Beobachtungen bei der Haltung und Zucht des Maskenbunt-

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die Bodenscheibe f reigelegt. Durch den nachrieselnden feinen Sand war sie jedoch
nie ganz blank Die Jungen hielten sich fast ausschließlich am Grunde dieser
Grube auf, und zwar immer im Schwarm. Sie sind deutlich an den Boden gebunden.
Anfangs erhob sich der Schwarm selten höher als ca. 15 cm über das Zentrum der
ausgehobenen Grube. Sie flüchteten allesamt zum Boden bei vermeintlicher
Gefahr, etwa beim Klopfen an die Scheiben. Hier verharrten sie dann kurzzeitig
reglos und waren dann kaum zwischen den Sandkörnern erkennbar Die Eltern
sahen während der Brutpflege graublau aus, und nur bei Störungen, z.B. beim
Filterwechsel, wurde die Grundfärbung heller
Da sich die Jungen immer im Schwarm aufhielten, waren sie leicht gezielt zu
füttern. lch verwendete eine 10 ml-Einwegspritze, auf die ich ein langes dünnes
Plastikrohr setzte. Auf diese Weise kann man Futterpartikel direkt in den Schwarm
drücken, ohne daß sich das Futter im ganzen Becken verteilt. Eine gezielte Fütterung der Jungen ist somit sichergestellt.
So hatte ich nach zwei Jahren vergeblicher Bemühungen endlich einen Schwarm
junger L moorii Auch nachdem die Jungen etwa 2 cm groß waren, wurden sie v, n
den Eltern noch geduldet. Allerdings wurde solange nicht erneut abgelaicht, wie
sich die Jungen im Becken befanden. Erst nachdem ich sie entfernt hatte, wurde
wieder abgelaicht. Aus d iesem Gelege erh ielt ich jedoch n ur zwölf J ungt iere
Wahrscheinlich waren auch die ersten Gelege nicht verpilzt gewesen, sondern ich
hatte mich durch die Farbe nur täuschen lassen. Die Jungen selbst sind wohl
jeweils ein Opfer der anderen Artgenossen geworden, noch bevor ich ihre Existenz
überhaupi bemerkte.
Leider zeigen meine erwachsenen Tiere auch heute noch nicht die intensive Blaufärbung, wie in der Literatur beschrieben und bei Staeck und Mayland auch durch
Fotos belegt ist. Bleibt die Frage offen, mit welchem Alter letztlich die Umfärbung
!
abgeschlossen ist Aber auch ohne intensive blaue Färbung sind mir meine L.
moorii lieb und teuer geworden, nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, daß sie mir
nach so langem Bemühen doch noch den Gefallen getan haben, sich in meinem
Becken zu vermehren.
Beobachtungen bei der Haltung und Zucht des Maskenbuntbarsches Chalinochromis brichardi POLL, 1 974
1.
Warum sind die Jungen anders gefärbt als die Eltern?
Text: Rolf Külow (D 56 1005)
Bei einem Besuch eines lmporteurs am Rande des Ruhrgebietes gefielen meiner
Frau die Maskenbuntbarsche aus dem Tanganjika-See ganz besonders gut Damit
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meine »Bessere Hälfte. in dem Flossenwirrwarr auch mal ihre Fische schwimmen
sieht, wurden zwei Männchen und drei weibchen beim lmporteur erstanden.
Zuhause verschwanden sie in einem 400-Liter-Becken, das mit reichlich steinaufbauten für gute Unterschlupfmöglichkeiten sorgte. Von sich reden machten die
Tiere erst wieder nach drei wochen, als nämlich eines tot auf der seite am Boden
lag. Als im Abstand von zwei weiteren Wochen noch zwei Tiere eingingen, von
denen eines auf der Flanke eine große Bißwunde hatte, gab ich die Hoffnung nach
einer erfolgreichen Haltung und Zucht auf. Ernsthafte Berßereien hatte ich vorher
nicht gesehen, so daß ich nicht helfend eingreifen konnte Aber nach viel pech
kommt meistens das Glück irgendwann hinterher. Mir war nämlich ein pärchen
verblieben, das einfach in bekannter Julidochromis-Manier die Rivalen beseitigt
hatte. Als ich einige Zeit später aus diesem Becken junge Cyphotilapia frontosa
herausfangen wollte, mußte ich die Steinaufbauten aus dem Becken räumen. Die
Hälfte der Steine befand sich schon im Eimer, da fiel mir auf, daß ein Chalinochromis brichardiseine Höhle nicht verließ. Das Hineinleuchten mit einerTaschen-
lampe brachte schnell Klarheit: Unter einem hohlgeformten Lavastein war ein
Gelege zu erkennen. Der in der Höhle stehende Ch brichardi befächelte das
Gelege, während der andere sozusagen eine Etage tieter schwamm und den
weiteren Umkreis absicherte Nach ein paar Tagen dann waren die ersten etwa
3 mm großen Jungfischlein zu sehen Sie schwammen kopfüber unter der Höhlendecke entlang.
