Text: Oliver Schonschek (Diplom-Physiker) Grafik und Layout: Christine Schonschek (Diplom-Multimediadesignerin) © Drs. G. & O. Tapparo (Zahnmedizin), M.Tapparo (Medizin) 1. Auflage München 2006 2. Auflage München 2011 ISBN Nr. 3 9811984 8 4 978 3 9811084 8 4 Inhaltsverzeichnis Störungen des Kiefergelenkes Störungen des Kiefergelenkes.................................................1 Ursachen, Diagnose und Therapie...............................1 Symptome einer Kiefergelenksdysfunktion.................4 Ursachen einer Kiefergelenksstörung und wie man sie vermeiden kann............................................................5 Diagnose einer Kiefergelenk-Dysfunktion ...............13 Therapiemöglichkeiten bei KiefergelenkDysfunktionen............................................................16 Die weitere Behandlung.............................................19 Störungen des Kiefergelenkes Ursachen, Diagnose und Therapie -1- -1- Kopfschmerzen, Nackenverspannungen und Zähneknirschen sind vielen Patienten aus eigener Erfahrung bekannt. Weniger verbreitet ist die Erkenntnis, dass ein hoher Anteil dieser häufigen Beschwerden auf Funktionsstörungen des Kiefergelenkes zurückzuführen ist. Eine reine Behandlung der Symptome verhilft den meisten Patienten nicht zu der gewünschten Linderung oder Heilung. Auf Grundlage einer 20-jährigen Erfahrung bietet die Praxis von Dr. Georgetta und Dr. Ottaviano Tapparo erprobte Diagnose- und Therapieverfahren an, um die Ursachen der zugrunde liegenden Kiefergelenksstörung feststellen und behandeln zu können. Der Kauapparat des Menschen wird gebildet aus der Kaumuskulatur, dem rechten und linken Kiefergelenk, dem Oberund Unterkiefer, den Zähnen und Zahnhalteapparaten sowie der Zunge. Im Ruhezustand des Kausystems besteht eine Symmetrie zwischen den Kiefergelenken, die Kaumuskulatur weist eine gleichmäßige Anspannung auf und die Zahnreihen haben links und rechts gleichförmige Kontakte. Dieser Idealfall ist jedoch aus unterschiedlichen Gründen häufig nicht gegeben. -2- -2- Abb. 1: Normalhaltung Abb. 2: Fehlhaltung und Schmerzpunkte Ein solches Ungleichgewicht im Kauapparat wird von dem Unterbewusstsein wahrgenommen. Es setzen unwillkürliche Gegenmaßnahmen ein, mit dem Ziel die Symmetrie wiederherzustellen. Bei dem Ausgleich eines unsymmetrisch stehenden Kiefergelenkes ergibt sich jedoch zum Beispiel eine ungleichmäßige Anspannung der Kau-, Nacken- und Rückenmuskulatur. Wie bei einem Domino-Effekt setzt sich eine Verschiebung im Kauapparat über die Muskeln, Gelenke, Wirbel und das Becken auf weite Teile des Organismus fort. Die komplette Statik der Wirbelsäule kann betroffen sein. Selbst ein Einfluss auf die Beinlänge kann beobachtet werden. Eine lokale Störung im Kiefergelenk wird somit zu einer Störung im gesamten Körper. Man nennt solche Kiefergelenksstörungen auch craniomandibuläre Dysfunktionen (CMD), wobei Cranium das lateinische Wort für Schädel und Mandibula für Unterkiefer ist. Doch die Ursachen und Beschwerdebilder können auch außerhalb dieser Bereiche liegen. Unter CMD versteht man die -3- -3- Gesamtheit der gestörten Kiefer- und / oder Muskelfunktionen im Bereich des Kausystems, die funktionell, strukturell, biochemisch oder auch psychisch bedingt sein können. Diese Informationsschrift möchte Patienten wie Therapeuten über mögliche Ursachen, Diagnoseverfahren und Therapien informieren, um das Verständnis für diese oft