Klimawandel Einfluss auf ein Alpental Der Klimawandel ist in der öffentlichen Debatte ein häufig diskutiertes Thema. Doch wie kommt es überhaupt zum Klimawandel und wozu führt er? Ein Gebiet, in dem seine Folgen ersichtlich sind, ist der alpine Raum. Leonhard Keteku 30.08.2012 Einfluss des Klimawandels auf die Alpen 30.08.2012 Klima Dank dem heutigen Stand der Wissenschaft lässt sich der Verlauf des vergangenen Klimas sowie der es formenden Klimaantriebe rekonstruieren bzw. basierend auf Modellrechnungen für die Zukunft voraussagen. Trotz der natürlichen Variabilität des Klimas weist der Zeitraum der letzten 30 Jahre einige Besonderheiten auf. Diese anormale Entwicklung ist teilweise auf die erst seit kurzem markant sichtbare Wirkung anthropogener Klimaantriebe zurückzuführen. Die seit Jahrhunderten konstanten Konzentrationen der Treibhausgase in der Atmosphäre wurden innerhalb der letzten Jahrzehnte merkbar durch menschliches Einwirken erhöht, was im Zusammenspiel mit natürlichen Klimaantrieben, wie z. B. der Solarkonstante, zu einer allmählichen Veränderung des Klimas führt. Der Klimawandel wird anhand der Veränderung der das Klima charakterisierenden Parameter (Lufttemperatur, Sonnenscheindauer, Niederschlag etc.) ersichtlich. Dass verschiedenste Aspekte der modernen Zivilisation Auswirkungen auf diese von der Norm abweichenden Entwicklungen haben, ist unbestreitbar. Unter Anwendung sogenannter, Atmosphäre-Ozean- Zirkulationsmodelle (AOGCM) können diese Auswirkungen in virtuellen Welten durchgespielt werden. Für gewöhnlich werden diese Durchläufe einmal ohne Konzentrationsänderung der natürlichen und anthropogenen Treibhausgase durchgeführt und einmal mit den erwarteten Konzentrationsänderungen der anthropogenen Treibhausgase. Die erwarteten Änderungen ergeben sich aus Abschätzungen der künftigen politischen, wirtschaftlichen, sozialen und technologischen Entwicklung. Regionale Klimaänderung Zur Veranschaulichung der Klimaänderung wird die Talgemeinde Rauris herangezogen, die eine der Beispielgemeinden im Projekt „A Tale of Two Valleys“ war. Klimamodelle Für den weiteren Verlauf des Klimas im 21. Jahrhundert lassen sich, basierend auf Modellrechnungen für die Gemeinde Rauris, einigermaßen gut belegte Aussagen treffen, nach denen bis zum Jahr 2100 mit einem anhaltenden Temperaturanstieg um 3 bis 3,5 °C, einem Rückgang der aktiven Gletscherflächen bis auf 10 Prozent des 1980 vorhandenen Bestandes, einer Erhöhung der Temperaturmaxima sowie einer entsprechenden Abnahme aller negativen Temperaturextremwerte, einem kontinuierlichem Rückgang des Anteils der festen Komponente des Niederschlags (Schnee), aber auch einer zunehmenden Beeinflussung der Bodenfeuchte durch die Temperatur zu rechnen ist. Aussagen über die künftige Entwicklung des Niederschlags und von Wetterextremereignissen sind nur schlecht bis kaum belegt. Einfluss des Klimawandels auf die Alpen 30.08.2012 Eintritt ins anthropogene Klimazeitalter Abb. 1: Direkt gemessene Jahresmittel der Lufttemperatur in der Region Rauris. Die dünne Linie zeigt die Einzeljahre, die dicke ist 20-jährig geglättet. Die waagrechte Linie zeigt den Mittelwert von 1981 bis 2008. In Abbildung 1 ist die temperaturerhöhende Wirkung der anthropogenen Treibhausgase ab ca. 1980 deutlich zu erkennen. In diesem Zeitraum gingen z. B. die Sulfataerosole, die eine abkühlende Wirkung auf die globale Lufttemperatur haben, zurück, dadurch kam der durch sie „maskierte“ anthropogene Klimawandel erst zum Vorschein. Auffällig an diesem