„Rettungskinder“

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Bachelorarbeit
„Rettungskinder“
Medizin – Recht - Ethik
eingereicht von
Nicole Monika Gräßl
zur Erlangung des akademischen Grades
Bachelor of Science
(BSc)
Medizinischen Universität Graz
Institut für Pflegewissenschaft
Unter der Anleitung von
Mag.phil. Dr.phil. Susanna Schaffer
Billrothgasse 6
8010 Graz
Graz, am 04. November 2016
EHRENWÖRTLICHE ERKLÄRUNG
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Bachelorarbeit selbstständig und
ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht
verwendet habe und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich
entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Weiters erkläre ich, dass
ich diese Arbeit in gleicher oder ähnlicher Form noch keiner anderen
Prüfungsbehörde vorgelegt habe.
Graz, am 04. November 2016
Nicole Monika Gräßl, eh
2
Zusammenfassung
Die Bachelorarbeit beschäftigt sich mit dem kontrovers diskutierten Thema der
Zeugung von sogenannten Rettungskindern. Sie werden außerhalb des Körpers
gezeugt, untersucht und schließlich wird der „richtige“ Embryo in die Gebärmutter der
Frau eingesetzt. Diese Kinder fungieren gleich nach der Geburt bzw. zu einem
späteren Zeitpunkt als Gewebespender für ein bereits lebendes, schwer erkranktes
Geschwisterkind. Mithilfe der Präimplantationsdiagnostik wird der HLA Typus des
Embryos festgestellt. Wenn Eltern ein Kind mit schwerer therapiebedürftiger
Erkrankung haben und kein geeigneter Spender gefunden werden kann, ist es mit
dieser Methode möglich ein Geschwisterkind mit ähnlichem HLA Typus zu zeugen.
Das Rettungskind spendet dann dem Geschwisterkind geeignete Stammzellen aus
der Nabelschnur oder aus dem Knochenmark. Das Anwenden dieser Technik ist
häufig der einzige Ausweg für Eltern ihr erkranktes Kind zu retten. Diese Methode ist
äußerst umstritten, da viele Embryonen gezeugt werden müssen, um einen
passenden Embryo zu finden. Die Arbeit erläutert die medizinischen, rechtlichen und
ethischen Rahmenbedingungen.
Abstract
The Bachelor thesis deals with the controversial issue of procreation of so called
“savior siblings”. They beget a child outside the body via in-vitro fertilization. The
embryos are under examination and then the “right” embryo is transferred into the
woman´s uterus. Those kids have the mission to donate tissue for an already living
and seriously ill sibling directly after birth or at a later date. The preimplantation
genetic diagnosis is used to determine the HLA type of the embryo. If parents have a
seriously ill child and there is no adequate donor available, this method could beget a
savior sibling with similar HLA type. The savior sibling donates appropriate stem cells
from the umbilical cord or from the bone marrow to the ill sibling. For parents this is
often the only way to save their terminally ill child. The procedure is extremely
controversial because you have to procreate a lot of embryos to find the “right” one.
The Bachelor thesis describes medical, judicial and ethical frame conditions.
3
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung ..................................................................................................... 3
Abstract ...................................................................................................................... 3
Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................... 5
1 Einleitung ................................................................................................................. 6
1.1 Zielsetzung und Forschungsfrage ..................................................................... 7
2 Methode................................................................................................................... 7
3 Begriffsbestimmungen ............................................................................................. 7
3.1 Präimplantationsdiagnostik ............................................................................... 8
3.2 Rettungskinder .................................................................................................. 8
4 Präimplantationsdiagnostik ...................................................................................... 9
4.1 Im Dienste der Rettungskinder ........................................................................ 15
4.2 Rechtliche Rahmenbedingungen in Österreich ............................................... 18
4.3 Medizintourismus ............................................................................................ 20
5 Ethische Aspekte ................................................................................................... 21
5.1 Perspektive der Eltern ..................................................................................... 22
5.1.1 Mittel zum Zweck? ............................................................................................................ 23
5.1.2 Moralische Verpflichtung? ............................................................................................... 25
5.2 Perspektive des Rettungskindes ..................................................................... 26
5.2.1 Vorteile für das Rettungskind .......................................................................................... 28
5.2.2 Nachteile für das Rettungskind....................................................................................... 29
6 Schlussbetrachtung ............................................................................................... 32
Literaturverzeichnis .................................................................................................. 33
Anhang ..................................................................................................................... 37
4
Abkürzungsverzeichnis
bzw.
