Pflanzliche Erzeugung im Klimawandel: Auswirkungen und Anpassungen aus Sicht der Pflanzenzüchtung Dr. Léon Broers KWS SAAT AG KWS und ihre fundamentalen Geschäftsfaktoren Forschung & Entwicklung • 127 Mio. € für Forschung & Entwicklung in 2011/2012 (13% vom Umsatz) • 41% der KWS Mitarbeiter arbeiten im Bereich F&E • Ø 300 neue Sortenzulassungen pro Jahr 1-2 % durchschnittlicher Ertragsfortschritt pro Jahr 2 7.11.2012 DAF Tagung Wo setzt die Pflanzenzüchtung an? Ackerland pro Kopf (in ha) KWS Züchtungsprogramme 0,5 0,3 Neue Sorten 0,2 1950 2000 2050(e) Klimawandel Toleranzen °C Ernteverluste 3 7.11.2012 DAF Tagung ~ 10 Jahre Ziele der Pflanzenzüchtung Steigerung des Ertragspotentials Sicherung der Ertragsstabilität Verbesserung der Qualität Ressourceneffizienz KWS Getreide Versuchsparzellen 4 7.11.2012 DAF Tagung Klimawandel im 21. Jahrhundert Klimawandel CO2-Konzentration 5 7.11.2012 DAF Tagung Temperatur Wasser Extremereignisse Die Herausforderungen für die Pflanzenzüchtung... 6 7.11.2012 DAF Tagung ….durch den Klimawandel werden komplexer 7 7.11.2012 DAF Tagung Wahrscheinlichkeiten für lokale Klimaänderungen Szenario 1 Temperaturanstieg +2 bis +4 °C Szenario 2 Temperaturanstieg +1 bis +2 °C Veränderungswahrscheinlichkeit gering hoch Quelle: Williams et al., 2007 Risiko lokaler Klimaänderungen global vorhanden. Höchste Wahrscheinlichkeit in den Tropen und polnahen Bereichen. 8 7.11.2012 DAF Tagung CO2-Konzentration im 21. Jahrhundert Die globale CO2-Konzentration steigt an. Seit der industriellen Revolution (1760) hat der Gehalt um 100 ppmv = 34 Prozent zugenommen. * millionstel Volumenanteile In allen Szenarien kommt es zur weiteren deutlichen Zunahme Szenario Zunahme bis 2100 Nr. 1 + 440 ppmv Nr. 2 Nr. 3 + 320 ppmv + 170 ppmv 2100 Konzentrationen mehr als doppelt so hoch wie vor 1760 Effekt => Höhere Produktivität weil CO2 die Photosynthese effektiver macht 9 7.11.2012 DAF Tagung Temperaturen im 21. Jahrhundert Mittlere Erderwärmung (in °C) Prognose: zum Mittel der Jahre 1961-1990 + 4,1 °C + 3,7 °C 4 3 + 2,5 °C 2 Szenario Nr. 1 1 0 Nr. 2 -1 Nr. 3 -2 00 21 50 20 00 20 50 19 00 19 50 18 Jahr (Quelle: IPCC, 2007) Erderwärmung (in °C) 5 globale Erwärmung bis 2100 um 2,5 bis 4,1 °C Kontinente erwärmen sich schneller als Ozeane Arktis: 7 °C (stärkste Erwärmung!) Naher Osten: 5 bis 6 °C Europa & Nordamerika: 4 bis 5 °C Globale Temperaturänderungen in Erdbodennähe der Mittel 1961-1990 zu 2071-2100 Szenario Nr. 2 (Quelle: IPCC, 2007) 10 7.11.2012 DAF Tagung Ein Grad globale Erwärmung führt zu einer Verschiebung der Klimazonen und damit der Anbaugebiete um 100 bis 500 km polwärts. Niederschläge im 21. Jahrhundert Die globalen Niederschläge werden im Mittel bis 2100 um 5 -7 % zunehmen*! Relative Niederschlagsänderung der Mittel 1961-1990 zu 2071-2100* (in %) Januar Saisonale Unterschiede (Gemäßigte Zone) Mais Juli (Quelle: IPCC, 2007) 11 7.11.2012 DAF Tagung Frühjahr und Sommer: trockener (5 bis 30 % weniger Niederschlag) Regionale Unterschiede Winter: feuchter (6 bis 30 % mehr Niederschlag) Subtropen & mediterraner Raum: Abnahme der Niederschlagsmenge Tropen & mittlere bis hohe geographische Breiten: Zunahme der Niederschlagsmenge Dauer der Trockenperioden nimmt zu Anzahl der Extremereignisse nimmt zu Alle Naturkatastrophen weltweit 1980 – 