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09. September 2013
Gezielter impfen - Verbesserte Immunantwort gegen intrazelluläre Erreger
Wissenschaftlerinnen des TWINCORE ist es gelungen, die Aufmerksamkeit des Immunsystems mit einer speziellen Impfung
auf intrazelluläre Infektionen zu lenken. Gegen Krankheitserreger, die sich innerhalb unserer Zellen vermehren, gibt es
bislang keine ausreichend wirksamen Impfstoffe - mit einer neuen Impfstrategie sind die Wissenschaftlerinnen einen
wichtigen Schritt zu neuen Impfkonzepten gegen intrazelluläre Infektionen wie Tuberkulose oder Listeriose gegangen.
Dendritische Zellen sind Immunzellen, die in unserem Körper ständig auf Patrouille sind. "Dendritische Zellen besitzen auf ihrer
Oberfläche unterschiedliche Rezeptoren, an die sich Krankheitserreger oder Fremdkörper anheften. Die Zellen nehmen diese Stoffe
auf, verarbeiten und präsentieren sie anderen Immunzellen", erklärt Christina Hesse, Wissenschaftlerin am Institut für
Infektionsimmunologie des TWINCORE. "Sie sind dadurch in der Lage, die Immunantwort zu steuern." Sie beeinflussen, welche
Immunzellen gebildet werden, wogegen sie sich richten und wie stark die Reaktion ausfällt. Das Immunsystem merkt sich diese
Eindringlinge und kann dann bei einer erneuten Infektion schneller reagieren. Die Wissenschaftlerinnen nutzen nun diese
Steuerungsfunktion der Dendritischen Zellen aus: Sie liefern gezielt Bausteine von Erregern, so genannte Antigene, an diese
Dendritischen Zellen. Dadurch rufen sie eine Immunantwort hervor, die sich sowohl gezielt gegen intrazelluläre Erreger richtet, als
auch langfristig im Gedächtnis des Immunsystems haften bleibt.
Als "Lieferadresse" verwenden die Forscherinnen den menschlichen Rezeptor DC-SIGN. Hierzu verwenden sie genetisch veränderte
Mäuse, die diesen humanen Rezeptor auf ihren Dendritischen Zellen bilden, so dass die Wissenschaftlerinnen im Organismus eine
vollständige Impfreaktion verfolgen können. "Wir haben ein Modellantigen - also den Baustein gegen den wir impfen wollen - an einen
für DC-SIGN spezifischen Antikörper gebunden und damit geimpft“, erläutert Wiebke Ginter, ebenfalls Wissenschaftlerin am Institut
für Infektionsimmunologie. "So haben wir gezielt dafür gesorgt, dass verstärkt für das Antigen spezifische CD8+ T-Zellen gebildet
werden." Diese CD8+ T-Zellen sind zuständig für das Töten infizierter oder krankhaft veränderter körpereigener Zellen - also genau
die T-Zellen, die für die Abwehr intrazellulärer Krankheitserreger benötigt werden.
Das Modellantigen, das die zwei Wissenschaftlerinnen als Impfstoff verwendet haben, ist Ovalbumin, das Eiweiß, aus dem
Hühnereiklar vorwiegend besteht. Nach dieser - auf den einen Rezeptor ganz speziell zugeschnittenen - Ovalbumin-Impfung haben
die Wissenschaftlerinnen die Mäuse mit dem intrazellulären Erreger Listeria monocytogenes infiziert. Ihre Listerien sind genetisch
verändert und produzieren Ovalbumin, so dass dieses Listerien-Ovalbumin von den infizierten Körperzellen auf der Oberfläche
präsentiert wird. "Das Immunsystem hat nach der Impfung eine sehr spezifische Immunantwort erzeugt, die sich gezielt gegen die
Zellen richtet, in die sich das Ovalbumin-produzierende Listeria monocytogenes eingeschleust hat", sagt Prof. Tim Sparwasser, Leiter
des Instituts für Infektionsimmunologie. "Damit haben wir durch unseren translationalen Ansatz eine wichtige Hürde genommen. Wir
können erstmals Dendritische Zellen - und damit das Immunsystem - direkt über den humanen Rezeptor DC-SIGN innerhalb eines
lebenden Organismus ansteuern. Somit können wir nun über neue Impfstoffe gegen so verheerende Infektionen wie Tuberkulose
nachdenken, für die es bislang keinen wirksamen Impfschutz gibt."
Literaturhinweis:
Hesse, C.; Ginter, W. et al. In vivo targeting of human DC-SIGN drastically enhances CD8(+) T-cell-mediated protective immunity.
Eur. J. Immunol. (2013). doi:10.1002/eji.201343429
Quelle: TWINCORE - Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung
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