Prostitution in Deutschland Aktueller Wissensstand

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Bericht
Prostitution in Deutschland
Aktueller Wissensstand und Forschungsbedarf
aus gesundheitlicher Sicht
Workshop 4.-5. Dezember 2014
SPI Forschung gGmbH
Kottbusser Str. 9,
10999 Berlin
Autorinnen:
Elfriede Steffan und Tzvetina Arsova Netzelmann
Unter Mitarbeit von:
Dr. Joyce Dreezens-Fuhrke, Sarah Filla, Elise Graf, Christine Körner, Maria Seitz
Inhalt
1.
Vorbemerkung................................................................................................................................. 1
2.
Hintergrund ..................................................................................................................................... 1
3.
Zielsetzung ....................................................................................................................................... 2
4.
Methoden ........................................................................................................................................ 2
5.
Verlauf ............................................................................................................................................. 3
5.1. Vorträge........................................................................................................................................... 3
5.2. Austausch und Vernetzung.............................................................................................................. 4
5.3. Arbeitsgruppen ................................................................................................................................ 4
6.
Erste Ergebnisse zum Forschungsbedarf ......................................................................................... 5
6.1. Partizipation .................................................................................................................................... 5
6.2. Orientierung der Forschung zu Sexarbeit und Gesundheit an den Erfahrungen der HIVForschung ........................................................................................................................................ 6
6.3. Ergebnisse Thema 1: Daten über Sexarbeit in Deutschland ........................................................... 6
6.4. Ergebnisse Thema 2: Gesundheit und Sexarbeit ............................................................................. 6
6.5. Ergebnisse Thema 3: Formen der Prostitution................................................................................ 8
6.6. Ergebnisse Thema 4: Stigmatisierung und Diskriminierung ............................................................ 9
7.
Schlussbemerkungen: Work in Progress ....................................................................................... 10
8.
Quellen .......................................................................................................................................... 10
9.
Liste der BarCamp-Arbeitsgruppen (AG) ....................................................................................... 12
10. Liste der Teilnehmer*innen........................................................................................................... 13
1. Vorbemerkung
Vom 4. bis zum 5.12. 2014 führte die SPI Forschung gGmbH einen Workshop zum Thema Prostitution
in Deutschland - Aktueller Wissensstand und Forschungsbedarf aus gesundheitlicher Sicht durch. Der
Workshop wurde gefördert durch das Bundesministerium für Gesundheit.
Insgesamt nahmen an dem interdisziplinären Workshop 58 Expert*innen aus Forschung, Politik und
Praxis sowie Akteur*innen aus dem Feld Prostitution teil.
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22 Teilnehmer*innen waren dem Bereich Forschung zuzuordnen. Sie vertreten die Fachrichtungen Epidemiologie, Public Health, medizinische Forschung, Rechtswissenschaften und Sozialwissenschaften inkl. Psychologie, Soziologie, Anthropologie und Historische Wissenschaften.
21 Teilnehmer*innen repräsentierten die Arbeitsfelder Fachberatungsstellen für weibliche
und männliche Sexarbeiter*innen, Gesundheitsämter (STI Beratung), Aids-Hilfe und Netzwerke (bufas, Deutscher Frauenrat, Deutsche STI Gesellschaft).
Sieben Teilnehmer*innen kamen aus der Sexarbeit und/oder aus Netzwerken (BesD) und
Einrichtungen, die Sexarbeiter*innen vertreten.
Ministerien und nachgeordnete Einrichtungen waren mit acht Teilnehmer*innen anwesend:
BMG, BMFSFJ, BZgA und RKI.
2. Hintergrund
Im Bericht der Evaluation des Gesetzes zur Regelung von Rechtsgeschäften in der Prostitution
(ProstG) wurde ausgeführt, dass die Aufnahme einer Tätigkeit in der Prostitution „als vom Recht zu
respektierende autonome Entscheidung“ (zu werten ist), „die jedoch typischerweise mit erheblichen
Gefahren und Risiken behaftet ist. Dazu gehören etwa psychische und physische Auswirkungen auf
die betroffene Person. Diese Risiken und Gefahren sind aber nicht mit allen Formen der Prostitution
in gleichem Ausmaß verbunden“ (BMFSFJ, 2007, S.7). Prostitution ist also ein Bereich, der ein besonderes Augenmerk aus öffentlicher Sicht erfordert.
Prostitutionsszenen sind fragile Gebilde, die sich je nach rechtlichen, kommunalen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen stark und schnell verändern. Umfang und Strukturen von Prostitutionsszenen sind kaum bekannt. Im Umlauf befindliche Zahlen, etwa über die Anzahl von Prostituierten,
beruhen auf nichtwissenschaftlichen Schätzungen aus den 80iger Jahren (vgl. BMG,1994). Alle weiteren Annahmen, auch über die Anzahl von beispielsweise Opfern von Menschenhandel in der Prostitution, beziehen sich auf diese nichtwissenschaftlich erhobenen Zahlen.
Politische Maßnahmen von Kommunen, Ländern und dem Bund benötigen als Grundlage epidemiologische Daten und wissenschaftliche Erkenntnisse aus Studien. Vorliegende Forschung zum Thema
Prostitution in Deutschland gibt hier erste Hinweise; jedoch sind die meisten Studien auf einzelne
1
Fragestellungen fokussiert und lassen keine ausreichenden Schlussfolgerungen für die aktuell in der
Fachöffentlichkeit diskutierten Probleme zu. Darüber hinaus werden sozialpolitische Fragestellungen
häufig getrennt von gesundheitspolitischen behandelt. Die Studien im Feld der Prostitution in
Deutschland beruhen nur sehr eingeschränkt oder gar nicht auf epidemiologischen Basisdaten. Aussagen zu Nationalität, Alter, Risikoverhalten von Prostituierten und ihren Kunden sind deshalb bislang nur auf Basis von sehr groben Schätzungen möglich und widersprechen sich teilweise. Erkenntnisse über Arbeitsbedingungen fehlen ebenfalls. Darüber hinaus werden die meisten Studien bisher
ohne Einbeziehungen von Akteur*innen aus dem Feld der Prostitution durchgeführt.
