Algebra 2 – Vorlesung (1.Teil) Mag. Daniel Zeller INHALTSVERZEICHNIS 1. Grundbegriffe: ................................................................................................................................... 2 2. Das Lösen von Gleichungen ............................................................................................................ 5 3. Lineare Gleichungen ......................................................................................................................... 8 4. Quadratische Gleichungen............................................................................................................... 9 5. Bruchtermgleichungen ................................................................................................................... 13 6. Wurzelgleichungen.......................................................................................................................... 13 7. Gleichungen mit Formvariablen .................................................................................................... 13 8. Lineare Ungleichungen................................................................................................................... 14 9. Algebraische Gleichungen höheren Grades ................................................................................ 16 Seite 1 Algebra 2 – Vorlesung (1.Teil) Mag. Daniel Zeller 1. Grundbegriffe: Def.: Unter einer Gleichung versteht man die Gleichheit zwischen zwei mathematischen Termen T(x) T1(x) = T2(x) Def.: Ein Term ist eine Zusammenstellung von Zahlen, Rechenzeichen, Klammern, Operatoren und Variablen. Beispiele für Terme: Beispiele für Gleichungen: Bei Gleichungen sind verschiedene Arten zu unterscheiden: 1) Aussagen: sind entweder WAHR (true) oder FALSCH (false) Bsp.: 2) Aussageformen: sind weder wahr noch falsch, denn sie enthalten eine freie Variable (Leerstelle). Sie werden erst zu einer wahren oder falschen Aussage, wenn man die Variable mit einer Zahl aus der gegebenen Grundmenge belegt. Bsp.: Durch Quantifizierung mit einem Quantor ( ∀ ... für alle, ebenfalls in eine Aussage übergeführt werden. ∃ ... es gibt) kann eine Aussageform Bsp.: Seite 2 Algebra 2 – Vorlesung (1.Teil) Mag. Daniel Zeller 3) Zuordnungsgleichung (Funktionsgleichung) Bsp.: 4) Definitionsgleichung Bsp.: In der Vorlesung werden wir vorwiegend die 2. Art der Gleichungen behandeln, also Aussageformen, die freie Variable enthalten. Def.: Die Grundmenge G, über die eine Gleichung zu lösen ist, ist die Menge aller Elemente, die zum Belegen der freien Variablen zur Verfügung stehen. Bsp.: Def.: Die Definitionsmenge D einer Gleichung ist jene Teilmenge der Grundmenge G, Die alle Elemente enthält, für die die Terme T1(x) und T2(x) definiert, also mathematisch sinnvoll sind. Bsp.: Seite 3 Algebra 2 – Vorlesung (1.Teil) Mag. Daniel Zeller Wenn man die in einer Gleichung auftretende freie Variable mit einem Wert aus der Definitionsmenge D belegt entsteht eine Aussage. Def.: Jedes Element der Definitionsmenge D, das die Aussageform in eine wahre Aussage überführt heißt Lösung der Gleichung. • Die Lösungsmenge L einer Gleichung ist daher stets eine Teilmenge