unerkannte Gesundheitsstörung zu wecken und zu vertiefen. Dies ist insbesondere deshalb wichtig, da nicht jede Kiefergelenksstörung zu Schmerzzuständen führt und deshalb viele Patienten unbehandelt bleiben, wobei sich die krankhaften Zustände immer weiter manifestieren können und zu Verschleißerscheinungen führen. Symptome einer Kiefergelenksdysfunktion Häufige Begleiterscheinungen einer Störung in den Kiefergelenken sind Kopfschmerzen, Schmerzen in der Kaumuskulatur oder im Nacken, Verspannungen mit Muskelkater, unangenehme Knackgeräusche beim Essen bis hin zu Problemen bei der Öffnung des Mundes. Weitere typische Symptome sind empfindliche Zähne, nächtliches Zähneknirschen (Bruxismus), Schwindelanfälle, Ohrgeräusche, Ohrenschmerzen oder Schnarchen. -4- -4- Abb. 3: Symptome einer Kiefergelenksdysfunktion Ursachen einer Kiefergelenksstörung und wie man sie vermeiden kann Der Kauapparat und die Kiefergelenke unterliegen umfangreichen äußeren und inneren Einflüssen. Unfälle und Schleudertraumata, Entzündungen oder Tumore auch außerhalb des Kauorgans, verschiedene toxische Substanzen, aber auch Allgemeinerkrankungen, Hormonstörungen, Vitalstoffmangel, Durchblutungsstörungen oder Migräne können die Kiefergelenke in ihrer Funktion und Struktur beeinträchtigen. Viele neurovegetative und psychosomatische Erkrankungen wirken sich ebenfalls auf den Kauapparat und somit auch auf das Kiefergelenk aus. -5- -5- Erfahrungsgemäß kommen die folgenden zehn möglichen Ursachen besonders häufig in Betracht: 1. Zahnfüllungen, die ohne Berücksichtigung der genauen Struktur der Kauflächen (Höcker-Fissuren Relief) erstellt wurden Füllungen werden im Mund gelegt und ausgearbeitet. Sie sollten korrekt in die Verzahnung des Gegenkiefers greifen. Die sogenannte Bisshöhe (vertikaler Abstand zwischen Ober- und Unterkiefer) darf dabei nicht verändert werden. Dies wird oft nicht erzielt. Bei einer unsachgemäßen Wurzelfüllung können die Zähne schmerzhaft und druckempfindlich werden. Als Reaktion ändert sich der Biss und die Schlussbisslage (Interkuspidation). Wichtig bei der Wahl eines Füllmaterials ist die Berücksichtigung des Abriebs (Abrasion), wobei der Abrasionswert des Füllmaterials dem des Zahnschmelzes sehr ähnlich sein sollte. Andernfalls gehen die gewünschten Strukturen in den Füllungen mit der Zeit verloren, die für den richtigen Griff zwischen dem Ober- und Unterkiefer sorgen sollen. 2. Zahnersatz aus allergischem bzw. unverträglichem, korrodierendem Material Zahnersatz (Kronen, Inlays (Einlagefüllungen), Brücken) sollte individuell nach einer Vermessung und unter Berücksichtigung der Kiefergelenke gefertigt werden. Um die Seitenzähne zu entlasten, ist dabei eine Beibehaltung der Front-Eckzahnführung wichtig. Auch die Wahl des Materials spielt eine große Rolle. Die Verträglichkeit des vorgesehenen Materials sollte individuell für den Patienten bestimmt werden. Dazu bietet sich ein Immuno-Toleranz-Test (ITT) an. Besteht zum Beispiel eine Allergie bzw. Unverträglichkeit gegen ein Metall1 der Legierung, so tritt fast immer eine allergische bzw. unverträgliche Reaktion gegen die gesamte Legierung auf. Dabei entstehen Schwellungen am Zahnfleisch, die dem Patienten zum Beispiel das Gefühl geben, eine Brücke sei zu dick. Im Gegensatz zu 1 Metalle lösen meist Spätallergien oder ein Entzündungsgeschehen mit Gamma Interferon Ausschüttung aus -6- -6- Kontaktallergien der Haut treten bei