beziehungsweise
CGH
Chromosomale Komparative Genomische Hybridisierung
DRZE
Deutsches Referenzzentrum für Ethik in den Biowissenschaften
EGMR
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
EMRK
Europäische Menschenrechtskonvention
ESHRE
European Society of Human Reproduction and Embryology
FISH
Fluoreszent In Situ Hybridisierung
FMedG
Fortpflanzungsmedizingesetz
G-CSF
Granulozyten-Kolonie stimulierende Faktor
HLA
Humanes Leukozytenantigen
ICSI
Intrazytoplasmatische Spermieninjektion
IVF
In-Vitro-Fertilisation
PCR
Polymerase Chain Reaction
PID
Präimplantationsdiagnostik
PND
Pränataldiagnostik
5
1 Einleitung
Menschen entscheiden sich aus unterschiedlichsten Gründen Kinder zu bekommen.
Die einen wollen Ihre Partnerschaft mit einem Kind krönen, die anderen wollen ihre
Beziehung kitten oder sich für das Alter absichern. Es gibt aber noch einen weiteren,
sehr ungewöhnlichen Grund ein Kind zu bekommen, nämlich um einem bereits
lebenden kranken Kind das Leben zu retten. Ein sogenanntes Rettungskind wird
geboren.
Mit der Zeugung eines Rettungskindes kommen unzählige Diskussionspunkte zum
Vorschein. Einige davon werden in den folgenden Kapiteln behandelt. In den
vorderen Abschnitten wird vor allem die Präimplantationsdiagnostik näher betrachtet,
um die medizinischen und methodischen Vorgänge besser verstehen zu können.
Nach den allgemeinen Informationen über die Methode selbst, wird speziell auf das
Thema „Zeugung von Rettungskindern“ eingegangen. Der nächste Teil hat die
rechtlichen Rahmenbedingungen in Österreich zum Inhalt. Aufgrund des
Fortpflanzungsmedizinrechts-Änderungsgesetzes ist die Zeugung von
Rettungskindern in Österreich untersagt, daher wird der aus diesem Verbot
resultierende Medizintourismus ins Ausland näher beschrieben.
Die umfangsreichste Analyse dieser Arbeit beschäftigt sich mit der durch die
Zeugung von Rettungskindern hervorgerufene Ethik Problematik. Hierbei werden die
verschiedenen ethischen Blickwinkel betrachtet, einerseits die der Eltern und
andererseits die der Rettungskinder. Es wird erläutert, ob die Zeugung eines
Rettungskindes ein Mittel zum Zweck ist, ob sich die Eltern moralisch verpflichtet
fühlen ein weiteres Kind mithilfe der Reproduktionsmedizin zu zeugen oder ob für
das Rettungskind selbst psychische oder physische Nachteile daraus resultieren.
6
1.1 Zielsetzung und Forschungsfrage
Ziel der Arbeit ist es, folgende Frage zu beantworten:
„Unter welchen rechtlichen und ethischen Rahmenbedingungen ist es möglich ein
Rettungskind zu zeugen und wie ist die Situation in Österreich?“
Die Zielgruppe der Arbeit sind Eltern mit einem schwer erkrankten Kind, dem anders
als durch die Zeugung eines Rettungskindes nicht geholfen werden kann. Sie
würden eventuell die Zeugung eines sogenannten Rettungskindes in Erwägung
ziehen. Diese Arbeit soll den Betroffenen einen kleinen Überblick über dieses
spezielle Thema geben und vielleicht sogar eine Entscheidungshilfe darstellen. Das
Thema wird einerseits medizinisch und andererseits ethisch aufgearbeitet.
2 Methode
Es handelt sich bei dieser Abhandlung um eine Literaturarbeit und nicht um eine
experimentelle Arbeit. Aus diesem Grund wurde die Methode der Literaturrecherche
herangezogen. Es wird sich auf Literatur der Bibliotheken der Medizinischen und der
Karl-Franzens Universität Graz beschränkt. Darüber hinaus wurden diverse
Publikationen aus Fachzeitschriften und Online Publikationen für die
Recherchezwecke herangezogen.
