Klimawandel im Alpenraum - staff.uni

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Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Geographisches Institut
Großes Geländepraktikum (Projektstudie) „Klimaökologie und Klimawandel am
Aletsch- und Rhone-Gletscher im Wallis/Südschweiz“
Leitung: Prof. Dr. Fuchs
Sommersemester 2006
Abgabetermin: 28.04.2006
Klimawandel im Alpenraum
Jan Gast
Draiser Straße 136 B
55128 Mainz
E-Mail: [email protected]
Gast, Jan: Klimawandel im Alpenraum
1
Inhaltsverzeichnis
1
2
3
Der Treibhauseffekt........................................................................................... 2
1.1
Natürlicher Treibhauseffekt .......................................................................... 2
1.2
Antrophogener Treibhauseffekt .................................................................... 3
Klimawandel in den Alpen ................................................................................ 4
2.1
Temperaturanstieg in der Schweiz ............................................................... 4
2.2
Niederschlagsänderung in der Schweiz ....................................................... 5
2.3
Anstieg der Permafrostgrenze...................................................................... 5
Wirtschaftliche Folgen des Klimawandels ...................................................... 6
3.1
Schneesicherheit.......................................................................................... 6
3.2
Tourismuswirtschaft der Schweiz ................................................................. 6
4
Fazit .................................................................................................................... 7
5
Literaturverzeichnis .......................................................................................... 9
Gast, Jan: Klimawandel im Alpenraum
2
Einleitung
Global gesehen waren die neunziger Jahre die wärmste Dekade seit etwa 1860, dem
Beginn der zuverlässigen instrumentellen Messreihen. Wahrscheinlich war es sogar
die wärmste Dekade des letzten Jahrtausends. Ein weiter fortschreitender Anstieg
der Durchschnittstemperaturen wird in den Alpen gravierende Folgen haben.
Mit Hilfe von Klimamodellen versuchen Wissenschaftler, die Verantwortlichkeit des
Menschen für die beobachtete Erwärmung und die zukünftige Entwicklung
abzuschätzen. Als Datenquellen dieser Untersuchungen dienen natürliche
Klimaarchive wie Eisbohrkerne, Sedimente oder Baumringe, sowie historische
Aufzeichnungen. Die Resultate machen deutlich, dass die Erwärmung im 20.
Jahrhundert seit Beginn des letzten Jahrtausends einzigartig ist (vgl. Abb. 1). Die
enorme zentrale Bedeutsamkeit des Klimawandels als das wichtigste aller
Umweltthemen ist nicht zuletzt an den Umfrageergebnissen im Rahmen der GEO2000-Reportage abzulesen. Über die Hälfte der etwa 200 befragten
Umweltwissenschaftler aus über 50 Ländern wählten den Klimawandel zum
führenden Kernthema (vgl. Abb. 2).
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit dem Klimawandel im Alpenraum. Es
sollen zunächst Ursachen für den Klimawandel herausgestellt und danach aktuelle
Fakten und Daten der Klimaveränderungen verdeutlicht werden. Auswirkungen des
Klimawandels auf die Tourismuswirtschaft in der Schweiz werden im weiteren Verlauf
der Ausarbeitung beschrieben. Abschließend werden die wichtigsten Punkte noch
einmal zusammengefasst.
1 Der Treibhauseffekt
1.1 Natürlicher Treibhauseffekt
Die Erde ist bis heute der einzige bekannte Planet, auf dem Leben in seinen
zahlreichen Formen möglich ist. Wesentlichen Anteil an dieser außergewöhnlichen
Situation hat die Atmosphäre. Sie schafft die Klimabedingungen, welche
Voraussetzung sind für das Leben auf der Erdoberfläche. Eine entscheidende Rolle
spielt dabei der „ natürliche Treibhauseffekt“. Quelle für die Wärmeenergie an der
Erdoberfläche ist die Sonnenstrahlung. Trifft sie auf der Erdoberfläche auf, wird sie in
Wärme umgewandelt und als Infrarotstrahlung in die Atmosphäre zurückgestrahlt.