Einen aktuellen Überblick über Erkenntnisse zum Feld Sexarbeit liefert für Deutschland Nicola
Döhring in ihrem 2014 erschienen Artikel „Prostitution in Deutschland – Eckdaten und die Veränderung durch das Internet“ - erschienen in der Zeitschrift für Sexualforschung..Die Autorin stellt zusammenfassend fest:
„Größe, Beschaffenheit und wirtschaftliche Bedeutung des deutschen BezahlsexMarktes sind nicht genau bekannt. Auch über psychosoziale Merkmale und Lebenssituationen von weiblichen, männlichen und trans*Prostituierten und ihren Angehörigen, den im Prostitutionsmanagement Tätigen sowie der Kundschaft wissen wir wenig. Der Forschungsstand ist lückenhaft, öffentliche Diskussionen und massenmediale
Repräsentationen der Prostitution sind stark von Stereotypen geprägt.“ (Döhring
2014, S. 99 f)
3. Zielsetzung
Der interdisziplinäre Workshop sollte ein Überblick über Forschungsergebnisse und Kenntnisse im
Themenfeld Prostitution ergeben. Ausgewählte Fragestellungen sollten erörtert und der sich daraus
ergebende Forschungsbedarf definiert werden. Austausch und Vernetzung von Forschung, Beratungspraxis und Akteuren aus dem Feld Sexarbeit sollten gefördert werden. Auch wurde ausgelotet,
wie interdisziplinär und partizipativ Erhebungen zum Thema Sexarbeit gestaltet werden sollten und
welche Bedeutung eine solche Gestaltung für die Forschung haben könnte.
4. Methoden
Methodisch war der Workshop interdisziplinär und interaktiv angelegt. Plenarsitzungen mit insgesamt vier Vorträgen rahmten die thematisch gegliederten Arbeitsgruppen ein. Die gewählte Methode
BarCamp basiert auf offenen Workshops mit aktiver Mitarbeit aller Teilnehmenden. Die Möglichkeit,
im Vorfeld bereits Themen für die Arbeitsgruppen vorzuschlagen, wurde von 11 Teilnehmer*innen
genutzt. Weitere Themen wurden spontan vor Ort im Rahmen der Diskussion im Plenum eingebracht
und umgesetzt. Insgesamt fanden auf diese Weise 15 Arbeitsgruppen statt. Alle Arbeitsgruppen wurden protokolliert und im Plenum kurz vorgestellt. Die Protokolle wurden mit den Arbeitsgruppenmoderator*innen rückgekoppelt.
Den Abschluss bildete eine aus Impressionen bestehende Rückschau auf zwei abwechslungs- und
erkenntnisreiche Tage.
2
5. Verlauf
In der Anlage befinden sich Redebeiträge, Kurzfassungen und Präsentationsfolien der Vorträge, die
Folien der Rückschau und die Protokolle der Workshops.
5.1. Vorträge1
Die vier Vorträge gaben grundsätzliche Einsichten in die jeweiligen Themen. Der Psychologe Dr. Klaus
Jansen vom Robert Koch-Institut referierte über „Daten über Sexarbeit in Deutschland“ und betrachtete den Wissensstand und einige Forschungsergebnisse aus medizinisch epidemiologischer Sicht.
Die Ärztin Heidrun Nitschke (Gesundheitsamt Köln) sprach über Forschungsbedarf im Feld Sexarbeit
„aus der Sicht eines großen städtischen Gesundheitsamtes“. Lena Morgenroth vertrat den Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD) und stellte zum einen die Sicht des Berufsverbandes auf die Forschung dar und formulierte zum anderen Anforderungen an die Wissenschaft
und wichtige Forschungsthemen aus der Sicht des Berufsverbandes. Die Soziologin Prof. Dr. Barbara
Kavemann stellte wichtige Aspekte zu Auswirkungen von Stigmatisierung und Diskriminierung im
Rahmen von Forschung zum Thema Prostitution/Sexarbeit dar.
Alle Vorträge betonten die Relevanz von Forschung zum Thema Sexarbeit und beklagten das Fehlen
verlässlicher Daten. So führte Klaus Jansen aus:
„Die Anzahl von Sexarbeiter*innen in Deutschland ist unbekannt. Es liegen zwar verschiedene Schätzungen vor, die aber keinen wissenschaftlichen Ansprüchen genügen. Trotzdem kann es als sicher
gelten, dass in Deutschland eine hohe Zahl weiblicher und eine geringere Anzahl männlicher Sexarbeiter*innen tätig sind. Zur soziodemographischen Zusammensetzung dieser Gruppe finden sich in der
aktuellen, politisch sehr aufgeheizten Debatte zwar verschiedenste Meinungen, aber auch hier existieren keine wissenschaftlich belastbaren Zahlen.“ (Jansen,2014)
Heidrun Nitschke kritisierte den eingeschränkten Blickwinkel, den Forschung zum Thema Sexarbeit
bis heute häufig einnimmt:
„Forschung nimmt das Thema Sexarbeit und Gesundheit bisher vor allem unter dem Blickwinkel einer
Bedrohung der öffentlichen Gesundheit durch die Verbreitung von sexuell übertragbaren Infektionen
bzw. durch die Sexarbeit als solche wahr. Sie fokussiert im Allgemeinen öffentlich sichtbare Settings
und Zielgruppen spezialisierter Beratungs- und Versorgungsangebote. Umfassendere oder gar repräsentative Daten zum Thema Sexarbeit und Gesundheit gibt es nicht. Sexarbeiter*nnen sind jedoch
eine sehr heterogene Gruppe und die Settings, in denen Sexarbeit stattfindet, sind vielfältig. Entsprechend vielfältig ist auch der Forschungsbedarf.“ (Heidrun Nitschke)
Auch Lena Morgenroth vom BesD kritisierte den öffentlichen Diskurs zu Sexarbeit und belegte damit
die „ambivalente Haltung von (politisch aktiven) Sexarbeiter*innen zur Forschung“:
„Wenn Sexarbeit öffentlich sichtbar wird, dann meist unter einem von zwei Blickwinkeln: Der eine ist
der Opferdiskurs, in dem Sexarbeit auf problematische Aspekte (Kriminalität, Gewalt, Missbrauchserleben, STI-Risiko) reduziert wird. Der andere ist der voyeuristische Blick, der Sexarbeiter*innen auf ihre
Sexualität reduziert und oft mit die Intimsphäre verletzenden Fragestellungen einhergeht. Das Alltagserleben von Sexarbeit als Job oder Beruf ist medial nahezu nicht repräsentiert. Dazu kommt fehlende gesellschaftliche Anerkennung unserer Arbeit, sowie das häufige Abqualifizieren dessen, was
1
Alle Zitate aus den Kurzfassungen der Vorträge befinden sich im Anhang 1.
