A5 - COMPTON - Effekt

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Physikalisches Grundpraktikum
A5 - COMPTON-Effekt
A5 - COMPTON - Effekt
Aufgabenstellung:
1. Nehmen Sie die Energiespektren der an einem Streukörper unter verschiedenen Winkeln
gestreuten Röntgenstrahlung auf. Führen Sie eine Energiekalibrierung durch.
2. Bestimmen Sie die Energie der gestreuten Photonen und stellen Sie die Abhängigkeit der
Photonenenergie vom Streuwinkel graphisch dar.
3. Ermitteln Sie die Wellenlängenänderung der gestreuten Photonen. Bestimmen Sie die
COMPTON-Wellenlänge aus einer geeigneten graphischen Darstellung.
Stichworte zur Vorbereitung:
Compton - Effekt, Compton - Wellenlänge, Röntgenstrahlung, Welle - Teilchen - Dualismus,
Halbleiterdetektor
Literatur:
•
Ch. Gerthsen, H. Vogel, Physik, 19. Auflage, Kapitel 12.1, 12.5, Springer-Verlag 1997
•
H. J. Eichler, H.-D. Kronfeldt, J. Sahm, Das neue Physikalische Praktikum, 2. Auflage, Kapitel
45, 48, Springer-Verlag 2006
•
D. Geschke, Physikalisches Praktikum, 11. Auflage, Kapitel 7, B.G. Teubner 1998
15.03.2013
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A5 - COMPTON-Effekt
1.
Theoretische Grundlagen
THOMSON-Streuung (nach JOSEPH JOHN THOMSON) bezeichnet die elastische Streuung von Licht
(Photonen) an geladenen Teilchen (i. A. quasifreie Elektronen). Geladene Teilchen werden durch das
Feld einer elektromagnetischen Welle zu kohärenten harmonischen Schwingungen in der Ebene des
elektrischen Feldes angeregt. Da diese Oszillation eine beschleunigte Bewegung ist, strahlen die
Teilchen gleichzeitig Energie in Form einer elektromagnetischen Welle gleicher Frequenz ab
(Dipolstrahlung). Man sagt, die Welle wird gestreut. THOMSON-Streuung ist eine rückstoßfreie Streuung,
d. h., es findet kein Energieübertrag vom Photon auf das Elektron statt. Sie tritt nur auf, solange die
Energie der einfallenden Photonen klein genug ist, d. h. die Wellenlänge der elektromagnetischen
Strahlung viel größer ist als ein Atomradius (z. B. weiche Röntgenstrahlung).
Bei kürzeren Wellenlängen, also höheren Energien, muss der Rückstoß des Elektrons berücksichtigt
werden, man spricht dann von COMPTON-Streuung (nach ARTHUR COMPTON, 1892 - 1962, Physik Nobelpreis 1927) Dieses Modell gilt auch für (quasi-)freie Elektronen im Metall, deren
Resonanzfrequenz aufgrund fehlender Rückstellkräfte gegen Null geht. Streuung an gebundenen
Elektronen oder ganzen Atomen bezeichnet man dagegen als RAYLEIGH-Streuung.
Beim Photoeffekt gibt das Photon seine gesamte Energie 𝐸Ph an ein gebundenes Elektron ab und wird
damit (vollständig) absorbiert. Dagegen wird mit zunehmender Energie der Photonen (𝐸Ph > 𝐸K, L, M ,
wobei 𝐸K, L, M die Bindungsenergie der Elektronen auf der jeweiligen Schale ist) die COMPTON-Streuung
immer wahrscheinlicher, bei der das Photon nur einen Teil seiner Energie auf ein mehr oder weniger
locker gebundenes oder ein freies Elektron überträgt und eine Richtungsänderung erfährt.
In Abb. 1 ist dieser Prozess schematisch dargestellt. Es handelt sich im klassischen mechanischen
Sinne um einen elastischen Stoß, der im Laborsystem beschrieben werden kann.
Abb. 1: Schematische Darstellung des Compton - Effekts als elastischer Stoß zwischen einem Photon
und einem quasifreien Elektron.
