www.kinderkrebsinfo.de Osteosarkom (Kurzinformation) Copyright © 2012 Kompetenznetz Pädiatrische Onkologie und Hämatologie Autor: Dipl.-Biol. Maria Yiallouros, Dr. med. Gesche Tallen, erstellt am 12.02.2009, Freigabe: Prof. Dr. med. Ursula Creutzig, zuletzt bearbeitet: 19.04.2012 Kinderkrebsinfo wird von der Deutschen Kinderkrebsstiftung gefördert Osteosarkom (Kurzinformation) Seite 2 Inhaltsverzeichnis 1. Krankheitsbild .................................................................................................................. 3 2. Häufigkeit ........................................................................................................................ 3 3. Lage und Ausbreitung ..................................................................................................... 3 4. Feingewebliche Eigenschaften und Tumortypen ................................................................. 4 5. Ursachen ......................................................................................................................... 4 6. Krankheitszeichen ............................................................................................................ 5 7. Diagnose ......................................................................................................................... 5 8. Therapieplanung .............................................................................................................. 6 9. Therapie .......................................................................................................................... 6 9.1. Chemotherapiephase vor der Operation ........................................................................ 6 9.2. Operation .................................................................................................................... 7 9.3. Chemotherapiephase nach der Operation ..................................................................... 7 9.4. Behandlung von Patienten mit Krankheitsrückfall ........................................................... 7 10. Therapieoptimierungsstudien ......................................................................................... 8 11. Prognose ....................................................................................................................... 8 Literatur ............................................................................................................................. 10 Glossar .............................................................................................................................. 11 Osteosarkom (Kurzinformation) Seite 3 Osteosarkom (Kurzinformation) 1. Krankheitsbild Osteosarkome sind seltene, bösartige Knochentumoren. Sie gehören zu den soliden Tumoren und entstehen durch die Entartung von Zellen, die normalerweise Knochen bilden. Da sie direkt vom Knochengewebe ausgehen, werden sie auch als primäre Knochentumoren bezeichnet. Damit werden sie von Absiedelungen (Metastasen) bösartiger Tumoren abgegrenzt, die in einem anderen Organ entstanden sind. Die meisten Osteosarkome wachsen und streuen sehr schnell, so dass die Erkrankung ohne eine wirksame Behandlung tödlich verläuft. 2. Häufigkeit Osteosarkome sind die häufigsten bösartigen Knochentumoren im Kindes- und Jugendalter. Nach Angaben des Deutschen Kinderkrebsregisters in Mainz erkranken in Deutschland derzeit etwa 2 bis 3 von 1.000.000 (das heißt insgesamt etwa 40) Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren jedes Jahr neu an einem Osteosarkom. Die Erkrankung macht damit etwa 2,3 % aller Krebserkrankungen in dieser Altersgruppe aus. Allerdings treten Osteosarkome meist im zweiten Lebensjahrzehnt während der pubertären Wachstumsphase auf, und hier mit zunehmendem Alter gehäuft. Bei Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 19 Jahren machen Osteosarkome daher einen größeren Anteil an den bösartigen Erkrankungen des Kindes- und Jugendalters aus (über 5 %). Der Häufigkeitsgipfel liegt bei Mädchen bei 14 Jahren, bei Jungen bei 16 Jahren. Männliche Patienten sind häufiger betroffen als weibliche. 