Allergien in der Mundhöhle und am Zahnfleisch meist keine sichtbare Rötung und kein Jucken auf. Die beschriebenen Schwellungen sowie unklare Kieferhöhlenentzündungen sind deshalb oft die einzigen Anzeichen einer solchen allergischen Reaktion. Bleibt sie unbemerkt und unbehandelt, können die Entzündungen unter anderem auch das Kiefergelenk schädigen. Korrodiert der Zahnersatz, können durch die Aufnahme von toxischen oder allergenen Substanzen über die Mundschleimhaut zusätzliche Beschwerden entstehen. Die Praxis Drs. Tapparo bevorzugt deshalb Vollkeramikkronen aus schichtweise gebrannter Siliziumoxidkeramik und Zirkonoxydkeramikbrücken mit Siliziumoxydkeramik. Feldspathaltige Keramik wird in der Praxis nicht genutzt, da diese Substanzen radioaktiv sind. Teleskopkronen für herausnehmbaren Zahnersatz werden aus Acetal, Nylon oder PEX gefertigt. 3. Kieferorthopädie ohne Berücksichtigung der Bissverhältnisse Wird eine kieferorthopädische Behandlung nur zur ästhetischen Korrektur durchgeführt, bleiben die Bissverhältnisse oft unberücksichtigt. Ein negativer Einfluss auf die Kiefergelenke kann vermieden werden, wenn die Anpassungsfähigkeit und das Wachstum des Kiefergelenkes, die Verzahnung, die Position und die Bisshöhe von Unterkiefer und Oberkiefer zueinander durch Vermessung exakt bestimmt wird. Die korrekte Bisshöhe sollte immer eingehalten werden. Bisserhöhungen sind teilweise erlaubt, Bisssenkungen sind jedoch nicht indiziert. 4. Extraktion von Zähnen, auch Weisheitszähnen Hochstehende (elongierte) Weisheitszähne, die die Kaubewegungen des Unterkiefers (Artikulation) behindern, sollten grundsätzlich entfernt werden. Andernfalls drücken diese Weisheitszähne auf den Vorderzahn und verschieben das räumliche Verhältnis der Zähne (Okklusion) zueinander. -7- -7- Werden verlagerte Zähne entfernt, so sollte beachtet werden, dass jeder Zahn im Gegenkiefer in eine Lücke wandert sowie dass jeder große Backenzahn (Molar) nach vorne in die Lücke und jeder vordere Backenzahn (Prämolar) nach hinten in die Lücke wandern kann. Bei Weisheitszähnen sollte berücksichtigt werden, dass sich die Krafteinwirkung beim Heraushebeln (Luxieren) und Bewegen (Mobilisieren) der Unterkieferzähne auf die Kiefergelenke überträgt. Bei operativen Weisheitszahn-Entfernungen, insbesondere in Narkose, sollte bedacht werden, dass die Dauer der Operation eine Sehnen- und Muskelschädigung am Kiefergelenk mit sich bringen kann. Es empfiehlt sich eine Kieferweise Entfernung der Weisheitszähne. Ist der Eingriff komplizierter und zeitaufwendig, sollten die Weisheitszähne nur einzeln entfernt werden. Auch ist es ratsam, die Wurzeln zu trennen. Nur bei leichten, kurzen Eingriffen können die Zähne auch auf derselben Seite in nur einer Sitzung extrahiert werden. Hinweis für Ärzte und Therapeuten: Zwischen einzelnen Zähnen und Organen sowie zwischen den Kiefergelenken und Organen können Beziehungen nachgewiesen werden. So strahlen Entzündungen an bestimmten Zähnen in gewissen Regionen aus. Genannt sind jeweils die Zähne im Ober- oder Unterkiefer sowie die korrespondierenden Körperregionen: Oberkiefer 18,28 Innenohr, Kieferhöhle 17,16,26,27 Kieferhöhle und Kiefergelenk sowie Knie vorn 15,25 Siebbeinzellen Kieferhöhle 14,24 Siebbeinzellen Auge Kieferhöhle Unterkiefer 44,34 Kieferhöhle Knie vorn Kiefergelenk 45,35 Kieferhöhle Knie Hüfte Fuß Kiefergelenk 48,38 Ohr, Auge -8- -8- Abb. 4: Wirbelsäule – Organbeziehung 