3 Begriffsbestimmungen
Zwei Begriffe sind für diese Arbeit besonders wichtig: Präimplantationsdiagnostik und
Rettungskinder. Sie werden in der Folge kurz beschrieben.
7
3.1 Präimplantationsdiagnostik
Eine Präimplantationsdiagnostik (PID) ist eine genetische Untersuchung, bei der
Embryonen außerhalb des Mutterleibs labortechnisch auf bestimmte genetische
Eigenschaften untersucht werden. (vgl. Hadolt, 2009, p. 1) Diese Diagnostik setzt
also eine künstliche Befruchtung voraus. (vgl. Grießler & Hager, 2012, p. 48)
Ziel ist es „Embryonen zu identifizieren und auszuwählen, bei denen bestimmte
Chromosomenanomalien oder Genmutationen mit hoher Wahrscheinlichkeit
ausgeschlossen werden können.“ (Hennen & Sauter, 2004, p. 19) Das heißt, es wäre
geplant, einen genetisch gesunden Embryo zu transferieren. Bei genetisch
vorbelasteten Eltern werden mehrere Embryos und daher auch mehrere weibliche
Eizellen zur Auswahl benötigt. Bei 20 bis 50 Prozent aller Embryonen kommt es in
der Präimplantationsphase zu einem spontanen Entwicklungsstopp und daraufhin
sterben die Embryonen ab. Aus diesem Grund ist es notwendig, mehrere Eizellen zu
entnehmen und zu befruchten, um überhaupt eine realistische Chance für die
Übertragung eines Embryos zu haben. Es werden mehrere Embryonen gleichzeitig
implantiert, da der Entwicklungsstand der Embryonen im Mutterleib ungewiss bleibt.
(vgl. von Wietersheim, 2014, p. 60)
3.2 Rettungskinder
„Als ‚Retter-Geschwister‘ (engl. „Saviour Sibling“) werden Kinder bezeichnet, die
einem kranken älteren Geschwisterkind für die Behandlung notwendiges Blut oder
Gewebe liefern sollen (Tissue typing). Da die Eltern selbst aufgrund fehlender HLA
(Humanes Leukozytenantigen) -Kompatibilität nicht als Spender geeignet sind, wird
eine künstliche Befruchtung durchgeführt und mittels PID der Embryo mit der größten
genetischen Übereinstimmung mit dem erkrankten Kind ausgewählt und der Frau
eingepflanzt. Nach der Geburt soll dann mit den Stammzellen aus dem
Nabelschnurblut oder aus dem Knochenmark des Neugeborenen dem kranken
Geschwisterkind geholfen werden.“ (DRZE, 1999)
Adam Nash wurde als erster Mensch im Labor gezeugt, getestet und ausgewählt. Er
sollte als Zellspender dienen. Er wurde Ende August 2000 in Colorado geboren. (vgl.
Höneisen, 2003) Im März 2003 ist das erste Retter-Geschwisterkind in
8
Großbritannien geboren worden. Es sollte seinem zu diesem Zeitpunkt vierjährigen
kranken Bruder das Leben retten, der dringend Blutstammzellen benötigte. Die Eltern
hatten die PID damals noch in den USA vornehmen lassen, um rechtliche Probleme
in ihrem Heimatland zu umgehen. Anlässlich dieses Falles hat Großbritannien die
Bestimmungen dahingehend gelockert, dass ab diesem Zeitpunkt auch in
Großbritannien Rettungskinder gezeugt werden dürfen. Auch in Schweden ist die
Anwendung der PID zur Auswahl von Retter-Geschwistern erlaubt. In Spanien ist im
Oktober 2008 das erste Retter-Geschwisterkind zur Welt gekommen. Der Bruder
dieses Kindes leidet an einer genetisch bedingten Bluterkrankung. Bereits sieben
Wochen nachdem das erkrankte Kind Stammzellen aus dem Nabelschnurblut des
Neugeborenen erhielt konnten erste Erfolge der Therapie beobachtet werden. Der
siebenjährige Junge habe seine Krankheit so gut wie überwunden, berichten die
Ärzte.
