Thermodynamik Kapitel 3 Nicolas Thomas Statistische Mechanik Wir haben die Eigenschaften einer grossen Anzahl von Atomen und Molekülen diskutiert. Wir haben über makroskopische Eigenschaften wie Druck und Volumen gesprochen. Ein Liter Gas enthält etwa 1022 Moleküle. Es ist ein hoffnungsloses Unterfangen, jedes einzelne zu beschreiben. Wir können ihr Verhalten jedoch in Form von Wahrscheinlichkeiten diskutieren. Der Zweig der Thermodynamik, welcher sich eingehend diesem Zugang widmet, heisst Statistische Mechanik oder Statistische Thermodynamik Nicolas Thomas Ein ideales Gas in einem Kraftfeld T = konstant d.h. das Gas ist isotherm. Gas F p+dp z+dz p z-Achse z Der Druckdifferenz = n F dz n = Teilchendichte [Moleküle m-3] Sie können sich F als F = ma denken (2. Newton’sches Gesetz). Nicolas Thomas Die Druckdifferenz ist dp ' nF dz Gas F p+dp z+dz p z Nehmen wir nun an, daß F als eine Gradient eines Potentials beschrieben werden kann. dU F'& dz dU dp ' &n dz ' &n dU dz Wenn konservative Kräfte am Werk sind, kann ein Objekt fortbewegt und anschliessend wieder an seine ursprüngliche Position zurückgebracht werden, ohne dass Energie von dem oder auf das Objekt übertragen wird. Ein offensichtliches Beispiel ist die Gravitationskraft. Druckdifferenz ist proportional dem Potentialunterschied. Nicolas Thomas Nehmen wir ein ideales Gas. Als Zustandsgleichung haben wir pV ' NkT n ' N/V [Anzahl pro m-3] p ' nkT Da die Temperatur nach Voraussetzung konstant sein soll, gilt dp ' kT dn Der Unterschied in den Teilchendichten an zwei Orten ist proportional dem Druckunterschied. Nicolas Thomas &n dU ' kT dn dn dU ' & n kT dp ' kT dn dp ' &n dU U ln n ' & % konstante kT Boltzmannverteilung U & n ' n0 e kT n0 ist die Teilchendichte an demjenigen Punkt, wo U = 0 ist. Nicolas Thomas Boltzmannverteilung “Die Wahrscheinlichkeit, in einem bestimmten Gebiet des Raumes Teilchen zu finden, wächst exponentiell mit der negativen potentiellen Energie der Teilchen, dividert durch kT.” F' & Gas dU dz F n ' n0 e & U kT p+dp z+dz p z n0 ist die Teilchendichte an demjenigen Punkt, wo U = 0 ist. Nicolas Thomas Boltzmannverteilung Die Boltzmannverteilung kommt in der Physik immer wieder vor. In der Raumfahrtphysik spielt sie eine Rolle bei... Höhenverteilung in Planetenatmosphären Atmosphärischem Verlust Weltraumplasma Ausgasen von Kometen ... und, und, und ... Nicolas Thomas n ' n0 e & U kT p ' nkT Wenn T konstant ist, dann p ' p0 e & U kT Nehmen wir nun ein Beispiel für die potentielle Energie U... Gas in der Erdatmosphäre. U' mg z Nicolas Thomas p ' p0 e U kT & p ' p0 e n ' n0 e & & mgz kT Barometrische Höhenformel mgz kT T = 300 K g = 9,81 m s-2 m = 28. x 1,675 x 10-27 kg (N2) kT/mg = Skalenhöhe = 9 km e-1 = 0.3679 Nicolas Thomas T=300 K, H=9 km (Leider ist T in der Erdatmosphäre nicht konstant, aber...) T=200 K, H=6 km Logarithmisch Nicolas Thomas Geschwindigkeitsverteilung Die mittlere KE (und Geschwindigkeit) ist durch die Temperatur definiert. Aber, jedes Molekül besitzt eine individuelle Geschwindigkeit. Nicolas Thomas Was ist die durchschnittliche Zahl der Teilchen deren Geschwindigkeit im Intervall zwischen v und v + dv ? Ist das so interessant? Stellen Sie sich vor, Sie haben hoch oben in der Atmosphäre ein Gas. Welcher Anteil der Moleküle hat eine ausreichende Geschwindigkeit, um dem Gravitationsfeld der Erde zu entkommen? Lassen