ln der ersten woche blieben die Jungen in der Höhle. Sie wurden dort immer direkt
von einem Elternteil bewacht, während derandere den Umkreis von Feinden leerfegte Kam nämlich ein anderer Beckeninsasse zu nahe an die Brutstätte heran, so
wurde er sofort angegriffen und durch das ganze Becken ge.lagt. Wurde der
Fliehende erreicht, wurde kräftig zugebissen, wobei ern Knacklaut deuilich zu
hören war Die verfolgten Tiere flüchteten nun panikartig in die steinaufbauten,
was häufig noch zu zusätzlichen Schürfwunden führte. Am meisten wurden
Spathodus erythrodon attackiert. Sie wurden förmlich gerupft Helle Aufregung
herrschte immer, wenn sich ein großer P/ecostomus aut der Bruthöhle niederließ.
sehr gelehrig zeigten sich rropheus moorii. sie brauchten nur einige Male daran
erinnert werden, das Revier der Ch brichardi zu meiden Kaum beachtet wurden
Cyphotilapia lrontosa Vielleicht hatten die Chalinochromls gemerkt, daß von
diesen für ihre Jungen keine Gefahr ausging. lch habe nie Cy. frontosa sich an
Jungf ischen vergreifen sehen.
ln der zweiten woche dann verließen die jungen ch brichardi die Bruthöhle und
suchten in der näheren Umgebung nach Fulter. Aber welch ein Schreck, wie sahen
die Jungen aus! Durchaus nicht wie die Eltern:Auf der hellen Körpergrundfarbe
zeichneten sich in der oberen Körperhälfte zwei parallele punktreihen ab Die
Rücken- und Afterflosse waren schwarz gesäumt, eine Augenmaske nur angedeutet vorhanden. Warum sind die Jungen eigentlich anders gekennzeichnet? Die
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Eltern haben ja außer der Augenmaske nur einen einzelnen schwarzen Punkt am
hinteren Rande der Bückenflosse und nur sehr selten einen in der Körpermitte
Außerdem ist die Hückenf losse orange gesäumt Dient diese andere Zeichnung der
Jungen zur Tarnung im felsigen Gebiet oder als Schutz gegen die Aggressionen
der eigenen Eltern
?
Nach drei Wochen begannen die Jungen, den weiteren Umkreis der Bruthöhle zu
verlassen und durchstreiften das ganze Becken. Da die Zahl der Feinde in diesem
Becken doch recht groß war, saugte rch etwa 30 Tiere zur weiteren Aufzucht in
einem separaten Becken ab. Die noch bei den Eltern verbliebenen 15 Jungtiere
wurden weiterhin betreut. Mir fiel besonders auf, daß die Jungen häufig nach
Diskus-Art an den Eltern herumzupften. Sicherlich wurde kein Hautsekret aufgenommen, viel leicht aber Hautparasiten abgezupft.
Die Jungtiere dieser Brut sind nun schon ca. 15 mm groß. Die Punkteketten sind zu
Streifen verdichtet ln diesem Stadium sind sie von Chalinochromis spec. "bifrenalusrr nicht zu unterscheiden. Als ich das Gelege entdeckte, konnte ich aus dem
Gestein, das im Eimer lag, zwei Jungtiere einer von mir unbemerkten vorherigen
Brut entnehmen. Diese sind nun schon 25 mm. Bei ihnen beginnt die Streifenzeichnung sich aufzulösen und dem Erwachsenenkleid zu nähern.