5. Unfälle Bei Unfällen automatisch oder Schleudertraumata beißt kräftig zusammen, verletzt -9- man die -9- Kiefergelenke und verschiebt meist den Biss. Auch minimale Verschiebungen wirken sich auf die Position des Kiefergelenkes aus. Hierbei ist immer zu beachten, dass eine Verschiebung zwischen dem ersten und zweiten Halswirbel (Atlas und Axis) stattfinden könnte. Die neue Kahn-Therapie versucht mit Hilfe von Schallwellen die verschobenen Wirbel wieder in ihre richtige Position zu bringen. Dadurch können viele Beschwerden entlang der Wirbelsäule gelindert werden. Abb. 5: Körperfehlstellung und Kiefergelenksdysfunktion Je nach Schwere des Unfalls untersucht man zuerst, ob Brüche (Frakturen) im Kieferbereich vorhanden sind. Nach jedem Unfall sollte eine Kiefergelenksdiagnostik erfolgen. Treten Schmerzen nach einem Unfall auf, - 10 - - 10 - sollte das Gebiss vermessen und eventuell mit einer Schienentherapie behandelt werden. Diese Therapieform wird im Folgenden noch näher betrachtet. Bei einem Zahnverlust durch den Unfall muss zusätzlich darauf geachtet werden, dass eine Zahnwanderung verhindert wird. 6. Stress und psychische Faktoren Unter Stressbelastung kann es zu ungewöhnlichen Kaubewegungen (Parafunktionen) wie dem Zusammenpressen der Zähne, Zähneknirschen, Mahlen und Reiben der Zähne aneinander kommen, die ebenfalls die Situation der Kiefergelenke negativ beeinflussen können. Auch das Kauen auf Fingernägeln oder Stiften und vermehrtes Kaugummikauen können in Stress-Situationen beobachtet werden. Hier empfiehlt sich eine Zusammenarbeit zwischen Kiefergelenksspezialisten (Gnathologen), Psychologen, Osteopathen und Physiotherapeuten. Als erstes ist dabei die Art der Stressreaktion festzustellen, um dann die geeignete therapeutische Methode zu finden. Es empfiehlt sich je nach Ursache eine Schienenbehandlung mit weichen oder harten Schienen, um die Kaubewegungen besser kontrollieren und die Zähne und Kiefergelenke schützen zu können. Eine weitere Ursache für psychischen Stress kann in Materialallergien beziehungsweise – Unverträglichkeiten oder Fehlentwicklungen des Bisses gesehen werden. 7. Fehlhaltungen Sitzende Tätigkeiten, eine schlechte Positionierung bei der Arbeit, aber auch sportliche Betätigung ohne fachliche Anleitung können zu einer körperlichen Fehlhaltung führen, die sich über die Wirbelsäule und die Muskulatur auf das Kiefergelenk auswirken kann. Umgekehrt übertragen sich Schädigungen im Kiefergelenk auf die gesamte Wirbelsäule, insbesondere die Hals- und Lendenwirbelsäule. Die Wechselwirkung geht so weit, dass dabei sogar unterschiedliche Beinlängen entstehen können. Die Muskulatur muss in diesen Fällen nicht unbedingt schmerzhaft sein. Es ist - 11 - - 11 - vielmehr ein chronischer Prozess möglich, der im Laufe der Jahre Schädigungen hervorruft. 8. Genetische Ursachen, Fehlentwicklungen Fehlentwicklungen (Dysgnathien) der Zähne, des Kiefers, des Bisses, der Bisslage oder des ganzen Kauapparates können die Zahnstellung, die Form des Kiefers, die Verzahnung, die Lage der Kiefer zueinander und somit die Funktion des Kiefergelenks beeinträchtigen. Sind korrigierende Operationen geplant, müssen die Kiefergelenke genau vermessen werden. Hierbei ist immer zu beachten, dass eine Verschiebung zwischen den oberen Halswirbeln (Atlas und Axis) stattfinden könnte. Auswirkungen auf das Kiefergelenk sind bekannt bei einem unkontrollierten Wachstum des Unterkiefers (Progenie), Vorstand des Oberkiefers (Prognathie), Kopfbiss (Zahnhöcker trifft auf Zahnhöcker) und Kreuzbiss (seitliche Bissverschiebung). Nach Progenieoperationen mit Versorgung der Knochenbrüche mittels Platten (Plattenosteosynthese) unter Einbeziehung des Kiefergelenks sollte die Bisshöhe und die Kaufunktion überprüft, eventuell neu vermessen und entsprechend behandelt werden. 