Gäbe es die Atmosphäre nicht, so würde die Wärmeenergie ins All entweichen und
die Temperatur auf der Erde lebensfeindliche -18 °C betragen. Tatsächlich liegt die
globale Durchschnittstemperatur jedoch bei etwa +15 °C (WIEDERSICH 2006: 259 f.)
Wie die Glasscheiben eines Treibhauses ist die Atmosphäre für das einstrahlende
Sonnenlicht größtenteils durchlässig. Einen gewissen Anteil der von der
Erdoberfläche ausgehenden Wärmestrahlung reflektiert sie jedoch zurück.
Verantwortlich für diese Wirkung der Atmosphäre sind sowohl Wasserdampf, als
auch „Spurengase“ wie Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Lachgas (N2O) und Ozon
(O3). Sie machen insgesamt weniger als 1 Prozent der Atmosphäre aus. Über die
ganze Erde betrachtet, stellt sich dank ihnen ein komplexes und empfindliches
Gleichgewicht von Sonneneinstrahlung und Wärmeabgabe ein (SCHÖNWIESE 2003:
19 ff.).
Gast, Jan: Klimawandel im Alpenraum
3
Grundsätzlich kann der natürliche Treibhauseffekt zu Klimaschwankungen führen. In
der Vergangenheit wurden Anomalien der Temperatur immer wieder durch starke
Vulkanausbrüche verursacht, wobei die freigesetzten Gase den Treibhauseffekt
verstärkten. Klimaschwankungen gab es in der Geschichte schon immer.
Beängstigend ist jedoch die Geschwindigkeit, mit der sich derzeit das Klima
verändert. Wissenschaftler des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)
haben bis zum Jahr 2100 eine globale Temperaturerhöhung von 1,4 bis 5,8 °C
vorausgesagt. Als Hauptursache wird der enorme Anstieg der CO2-Emission
gesehen (GESELLSCHAFT FÜR ÖKOLOGISCHE FORSCHUNG: 3). Daher wird nun der durch
den Menschen ausgelöste Treibhauseffekt näher betrachtet.
1.2 Antrophogener Treibhauseffekt
Seit rund 250 Jahren, dem Beginn des Industriezeitalters, verstärkt die Menschheit
den natürlichen Treibhauseffekt. Durch die Nutzung von Kohle, Erdöl und Erdgas für
die Industrieproduktion, zum Heizen und für den Verkehr gelangen seither große
Mengen an CO2 in die Atmosphäre (vgl. Abb. 3). Auch durch die Rodungen der
Tropen, die Landwirtschaft sowie den Einsatz technischer Gase in der Industrie
gelangen weitere Treibhausgase in die Luft. Die Atmosphäre enthält inzwischen rund
ein Drittel mehr CO2 als vor Beginn der Industrialisierung (um 1750). Die
Konzentration von Methan (CH4), welches hauptsächlich aus der Landwirtschaft
stammt, hat sich mit einer Zunahme um etwa 150 Prozent, weit mehr als verdoppelt.
Die Analyse von Eisbohrkernen aus der Antarktis hat nachgewiesen, dass der Gehalt
beider Gase höher ist als je zuvor in den letzten 420 000 Jahren. Seit mindestens 20
000 Jahren gab es auch keinen derart schnellen Anstieg der CO2-Konzentration wie
in den letzten Jahrzehnten. Einmal freigesetzt, steigen Treibhausgase in der
Atmosphäre langsam auf und können über lange Zeit wirksam bleiben. CO2 zum
Beispiel hat eine Verweildauer von 50 bis 150 Jahren. Emissionen von heute wirken
dadurch über den langen Zeitraum von Jahrzehnten bis sogar Jahrhunderten.
Reduktionsmaßnahmen werden somit erst mit enormer Verzögerung im Klimasystem
spürbar (BAUER 2002: 124 ff.; FABIAN 2002: 181 ff.).