2. Eine dezente Schönheit mit Uberraschungen
Text:Georg Zurlo (D 46 0481)
Unter den vielen hübschen Cichlidenarten, die in den letzten Jahren aus dem
Tanganjika-See zu uns gekommen sind, hat der Maskenbuntbarsch, wie Chalinochromis brichardi häufig bezeichnet wird, noch nicht so ganz die Beachtung
gefunden, die er eigentlich verdient hätte Das mag verwundern, weil diese Art auf
erfreuliche Weise das äußere zweier anderer Tangan.jikacichliden in sich vereint,
die neben den Tropheus-Arten zu den populärsten und gefragtesten Fischen aus
diesem af rikanischen See zählen. Als ich die Tiere das erste Mal sah, kam ich in die
Versuchung, zu sagen, daß sich da wohl ein Julidochromls und ein Lamprologus
brichardi (auch als ,Prinzessin von Burundi" bekannt) einen Fehltritt geleistet
hätten Kein verwunderlicher Gedanke, wenn man sieht, daß einerseits die Körperform der Maskenbuntbarsche auf den ersten Blick völlig der der JulidochromisArten entspricht, und daß andererseits die Färbung weitgehend der von Lamproloalso?
Mitnichten Chalinochromis stellt eine eigene Gattung mit (bisher) drei Arten dar,
von denen jedoch erst Chalinochromis brichardiwissenschaftlich benannt ist
Man täte den Fischen jedoch Unrecht, würde man ihr Außeres nur mit der Feststellung ,wie eine Mischung aus dem und dem,, abtun wollen Zuerst würde man
die eindrucksvolle Gesichtsmaske unterschlagen, die der Gattung ihren deutschen
Namen gab. Drei schwarze Streifen, die sich quer über den Kopf ziehen, verleihen
gus brichardl ähnelt. Ein,Schlankcichlide im Prinzessinnengewandu
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Adultes Tier des Maskenbuntbarsches Chalino chromis brichardi
Foto: Dr Wolfgang Staeck (D 10 0005)
Adultes Tier von Chalinochromls spec (»tbifrenatusu) Jungtiere von Ch brichardt
zeigen die gleiche Streifenzeichnung, die sich mit zunehmendem Alter bis auf die
Kopf maske zurückbi ldel
Foto:Kämmerling
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den Tieren einen charaktervollen Gesichtsausdruck, der sich noch verstärkt, wenn
die Männchen im Alter ihren Stirnbuckel bekommen. Auch wenn diese Zeichnung,
zusammen mit einem schwarzen Punkt im hinteren Teil der Rückenflosse und mit
zwei schwarzen Punkten auf und hinter den Kiemendeckeln, die einzigen starken
Farbkontraste sind, kann man doch nicht sagen, die Maskenbuntbarsche seien
eintönig beige. Obwohl dieses Beige den Grundton der Gesamtfärbung darstellt
(wie bei Lampr. brichardr), so kommen doch Abstufungen und Muster hinzu, die
dafür sorgen, daß der Betrachter knallige Farbkontraste nicht vermißt, sondern
stattdessen von der zarten schönheit dieser Farbkomposiiion beeindruckt wird so
ist die Rückenflosse mit einem gelben Hauch durchzogen, der sich am
oberen
Rand zu einem kräftig gelben Saum und am Flossenansatz zu einem Streifen
verstärkt. Der hintere Teil der Rückenflosse, die Schwanz- und Afterflosse zeigen
dagegen einen bläulichen Schimmer, ist mit einem fein verteilten Muster hellblauer
Pünktlichen durchsetzt und dunkel gesäumt. Hinzu kommen noch lang ausgezogene, hellblau-weißlich leuchtende Bauchflossen, so daB Chalinochromis
brichardi ein Musierbeispiel »tanganjikanischer Eleganzu darstellt Das allerdings
bezieht sich erst einmal nur auf das Aussehen. Welch robuster Charakter sich
unter dieser eleganten Erscheinung verbirgt, davon ist noch einiges zu erzählen.
