Freitag 21.11.2008

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Mathematik für Ingenieure I, WS 2008/2009
Freitag 21.11
$Id: komplex.tex,v 1.4 2008/11/23 22:35:51 hk Exp $
I. Grundlagen
§4
Reelle und komplexe Zahlen
4.3
Die komplexen Zahlen (Offizielle Version)
Ist φ ∈ R ein vorgegebener Winkel, so bezeichnen wir
den zugehörigen Punkt auf dem Einheitskreis, d.h. den
Punkt der mit der positiven x-Achse den Winkel φ bildet, mit dem Symbol e(φ), und wir wollen nun seine xe( )
1
und y-Koordinaten berechnen. Wir beginnen dabei mit
y
dem Fall, daß φ im ersten Quadranten liegt, das also
x
0 < φ < π/2 ist. Dann haben wir das aufgezeichnete
rechtwinklige Dreieck mit Katheten der Längen x und y.
Die Länge der Hypotenuse ist dabei gleich 1, da sie ein
Radius des Einheitskreises ist. Da die Kathete der Länge
x am Winkel φ anliegt, also die Ankathete zu φ ist, haben
wir
x
Ankathete
x= =
= cos φ.
1
Hypotenuse
Ebenso ist die Kathete der Länge y diejenige die dem Winkel φ gegenüberliegt, also
die Gegenkathete, und somit ist auch
y=
y
Gegenkathete
=
= sin φ.
1
Hypotenuse
Insgesamt haben wir für den Punkt e(φ) im ersten Quadranten damit die Formel
e(φ) = (cos φ, sin φ) = cos φ + i sin φ.
Bevor wir die Situation im zweiten Quadranten besprechen, ist es nützlich sich an
einige kleine Tatsachen über die trigonometrischen Funktionen Sinus und Cosinus zu
erinnern. In ihrer geometrischen Definition werden die Sinus und Cosinus Funktion auf
Winkel in einem rechtwinkligen Dreieck angewendet, und da die Winkelsumme in einem
Dreieck insgesamt 180◦ , also im Bogenmaß π, ist, sind sin φ und cos φ zunächst nur für
Argumente φ mit 0 < φ < π/2 definiert. Sie haben dann bereits in der Schule gesehen
wie die Definition von sin φ und cos φ auf beliebige Winkel φ mit 0 ≤ φ ≤ 2π ausgedehnt
wird. Zunächst vereinbart man sin(0) := 0 und cos(0) := 1 sowie sin(π/2) := 1 und
cos(π/2) := 0. Für π/2 ≤ φ ≤ π ist dann 0 ≤ π − φ ≤ π/2 und man setzt sin φ :=
sin(π − φ) und cos φ := − cos(π − φ). Damit sind sin φ und cos φ dann für alle 0 ≤
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φ ≤ π definiert. Ist weiter π ≤ φ ≤ 2π, so haben wir 0 ≤ 2π − φ ≤ π und setzen
sin φ := − sin(2π − φ) und cos φ := cos(2π − φ). Jetzt sind sin φ, cos φ für alle Winkel
0 ≤ φ ≤ 2π definiert und diese beiden Funktionen werden mit Periode 2π für alle
φ ∈ R fortgesetzt, also so das sin(φ + 2π) = sin φ und cos(φ + 2π) = cos φ für alle
φ ∈ R gelten.
1
1
–1
–1
Sinus
Cosinus
Zwischen 0 und 2π hat die Sinusfunktion Nullstellen in 0, π und 2π, ein Maximum mit
dem Wert 1 bei π/2 und ein Minimum mit dem Wert −1 bei 3π/2. Dagegen hat der
Cosinus Nullstellen in π/2 und 3π/2, zwei Maxima mit dem Wert 1 in 0 und 2π und ein
Minimum mit dem Wert −1 in π. Wie bereits bemerkt setzt sich dies dann periodisch
auf ganz R fort. Wir werden übrigens später im Analysis Teil dieser Vorlesung noch
eine andere Definition von Sinus und Cosinus kennenlernen, die ohne rechtwinklige
Dreiecke auskommt und sin φ, cos φ auf einen Schlag für alle φ ∈ R definiert.
