wurde, kann die Virusmenge schon früh durch eine antivirale Behandlung
unter die Nachweisbarkeitsgrenze gedrückt werden (auf weniger als 40-50 Kopien Virus
RNA/ml Blut). Im Gegensatz dazu haben Patienten, die sich ihrer Infektion nicht
bewusst sind und nicht therapiert werden, oft hohe Viruslasten in Blut und anderen
Körpersekreten und tragen daher wesentlich mehr zur Verbreitung des Virus in der
Gesellschaft bei. Daher kann nicht oft genug gefordert werden, dass das Bewusstsein
für die Risiken einer HIV-Infektion generell gestärkt wird, und dass bei unspezifischen
klinischen Symptomen wie Lymphknotenschwellungen oder Exanthemen immer auch
eine akute HIV-Infektion in der Differentialdiagnose berücksichtigt wird.
04/12-2
VIR. EP. INF. NR. _______
Für den Inhalt verantwortlich: Prof. Dr. Franz X. Heinz, Department f. Virologie d. Med. Universität Wien
Redaktion: Prof. Dr. H. Holzmann, Prof. Dr. Th. Popow-Kraupp; Department f. Virologie d. Med. Universität Wien
Mit Unterstützung der Firmen Baxter, Novartis, Abbott und Roche.
Copyright by Prof. Dr. Franz X. Heinz. Veröffentlichungen auch auszugsweise sind nur mit Genehmigung gestattet.
Tabelle 1: Neu erfasste AIDS-Fälle
und HIV-Infektionen in den Jahren
1985-2011
Jahr
AIDSFälle*
Neudiagnostizierte
Infektionen
1985
29
820
1986
33
753
1987
96
693
1988
115
441
1989
160
431
1990
186
432
1991
223
426
1992
225
515
1993
261
561
1994
194
437
1995
243
407
1996
187
377
1997
146
297
1998
160
313
1999
146
339
2000
139
428
2001
113
398
2002
112
442
2003
95
422
2004
98
470
2005
111
453
2006
113
442
2007
124
515
2008
101
505
2009
94
507
2010
89
487
2011
45
525
* im angegebenen Jahr erkrankt
04/12-3
VIR. EP. INF. NR. _______
Tabelle 2: Verteilung der 2011
neu diagnostizierten HIV-Fälle in
den Bundesländern
Bundesland
Wien
Niederösterreich
Oberösterreich
Salzburg
Tirol
Kärnten
Steiermark
Vorarlberg
Burgenland
Gesamt
Neudiagnostizierte
Fälle 2011
303
21
33
27
23
26
78
9
5
525
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