2008 1 200 1 000 Anzahl 800 600 400 200 1980 1982 1984 1986 1988 Meteorologische Ereignisse (Sturm) 1990 1992 1994 1996 Hydrologische Ereignisse (Überschwemmung, Massenbewegung) 1998 2000 2002 2004 2006 Klimatologische Ereignisse (Temperaturextreme, Dürre, Waldbrand) Quelle: © 2009 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, GeoRisikoForschung, NatCatSERVICE Stand: Januar 2009 12 7.11.2012 DAF Tagung 2008 Weiterhin entscheidend: Züchtung vor Ort Prüforte zum Versuchsanbau Züchtungsstationen Züchtungs- und Vertriebsaktivitäten in über 70 Ländern 13 7.11.2012 DAF Tagung Mögliche Auswirkungen des Klimawandels…… • ….auf die Artenvielfalt • Die Möglichkeit von Arten, Klimaverschiebungen zu folgen, sind begrenzt. • Die Fähigkeiten von Arten zu morphologischen und physiologischen Adaptionen sind begrenzt. Reduktion der Artenvielfalt Verkleinerung von Genpools • ….auf die Pflanzenproduktion • Positive Effekte: “ CO2-Düngung“ • Negative Effekte: Stressbedingungen Globale Abnahme In gemäßigten Klimaten moderate Abnahme bis Zunahme 14 7.11.2012 DAF Tagung ... können durch Pflanzenzüchtung kompensiert werden... Angepasste Sorten Hitzetoleranz Trockentoleranz, Wassernutzungseffizienz Standfestigkeit Ertragssteigerungen Neue Resistenzen Moderne Pflanzenzüchtung Klimawandel Temperaturanstieg 15 7.11.2012 DAF Tagung Trockenheit Wind Neue Krankheiten Steigende CO2Konzentration ...unter Beachtung der Erfolgsfaktoren für die Züchtung Erfolgsfaktor 1: Genetische Vielfalt Eigenschaft 1 Eigenschaft 2 Eigenschaft 3 Schaffung und Erhaltung einer ausreichenden genetischen Vielfalt für die Entwicklung neuer Sorten 16 7.11.2012 DAF Tagung Analyse des Phänoptyps Erfolgsfaktor 2: Effektive phänotypische Instrumente Wie ist die Wurzelbildung? Wie ist Blatttemperatur ? Verfügbarkeit effektiver phänotypische Instrumente, um die Vererbbarkeit der selektierten Eigenschaften sicherzustellen 17 7.11.2012 DAF Tagung Grenzen klassischer Pflanzenzüchtung Temperaturanstieg Trockenheit Klassische Züchtung Wind & Biotechnologie Angepasste Sorten 18 7.11.2012 DAF Tagung Neue Krankheiten Steigende CO2Konzentration Eingeschränkte Variabilität des Züchtungsmaterials (Kreuzung nur innerhalb einer Art) Häufige Verknüpfung von erwünschten und unerwünschten Eigenschaften Steigerung der Effizienz Methoden und Technologien in der Pflanzenzüchtung Erfolgsfaktor 3: Offenheit für biotechnologische Methoden Biotechnologie Genomanalyse Gentechnik DNA-Diagnostik Zell- und Gewebekultur Hybridzüchtung Kreuzung und Auslese 1856 1910 1940 1970 Heute Biotechnologische Methoden sind heute essentiell für die Pflanzenzüchtung 19 7.11.2012 DAF Tagung Biotechnologie ermöglicht Erschließung enormer Potentiale Beispiel Winterrübe Kälteunverträglichkeit begrenzt die Vegetationsdauer (und Ertrag) und das Verarbeitungszeitfenster Lösung: Winterrübe 20 Verlängerung der Vegetationszeit und bessere Ausnutzung der Sonnenenergie Herbstaussaat Kältetoleranz Steuerung der Blütezeit (kein Schossen) 30% Steigerung des Zuckerertrages längere Verarbeitungskampagnen 7.11.2012 DAF Tagung Klimarelevante Züchtungsziele Beispiel Mais Mais Trockenheit höchster Wasserbedarf zur Blüte extreme Trockenperioden wie 2003 und 2006 führen zu Ertragseinbussen Temperaturanstieg Veratmung ab 38 °C CO2-Anstieg Mais profitiert