3. Lage und Ausbreitung Osteosarkome entstehen überwiegend in den gelenknahen Abschnitten (Metaphysen) der langen Röhrenknochen der Arme und Beine. Über 50 % aller Osteosarkome liegen im Bereich des Kniegelenks. Der Tumor kann sich ausschließlich auf den Knochen und das Knochenmark erstrecken, meist befällt er aber auch mehr oder weniger stark das benachbarte Weichteilgewebe, also zum Beispiel Binde-, Fett-, Muskelgewebe und/oder Gewebe peripherer Nerven. Bei etwa 10 bis 20 % der Kinder und Jugendlichen findet man zum Zeitpunkt der Diagnose sichtbare Metastasen. Aber auch bei allen anderen Patienten ist immer davon auszugehen, dass der Tumor bereits über den Blut- und Lymphweg kleinste Tochtergeschwülste – so genannte Mikrometastasen – in anderen Organen gebildet hat. Sie können lediglich aufgrund ihrer geringen Größe noch nicht nachgewiesen werden. Am häufigsten metastasieren Osteosarkome in die Lunge (zu etwa 70 %), seltener in Knochen und andere Organe. Metastasen können auch in Lunge und Knochen gleichzeitig vorliegen. Nur sehr selten (bei weniger als 5 % der Patienten) tritt der Tumor von Anfang an in verschiedenen Knochen auf. Man spricht dann von einer multilokulären Erkrankung. Osteosarkom (Kurzinformation) Seite 4 4. Feingewebliche Eigenschaften und Tumortypen Ein charakteristisches Merkmal der Osteosarkome ist, dass die Tumorzellen – anders als gesunde Knochen bildende Zellen – unreifen Knochen (Osteoid) produzieren. Das heißt, sie bilden zwar Knochengrundsubstanz, aber keinen Kalk. Allein daran lässt sich ein Osteosarkom von anderen Knochentumoren abgrenzen. Darüber hinaus sind die feingeweblichen Eigenschaften eines Osteosarkoms allerdings sehr vielfältig und damit zum Teil auch das biologische Verhalten der Tumoren. Die meisten Osteosarkome, die bei Kindern und Jugendlichen auftreten, sind sehr bösartig (hochmaligne), da sie rasch wachsen und sehr schnell metastasieren. Nur wenige Osteosarkomformen können als geringgradig oder mittelgradig bösartig bezeichnet werden. Die Weltgesundheitsorganisation (englisch: World Health Organisation, WHO) teilt Osteosarkome anhand ihrer feingeweblichen Eigenschaften in folgende Typen ein: • Konventionelles Osteosarkom (sehr bösartig) • Teleangiektatisches Osteosarkom (sehr bösartig) • Kleinzelliges Osteosarkom (sehr bösartig) • Niedrigmalignes zentrales Osteosarkom (wenig bösartig) • Sekundäres Osteosarkom (in der Regel sehr bösartig) • Paraossales Osteosarkom (in der Regel wenig bösartig) • Periostales Osteosarkom (mittelgradig bösartig) • Hochmalignes Oberflächenosteosarkom (sehr bösartig) Am häufigsten sind die konventionellen Osteosarkome. Sie machen 80 bis 90 % aller Osteosarkome aus und werden nach der WHO-Klassifikation weiter unterteilt. Alle anderen Osteosarkomformen kommen selten vor (zu jeweils weniger als 5 %). Der Grad der Bösartigkeit wird bei der Behandlungsplanung mit berücksichtigt. 