Nun, das Aussehen der Tiere, wie ich es beschrieben habe und mein spezielles
lnteresse für Tanganjikacichliden ließen eigentlich keine großen Zweifel aufkommen, ob ich das große Wildfangpärchen mitnehmen würde, das mir vor gut
einem Jahr in einem Fachgeschäft angeboten wurde (schon dort vorsorglich
getrennt in zwei Becken). Nach einwöchiger Quarantäne und Vorsorgebehandlung
(mit Trennwand in einem kleinen Becken) kamen die beiden in ein Meterbecken
(220 Liler\ zu einem Zuchtpaar Roter Moorii. Nachdem aber die beiden im Quarantänebecken nach einigem Zögern doch gut ans Futter gegangen waren, wurde hier
schnell klar, daß sie bei den Mooriis im wahrsten Sinne des Wortes ,keine Schnitte. (nämlich vom Futter) bekamen. lch setzte die beiden kurzerhand in das daneben
stehende 200-l-Becken zu vier ausgewachsenen Tropheus duboisi Und dasselbe
Ch. brichardi-Männchen (übrigens rund 15 cm lang und mit einem wahrhaft
imposanten Stirnbuckel), das von den Mooriis total unterdrückt worden war, ließ
sich hier auf einen nächtlichen Zweikampf mit dem Tr. duboisi-Männchen ein. Die
Folgen, die ich am nächsten Morgen zu sehen bekam, verursachten mir doch
einige Sorgen Das Tr. duboisr-Männchen, selber ein kräftiges Tier von etwa 15 cm,
hatte dori, wo seine Unterlippe hätte sein müssen, nur noch den weißen Unterkiefer
und darin die Zahnreihe. Nun, das ging noch alles einmal gut, denn die beiden
Kämpfer gingen sich von nun an wohlweislich aus dem Weg, und die Wunde
verheilte zum Glück ohne Komplikationen und ohne sichtbare Folgen. Seine
Aggressionen ließ das Ch. brichardi-Männchen nun an seinem Weibchen aus, das
die folgenden Wochen nur aufgrund der vielen Versteckmöglichkeiten im Becken
unbeschadet überstand Vielleicht war diese Aggressivität auch der Grund daf ür,
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daß es zu keinem Ablaichen kam, denn das Weibchen blieb schlank wie eh und je,
und zeigte keinerlei Laichsansatz. Ob der Grund für den plötzlichen Tod des
Männchen nach einigen Wochen sein hohes Alter oder ein »Racheaktu des fr.
dubolsiMännchens war, konnte ich nicht feststellen lch stand jedenfalls plötzlich
mit einem Einzeltier da und ging auf die Suche nach einem geeigneten partner.
Den fand ich erst nach einigen Monaten, die das Ch. brichardi-Weibchen inzwischen in einem anderen Becken mit vier Triglachromis otostigma verbracht
hatte. Das neue Männchen war erheblich kleiner als das Weibchen und hatte noch
keinen Stirnbuckel. Daß ich trotzdem gezielt ein Männchen aussuchen konnte, lag
an einer Beobachtung, die ich bei den Tieren hatte machen können. Während der
schwarze Fleck in der Rückenflosse beim Weibchen immer nur verschwommen zu
sehen ist, ist er beim Männchen deutlich tiefschwarz und scharf begrenzt. Das
neue Männchen wurde von seiner,Zukünftigenu anfangs gejagt, aber nach einigen
Tagen wurden die beiden sich dann einig und bezogen gemeinsam eine enge
Höhle direkt am Boden, die sie von nun an gegen die anderen Mitbewohner heftig
verteidigten. Als die beiden dann nach einigen Wochen in dieser Höhle zu graben
begannen und mit dem ausgebaggerten Sand rings um den Höhleneingang einen
Wall aufschütteten, machte ich mir Hoffnungen auf die erste Nachzucht Und das
nicht zu Unrecht, wie sich kurz darauf zeigte. Die Aggressionen gegenüber den
anderen Fischen im Becken wurden immer größer, bis diese sich schließlich nur
noch in der diagonal gegenüberliegenden Ecke des Beckens aufhalten durften.
Einige Tage später legte das Pärchen in seiner Höhle, teils an einer Seitenwand,
teils an der Decke, cirka 50 Eier ab. Wie bei den Julidochromis-Arten dauert es
dann zwei bis vier Tage, bis die Larven die Eihülle sprengen und weitere sechs brs
sieben Tage am Steinuntergrund angeheftet verbringen Nach insgesamt acht bis
zehn Tagen schwimmen die Jungen dann frei und sind in ihrem Aussehen von
Julidochromis-Jungen nicht zu unterscheiden Während diese sich aber danach
noch wochenlang im Steinaufbau aufhalten und rhn nur bei Futtermangel verlassen, kamen die Ch brichardi-Jungen schon am nächsten Tag auf die freie
Sandfläche vor dem Höhleneingang und schwammen nur gelegenilich in Julidochromis-Manier, d.h. mit der Bauchseite zum Steinuntergrund Obwohl in der
Höhle kein Futtermangel herrschte, machte ich diese Beobachtung immer wieder.