3
wir über unsere Arbeit zu sagen haben, wenn es nicht entlang einer der beiden oben genannten
Schienen verläuft.“ (Lena Morgenroth)
Barbara Kavemann stellt dar, dass die Grenzen der Erforschbarkeit von Sexarbeit eng mit Wertungen
und Stigmatisierungen zusammen hängen. Erwartungen an die Forschung selbst sind geprägt von
gegensätzlichen Interessen:
„Da sind die Interessen derer, die Prostitution bekämpfen, weil sie in ihr entweder eine moralische
Bedrohung oder eine Gefährdung der Errungenschaften der Frauenbewegung sehen. Auf der anderen
Seite die Interessen der in der Sexarbeit Aktiven, die um Anerkennung für ihre Erwerbstätigkeit und
ihre biografischen Entscheidungen kämpfen. Darüber hinaus die Interessen von Ministerien und Verwaltungen, die Forschung in Auftrag geben und eigene Vorstellungen davon haben, wie die Regulierung dieses Feldes aussehen sollte. Alle erwarten von Forschung eine Unterstützung ihrer Position
durch empirisch belegte Ergebnisse.“ (Barbara Kavemann)
Im Ergebnis betonen alle vier Referent*innen die Notwendigkeit einer anderen Forschung zu Sexarbeit aus einem breiteren Blickwinkel heraus. Die bisherige punktuell und eingeschränkt durchgeführte Forschung gibt nur wenig Aufschluss über die wirkliche Bandbreite von Arbeits- und Lebensverhältnissen von Sexarbeiter*innen und deren gesundheitlicher Situation. Forschungsfragen und Forschungsbedarfe sollten dabei gemeinsam mit in der Sexarbeit Aktiven formuliert und diskutiert werden. Die Themen Stigmatisierung und Diskriminierung und deren Auswirkungen auch auf Forschungsvorhaben, Forschungsprozesse und die Forschenden selbst sind auch als Querschnittthema
zu reflektieren. Auch ethische Aspekte einer Forschung zum Thema Sexarbeit müssen weit über den
Schutz der Anonymität von Interviewpartner*innen hinausgehen.
5.2. Austausch und Vernetzung
Ein Ziel des Workshops war der Austausch und die Vernetzung von Akteur*inne aus Forschung, Praxis
und Verbänden. Hier ist das Konzept des Workshops aufgegangen: Sowohl die Zusammensetzung der
Teilnehmer*innen als auch die straffe und gleichzeitig vielfältige inhaltliche Gestaltung haben einen
interessanten und intensiven Austausch bewirkt.
Von über 80 % der Teilnehmer*innen bekam der Workshop im Evaluationsbogen durchweg eine gute
bis sehr gute Bewertung, und zwar sowohl die Plenarsitzungen als auch die meisten der 15 Arbeitsgruppen.2 Das „offene Klima“ und die „interdisziplinäre Zusammensetzung“ sowie der „Austausch
zwischen Forschung und Praxis auf Augenhöhe“ wurden besonders hervorgehoben. Kritisch angemerkt wurde die knapp bemessene Zeit (von einer Stunde) für die BarCamp-Arbeitsgruppen. Zusätzlich wurde kritisiert, dass der Schwerpunkt zu sehr auf gesundheitlichen Themen lag. Einfachere Arbeitsgruppenthemen, so eine Anmerkung, hätten in der Kürze der Zeit zu pragmatischeren Lösungsvorschlägen führen können.
5.3. Arbeitsgruppen
Das Besondere an den Arbeitsgruppen war die Vielfalt der Themen, überwiegend von Teilnehmer*innen (auch spontan vor Ort) angeregt, die gemeinsame Entscheidung aller Anwesenden über
die Anzahl der Workshops, die interdisziplinäre Zusammensetzung sowie die zeitliche Begrenzung.
2
Zur Auswertung lagen 30 Evaluationsbögen der insgesamt 58 Teilnehmer*innen vor.
4
Dadurch war es möglich, in zwei Tagen 15 Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Themen durchzuführen und die Teilnehmer*innen in schneller Abfolge neuen Arbeitsgruppen zuzuordnen. Nach einem etwas zögerlichen Anfang haben sich die Teilnehmer*innen gut auf das hohe Arbeitstempo eingestellt und zu interessanten Diskussionen und Ergebnissen beigetragen.