der Definitionsmenge. • Die Lösungsmenge einer Gleichung hängt von der vorgegebenen Grundmenge G ab. Bsp.: Nach der Lösungsmenge kann man die Gleichungen in 3 Arten einteilen: 1) Unlösbare Gleichungen: L = { } Bsp.: 2) Lösbare oder teilgültige Gleichungen: L ≠ { }, L≠G Bsp.: 3) Allgemeingültige Gleichungen: Bsp.: L=G Seite 4 Algebra 2 – Vorlesung (1.Teil) Mag. Daniel Zeller 2. Das Lösen von Gleichungen Das Bestimmen der Lösungsmenge einer Gleichung heißt „Lösen der Gleichung“. Durch 1) Probieren 2) Umformung, Anfangsgleichung => Endgleichung Jede Lösung ist durch eine Probe zu überprüfen! Die Probe kann nur dann entfallen, wenn man sich sicher ist, dass aus der Endgleichung die Anfangsgleichung gefolgert werden kann. Anfangs- und Endgleichung müssen dieselbe Lösungsmenge besitzen. Def.: Bsp.: Zwei Gleichungen heißen äquivalent, wenn sie dieselbe Lösungsmenge besitzen. Bem.: Bsp.: Die Äquivalenz hängt von der Grundmenge ab: Def.: Jede Umformung, bei der eine Gleichung in eine äquivalente Gleichung übergeht, heißt Äquivalenzumformung. Das Lösen von Gleichungen kann in vielen Fällen dadurch erfolgen, dass eine Reihe von Äquivalenzumformungen vorgenommen werden, um die Gleichung auf eine so einfache Form zu bringen, dass man die Lösung finden (ablesen) kann. Äquivalenzumformungen: 1) Äquivalenzrelationseigenschaften B = T2(x) A = T1(x) • A=A • A=B • (A=B) C = T3(x) reflexiv, jede Seite ist sich selbst gleich. Dies ermöglicht Umformungen auf einer (oder beiden) Seiten ⇔ B=A symmetrisch, linke und rechte Seite können vertauscht werden ∧ (B=C) ⇒ A=C transitiv, sind zwei Seiten einer Gleichung einer dritten gleich, so sind sie untereinander gleich. Seite 5 Algebra 2 – Vorlesung (1.Teil) Mag. Daniel Zeller Diese Eigenschaft ermöglicht die Substitutionsmethode (Einsetzen) und die Komparationsmethode (Gleichsetzen) 2) Äquivalenzumformungen Für Gleichungen der Form T1(x) = T2(x), worin T1(x) und T2(x) Terme darstellen, sind Äquivalenzumformungen: a) ∀b ∈ \ T1 ( x ) = T2 ( x ) ⇔ T1 ( x ) + b = T2 ( x ) + b b) ∀b ∈ \ T1 ( x ) = T2 ( x ) ⇔ T1 ( x ) − b = T2 ( x ) − b c) ∀c ∈ \ 0 T1 ( x ) = T2 ( x ) ⇔ c ⋅ T1 ( x ) = c ⋅ T2 ( x ) d ) ∀c ∈ \ 0 T1 ( x ) = T2 ( x ) ⇔ e) ∀ T ( x ) T1 ( x ) = T2 ( x ) c c T1 ( x ) = T2 ( x ) ⇔ T1 ( x ) + T ( x ) = T2 ( x ) + T ( x ) Die Gültigkeit der Äquivalenzumformungen folgt aus den Monotoniegesetzen für reelle Zahlen. Ad a, b) Addition und Subtraktion Jede Gleichung bleibt äquivalent, wenn zur linken und zur rechten Seite dieselbe Zahl addiert wird, beziehungsweise davon dieselbe Zahl subtrahiert wird. => Gleichungen dürfen addiert und subtrahiert werden (Eliminationsmethode). Bsp.: Ad c, d) Multiplikation und Division Jede Gleichung bleibt äquivalent, wenn man beide Seiten mit der gleichen Zahl oder demselben Term multipliziert, bzw. durch die gleiche Zahl (oder Term) dividiert. Man spricht von Kürzen oder Erweitern, weil zwar der Wert der einzelnen Seiten vervielfacht wird, die Gleichheit aber unverändert bleibt. Multiplikation mit NULL: Eine Gleichung darf nicht mit NULL multipliziert werden! • T1(x) = T2(x) ⋅0 Führt zwar zu keiner falschen Aussage (0 = 0), aber die Lösungsmenge wird dabei verändert. Bsp.: Seite 6 Algebra 2 – Vorlesung (1.Teil) • T1(x) ≠ T2(x) Mag. Daniel Zeller ⋅0 Aus einer „falschen“ Gleichung würde ein wahre Aussage 0 = 0 werden. Bsp.: Bem.: Beim Erweitern mit einem Term muss ausgeschlossen werden, dass dieser den Wert 0 annimmt. Division durch NULL: Eine Division durch NULL ist grundsätzlich nicht definiert und somit auch bei Gleichungen nicht erlaubt. Es muss daher bei einer Division durch einen Term ausgeschlossen werden, dass dieser den Wert 0 annimmt. Nullfaktor: Wenn sowohl die linke wie auch die rechte Seite einen gleichen Faktor enthält, der den Wert 0 annehmen kann, so stellt dieser Faktor selbst ein Lösungselement dar. Die restlichen Faktoren der Gleichungsseiten brauchen keine Gleichheit mehr bilden. Bsp.: Potenzieren: Gleichungen bleiben beim Potenzieren in allgemeinen NICHT äquivalent. Ihre Lösungselemente werden je nach Exponent vervielfacht, da die zur Lösung notwendige Inversion nicht eindeutig ist. Insbesondere führt eine Quadrierung zur Verdopplung der Anzahl der Lösungselemente. Bsp.: Logarithmieren: Eine Gleichung bleibt äquivalent, wenn sowohl die linke wie auch die rechte Seite zur selben Basis logarithmiert werden. Dasselbe gilt auch für das Antilogarithmieren, wenn also beide Seiten jeweils als Hochzahl zur selben Basis gesetzt werden. Begründung: Die Logarithmusfunktion ist umkehrbar eindeutig, da sie streng monoton wachsend ist. Bsp.: Seite 7 Algebra 2 – Vorlesung (1.Teil) Mag. Daniel Zeller 3. Lineare Gleichungen Die Gleichung aus unserem Beispiel war eine Lineare Gleichung, weil die Variable x nur als einfache Potenz vorkommt und nicht auch noch in der Form x2, x3 oder xn. Um eine Lineare Gleichung die nur eine Variable x enthält zu lösen wendet man auf beiden Seiten des Gleichheitszeichens dieselben Operationen an, um die Terme auf beiden Seiten so zu verändern, bis auf einer Seite nur noch das x und auf der anderen Seite nur noch eine Zahl steht. In jedem Schritt erhält man also aus einer Gleichung eine neue Gleichung, die aber genau dieselbe Lösung besitzt. Solche Gleichungen nennt man äquivalent. 3x = 12 ist z.B. äquivalent zu 2x = 8, denn beide haben nur die Lösung x = 4. Um auszudrücken, dass zwei Gleichungen äquivalent sind benutzt man das ⇔ -Zeichen. Um auszudrücken, dass eine Rechenoperation auf beide Seiten der Gleichung angewendet wird benutzt man das |-Zeichen. Bsp.: Def.: Eine Gleichung der Form ax + b = 0 mit a, b ∈ \ heißt Normalform einer linearen Gleichung. Jede lineare Gleichung kann auf diese Form gebracht werden. Die Gleichung ax + b = 0 ( a, b ∈ \ ) ist stets über \ lösbar, das heißt es lässt sich eine Lösungsmenge ermitteln. Zum Ermitteln der Lösungsmenge L sind folgende Fälle zu unterscheiden: 1.Fall : a = 0 0 ⋅ x + b = 0 −b 0 ⋅ x = −b falls b = 0 0 ⋅ x = 0 → L = G falls b ≠ 0 0 ⋅ x = b → L = { 2.Fall : a ≠ 0 } a ⋅ x + b = 0 −b a ⋅ x = −b : a x=− b a b ⎧ b⎫ ∈ G → L = ⎨− ⎬ a ⎩ a⎭ b falls − ∉ G → L = { } a falls − Seite 8 Algebra 2 – Vorlesung (1.Teil) Mag. Daniel Zeller 4. Quadratische Gleichungen Bsp.: Seite 9 Algebra 2 – Vorlesung (1.Teil) Mag. Daniel Zeller Diese Aussage gilt für den Körper der reellen Zahlen. Über den Körper der komplexen Zahlen ^ gibt