9. Zahnfleischerkrankungen (Parodontopathien) Zahnfleischerkrankungen, insbesondere in jungen Jahren (juvenile Parodontopathien), können schon frühzeitig zu Zahnwanderungen und Zahnverlust führen, da der Zahnhalteapparat verloren geht; dadurch verschiebt sich die Verzahnung. Kommt es zu einem Zahnverlust, so müssen die Zähne stabilisiert werden, oder ein Zahnersatz wird eingefügt. Die Schienentherapie kann zur Stabilisierung der gelockerten Zähne genutzt werden. Die Praxis Drs. Tapparo verwendet zur Regeneration, Vermehrung und Verdichtung des Knochens Knochenmasterzellen, die aus Zellen der Mundschleimhaut und des Kieferknochens (autologe adulte Stammzellen) des Patienten gewonnen werden. - 12 - - 12 - 10. Tumore Der Vollständigkeit halber werden auch Tumore als mögliche Ursache für eine Kiefergelenk-Dysfunktion genannt. Im Vordergrund muss hierbei jedoch der operative Eingriff zur Entfernung des Tumors stehen. Abb. 6: Ursachen einer Kiefergelenksdysfunktion Diagnose einer Kiefergelenk-Dysfunktion Um eine Funktionsstörung des Kiefergelenks feststellen zu können, setzt die Praxis Drs. Tapparo verschiedene DiagnoseSchritte ein. Im ersten Schritt wird die individuelle Situation des Patienten mit Hilfe eines speziell für das Kiefergelenk standardisierten Untersuchungsbogens aufgenommen. Daran anschließend findet eine Erhebung des klinischen - 13 - - 13 - Funktionsstatus statt. Die Kauebenen werden bezüglich ihrer Lage zu den Körperebenen (Biss-, Schulter- und Hüftstellung) untersucht, ebenso werden die Beinlängen vermessen. Spezielle Abdrücke stellen die Situation des Oberkiefers und Unterkiefers dar, der Biss und das Kiefergelenk werden durch Abdrücke registriert. Auf dieser Basis kann ein Modell des Kauapparates erstellt und in einem speziellen Simulator (Artikulator) getestet und ausgewertet werden. Da bei Kiefergelenkserkrankungen und einer Fehlstellung des Atlas in der Halswirbelsäule vermehrt Stickstoffradikale im Gehirn nachgewiesen werden können, erfolgen auch spezielle Labormessungen. Zu den Labormessungen gehören insbesondere die Tests auf den Vitamin D Rezeptor, Kollagen I alpha 1 Rezeptor, Citrulin, NSE, Nitrothyrosin, Protein S100, das Mineralprofil (Calcium, Natrium, Kalium, Magnesium, Eisen, Kupfer, Zink, Selen, Mangan, Chrom) sowie das Vitaminprofil. Schließlich lassen sich mit einem CT (ComputerTomographie) spezielle Kiefergelenksaufnahmen bei geöffneten und geschlossenem Mund erstellen, und das Kiefergelenk aus den einzelnen CT-Schichten mittels der Software SimPlant® auf einem Computermonitor dreidimensional rekonstruieren und optimal bewerten. Als weitere Diagnosemöglichkeiten stehen folgende Maßnahmen zur Verfügung: Im Rahmen eines Kurzbefundes auf Cranio-mandibuläre Dysfunktionen (CMD) kann man bei Auftreten von mindestens zwei der nachfolgend genannten Indikationen von einer Kiefergelenksproblematik ausgehen: - Mundöffnung des Patienten ist asymmetrisch - Mundöffnung des Patienten ist eingeschränkt - wahrnehmbare Gelenkgeräusche (Knacken, Reibgeräusche) bei