Um einen Überblick über die jährliche CO2-Emission zu bekommen, zeigt die
folgende Tabelle Werte der Alpenländer (außer Lichtenstein). Als Referenz sind die
Werte der USA, sowie der Entwicklungsländer im Durchschnitt zu sehen (SAEFL
2005: 52 ff.).
Jährliche CO2-Emissionswerte einzelner Länder
Deutschland
Frankreich
Italien
Österreich
Schweiz
Slowenien
USA
Entwicklungsländer
Weltweiter Durchschnitt
(Eigener Entwurf)
11,1 Tonnen/Kopf
6,6 Tonnen/Kopf
7,3 Tonnen/Kopf
7,8 Tonnen/Kopf
6,0 Tonnen/Kopf
6,5 Tonnen/Kopf
20,1 Tonnen/Kopf
0,9 Tonnen/Kopf
3,8 Tonnen/Kopf
Gast, Jan: Klimawandel im Alpenraum
4
Mit rund 82 Prozent aller Treibhausgase ist der Anteil der Kohlendioxidemission in
der Schweiz enorm hoch (das weltweite Mittel liegt bei etwa 60 Prozent). Der Verkehr
sowie die Heizungen der Wohngebäude und der Industrie nehmen hierbei den
größten Anteil ein (vgl. Abb. 4).
2 Klimawandel in den Alpen
Nach Angaben der GESELLSCHAFT FÜR ÖKOLOGISCHE FORSCHUNG (2) verloren die
Eismassen der Alpen seit Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1975 im Durchschnitt etwa
ein Drittel ihrer Fläche und rund die Hälfte ihres Volumens. Seither seien weitere 20
bis 30 Prozent des Eisvolumens abgetaut. Bis zum Jahr 2050 rechnen
Wissenschaftler mit dem weiteren Verlust von drei Viertel der heutigen
Alpengletscher.
Die Alpen liegen nicht nur mitten in Europa. Vielmehr liegen sie in der Übergangszone verschiedener Klimaeinflüsse. Je nach Wetterlage und Jahreszeit steht dieses
Gebiet deshalb klimatisch unter dem Einfluss des atlantischen Ozeans im Westen
oder des eurasischen Festlands im Osten. Die Alpen befinden sich zusätzlich in
einem Grenzraum zwischen dem Mittelmeerklima und dem Klima der Westwindzone.
In dieser Übergangszone können bereits geringe Änderungen der Windzirkulation
erhebliche Auswirkungen auf die Klimasituation haben. Sowohl die bisherigen
Beobachtungen als auch die Modellberechnungen lassen erwarten, dass der
Alpenraum von der Klimaänderung überdurchschnittlich stark betroffen ist.
2.1 Temperaturanstieg in der Schweiz
Im vergangenen Jahrhundert ist die Temperatur in der Schweiz im Durchschnitt um
etwa 1,4 °C angestiegen. Der globale Schnitt liegt bei 0,6 °C. Markant ist, dass die
Temperaturzunahme in dem relativ kleinen Land Schweiz nicht gleichförmig verlief.
Ausschlaggebend hierfür sind das starke Relief der Alpen und die erwähnten
unterschiedlichen Klimaeinflüsse in dieser Region (vgl. Abb. 5). Im Norden des
Landes lag die Temperaturzunahme fast doppelt so hoch als im Süden. Jedoch
entscheidet nicht nur die Lage der nördlichen Breite über die Veränderung. Ebenso
ausschlaggebend sind auch die Höhenlage, sowie die Jahreszeit. Im Herbst
beispielsweise war die Temperaturzunahme mit 0,9 bis 1,3 °C gerade in den höheren
Regionen am größten. Im Winter hingegen verzeichneten die Stationen in tieferen
Lagen mit etwa 1 bis 1,6 °C die stärkeren Erwärmungen im letzten Jahrhundert
(METEOSWISS 2004: 48).