Wir wollen uns nun den Fall vornehmen, dass unser
Punkt wie im nebenstehenden Bild im zweiten Quadranten liegt, das also π/2 < φ < π gilt. In diesem Fall er−x
halten wir ein rechtwinkliges Dreieck mit einem Winken
y
1
ψ, der gerade 90◦ kleiner als φ ist, d.h. ψ = φ − π/2. Die
Ankathete zum Winkel ψ ist diesmal y, während die Gegenkathete zu ψ wegen x < 0 die Länge −x hat. Genau
wie wir im ersten Quadranten geschlossen haben, liefern
diese Beobachtungen uns die Gleichungen
y = cos ψ und − x = sin ψ.
Wir erinnern uns nun an die Additionstheoreme des Sinus und des Cosinus. Diese
besagen bekanntlich, das die beiden Gleichungen
cos(φ + ψ) = cos φ cos ψ − sin φ sin ψ,
sin(φ + ψ) = sin φ cos ψ + cos φ sin ψ
für alle φ, ψ ∈ R gelten. Erinnern wir uns noch daran, daß sin(±π/2) = ±1 und
cos(±π/2) = 0 ist, so können wir unsere obigen Formeln wie folgt weiter auswerten
π
π
π
−x = sin ψ = sin φ −
= sin φ cos −
+ cos φ sin −
= − cos φ,
2
2
2
also x = cos φ, und
π
π
π
y = cos ψ = cos φ −
= cos φ cos −
− sin φ sin −
= sin φ.
2
2
2
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Damit haben wir auch im zweiten Quadranten die Gleichung e(φ) = (cos φ, sin φ).
Analog läßt sich auch im dritten und vierten Quadranten schließen. Somit haben wir
die Identität
e(φ) = (cos φ, sin φ) = cos φ + i sin φ
für alle Winkel 0 ≤ φ < 2π. Da die rechte Seite dieser Gleichung für jedes φ ∈ R
definiert ist, können wir sie auch dazu verwenden die Definition e(φ) := cos φ + i sin φ
für überhaupt sämtliche φ ∈ R durchzuführen. Da Sinus und Cosinus beide die Periode
2π haben, gilt dann auch
e(φ + 2π) = e(φ)
für jedes φ ∈ R. Für Argumente φ mit 0 ≤ φ < 2π ist e(φ) direkt nach unserer
Definition eine injektive Abbildung. Insbesondere haben wir für je zwei φ, ψ ∈ R stets
e(φ) = e(ψ) ⇐⇒ es gibt eine ganze Zahl k ∈ Z mit ψ = φ + 2kπ,
d.h. genau dann ist e(φ) = e(ψ) wenn φ und ψ sich nur um ein ganzzahliges Vielfaches
von 2π unterscheiden. Die eben bemerkte Periodizität von e(φ) ergibt dann, dass e(φ)
eine bijektive Abbildung auf den Einheitskreis ist, wenn wir nur die Winkel φ auf einen
Bereich der Länge 2π beschränken. Wählen wir insbesondere den Bereich der reellen
Zahlen φ mit −π < φ ≤ π, so erhalten wir die Polarkoordinaten auf dem Einheitskreis.
Ist also z = (x, y) = x + iy ein Punkt auf dem Einheitskreis, so heißt die eindeutig
bestimmte reelle Zahl φ mit −π < φ ≤ π und e(φ) = z die Polarkoordinate von z.
Dieses φ können wir leicht bestimmen, die Formel unterscheidet sich aber je nachdem
ob z ober- oder unterhalb der x-Achse liegt. Wir starten mit dem ersten Fall sei also
y ≥ 0. Dann ist x = cos φ und wegen sin φ = y ≥ 0 muss φ ≥ 0 sein, also 0 ≤ φ ≤ π.
Aber für φ zwischen 0 und π ist die Cosinusfunktion eine monoton fallende, bijektive
Abbildung auf die reellen Zahlen zwischen −1 und 1. Die Umkehrabbildung dieser
Einschränkung des Cosinus ist der sogenannte Arcus Cosinus, geschrieben als
arccos : {x ∈ R : |x| ≤ 1} → {φ ∈ R|0 ≤ φ ≤ π}; x 7→ arccos x.
Mit dieser Bezeichnung ist also φ = arccos x. Nun kommen wir zum Fall, daß z =
(x, y) unterhalb der x-Achse liegt, das also y < 0 ist. Dann ist sin φ = y < 0, also
−π < φ < 0. Es folgen 0 < −φ < π und cos(−φ) = cos φ = x, also −φ = arccos x,
beziehungsweise φ = − arccos x. Insgesamt ist damit die Polarkoordinate für z = (x, y)
auf dem Einheitskreis gegeben durch
(
arccos x,
y ≥ 0,
φ=
− arccos x, y < 0.
