Fall 6 Sachverhalt

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Juristische Fakultät
Konversatorium zum Bürgerlichen Recht I
W-S 2012/2013
Fall 6 – „Alles schief gelaufen“
Viktor (V), der mittlerweile halb Würzburg mit Büchern versorgt, erweitert sein Geschäft und
verkauft nun auch antiquarische juristische Literatur. Es gelingt ihm günstig die Dissertation
von Degartski zu erstehen, die er sodann in seinem Geschäft gewinnbringend
weiterverkaufen möchte.
Der wissbegierige Karl (K) erblickt das noch nicht mit einem Preis versehene Werk und mag
seinen Augen kaum trauen. Blitzschnell schnappt er sich das Buch und entscheidet sich für
den Kauf. Er fragt V, wie teuer dieses Buch denn sein soll. V, der an diesem Tag völlig
überarbeitet ist und immer noch mit der Organisation der Neueinkäufe kämpft, ergreift
wortlos seinen Preisauszeichner wählt dort die Ziffern 59 und beklebt das Buch mit dem
entsprechenden Preis. Eigentlich hat er 69 eingeben wollen, verfehlte jedoch die „6“ bei der
Auswahl der entsprechenden Ziffer knapp. Mit 59 EUR ist K einverstanden.
V übergibt K das Buch, K bezahlt den Kaufpreis, ohne dass der an diesem Tag völlig
zerstreute V seinen Fehler bemerkt.
Einen Tag später bemerkt V das Missgeschick. Eigentlich wollte er das Buch für 69 EUR
verkaufen. Er erklärt K, dieses Geschäft habe er so nicht gewollt, er habe die falsche Ziffer
erwischt. K besteht auf sein Recht und möchte das Buch zum Preis von 59 EUR behalten.
Liegt ein wirksamer Kaufvertrag vor? Kann V Herausgabe des Buches verlangen?
Konversatorium BGB I WS 2012/2013
Fall 6 Sachverhalt
1 Abwandlung 1:
Nun möchte Viktor literarische Werke auch im Internet anbieten. Zu diesem Zweck errichtet
er eine Homepage, auf der er übersichtlich die verfügbaren Bände darstellt und jedes von
ihnen mit einem Preis versieht. Das Buch von Bolski versieht er mit einem Preis von 59
EUR, dies aber nur, weil er die „6“ auf der Tastatur knapp verfehlt – der eigentlich gewollte
Preis sollte 69 EUR betragen. Samt Tippfehler, der das Buch um genau 10 EUR günstiger
macht, erscheint das Angebot auf der Verkaufs-Homepage des V.
Karl entscheidet sich für den Kauf und bestellt das Buch, indem er den „Kaufen-Button“
drückt, sodann seine Personalien und den Wunsch, nach Eintreffen der Ware per
Überweisung zu bezahlen angibt. Wenige Augenblicke nachdem er das Bestellformular
abgeschickt hat, erhält er eine automatisch erzeugte E-Mail mit dem Inhalt:
„Sehr geehrter Kunde, Ihr Auftrag wird jetzt unter der Kundennummer 08-15 von unserer
Versandabteilung bearbeitet. Das Buch wird Ihnen spätestens in zwei Werktagen zugestellt.
Wir bedanken uns für Ihren Auftrag und wünschen eine unterhaltsame Lektüre.“
Viktor verschickt das bestellte Buch. Einen Tag später bemerkt V seinen Fehler. Er erklärt
K, dieses Geschäft habe er nicht gewollt. Im Übrigen wie Ausgangsfall.
Abwandlung 2:
Diesmal hat V den richtigen Kaufpreis eingegeben. K hat das Buch wie in Abwandlung 1
gekauft.
Am nächsten Tag kümmert sich Viktor persönlich um die Abwicklung der Bestellung. Er
begibt sich in sein Lager und greift das Buch von Degartski aus einem der Regale heraus.
Hierbei verkennt er, dass sich mittlerweile zwei Exemplare desselben Werks in seiner
umfangreichen Sammlung befinden: das bereits auf der Homepage zum Verkauf
eingestellte und von Karl gekaufte Werk in Lederimitat-Einband und eine zum Verwechseln
ähnliche aber deutlich teurere Ausgabe, mit Leder überzogen. Sorgfältig verpackt er das
teure Werk und verschickt es an Karl.
Die schnelle Lieferung erfreut Karl sehr.
Wenig später bemerkt Viktor seinen Fehler und ärgert sich. Er erklärt, er habe sich beim
Versand vergriffen und das falsche Buch verschickt.
Kann V Herausgabe des Buches verlangen?
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