Nachweis von Elementarteilchen in Teilchendetektoren Seminarvortrag gehalten von Ulrich Jansen am physikalischen Institut der RWTH Aachen im Sommersemester 2005 Überblick ● Der Vortrag orientiert sich am CMS-Detektor ● Wechelwirkung von Teilchen mit Materie ● Die einzelnen Detektorsyteme des CMS ● – Vertex-Detektor – Spurdetektor (Silizium Halbleiterdetektor) – Kalorimeter (ECAL und HCAL) – Myonenkammern (RPC, DT) Kombination der Daten → Messergebnis CMS - Informationen ● 2300 Mitarbeiter an 159 Instituten aus 36 Ländern ● Teil des LHC-Experiments – Entwickelt zur Erforschung neuer Physik bei 14TeV pp-Kollisionen – 1 Bunch mit 1011 Teilchen alle 25ns – 109 Wechselwirkungen pro Sekunde → Trigger → Reduktion auf 100 Ereignisse/s → HDD ● Geplante Fertigstellung Frühjahr 2007 (zusammen mit LHC) ● Geplante Laufzeit 10 Jahre ● Magnetfeld 4T zur Impulsmessung ● ∅ 15m, Länge 21.6m, Gewicht 12500t ● Hauptziele: Higgs, neue Physik CMS - Standort Quelle: CMS-Brochure 2003 http://cmsinfo.cern.ch CMS - Querschnitt Quelle: http://cmsinfo.cern.ch CMS - Querschnitt Quelle: http://cmsinfo.cern.ch Wechselwirkung von Teilchen mit Materie ● ● Geladene Teilchen: – Ionisation / Anregung – Bremstrahlung – Kernwechselwirkungen (bei hadronischen Teilchen) – Szintillation – Cherenkov- und Übergangsstrahlung – Weitere Effekte Photonen: – ● Photoeffekt, Comptoneffekt, Paarerzeugung sprich: Erzeugung von geladenen Teilchen → Nachweis Ungeladene Teilchen – Erzeugen in WW-Prozessen geladene Teilchen und Photonen → Nachweis Energieverlust durch Ionisation und Anregung ● ● Hauptsächlich WW mit Elektronen der Materie – Anregung – Ionisation → Knock-on- oder δ-Elektronen, Auger-Elektronen Energieverlust wird beschrieben durch Bethe-Bloch – Z,A Ladung, Massenzahl Target; z Ladung einfallendes Teilchen; β,γ Geschwindikeit und Lorentzfaktor; δ,α Dichteeffekt, Masse, Ionisationsenergie – Für Elektronen/Positronen Anpassung (Abschirmeffekte, Gleichheit der Massen) Energieverlust -dE/dx Quelle: S. Eidelman et al., Phys. Lett. B 592, 1 (2004) Energieverlust durch Bremsstrahlung ● Allgemein: ● Für Elektronen: Mit X0 für Absorbermaterial charakteristische Strahlungslänge ● ● ● Gesamtenergieverlust ist gaussverteilt (für dicke Absorber) Für dünne Absorber → Landaufluktuationen Weitere Energieverluste: Vielfachstreuung (→Moliere), Photonukleare WW, Szintillation, Cherenkovstrahlung, Übergangsstrahlung Der Gesammtenergieverlust dE/dx setzt sich additiv aus allen Verlustmechanismen zusammen Szintillation ● ● Anorganische Materialien (dotierte Einkristalle) – Dotierung mit Thalium (Tl) oder Cerium (Ce) → Szintillation – Vorteil: Hohe Dichte → hohe Energieabsorbtion, Viele Photonen → sehr genaue Messungen – Nachteil: Hohe Abklingzeit: NaI(Tl) ~ 250ns – Beim CMS PbWO4: kurzes X0 und geringes RM, moderate Lichtausbeute ~0.1% NaI(Tl) Organische Stoffe – Anregung von Molekühlschwingungen und Vibrationen → UVLicht – Abklingzeit im ns-Bereich – Emission von UV-Licht, das das Materlial nicht durchdringen kann → Wellenlängenschieber (Fluoreszenz) Cherenkov-Strahlung ● ● ● ● ● Tritt auf, wenn Geschwindigkeit v eines Teilchens in Materie größer ist, als die Lichtgeschwindigkeit dort Geladene Teilchen polarisieren Atome entlang der Bahn → Bildung von zeitabhängigen Dipolen Bei v < c/n: Dipole symmetrich → resultierendes Feld = 0 Bei v > c/n: Dipole asymmetrisch → resultierendes Feld ≠ 0 Emission um einen β-abhängigen Winkel ΘC → Cherenkov-Ringe → Bestimmung von β ● Emission erst ab