6. Erste Ergebnisse zum Forschungsbedarf
Der bereits unter Punkt 2 „Hintergrund“ dargestellte Mangel an Erkenntnissen zum Feld Sexarbeit in
Deutschland allgemein und zur sozialen und gesundheitlichen Situation von Sexarbeiter*innen im
Besonderen war eine Ausgangsbasis für die Präsentationen und Diskussionen im Workshop. Diese
Einschätzung wurde von allen geteilt. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass Sexarbeit ein schwieriges
Forschungsfeld für empirische epidemiologische und sozialwissenschaftliche Studien darstellt. Auf
Grund des hohen Dunkelfeldes, der Stigmatisierung und der ganz unterschiedlichen Lebenswelten, ist
eine Erreichbarkeit nur mit hohem personellem und finanziellem Einsatz zu bewerkstelligen.
Bei der Zielsetzung von Forschung konnten zwei große Linien identifiziert werden: Vertreter*innen
der angewandten Forschung sahen den Nutzen einer eng auf Gesundheit und Gefährdungen fokussierten Forschung in der Schaffung bedarfsgerechter gesundheitlicher Angebote. Allerdings wurde
insbesondere die epidemiologische Forschung zu STI im Feld Sexarbeit auch als den Blickwinkel verengend kritisiert: Der Schwerpunkt läge allgemein zu sehr auf medizinischen Themen; die Lebenswelten von Sexarbeiter*innen und das Thema Stigmatisierung kommen in der Forschung insgesamt zu
kurz. Dieser Blick verstärke eine zu enge und in sich auch stigmatisierende Sicht auf das Thema.
Im Folgenden werden die im Rahmen des Workshops als wichtig angesehenen Forschungsthemen
unter Einbeziehung aller dokumentierten Vorträge, Arbeitsgruppen und Diskussionen kurz dargestellt.
6.1. Partizipation
Ein wichtiges Thema war die Partizipation von Akteur*innen aus dem zu erforschenden Feld bereits
bei der Planung und Steuerung eines Forschungsvorhabens. Ein Kernelement der partizipativen Sozialforschung ist der Einfluss auf den Forschungsprozess vor allem von Menschen, deren Leben oder
Arbeit im Mittelpunkt der Forschung steht (Michael Wright, AG11). Partizipative Forschung soll eine
ganzheitliche Behandlung der Themen ermöglichen und neben Bedarfsermittlung und Beratungsinteressen auch die Interessen der „Beforschten“ einbeziehen und sie als „Mitforschende“ gleichwertig
in den Forschungsprozess einschließen.
Partizipative Forschungsvorhaben stellen jedoch auch eine große Herausforderung für alle Beteiligten dar und sind nicht zuletzt durch die Limitierung verfügbarer Ressourcen definiert.
5
6.2. Orientierung der Forschung zu Sexarbeit und Gesundheit an
den Erfahrungen der HIV-Forschung
Die enge Verzahnung von Forschung und Prävention im Feld HIV hat zur praxisrelevanten Weiterentwicklungen der Angebote in diesem Feld geführt. Vor dem Hintergrund der vielfältigen Forschungserfahrungen im RKI ist dies ein gutes Modell auch für das Forschungsthema Sexarbeit. Hier
wurden die drei Studien a) KABP-Surv STI, b) STI-Outreach und c) ÖGD Mapping als Erfahrungshintergrund für epidemiologische Studien im Feld Sexarbeit herangezogen.
Auch von anderen Teilnehmer*innen wurde die Relevanz eines breiten methodischen Ansatzes hervorgehoben, „unterschiedlichste qualitative und quantitative Methoden“ sollten in Forschungsprojekten zum Thema Sexarbeit zum Einsatz kommen.
6.3. Ergebnisse Thema 1: Daten über Sexarbeit in Deutschland
Der vielfältige Mangel an Daten zu Sexarbeit wurde sowohl insgesamt kritisiert, als auch zu einzelnen
Themen im Detail beklagt. Der in der aktuellen Diskussion zum Thema beklagte Mangel an Kenntnissen zu Ausmaß, Struktur und Varianz der Sexarbeit in Deutschland wurde auch im Rahmen des Workshops thematisiert. Jedoch wurde dieser offensichtlich als so selbstverständlich angesehen, dass bei
den Teilnehmer*innen andere Themen eher im Vordergrund standen. Lena Morgenroth skizziert für
den Berufsverband BesD den Wunsch nach demografischen und wirtschaftlichen Zahlen zur Branche,
die neben Geschlecht und Herkunft möglichst viele Bereiche der Sexarbeit einbeziehen und eine Vergleichbarkeit zu anderen Berufsgruppen ermöglichen. Solche grundlegenden Daten könnten dazu
dienen, einzelne Forschungsarbeiten besser einzuordnen und zu bewerten. Wobei es wichtig erscheint, das Forschungsfeld möglichst umfassend zu definieren und den Zugang zu Studienteilnehmer*innen über die Arbeitsorte und Werbeplattformen der Branche selbst zu wählen und nicht ausschließlich über Gesundheitsämter, Beratungsstellen und Ausstiegsprojekte.
Eine ebenfalls grundlegende Überlegung stellt die in der AG 12 von Ursula von Rüden und Christine
Winkelmann vorgestellte und von der BZgA geplante Studie zur Erwachsenensexualität dar. Hier soll
Sexarbeit unter mehreren Gesichtspunkten einbezogen werden: So soll die Rolle von Sexarbeit in
Paarbeziehungen beleuchtet und nach eigenen Erfahrungen im Paysex gefragt werden. Insgesamt
fehlt in Deutschland eine Studie zur Einstellung zur Sexarbeit, und zwar in der Allgemeinbevölkerung
und auch in Einrichtungen, z. B. der gesundheitlichen Versorgung (Heidrun Nitschke, AG 8).