Das Verhalten ähnelt hier also mehr dem der Jungtiere von Telmatochromis
bifrenatus, die ja ebenfalls fast unmittelbar nach dem Freischwimmen die Höhle
des Weibchens verlassen. Während aber die Jungen der Zweibandcichliden in
diese Höhle nie mehr zurückkehren, versammeln sich die kleinen Ch brichardi
jeden Abend wieder ,treu und brav (und pünktlich). in der elterlichen Höhle
Während des täglichen Ausflugs werden die Jungen von den Eltern in gewissem
Maße bewa-cht Während das Weibchen meist vor dem Höhleneingang stand,
patroullierte das Männchen in den Außenbereichen des locker über die sandf läche
verstreuten Schwarms. Obwohl es die Triglachromis otostigma dabei ständig in
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Schach hielt, müssen diese doch eine Reihe der Jungen erwischt haben, denn es
blieben schließlich nur etwa 15 Jungtiere übrig Als sich dann das nächste Ablaichen ankündigte, fing ich alle anderen Tiere aus dem Becken Diesmal schwammen nach ca..10 Tagen rund 100 Jungtiere frei, und ich hatte Gelegenheit, die
beiden Generationen miteinander zu vergleichen. Denn die Entwicklung der
Färbung der Jungtiere erwies sich als eines der interessantesten Phänomene bei
Chalinochromis brichardi Aus den hell-dunkel gesprenkelten Winzlingen, die man
beim besten Willen nicht von Julidochromis-Jungen häite unterscheiden können
(und ebensowenig von Telmatochromis bifrenatus-Jungen) wurden nach einigen
Wochen Jungtiere, die zu meiner Uberraschung deutlich zwei schwarze Längsstreifen über den ganzen Körper zeigten. Dies ist umso interessanter, ais einer der
anderen Chalinochromls-Farbvarianten (oder Chal -Arlen?) auch im erwachsenen
Stadium genau diese zwei Längsstreifen zeigt. Bei den Ch brichardi-Jungen
verblassen mit zunehmendem Alter diese Streifen erst zu zwei Punktreihen, um
dann völlig zu verschwinden. Die Färbung mit zwei Punktreihen wiederum kennt
man auch als
Erwachsenenf
ärbung bei der drillen Chalinochromis-Yariante
(Chalinochromls spec »ndobhoi«\, die dann in der Rückenf losse nicht nur einen
Punkt, sondern eine Reihe davon aufweist. Diese Punkt in der Rückenflosse ist bei
der anderen Variante mit den zwei Längsstreifen überhaupt nicht vorhanden Eine
Reihe interessanter Farbvarianten also, am interessantesten aber ist wohl die
Tatsache, daß die Jungen von Chalinochromis brichardl im Wachstum Färbungsstadien durchlaufen, die den anderen Farbvarianten der Gattung sehr ähnlich sind
Erst mit etwa 4 - 5 cm Länge legen sie dan endgültig das adulte Farbkleid an.