weniger davon als Getreide Krankheiten und Schädlinge stärkeres Auftreten von Helminthosporium und Maiszünsler Extremereignisse 21 Standfestigkeit 7.11.2012 DAF Tagung Die speziellen KWS Zuchtziele - Trockenstresstoleranz - Hitzestresstoleranz - Krankheits- und Schädlingsresistenz - Erhöhte Standfestigkeit Klimarelevante Züchtungsziele Beispiel Zuckerrübe Zuckerrübe Trockenheit verstärkter Bormangel Trockenstress Temperaturanstieg Hitzestress Winterrübenanbau möglich CO2-Anstieg Ertragszunahme Aber: positiven Effekte werden durch hohe Temperaturen und Trockenperioden vermindert Krankheiten und Schädlinge Cercospora, Nematoden, Blattläuse, Viren Mehltau, Rübenmotten Erhöhter Unkrautdruck 22 Konkurrenz 7.11.2012 DAF Tagung Die speziellen KWS Zuchtziele - Nährstoffdynamik und -effizienz - Selektion auf Trockenstandorten - Wassernutzungseffizienz - Hitzetoleranz - Lenz-/ Winterrüben - Krankheits- und Schädlingstoleranzen - Herbizidtoleranz Klimarelevante Züchtungsziele Beispiel Getreide Getreide Trockenheit nach Trockenstress nachhaltig geschädigt Temperaturanstieg negative Auswirkungen ab 28 ca. °C: schließen der Spaltöffnungen verminderte Photosynthese Veratmung von Kohlenhydraten Reduktion der Kornzahl/ Ähre CO2-Anstieg Ertragssteigerung um bis zu 35 % und verminderte Wasserabgabe um 15 bis 30 % Aber: positiven Effekte durch hohen Temperaturen und Trockenperioden vermindert Krankheiten und Schädlinge 23 Zunahme von Rosten, Blattläusen, Viren, Getreidehähnchen, etc. 7.11.2012 DAF Tagung Die speziellen KWS Zuchtziele - angepasster Blüh- und Reifeverlauf - Resistenzen gegen Trocken- und Hitzestress - Krankheits- und Schädlingsresistenzen Zusammenfassung 1. Die Herausforderung: Ertragswachstum um den Bedarf einer steigenden Weltbevölkerung zu decken 2. Die Schwierigkeit: Klimawandel erhöht die Bevölkerungswachstum Klimaveränderung Nahrungs- und Komplexität der Pflanzenzüchtung signifikant. 3. Die Lösung: Pflanzenzüchtung ermöglicht Energieversorgung angepasste Sorten mit hohen Erträgen 4. Die Notwendigkeit: Nutzung aller zu Verfügung stehenden Technologien Vorhergesagte Klimaänderungen erfolgen langsamer als der Züchtungsfortschritt. Pflanzenzüchtung bietet die einzigartige Möglichkeit, Sorten an zukünftige Umweltbedingungen anzupassen. 24 7.11.2012 DAF Tagung Moderner Pflanzenzüchtung kommt eine Schlüsselrolle zu! BACKUP 25 7.11.2012 DAF Tagung Wasser - eine begrenzte Ressource 70 % der Erde sind mit Wasser bedeckt 2,5 % davon sind Süßwasser 1 % des Süßwasser ist direkt nutzbar Private Nutzung 10 % Industrie 20 % Landwirtschaft 70 % Globale Wassernutzung (heute) Der weltweite Wasserverbrauch nimmt stark zu: Wasserverbrauch (in Mrd. m³) Wasser ist eine begrenzte Ressource: 3500 3000 Landwirtschaft 2500 2000 1500 Industrie 1000 priv. Nutzung 500 0 1900 1925 1950 1975 Jahr Die Agrarwirtschaft hat mit 70 % den größten Anteil der globalen Frischwasserentnahmen! Prognose für 2030: 83 % Quelle: nach 3. Weltwasserforum Japan, 2004 26 7.11.2012 DAF Tagung 2000 Quelle: nach DWHH-Grafik.Tränkle+Immel-Quelle: UNEP,2002 2025 Weltweite Wasserknappheit Anteil der Weltbevölkerung mit … Wassermangel 3% Wassermangel 18% Wasserknappheit 5% 1995 Wasserknappheit 24% Ausreichend Wasservorräte 92% 2050 Ausreichend Wasservorräte 58% Quelle: Weltbank, Globus 27