08.11.2016 Anwendung von Arzneimitteln Allgemein Ausbildung für Tierarzneimittelanwender Version 2015 Autor: Mag. Berthold Grassauer, Ranten Co-Autoren der Auflage 2010 Dr. Johannes Hofer Dr. Christoph Hofer-Kasztler Dr. Gottfried Schoder Bildernachweis: 2 1 08.11.2016 Arzneimittelanwendung Arzneimittel sind kein Ersatz für optimierte Haltungsbedingungen und gute Hygienestandards ! 3 Arzneimittelanwendung durch LW Landwirt (=„TGD-Arzneimittelanwender“) darf in die Arzneimittelanwendung eingebunden werden (TAKG,TGDVO) Voraussetzungen Ausbildung = TGD-Grundkurs Arzneimittelbezug nur vom TGD-Betreuungstierarzt Anwendung nur gemäß tierärztlicher Anleitung Dokumentation aller Anwendungen 2 08.11.2016 Arzneimittelanwendung Aufgaben und Verantwortlichkeiten Tierarzt Diagnose und Therapiekonzept Erst-Behandlung und Dokumentation Kontrolle von Erfolg und Arzneimittelfluss Landwirt Nach-Behandlung und Dokumentation Kontrolle von Erfolg und Arzneimittelfluss (= Eigenkontrolle) Arzneimittelanwendung Abgabe von Arzneimittel vom Tierarzt an den Landwirt nur nach Diagnosestellung durch den Tierarzt im Krankheitsfall zur Weiterführung der Therapie (Nachbehandlung) als medizinische Vorbeugemaßnahme gegen Erkrankungen (Prophylaxe) im Krankheitsfall zur Behandlung weiterer vorher unauffälliger Tiere innerhalb derselben epidemiologischen Einheit, bei denen das Auftreten gleichartiger klinischer Erscheinungen zu erwarten ist (Metaphylaxe) 3 08.11.2016 Arzneimittelabgabe an Landwirt im Krankheitsfall zur Weiterführung der Therapie (Nachbehandlung) höchstens in einer für den Therapieerfolg erforderlichen Menge höchstens in jener Menge, die dem voraussichtlichen Monatsbedarf der zu behandelnden Tiere entspricht bei pour-on-Präparaten zur Parasitenbekämpfung für den Behandlungszyklus Arzneimittelabgabe an Landwirt als medizinische Vorbeugemaßnahme gegen Erkrankungen (Prophylaxe) „Managagementpräparate“ (Vitamine, Mengen- oder Spurenelemente) höchstens in jener Menge, die dem voraussichtlichen Bedarf von zwei Monaten entspricht 4 08.11.2016 Arzneimittelabgabe an Landwirt im Krankheitsfall zur Behandlung weiterer Tiere innerhalb derselben epidemiologischen Einheit, bei denen das Auftreten gleichartiger klinischer Erscheinungen zu erwarten ist (Metaphylaxe) schriftlicher Handlungsplan für max. 1 Jahr Arzneimittelanwendung jeweils unter nachweislicher Einbeziehung des Betreuungstierarztes (Dokumentation) Therapiekontrolle und plausibler Mengenabgleich Arzneimittellagerung unbedingt einzuhalten sind: Gesetzliche Vorschriften (TAKG, RüKoVO, LMG, TGD-VO § 9) getrennt von Lebens- und Futtermitteln erforderlichenfalls ausreichend gekühlt, für Unbefugte unerreichbar Fachinformation (Beipackzettel) beachten Anweisungen des Tierarztes betreffend Lagerung, Anwendung, Wartezeit, Aufzeichnungen usw. Hygiene! 5 08.11.2016 Arzneimittellagerung Informationen vom Tierarzt bzw. Beipackzettel, Aufkleber Lagertemperatur Kühlschrank: 2 bis 8° C Kühl: 8 bis 15° C Zimmertemperatur: bis 25 °C spezielle Temperaturen (z.B. tiefgekühlt bis -15°C) Lichtschutz,Staubfrei, Trocken z.B.: Nicht über 25°C im Originalkarton lagern. Vor Frost schützen oder Nicht über 25°C lagern, Lichtschutz erforderlich. Nach Anbruch im Kühlschrank (2 – 8° C) lagern. Arzneimittellagerung Haltbarkeit des Tierarzneimittels ist die Eigenschaft, während