Die Erzeugung so genannter Retter-Geschwister ist starker Kritik ausgesetzt und
wird von vielen Seiten als erster Schritt auf dem Wege zu so genannten „DesignerBabies“ gesehen. (vgl. DRZE, 1999)
4 Präimplantationsdiagnostik
Vorwiegend wird die Entwicklung und Einführung von PID mit der Verhinderung der
Übertragung schwer vererbbarer Krankheiten begründet. Man wollte Frauen damit
eine Alternative zur Pränataldiagnostik bieten. Mit der neuen Technik könnte man
Frauen einen eventuell notwendigen Schwangerschaftsabbruch ersparen. (vgl.
Grießler & Hager, 2012, p. 48)
Exkurs: „Pränatale Diagnostik umfasst Untersuchungen vor der Geburt, mittels
derer festgestellt werden soll, ob bestimmte Erkrankungen oder
Fehlbildungen beim Kind vorliegen oder nicht. Mit Hilfe dieser neuen
Techniken und Untersuchungsmethoden lässt sich jedoch auch eine
begrenzte Anzahl von Erkrankungen oder Behinderungen feststellen. In
Einzelfällen ist es möglich, während der Schwangerschaft Erkrankungen
zu behandeln.“ (Diagnostik, 2010)
9
Der Zweck der Pränataldiagnostik (PND) ist, Gefahren für Leben und
Gesundheit der Mutter und des ungeborenen Kindes abzuwenden,
Gesundheitsstörungen zeitnah zu erkennen und geeignete Behandlungen
zu ermöglichen. Dies setzt voraus, dass die Pränataldiagnostik an einer
bereits schwangeren Frau durchgeführt wird. Damit sollen Sorgen
und Befürchtungen der Schwangeren objektiviert und abgebaut werden. Die
PND könnte eine Entscheidungshilfe für die Fortsetzung oder den Abbruch
einer Schwangerschaft darstellen. Es werden zwei Arten von
diagnostischen Verfahren unterschieden: invasive und nicht invasive
Verfahren.
Die nicht invasiven Methoden gehören mittlerweile zur
Standarduntersuchung einer Schwangeren (z.B. Ultraschall,
Nackentransparenztest).
Ein invasives Verfahren wird dagegen nur unter bestimmten Umständen
angewandt, beispielswiese bei erhöhtem Alter der Mutter, einem
auffälligen Befund aufgrund einer nicht invasiven Untersuchung oder
bestehenden Risiken molekulargenetischer oder biochemischer Natur (z.B.
Fruchtwasseruntersuchung). (vgl. von Wietersheim, 2014, p. 47ff)
Mittels PID feststellbar sind monogen vererbte Krankheiten und
Chromosomenstörungen. Der weitaus größere Teil schwerer Erkrankungen und
Behinderungen kann auch von der PID nicht erfasst werden. Solche Vorstellungen,
dass alle möglichen Gendefekte ausgeschlossen werden können, sind unrealistisch.
Es gibt auch keine Verfahren, die sogenannte „Designer Babies“ entwickeln können
oder solche, die alle denkbaren Krankheiten des Embryos nachweisen bzw.
ausschließen könnten. (vgl. Bundeskanzleramt, 2004, p. 3)
Es gibt verschiedene Verfahren um Zellen zu entnehmen:

Polkörperdiagnostik

Blastomerenbiopsie

Blastozystenbiopsie
Die Untersuchung der Polkörperchen bietet eine frühzeitige Erkenntnis. Man muss
an dieser Stelle erwähnen, dass es sich bei der Diagnostik der Keimzellen streng
10
genommen um keine PID, sondern um eine Präkonzeptionsdiagnostik (Untersuchung
der Eizelle vor der Befruchtung) handelt. Bei dieser Untersuchung der Eizelle werden
die Polkörperchen, die bei der Reifeteilung der Eizelle entstehen, molekulargenetisch
untersucht. (vgl. Grießler & Hager, 2012, p. 48) Der Nachteil hierbei ist, dass nur
genetische Dispositionen der Mutter festgestellt werden können. Ein weiterer
negativer Aspekt ist, dass es an einer gewissen diagnostischen Sicherheit fehlt, weil
von vorneherein nur maximal zwei Zellen untersucht werden können. Außerdem sind
solche Veränderungen nicht diagnostizierbar, die erst nach der Polkörperbildung
auftreten. (vgl. von Wietersheim, 2014, p. 66f)
Das häufigste Verfahren ist die sogenannte Blastomerbiopsie: Diese wird am dritten
Tag nach der Befruchtung durchgeführt - zu diesem Zeitpunkt bestehen die
Embryonen aus sechs bis zehn Zellen. Bei diesem Eingriff werden ein bis zwei Zellen
entnommen und zyto- bzw. molekulargenetisch untersucht. (vgl. Grießler & Hager,
2012, p. 48) Diejenigen Embryonen, welche den bestimmten Defekt, nach dem
gesucht wurde nicht aufweisen, können transferiert werden; die anderen werden
verworfen. Bei dieser Art von Biopsie kann es von Schädigungen bis hin zum
Absterben des Embryos kommen. (vgl. Bundeskanzleramt, 2004, p. 3) Vorteil dieser
Methode ist jedoch, dass die Zellen sowohl mütterliches als auch väterliches Erbgut
tragen und vererbbare Krankheiten beider Elternteile festgestellt werden können.