6.4. Ergebnisse Thema 2: Gesundheit und Sexarbeit
Bedarf an Forschung zu Gesundheit und Sexarbeit muss in einem umfassenderen Sinne gedacht werden, um aus der verengten Sicht von Sexarbeit als mögliche Infektionsquelle für STI hinausführen. Ein
solcher Bedarf lässt sich in drei Feldern feststellen:
1. Gesundheitsrelevante Faktoren am Arbeitsplatz und in der Tätigkeit:
Gesundheitliche Risiken für Sexarbeiter*innen sollten Setting, Arbeitsplatz, Tätigkeit und Rahmenbedingungen einbeziehen, denn „Risiken resultieren nicht nur aus den sexuellen Dienstleis-
6
tungen/Praktiken, sondern auch aus der Exposition gegenüber extremen Temperaturen, Kunstlicht mit besonderen Spektren, gesundheitsschädlichen Substanzen sowie Infektionserregern (STI
und andere). Spezifisch für Frauen ist das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft“. (Heidrun
Nitschke)
2. Gesundheit der Sexarbeiterinnen:
Zukünftige Forschung zur Gesundheit von Sexarbeiter*innen darf sich nicht auf die Epidemiologie
sexuell übertragbarer Infektionen und den Gebrauch illegaler Drogen beschränken. Hier ist zunächst zwischen gesundheitlichen Belastungen innerhalb und außerhalb der Sexarbeit zu unterscheiden (Heidrun Nitschke).
Auch Konzepte der Arbeitspsychologie sollten herangezogen werden, um Ressourcen und Stressoren am Arbeitsplatz zu ermitteln, um „Gemeinsamkeiten mit anderen Erwerbstätigkeiten genauso zu beleuchten wie Besonderheiten“ (Lena Morgenroth). Tina Urbach und Dana Unger (AG
3) schlagen ein umfassendes Konzept vor, dass Arbeits- und Lebenssituationen in sexuellen
Dienstleistungsberufen in das Zentrum der Forschung stellt und mögliche positive Faktoren und
negative Belastungen gleichermaßen herausarbeitet.
Ein weiterer gesundheitlicher Aspekt ist die Behandlung des Themas Gewalterfahrungen in der
Sexarbeit als Forschungsthema. Teilnehmende der AG 14 (Barbara Kavemann) kritisierten die zu
diesem Punkt aufgeheizte Debatte, nach der entweder die gesamte Sexarbeit auf Gewaltverhältnissen basiert oder aber Gewalt in der Sexarbeit als „Medienkonstrukt“ abgetan wird. In diesem
Zusammenhang wurde der Bedarf betont, Gewalt zu definieren. Defizite in der Definition von
Gewalt wurden an der Schnittstelle zu Sexualität allgemein und nicht nur zu Sexarbeit gesehen.
Forschung darf auch zu diesem Thema Fakten nicht verleugnen. Es muss allerdings verhindert
werden, dass solche Ergebnisse instrumentalisiert werden können.
3. Versorgungsforschung (Bedarfe, Strukturen und Zugänge)
Inwieweit Sexarbeiter*innen aufgrund von Angst vor Stigmatisierung und Diskriminierung sich
überhaupt in der gesundheitlichen Regelversorgung „outen“, ist unbekannt. Bekannt ist allerdings, dass viele Migrant*innen (auch aus EU-Ländern) in der Sexarbeit trotz Pflichtversicherung
und EU-Gesundheitskarte keine Krankenversicherungen haben (Giesela Zohren, AG 5). „Spezielle
Kenntnisse zu STI und Sexualität fehlen häufig im regulären Versorgungssystem“ (Heidrun
Nitschke, AG 8).Außerdem gehören regelmäßige Screening-Untersuchungen auf STI nicht zu den
Leistungen der Krankenkassen.
Der größte Anteil von Sexarbeiter*innen wird deshalb die spezialisierten, anonym und kostenlos
wahrzunehmenden, aber auf STI Diagnostik eingeschränkten Angeboten der Gesundheitsämter
aufsuchen, sicher ist das allerdings nicht. Und ein großes Manko dieser Stellen ist der geringe Anteil von gynäkologischen Angeboten, die eigentlich zum Basisangebot für Sexarbeiter*innen gehören sollten.
Daten zum Zugang von Sexarbeiter*innen zur regulären gesundheitlichen Versorgung fehlen
ebenso wie Daten zu „Einstellungen und Umgang mit dem Thema Sexarbeit in Arztpraxen und
anderen Versorgungseinrichtungen“ (Heidrun Nitschke, AG 8).
7
Partner für Studien in diesem Feld sind Einrichtungen der Versorgungsforschung, ärztliche Fachgesellschaften und Verbände. Die aktuell auch wohl am einfachsten zugängliche und damit wichtigste Quelle von Erkenntnissen und Daten stellen die STI-Beratungsstellen der Gesundheitsämter dar. Hier könnten in einem ersten Schritt Daten ausgewertet werden, die für eine fachlich angemessene ärztliche Versorgung zu sexueller Gesundheit ohnehin routinemäßig erhoben werden
sollten. Diese Datensammlungen müssten aber bundesweit harmonisiert werden, um eine Vergleichbarkeit zu ermöglichen. Zu beachten ist allerdings der spezifische Zugang zur Zielgruppe,
das spezialisierte Angebot und die eingeschränkten Möglichkeiten von Datendokumentationen,
die nur kontextbezogen Daten sammeln und eben nicht erheben. Eine „gut strukturierte Datendokumentation“ kann sich allerdings als „Ausgangspunkt und Referenz“ für darauf aufbauende
größere Studien eignen (Johann Fontaine, AG 2).
In den AGs 10 (Mechthild Eickel, & Marianne Rademacher) und 15 (Christiane Howe &Simone
Wiegratz) wurde diskutiert, wie die Fachberatung zu Sexarbeit weiterentwickelt werden sollte.