5. Ursachen Die Ursachen für die Entstehung eines Osteosarkoms sind im Einzelnen noch nicht geklärt. In Erwägung gezogen werden genetische und wachstumsbedingte Ursachen. Darüber hinaus sind verschiedene Faktoren bekannt, die das Risiko für die Entstehung eines Ostoesarkoms erhöhten können. Dazu gehören radioaktive Strahlen, wie sie zum Beispiel im Rahmen einer Strahlentherapie verabreicht werden, sowie bestimmte Zellgifte (Zytostatika), die bei der chemotherapeutischen Behandlung mancher Krebserkrankungen eingesetzt werden. Sie können das Erbmaterial Knochen bildender Zellen schädigen und so die Entstehung eines Knochentumors mit auslösen. Ein erhöhtes Risiko haben außerdem Kinder und Jugendliche, die an bestimmten erblich bedingten Erkrankungen leiden, zum Beispiel einem beidseitigen Retinoblastom oder einem Li-Fraumeni- Osteosarkom (Kurzinformation) Seite 5 Syndrom. Auch verschiedene chronische Knochenerkrankungen, wie zum Beispiel die PagetKrankheit (Morbus Paget), sind mit einem erhöhten Osteosarkomrisiko verbunden. Für die Mehrheit der Patienten mit einem Osteosarkom (90 %) lassen sich jedoch keine der oben erwähnten Risikofaktoren nachweisen. 6. Krankheitszeichen Die häufigsten Beschwerden, die durch ein Osteosarkom verursacht werden, sind Schmerzen und/ oder eine Schwellung in der vom Tumor betroffenen Region. Die Schmerzen können unregelmäßig auftreten und als belastungsabhängig empfunden werden. Zu den Schmerzen kann – mit zunehmendem Tumorwachstum – eine sicht- und/oder tastbare, eventuell gerötete und überwärmte Schwellung in der betreffenden Knochenregion hinzukommen. Sie kann mit einer Bewegungseinschränkung verbunden sein und wird anfangs häufig als Folge einer Sportverletzung oder Knochenentzündung fehlgedeutet. Manchmal führt an dieser Stelle bereits eine geringfügige Verletzung zum Knochenbruch (pathologische Fraktur). Bei einigen Patienten (circa 5 %) stellt der Knochenbruch das erste Symptom dar. Die Beschwerden werden durch das Wachstum des Tumors innerhalb des schmerzempfindlichen Knochens und des umgebenden Weichteilgewebes ausgelöst. Bei fortgeschrittener Erkrankung können Allgemeinsymptome wie Fieber, Gewichtsabnahme, Leistungsschwäche und/oder Müdigkeit hinzukommen. Von den ersten Symptomen bis zur endgültigen Diagnose der Erkrankung können wenige Wochen bis einige Monate vergehen. Kinder und Jugendliche mit Beschwerden, wie sie hier beschrieben sind, haben selbstverständlich nicht immer ein Osteosarkom oder einen anderen bösartigen Knochentumor. Dennoch ist es ratsam, jede Form von Knochenschmerzen im Kindes- und Jugendalter sorgfältig durch einen erfahrenen Kinderarzt abklären zu lassen, um eine bösartige Erkrankung auszuschließen. 7. Diagnose Findet der (Kinder-)Arzt durch Krankheitsgeschichte (Anamnese) und körperliche Untersuchung Hinweise auf einen bösartigen Knochentumor, wird er den Patienten in ein Krankenhaus überweisen, das auf Krebserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen spezialisiert ist (Klinik für pädiatrische Onkologie/Hämatologie). Denn bei Verdacht auf einen solchen Tumor sind umfangreiche Untersuchungen und die Zusammenarbeit von Spezialisten unterschiedlicher Fachrichtungen notwendig, um festzustellen, ob tatsächlich ein bösartiger Knochentumor vorliegt und, wenn ja, um welche Form des Tumors es sich handelt und wie weit sich die Erkrankung im Körper ausgebreitet hat. Die Klärung dieser Fragen ist Voraussetzung für eine optimale Behandlung und Prognose des Patienten. Der Verdacht auf einen bösartigen Knochentumor kann meist schon anhand typischer Befunde im Röntgenbild [Röntgenuntersuchung] erhärtet werden. Mit Hilfe zusätzlicher Bild gebender Verfahren wie der Magnetresonanztomographie (MRT) und/oder der Computertomographie (CT) lassen sich die genaue Lage und Größe des Tumors sowie seine Abgrenzung zu Nachbarstrukturen (wie Muskel- und Sehnengewebe oder Gelenkkapseln) sehr gut darstellen. Auch nahe gelegene Osteosarkom (Kurzinformation) Seite 6 Metastasen – so genannte Skip-Metastasen – sind mit diesen Methoden gut sichtbar. Die MRT ist bei der Bestimmung betroffener Weichteil- und Knochenmarkanteile