dem Patienten - ungewöhnliche Kaugeräusche (Okklusale Geräusche) bei dem Patienten - 14 - - 14 - - Abtastung der Kaumuskeln (Muskelpalpation) ist für den Patienten schmerzhaft Mundöffnung (Exzentrik) des Patienten ist gestört (traumatisch) Da jeder Zahn mit einem Entzündungsherd eine BissSchädigung und eine veränderte Kaufunktion verursachen kann, gehört auch eine Herddiagnostik im Panoramaröntgenbild zu den möglichen Diagnoseverfahren. Abb. 7 Verlagerte Zähne Herde und Kiefergelenk: Verlagerte Weißheitszähne Wurzeltote Zähne Fehlende Abstützung im Seitenzahnbereich Pseudoallergie auf Metalle Toxische Knochenstrukturauflösungen Bei der Untersuchung des Mundraumes sollte der Kauapparat insbesondere auf schmerzhafte oder schmerzlose Zahnlockerungen, hervorstehende Zähne, Zahnwanderungen, Zahnabrieb sowie Spuren (Schlifffacetten) an den Zähnen, die auf Parafunktionen wie Zähneknirschen schließen lassen, ausführlich geprüft werden. - 15 - - 15 - Die Schleimhäute werden auf Veränderungen und Tätowierungen untersucht. Auch der bei Patienten vorgefundene Zahnersatz sollte einer genauen Kontrolle unterzogen werden. Der Kaugummispeicheltest dient der Auffindung von Amalgam bei Patienten, die entsprechende Füllungen aufweisen. Weitere Untersuchungen prüfen das Kausystem des Patienten auf eine vorliegende Muskelentzündung (Myopathie) und Gelenkentzündung (Arthropathie). Einen Hinweis auf eine Entzündung des Kiefergelenkes erhält man, wenn sich der Unterkiefer bei Mundöffnung auf eine bestimmte Seite dreht (Schonstellung). Ein entzündetes Kiefergelenk neigt zu einer Verlängerung des betroffenen Knochens (Distraktion). Als ergänzende Untersuchungen (Komplementärdiagnostik) können die psychosomatische Diagnostik, die Untersuchung auf muskuläre Fehlfunktionen sowie die orthopädische Diagnostik zur Feststellung einer Fehlhaltung von Halswirbelsäule, Wirbelsäule und Hüfte zum Einsatz kommen. Bei chronischen Erkrankungen des Immunsystems, wie zum Beispiel Multiple Sklerose und Amyotrophe Lateralsklerose, ist eine spezielle Diagnostik erforderlich. Therapiemöglichkeiten bei Kiefergelenk-Dysfunktionen Generell sollte die Therapie einer Kiefergelenksstörung in Absprache mit einem Orthopäden vorgenommen werden, da zwischen dem Kauorgan, den Nacken- und Rückenmuskeln sowie der Wirbelsäule, speziell der Halswirbelsäule, ein enger Zusammenhang besteht. Je nach Ursache kann auch die gemeinsame Behandlung zusammen mit einem Psychologen sinnvoll sein. - 16 - - 16 - Eine Therapie von Kiefergelenksstörungen umfasst in der Regel eine osteopathische beziehungsweise physiotherapeutische Behandlung, eine grobe Einschleiftherapie, eine Schienentherapie, eine Füllungstherapie und / oder einen Zahnersatz mit einem Aufbau der Eck-Frontzahnführung, um die Seitenzähne zu entlasten. Im Mittelpunkt der Physiotherapie steht die aktive Therapie des Patienten. Sie orientiert sich bei der Behandlung sowohl an den natürlichen chemischen und physikalischen Reizen der Umwelt (zum Beispiel Wärme, Kälte, Druck, Strahlung, Elektrizität) als auch an den anatomischen und physiologischen Gegebenheiten des Patienten. Dabei zielt die Behandlung auf natürliche, physiologische Reaktionen des Organismus (wie Muskelaufbau, Stoffwechselanregung), um seinen Heilungsprozess zu unterstützen und Fehlentwicklungen zu korrigieren. Die Osteopathie versucht Bewegungen und Spannungen im Körper mit den Händen zu erspüren, um mögliche Blockaden zu beseitigen und die Selbstheilungskräfte anzuregen. Die Einschleiftherapie dient der Beseitigung von störenden groben Primärkontakten und herausstehenden natürlichen oder mit Zahnersatz versorgten Zähnen, sofern diese die natürliche Schlussbissstellung (Okklusion) und Kaubewegung des Unterkiefers (Artikulation) beeinträchtigen. 