Die Geschwindigkeit des Temperaturanstiegs hat sich gerade in den Jahren nach
1970 deutlich erhöht. Während dieser letzten 35 Jahre sind die Temperaturen in der
Schweiz um ca. 0,5 °C pro Dekade gestiegen. Das globale Mittel liegt hier bei etwas
unter 0,2 °C pro Dekade (vgl. Abb. 6).
Sehr deutlich zeigte sich der Anstieg der Temperatur im Jahr 2003. In diesem extrem
trockenen und heißen Sommer verloren die Alpengletscher binnen zwölf Monaten 5
bis 10 Prozent ihres Volumens.
Ein weiteres Indiz für das zunehmend wärmere Alpenklima ist die Pflanzenwelt:
„Auf den höchsten Alpengipfeln wachsen heute eindeutig mehr Arten
als noch vor 100 Jahren. Die einzelnen Arten sind zunehmend in
größerer Höhe anzutreffen. Die Pflanzenwelt der höchsten Gipfel
Gast, Jan: Klimawandel im Alpenraum
5
läuft Gefahr, durch konkurrenzstarke Arten, die von unten
zuwandern, endgültig verdrängt zu werden. Schätzungsweise jede
vierte von 400 Pflanzenarten, die nur in den Alpen vorkommen, ist
dadurch vom Aussterben bedroht“ (BUWAL 2002: 8).
2.2 Niederschlagsänderung in der Schweiz
Im 20. Jahrhundert haben auch die Niederschläge in der Schweiz stärker
zugenommen, als die globale Durchschnittsentwicklung. FREI & SCHÄR (2001: 1572
ff.) beschreiben im schweizerischen Winter eine Zunahme um 10 Prozent innerhalb
der vergangenen 100 Jahre und im Sommer sogar 20 bis 35 Prozent mehr
Niederschlag. Die Regionen haben sich hierbei stark verschoben. So hat der
Schnee- und Regenfall im Herbst im Süden der Schweiz um 20 bis 30 Prozent
abgenommen. Der Norden und Westen der Schweiz erhielt jedoch im Gegensatz
dazu 20 bis 30 Prozent mehr Niederschlag während der Wintermonate.
Insgesamt gab es jedoch nicht mehr Niederschlagstage als früher. Die
Niederschlagsintensität hat vielmehr zugenommen: Wenn es regnete, dann umso
heftiger. Wo der Niederschlag als Schnee fiel, blieb er liegen und floss verzögert,
eventuell erst im kommenden Sommer ab. Mit der anhaltenden Erwärmung fallen die
Niederschläge immer häufiger in Form von Regen statt Schnee. Die größeren
Niederschlagsmengen fließen dann unmittelbar ab. Somit ist in der Zukunft wohl
immer häufiger mit starken Hochwassern zu rechnen. Schon bei einer Erwärmung
um 1 °C wird die mittlere Dauer der Schneebedeckung in manchen Regionen der
Alpen um etwa 4 bis 6 Wochen zurückgehen (GOTTFRIED & PAULI 1994: 25).
2.3 Anstieg der Permafrostgrenze
Im alpinen Hochgebirge ist Permafrost sowohl in Festgestein als auch in
Lockermaterial wie Schutthalden, Moränen und Böden anzutreffen. Lose
Gesteinsbrocken und andere Materialien werden durch den Dauerfrost ganzjährig
aneinandergekittet. Die Permafrostgrenze liegt heute auf etwa 2600 m ü.d.M.. Seit
etwa 1980, so FLÜCKIGER & RIEDER (1997: 31) erwärmten sich die Permafrostböden
in der Schweiz um 0,5 bis 1 °C. Innerhalb der letzten 100 Jahre hat sich dadurch die
Grenze der Dauerfrostböden um 150 bis 250 m nach oben verschoben. Bei dem
erwarteten weiteren Fortschreiten der Temperaturerhöhung in den Alpen ist davon
auszugehen, dass sich die Permafrostgrenze innerhalb der kommenden 50 Jahre um
etwa 300 bis 750 m weiter nach oben verlagert. Durch das damit verbundene
Auftauen tiefliegender Permafrostböden könnten Massenbewegungen von bisher
kaum bekannten Ausmaßen hervorgerufen werden.