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Damit haben wir die Punkte des Einheitskreises
z=(x,y)
durch eine Polarkoordinate beschrieben. Wir wollen dier
se Beschreibung nun auf die gesamte Ebene ausdehnen.
y
Da diese im Gegensatz zum Einheitskreis zweidimensional ist, werden wir auch zwei Koordinaten zur Beschreix
bung von Punkten der Ebene benötigen. Sei ein Punkt
z = (x, y) ∈ R2 = C mit z 6= 0 gegeben. Als erste Koordinate von z verwenden wir dann den Abstand von z
zum Nullpunkt. Wie im nebenstehenden Bild zu sehen,
können wir dann ein rechtwinkliges Dreieck bilden, dessen Hypothenusenlänge gerade der Abstand r von z zum Nullpunkt ist, und dessen
Kathetenlängen |x| und |y| sind (die Beträge sind nötig um auch die Situation in den
anderen drei Quadranten abzudecken). Als Abstand zum Nullpunkt ergibt sich somit
p
p
r = |x|2 + |y|2 = x2 + y 2 > 0.
Nun bilden wir die Halbgerade von 0 zum Punkt z und betrachten ihren Schnittpunkt
mit dem Einheitskreis. Dieser Schnittpunkt ist ein Punkt des Einheitskreises, und kann
damit durch einen eindeutigen Winkel φ mit −π < φ ≤ π beschrieben werden. Wie
dies im Bild aussieht unterscheidet sich je nachdem ob z im Inneren des Einheitskreises
oder außerhalb des Einheitskreises liegt:
z
e( )
e( )
z
In kartesischen Koordinaten ist der Schnittpunkt unserer Halbgeraden mit dem Einheitskreis gerade
x y 1
z=
,
,
r
r r
und für den Winkel φ ergibt sich mit unserer obigen Formel
(
arccos xr ,
y ≥ 0,
φ=
x
− arccos r , y < 0,
wobei wir einfach y statt y/r verwenden, da y und y/r ja dasselbe Vorzeichen haben.
Die Polarkoodinaten eines Punktes z = (x, y) = x + iy sind also die reellen Zahlen r, φ
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mit r > 0, −π < φ ≤ π und z = re(φ) = r cos φ + ir sin φ. Ausrechnen können wir
diese beiden Polarkoordinaten dann über die eben angegebenen Formeln für r und φ.
Dem Nullpunkt sind hierbei keine Polarkoordinaten zugeordnet, bei Bedarf kann man
als die Polarkoordinaten jederzeit r = 0 und einen beliebigen Winkel φ verwenden.
Umgekehrt können wir für beliebige reelle Zahlen r, φ ∈ R mit r ≥ 0 den Punkt
z = r · e(φ) = (r cos φ, r sin φ) = r cos φ + ir sin φ
betrachten. Der Abstand dieses Punktes zum Nullpunkt ist wegen r2 cos2 φ+r2 sin2 φ =
r2 · (cos2 φ + sin2 φ) = r2 dann gleich r. Allerdings müssen r und φ nicht die Polarkoordinaten von z sein. Die erste Polarkoordinate von z ist zwar das vorgegebene r, aber
der Winkel φ liegt eventuell nicht im von den Polarkoordinaten verwendeten Bereich
zwischen −π und π. Um auch den Winkel zu erhalten muss aber nur noch ein geeignetes Vielfaches von 2π zu φ addiert werden so, dass die Summe im erlaubten Bereich
liegt. Die Polarkoordinaten von z sind also r und der Winkel φ0 mit −π < φ0 ≤ π und
φ0 = φ + 2kπ für ein k ∈ Z.
Man bezeichnet den Winkel φ, also die zweite Polarkoordinate eines Punktes z =
(x, y) ∈ C, gelegentlich auch als das Argument von z und schreibt dann
(
arccos xr ,
y ≥ 0,
arg z := φ =
x
− arccos r , y < 0.