eines bestimmten Zeitraumes bei ordnungsgemäßer Lagerung seine Beschaffenheit, insbesondere im Hinblick auf Qualität und Wirkung, nicht zu verändern. Haltbarkeit wird durch Öffnen des Gebindes herabgesetzt 12 6 08.11.2016 Arzneimittellagerung Beispiele für Haltbarkeit „bei Einhaltung aseptischer Entnahmebedingungen ist die Arzneispezialität insgesamt 28 Tage nach erstmaliger Entnahme haltbar“ „nach Erstentnahme innerhalb von 3 Tagen aufbrauchen“ Erstentnahmedatum vermerken! „maximal 10 Entnahmen zulässig“ 13 Arzneimittellagerung Ablaufdatum, Verfalldatum, „Verwendbar bis“ Zeitpunkt, nach dem die Haltbarkeit eines Arzneimittels nicht mehr gewährleistet ist Nach Überschreiten des Verfalldatums, darf das Arzneimittel nicht mehr angewendet werden. Bei sichtbaren Veränderungen dürfen Arzneimittel nicht mehr verwendet werden, unabhängig vom Ablaufdatum! 14 7 08.11.2016 Arzneimittellagerung Negativbeispiele 15 Arzneimittellagerung Negativbeispiele 16 8 08.11.2016 Arzneimittellagerung Positivbeispiele 17 Arzneimittelanwendung Fachliche Grundlagen Diagnosestellung durch den Tierarzt Frage: ist Arzneimittel in diesem Fall wirksam? Gilt besonders bei Anitiotika Resistenzmonitoring - Antibiogramm Beurteilung durch den Tierarzt (Labortest Wirksamkeit) „Unwirksamkeitstest“ 18 9 08.11.2016 Arzneimittelanwendung Hygienische Entnahme saubere sterile Nadel - Einmalnadeln Gummistopfen sauber und trocken immer die gleiche Einstichöffnung verwenden, damit Eintrittspforte klein bleibt Entnahme in möglichst keimarmer Umgebung entnommenen Arzneimittelmenge wird durch Luft ersetzt angebrauchte Durchstichflaschen im Kühlschrank aufbewahren 19 Arzneimittelanwendung Mischen von Arzneimitteln grundsätzlich nur ein Arzneimittel in einer Spritze Unverträglichkeiten (Ausflocken, Komplex- oder Kristallbildung usw.) Wirkungsverluste Warnhinweise der Fachinformation einhalten (z.B. „darf nicht in der Mischspritze verabreicht werden“) Anweisungen des Tierarztes beachten 20 10 08.11.2016 Arzneimittelanwendung Besondere Warnhinweise (Entnahme, Dosierung, Anwendung) Gelbkörperhormone, Poor on Präparate usw.: „bei Kontamination der Haut die betroffene Stelle sofort mit Wasser und Seife gründlich zu reinigen“ „Asthmatiker und Patienten mit anderen Erkrankungen der Atemwege sollten nicht in Berührung kommen“ „Schwangere und Frauen im gebärfähigen Alter dürfen nicht mit Arzneimittel in Berührung kommen“ Präparate mit geringer therapeutischer Breite 21 Arzneimittelanwendung Nadeln (Kanülen) Nadellängen, Nadelstärken abhängig von: Fließeigenschaften Größe des Tieres Injektionsart (im, sc) Injektionsmenge Einmalkanülen verwenden Hygiene 22 11 08.11.2016 Arzneimittelanwendung Spritzen Einmalspritzen aus Kunststoff Revolverspritze selbstfüllende Spritzen Hygiene! 23 Arzneimittelanwendung Nadelwechsel bei kranken Tieren nach jedem Tier bei Massenbehandlungen mindestens zwischen den Gruppen Einmalnadeln Nur scharfe Nadeln Hygiene! 