der CT überlegen, so dass dieses Verfahren neben der Röntgenübersichtsaufnahme des betroffenen Knochens bevorzugt bei der Erstdiagnose des Tumors eingesetzt wird. Um die Diagnose eines Osteosarkoms endgültig zu sichern, muss aber in jedem Fall eine Gewebeprobe entnommen (Biopsie) und von mehreren Spezialisten untersucht werden. Zur Metastasensuche werden eine Röntgenuntersuchung und eine Computertomographie der Lunge sowie eine Szintigraphie der Knochen durchgeführt. Im Rahmen von Studien wird untersucht, ob weitere Bild gebende Verfahren, wie beispielsweise die Positronen-EmissionsTomographie (PET), zusätzliche Erkenntnisse bringen können. Vor Beginn der Behandlung erfolgen eine Überprüfung der Herzfunktion (Elektrokardiographie [EKG] und Echokardiographie), der Hörfunktion (Audiometrie) und der Nieren- und Lungenfunktion sowie verschiedene Blutuntersuchungen. Veränderungen, die möglicherweise im Laufe der Therapie auftreten, können aufgrund solcher Ausgangsbefunde besser beurteilt und bei der Behandlung entsprechend berücksichtigt werden. 8. Therapieplanung Nachdem die Diagnose feststeht, erfolgt die Therapieplanung. Um eine möglichst individuelle, auf den Patienten zugeschnittene (risikoadaptierte) Behandlung durchführen zu können, berücksichtigt das Behandlungsteam bestimmte Faktoren, die die Prognose des Patienten beeinflussen (so genannte Risiko- oder Prognosefaktoren). Wichtige Prognosefaktoren bei Patienten mit einem Osteosarkom sind zum einen die Art, Lage und Ausdehnung des Tumors, die anhand der beschriebenen Diagnoseverfahren ermittelt werden. Darüber hinaus spielen aber auch das Ausmaß der operativen Tumorentfernung (unvollständig oder vollständig) sowie das Ansprechen der Erkrankung auf die Chemotherapie eine sehr wichtige Rolle. All diese Faktoren fließen in die Behandlungsplanung ein mit dem Ziel, für jeden Patienten das jeweils bestmögliche Behandlungsergebnis zu erreichen. 9. Therapie Die Behandlung von Patienten mit einem Osteosarkom besteht prinzipiell aus einer Operation (lokale Therapie) und einer Chemotherapie. Nur bei den seltenen Patienten mit einem geringgradig bösartigen Osteosarkom kann unter Umständen eine Operation ausreichend sein. Die Strahlentherapie spielt eine untergeordnete Rolle. Sie wird nur in Erwägung gezogen, wenn eine Operation nicht umfassend möglich ist. Die Gesamtdauer der Therapie beträgt etwa neun bis zwölf Monate. Folgende Therapieschritte werden unterschieden: 9.1. Chemotherapiephase vor der Operation In der Regel wird die Behandlung mit einer etwa zehnwöchigen Chemotherapiephase (präoperative Chemotherapie) eingeleitet. Das Ziel dieser präoperativen Chemotherapie ist, den Tumor und Osteosarkom (Kurzinformation) Seite 7 eventuell vorhandene Metastasen zu verkleinern und abzutöten und auf diese Weise die nachfolgende Operation schonender und sicherer und damit so effektiv wie möglich zu machen. Darüber hinaus dient die Chemotherapie der Bekämpfung kleinster, noch nicht sichtbarer Tochterabsiedelungen (Mikrometastasen) und soll verhindern, dass der Tumor weiter streut. Um möglichst alle bösartigen Tumorzellen zu vernichten, wird eine Kombination verschiedener zellwachstumshemmender Medikamente (Zytostatika) eingesetzt, die sich bei der Bekämpfung von Osteosarkomen als besonders wirkungsvoll erwiesen haben. Hierzu gehören zum Beispiel die Medikamente Methotrexat, Adriamycin und Cisplatin. Die Zytostatika werden in mehreren mehrtägigen Chemotherapiezyklen verabreicht; in dieser Zeit wird der Patient in die Klinik aufgenommen. In den dazwischen liegenden Therapiepausen kann der Patient in der Regel zu Hause sein; nur wenn schwere Nebenwirkungen auftreten, ist eine erneute stationäre Aufnahme erforderlich. 