Technische Universität München Zentrum Mathematik Algebraische Topologie Sommersemester 2011 Prof. Dr. Josef Dorfmeister — Dr. Jan Wehrheim Übungsblatt 10 - Musterlösung Aufgabe 1: Homologie des n-Torus Berechnen Sie die Homologie des n-Torus T n = S 1 × . . . × S 1 . {z } | n Faktoren 1 1 Anleitung: Schreiben Sie T n ≈ T n−1 × E+ ∪ T n−1 × E− und verwenden Sie die Mayer-Vietoris n n r Sequenz um per Induktion zu zeigen, dass Hk (T ) isomorph ist zu Z mit r = k . Lösung zu Aufgabe 1: Wir führen einen Induktionsbeweis über die Dimension n. Für n = 1 ist T 1 = S 1 und die Homologiegruppen der S 1 stimmen genau mit der angegebenen Formel überein. Nun sei n ≥ 2. Wir betrachten die angegebenen Zerlegung von T n . Um die Mayer-Vietoris Sequenz 1 1 anwenden zu können, müssen wir die Hemisphären E+ , E− ⊂ S 1 zunächst etwas vergrößern. Auch nach dieser Vergrößerung gilt aber 1 ∼ 1 ∼ Hi T n−1 × E+ = Hi T n−1 × E− = Hi T n−1 und Hi 1 1 ∼ T n−1 × E+ ∩ T n−1 × E− = Hi T n−1 ⊕ Hi T n−1 . Wir erhalten die folgende exakte Sequenz: φ ψ ∆ Hk T n−1 ⊕ Hk T n−1 −−−−→ Hk T n−1 ⊕ Hk T n−1 −−−−→ Hk (T n ) −−−−→ Hk T n−1 ⊕ Hk T n−1 Das Bild von ∆ ist eine Untergruppe einer frei abelschen Gruppe (per Induktionsvoraussetzung), also selber frei abelsch. Die kurze exakte Sequenz 0 −−−−→ Kern(∆) −−−−→ Hk (T n ) −−−−→ Bild(∆) −−−−→ 0 spaltet also und wir haben folgende Zerlegung: Hk (T n ) ∼ = Kern(∆) ⊕ Bild(∆). Durch genaue Analyse der Abbildungen in der Mayer-Vietoris Sequenz und der obigen Identifizierungen erkennt man, dass φ die Abbildung φ(a, b) = (a + b, a + b) ist. Damit besteht der Kern von φ aus Elementen der Form (c, −c) und ist somit frei abelsch von n−1 Rang n−1 k . Damit hat das Bild von ∆ den Rang k−1 . n−1 Das Bild von φ besteht aus Elementen der Form (c, c), ist also frei abelsch von Rang k . Das gleich gilt somit auch für den Kern von ψ. Wir können nun in Hk T n−1 ⊕ Hk T n−1 ein direktes Komplement von diesem Kern angeben: Es besteht aus allen Elementen der From (c, 0). Damit ist das Bild von ψ isomorph zu diesem Komplement, ist also frei abelsch von Rang n−1 k . Damit gilt dies auch für den Kern von ∆ und es folgt, dass Hk (T n ) frei abelsch ist mit Rang n−1 n−1 n + = . k−1 k k Zusatz: Wir beweisen die Formel φ(a, b) = (a + b, a + b) von oben. Statt T n−1 schreiben wir X und wir nehmen zwei Elemente a, b ∈ Hk (X). Zunächst haben wir die Abbildungen i0 : X → X × {0} und i1 : X → X × {1} und den Isomorphismus Hk (X) ⊕ Hk (X) → Hk ((X × {0}) ∪ (X × {1})) ; (a, b) 7→ i0∗ a + i1∗ b. Dann haben wir die Inklusion j : (X × {0}) ∪ (X × {1}) → X × I und schließlich die Projektion p : X × I → X. Die Abbildung φ ist gegeben durch φ(a, b) = p∗ j∗ (i0∗ a + i1∗ b). Nun ist aber p ◦ j ◦ i0 = p ◦ j ◦ i1 = idX und damit folgt φ(a, b) = p∗ j∗ i0∗ a + p∗ j∗ i1∗ b = a + b. Aufgabe 2: Einpunktvereinigungen Es seien X und Y topologische Räume mit Basispunkten x0 ∈ X und y0 ∈ Y , die jeweils Deformationsretrakt einer offenen Menge U0 ⊂ X bzw. V0 ⊂ Y sind. Wir bilden die Einpunktvereinigung (auch Wedge-Produkt genannt) durch den Quotienten X ∨ Y := (X t Y )/{x0 , y0 }. e i (X ∨ Y ) ∼ e i (X) ⊕ H e i (Y ) für alle i. Beweisen Sie