24 12 08.11.2016 Arzneimittelanwendung Personalhygiene Der Mensch als Keimquelle Hände waschen! NICHT essen, trinken, rauchen Einmalhandschuhe Sauberkeit (Arbeitskleidung) 25 Arzneimittelrückgabe nicht benötigte oder abgelaufene Tierarzneimittel sowie Tierarzneimittelreste (das sind angebrochene Arzneimittel, deren Wirksamkeit nicht mehr gewährleistet ist) spätestens bei der nächsten Visite nach Abschluss der jeweiligen Behandlung zurückgeben bei zur Instillation und Injektion bestimmten Tierarzneimitteln spätestens bei der nächsten Visite (nach Abschluss der jeweiligen Behandlung) die Leergebinde nachweislich vorlegen. Leere Packungen sind mit dem Hausmüll zu entsorgen 26 13 08.11.2016 Arzneimittelanwendung Entsorgung Restmüll: Kanülen, Spritzen, leere Gebinde Sondermüll: Reste von Arzneimitteln Sammelbehälter für Kanülen ausreichende Stich- und Bruchfestigkeit Flüssigkeitsdichtheit dauerhaft fest verschlossen 27 Arzneimittelanwendung Wartezeit Zeitraum zwischen der letzten Anwendung von Arzneimitteln und der Gewinnung von Lebensmitteln (Fleisch, Milch, Eier, Honig) Der Tag der Verabreichung gilt als Tag 0. Für die Einhaltung der Wartezeit ist der Tierhalter verantwortlich! Kennzeichnung behandelter Tiere! Dokumentation 28 14 08.11.2016 Arzneimittelanwendung Wartezeit 29 Dokumentation Jede Arzneimittelanwendung – egal ob vomTierarzt oder vom Landwirt durchgeführt – ist zu dokumentieren! Tierarzt stellt einen Beleg aus Arzneimittelanwendung Arzneimittelabgabe Arzneimittelrücknahme Landwirt dokumentiert Arzneimittelanwendung Keine Formvorschrift! 30 15 08.11.2016 Dokumentation Signatur („Apothekenpickerl“) Auf jedem Behältnis (Flasche, Dose, etc.) lt. Apothekenbetriebsordnung für die Nachvollziehbarkeit des Arzneimittelflusses angeführt: Abgabedatum Name und Anschrift des Tierarztes 31 Dokumentation Dokumentation = Eigenkontrolle = Qualitätssicherung Bestandsregister einschließlich Behandlungsregister Viehverkehr Tierarzneimittel -abgabe -anwendung -rückgabe Behandlungsregister Arzneimittelabgabe-, -anwendungs- und -rückgabebelege 32 16 08.11.2016 Dokumentation Arzneimittelanwendungbeleg Vom Tierarzneimittelanwender auszufüllen: Datum der Anwendung Identität der Tiere Name des Tierarzneimittels verabreichte Dosis Anwendungsart (im, sc, po) Unterschrift Aufbewahrungspflicht: 5 Jahre 33 Arzneimittellehre – Pharmakologie Lehre von der Wirkung der Arzneimittel an gesunden oder kranken Organismen Wirkstoff: Substanzen, die im Körper eine Veränderung hervorrufen Arzneistoff: zur Vorbeugung, Linderung, Heilung oder Erkennung von Erkrankungen Arzneimittel: Zubereitung aus Arzneistoffen für die Anwendung an Mensch und Tier Gift: Wirkstoff, der im Körper eine schädliche Wirkung auslöst Auch bei Arzneistoffen entscheidet die Dosis darüber, ob eine nützliche oder schädigende Wirkung hervorgerufen wird! Die Dosis macht die Wirkung, die Dosis macht das Gift. 34 17 08.11.2016 Arzneimittellehre – Pharmakologie z. B. Antibiotika (=Arzneistoff) Es gibt bei Antibiotika grundsätzlich zwei Wirkungsweisen: bakterizid: Krankheitserreger werden in ihrem Wachstum gehemmt und auch abgetötet. Die Wirkung setzt sofort nach Verabreichung ein. bakteriostatisch: die Erreger werden nicht abgetötet, sondern nur in ihrer Vermehrung gehemmt Antibiogramm prüft Empfindlichkeit von Bakterien gegenüber bestimmten Antibiotika 35 Arzneimittellehre – Pharmakologie z. B. Impfstoffe Aktivimpfung: befähigt den Organismus zur aktiven, eigenständigen Abwehr durch den Aufbau von Schutzstoffen, sog. Antikörpern. Lebendimpfstoff: vermehrungsfähige abgeschwächte Erreger Vorteil: spielen eine echte Krankheit im Kleinen durch und erzeugen oft eine gute und langanhaltende Immunität. Nachteil: ev. Nebenwirkungen und Krankheitserscheinungen Todimpfstoffe: bestehen aus Erregern, die inaktiviert sind Vorteil: eine daraus folgende Erkrankung ist ausgeschlossen Passivimpfung: dem Organismus werden Antikörpern zugeführt. Er ist damit für eine gewisse Zeit ähnlich geschützt, wie mit selbstgebildeten Antikörpern. 