Diagramm ist aber, dass eine ähnliche Entwicklung in Bezug auf die Lufttemperatur schon einmal stattgefunden hat. Der Zeitraum von 1939 bis 1947 weist einen noch schneller ablaufenden, jedoch niedrigeren Anstieg der Lufttemperatur auf, wobei aber zu beachten ist, dass die damaligen Werte, anders als der Mittelwert von 1981 bis 2008, die „Grenze zum unnatürlichen Bereich“ nur streifen und nicht überschreiten. Anhand dieses Vergleichs zu einem „natürlichen Klimawandel“ ist der schwerwiegende Einfluss des Menschen ersichtlich. Dies gilt auch für die Kurve der Sommermitteltemperatur. Abb. 2: Direkt gemessene Sommerdurchschnittstemperaturen in der Region Rauris. Die dünne Linie zeigt die Einzeljahre, die dicke ist 20-jährig geglättet. Die waagrechte Linie zeigt den Mittelwert von 1981 bis 2008. Klimaparameter Da das Klima mehr ist als nur die Temperatur, ist es sinnvoll, die Messwerte mehrerer Faktoren heranzuziehen, wie z. B. des Niederschlags, der Sonnenscheindauer oder des Luftdrucks. Anhand dieser Daten lassen sich die verschiedenen Aspekte der klimatischen Veränderungen innerhalb der letzten Normalperiode darstellen. Während sich das Klimaelement Niederschlag im Gegensatz zur Temperatur relativ normal verhält und somit keine nennenswerten Unregelmäßigkeiten aufweist, zeigt die Sonnenscheindauer ähnliche Tendenzen wie die Lufttemperatur. Wie bei ihr liegt der Mittelwert der letzten Normalperiode über den vorherigen Werten des hervorgehobenen Langzeittrends. Auch hier wird sichtbar, dass die Werte seit 1981 markant angestiegen sind. Extremereignisse Unter dem Schlagwort „Das Klima wird immer verrückter“ hat sich ein Dogma Abb. 3: Direkt gemessene Jahressonnenscheindauer (in Stunden) in Zell am See (nächstgelegene Messstation). Die dünne Linie zeigt die Einzeljahre, die dicke ist 20-jährig geglättet. Die waagrechte Linie zeigt den Mittelwert von 1981 bis 2008. festgesetzt, welches sich Einfluss des Klimawandels auf die Alpen 30.08.2012 gerade auf die unsicheren Tatsachen der Klimaforschung, nämlich die langfristige Vorhersage über Trends der Extremwerte, stützt. Trends von Extremereignissen wie Stürmen, Hagel oder Starkregen sind besonders schwierig zu analysieren, da sie Daten in täglicher oder subtäglicher zeitlicher Auflösung erfordern. An der Bereitstellung geeigneter Tagesdaten wird in der Forschungscommunity zwar gearbeitet, jedoch stellt die erforderliche Homogenisierung eine größere Barriere als bei den Monatsdaten dar. Qualitätsgeprüfte Monatsdaten eignen sich bedingt für Extremwertuntersuchungen, da sich z. B. lang andauernde Regenfälle auch in den Monatswerten abbilden. Aus der Analyse der Climate Change Detection Indices, die auf einer vorläufig homogenisierten Tagesdatenreihe von Rauris basiert, lassen sich folgende Aussagen treffen: Parallel zum Temperaturanstieg der letzten Jahrzehnte sanken auch die Niederschlagsmenge und die Anzahl der niederschlagsreichen Tage. Sowohl die Jahresniederschlagssumme als auch die maximale Tagesniederschlagssumme weisen leicht negative Trends auf. Zusätzlich zeigen die Daten eine geringe Zunahme der maximalen Länge von Trockenperioden und eine ebenso geringe Abnahme der maximalen Niederschlagsperiodenlänge. Entwicklungsbedarf Ein Gebiet, auf dem Verbesserungen im Gang sind, ist die Homogenisierung von Datensätzen auf täglicher bis subtäglicher Basis, an welcher bereits seit 2008 an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik gearbeitet wird. Daten mit so hoher zeitlicher Auflösung gehen im Gegensatz zu