9.2. Operation Im Anschluss an die Chemotherapie erfolgt die möglichst vollständige operative Entfernung des Tumors. Auch eventuell vorhandene Metastasen müssen operiert werden, damit eine Heilungschance besteht. Dank der großen Fortschritte im Bereich der Gliedmaßen erhaltenden Operationstechniken kann die Tumorentfernung heute oft durchgeführt werden, ohne dass eine Amputation notwendig ist. Nach der Operation untersucht der Pathologe das Osteosarkom um festzustellen, wie gut die Erkrankung auf die vorangegangene Chemotherapie angesprochen hat. Dies wird am Anteil der noch verbliebenen lebenden Tumorzellen gemessen. Liegt der Anteil unter 10 %, so spricht man von einem guten Tumoransprechen. Bei etwa der Hälfte der Patienten mit einem Osteosarkom wird dies erreicht. Können Tumor und/oder Metastasen nicht oder nicht vollständig entfernt werden, kann zusätzlich eine Bestrahlung der Tumorregion erwogen werden. 9.3. Chemotherapiephase nach der Operation Nach der Operation wird die Chemotherapie mit den genannten Zytostatika für mindestens 18 Wochen lang fortgesetzt (postoperative Chemotherapie). Je nachdem, wie der Tumor auf die bereits vor der Operation durchgeführte Chemotherapie angesprochen hat und nach welchem Therapieplan der Patient behandelt wird, können weitere Medikamente hinzukommen (zum Beispiel Ifosfamid, Etoposid, Interferon alfa). Auch die Therapiedauer kann verlängert werden. 9.4. Behandlung von Patienten mit Krankheitsrückfall Bei Patienten mit einem Krankheitsrückfall (Rezidiv) ist, ebenso wie beim Ersttumor, eine vollständige chirurgische Entfernung aller Tumorherde erforderlich, damit eine Heilungschance besteht. Bei vereinzelt auftretenden Lungenmetastasen, insbesondere wenn diese später als zwei bis drei Jahre nach der Erstdiagnose des Osteosarkoms auftreten, kann unter Umständen eine alleinige Operation die Krankheit langfristig zurückdrängen. In allen anderen Fällen ist eine erneute Chemotherapie notwendig. Zum Einsatz kommen zum Beispiel die Medikamente Carboplatin und Osteosarkom (Kurzinformation) Seite 8 Etoposid oder Ifosfamid. In Situationen, in denen nur noch eine Palliativtherapie möglich ist, kann eine Bestrahlung in Frage kommen. Insgesamt ist die Prognose für Patienten mit Krankheitsrückfall ungünstig. 10. Therapieoptimierungsstudien In den großen Behandlungszentren der Welt werden Kinder und Jugendliche mit einem Osteosarkom nach standardisierten Behandlungsprotokollen behandelt. Sie alle haben eine Verbesserung der Langzeitüberlebensraten bei gleichzeitiger Geringhaltung therapiebedingter Spätfolgen zum Ziel. Die Behandlung nach solchen Therapieprotokollen erfolgt in aller Regel im Rahmen von Therapieoptimierungsstudien. Zurzeit läuft in Deutschland eine Therapieoptimierungsstudie zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Osteosarkom: die Studie EURAMOS 1. Sie wird von der Cooperativen Osteosarkom-Studiengruppe COSS der deutschen Fachgesellschaft für Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter (Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie, GPOH) gemeinsam mit weiteren renommierten Gruppen durchgeführt. An der Studie sind zahlreiche Kinderkliniken und Behandlungseinrichtungen in ganz Deutschland und anderen europäischen sowie nordamerikanischen Ländern beteiligt. Die deutsche Studienzentrale befindet sich an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Olgahospitals in Stuttgart (Studienleitung: Professor Dr. med. Stefan Bielack). 