Manchmal wird dies auch als das Hauptargument von z bezeichnet und mit einem
Argument von z meint man dann die Summe des Hauptarguments mit einem beliebigen
Vielfachen von 2π, also ein beliebiges φ mit z = re(φ), das nicht unbedingt im Bereich
zwischen −π und π liegt. Wir werden diese Sprechweise in dieser Vorlesung nicht, oder
höchstens sehr sparsam, verwenden, sie kann Ihnen aber in anderen Texten immer mal
wieder unterkommen.
Damit haben wir die Polarkoordinaten von Punkten der Ebene konstruiert, aber was
haben diese nun mit komplexen Zahlen zu tun? Die Bedeutung der Polarkoordinaten
für die komplexen Zahlen beruht auf der folgenden Rechnung, die wieder die bereits
weiter oben angegebenen Additionstheoreme des Sinus und des Cosinus verwendet. Für
alle φ, ψ ∈ R haben wir:
e(φ) · e(ψ) =
=
=
=
(cos φ + i sin φ) · (cos ψ + i sin ψ)
cos φ cos ψ − sin φ sin ψ + i · (sin φ cos ψ + cos φ sin ψ)
cos(φ + ψ) + i sin(φ + ψ)
e(φ + ψ),
d.h. bei Multiplikation komplexer Zahlen auf dem Einheitskreis müssen nur ihre Winkel
in ihrer Darstellung in Polarkoordinaten addiert werden. Diese Beobachtung kann nun
leicht auf allgemeine komplexe Zahlen ausgedeht werden, sind r, s ≥ 0 und φ, ψ ∈ R,
so haben wir
(r · e(φ)) · (s · e(ψ)) = rs · e(φ)e(ψ) = rs · e(φ + ψ).
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In Polarkoordinaten ausgedrückt müssen zur Multiplikation zweier komplexer Zahlen
also ihre Längen multipliziert und ihre Winkel addiert werden. Um dann zur Darstellung des Produkts in Polarkoordinaten zu kommen, muss anschließend noch die Winkelsumme durch Addition eines geeigneten Vielfachen von 2π in den Bereich zwischen
−π und π gebracht werden.
Besonders das von uns im vorigen Abschnitt behandelte Problem der Bestimmung
der n-ten Wurzeln einer komplexen Zahl wird durch die Verwendung von Polarkoordinaten auf einmal sehr einfach. Ist nämlich eine komplexe Zahl z ∈ C in Polarkoordinaten
als z = re(φ) mit r ≥ 0, φ ∈ R geschrieben. so haben wir
z 2 = r2 e(2φ), z 3 = r3 e(3φ), z 4 = r4 e(4φ), . . . ,
und so weiter, also auch z n = rn e(nφ) für jedes n ∈ N. Wir wollen dies einmal dazu
verwenden erneut alle komplexen Zahlen z mit z 3 = 1 zu berechnen. Hierzu setzen wir
z in der Form z = re(φ) mit r ≥ 0 und 0 ≤ φ < 2π an. Dass wir dabei für φ nicht
den Bereich zwischen −π und π nehmen, dient dabei nur der Bequemlichkeit. Nach
unserer eben durchgeführten Überlegung wird z 3 = r3 e(3φ) mit 0 ≤ 3φ < 6π. Wegen
1 = 1 · e(0) ist damit genau dann z 3 = 1 wenn r3 = 1 und e(3φ) = e(0) sind. Die
erste Bedingung r3 = 1 ist zu r = 1 äquivalent. Die zweite Bedingung e(3φ) = e(0) ist
genau dann wahr, wenn es eine ganze Zahl k ∈ Z mit 3φ = 0 + 2kπ = 2kπ gibt. Wegen
0 ≤ 3φ < 6π kommen hierfür aber nur die drei Zahlen k = 0, 1, 2 in Frage, d.h. wir
haben genau drei komplexe Zahlen z mit z 3 = 1, nämlich
2π
2π
4π
4π
2π
4π
z = e(0) = 1, z = e
+ i sin
und z = e
+ i sin .
