THERMISCHE VERFAHRENSTECHNIK Manche mögen's heiß Prozesse bis 400 °C isotherm führen Zahlreiche Prozesse benötigen eine 100-prozentig isotherme Prozessführung. Die Beheizung mit kondensierendem Wärmeträgerdampf, zum Beispiel Diphyl, bietet in einigen Applikationen Vorteile, denen jedoch eine aufwändige Anlagentechnik gegenüber steht. Dietmar Hunold, Hoch-Temperatur-Technik 1: Gesamtansicht der Diphyl-Unit: Auf der obersten Ebene steht der Flash-Tank 82 Zur Beheizung einer Polyamid-Kolonne im Temperaturbereich von 280 bis 320 °C sind maximal 1 000 kW Heizleistung zur Verfügung zu stellen. Da alleine der Hauptwärmeverbraucher mehrere Beheizungszonen aufweist und darüber hinaus noch weitere Nebenverbraucher in einem weit verzweigten, rund 40 Meter hohen Produktionskomplex isotherm beheizt werden müssen, fiel die Entscheidung über die prinzipielle Beheizungsart zu Gunsten einer Wärmeträgeranlage mit dampfförmigen Wärmeträgeröl, Diphyl, aus (Bild 1). Die Anlage, die sich in gleicher Ausführung auch zur Beheizung anderer Produktionseinrichtungen für Temperaturen bis 400 °C eignet (Bild 2), bietet vor allem zwei Vorteile: Zum einen sind bei der Beheizung mittels kondensierendem Wärmeträgerdampf Beheizungs- bzw. Kondensationstemperatur durch den Anlagendruck präzise einstellbar, und zum anderen wird die Wärme auch in Zonen, die keine definierte Strömung des Wärmeträgermediums zulassen, direkt dem Verbraucher zugeführt. Die physikalischen Gesetzmäßigkeiten, die bei Wärmeträger-Dampfanlagen zu beachten sind, unterscheiden sich zunächst einmal nicht von Wasser-Dampfanlagen. So ist der Wärmeübergang bei der Kondensation im Vergleich zum Wärmeübergang bei Zwangskonvektion deutlich verbessert. Allerdings erfordert die Beheizung mit kondensierendem Dampf eine aufwändige Konstruktion des Verbrauchers, um ein freies Ablaufen des Kondensats zu ermöglichen. Planen in großen Dimensionen Daneben sind Vorkehrungen zu treffen, um Gaspolster durch Inertgase an den wärmeübertragenden Flächen zu vermeiden, die eine gleichmäßige Beheizung verhindern könnten. Dies geschieht in der Regel durch eine Permanent-Entlüftung an einigen hochliegenden Stellen an den einzelnen Wärmeverbrauchern. Ferner sind alle Abblaseleitungen der Sicherheitsventile in eine Vorlage aus kaltem Wärmeträger abzutauchen, um den beim Ansprechen der Sicherheitsventile unmittelbar verdampfenden Wärmeträger innerhalb der Anlage zu kondensieren. Dies geschieht zumeist im Sammelbehälter, auf dessen Entlüftungsstutzen gegebenenfalls ein wassergekühlter Kondensator aufgesetzt wird. Zusätzlich müssen alle Wärmeträger-führenden Rohrleitungen mit einer Begleitbeheizung versehen werden, um ein Einfrieren zu verhindern. Der Stockpunkt liegt bei 12 °C. Weitaus entscheidender ist allerdings, dass auf Grund der relativ geringen Verdampfungsenthalpie des Wärmeträgeröls Diphyl (ca. ein Fünftel des entsprechenden Werts von Wasserdampf bei gleicher Temperatur) und der geringen Dichte sehr große Rohrleitungsquerschnitte erforderlich sind: Bezogen auf den Massenstrom lautet das Verhältnis entsprechend 1:5, und bezogen auf den Volumenstrom, der für die Dimensionierung der Rohrleitungsquerschnitte ausschlaggebend ist, ergibt sich sogar ein Verhältnis von 1:26. CHEMIE