Eine weitere Stärke dieses Verfahrens ist, dass ein früher Transfer in die
Gebärmutter möglich ist und dies die Chancen für eine erfolgreiche Implantation
erhöht.
Am fünften Tag nach der Befruchtung kann auch eine Biopsie der äußeren Zellen der
Blastozyste vorgenommen werden. Hierbei können nur wenige Embryonen
untersucht werden, weil nur etwa 50 Prozent der Embryonen in vitro das
Blastozystenstadium erreichen. Die Sterblichkeitsrate ist hier sehr hoch, weil
einerseits nicht entwicklungsfähige Embryonen regelmäßig bis zum fünften Tag
absterben und andererseits weil sie vergleichsweise lange im Kulturmedium
verbleiben müssen. Erschwerend kommt hinzu, dass das Zeitfenster für eine
Kontrolluntersuchung recht knapp bemessen ist, da der Embryo spätestens am
sechsten Tag auf die Frau übertragen werden muss. Die Ergebnisse der
11
Blastozystenbiopsie haben die gleiche Aussagekraft wie die der Blastomerenbiopsie.
(vgl. von Wietersheim, 2014, p. 66f)
Für eine PID gibt es zahlreiche Anwendungsgebiete. Folgend werden einige davon
dargestellt:

Paare mit einem erheblichen Risiko für die Geburt eines schwer kranken
oder schwer behinderten Kindes (Hochrisikopaare)
Diese Paare sind uneingeschränkt fruchtbar und somit bedürfen sie eigentlich
keiner reproduktionsmedizinischen Intervention, aber es besteht
familienanamnestisch ein hohes Risiko, ein Kind mit einer schweren
Erkrankung oder erheblich bedingten Behinderung zu empfangen.

Altersrisiko
Dies sind sowohl fruchtbare, also auch unfruchtbare Paare, deren
fortgeschrittenes Alter die Wahrscheinlichkeit erhöht, ein Kind mit einer
Chromosomenveränderung zu bekommen.

Verbesserung der Erfolgsrate
Das sind Paare, die eine in vitro Fertilisation (IVF) in Anspruch nehmen und
sich von der PID eine Verbesserung der Erfolgsrate der IVF erhoffen. Sie soll
die Implantation eines nicht lebensfähigen Embryos ausschließen.

Diagnose von erwünschten genetischen Eigenschaften eines Embryos
Diese Variante ist für Paare, die ein Kind mit bestimmten genetischen
Eigenschaften zeugen wollen, welches dann z.B. als Blut- und
Knochenmarkspender/Blut- und Knochenmarkspenderin für bereits lebende
kranke Kinder zur Verfügung stehen kann.

Bestimmung des Geschlechts mit Krankheitsbezug
Diese Intention soll dazu verwendet werden, genetische Erkrankungen
festzustellen, deren Vererbung ausschließlich geschlechtsabhängig ist. (vgl.
Bundeskanzleramt, 2004, p. 4) Dies gilt dann als sinnvoll, wenn bei einer
bekanntermaßen x-chromosomal-rezessiv vererbten Krankheit in einer Familie
12
die ursächlichen gentischen Veränderungen nicht gefunden werden können.
Bei diesem Erbgang erkranken fast ausschließlich männliche Anlageträger.