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Bei der Wechselwirkung zwischen Photon und Elektronen gelten Impuls- und Energiesatz. Aufgrund der
ggf. hohen Geschwindigkeit des Elektrons nach dem Stoß soll im folgenden relativistisch gerechnet
werden.
Für die Gesamtenergie des Systems aus Elektron und Photon vor und nach dem Stoß gilt
ℎ𝜈 + 𝑚! 𝑐 ! = ℎ𝜈 ! + 𝑚!! 𝑐 ! + 𝑐 ! 𝑝! ,
(1)
wobei 𝜈 und 𝜈 ! die Lichtfrequenz vor und nach dem Stoß bezeichnen. Das Elektron besitzt vor dem
Stoß lediglich seine Ruheenergie, nach dem Stoß ist die relativistische Energie - Impuls - Beziehung
𝐸 ! = 𝐸!! + 𝑐 ! 𝑝!
anzuwenden.
𝑚!
ist
die
Ruhemasse
des
Elektrons,
𝑐
die
Vakuumlichtgeschwindigkeit und ℎ die PLANCK-Konstante.
Das Betragsquadrat 𝑝! des als vektorielle Größe zu behandelnden Impulses kann mit Hilfe des
Impulssatzes ausgedrückt werden:
𝑝! = 𝑝!! + 𝑝!! =
!!
!
−
!! !
!
𝑐𝑜𝑠𝜃
!
+
!! !!
!!
!
𝑠𝑖𝑛! 𝜃.
(2)
Dabei wurde berücksichtigt, dass für jede der Komponenten des Gesamtimpulses vor und nach dem
Stoß konstant bleiben muss und somit der Elektronenimpuls nach der Wechselwirkung
komponentenweise durch die Impulsänderung des Photons ausgedrückt werden kann.
Einsetzen von (2) in (1) und geeignetes Umstellen liefert als Zwischenresultat
!
!!
!
−! =!
!
!!
1 − 𝑐𝑜𝑠𝜃 .
(3)
!
(4)
!
Damit ergibt sich für die Änderung der Wellenlänge
!
!
Δ𝜆 = 𝜆! − 𝜆 = !! − ! = !
!!
1 − 𝑐𝑜𝑠𝜃 .
Der konstante Vorfaktor
!
𝜆! ≔ !
!!
(5)
wird als die COMPTON-Wellenlänge bezeichnet. Sie ist identisch der Wellenlänge eines Photons, dessen
Energie gleich der Ruheenergie eines Elektrons ist. Der Energieübertrag zwischen Photon und Elektron
ist vom Streuwinkel 𝜃 abhängig, wobei sämtliche Winkel im Bereich 0 ≤ 𝜃 ≤ 180° auftreten können.
Bei kleiner Primärenergie ist die Winkelverteilung der gestreuten Photonen symmetrisch zu 𝜃 = 90°.
Mit wachsender Energie wird mehr und mehr die Streuung in Vorwärtsrichtung bevorzugt.
Gemäß Gleichung (4) verliert das Photon bei Vorwärtsstreuung (𝜃 = 0) keine Energie. Den größten
Energieverlust erleidet es dagegen bei Rückwärtsstreuung , d.h. 𝜃 = 180°.
2.
Versuchsdurchführung
Die Messungen erfolgen in einem Schulröntgengerät mit Molybdän-Röntgenröhre (𝐸K α = 17,44 keV)
und energiesensitivem Detektor (PELTIER-gekühlte Si-PIN-Diode). Der Röntgenenergiedetektor ist
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vorsichtig zu behandeln und keinesfalls auszubauen. Der Betrieb ist erst zulässig, wenn die
Leuchtdiode am Detektor grün leuchtet - dies kann nach dem Einschalten einige Minuten dauern. Beim
Ändern des Detektorwinkels ist darauf zu achten, dass die Stecker nicht am Strahlenschutzgehäuse
anstoßen und die Kabel ohne Zug und nicht im Strahlengang verlegt sind. Detektorbewegungen sind zu
überwachen - insbesondere bei großen Streuwinkeln kann der Detektor am Strahlenschutzgehäuse
oder am Kollimator anschlagen - ggf. ist die Bewegung durch Verringern des eingestellten Winkels am
Bedienpanel des Röntgengerätes sofort zu unterbrechen.