= cos
= cos
3
3
3
3
3
3
Um diese speziellen Werte der Sinus und der Cosinusfunktion weiter auszurechnen kann
man sich nun einer Formelsammlung bedienen. Einige dieser speziellen Werte wollen
wir hier einmal auflisten:
φ
cos φ
sin φ
0
1
0
−1
0
π
π
0
1
2
√
π
1
1
3
3
2
2√
√
π
1
1
2
2
4
2
2
√
√
√
π
5
π
6
2
1
2
√
3+ 5
4
√
√
2
√
5− 5
4
1
2
3
Weitere Werte kann man dann mit den Additionstheoremen berechnen. Wir haben ja
zum Beispiel
sin(2φ) = 2 sin φ cos φ,
cos(2φ) = cos2 φ − sin2 φ = 2 cos2 φ − 1
für alle φ ∈ R und erhalten somit
cos 2π
= 2 cos2
3
cos 4π
= 2 cos2
3
π
− 1 = − 12 , sin
3
2π
− 1 = − 21 , sin
3
9-6
2π
3
4π
3
√
= 2 sin π3 cos π3 = 12 3,√
= 2 sin 2π
cos 2π
= − 12 3
3
3
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also sind unsere drei dritten Wurzeln von 1 wieder
1 1√
1 1√
3 und z = − −
3.
z = 1, z = − +
2 2
2 2
Wir wollen hier nicht vollständig begründen, wie die obigen Werte sin φ und cos φ
hergeleitet werden, aber wenigstens einige kleine Hinweise hierzu geben. Dabei sind die
Fälle φ = 0, π, π/2 klar. Für die anderen Werte reicht es aus cos φ auszurechnen, da
ja sin2 φ + cos2 φ = 1 und sin(π/k) ≥ 0 für k ∈ N gilt. Zunächst beachte das für jedes
x ∈ R stets
x
x
cos x = cos 2 ·
= 2 cos2 − 1,
2
2
also
x
1 + cos x
cos2 =
.
2
2
Ist nun x ∈ R mit |x| ≤ π, so ist auch |x/2| ≤ π/2 also cos x ≥ 0 und
r
x
1 + cos x
cos =
.
2
2
Damit ist zum Beispiel
π
cos =
4
r
1 + cos π2
1√
1
2.
=√ =
2
2
2
Ebenso kann die Zeile zu π/6 aus der zu π/3 berechnet werden. Die Werte cos(π/3) und
cos(π/5) können geometrisch, oder alternativ über die Additionstheoreme begründet
werden, aber dies wollen wir hier nicht vorführen.
Kommen wir wieder zu unseren komplexen Wurzeln zurück. Bis auf die endgültige
Formel hängt unsere obige Berechnung der z ∈ C mit z 3 = 1 nicht von n = 3 ab,
sondern läßt sich analog für jeden Exponenten durchführen. Für jede natürliche Zahl
n ∈ N gibt es genau n komplexe Zahlen z ∈ C mit z n = 1, nämlich die Zahlen
2π
4π
2(n − 1)π
e(0) = 1, e
,e
,...,e
,
n
n
n
oder anders gesagt alle Zahlen der Form e(2πk/n) mit k = 0, 1, . . . , n − 1. Da die
Winkel dieser Zahlen 0, 2π/n, . . . , 2(n − 1)π/n sind, bilden sie die Ecken eines in den
Einheitskreis eingeschriebenen gleichmäßigen n-Ecks. Sind nun a ∈ C mit a 6= 0 und
n ∈ N, so schreiben wir a = re(φ)
mit r > 0 und −π < φ ≤ π, d.h. r, φ sind die
√
n
Polarkoordinaten von a. Dann ist r · e(φ/n) eine n-te Wurzel von a. Die anderen nten Wurzeln entstehen aus dieser durch Multiplikation mit den entsprechenden Wurzeln
der Eins, sind also die komplexen Zahlen
√
√
φ + 2πk
φ
2πk
n
n
·e
= r·e
r·e
n
n
n
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mit k = 0, 1, . . . , n − 1. Damit bilden auch die n-ten Wurzeln von a die Ecken eines
gleichseitigen n-Ecks, das aus dem n-Eck der Wurzeln von 1 durch eine Drehung und
eine Streckung entsteht.
Tatsächlich hat jede Gleichung
z n + an−1 z n−1 + . . . + a1 z + a0 = 0
über den komplexen Zahlen eine Lösung. Dies ist der sogenannte Fundamentalsatz der
Algebra, dessen Beweis hier allerdings noch weit jenseits unserer Möglichkeiten liegt.
Zum Abschluß dieses Abschnitts wollen wir nun noch einige einfache Konzepte und die
mit ihnen verbundenen Rechenregeln besprechen.