Sie uns dieses Gravitationsfeld nochmals benutzen, um die Lösung zu konstruieren. Nicolas Thomas n f(vz) vz f(vz) ist die Verteilungsfunktion der Geschwindigkeit. vz + dvz Säule f(vz) dvz sei der Bruchteil der Teilchen, die eine Geschwindigkeit im Interval vz und vz + dvz haben. n f(vz) dvz ergibt die Anzahl z Teilchen pro Volumen, welche diese Eigenschaft haben. z=0 Nicolas Thomas 1 2 mvz ' mgz 2 Die Anzahl der Moleküle mit dieser Eigenschaft ist z, vz = 0 dn& ' n(z) f(vz'0) dvz Die Moleküle mit vz = 0 erreichen die Höhe z = 0 mit der Endgeschwindigkeit, -vz. Die Anzahl der Moleküle mit dieser Eigenschaft ist vz = 1 km/s Nicolas Thomas dn% ' n(z'0) f(vz) dvz Die Atmosphäre soll sich im Gleichgewicht befinden... dn% ' n(z'0) f(vz) dvz dn& ' n(z) f(vz'0) dvz dn% ' dn& n(z'0) f(vz) dvz ' n(z) f(vz'0) dvz Nicolas Thomas Die Atmosphäre soll sich im Gleichgewicht befinden... n(z) f(vz'0) ' n(z'0) f(vz) n(z) f(vz) ' f(vz'0) ' f(vz'0) e &mgz/kT n(z'0) konstant f(vz) ' konstante e &mvz2/2kT f(vz) ist unabhängig von g - es ist allgemein gültig. Die Verteilungsfunktion der Geschwindigkeit. Nicolas Thomas dvz sind raus n ' n0 e 1 2 mvz ' mgz 2 & mgz kT f(vz) ' konstante e n f(vz) dvz &mvz2/2kT ergibt die Anzahl Teilchen pro Volumen, welche diese Eigenschaft haben. n f(vz) vz vz + dvz Dieser Ausdruck entspricht der Fläche unter der Kurve n f(vz) zwischen den Stellen vz und vz + dvz konstant Hier n = 1. Nicolas Thomas dn ' nf(vz) dv z ' nA e &mv z2/2kT dvz Wir integrieren und bekommen 4 n ' nA m e &mvz2/2kT dvz &4 A ist eine Normierungskonstante 4 A m e &4 Nicolas Thomas &mvz2/2kT dvz ' 1 dn ' nf(vz) dv z ' nA e &mv z2/2kT dvz Drei Dimensionen Bisher haben wir nur die z-Richtung untersucht. Ein Gas im Gleichgewicht ist isotrop. Für die x- und y-Richtungen ist die Geschwindigkeitsverteilung ähnlich. Jedes Molekül hat einen Geschwindigkeitsvektor ..... v ' (vx, vy, vz) Zusammen mit dem Positionsvektor P = (x, y, z) sind diese 6 Zahlen in der Raumfahrtforschung als die State Vectors bekannt. Nicolas Thomas Volumenelement Wir können jetzt ein Volumenelement definieren durch v ' (vx, vy, vz) dτ ' dvx dvy dvz vy vz vx dvx Es entspricht dem Volumen zwischen Geschwindigkeiten (vx, vx%dvx), (vy, vy%dvy), (vz, vz%dvz) Nicolas Thomas Wahrscheinlichkeit Die Wahrscheinlichkeit, daß die Geschwindigkeit eines Teilchens in dτ liegt, ist dnx dny dnz P(dτ) ' n n n P(dτ) ' 1 dnx dny dnz n3 P(dτ) % e &m(vx2%vy2%vz2)/2kT f(v) ' f(vx,vy,vz) ' Be konstant Nicolas Thomas Erinnern Sie sich: dnz ' nf(vz) dvz ' nA e dvx dvy dvz &m(v x2% v y2% v z2)/2kT f(v) ' Be &mv 2 /2kT &mv z2/2kT dnz ' f(vz) dvz n dvz Normalisierungskonstante Wir wählen B so, daß die Anzahl aller Moleküle pro Volumen die Teilchendichte n ist n' nB e mmm Nicolas Thomas &m(vx2%vy2%vz2)/2kT d 3v Der Betrag der Geschwindigkeit Uns interessiert nicht die Richtung, sondern der Betrag der Geschwindigkeit. vy dv vz dvx Nicolas Thomas vx Volumeninhalt einer Kugelschale 2 dV ' 4πv dv dn ' n f(v) dV dn ' nB e Nicolas Thomas &mv 2/2kT 2 2 4πv dv ' nCv e &mv 2/2kT dv dn ' nB e &mv 2/2kT 2 2 4πv dv ' nCv e &mv 2/2kT dv dn ' f(v) dv n 1831-1879 Geschwindigkeitsverteilung ist 2 f(v) dv ' C v e &mv2/2kT dv Maxwell-Boltzmann-Geschwindigkeitsverteilung Nicolas Thomas Maxwell-Boltzmann-Geschwindigkeitsverteilung dv Diese Verteilung ist NICHT symmetrisch. Sie ist auch nicht linear