es stets Lösungen! Seite 10 Algebra 2 – Vorlesung (1.Teil) Mag. Daniel Zeller Große Lösungsformel für die allgemeine Form der quadratischen Gleichung: ax 2 + bx + c = 0 Lösungsformel: Zur Herleitung setze p = x1,2 = −b ± b 2 − 4ac 2a b c und q = a a Seite 11 Algebra 2 – Vorlesung (1.Teil) Mag. Daniel Zeller Seite 12 Algebra 2 – Vorlesung (1.Teil) Mag. Daniel Zeller 5. Bruchtermgleichungen Treten in einer Gleichung BRUCHTERME auf, bei denen die Variable (Unbekannte) im Nenner steht, so spricht man von einer Bruchtermgleichung. Lösungsverfahren: Zuerst ermittelt man die Definitionsmenge D der Gleichung. Dazu werden jene Zahlen aus der Grundmenge ausgeschlossen, für die (mindestens) einer der Nenner den Wert 0 annimmt. Anschließend versucht man die Gleichung von den Nennern zu befreien (geeignete Multiplikation). Die Umformung ist sicher eine Äquivalenzumformung, da eine Multiplikation mit 0 nicht mehr möglich ist (Definitionsmenge). Um nicht mit allen Nennern multiplizieren zu müssen empfiehlt es sich einen Hauptnenner zu bilden. Der Hauptnenner stellt das „kleinste“ Nennerprodukt dar. Er ist das Analogon zum kleinsten gemeinsamen Nenner beim Bruchrechnen. Bilden des Hauptnenners: 1) Jeder Nenner wird in ein Produkt nicht weiter zerlegbarer Faktoren zerlegt. 2) Jeder Faktor wird mit der höchsten Potenz in der er auftritt einmal angeschrieben. 3) Das Produkt der Faktoren aus 2) ergibt den Hauptnenner 6. Wurzelgleichungen Gleichungen, in denen die Variable (Variablen) unter einem Wurzelzeichen auftritt (auftreten) nennt man Wurzelgleichungen. Bem.: Da Quadrieren und Wurzelziehen in \ KEINE Äquivalenzumformen sind, ist es bei Wurzelgleichungen äußerst wichtig, stets eine Probe durchzuführen. Bem.: Für die Definitionsmenge ist zu beachten, dass die Wurzel in \ nur für positive Werte definiert ist. Def.: Die n-te Wurzel einer nichtnegativen Zahl a ist jene nichtnegative Zahl b, deren n-te Potenz gleich a ist . a, b ∈ \, a, b ≥ 0 und n ∈ `* : n a = b ⇔ b n = a 7. Gleichungen mit Formvariablen Mit Hilfe der Formvariablen entwickelt man eine FORMEL, welche die gesuchte Größe x in Abhängigkeit von der Formvariable a beschreibt. Das Herleiten der Formel verläuft analog zum Lösen von Gleichungen. Formvariablen werden dazu benützt, viele gleich lautende Aufgaben sozusagen „auf einen Streich“ zu erledigen. Die Lösung ist dann im Allgemeinen keine Zahl, sondern ein Term, in dem die Formvariablen a,b,c,... vorkommen. Sollte im Zuge des Lösungsvorganges eine Formvariable wegfallen, so hat diese keinen Einfluss auf die Gleichung. Man sagt: Die Variable x ist von der Variablen a unabhängig. Beim Lösen von Gleichungen mit Formvariablen hat man nicht nur darauf zu achten, dass die gegebene Gleichung definiert ist, sondern auch darauf, ob der gewünschte Umformungsschritt für jeden Wert der Formvariable ausgeführt werden kann. Das Lösen der Gleichung kann dann nur mittels Fallunterscheidung weitergeführt werden. Seite 13 Algebra 2 – Vorlesung (1.Teil) Mag. Daniel Zeller 8. Lineare Ungleichungen Setzt man zwischen zwei Termen T1 , T2 das Zeichen „<“ bzw. „>“ oder „ ≤ “ bzw. „ ≥ “, das heißt schreibt man T1 < T2 bzw. T1 > T2 oder T1 ≤ T2 bzw. T1 ≥ T2 so