In den vergangenen Abschnitten wurde der derzeitige Klimazustand der Alpen am
Beispiel der Schweiz verdeutlicht. Die durch die enormen Veränderungen
hervorgerufenen Auswirkungen wurden hierbei nur angedeutet. Es soll an dieser
Stelle nicht auf Naturkatastrophen eingegangen werden, die sich mit dem
fortschreitenden Klimawandel zu einer immer präsenter werdenen Gefahr entwickeln.
Auch das Abschmelzen der Gletscher wird in dieser Ausarbeitung nicht weiter im
Kern verfolgt. Die genannten Fakten des Klimawandels dienen vielmehr als eine
Grundlage, um hiermit solche speziellen Themen besser nachvollziehen zu können.
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3 Wirtschaftliche Folgen des Klimawandels
Im weiteren Verlauf dieser Hausarbeit wird auf die wirtschaftlichen Folgen des
Klimawandels für das Tourismusland Schweiz eingegangen. Es stellt sich die Frage:
Wie häufig können schlechte (schneearme) Winter verkraftet werden?
3.1 Schneesicherheit
Fragt man Winterurlauber nach dem wichtigsten Aspekt der Wahl des Ferienortes, so
liegt die Schneesicherheit des Skigebietes an erster Stelle. Die Schneesicherheit ist
somit das wesentliche Element des touristischen Winterangebots in den Alpen. Der
wirtschaftliche Erfolg eines Skigebietes ist abhängig von guten Schneeverhältnisse,
damit ein rentabler Skibetrieb erst möglich ist. Hierbei ist es nicht nur wichtig, dass zu
den Hauptferienzeiten genügend Schnee vorhanden ist, sondern auch, dass stabiles
Winterwetter für die Wochenenden prognostiziert wird (GRISCHCONSULTA 1999: 7 ff.).
Wann kann man eigentlich von einer Schneesicherheit sprechen? ABEGG (1996: 62)
hat den Begriff Schneesicherheit mit der sogenannten 100-Tage-Regel folgendermaßen definiert:
„Die Schneesicherheit eines Gebietes ist gewährleistet, wenn in der
Zeitspanne vom 16. Dezember bis zum 15. April an mindestens 100
Tagen eine für den Skisport ausreichende Schneedecke von
mindestens 30 cm (Ski alpin) bzw. 15 cm (Ski nordisch) vorhanden
ist.“
Die auf dieser Grundregel aufbauende Höhengrenze der Schneesicherheit liegt
derzeit bei etwa 1200 m ü.d.M.. Experten rechnen damit, dass sich diese Grenze im
Zuge der fortschreitenden Erwärmung der Alpen bis zum Jahr 2050 um annähernd
300 m nach oben, das heißt auf 1500 m ü.d.M. verschieben wird (FÖHN 1990: 45 f.).
Beobachtungsreihen der Schneebedeckung des schweizer Mittellandes haben
ergeben, dass die Winter von 1987 / 88 bis 1997 / 98 durchgehend schneearm
waren. Niemals zuvor wurden solche langandauernden Perioden der Schneearmut
beobachtet. In den höher gelegenen Regionen kann dieser Trend bislang nicht
beobachtet werden. Zwar kommt es hier immer wieder zu großen jährlichen
Schwankungen der Schneemenge, eine stätige Abnahme gibt es aber nicht (PFISTER
1999: 200 f.).
3.2 Tourismuswirtschaft der Schweiz
Im schweizerischen alpinen Tourismus sind große Investitionen und viele
Arbeitsplätze an die Schneesicherheit gekoppelt. Gerade die warmen Winter der
späten 1980er Jahre brachten den tourismusabhängigen Branchen erhebliche
Einbußen.