11. Prognose Die Prognose von Kindern und Jugendlichen mit einem Osteosarkom hängt von verschiedenen Faktoren ab. Entscheidend sind insbesondere die Art und Lage des Tumors, seine Ausdehnung zum Zeitpunkt der Diagnose, das Ansprechen der Erkrankung auf die vor der Operation stattfindende Chemotherapie und das Ausmaß der Tumorentfernung. In den letzten drei Jahrzehnten haben sich dank der großen Therapiefortschritte im Rahmen der Therapieoptimierungsstudien die Überlebensaussichten von Patienten mit hochmalignem Osteosarkom deutlich verbessert. Durch die Kombination verschiedener Therapiemethoden und ganz besonders durch die Einführung intensiver, standardisierter Kombinations-Chemotherapien können heute Überlebensraten von durchschnittlich 65 bis 70 % erreicht werden. Voraussetzung für eine günstige Prognose ist in der Regel, dass der Tumor vollständig entfernt werden kann und die Erkrankung gut auf die Chemotherapie anspricht. Die günstigsten Aussichten haben Patienten mit nicht-metastasierten Tumoren der Arme oder Beine: Die Heilungsaussichten können bei bis zu circa 75 % liegen. Dabei spielt insbesondere das Ansprechen der Erkrankung auf die Chemotherapie eine entscheidende Rolle. Patienten mit gutem Ansprechen (das heißt, weniger als 10 % lebende Tumorzellen nach der Chemotherapie) haben eine deutlich bessere Prognose als solche mit schlechtem Ansprechen. Bei Letzteren ist die Gefahr eines Krankheitsrückfalles hoch, die Überlebenswahrscheinlichkeit liegt meist unter 50 %. Patienten mit einem Tumor des Rumpfes oder mit großen Tumoren haben eine ungünstigere Prognose als Patienten mit einem Extremitätentumor beziehungsweise einem kleinen Tumor. Sind Osteosarkom (Kurzinformation) Seite 9 Metastasen vorhanden, so ist vor allem deren Lage und Operabilität entscheidend. Patienten mit einzelnen, operablen Lungenmetastasen haben eine bessere Überlebenschance als Patienten mit Knochentumoren oder multilokulärem Osteosarkom. Anmerkung: Bei den genannten Überlebensraten handelt es sich um statistische Größen. Sie stellen nur für die Gesamtheit der an einem Osteosarkom erkrankten Patienten eine wichtige und zutreffende Aussage dar. Ob der einzelne Patient geheilt werden kann oder nicht, lässt sich aus der Statistik nicht vorhersagen. Der Begriff Heilung muss hier vor allem als „Tumorfreiheit“ verstanden werden. Denn auch wenn die heute verfügbaren Therapiemethoden zu langfristiger Tumorfreiheit führen können, so sind sie doch meist auch mit unerwünschten Nebenwirkungen und Spätschäden verbunden, die in der Regel eine intensive Rehabilitation und eine langfristige orthopädische Betreuung erforderlich machen. Osteosarkom (Kurzinformation) Seite 10 Literatur [1] Bielack S „Osteosarkome“, Interdisziplinäre Leitlinie der Deutschen Krebsgesellschaft und der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie AWMF online, 2008, http:// www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/025-005.htm uri [2] Bielack S, Carrle D. „Diagnostik und multimodales Therapiekonzept des Osteosarkoms“, ärztliches journal reise & medizin onkologie, Otto Hoffmanns Verlag GmbH 3/2007; S: 34-38 [3] Bielack S, Machatschek J, Flege S, Jurgens H „Delaying surgery with chemotherapy for osteosarcoma of the extremities“, Expert Opin Pharmacother 2004,5:1243-1256, 15163270 pubmed [4] Bielack S, Kempf-Bielack B, Delling G, Exner G, Flege S, Helmke K, Kotz R, Salzer-Kuntschik M, Werner M, Winkelmann W, Zoubek A, Jurgens H, Winkler K „Prognostic factors in highgrade osteosarcoma of the extremities or trunk“, J Clin Oncol 2002;20:776-790, 11821461 pubmed [5] Bielack S, Flege S, Kempf-Bielack B „Behandlungskonzept des Osteosarkoms“, Onkologe 2000,6:747-759, 10.1007/s007610070064 doi [6] Bielack S, Kempf-Bielack B, Schwenzer D, Birkfellner T, Delling G, Ewerbeck V, Exner G, Fuchs N, Gobel U, Graf N, Heise U, Helmke K, von Hochstetter A, Jurgens H, Maas R, Munchow N, Salzer-Kuntschik M, Treuner J, Veltmann U, Werner M, Winkelmann W, Zoubek A, Kotz R „Neoadjuvant therapy for localized osteosarcoma of extremities. 