erhält man jeweils eine Ungleichung. Def.: Haben zwei Ungleichung bezüglich einer Grundmenge G dieselbe Lösungsmenge L, so bezeichnet man sie äquivalent bezüglich G. Äquivalenzumformungen: a) ∀b ∈ \ T1 ( x ) < T2 ( x ) ⇔ T1 ( x ) + b < T2 ( x ) + b b) ∀b ∈ \ T1 ( x ) < T2 ( x ) ⇔ T1 ( x ) − b < T2 ( x ) − b c) ∀c ∈ \ + T1 ( x ) < T2 ( x ) ⇔ c ⋅ T1 ( x ) < c ⋅ T2 ( x ) − T1 ( x ) < T2 ( x ) ⇔ c ⋅ T1 ( x ) > c ⋅ T2 ( x ) d ) ∀c ∈ \ e) ∀c ∈ \ + T1 ( x ) < T2 ( x ) ⇔ f ) ∀c ∈ \ − T1 ( x ) < T2 ( x ) ⇔ g) ∀ x ∈ \ T1 ( x ) c T1 ( x ) < > T2 ( x ) c T2 ( x ) c c T1 ( x ) < T2 ( x ) ⇔ T1 ( x ) + T ( x ) < T2 ( x ) + T ( x ) Beweis eines der Rechengesetzte: ∀c ∈ \ + T1 ( x ) < T2 ( x ) ⇔ c ⋅ T1 ( x ) < c ⋅ T2 ( x ) Der einfacheren Schreibweise wegen setzen wir T1 = a und T2 = b a < b und c > 0 Die Gültigkeit aller Äquivalenzumformungen folgt aus den Monotoniegesetzen für reelle Zahlen. Def.: Eine Ungleichung der Form ax + b < 0 oder ax + b > 0 mit a, b ∈ \ heißt die Normalform einer linearen Ungleichung mit einer Variabeln. Zum Ermitteln der Lösungsmenge L der Ungleichung ax + b < 0 in der Grundmenge G sind folgende Fälle zu unterscheiden. Seite 14 Algebra 2 – Vorlesung (1.Teil) 1.Fall : a = 0 Mag. Daniel Zeller 0 ⋅ x + b < 0 −b 0 ⋅ x < −b falls b < 0 →L=G falls b ≥ 0 → L ={ } 2.Fall : a > 0 a ⋅ x + b < 0 −b a ⋅ x < −b : a > 0 x<− 3.Fall : a < 0 b a b⎫ ⎧ → L = ⎨x ∈ G x < − ⎬ a⎭ ⎩ a ⋅ x + b < 0 −b a ⋅ x < −b : a < 0 x>− b a b⎫ ⎧ → L = ⎨x ∈ G x > − ⎬ a⎭ ⎩ Analog werden die Ungleichungen der Form ax + b > 0 behandelt. Bei der Verknüpfung von Ungleichungen zu Ungleichungsketten sind die entsprechenden Teillösungsmengen mit den Mengenoperationen „Durchschnitt“ und „Vereinigung“ zu verbinden. Bsp.: Intervalle (Spezielle Teilmenge von R) abgeschlossene Intervalle von a bis b offenes Intervall von a bis b rechtsoffenes Intervall von a bis b linksoffenes Intervall von a bis b linksoffenes Intervall von - bis a offenes Intervall von a bis + Seite 15 Algebra 2 – Vorlesung (1.Teil) Mag. Daniel Zeller 9. Algebraische Gleichungen höheren Grades In einer algebraischen Gleichung werden mit der oder den Variablen nur algebraische Rechenoperationen vorgenommen: Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren, Dividieren, Potenzieren und Wurzelziehen. Nichtalgebraische Gleichungen: Exponentialgleichungen, logarithmische und goniometrische Gleichungen, werde transzendente Gleichungen genannt. Bsp.: Def.: Eine algebraische Gleichung (n-ten Grades) ist eine Gleichung vom Typ p(x) = 0, wobei p(x) ein Polynom (n-ten Grades) ist: an ⋅ x n + an −1 ⋅ x n −1 + an − 2 ⋅ x n − 2 + ..... + a1 ⋅ x + a0 = 0 wobei an ≠ 0 Die Zahlen an , an −1 , an − 2 , ... , a0 heißen Koeffizienten, a0 heißt absolutes Glied, n heißt der Grad der Gleichung (des Polynoms). Ein Polynom vom Grad 0 heißt konstantes Polynom. Ist an = 1 , so heißt die Gleichung (das Polynom) normiert. Unsere Aufgabe besteht darin, die Lösungen derartiger Gleichungen zu ermitteln. Für n = 1, 2 (lineare und quadratische Gleichungen) ist die Aufgabe bereits gelöst. Bem.: Für n = 3, 4 gäbe es noch Auflösungsformeln. Für n > 4 im Allgemeinen nicht! Def.: x1 heißt Wurzel oder Nullstelle (Lösung) der