Vor allem die kleineren Seilbahnunternehmen in mittleren Höhenlagen verzeichneten
einen Rückgang des Umsatzes um bis zu 20 Prozent. Die größeren Unternehmen,
die ihre Seilbahnen in den höchsten Regionen betreiben, konnten von diesem
Umstand sogar profitieren, da die Touristen häufig in ihre Skigebiete auswichen. Weil
die Bindung der Skitouristen an den Ferienort relativ groß ist, und Zimmen oft schon
lange im Vorraus gebucht werden, ist im Beherbergungsgewerbe bislang kein
deutlicher Rückgang zu verzeichnen. Fraglich ist jedoch, wie lange Touristen an
einem Skiort festhalten, wenn dieser keine Schneesicherheit mehr bietet. Zu den
Verlierern dieser Branche werden auf kurz oder lang auch hier die mittelhoch
Gast, Jan: Klimawandel im Alpenraum
7
angesiedelten Einrichtungen zählen. Es wird den tiefergelegenen Orten sehr schwer
fallen, ihre Skigebiete mit Hilfe umfangreicher Beschneiungsanlagen in Zukunft
wettbewerbsfähig zu halten. Die Banken verweigern nämlich immer häufiger Kredite,
weil die wirtschaftliche Zukunft für diese Ortschaften nicht gut aussieht.
Derzeit hält ABEGG (1996: 64 ff.) 85 Prozent der Skigebiete und 40 Prozent der
tiefergelegenen Einzelanlagen für schneesicher. Nach einer Verschiebung der
Schneesicherheitsgrenze um 300 m nach oben, wären noch 63 Prozent der
Skigebiete und nur geringe 9 Prozent der Einzelanlagen als schneesicher zu
bezeichnen. Wirklich gute Aussichten haben in Zukunft wohl nur diejenigen Gebiete,
die mit bodenunabhängigen Seilbahnanlagen Skiareale von über 2000 m ü.d.M.
Höhe erschließen. Diese Gebiete werden eine immer weiter steigende Nachfrage der
Wintertouristen erfahren. Die touristische Hochgebirgserschließung in den Alpen wird
damit stetig vorangetrieben.
Wie bereits in Kapitel 2.2 beschrieben, fallen die Winterniederschläge in der Schweiz
in den höheren Lagen ortsweise immer heftiger aus. Grundsätzlich kann somit in
einzelnen Regionen nicht von einem Rückgang der Schneesicherheit gesprochen
werden. Gravierend ist, dass sich hier die Winterperiode verkürzt, die Schneemenge
jedoch zunimmt. Dies stellt keinesfalls bessere Rahmenbedingungen für den
Wintertourismus dar. Der enorme Schneefall innerhalb weniger Tage wirkt sich
wiederum negativ auf die wirtschaftliche Situation der Tourismusbranchen aus. Die
Auswirkungen von enormen Schneefällen, waren im Jahrhundertwinter 1998 / 99 zu
sehen. Der instabile Aufbau der Schneedecken führte zu einer Vielzahl von
Lawinenabgängen. Allein die direkten Lawinenschäden an Skipisten und Liftanlagen
werden auf rund 4 Mio. sFr. geschätzt. Für Schneeräumungsarbeiten mussten die
Unternehmen 77 Prozent Mehrkosten im Vergleich zu den Vorjahren verbuchen.
Allein die Pistensicherung kostete fast 25 Prozent mehr als in den vergangenen
Wintern. Hinzu kommen alle indirekten Schäden wie die Einnahmeausfälle der
Hotelbranche und die Einbußen der Bergbahnen, da die Touristen nicht Skifahren
konnten, beziehungsweise gar nicht erst die Bergbahnen erreichten, da einige
Gebiete für bis zu 15 Tage von der Außenwelt abgeshnitten waren. Rechnet man
alles zusammen, kann man sagen, dass der Jahrhundertwinter in der Schwiez
Schäden von weit über 100 Mio. sFr. verursacht hat (GRISCHCONSULTA 1999: 12 ff.).