Schwellenenergie Quelle: Grupen, - C. Teilchendetektoren Übergangsstrahlung ● ● Tritt auf beim Übergang geladener Teilchen zwischen Stoffen mit unterschiedlichen dielektrischen Eigenschaften – Vakuum (Luft) → Materie: Bildung eines zeitabhängigen Dipols mit der Spiegelladung – Grenzflächen: D-Feld-Vektor ändert sich, E-Feld-Vektor bleibt konstant Abgestrahlte Energie ist proportional zum Lorentzfaktor γ → Interessant, da β−unabhängig und β bei hohen Energien nahe 1 ● Abgestrahlte Photonen liegen im Röntgenbereich ● Energieverlust durch Übergangsstrahlung ist vernachlässigbar Wechselwirkungen von Photonen ● Photoeffekt Eγ ≤ 100keV – ● Compton-Effekt 100keV ≤ Eγ ≤ 1MeV – ● Wirkungsquerschnitt: Paarerzeugung Eγ ≥ 1MeV – ● Wirkungsquerschnitt: Wirkungsquerschnitt: Absorbtionsgesetz Quelle: Grupen, C.: Teilchendetektoren CMS - Querschnitt Quelle: http://cmsinfo.cern.ch Halbleiterzähler ● Ausnutzen der Bandlücke in Halbleitern – Halbleiter können aufgrund hoher Dichte in dünnen Schichten ausreichende Energien absorbieren – Zum „Zählen“ der Ladungen muss der Halbleiterzähler in Sperrrichtung geschaltet werden – Wegen der kleinen Bandlücke (0.5-1.5eV) ist die Energieauflösung 10-50mal höher als bei Gasdetektoren (10-15eV Ionisationsenergie) – Sammelzeiten für die Ladungen liegen typischerweise bei 30ns für eine 300µm dicke Diode Spurdetektor – Central Tracker ● ● Pixeldetektor in 3 Schichten um den Wechselwirkungspunkt an den Radien 4.3, 7.2 und 10 bis 11cm, Auflösung 15µ in z und ϕ, Gesamtfläche 0.8m2, 50M Pixel → 3 hochaufgelöste Raumpunkte nahe am WW-Punkt Central Tracker: Silizium-Streifen-Detektor, Impuls-Auflösung (zusammen mit 4T B-Feld): ● 10 konzentrische Schichten von 20 bis 110cm ● 10M Kanäle auf einer aktiven Fläche von 200m2 ● Besondere Anforderungen: Hohe Neutronenstrahlung (1.6∙1014/cm2 1MeV äquivalent in 10 Jahren) CMS - Querschnitt Quelle: http://cmsinfo.cern.ch Elektromagnetisches Kalorimeter ● ● ● ● Ziel ist die Erfassung der gesamten Energie von Photonen und Elektronen Teilchen wechselwirken mit dem Material → Kaskade aus WWTeilchen Die transversale Ausdehnung der Kaskade wird durch Vielfachstreuung hervorgerufen und fällt relativ zur longitudinalen Ausdehnung sehr klein aus – Sie wird charakterisiert durch den Moliere-Radius RM Materialien mit kurzer Strahlungslänge X0 und geringem MoliereRadius RM ● Bei hohen Energien Paarerzeugung, bis Energie unterkritisch ● Danach: Streueffekte → Schauer stirbt aus CMS - ECAL ● Das ECAL nimmt die Radien 110 bis 148cm ein ● Energiemessung durch Szintillation in etwa 75000 PbWO4-Kristallen ● Die Ausdehnung entspricht 26X0, RM=2.2cm ● Energieauflösung ● Nachteile von PbWO4: – Geringe Lichtausbeute (etwa 100Photonen/MeV ≅ 0.1% NaI(Tl)) – Hohe Temperaturempfindlichkeit Hadronische Kalorimeter ● Ziel: Messung der Energie hadronischer Teilchen und Jets ● WW sind im wesentlichen Kern-WW ● ● ● ● Aufgrund der Vielfachstreuung ist die laterale Ausdehnung der Schauer wesentlich größer als in elektromagnetischen Kalorimetern Die longitudinale Ausdehnung wird durch die Absorbtionslänge λa gekennzeichnet und ist wesentlich größer als X0 → Sampling-Kalorimeter: Schichtsystem aus schweren Materialien, in denen die WW-Prozesse stattfinden und Instrumenten zur Energiemessung → Hadronische Kalorimeter können nicht die gesamte Energie eines Hadrons (oder Jets) messen CMS - HCAL ● Das HCAL liegt im Inner Barrel von 181 bis 295cm ● Die Ausdehnung entspricht 5.15λa ● ● Sampling-Kalorimeter aus 5cm dicken