Die Betriebsparameter des Röntgengerätes (Beschleunigungsspannung 𝑈 = 35 kV , Röhrenstrom
𝐼 = 1 mA, Detektor- und Targetwinkel) sind am Bedienteil des Röntgengerätes einzustellen. Im
Primärstrahlengang des Röntgengerätes ist ein Kreiskollimator mit rückseitig aufgestecktem ZirkonFilter eingebracht. Als Streukörper wird ein Plexiglas-Quader auf dem Probenhalter positioniert. Der
Targetwinkel wird für den gesamten Versuch auf 20° eingestellt. Während des gesamten Versuches
darf der energiesensitive Detektor zum Schutz vor zu großen Zählraten nicht in den ungestreut
verlaufenden Primärstrahl bewegt werden.
Das Signal des Röntgenenergiedetektors wird mittels Vielkanalanalysator und CASSY ausgelesen. Für
die Messungen sind in der Messsoftware CASSYLab 2 folgende Messparameter zu wählen:
•
256 Kanäle
•
negative Pulse
•
Verstärkung -3
•
Messdauer 300 s
Stellen Sie den Detektor auf einen Streuwinkel von 30° und nehmen Sie das Energiespektrum auf. Mit
diesem ersten Spektrum wird die Energiekalibrierung des Detektors wie folgt durchgeführt: Zunächst
wird die Zählrate über den eingestellten Kanalnummern dargestellt. Um eine lineare Relation zwischen
Kanalnummern und Energie zu erhalten, müssen mindestens zwei geeignete Referenzlinien im
Spektrum identifiziert werden. Hier werden die charakteristischen Gold - Linien Au L! (9,72 keV) und
Au L! (11,44 keV) genutzt, die aus einer Anregung des in den Kontakten der Detektordiode
verwendeten Goldanteile durch die einfallende Röntgenstrahlung resultiert. Entnehmen Sie die
Kanalnummern aus der Messkurve (nutzen Sie die Funktion „Peakschwerpunkt berechnen) und tragen
Sie diese zusammen mit der zugehörigen Energie im entsprechenden Eingabefeld ein - die
Kalibriergerade wird anschließend durch das Messprogramm berechnet und für den weiteren
Versuchsverlauf beibehalten.
Nehmen Sie nun Energiespektren für Detektorwinkel zwischen 30° und 150° in geeigneten
Winkelschritten auf. Für die Auswertung und Darstellung ist im Weiteren lediglich der Energiebereich
der Compton-verschobenen Mo 𝐾_𝛼-Strahlung relevant.
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Die Energie der Photonen können mit der Mess- und Auswertesoftware CASSYLab 2 aus dem
Energiespektrum ermittelt werden. Nutzen Sie dazu die Funktion „Peakschwerpunkt berechnen“. Das
Ergebnis ist ggf. empfindlich für den gewählten Kurvenbereich - führen Sie daher die
Energiebestimmung mehrfach durch. Die Abweichungen in Ihren Resultaten können als Maß für die
Messunsicherheit der bestimmten Energie genutzt werden.
Stellen Sie die bestimmten Photonenenergien in Abhängigkeit vom Streuwinkel graphisch dar. Wählen
Sie eine geeignete Darstellung der daraus zu berechnenden Wellenlängenänderung über dem
Streuwinkel, um mittels linearer Regression die COMPTON-Wellenlänge zu bestimmen.
3.
Kontrollfragen
i.
Beschreiben Sie die Funktion einer Röntgenröhre und das Spektrum der emittierten Strahlung.
ii.
Was bewirkt der in den Primärstrahlengang eingebrachte Zr-Filter?
iii.
Was ist das Funktionsprinzip des Si-PIN-Detektors? Warum ist eine Energiekalibrierung
erforderlich?
iv.
Informieren Sie sich über den Gang der Herleitung von Gleichung (4).
v.
Schätzen Sie den Energieübertrag von einfallender Mo 𝐾_𝛼-Strahlung auf das Elektron bei
einem Streuwinkel von 90° ab. Ist es in diesem Fall erforderlich, bei der Herleitung von
Gleichung (4) relativistisch zu rechnen?
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