4 Fazit
Das Thema Klimawandel ist von sehr existenzieller Bedeutung. Es rüttelt an den
Grundfesten unserer physischen Umwelt und unseres Daseins. Der Klimawandel
verändert vor aller Augen scheinbar lautlos unseren Lebensraum. Bereits mit der
Industrialisierung hat der Mensch die prägende Rolle als Klimafaktor unmerklich
übernommen. Der Treibhauseffekt der Atmosphäre, ohne den kein Leben auf der
Erde möglich wäre, wurde seither immer stärker vom Menschen beeinflusst. Hierbei
nimmt die CO2-Emission einen entscheidenden Stellenwert ein. Erschreckend ist,
dass die Haltbarkeit der Kohlendioxidmoleküle etwa 200 Jahre beträgt. Somit werden
die Verunreinigungen der letzten 100 Jahre noch für lange Zeit ihre Auswirkungen
auf die Erde und das Klima haben. Der Klimawandel wäre also auch bei einem
theoretischen sofortigen Stopp aller Luftverschmutzungen, nicht mit schneller
Wirkung zu bremsen. Gerade innerhalb der letzten 35 Jahre, ist ein rapider Anstieg
der Temperatur zu erkennen.
Gast, Jan: Klimawandel im Alpenraum
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Der Klimawandel ist in der Alpenregion besonders ausgeprägt. Die Alpen liegen ein
einem Gebiet, das von verschiedenen Klimaeinflüssen betroffen ist. Markant wird
dies, wenn man den globalen Temperaturanstieg mit dem Anstieg der Temperatur in
der Schweiz vergleicht. Dieser Quotient liegt in der Schweiz beinahe dreimal so groß.
Seit 1975 sind etwa 20 bis 30 Prozent der Alpengletscher abgeschmolzen.
Erschreckend ist, dass Klimaforscher heute davon ausgehen, dass bis zum Jahre
2050 etwa 75 Prozent der heutigen Gletscher verschwunden sein werden. Auch die
Niederschlagsmengen in den Alpen und die Pflanzenwelt werden durch den sich
vollziehenden Klimawandel beeinflusst. Es kommt zu immer größeren Gegensetzten
von trockenen und feuchten Gebieten. Die oft immer heftiger werdenden
Niederschlagsmenge bringen ebenso weitere Probleme mit sich. Schwere
Naturkatastrophen scheinen schon vorprogrammiert, wenn man bedenkt, dass die
Permafrostgrenze in den kommenden Dekaden um einige hundert Meter nach oben
steigen wird.
Auch die Tourismuswirtschaft der Alpenländer, wie zum Beispiel der Schweiz, wird
von dem Klimawandel betroffen sein. Die Schneesicherheit leidet mehr und mehr
unter den Temperaturanstiegen. Gerade die etwas flacher liegenden Ferienziele
werden dies als erste am deutlichsten spüren. Sie werden es schwer haben,
konkurrenzfähig gegenüber höhergelegenen Skiregionen zu sein. Doch nicht nur die
schwindende Schneesicherheit der tieferen Skiregionen, sondern auch die anderorts
heftigen Niederschläge, fügen der Wirtschaft schweren Schaden zu.
Es ist wichtig, dass das Thema Klimawandel präsent ist und auch von vielen
Wissenschaftlern als das wichtigste Umweltthema angesehen wird. Keinesfalls sollte
man denken, dass man den fortschreitenden Klimawandel im täglichen Leben kaum
mitbekommt und ihn deshalb vernachlässigen könne.
Gast, Jan: Klimawandel im Alpenraum
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5 Literaturverzeichnis
ABEGG, B. (1996): Klimaänderung und Tourismus – Klimafolgenforschung am
Beispiel des Wintertourismus in den Schweizer Alpen. Schlussbericht NFP 31.