Definition 4.3: Sei z = x + iy ∈ C eine komplexe Zahl. Dann heißen
p
|z| := x2 + y 2
der Betrag von z und
z := x − iy
die zu z konjugiert komplexe Zahl.
Dabei ist der Betrag |z| eine der beiden Polarkoordinaten, d.h. in dieser Notation
sind die Polarkoordinaten von z die beiden reellen Zahlen |z| und arg z. Die konjugiert
komplexe Zahl z einer komplexen Zahl z, ist uns bereits im vorigen Abschnitt bei der
Berechnung
der komplexen Zahl 1/z begegnet. Ist z eine reelle Zahl, also z = x, so ist
√
2
|z| = x = |x| der schon früher definierte Betrag der reellen Zahl z. Die Grundeigenschaften von Betrag und Konjugation werden im folgenden Satz zusammengefasst:
Satz 4.2: Seien z, w ∈ C zwei komplexe Zahlen.
(a) Es gelten z + w = z + w, zw = z · w und z = z.
(b) Es gelten |z| = |z|, |z|2 = zz und ist z 6= 0, so ist auch 1/z = z/|z|2 .
(c) Es gilt |zw| = |z| · |w|.
(d) Es sind
Re z =
z−z
z+z
und Im z =
2
2i
und | Re z| ≤ |z|, | Im z| ≤ |z|.
(e) Es gilt |z + w| ≤ |z| + |w| (dies ist wieder die Dreiecksungleichung).
(f ) Es gelten |z − w| ≥ |z| − |w| und |z| − |w| ≤ |z − w|.
Beweis: Wir schreiben z = x + iy mit x, y ∈ R.
(b) Zunächst haben wir
p
p
|z| = |x − iy| = x2 + (−y)2 = x2 + y 2 = |z|
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und
zz = (x + iy) · (x − iy) = x2 − i2 y 2 = x2 + y 2 = |z|2 .
Ist z 6= 0, so folgt aus zz = |z|2 > 0 auch 1/z = z/|z|2 .
(c) Da |z| der Abstand von z zu Null ist, haben wir dies bereits bei der Diskussion der
Polarkoordinaten festgehalten (Multiplikation komplexer Zahlen in Polarkoordinaten
bedeutete Multiplikation der Längen und Addition der Winkel).
(a) Die Gleichungen z + w = z + w und z = z sind klar. Ist z = 0 oder w = 0, so ist
auch |zw| = 0 = |z| · |w|. Nun seien z, w 6= 0 beide nicht Null. Dann rechnen wir
zw =
|zw|2
|z|2 |w|2
|z|2 |w|2
=
=
·
= z · w.
zw
zw
z
w
(d) Die ersten beiden Aussagen sind wegen z + z = x + iy√+ x − p
iy = 2x undz − z =
2
x + iy − x + iy = 2iy klar. Weiter ist auch | Re z| = |x| = x ≤ x2 + y 2 = |z|, und
analog folgt auch | Im z| ≤ |z|.
(e) Mit den bereits nachgewiesenen Eigenschaften ergibt sich
|z+w|2 = (z+w)·(z + w) = (z+w)·(z+w) = zz+zw+zw+ww = zz+zw+zw+ww
= |z|2 + 2 Re(zw) + |w|2 ≤ |z|2 + 2| Re(zw)| + |w|2 ≤ |z|2 + 2|zw| + |w|2
= |z|2 + 2|z| · |w| + |w|2 = |z|2 + 2|z| · |w| + |w|2 = (|z| + |w|)2 ,
also auch |z + w| ≤ |z| + |w|.
(f ) Dies folgt mit (e) genau wie im Beweis von Satz 1.
z+w
w
D
z
0
An der komplexen Dreiecksungleichung können wir übrigens auch den Grund für ihren
Namen ablesen. Die Summe z + w zweier komplexer Zahlen z, w ist die übliche Vektorsumme, kann also durch ein Parallelogramm wie im oben stehenden Bild realisiert
werden. Bilden wir dann das untere Dreieck D, so hat die Seite von D in der Mitte des
Parallelogramms die Länge |z + w|, die untere Seite von D hat die Länge |z| und die
rechte Seite ist parallel zu w, hat also die Länge |w|. Die Dreiecksungleichung ist also
die geometrische Aussage, dass die Länge jeder Seite eines Dreiecks kleiner oder gleich
der Summe der Längen der beiden anderen Seiten ist.
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