Dr. med. Yvette Plambeck

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Beckenboden und Sexocorporel-­Sexualtherapie Dr. med. Yvette Plambeck ZiSMed Zentrum für Interdisziplinäre Sexologie und Medizin, Zürich Der Beckenboden hat einen wichtigen Einfluss auf das sexuelle Funktionieren: Rhythmisches Einsetzen des Beckenbodens fördert die Durchblutung der Sexualorgane und fördert das sexuelle Lustempfinden, der Beckenboden wird zur Erregungssteigerung eingesetzt. Der M. levator ani unterstützt das Ballonieren der Vagina. Die Beckenbodenmuskeln sind beim Orgasmusgeschehen involviert. Sexuelle Funktionsstörungen stehen häufig im Zusammenhang mit einem erhöhten Beckenboden-­‐Grundtonus und starker Anspannung des Beckenbodens während sexueller Erregung, insbesondere bei Dyspareunie, Vaginismus, Orgasmusschwierigkeiten, Vorzeitiger Samenerguss. Sexocorporel-­Sexualtherapie-­Konzept: Sexualität ist lernbar ist ein Entwicklungsprozess Sexualanamnese: Physiologie/Erregungsmodi, Kognitionen, Sexodynamik, Beziehungsebene Was ist das sexuelle Anliegen? Ausgangspunkt: Wie wird die Sexualität aktuell gelebt und erlebt? Wo stehe ich jetzt in meiner sexuellen Entwicklung? Was funktioniert gut, wo erlebe ich Schwierigkeiten? Wohin möchte ich mich entwickeln? Was möchte ich lernen und erleben in meiner Sexualität? Erregungsmodi Wie wir unseren Körper einsetzen im sexuellen Erregungsablauf (Bewegung, Atmung, Körperspannung, Wahrnehmung) 1. Archaischer Erregungsmodus Erregungssteigerung über starken Druck und/oder hohe Muskelspannung Körper unbewegt bis starr in hoher Anspannung Atem eingeschränkt oder angehalten Orgastische Entladung innert Sekunden bis Minuten Limitiertes Genussempfinden bei der Erregungssteigerung, Ziel ist Entspannung nach dem Orgasmus 2. Mechanischer Erregungsmodus Erregungssteigerung über Reiben (an Klitoris, an Penis) in repetitiver, mechanischer Art Körper ist unbewegt und etwas angespannt (nur Hand bewegt) Atem ist oberflächlich, im Brustbereich, Die Wahrnehmung und das sexuelle Lustempfinden sind auf einen Punkt/Ort fokussiert (Klitoris, Penis) 3. Ondulierender Erregungsmodus Erregungssteigerung über fliessende Bewegungen des ganzen Körpers, Muskelspannung tief oder variabel Atmung fliesst frei, inklusive Bauchatmung Variation der Rhythmen von langsam bis rasch. Wahrnehmung intensiver Gefühle, genussvolles Fliessen Fokussieren auf das emotionale Erleben, weniger auf das genitale Geilheitsgefühl Schwierigkeiten zum Steigern der Erregung bis zu einem Orgasmus 4. Wellenförmiger Erregungsmodus Körper in kontinuierlicher Bewegung in der Körperachse (Doppelte Schaukel*) Ein-­‐ und Aus-­‐Atmung koordiniert mit der Bewegung Beckenbodenmuskelspannung und -­‐entspannung im Wechsel (Anspannen ermöglicht Erregungssteigerung, Entspannung Ausbreitung des Lustempfindens) Variation der Intensität und Rhythmen Hohe Innenwahrnehmung, Erotisierung des vaginalen Innenraums eröffnet Zugang zu Orgasmen während des Geschlechtsverkehrs Erotisierung des Eindringens (Intrusitivät bei Männern), des Aufnehmens (Rezeptivität bei Frauen) *Doppelte Schaukel: Ist eine physiologische Körperbewegung, die reflektorisch auch beim Husten, Niesen, Lachen oder Schluchzen auftritt, insbesondere noch bei Kindern beobachtbar (im Erwachsenenalter wird Körper oft steifer gehalten) Die Doppelte Schaukel setzt sich aus Beckenschaukel und Oberer Schaukel zusammen: Beckenschaukel: Das Becken bewegt nach vorne und zurück, dabei wird die Lendenwirbelsäule nach hinten rund bei der Vorbewegung und geht ins Hohlkreuz bei der Rückbewegung Obere Schaukel: Der Brustkorb öffnet und schliesst sich (Brustbein bewegt nach vorne bei der Vorbewegung, Brustbein sinkt ein bzw. Katzenbuckel der Brustwirbelsäule bei der nach hinten Bewegung) Therapeutisches Vorgehen bei der Sexocorporel-­ Therapie: Begleitung und Förderung der angestrebten sexuellen Entwicklungsschritte mittels Gespräch und Körperübungen Gespräch: Logik des Systems erklären Reflexion über eigenen Erregungsmodus, Bezug zum eigenen Körper, Kognitionen (welche Art Sex finde ich normal und erstrebenswert?), Wertevorstellungen, Sexodynamik (sexuelle Selbstsicherheit, Erregungsquellen, Bezug zur eigenen Weiblichkeit/Männlichkeit), sex. Fantasien, Beziehung mit Partner (Kommunikation, Verführungskompetenzen). Körper als Werkzeug: 3 Gesetze des Körpers: 1) Bewegung: Doppelte Schaukel, bewegter Körper während der Sexualität statt gehalten, starr 2) (Muskel-­)Spannung: Bewusster Wechsel zwischen Spannung (ermöglicht sexuelle Erregungssteigerung) und Entspannung (ermöglicht genussvolle Wahrnehmung), Muskeln im Beckenbereich differenziert wahrnehmen und einsetzen 3) Atmung: Atemmuster (Rhythmus, Atemtiefe) Atmung als Bindeglied zur Körperwahrnehmung: Atmen bis in den Beckenbereich und in die Sexualorgane fördert Intensität der Innenwahrnehmung, verbindet oberen Pol (Gefühle, Verbundenheit) mit unterem Pol (genitaler Pol, Geilheit) Frauen: Entwicklung der Vaginalität, Scheide als Innenraum und als aktives aufnehmendes Sexualorgan kennenlernen und integrieren Ein möglicher Therapieablauf wird an einem Patientenbeispiel einer Frau mit primärem Vaginismus erläutert Take home messages: Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Sexuellen Funktionsstörungen und dem Beckenboden Sexocorporel-­‐Sexualtherapie: Körperzentrierte Therapiemethode mit Grundkonzept: Sexualität ist lernbar, Begleitung bei der Entwicklung und Erweiterung von sexuellen Fähigkeiten über Gespräch und Körperwahrnehmungsübungen sowie den 3 Gesetzen des Körpers (Bewegung, Spannung, Atmung) Literatur:
• Shafik A. The Role of the Levator Ani Muscle in Evacuation, Sexual Performance and Pelvic Floor Disorders
Int Urogynecol J 2000) 11:361-376 2000
• Voorham-van der Zalm, P. J., Lycklama à Nijeholt, G. A., Elzevier, H. W., Putter, H., & Pelger, R. (2008).
“Diagnostic Investigation of the Pelvic Floor”: A Helpful Tool in the Approach in Patients with Complaints of
Micturition, Defecation, and/or Sexual Dysfunction. The journal of sexual medicine, 5(4), 864-871.
• Annette Bischof-Campbell Das sexuelle Erleben von Frauen als Spiegel ihres sexuellen Verhaltens,
Masterarbeit Universität Zürich, 2012
• Durex Sexual Wellbeing Global Survey 2008
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