48 Stunden nach einer Einschleiftherapie sollte eine Kontrolle und bei Bedarf ein Nachschliff erfolgen. Die Schienentherapie dient einer notwendigen Bisserhöhung und Bisseinstellung, um eine schonende Bewegung des Unterkiefers zu ermöglichen. Dazu werden individuell angepasste Aufbissschienen für den Oberkiefer oder Unterkiefer erstellt. Abhängig von der Patientensituation werden unterschiedliche Schienen eingesetzt. Zur Hebung des Bisses sowie bei vorliegenden Parafunktionen (wie Zähneknirschen und - 17 - - 17 - Pressen) ohne starke Entzündungen kommen harte Schienen zum Einsatz. Sind die Muskeln oder das Kiefergelenk entzündet, so werden die harten Schienen mit einer weichbleibenden Unterfütterung ausgearbeitet. Liegen die Ursachen der Kiefergelenksproblematik in einer rein ästhetischen, kieferorthopädischen Behandlung ohne Berücksichtigung von Wachstum und Anpassung der Muskeln und Kiefergelenke, so werden weichbleibende Schienen verwendet. Auch als Therapiebeginn bei einer durch einen Arzt verursachten (iatrogenen) Bisssenkung werden zur Hebung des Bisses weichbleibende Schienen angefertigt. Verspannungen oder Verkrampfungen einseitig oder beidseitig der Kaumuskulatur können mit Ohrakupunktur behandelt werden. Oft sind dazu Dauernadeln notwendig. Mit der Ohrakupunktur kann die Muskulatur gelockert werden, häufig können auch die Verspannungen für einen Zeitraum beseitigt werden. Bei Neuralgien hat sich die Neuraltherapie bewährt. Abb. 8 Schienentherapie Die Fertigung der Schienen beginnt mit der Abnahme von Oberund Unterkiefer-Abdrücken und einem Kontrollbiss auf eine Abdruckmasse oder auf Bisswachs. Danach wird ein sogenannter Gesichtsbogen (ein Bogen, der die Oberkieferstellung zum Kopf bestimmt) schmerzlos angelegt, um die Lage des Oberkiefers zum Kopf zu bestimmen und auf den Artikulator (ein Gerät, mit dem man die Kieferbewegungen - 18 - - 18 - nachahmen kann) zu übertragen. Im Artikulator wird zunächst das Oberkiefergipsmodell eingesetzt. Danach wird das Unterkiefergipsmodell mit Hilfe der Bissabdrücke in den Artikulator eingesetzt. Nachdem die Kiefermodelle passend zum Schädel eingesetzt wurden, können die Kaubewegungen im Artikulator nachgeahmt werden, um eine individuelle Schiene erstellen zu können. Trotz vorheriger Simulation der Kieferbewegungen kann es manchmal notwendig sein, die Schiene im Mund einzuschleifen. Nach drei Tagen, nach zwei Wochen sowie nach drei Monaten erfolgt eine Kontrolle der Bisslage und der Kaubewegungen. Mindestens drei Monaten nach Anfertigung der ersten Schiene wird eine neue Schiene wie oben beschrieben angefertigt. Eine Bisserhöhung sollte schrittweise gemacht werden und nicht mehr als 2 Millimeter innerhalb von drei Monaten betragen. Die weitere Behandlung Nach einer Besserung der Beschwerden durch die Schienentherapie wird der vorhandene Zahnersatz und / oder die Füllungen unter geeigneten Schutzmaßnahmen entfernt. Zu diesen Schutzmaßnahmen gehört die Gabe von Aktivkohle vor sowie während der Behandlung die Verabreichung von Sauerstoff über eine Nasenbrille. Bei der