Zürich.
BAUER, J. & ENGLERT, W. & MEIER, U. (2002): Physische Geographie – Kompakt.
Heidelberg, Berlin.
BUNDESAMT FÜR UMWELT, WALD UND LANDSCHAFT (BUWAL) (2002): Das Klima in
Menschenhand – Neue Fakten und Perspektiven. Bern.
FABIAN, P. (2002): Leben im Treibhaus: Unser Klimasystem und was wir daraus
machen. Heidelberg.
FLÜCKIGER, S. & RIEDER, P. (1997): Klimaänderung und Naturkatastrophen im
Berggebiet. Schlussbericht NFP 31. Zürich.
FÖHN, P. (1990): Schnee und Lawinen. Schnee, Eis und Wasser der Alpen in einer
wärmeren Atmosphäre. Internationale Fachtagung. Mitteiliung VAW ETH
Zürich, Nr. 108: 33-48.
FREI, C. & SCHÄR, C. (2001): Detection prohibility of trends in rare events: Theory and
application to heavy precipitation in the Alpine region, Nr. 14: 1568-1584.
GESELLSCHAFT FÜR ÖKOLOGISCHE FORSCHUNG: Das Gletscherarchiv.
Stand: 10.04.06
<www.gletscherarchiv.de>
GOTTFRIED, M. & PAULI, H. (1994): Die Alpen im “Treibhaus“: Nachweise für das
erwärmungsbedingte Höhensteigen der alpinen und nivalen Vegetation.
Jahrbuch des Vereins zum Schutz der Bergwelt. München, Nr. 59: 13-27.
GRISCHCONSULTA (1996): Bergbahnen wohin? – Ausgabe 1999. Chur.
HAGGETT, P. (32004): Geographie – Eine globale Synthese. Stuttgart. (=UTB 8001)
METEOSWISS (2004): Das Schweizer Klima im Trend: Temperatur- und Niederschlagsentwicklung 1864-2001. Veröffentlichung 68. Zürich.
PFISTER, L. (1999): Wetternachhersage – 500 Jahre Klimavariationen und Naturkatastrophen. Bern.
SCHÖNWIESE, C. (22003): Klimatologie. Stuttgart. (=UTB 1793)
SWISS AGENCY FOR THE ENVIRONMENT, FORESTS AND LANDSCAPE (SAEFL) (2005):
Switzerlamd’s Fourth National Communication under the UNFCCC.
Stand: 10.04.06
<www.environment-switzerland.ch/publications>
WIEDERSICH, B. (22006): Taschenatlas: Wetter. Die Turbulente Atmosphäre der Erde.
Gotha.
Gast, Jan: Klimawandel im Alpenraum
Anhang
Abb. 1: Temperaturentwicklung der letzten 1000 Jahre
Quelle: BUWAL 2002: 3.
Abb. 2: Die wichtigsten Umweltthemen.
Ergebnisse einer Umfrage des United Nations Environment Programme (UNEP).
Quelle: HAGGETT 2004: 633.
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Gast, Jan: Klimawandel im Alpenraum
Abb. 3: CO2-Zunahme
Quelle: SCHÖNWIESE 2003: 334.
Abb. 4: CO2-Emission in der Schweiz (2000)
Kohlendioxid (CO2)
Verkehr
35,5%
Wohngebäude
24,9%
Industrie
21,2%
Dienstleistung, Verwaltung
13,0%
Landwirtschaft
1,6%
Abfall
3,9%
Quelle: BUWAL 2002: 14 (verändert).
11
Gast, Jan: Klimawandel im Alpenraum
Abb. 5: Temperaturanstieg des 20. Jahrhunderts in der Schweiz
(Höhen der Mess-Stationen im Meter ü.d.M.)
Quelle: SAEFL 2005: 138.
Abb. 6: Temperaturentwicklung in der Schweiz
Quelle: BUWAL 2002: 9.
12
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