Gärtnerberuf attraktiver machen

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Gärtnerberuf attraktiver machen
Das Duale Studium am Beispiel des Studiengangs „Landschaftsbau und
Grünflächenmanagement“ erläutern Inés Maria Rohlfing & Jens Wilhelm (Berlin).
Studium oder Berufsausbildung? Vor dieser Wahl stehen heutige Abiturienten. Dabei entscheiden
sie sich immer mehr für das Studium. Konsequenz: Die Zahlen des Auszubildenden sinken in fast
allen Bereichen kontinuierlich ab. Der Garten- & Landschaftsbau macht hier kaum eine Ausnahme.
Die Zahlen der Auszubildenden gehen leicht zurück (2001: 6.672 Azubis; 2015: 6.575 Azubis1),
wohingegen die Zahl der Beschäftigten stark gestiegen ist (2001: 91.162 Personen; 2015 112.541
Personen2). Zu beklagen ist dabei insbesondere, dass die Zahl der Abiturienten unter den
Auszubildenden zurückgegangen ist. In Berlin gab es früher reine Abiturientenklassen. Dies ist
inzwischen nicht mehr der Fall.
Konsequenz: Nicht heute, nicht morgen, aber übermorgen wird der Fachkräftemangel die Branche
prägen. Zu wenige qualifizierte Auszubildende bedeutet, dass es in absehbarer Zeit zu wenige
Techniker und Meister in den Betrieben geben wird. Gleichzeitig muss man feststellen, dass das
klassische Studium den Praxisanforderungen nicht genügt, da junge Menschen zunehmend wenig
praktische Erfahrungen haben. Die Lebenswirklichkeit der jungen Menschen hat sich so verändert,
dass ein Verständnis für praktische Zusammenhänge nicht mehr erwartet werden kann.
In Berlin traten daher der Fachverband des Garten-, Landschafts- & Sportplatzbaus
Berlin/Brandenburg e.V. sowie die Peter-Lenné-Schule, Oberstufenzentrum Natur und Umwelt
(OSZ PLS) an die Beuth Hochschule für Technik mit der Bitte heran, einen dualen Studiengang zu
entwickeln – eine Kombination aus Lehre und Studium. Die Kombination erlaubt dabei zum einen
die Doppelqualifikation (Berufsausbildung und Bachelor), zum anderen eine deutliche Verkürzung
der gesamten Ausbildungszeit. Ziel ist es, den Rückgang der Auszubildendenzahlen aufzuhalten,
die Attraktivität des Gärtnerberufs zu erhöhen, den drohenden Fachkräftemangel in der
Führungsebene zu verhindern und dabei die Verzahnung von beruflicher Praxis und Studium zu
verstärken. Kann dies durch einen dualen Studiengang gelingen?
Um die Ziele zu verwirklichen, wurde der Studiengang in Zusammenarbeit mit der Berufsschule
(OSZ PLS) sowie dem Fachverband konzipiert. Er gliedert sich in zwei Studienabschnitte:
Studienabschnitt: Berufsausbildung mit zusätzlichen betriebspraktischen Studienmodulen. Die
Lehre erfolgt auf Hochschulniveau, wofür eine eigene Klasse an der Berufsschule eingerichtet
wurde. Das Unterrichtsniveau ist höher, der Unterrichtsinhalt weit umfangreicher als bei einer
normalen Ausbildung. So sind Teile des Unterrichts identisch mit der Techniker- oder
Meisterausbildung oder vergleichbar mit Fächern an der Hochschule (z.B.
Landschaftsarchitektur / Bautechnik). Im Rahmen dieser Phase müssen Betriebsprojekte
absolviert und als Studienleistung dokumentiert werden. Die Ausbildungsbetriebe werden aktiv
in die Ausbildung bzw. das Studium eingebunden. Die besondere Lehre an der Peter-LennéSchule wird im Umfang von 3 Semestern als Studium anerkannt.
Studienabschnitt: duales Studium. An der Beuth HS werden vertiefende Fächer gelehrt. Zudem
müssen betriebspraktische Studienanteile abgeleistet werden. Das Studium wird also bis zum
Bachelor-Abschluss dual fortgesetzt.
Hinweis: eine Lehre in einer normalen Berufsschulklasse bzw. eine Lehre an einer anderen
Berufsschule wird grundsätzlich nicht als Teil des Studiums anerkannt. Ein Quereinstieg ist
ausgeschlossen, da eine normale Lehre als Studienleistung nicht ausreicht.