Gleichung, wenn p(x1) = 0. Def.: (x – x1) heißt der zu x1 gehörige Wurzelfaktor (auch Linearfaktor). Von den quadratischen Gleichungen wissen wir, dass sie über die Grundmenge ^ stets zwei Lösungen haben, während sie über \ nicht immer lösbar sind. Über algebraische Gleichungen beliebigen Grades sagt der FUNDAMENTALSATZ DER ALGEBRA Jede algebraische Gleichung n-ten Grades hat mindestens eine Lösung in der Grundmenge ^ (wobei die Koeffizienten auch komplex sein dürfen) Bem.: Der Satz ist ein Existenzsatz und sagt nichts aus wie man die Lösungen findet. Satz: Wenn x1 eine Nullstelle von p(x) ist, wobei p(x) ein Polynom vom Grad n > 0 ist, so kann man p(x) OHNE Rest durch (x – x1) dividieren. D.h.: p ( x) = ( x − x1 ) ⋅ p1 ( x) wobei p1(x) ein Polynom vom Grad n – 1 ist. Bew.: p( x) = an ⋅ x n + an −1 ⋅ x n −1 + an − 2 ⋅ x n − 2 + ..... + a1 ⋅ x + a0 p( x1 ) = an ⋅ x1n + an −1 ⋅ x1n −1 + an − 2 ⋅ x1n − 2 + ..... + a1 ⋅ x1 + a0 = 0 p( x) = p ( x) − 0 = p( x) − p ( x1 ) ( ) ( ) ( ) = an ⋅ x n − x1n + an −1 ⋅ x n −1 − x1n −1 + an − 2 ⋅ x n − 2 − x1n − 2 + ..... + a1 ⋅ ( x − x1 ) Seite 16 Algebra 2 – Vorlesung (1.Teil) (a − b) Hilfssatz: Bew.: Mag. Daniel Zeller ⎡( a − b ) teilt a n − b n ⎤ ⎣ ⎦ an − bn mit vollständiger Induktion Voraussetzung: n = 1: a − b a − b weil a − b = 1 ⋅ ( a − b ) n = 2 : a − b a 2 − b2 weil a 2 − b 2 = ( a − b ) ⋅ ( a + b ) usw. Annahme: ( a − b ) a n − b n sei richtig (auf Grund der Voraussetzung) Wenn man daraus zeigen kann, dass es auch für n+1 richtig ist, dann ist es für alle n richtig Behauptung: ( a − b ) a n +1 − b n +1 eigentlicher Beweis: a n +1 − b n +1 = a n +1 − a n b + a n b − b n +1 = ( ) = a n ⋅ ( a − b ) + b ⋅ a n − bn = beide Summanden sind durch (a – b) teilbar = ( a − b ) ⋅ ⎡ a n + .... + b n ⎤ ⎣ ⎦ wzzw. Fortsetzung Beweis des Satzes: Wegen der Gültigkeit des Hilfssatzes erhält man p( x) = ( x − x1 ) ⋅ ⎡ an ⋅ x n −1 − .....x1n −1 + .......a1 ⎤ ⎣ ⎦ p( x) = ( x − x1 ) ⋅ p1 ( x) ( ) Wobei p1(x) den Grad n – 1 hat. wzzw. Dieser Satz ist eine Art „Schlüssel“ für die weitere Theorie. Ersichtlich entsteht durch Abspalten der Nullstelle x1 vom Polynom p(x) ein Polynom p1(x) vom Grad n – 1. Außerdem ist jede Nullstelle von p1(x) auch eine Nullstelle von p(x). Um die „restlichen“ Nullstellen von p(x) zu finden, muss man eine Nullstelle x2 von p1(x) finden, diese abspalten, usw. Satz: Jedes Polynom p(x) n-ten Grades lässt sich in der Form p( x) = an ⋅ ( x − x1 ) ⋅ ( x − x2 ) ⋅ ( x − x3 ) ................. ⋅ ( x − xn ) darstellen. an ist der Koeffizient der höchsten vorkommenden Potenz, an ≠ 0 Satz: Eine Gleichung n-ten Grades hat nicht mehr als n verschiedene Lösungen. Def.: Wenn eine Nullstelle in der Zerlegung k-mal auftritt, heißt k die Vielfachheit der Nullstelle (Lösung). Allgemein: p( x) = an ⋅ ( x − x1 ) 1 ⋅ ( x − x2 ) 2 ⋅ ( x − x3 ) 3 ................. ⋅ ( x − xn ) k 0 < ki ≤ n k k kr k1 + k2 + ...... + kr = n Satz: Normierte Gleichungen mit lauter ganzzahligen Koeffizienten haben nur ganzzahlige oder irrationale Lösungen (Nullstellen). Satz: Besitzt eine normierte Gleichung lauter ganzzahlige Koeffizienten und gibt es ganzzahlige Lösungen, so sind diese Teiler des absoluten Gliedes a0. Seite 17