Die Beratungslandschaft in Deutschland ist mit den unterschiedlichen Förderaufträgen zu den
Bereichen Gesundheit, Gewalt/Menschenhandel und Ausstieg aus der Prostitution historisch gewachsen und nicht unbedingt adäquat. Insgesamt befindet sich der Bereich im Umbruch. Das betrifft die politische Debatte ebenso wie die Beratungsangebote und die Szene selbst. „Daher
stellt sich die Frage, ob der Auftrag der Beratungsstellen überhaupt noch zeitgemäß ist.“
(Mechthild Eickel, & Marianne Rademacher AG 10) Warum spielt beispielsweise der Begriff Prävention eine so große Rolle und nicht etwa der Begriff „Arbeitsschutz“? Aus heutiger Sicht sollten
die Bedürfnisse der Zielgruppen die konzeptionelle Grundlage für Beratungsangebote bilden; dafür müssten diese aber zunächst erhoben werden. Außerdem sollte untersucht werden, was Beratungsstellen anbieten und wie sie arbeiten. Daraus sollte folglich ein Konzept für Beratungsstellen entwickelt werden. (Christiane Howe &Simone Wiegratz, AG 15)Ergebnisse Thema 3: Formen
der Prostitution
Das Fehlen einer validen Datenbasis zu Sexarbeit in Deutschland wurde bereits mehrfach angemerkt.
In der genaueren Betrachtung wurde jedoch auch deutlich, dass dieser geringe Kenntnisstand sehr
ungleich verteilt ist. Wenn überhaupt Forschungen vorliegen, dann überwiegend zur gesundheitlichen Situation von Sexarbeiter*innen, und hier auch noch eingeschränkt auf die Themen STI und
Opfer von Gewalt und Menschenhandel. Ein breiterer Blick auf die allgemeine gesundheitliche und
soziale Situation auch im Vergleich zu anderen Situationen und Berufsgruppen, fehlt insgesamt (Tina
Urbach & Dana Unger, AG 3). Aber auch für spezielle Gruppen im Feld Sexarbeit, wie etwa männliche
Sexarbeiter und Trans*Menschen oder auch Kunden liegen noch weniger Kenntnisse vor, wie im
Folgenden ausgeführt.
Das Thema Mann-männliche Prostitution wurde unter verschiedenen Blickwinkeln in zwei Arbeitsgruppen behandelt. Im Abstract zu AG 1 stellen Ursula von Rüden und Martina Schuh auf der Grundlage einer Situationsanalyse fest: Das Thema „männliche Sexarbeit“ erfährt aktuell in der sozialwissenschaftlichen Forschung wenig Aufmerksamkeit“(Schuh & Rüden, 2014). Als erforderlich angesehen wird deshalb eine breit angelegt Studie zum Thema, welche die Lebenswelten der männlichen
Sexarbeiter zum Mittelpunkt hat und auch Themen wie bspw. Stigmatisierung und Armutsprostitution einbezieht. Im Bereich der Versorgung sollten die Angebote einbezogen werden. Ferner sollte die
Verbreitung und Prävention von STI unter dem Gesichtspunkt der strukturellen Prävention betrach-
8
tet werden. Auch die Nachfrageseite sollte in den Blick genommen werden sowie die Rolle, die Pay
Sex in den Lebenswelten von Homosexuellen spielt.
Manuel Hurschmann machte in der AG 13 das Selbstverständnis, die Professionalisierung sowie die
Arbeitsbedingungen in der männlichen Sexarbeit zum Thema. Hier wurde wieder der weitere Blick
eingefordert, um das System männliche Sexarbeit besser zu verstehen und letztendlich auch die Erreichbarkeit dieser Gruppe für Beratungs- und Hilfeangebote zu erhöhen. „In Studien wurde bisher
nur Hilfebedarf untersucht, nötig wäre aber eine Untersuchung der Lebens- und Arbeitsbedingungen
um Hilfebedarf zu identifizieren (Manuel Hurschmann, AG 13)
In der AG 6 widmeten sich Harriet Langanke und Michael König dem Thema „Wer bezahlt Sex und
warum?“ und stellten zum Forschungsthema Kunden von sexuellen Dienstleistungen zu Beginn fest:
„Wir sind so am Anfang“. In der aktuellen öffentlichen Debatte werden Kund*innen von sexuellen
Dienstleistungen „kriminalisiert und dämonisiert“. Diese abwertende Haltung gegenüber Kunden
wird zur „Abwertung der Sexarbeiter*innen“. Wichtig wäre, die Motivlagen der Kunden und Kundinnen auch unter dem Gesichtspunkt sexuelle Ressourcen näher zu beleuchten und ergänzende Sexualangebote wie etwa Tantra Massagen und Sexualassistenz/Sexualbegleitung in den Blick zu nehmen;
diese werden auch von Frauen nachgefragt. Aus gesundheitlicher Perspektive sollte der Frage nachgegangen werden, wie Safer Sex Botschaften von Kund*innen sexueller Dienstleistungen aufgenommen werden.3
Das Thema Trans*menschen in der Sexarbeit wurde in AG 9 (Hanna Hofmann) diskutiert. Hier liegen
kaum Daten über Lebens- und Arbeitsverhältnisse dieser Personengruppe vor. Eine deutschlandweite
Studie könnte hier Erkenntnise bringen, die Vernetzung fördern und Zugänge zu Beratung und Versorgung schaffen.
6.5. Ergebnisse Thema 4: Stigmatisierung und Diskriminierung
Dieses Thema zog sich als Querschnittthema durch alle Vorträge und Diskussionen und wurde dennoch unter verschiedenen Blickwinkeln auch gesondert betrachtet.
Eine auf wenige Fragestellungen eingeengte Forschungsförderung z. B. aus der „Sicht der gesundheitlichen Bedrohung der Allgemeinbevölkerung“ (Heidrun Nitschke) befördert eine spezifische stigmatisierende Sicht auf das Thema Sexarbeit. Mit weitem Blick und partizipativ angelegte Forschungsaufträge unter interdisziplinärer Steuerung könnten hier eine Änderung bedeuten.