Messing-Platten, unterbrochen von Plastik-Szintillatoren und Wellenlängenschiebern Zusammen mit dem ECAL ergibt sich eine Energieauflösung von über einen Bereich von 30GeV bis 1TeV ● Der innere Teil des HCAL wiegt 51.4t Das HCAL ● Durch Lichtleiter wird das Szintillationslicht ggf. Wellenlängenverschoben durch totalreflektion (adiabatische Lichtleiter) zu Photomultipliern geleitet, die dann das Messsignal liefern. Quelle: CMS HCAL Collaboration http://cmsinfo.cern.ch CMS - Querschnitt Quelle: http://cmsinfo.cern.ch CMS – Der Äußere Teil ● ● ● ● ● ● Die inneren Systeme sind von einer 5000t schweren Supraleitenden Spule umgeben Im inneren homogenes Magnetfeld mit Feldstärke 4T Zurückgeführt wird das Magnetfeld über ein 4-teiliges Eisenjoch, Gesamtgewicht: 7000t, Feldstärke des äußeren Magnetfelds: 2T In den Zwischenräumen des Eisenjochs liegen 4 Myonenkammern, zu jeweils 6 Schichten Drift-Tubes (DT) und Resistive Plate Chambers (RPC) an den Kappen des CMS kommen Cathode Strip Chambers (CSC) zum Einsatz → Gasdetekotren Die Ortsauflösung des Myonensystems beträgt 150µm in z- und 100µm in r-,ϕ-Richtung Die Impulsauflösung beträgt 10% für 100GeV/c Myonen, kombiniert mit dem Tracker erhält man jedoch 2% Auflösung Ionisationsmessung in Gasen ● ● ● ● Messung der Ionisation über Gasverstärkung Im Proportionalitätsbereich ist das Signal proportional zum Energieverlust durch Ionisation Durch Stromteilungsmethode lässt sich der Ort des Teilchendurchgangs längs des Drahts bestimmen → Genauigkeit: etwa 1% Drahtlänge Quelle: Grupen, C.: Teilchendetektoren Durch Messen der Driftzeit lässt sich der Abstand vom Draht bestimmen Quelle: Google Bildersuche - http://saphir.physik.uni-bonn.de Quelle: Grupen, C.: Teilchendetektoren Vieldrahtkammern ● Ebene Anordnung von vielen Anoden- und Kathodendrähten in Kammern → bessere Ortsauflösung ● Miniaturisierung dieses Prinzips durch Aufdampfen von Anoden und Kathoden als Streifen zu Mikrostreifengasdetektoren Driftkammern und Drift Tubes ● ● ● Durch Erfassung der Driftzeit und mit Hilfe der Stromteilungsmethode ist eine sehr gute Ortsauflösung möglich Nachteil: Ein einzelner gerisserner Draht würde den Feldlinienverlauf in weiten Teilen der Kammer beeinflussen und große Teile der Messergebnisse unbrauchbar machen Lösung: Abschirmen der Drähte in Tubes aus Plexiglas, beschichtet mit einer Mylar-Folie → Drift-Tubes Resistive Plate Chambers ● ● ● ● ● Platten mit sehr hohem elektrischen Widerstand werden sehr nahe aneinander gebracht und unter Hochspannung gelegt Beim Teilchendurchgang findet Gasverstärkung statt, die sofort abstirbt, da der Kondensator sich dort lokal entläd (Durchschlag) Aufgrund des geringen Abstandes und der sehr schnellen Entladung ist eine enorm präzise Zeitmessung möglich (Größenordnung 1ns) Durch Segmentierung der Platten lässt sich eine Ortsauflösung in der Größenordnung 1cm erreichen Die primäre Aufgabe ist das Trigger-Signal für die Drift Tubes zu liefern CMS - Querschnitt Quelle: http://cmsinfo.cern.ch Zusammenfassung ● Wechselwirkungen von geladenen Teilchen und Photonen mit Materie Anregung, Ionisation, Brems-, Cherenkov-, Übergangsstrahlung, Poto-, Comptoneffekt, Paarerzeugung, Szintillation ● Halbleiterzähler Vertex- und Spurdetektoren (Siliziumstreifendetektor) ● Elektromagnetische Kalorimeter Strahlungslänge, Moliere-Radius ● Hadronische Kalorimeter Absorbtionslänge, Vielfachstreuung, Sampling-Kalorimeter ● Gasdetektoren (DT, RPC) Gasverstärkung, Elektronendrift, Stromteilung