19 RATGEBER PULVERFASS MZ Donnerstag, 9. September 2010 Lösungen, die keiner für möglich hält «Konflikte entstehen durch Kommunikation und können nur durch Kommunikation wieder gelöst werden.» (Ralf Dahrendorf, Soziologe) Angriff oder Rückzug bei Konflikten? Der Druck auf die Führungskräfte und Mitarbeitende nimmt ständig zu. Unter starker Belastung reagieren viele Menschen empfindlich. Oft sucht sich dieser Über-Druck ein Ventil und entlädt sich dann in offenen oder verdeckten zwischenmenschlichen Konflikten. So beispielsweise beim Autofahren. Stellen Sie sich vor: Sie warten geduldig auf einen Parkplatz. Plötzlich flitzt ein anderes Fahrzeug vorbei und klaut «Ihren» Parkplatz. Was geschieht nun mit Ihnen? Der Körper schaltet automatisch von Denken auf Kämpfen. Ihr Ärger zeigt sich ganz unkonventionell durch den klar gestreckten Mittelfinger oder durch unüberhörbare Geräusche – und dies, ohne dass Sie es eigentlich wollten. Menschen verhalten sich in Stresssituationen nicht immer wie erwartet – oder erwünscht. Sie reagieren empfindsam, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen. Im unternehmerischen wie im privaten Umfeld möchten Menschen in erster Linie gehört, gesehen und verstanden werden. Wenn dies nicht möglich ist, werden Mittel eingesetzt, auf die man selbst nicht stolz sein kann. Konflikte führen zu Produktivitätsverlusten Wann macht eine Mediation für ein Unternehmen Sinn? Die wichtigste Ressource in Unter- nehmen ist der Mensch. Im Rahmen der Globalisierung gleichen sich die Produktionsbedingungen immer mehr an und die Konkurrenz nimmt weiter zu. Wie kann man sich nun noch einen Vorsprung verschaffen? Die Mitarbeitenden machen den Unterschied aus! Um so mehr ist das Augenmerk auf die Minimierung von Reibungsverlusten und Bereinigung von Konflikten zu richten (Projekte scheitern, innere Kündigungen führen zu reduzierter Produktivität, etc.). Durch das gezielte Angehen von Konflikten lassen sich auch die Kosten reduzieren. Mediation führt zu einer verbesserten Kommunikation und damit zu höherer Wirtschaftlichkeit. Wirtschaftsmediation, die professionelle Konfliktvermittlung, löst Konflikte in den Unternehmen und die Beteiligten gewinnen durch sie die für den Erfolg notwendigen Eigenschaften und Fähigkeiten zurück. Wussten Sie, dass die meisten Konflikte nicht da ausgetragen werden, wo sie entstehen? Sie werden verschleppt oder verschoben. Honeymoon forever? Was geschieht, wenn Paare ihre Differenzen nicht vernünftig klären können? Der Preis ist bekannt. Wenn Partner wüssten, wie sie schwierige Probleme lösen, wie sie Konfliktgespräche einfordern und führen können, dann wäre die Rate der Trennungen nicht so hoch. Paare, die sich auf böse Minen, feindselige Blicke und kaum verhüllte Drohungen beschränken, haben bereits verloren. Wer lernt, seine Ansichten auch in Konfliktsituationen aufrichtig und mit Respekt zu äussern, der befin- Der nächste Ratgeber Pulverfass erscheint am 30. Oktober. I N S E R AT Mediation löst Konflikte. CARTOON FURRERSEON det sich in einer besseren Ausgangslage. Der Nutzen der Mediation Es geht nicht um den ewigen Frieden und die vollkommene Harmonie. Vielmehr geht es um ein Auskommen miteinander und um eine Zusammenarbeit, das im Interesse aller und des Unternehmens ist. Mediation will mehr. Energien, die Mitarbeitenden zum Beispiel in Klatsch, Streit, Revierkämpfe und destruktive Auseinandersetzungen investieren und die dort sinnlos verbraucht werden, sollen dem Unternehmen als positive Leistungsenergie zufliessen. Jeder Mensch hat Gründe für sein Handeln (auch wenn es destruktiv ist). Deshalb ist es wichtig, dieses Handeln – unter Mithilfe eines neutralen, unabhängigen Mediators – aktiv zu hinterfragen! Mediator als Brückenbauer Der Mediator muss das Eis in der Wüste zum Schmelzen bringen! Mediatoren sind professionell ausgebildete Vermittlungspersonen, welche die Vermittlungsgespräche koordinieren und leiten. Sie unterstützen die Beteiligten bei der Lösungssuche. Die Aufgabe der Mediation ist, Menschen, welche nicht mehr miteinander sprechen können oder wollen, ins konstruktive Gespräch zu bringen. Die Konfliktbeteiligten selbst erarbeiten die Lösungen und verständigen sich unter Anleitung des Mediators. Besonders wenn Konflikte emotional aufgeheizt sind und das Gespräch zwischen den Streitenden nur noch destruktiv ist, kann das Mediationsverfahren sehr hilfreich sein. Die vermittelnde Person stellt sich als «Hilfsbrücke» für die Kommunikation zur Verfügung. Ziel der Mediation ist der Konsens. Der Konsens ist die einzige Konfliktlösung, die nachhaltig wirkt und die Entstehung neuer Spannungen verhindert. Ein Kompromiss hingegen löst auf beiden Seiten ein Verlust- und/oder Verlierergefühl aus. Nur dann, wenn die Kommunikation am Arbeitsplatz als offen, transparent und vertrauensvoll empfunden wird, bieten sich Möglichkeiten, Auseinandersetzungen bereits im Vorfeld konstruktiv zu nutzen. Nur dann, wenn das Gespräch in der Partnerschaft mit dem notwendigen, gegenseitigen Respekt erfolgt, können Differenzen nutzbringend bereinigt werden. Bernhard U. Steiner, Lenzburg, Mediator SDMFSM, ist jahrelang in leitenden Funktionen im Finanzbereich tätig. In den vergangenen Jahren galt sein Interesse vor allem den Bereichen Behavioral Finance (Börsenpsychologie) und Konfliktmanagement (Lösungsfindung in Spannungsverhältnissen). An beiden Orten stehen der Mensch und die Kommunikation im Zentrum. Als Betriebsökonom hat sich Bernhard Steiner im Coaching und Konfliktmanagement weitergebildet. Er hat einen Master in «Supervision & Coaching In Organisationen» vom Institut für Angewandte Psychologie sowie den Mediator SDM-FSM der Uni St. Gallen. Bitte richten Sie Ihre Fragen an: Aargauer Zeitung AG, Ratgeber Pulverfass, Kirchstrasse 21, 8953 Dietikon, oder per E-Mail an: [email protected] Der Grund, weshalb Menschen – sowohl Männer als auch Frauen – vor Konfliktgesprächen zurückschrecken, ist meist der, dass ihnen bisher die Erfahrung fehlt, wie wirkungsvoll und gross der Nutzen solcher Gespräche sein kann. Wie gut kennen Sie Ihr eigenes Verhalten in Konfliktsituationen? Welches Vorgehen wäre hilfreich und weshalb handeln Sie noch nicht danach?