36 18 08.11.2016 Arzneimittellehre – Pharmakologie Was macht der Organismus mit dem Arzneistoff ? „Pharmakokinetik“ Verabreichung Resorption Biotransformation Speicherung Verteilung Ausscheidung Wirkort 37 Arzneimittellehre – Pharmakologie Wirkort = die Zelle Zellmembran als Barriere • Blut - Hirn - Schranke • Euterschranke • Plazentarschranke bei trächtigen Tieren 38 19 08.11.2016 Arzneimittellehre – Pharmakologie Wirksamkeit: Wie gut wirkt ein Arzneimittel gegen eine bestimmte Krankheit Wirkungsstärke: Maß für die Dosis, die für das Erreichen einer bestimmten Wirkung notwendig ist. Je größer die Wirkungsstärke, umso geringer die notwendige Dosis, aber auch umso höher das Risiko einer Vergiftung Antibiogramm prüft Empfindlichkeit von Bakterien gegenüber bestimmten Antibiotika Durch gezielte Auswahl wird mit der geringstmöglichen Dosis die bestmögliche Wirkung erzielt. 39 Arzneimittellehre – Pharmakologie Was macht der Arzneistoff mit dem Organismus? „Pharmakodynamik“ „Die Dosis macht die Wirkung“ Dosierung gewünschte Effekt ohne Überdosierung und vermeidbare Nebenwirkungen Überdosierung: Arzneimitteln, die rasch ausgeschieden werden brauchen eine hohe Einstiegsdosis, um die entsprechende Konzentration zu erzielen. Nach Anflutung genügen geringe Dosen zur weiteren Therapie. Beibehalten der hohen Anfangsdosis führt dann zu Überdosierung Unterdosierung kann zu Resistenzbildung führen 40 20 08.11.2016 Arzneimittellehre – Pharmakologie Was macht der Arzneistoff mit dem Organismus>? „Pharmakodynamik“ „Die Dosis macht die Wirkung“ Dosisintervall gewährleistet Aufrechterhaltung der Arzneimittelkonzentration. Die Zeit zwischen zwei Verabreichungen darf nicht überschritten werden, da durch die ständige Ausscheidung ein Abfall der Arzneimittelkonzentration erfolgt. 41 Arzneimittellehre – Pharmakologie Therapeutischer Konzentrationsbereich Arzneimittelkonzentration Minimale toxische Konzentration Wirkungsbereich Wirkungsdauer Zeit 42 21 08.11.2016 Arzneimittellehre – Pharmakologie Nebenwirkungen Organschäden Arzneimittelallergien Mundschutz, Handschuhe langärmelige und -beinige Kleidung bei der Arbeit nicht essen und trinken geschlossene Deckel beim Mischer! nach der Arbeit reinigen von Händen und Gesicht so wenig Staub wie möglich 43 Arzneimittellehre – Pharmakologie Nebenwirkungen Organschäden Arzneimittelallergien Resistenzentwicklungen Antibiotika ohne Antibiogramm Unterdosierung kurze Anwendungsdauer 44 22 08.11.2016 Arzneimittellehre – Pharmakologie Nebenwirkungen Organschäden Arzneimittelallergien Resistenzentwicklungen Arzneimittelrückstände 45 Arzneimittellehre – Pharmakologie Nebenwirkungen Organschäden Arzneimittelallergien Resistenzentwicklungen Arzneimittelrückstände Wechselwirkungen erwünschte und unerwünschte Daher: Kein Arzneimitteleinsatz ohne tierärztliche Diagnose und Therapievorgabe und Meldung von Zwischenfällen, Therapieversagenetc. an den Betreuungstierarzt. 46 23 08.11.2016 Arzneimittelanwendung Sprechen Sie mit Ihrem Betreuungstierarzt ! 47 24