TECHNIK, 31. Jahrgang, Nr.6 Bei der Ausführung der Anlage sind auf Grund der gegebenen physikalischen Zusammenhänge einige räumliche Zuordnungen der Anlagenkomponenten relativ zueinander zu beachten. So muss der Kondensat-Sammelbehälter unterhalb der tiefsten Stelle der Verbraucher angeordnet werden, damit das Kondensats durch die Schwerkraft zurück fließen kann. Doppelpumpen-Aggregate erhöhen Verfügbarkeit 2: Spinnkopf einer KunststoffgarnProduktionsanlage bei der BASF Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass das Kondensat nicht immer unterkühlt sein wird, so dass die notwendige Zulaufhöhe der Kondensatpumpe (NPSH-Wert) durch eine entsprechende Anordnung 3 bis 4 m unterhalb des Kondensat-Sammelbehälters sicher gestellt werden muss. KOMPAKT Diphyl Wärmeträger 3: Die Doppelpumpen-Kompaktaggregate werden werksseitig komplett mit Ventilen, Schmutzfängern und Kompensatoren montiert In der Praxis wird die Prozesswärmebereitstellung üblicherweise mittels eines gasbefeuerten Kessels von der Diphyl-Dampferzeugung getrennt. Die Anlage teilt sich demnach in zwei getrennte Kreisläufe auf: einen Primärkreis, der in der Flüssigphase und damit auf einem höheren Druckniveau betrieben wird, und in einen Sekundärkreis mit dem Diphyl-Dampferzeuger, dem sogenannten „Flash-Tank“. Von dort aus strömt der Diphyl-Dampf zu den Verbrauchern, kondensiert an den kälteren Wärmeübertragungsflächen und fließt in den KondensatSammelbehälter zurück. Mit Hilfe einer Pumpe wird das Kondensat wieder in den Flash- CHEMIE TECHNIK, 31. Jahrgang, Nr. 6 Tank bzw. direkt in den Primärkreislauf eingespeist. Die notwendige Druckreduzierung zur Dampferzeugung geschieht dabei mit einer Drosselblende unmittelbar am Eintritt in den Dampferzeuger. Da es sich um eine isenthalpe Drosselung, d.h. eine Druckreduzierung, handelt, wird ein Teil des flüssigen Diphyls verdampft und im Flash-Tank von der flüssigen Phase getrennt. Die Dimensionierung des Flash-Tanks erfolgt über die spezifische Ausdampffläche und den zulässigen Dampfvolumenstrom durch den Behälter. Der Richtwert liegt bei maximal 250 m³/h je 1 m³ Behältervolumen. Unter dem Namen Diphyl werden von Bayer verschiedene Wärmeübertragungsflüssigkeiten für Temperaturbereiche von –45 bis 400 °C angeboten. Der Wärmeträgertyp Diphyl, ein eutektisches Gemisch aus Diphenylether und Biphenyl mit exaktem Siedepunkt und hoher Thermostabilität, eignet sich für den Hochtemperatur-Dampfphaseneinsatz vor allem zur isothermen Beheizung komplexer Produktionsanlagen. Dabei muss die Anlagenauslegung den spezifischen Eigenschaften des Wärmeträgers Rechnung tragen. Da im geschilderten Fall eine hohe Anlagenverfügbarkeit erreicht werden sollte, wurden sowohl die Primär- als auch die Kondensatpumpe als Doppelpumpen-Aggregate mit gekühlten Spaltrohrmotorpumpen ausgeführt. Bild 3 zeigt die werksseitig mit Ventilen, Siebkorbfiltern und Kompensatoren verrohrten Aggregate. Die gesamte Anlage wurde für eine Außenaufstellung auf insgesamt drei Ebenen in einer Stahlbaukonstruktion geplant. Auf der untersten Ebene sind die Doppelpumpengruppen für den Primärkreis sowie das Kondensat aufgestellt, darüber befinden sich Kessel und Kondensatsammelbehälter, und ganz oben steht mittig der Flash-Tank. Info CT 627 83