Forschende müssen sich ihrer eigenen Position bewusst sein, d. h. auch die eigenen Einstellungen
gegenüber Sexarbeit und in der Sexarbeiter*innen reflektieren. Der aktuelle Kontext von Forschung
zum Thema Sexarbeit ist eine „polarisierte politische Debatte“ (Barbara Kavemann). Forschende sind
z. T. selbst Ziel von Stigmatisierung, z. B. werden sie als „Pro-Prostitutions-Lobby“ bezeichnet und
bezichtigt, „Gewalt und Ausbeutung“ zu fördern. Forschende müssen Eigenständigkeit zeigen und
sich zum Ziel setzen, die Realität von Sexarbeit so weit als möglich in ihrer Widersprüchlichkeit abzubilden und auf die Produktion eindeutiger Weltbilder und vereinfachter Lösungen zu verzichten.
3
Da es sich bei der weiblichen Kundschaft verglichen mit der männlichen um eine deutliche Minderheit handelt, deren Größenordnung völlig unbekannt ist, findet im folgenden Textfluss wieder die männliche Begriffsform von Kunden Verwendung.
9
Die Stigmatisierungserfahrung von Interviewpartner*innen aus der Sexarbeit beeinflusst den Forschungsprozess und setzt der Forschung Grenzen. Welche Interviewpartner*innen sich beispielsweise für Forschungsinterviews gewinnen lassen, welche Themen mit ihnen besprochen werden können
und welche Antworten sie bereit sind zu geben, hängt in erster Linie von der Stigmatisierungserfahrung und dem Umgang damit ab. Partizipation und die Zusammenarbeit mit Peer-researcher*innen
ist hier eine Möglichkeit des Umgangs – jedoch ausschließlich für Themen im Setting Sexarbeit. Sexarbeiter*innen, die aussteigen (wollen), grenzen sich häufig ab und meiden Kontakte zur Szene.
Ob und wie Stigmatisierung gemessen werden kann, diskutierte die AG 7 (PG Macioti & Silke Klumb).
Anhand der Erfahrungen mit der PLHIV-Index-Studie der DAH (DAH 2014) wurde überlegt, welche
Argumente für eine Messung von Stigmatisierung sprechen. Es geht darum, Stigmatisierung und deren Auswirkungen sichtbar zu machen, um Strategien des Umgangs mit der Stigmatisierung zu entwickeln und diese beispielsweise in der ärztlichen Versorgung abzubauen. Hier wird eine Aufgabe für
auszubildende Peer-Researcher*in aus dem Feld Sexarbeit in Zusammenarbeit mit „neutralen Forschenden“ gesehen. Es wurde auch diskutiert, dass dieses kein einfaches Vorhaben darstellt und die
Stigmatisierungserfahrung ein solches Engagement als Peer-Researcher*in erschwert.
7. Schlussbemerkungen: Work in Progress
Im Rahmen dieses Workshops ist es gelungen, wichtige Expert*innen aus Forschung und Praxis in
einen intensiven und vielfältigen Diskussionsprozess zum Thema Forschung zu Sexarbeit aus gesundheitlicher Sicht einzubinden. Aus den vielfältigen Diskussionen lassen sich einige Eckpunkte herauskristallisieren.
Eine bessere und aussagekräftige Datenlage zum Thema Sexarbeit erfordert Forschung mit einem
weiten reflektierenden Blick, der Zusammenhänge von Themen erkennen und einbeziehen kann und
Stigmatisierungen benennt und überwindet.
Eine auf den Forschungsgegenstand ausgerichtete interdisziplinäre Zusammensetzung des forschenden Teams unter Einbeziehung von Akteur*innen aus dem Feld der Sexarbeit in Planung und Durchführung führt zu qualitativ hochwertigen Ergebnissen.
Die gesundheitliche Situation von Sexarbeiter*innen in Deutschland ist eng mit der sozialen Situation
und den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verknüpft. Forschung muss dies berücksichtigen und
Konzepte entsprechend entwickeln. Über die gesundheitliche Situation von Sexarbeiter*innen hinaus
sollen auch die gesundheitlichen und beratenden Angebote sowie Einstellungen von Mitarbeiter*innen von Institutionen und Einrichtungen Gegenstand der Forschung sein.
Im Rahmen dieses Workshops konnten Grundsätze diskutiert und Ideen entwickelt werden. Eine
Weiterentwicklung dieser Forschungsideen ist ein längerer Prozess und erfordert Zeit, Unterstützung
und weitere Impulse.
8. Quellen
10
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (Hrsg.) (2007). Bericht der
Bundesregierung zur Auswirkung des Gesetzes zur Regelung von Rechtsgeschäften in der Prostitution (ProstG).
Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.) (1994). Zur rechtlichen und sozialen Situation von Prostitution in Deutschland.
Deutsche AIDS-Hilfe (Hrsg.) (2014). Positive Stimmen – Ergebnisbericht des PLHIV Stigma Index in
Deutschland. Verfügbar unter http://www.aidshilfe.de/de/shop/positive-stimmenergebnisbericht-des-plhiv-stigma-index-deutschland.
Döhring, N.(2014). Prostitution in Deutschland – Eckdaten und die Veränderung durch das Internet.
In Z Sexualforschung 2014, 27; S. 99 – 137, , Stuttgart & New York: Georg Thieme Verlag KG.
Jansen, K. (2014). Die STI Outreach Studie (RKI 2014). InZ Hiv&More 4,2014; S. 20 ff.
Schuh, M. & von Rüden. U. (2014). Mann-männliche Prostitution und STI – Situation in Deutschland.
In Hiv&More 4,2014.