Monatsdaten nicht nur auf die Änderung des Mittelwerts ein, sondern auch auf die gesamte Häufigkeitsverteilung, was eine detailliertere Analyse von z. B. Extremwerten erlaubt. Die dafür erforderliche Homogenisierung ist aber mit großem mathematisch-statistischem Rechenaufwand verbunden. Mögliche Kommunikationsmethoden Um die Rauriser und Rauriserinnen mit diesem Thema vertraut zu machen, empfiehlt es sich, auf sorgfältig ausgewählte Kommunikationsprinzipien zurückzugreifen. Bei der Auswahl solcher Vorgangsweisen zur Vermittlung von z. B. regionalen Problemen rund um den Klimawandel, Anpassungsmöglichkeiten usw. an die Bewohner/innen spielen Faktoren wie die verschiedenen Zielgruppen, z. B. Altersgruppen, eine tragende Rolle. Ebenfalls wichtig ist der letztendlich vermittelte Inhalt und ob oder wie dieser auf z. B. Emotionen eingeht. Um dieses Thema beispielsweise den Schülern näherzubringen, wäre es wohl am effizientesten, die Komplexität der Informationen zu reduzieren und Bilder und andere Visualisierungen, die Einfluss des Klimawandels auf die Alpen 30.08.2012 den Klimawandel „erlebbar“ machen, zu nutzen. Dies könnte durch interaktive Projekte erreicht werden. Beispielsweise könnte eine Exkursion auf den Sonnblick-Gletscherlehrpfad, wo die Schüler direkte Auswirkungen des Klimawandels mit eigenen Augen wahrnehmen können, den gewünschten Effekt erzielen. Auch wäre es sinnvoll, zu vermitteln, was Vermeidungsstrategien, wie z. B. der Verzicht auf das eigene Auto, für das alltägliche Leben bedeuten, aber auch mögliche Lösungsvorschläge bzw. Anpassungsmaßnahmen (Fahrrad statt Auto) in z. B. Diskussionsrunden zu besprechen. Themen dieser Art könnten auch in Unterrichtsfächer wie Musik oder Biologie & Umweltkunde in Form von Liedern, selbstständigem Erarbeiten von Informationen zum Thema etc. eingebaut und praktisch angewandt werden. Auf emotionaler Ebene können nachhaltige Werte auf diese Gruppe gut übertragen werden. Bei den Erwachsenen ist es wahrscheinlich besser, wissenschaftliche Daten, z. B. in Form eines sachlichen Vortrags, zu verwenden, es ist aber auch wichtig, sich Unsicherheiten und dem Umgang mit dem Klimawandel zu widmen. Hierbei wäre es ratsam, offene Fragen der Rauriser/innen von mit dem Thema bereits vertrauten Wissenschaftlern in einem offenen Gespräch beantworten zu lassen sowie einen Bezug zu bestehenden Werten und Normen herzustellen. Zur korrekten Sensibilisierung der Rauriser/innen im fortgeschrittenen Alter wäre es sicher von Vorteil, einen Bezug zur regionalen Identität aufzubauen – Face-to-Face-Kommunikation könnte sich hier bezahlt machen, wobei darauf geachtet werden sollte, keine Angst zu erzeugen, ohne Lösungen aufzuzeigen. Abb. 4: Jahresmitteltemperatur in Rauris. Die gemessenen Werte der Einzeljahre werden in Form eines Klimazauns vor der Anlage des Naturfreundehauses in Kolm-Saigurn dargestellt. Klimazaun Ein Beispiel für Möglichkeiten zur bildhaften Darstellung der klimatischen Veränderungen stellt der Klimazaun dar. Jede gemessene Jahresmitteltemperatur wird als Latte am Zaun sichtbar dargestellt und vermittelt so klar den Eindruck einer steigenden Tendenz. Tatsächlich ist der Klimazaun, wie er hier als Säulendiagramm zu sehen ist, eine in Erwägung gezogene Methode zur bildhaften Darstellung des Klimawandels für die Rauriserinnen und Rauriser. Praktikant: Leonhard Keteku Betreuerin/Tutorin: Frau Dr. Ingeborg Auer -------------------------------------- -------------------------------------- Praktikumsdauer: 06.08.2012 bis 31.08.2012