Für die Übertragung werden daher weibliche Embryonen ausgewählt. Die
negative Seite an dieser Prozedur ist, dass auch nicht betroffenen männliche
Embryonen verworfen werden. (vgl. Steinke, et al., 2009, p. 40)

Bestimmung des Geschlechtes ohne Krankheitsbezug
Das ist die Bestimmung des Geschlechts ohne Bezugnahme auf eine konkrete
Krankheit. (vgl. Bundeskanzleramt, 2004, p. 4f) Dieses sogenannte „family
balancing“ kann dann gewünscht werden, wenn ein Paar eine starke
Präferenz für das Geschlecht ihres zukünftigen Kindes hat oder aufgrund der
gesellschaftlichen Gegebenheiten in manchen Ländern ein bestimmtes
Geschlecht bevorzugt wird. (vgl. Steinke, et al., 2009, p. 40)
Für die Analyse der gewonnenen Zellen stehen verschiedene Verfahren zur
Verfügung. In der PID verwendet man die Methode der Polymerase Chain Reaction
(PCR), der Fluoreszent-in-situ Hybridisierung (FISH) oder der Chromosomalen
Komparativen Genomischen Hybridisierung (CGH).
Mit der Methode der PCR werden einzelne Gene oder Genabschnitte vervielfältigt
und so der Analyse zugänglich gemacht. Bei der FISH Methode können bestimmte
Gene eines Chromosoms mithilfe eines fluoreszierenden Farbstoffes markiert
werden. Hierbei ist es möglich, gleichzeitig mehrere Chromosomen sichtbar zu
machen, weil verschiedene Fluoreszenzfarbstoffe verwendet werden. Diese Technik
wird vor allem für die Chromosomenanalyse im Rahmen der Abklärung
geschlechtsgebundener Erkrankungen eingesetzt. Mithilfe der CGH können
Chromosomenmuster einer Zelle mit dem einer anderen Zelle verglichen werden,
von der bekannt ist, dass sie einen normalen Chromosomensatz aufweist. Anders als
bei der FISH können mit dieser Technik Abweichungen in der Anzahl aller
Chromosomen festgestellt werden. (vgl. Ethikrat, 2011, p. 20f)
13
Es existiert im Moment nur wenig Literatur darüber, wie diagnostisch verlässlich die
PID ist. Immer wieder wurde aber über Fehldiagnosen durch PID berichtet. Dies liegt
vor allem daran, dass sich insgesamt 36 Zentren aus Europa, den Vereinigten
Staaten von Amerika und Australien zu der European Society of Human
Reproduction and Embryology (ESHRE) zusammengeschlossen haben. Anfangs
wurden nur Einzelfälle bekannt, in denen es zu einer Fehlinterpretation der PIDBefunde und zu betroffenen Kindern gekommen ist. Bei aktuelleren
Veröffentlichungen, welche eine große Zahl an Fällen vorweisen können, geht man
von einem Risiko für Fehldiagnosen von weniger als 1% bei der
Geschlechtsbestimmung von Embryonen und von 7% bei einigen monogen erblichen
Erkrankungen aus.
Für betroffene Paare ist nicht nur das Risiko für Fehldiagnosen durch PID sondern
auch das Risiko für angeborene Fehlbildungen bei Feten nach PID von besonderem
Interesse. Gemäß den Studien einiger großer PID Zentren in der ganzen Welt
handelt es sich bei der PID um ein sicheres Verfahren. (vgl. Steinke, et al., 2009, p.