11
9. Liste der BarCamp-Arbeitsgruppen (AG)
AG1: Mann-männliche Prostitution und STI: Situation und Bedarfe in Deutschland
Dr. Ursula von Rüden, Dr. Christine Winkelmann (BZgA)
AG2: Versorgungforschung: Angleichung der Datensammlungen im ÖGD
Johann Fontaine (Amt für Gesundheit Hamburg), Heidrun Nitschke (GA Köln)
AG3: Arbeits- und Lebenssituation in sexuellen Dienstleistungsberufen
Dr. Tina Urbach (Uni Potsdam), Dr. Dana Unger (ETH Zürich)
AG5: Zugang zur gesundheitlichen Versorgung für Migrant*innen in der Sexarbeit
Gisela Zohren (MIMI Dortmund)
AG6: Wer bezahlt für Sex und warum? Demografische Struktur, Motive für Pay Sex, Vernetzung
(Foren, Internet) Safer Sex
Harriet Langanke (GSSG), Michael Johannes König (BesD)
AG7: Huren Stigma: Wie kann man Stigma messen? Entwicklung von Stigma Indikatoren
Dr. PG Macioti (Hydra), Silke Klumb (DAH)
AG8: Einstellungen zu Sexarbeit im Versorgungssystem
Heidrun Nitschke (GA Köln)
AG9: Trans*menschen in der Sexarbeit – Doppeltes Stigma? Gesundheitliche Situation und gesellschaftliche Teilhabe
Hanna Hofmann (BesD)
AG10: Prävention und Professionalisierung – Was wirkt wie vor Ort?
Mechthild Eickel, Marianne Rademacher (DAH)
AG11: Partizipation und Gesundheitsforschung: Definition, Vorgehensweisen, Grenzen und Potenziale
Prof. Dr. Michael T. Wright (Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin)
AG12: Indikatoren Erwachsenensexualität
Dr. Ursula von Rüden, Dr. Christine Winkelmann (BZgA)
AG13: Selbstverständnis, Professionalisierung und Arbeitsbedingungen in der männlichen Sexarbeit
Manuel Hurschmann (Aids-Hilfe Essen)
AG14: Gewalt in der Sexarbeit als Forschungsthema: Zielsetzungen, Kenntnisgewinn und Umgang
mit Ergebnissen
Prof. Dr. Barbara Kavemann (SOFFI F. Berlin)
AG15: Welchen Forschungsbedarf haben Beratungsstellen für Sexarbeit?
Christiane Howe (HU Berlin), Simone Wiegratz (BUFAS)
12
10. Liste der Teilnehmer*innen
Forschung
Bremer, Viviane
Brockmeyer, Norbert
Casagrande, Fabio
Dölemeyer, Anne
Dolinsek, Sonja
Gerheim, Udo
Howe, Christiane
Jansen, Klaus
Katona, Noémi
Kavemann, Barbara
Langanke, Harriet
Löffler, Marlen
Probst, Ursula
Sarma, Navina
Unger, Dana
Urbach, Tina
Wright, Michael T.
Praxis
Greb, Gudrun
Robert-Koch-Institut
Deutsche STI-Gesellschaft (DSTIG)
Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg
Uni Leipzig
Historikerin, Forschung zu Sexarbeit
und Menschenhandel
Wissenschaftl. MA Carl von Ossietzky
Universität Oldenburg
HU Berlin
Robert-Koch-Institut
Berliner Netzwerk Prostitutionsforschung
SOFFI F. Berlin
GSSG
co. Christiane Howe
Anthropologin, Praxisforschung
Public Health, RKI, STI Outreach Studie
ETH Zürich
Universität Potsdam
Katholische Hochschule Sozialwesen
Berlin (KHSB)
ragazza e.V. Hamburg
[email protected]
[email protected]
[email protected]]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
13
Eickel, Mechthild
Engels, Henny
Fink, Karin
Fontaine, Johann
Gangarova, Tanja
Hurschmann, Manuel
Klumb, Silke
Koehler, Elisabeth
Leopold, Beate
Nitschke, Heidrun
Perrier, Maya
Pinzon Ruiz, Lina Maria
Rademacher, Marianne
Rötten, Ralf
Schu, Martina
Schuhmacher, Michael
Tuernau, Dorothee
Wiegratz, Simone
Zohren, Gisela
Behörden, Verwaltung
Backes, Herbert
Kupfer, Gesa
Miebach, Wilhelm
Schirrmacher, Gesa Dr.
Perea, Ines
Rüden, Ursula von
Madonna e.V.
Deutscher Frauenrat
Aidshilfe Frankfurt
CASA blanca Hamburg
Deutsche Aidshilfe (DAH)
Aidshilfe Essen
Deutsche Aidshilfe (DAH)
GA Frankfurt
OPERA Projekt/Kassandra Nürnberg
GA Köln
Zentrum für sex. Gesundheit, GA Berlin
Charlbg.-Wilmersd.
TAMPEP-Germany
Deutsche Aidshilfe (DAH)
Hilfe für Jungs Berlin
FOGS GmbH
AIDS Hilfe Köln
Phoenix Hannover
bufas e.V. (Bündnis der Fachberatungsstellen für Sexarbeiter*innen)
Mitternachtsmission Dortmund
Senatsverwaltung für Gesundheit und
Soziales
BMG
BMG
BMFSFJ
BMG
BZgA
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
heidrun.nitschke@stadt-köln.de
[email protected]
<[email protected]>
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
14
Winkelmann, Christine
Akteur*innen Sexarbeit
BZgA
[email protected]
Busse, Lisa
Carlsson, Golde
Fricke, Klaus
Hofmann, Hanna
König, Michael Johannes
BESD
BV e&s D
Betreiber
BesD
Sexworker, Tantramasseur
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
mailto:[email protected]
Macioti, PG
Hydra e.V.
wiss. Sprecherin Berufsverband e. & s.
Dienstleistungen
Morgenroth, Lena
Organisatorinnen SPI Forschung
Arsova-Netzelmann, Tzvetina
Dreezens-Fuhrke, Joyce
Steffan, Elfriede
SPI Forschung
SPI Forschung
SPI Forschung
[email protected]; P.G. Macioti
[[email protected]]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
15
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