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Im ärztlichen Anamnesegespräch mit dem Kranken werden Art, Beginn und Verlauf der (aktuellen) Beschwerden sowie eventuelle Risikofaktoren (z.B. Erbkrankheiten) erfragt. Audiometrie Verfahren zur Untersuchung der Gehörfunktion mit speziellen Tongeneratoren, die einzelne Frequenzen mit bestimmter Lautstärke erzeugen Bild gebende Verfahren Untersuchungsmethoden, die Bilder vom Körperinneren erzeugen; hierzu zählen z.B. die Ultraschall- und Röntgenuntersuchung, Computertomographie, Magnetresonanztomographie und Szintigraphie. Biopsie Entnahme einer Gewebeprobe zwecks anschließender (v.a. mikroskopischer) Untersuchung; kann z.B. durch Punktion mit einer Hohlnadel, unter Anwendung spezieller Instrumente (z.B. Zangen, Stanzinstrumenten, Sonden) oder operativ mit dem Skalpell erfolgen. Chemotherapie hier: Einsatz von Medikamenten (Chemotherapeutika, Zytostatika) zur spezifischen Hemmung von Tumorzellen im Organismus Computertomographie Bild gebendes, röntgendiagnostisches Verfahren; es erzeugt durch die computergesteuerte Auswertung einer Vielzahl von Röntgenaufnahmen aus verschiedenen Richtungen ein Bild. Dadurch können Schichtaufnahmen von Körperteilen (Tomogramme, Quer- oder Längsschnitte des menschlichen Körpers) hergestellt werden. Echokardiographie Ultraschalluntersuchung des Herzens; diagnostische Untersuchung zur Beurteilung der Herzfunktion, das heißt, der Lage der Herzklappen, der Wanddicke des Herzmuskels, des ausgeworfenen Blutvolumens etc. Elektrokardiographie Methode zur Registrierung der elektrischen Herzaktivität genetisch die (Ebene der) Vererbung bzw. Gene betreffend; vererbt Knochenmark Ort der Blutbildung. Schwammartiges, stark durchblutetes Gewebe, das die Hohlräume im Innern vieler Knochen (z.B. Wirbelkörper, Becken- und Oberschenkelknochen, Osteosarkom (Kurzinformation) Seite 12 Rippen, Brustbein, Schulterblatt und Schlüsselbein) ausfüllt. Im Knochenmark entwickeln sich aus Blutvorläuferzellen (Blutstammzellen) alle Formen von Blutzellen. körperliche Untersuchung wichtiger Bestandteil diagnostischer Untersuchungen; beinhaltet u.a. das Abtasten und Abhören bestimmter Körperorgane sowie das Testen von Reflexen, um Hinweise auf die Art bzw. den Verlauf einer Erkrankung zu erhalten Li-Fraumeni-Syndrom Familiäres Krebssyndrom, gekennzeichnet durch das Auftreten verschiedener solider Tumoren innerhalb einer Familie. Im Kindes- und Jugendalter werden am häufigsten Tumoren der Nebennieren, Weichteilsarkome, Leukämien und ZNS-Tumoren beobachtet, im Erwachsenenalter vor allem Knochentumoren (Osteosarkome), Brustkrebs und Lungentumoren. Meist liegt eine Veränderung (Mutation) des so genannten Tumorsuppressorgens p53 vor. Magnetresonanztomographie Bild gebendes Verfahren; sehr genaue, strahlenfreie Untersuchungsmethode zur Darstellung von Strukturen im Inneren des Körpers; mit Hilfe magnetischer Felder werden Schnittbilder des Körpers erzeugt, die meist eine sehr gute Beurteilung der Organe und vieler Organveränderungen ermöglichen. Metastase hier: Tochtergeschwulst, Tumorabsiedlung; Tumor, der durch Verschleppung von Tumorzellen aus einem anderen Bereich des Körpers entstanden ist; insbesondere bei bösartigen Geschwülsten (Krebs) Morbus Paget hier: Knochenkrankheit mit noch nicht eindeutig geklärter Ursache, die schleichend beginnt und mit Verkrümmungen und Verdickungen eines oder mehrerer Röhrenknochen, entsprechenden Fehlstellungen und Schmerzen einhergeht Palliativtherapie Krebs hemmende Therapie, die vorrangig auf die Erhaltung bzw. Verbesserung der Lebensqualität ausgerichtet ist. Die Palliativtherapie gewinnt