Entfernung von Metallen oder anderen Materialien wie zum Beispiel Kunststoffen kommen zudem Filtermatten und ein Clean Up Absauger zum Einsatz. Danach spült der Patient den Mund mit einer Selenlösung aus. Der Zahnersatz und die Füllungen werden durch ein Langzeitprovisorium ersetzt, welches die neue Bisslage und Höhe berücksichtigt. Hierbei wird korrosionsfreies Material eingesetzt, dessen Verträglichkeit für den jeweiligen Patienten individuell getestet wurde. Erst danach erfolgen bei Bedarf Behandlungen des Zahnfleisches sowie die Entfernung von Zahn- und Knochenherden. Dazu gehören auch stark in die Kauebene ragende (elongierte) sowie chronisch schmerzende, - 19 - - 19 - zurückgehaltene (retinierte) und verlagerte Zähne. Die Entzündungsherde werden im Panoramaröntgenbild beziehungsweise in der 3-D Darstellung mit dem SimPlant® Rekonstruktionsprogramm identifiziert, oder durch Messung der Entzündungsproteine und toxischen Eiweißzerfallsprodukte festgestellt. Bei den Zahnfleischbehandlungen sowie den chirurgischen Eingriffen kommt zur gezielten optimalen Keimverarmung der Chirurgische Laser (Nd/Yag Laser) zum Einsatz. Der Knochen wird mit speziellen keramischen Zirkonoxydfräsen bearbeitet, um den Metallabrieb der Hartmetallfräsen zu vermeiden. Anstatt vorbeugender (prophylaktischer) Antibiotikgabe werden Bakterien hemmende (mild bakteriostatische), schmerzlindernde (analgetische) und die Knochenneubildung positiv beeinflussende (induzierende) Wundeinlagen eingesetzt. Im weiteren Verlauf wird mit dem neuen Zahnersatz begonnen. Ziel ist die Wiederherstellung der beschwerdefreien und individuellen Bisslage, der zur Kiefergelenkssituation passenden Kaubewegung des Unterkiefers sowie die Erreichung einer Front-Eckzahnführung unter Berücksichtigung der gesamten Körperhaltung (Schulterlinie – Hüftlinie - Beinlänge). Natürlich werden ästhetische Gesichtspunkte wie individuelle natürliche Form, Transparenz und Farbe der Zähne berücksichtigt. Auch bei Zahnersatz, insbesondere für Implantate, werden in der Praxis metallfreie Materialien oder nicht korrodierende Beschichtungen zur Vermeidung von Korrosionsvorgängen verwendet. Einer besonderen Beachtung bedürfen auch die Teil- und Totalprothesen. Hierzu werden die genaue Bisshöhe und Bisslage mit Hilfe von im Mund gewonnenen Abdrücken ermittelt. Gerade bei Prothesenträgern sinkt der Biss im Lauf der Zeit deutlich ab, da der Abrieb der Prothesenzähne wesentlich stärker als der des eigenen Zahnschmelzes ist. Die Folgen für diese Patienten sind in vielen Fällen Ohrgeräusche (Tinnitus) und Falten an den Mundwinkeln. Zur individuellen Bisskorrektur - 20 - - 20 - werden hier anstelle der Schienentherapie die Seitenzähne mit Kunststoff erhöht, oder es werden bei zu großen Abweichungen vom Sollzustand die Seiten- und Frontzähne aus der vorhandenen Prothese herausgetrennt und neu aufgestellt. Anschließend erfolgt eine Endversorgung mit neuen Total- oder Teilprothesen. Hierbei wird besonders auf die Zahnform und die Frontzahnstellung geachtet, um die natürliche Ästhetik und Phonetik wiederherzustellen. Die verwendeten Materialen werden auch hier individuell auf Verträglichkeit getestet. So wird in der Praxis Drs. Tapparo bei der Fertigung von Teil- und Totalprothesen (insbesondere bei den Halte- und Verbindungsstellen wie Klammern, Geschiebe und Teleskope) bewusst auf Metall zur Vermeidung von Korrosion verzichtet. - 21 - - 21 -