1
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Quelle: BGL (2015): GaLaBau-Statistik 2015, abrufbar unter www.galabau.de/Branchendaten.aspx
Quelle: BGL (2015): GaLaBau-Statistik 2015, abrufbar unter www.galabau.de/Branchendaten.aspx
Ergebnis: Inzwischen starteten zwei Jahrgänge den dualen Studiengang. Alle Studienplätze sind
besetzt. Der Bedarf liegt höher als das Studienplatzangebot. Die Zahl der Azubis steigt wieder
langsam an.
Anzahl der Azubis 1. Lehrjahr
210
190
170
150
130
194
201
110
167
167
2011
2012
157
Anzahl der
Azubis 1.
167
Lehrjahr
(147+20)
90
70
50
2009
2010
2013
2014
Abb.1: Anzahl der Azubis 1. Lehrjahr (Angaben der Zuständigen Stelle für Berufsbildung und der PeterLenné-Schule - OSZ Natur und Umwelt, zusammengestellt von J. Wilhelm, Stand 10.3.2015)
Interessant ist, dass das Angebot insbesondere Frauen anzieht, die evtl. andernfalls nicht den
grünen Beruf ergriffen hätten. So liegt der Anteil der Frauen im dualen Studiengang deutlich höher
als der Anteil der Frauen unter den „normalen“ Auszubildenden. Dies gilt auch, wenn man den
Frauenanteil in der Gärtnerausbildung der Peter-Lenné-Schule als Vergleich heranzieht.
100,00 %
90,00 %
80,00 %
70,00 %
60,00 %
Deutschland
50,00 %
OSZ PLS gesamt
40,00 %
25%
30,00 %
20,00 %
18,11%
Dualer
Studiengang
11,00%
10,00 %
0,00 %
Anteil der Frauen
Abb. 2: Anteil weiblicher Azubis (Quelle: Angaben der Zuständigen Stelle f. Berufsbildung & Peter LennéSchule OSZ, zusammengestellt von J. Wilhelm, Stand 10.3.15; *Präger, P: Frauenpower für Galabauer,
Neue Landschaft, 10/2014, S. 47)
Bemerkenswert ist auch, dass der duale Studiengang auf ältere Interessenten trifft – junge
Menschen, die bereits berufliche Erfahrungen gemacht haben. Sie entscheiden sich sehr bewusst
für den dualen Studiengang. Vorteil: Die Abbrecherquoten sind sehr niedrig. Im ersten Jahrgang
beendete eine Person das Studium vorzeitig, im zweiten Jahrgang waren es zwei.
Anteil der Altersklassen
30 - 35 Jahre
25 - 29 Jahre
20 - 24 Jahre
unter 20 Jahre
Abb. 3: Anteil der Altersklassen unter den Anfängern des dualen Studiengangs (Quelle: Angaben der
Zuständigen Stelle für Berufsbildung und der Peter-Lenné-Schule - OSZ Natur und Umwelt,
zusammengestellt von J. Wilhelm, Stand 10.3.2015)
Ausblick: Bisher scheint es so zu sein, dass die Ziele „Attraktivitätssteigerung des grünen
Berufsfeldes“ und „Gewinnung zusätzlicher Fachkräfte“ erreicht werden können. Die Entwicklung
der beruflichen Handlungskompetenz aus den berufsspezifischen und praktischen Anteilen dieses
Studienganges, wird sicher ein gewinnbringender Aspekt beim Einsatz der zukünftigen
Absolventen im Berufsfeld sein.
Erfreulich ist ebenfalls, dass sich auch die öffentliche Hand aktiv an der Ausbildung im dualen
Bereich engagiert. So sollen im dritten Jahrgang acht junge Menschen in den Grünflächenämtern
Berlins im Rahmen des dualen Studiums eingestellt werden. Dies zeigt, dass auch im öffentlichen
Bereich das Problem des Fachkräftemangels erkannt wurde und man aktiv das Problem zu lösen
versucht.
Die dualen Studiengänge können sicher nicht jeden Bedarf im Grünen Bereich decken. Im
Landschaftsbau sind sie jedoch eine sinnvolle Ergänzung zum bisherigen Angebot. Schön wäre
es, wenn über den dualen Studiengang die Grüne Branche bekannter und wieder attraktiv für den
Berufseinstieg werden würde. Dann würden alle grünen Berufszweige davon profitieren.
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