H =H Lösung zu Aufgabe 2: Man zeigt, dass die Menge W := [U0 ∪ V0 ] eine offene und kontrahierbare Umgebung des Verklebepunktes [x0 ] = [y0 ] ∈ X ∨ Y ist. Dann wendet man die Mayer-Vietoris Sequenz auf die Zerlegung X ∨ Y = ([X] ∪ W ) ∪ ([Y ] ∪ W ) an. Achtung: Das Raumpaar (X t Y, {x0 , y0 }) nicht nicht unbedingt gut, da die Punkte x0 ∈ X und y0 ∈ Y nicht unbedingt abgeschlossen sind. Wir können die Homologie des Quotienten hier also nicht über die Homologie des Raumpaares berechnen. Aufgabe 3: Kegel Ist X ein topologischer Raum, so nennt man den Quotienten C(X) := (X × I)/(X × {1}) e i (C(X)) = 0 für alle i. den Kegel über X. Zeigen Sie, dass für Kegel stets gilt H Lösung zu Aufgabe 3: Der Kegel C(X) ist auf den Punkt [X × {1}] kontrahierbar. Dies leistet zum Beispiel die Abbildung f : C(X) × I → C(X) ; ([x, s], t) 7→ [x, (1 − t)s + t]. Alternativ kann man argumentieren, dass das Raumpaar (X × I, X × {1}) gut ist. Die reduzierte Homologie des Quotienten ist also isomorph zur Homologie des Paares. Man sieht nun, dass die Inklusion X ×{1} → X ×I eine Homotopieäquivalenz ist, somit induziert sie Isomorphismen zwischen Homologiegruppen und somit folgt e i (C(X)) = Hi (X × I, X × {1}) = 0 H für alle i aus der Homologiesequenz für Raumpaare. Aufgabe 4: Einhängungen Ist X ein topologischer Raum, so nennt man den Quotienten S(X) := C(X)/(X × {0}) die Einhängung von X. Berechnen Sie Hi (S(X)) für alle i aus der Homologie von X. Lösung zu Aufgabe 4: e i (S(X)) ∼ Das Raumpaar (C(X), X × {0}) ist gut, es gilt also H = Hi (C(X), X × {0}) und aus der Homologiesequenz für dieses Paar folgt, dass der Randoperator e i (S(X)) → H e i−1 (X) ∂∗ : H ein Isomorphismus ist. Alternativ kann man auch hier mit der Mayer-Vietoris Sequenz arbeiten, wenn man die Einhängung S(X) schreibt als die Vereinigung von zwei Kegeln über X. Aufgabe 5: Sphärische Homologie Wir nennen eine Klasse a ∈ Hk (X) sphärisch, falls es eine Klasse α ∈ Hk (S k ) und eine stetige Abbildung f : S k → X gibt mit a = f∗ α. Zeigen Sie: a) Für alle wegzusammenhängenden Räume X ist jede Klasse a ∈ H1 (X) stets sphärisch. b) Ist k ≥ 2 und X = T n ein Torus und a ∈ Hk (X) sphärisch, so folgt schon a = 0. (Hinweis: Betrachten Sie die universelle Überlagerung des Torus, um f∗ = 0 zu zeigen.) Lösung zu Aufgabe 5: a) Dies folgt aus der Surjektivität der Abbildung π1 (X, x0 ) → H1 (X) für wegzusammenhängende Räume X. Elemente in der Fundamentalgruppe werden durch stetige Abbildungen T :I→X mit T (0) = T (1) = x0 repräsentiert. Dies sind 1-Zykel und repräsentieren somit Klassen [T ] ∈ H1 (X). Surjektivität dieser Abbildung liefert, dass wir jede Klasse a ∈ H1 (X) durch so ein T darstellen können. Wir schreiben nun T =f ◦e mit e : I → S 1 ; t 7→ e2πit und f : S 1 → X ; e2πit 7→ T (t). Dann gilt mit α := [e] ∈ H1 (S 1 ) die gewünschte Beziehung: a = [T ] = [f ◦ e] = f∗ [e] = f∗ α b) Es sei a sphärisch. Da S k für k ≥ 2 einfach zusammenhängend ist, gibt es einen Lift F : S k → Rn von f in die universelle Überlagerung des Torus. Es gilt also f = p ◦ F und somit f∗ = p∗ F∗ . Da aber Rn kontrahierbar ist, folgt F∗ = 0. Damit ist auch f∗ = 0 und somit a = f∗ α = 0.