dann an Bedeutung, wenn die Heilung eines Patienten nicht mehr möglich ist. Im Unterschied dazu hat eine kurative Therapie in erster Linie die Heilung des Patienten zum Ziel. Pathologe Arzt oder Ärztin, der/die durch feingewebliche (histologische) und molekulargenetische Untersuchung von Zellen und Geweben Krankheiten identifiziert und die Bösartigkeit von Tumoren feststellt. Osteosarkom (Kurzinformation) Seite 13 Positronen-EmissionsTomographie Bild gebendes, nuklearmedizinisches Verfahren, mit dem über die Aufnahme einer radioaktiv markierten Substanz und deren anschließende Verstoffwechselung Schnittbilder des Körpers oder einzelner Abschnitte / Organe hergestellt werden Prognose Vorhersage, Voraussicht Heilungsaussicht Prognosefaktoren Faktoren, die eine ungefähre Einschätzung des weiteren Krankheitsverlaufs erlauben radioaktive Strahlen Strahlung, die durch den Zerfall (Kernzerfall) radioaktiver Substanzen entsteht; siehe "radioaktive Strahlung" Rehabilitation medizinische, soziale, psychosoziale und berufliche Maßnahmen nach einer Erkrankung zur Wiedereingliederung in Gesellschaft, Beruf und Privatleben, die u. a. die Wiederherstellung von Fähigkeiten durch Übungsbehandlung, Prothesen und/oder apparative Hilfsmittel umfassen können Retinoblastom seltener Tumor der Augen-Netzhaut (Retina), der vor allem im Kindesalter auftritt; es gibt erbliche und nicht-erbliche Formen der Erkrankung. Rezidiv Rückfall, Wiederauftreten einer Erkrankung nach Heilung Röntgenuntersuchung Bild gebendes Verfahren, das durch Anwendung Röntgenstrahlen Organe bzw. Organteile sichtbar macht. solide fest stationär hier: medizinische Behandlung mit Unterbringung in einem Krankenhaus Strahlentherapie kontrollierte Anwendung ionisierender Strahlen zur Behandlung von bösartigen Erkrankungen Szintigraphie nuklearmedizinisches Untersuchungsverfahren, das mittels Gabe auf den Krankheitsverlauf, von einer radioaktiv markierten Substanz innere Organe oder Gewebe und deren Funktion (Aktivität) bildlich sichtbar macht, zum Beispiel auf einem Röntgenfilm. Die Registrierung und Aufzeichnung der Schwarzweißbilder wird Szintigramm genannt. Es gibt verschiedene Arten der Szintigraphie, je nachdem, welches Organ untersucht werden soll und welche chemische Substanz dafür eingesetzt wird. Therapieoptimierungsstudie kontrollierte klinische Studie, die der optimalen Behandlung der Patienten und gleichzeitig der Verbesserung und Osteosarkom (Kurzinformation) Weiterentwicklung der Behandlungsmöglichkeiten dient. Therapieoptimierung ist dabei nicht nur auf Verbesserung der Heilungsaussichten, sondern auch eine Begrenzung behandlungsbedingter Nebenwirkungen Spätfolgen ausgerichtet. Seite 14 Die eine auf und Tumor Geschwulst, sowohl gutartig (benigne) als auch bösartig (maligne) WHO Abk. für (englisch) World Health Organization, Weltgesundheitsorganisation; internationale Föderation zur Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Gesundheitswesens WHO-Klassifikation von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erarbeitete internationale Standards zur Einteilung (Klassifikation), Diagnose und differenzierten Unterscheidung verschiedener (bösartiger) Erkrankungen Zelle kleinste Bau- und Funktionseinheit von Organismen mit der Fähigkeit zu Stoffwechselleistungen, Reizbeantwortung, unwillkürlicher Muskelbewegung und Vermehrung; jede Zelle enthält einen Zellkern und einen Zellkörper (Zytoplasma) und ist äußerlich begrenzt durch die Zellmembran Zytostatika zellwachstumshemmende Medikamente; sie können verschiedenartige Zellen, insbesondere solche, die sich häufig teilen, vernichten und/oder deren Vermehrung verhindern oder erheblich verzögern, indem sie den Zellstoffwechsel beeinflussen.