bei logarithmischer Auftragung. m 3/2 2 &mv 2/2kT f(v) ' 4π ( ) v e 2πkT Nicolas Thomas Charakterische Geschwindigkeiten Wahrscheinlichste Geschwindigkeit Da wir f(v) berechnet haben, können wir dort eine Geschwindigkeit definieren, wo f ein Maximum. Wir tun dies, indem wir schauen, wo df/dv=0 ist. Wir erhalten vmax ' Nicolas Thomas 2kT m Charakterische Geschwindigkeiten Durchschnittsgeschwindigkeit Der Durchschnitt einer Funktion ist definiert durch 4 g(v) ' g(v)f(v) dv m 0 4 f(v) dv m 0 Der Durchschnitt eines Gases ist also 4 v' vf(v) dv m 0 4 f(v) dv m 0 Nicolas Thomas v' 8kT πm Charakterische Geschwindigkeiten RMS-Geschwindigkeit Die Temperatur war durch die mittlere KE definiert - durch das mittlere Quadrat der Geschwindigkeit. 4 2 v ' v 2f(v) dv m 3kT v ' m 2 0 4 f(v) dv m 0 RMS = root mean square (quadratischer Mittelwert) v2 ' Nicolas Thomas 3kT m Beispiel vmax vrms N2 T = 200 K vmittel vmax = 343 m/s vmittel = 387 m/s vrms = 420 m/s vmax < v < v Nicolas Thomas 2 RMS = root mean square v2 ' Gas Ekin ' 3kT m v_max 1 2 3 mv ' kT 2 2 v_mittel v_rms He 1065 1202 1304 Ne 472 533 579 Ar 338 381 414 Xe 186 210 228 H2 1501 1694 1839 N2 402 453 492 O2 377 425 461 CO2 320 361 392 leicht = schnell schwer = langsam Charakteristische Geschwindigkeiten bei 1 bar und 0EC Nicolas Thomas Fluchtgeschwindigkeit Die Energie, die ein Molekül haben muss um die Gravitation der Erde überwinden zu können ist M ist die Masse der Erde 1 2 GMm mv ' R ist ihr Radius (6378 km) 2 R G ist die Gravitationskonstante KE PE v' 2gR Fluchtgeschwindigkeit An der Erdoberfläche ist vesc = 11,2 km/s. Nicolas Thomas GM g' R2 Fluchtgeschwindigkeit H2 T=500 K Leichte Elemente können die Fluchtgeschwindigkeit erreichen. In der Erdatmosphäre haben sich keine wesentlichen Mengen an Wasserstoff oder Helium gehalten. Jupiter ist so riesig, daß er Wasserstoff halten konnte. Nicolas Thomas Kollisionen Wir haben gesehen, daß die molekularen Geschwindigkeiten recht hoch sind. Das deutet bereits darauf hin, daß Kollisionen zwischen den Molekülen häufig stattfinden. Die Kollisionen sorgen dafür, daß das thermische Gleichgewicht erhalten bleibt. Nicolas Thomas Mittlere freie Weglänge der Moleküle Wir haben gezeigt, dass die Geschwindigkeitsverteilung der sogenannten Maxwell-Boltzmann-Verteilung gehorcht. Aber wie kommen die Moleküle zu diesem Zustand? Ursache sind Kollisionen, die zur Folge haben, daß die gesamte Energie des Gases konstant bleibt. D.h., daß ein einzelnes Molekül eine ständig wechselnde Geschwindigkeit und Richtung aufweist. Aber “Gleichgewicht” bedeutet, daß die Verteilung der Geschwindigkeit statistisch gesehen unabhängig von der Zeit ist. Nicolas Thomas Mittlere freie Weglänge ist ...?? Nicolas Thomas Mittlere freie Weglänge der Moleküle Nehmen wir nun die M-B-Verteilung, um zu berechnen a) wie häufig Kollisionen stattfinden und b) wie weit ein einzelnes Molekül zwischen zwei Stössen fliegt. r d=2r Dist = vt Nicolas Thomas Wir stellen uns vor, daß alle Moleküle mit Ausnahme desjenigen, das wir untersuchen wollen, eingefroren sind. r d=2r Das Molekül bewegt sich entlang eines geraden Pfades, bis es ein anderes Molekül trifft. Dist = vt Der Pfad des Moleküls ist zylinderförmig. Das Zentrum eines anderen Moleküls kann nicht innerhalb von d vom Zentrum unseres Moleküls sein - sonst haben wir eine Kollision. Das Volumen des Zylinders