Nachdem das zweite Ablaichen so erfolgreich verlaufen war, hätte die Zucht für
mich jetzt wahrscheinlich recht problemlos werden können, wenn nicht aus
räumlichen Gründen ein Umsetzen der Tiere notwendig geworden wäre. Das
brachte dann erhebliche Verlute, aber auch eine Reihe lehrreicher Erfahrungen mit
sich Sämtliche Jungtiere wurden in ein großes Aufzuchtbecken mit jungen
Tropheus und Tanganjikaclowns umquartiert Während dies für die größeren Tiere
völlig unproblematisch verlief, trat bei allen Jungtieren, die kleinerals 1 cm waren,
etwas für mich Uberraschendes ein. Ganz im Gegensatz zu gleichgroßen Julidochromis, die keinerlei Scheu vor den größeren Jungtieren im Becken zeigten,
verkrochen die kleinen Ch. brichardi sich entweder ängstlich in Höhlen oder
verzogen sich in höhere Regionen des Beckens und gingen kaum an das Futter,
das sie vorher mit Begeisterung gefressen hatten. Daß sie von den anderen Jungtieren angegriffen oder verletzt wurden, halte ich nach meinen Beobachtungen f ür
unwahrscheinlich Stattdessen drängte sich mir der Eindruck auf, daß sie den
,Schutz der Elternu vermißten, wie ich ihn beschrieben habe Der Verlust einer
ganzen Reihe dieser Jungen war die eine negative Folge des Umquartierens. Die
andere betraf die Elterntiere, wenn auch eher indirekt. Nach meinen Erfahrungen
mil Julidochromis-Arten hatte ich nach dem Umsetzen größere Streitigkeiten
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erwartet Diese waren abererheblich geringer, als ich gedacht hatte und dauerten
nur 2 - 3 Tage. Zwei andere Dinge führten dann dazu, daß das Ch. brichardi-Männ-
chen sich selbst zum ,Witweru machte. Einmal war das Weibchen nach dem
Umsetzen und durch die Aggressivität des Männchens verstört und freßunlustig
Das nun machte es laichunwillig, was r,viederum die Agressionen des Männchens
erhöhte. Entscheidend war aber wohl, daß das Männchen erheblich schneller als
seine Partnerin gewachsen war und ihr an Länge und körperlicher Stärke mittlerweile deutlich überlegen war. lnzwischen zeigte sich auch ein kräftiger Stirnbuckel.
Entsprechend waren nunmehr auch die Rollen vertauscht Hatte sie ihn bis dahin
klar ,unter dem Pantoffel« gehabt, so entpuppte er sich jetzt als wahrer ,Haustyrannu. Aberdamit genug dervermenschlichenden Ausdrucksweise, denn schließlich steigerte sich beim ersten Wasserwechsel im neuen Becken in kürzester Zeit
die Aggressivität des Männchens so sehr, daß es das andere Tier innerhalb
weniger Stunden so verletzte, daß keine Rettung mehr möglich war. Ein betrübliches Ende also für eine Reihe sehr aufschlußreicher Erfahrungen mit einer
äußerst interessanien Cichlidenart.
Alldas aber braucht für einen Cichlidenfreund nicht so abschreckend zu sein, wie
es auf den ersten Blick vielleicht aussieht. lch glaube, daß gerade diese Erfahrungen dazu beitragen können, Chalinochromis bricharCi so zu halten, daß sich
Ahnliches nicht wiederholen muß (bis auf die erfolgreiche Nachzucht natürlich)
und wir ohne Fleue die Schönheit dieser Tiere genießen können
Ziehen wir einige Schlußfolgerungen: 1)ausgewachsene Tiere (speziell Wildfänge)
können sehr aggressiv sein und können (besonders ein brütendes Pärchen) unter
Umständen sogar f ür größere Mitbewohner des Beckens gef ährlich werden. Für ein
Gesellschaftsbecken sind sie also weniger geeignet Wer die Art dort pflegen
möchte, sollte etwa vier bis sechs Jungtiere einsetzen, die einerseits wahrschein.
lich kleiner bleiben und zum anderen kaum die Aggressivität von Wildfängen
entwickeln werden. 2\ Wer Chalinochromis brichardi züchten will, sollte ähnlich
wie bei Julidochromls-Arten vorgehen, also aus 4 bis 6 Jungtieren ein Pärchen sich
finden lassen. Wenn man aber unbedingt aus großen Tieren ein Pärchen
zu-
sammenstellen will, muß man der Aggressivität der Tiere Rechnung tragen Es
empfiehlt sich dann, die Tiere so zu wählen, daß das Weibchen erheblich größer als
das Männchen ist
Auf welche dieser Weisen man sich mil Chalinochromis brichardi aber
auch
befassen wird, eines wird kaum ausbleiben:die Faszination, die von den Tieren
ausgeht lhre dezente Schönheit kann ein Grund dafür sein, ihr interessantes
Verhalten ein anderer. Aber hinzu kommt, daß sie uns etwas bieten werden, das f ür
die meisten von Lrns immer noch das Reizvolle der Aquaristik ist: nämlich gelegentliche Uberraschungen dieser oder jener Art.
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