ist also gegeben durch V ' π(2r)2 v Δt ∆t ist ein Zeitintervall V ' 4πr 2 v Δt ' σ v Δt σ wird Querschnitt genannt Nicolas Thomas Da die Teilchendichte (Anzahldichte) der Moleküle n ist, beträgt die Anzahl der Kollisionen während der Zeit Δt Nc ' nσv Δt Die mittlere freie Weglänge ist vΔt 1 λ' ' Nc nσ Distanz Anzahl der Kollisionen Nicht ganz korrekt Nicolas Thomas Warum? Die Moleküle sind nicht “eingefroren” - sie bewegen sich. D.h. wir müssen die mittlere relative Geschwindigkeit benutzen. V ' 4πr λ' 2 2 v Δt 1 or 2 n 4πr 2 λ' kT λ' Zusätzlicher Faktor 1 2nσ p ' nkT 4 2 πr 2p Mittlere freie Weglänge ist proportional zur Temperatur und zum Reziproken des Drucks. Nicolas Thomas Mittlere freie Weglänge und Radii 1 bar und 0EC [10^-7] λmÿ ÿ ÿ r [10^-10] m He 1.72 1.09 Ne 1.25 1.29 Ar 0.63 1.83 Kr 0.49 2.07 Xe 0.35 2.44 H2 1.13 1.36 N2 0.58 1.89 O2 0.64 1.81 CO2 0.39 2.31 mfW ist 1000-mal größer als r. Wenn das nicht der Fall wäre, wäre es falsch, das Modell des idealen Gases zu benutzen! Nicolas Thomas r wird oft in Angstrom [Å] ausgedrückt. (1 Å = 10-10 m) Kollisionsfrequenz Die Zeit zwischen zwei Stössen ist tcol λ ' ' v tcol 1 ' 16 fcol ' 1 2 nσv m 1 1 πr 4 n p 1 tcol λ' 2 n 4πr 2 kT 4 2 πr 2p v' Kollisionsfrequenz Typische Werte sind fcol - 1010 s-1. Nicolas Thomas 1 λ' 8kT πm Wahrscheinlichkeit einer bestimmten freien Weglänge (Ein anderer Ansatz, als der im Skript). x dx Wahrscheinlichkeit? Wir definieren W(x) als die Wahrscheinlichkeit, daß ein Molekül auf einer Distanz, die mindestens x ist, nicht kollidieren wird. Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Molekül während der Zeit, in der es sich = η dx . bewegt eine Kollision erleidet, ist proportional zu dx η ist eine Konstante. Die Wahrscheinlichkeit, daß es NICHT zu einer Kollision kommt, ist (1-η dx). Nicolas Thomas x dx W(x) W(x % dx) ' (1 & η dx) W(x) (1-η dx) Falls ∆x genügend klein ist W(x%dx) ' W(x)% dW Δx ' W(x)W(Δx) dx Taylor’sches Theorem dW(x) W(x) % dx ' W(x) & η dx W(x) dx Nicolas Thomas W(x) % dW(x) dx ' W(x) & η dx W(x) dx dW(x) ' & η W(x) dx dW(x) ' & η dx W(x) Wir integrieren W(x) ' β e &ηx Wir definieren W(x) als die Wahrscheinlichkeit, daß ein Molekül auf einer Distanz, die mindestens x ist, nicht kollidieren wird. β kann gefunden werden, indem man beachtet, dass wenn x = 0 ist, W(x) = 1. Daher ist β = 1. Nicolas Thomas η muß wie folgt bewertet werden: Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Atom eine freie Weglänge mit einem Wert zwischen x und x+dx hat, ist ' W(x) η dx Wahrscheinlichkeit, daß es über die Distanz x nicht kollidiert. Wahrscheinlichkeit einer Kollision über die Distanz dx. Wir haben n Moleküle, also ist die Anzahl der Moleküle, die eine freie Weglänge mit diesem Wert haben 'n W(x) η dx Nicolas Thomas 4 Mittlere freie Weglänge ist (per Definition) g(v) ' g(v)f(v) dv m 0 4 f(v) dv m 4 4 0 1 λ ' n W(x) η x dx ' e &ηx η x dx m n m0 0 1 λ ' η W(x) ' e W(x) ' β e &ηx & x λ Standardintegral Durchschnittslänge ist xe &x/λ dx x' m 'λ e &x/λdx m Nicolas Thomas Σ Anzahl Moleküle mit mfw = x x x durch n Also richtig! Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Atom eine freie Weglänge hat, die mindestens gleich λ ist....... W(x) ' e Nicolas Thomas & x λ Beachten Sie, daß die Wahrscheinlichkeit, daß ein Molekül eine Strecke von mindestens λ zurücklegt, bevor es kollidiert, nur 37% beträgt.