45f) „Das Risiko für angeborene Fehlbildungen mit Beeinträchtigung der
Lebensfähigkeit und/oder Behandlungsbedürftigkeit nach PID liegt bei ungefähr 2%,
das Risiko für angeborene Fehlbildungen ohne Beeinträchtigung der Lebensfähigkeit
und/oder Behandlungsbedürftigkeit nach PID wird mit ungefähr 4% angegeben. Nach
den gegenwärtigen Daten entspricht dies in etwa der Häufigkeit in der
Allgemeinbevölkerung.“ (Steinke, et al., 2009, p. 45f)
Zu dem Thema der möglichen Entwicklungsstörungen durch PID gibt es derzeit nur
wenige Literaturangaben. Es gab Untersuchungen an zweijährigen Kindern aus
Einzelschwangerschaften nach PID und vergleichbaren Kindern aus
Schwangerschaften nach Intrazytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI) oder
spontanen Schwangerschaften. Es existieren weder Unterschiede in der kognitiven,
psychomotorischen und sprachlichen Entwicklung noch im Verhalten. (vgl. Steinke,
et al., 2009, p. 46)
14
4.1 Im Dienste der Rettungskinder
Für die Selektion von Rettungskindern besonders relevant sind zwei Indikationen,
nämlich der Verdacht auf eine monogen erbliche Erkrankung und die Identifikation
erwünschter genetischer Merkmale mittels HLA Typisierung:
Monogen erbliche Erkrankungen
Diese sind Erkrankungen, welche auf eine Veränderung von nur einer Erbanlage
zurückgeführt werden. Das Ziel einer PID auf monogen erbliche Erkrankungen ist die
Vermeidung solcher bei den Nachkommen. Um in einem solchen Fall eine PID
durchzuführen, sind bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen:
Die ursächliche Mutation muss in der Familie bekannt und mit hoher diagnostischer
Sicherheit nachweisbar sein. Ein weiteres Erfordernis für eine PID stellt das
Bestehen eines erhöhten Wiederholungsrisikos für zukünftige Nachkommen der
betroffenen Familie dar. Dies kann angenommen werden, wenn Geschwisterkinder
oder Eltern erkrankt sind.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann man in den entnommenen embryonalen
Zellen die ursächliche genetische Veränderung suchen. Für das Thema
„Rettungskinder“ ist vor allem der autosomal-rezessive Erbgang von Bedeutung. Das
heißt, wenn ein Paar bereits ein Kind mit einer autosomal-rezessiven Erkrankung
bekommen hat, es ist sehr wahrscheinlich, dass beide Elternteile Anlageträger für die
Erkrankung sind. Für jedes weitere Kind besteht also ein Wiederholungsrisiko von
25%. Wie schon zuvor erwähnt, muss für die Durchführung einer PID die Diagnose
des ersten Kindes gesichert und die genetische Veränderung bekannt sein. Beispiele
für eine autosomal-rezessive Erkrankung sind etwa eine Mukoviszidose, eine BetaThalassämie oder eine Spinale Muskelatrophie. (vgl. Steinke, et al., 2009, p. 38f)
HLA-Typisierung
Eine weitere Einsatzmöglichkeit der PID ist die Bestimmung des Humanes
Leukozytenantigen-Typs (HLA-Typ) der Embryonen, um für ein bereits geborenes
Kind mit einer therapiebedürftigen Erkrankung einen geeigneten Spender/geeignete
15
Spenderin zu erzeugen. (vgl. Steinke, et al., 2009, p. 40) Nach der Ermittlung
immunologischer Gewebeverträglichkeit kann dem Geschwisterkind durch eine
Gewebespende effektiv geholfen werden (z.B. Stammzellen aus Nabelschnurblut
direkt nach der Geburt oder Zellen aus dem Knochenmark zu einem späteren
Zeitpunkt). Dabei wird untersucht, ob die Gene des HLA-Komplexes des Embryos zu
denen des Erkrankten/der Erkrankten passen. Durch die kombinatorischen
Möglichkeiten bei gleichzeitiger Berücksichtigung mehrerer Genorte muss eine
Vielzahl von Embryonen (20-30) erzeugt werden, um mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit die angestrebte HLA-Kombination bei einem Embryo zu finden.
(vgl. Ethikrat, 2011, p. 20) Jeder Mensch hat ein individuelles HLA-Profil, die
Ausnahme sind eineiige Zwillinge, diese haben die identische genetische
Ausstattung. Bei Geschwistern ist es so, dass sie sehr ähnliche bzw.
übereinstimmende HLA-Profile aufweisen können. Umso ähnlicher sich die HLAProfile von Spender/Spenderin und Empfänger/Empfängerin sind, desto weniger
häufig kommen immunregulierte Abstoßungsreaktionen, etwa nach einer
Knochenmarkstransplantation, vor. Bei dieser Untersuchung wird also nach
entsprechenden Embryonen gesucht, deren HLA-Profil so gut zu dem ihres
Geschwisterteils passen, welche dann als Spender/Spenderin infrage kommen. Dies
ist bei ca. 25% der Embryonen der Fall. (vgl. Buyx, 2010, p. 213)
Suchen die Eltern eine Behandlungsmöglichkeit für ihr schwerkrankes Kind, kann die
HLA-Typisierung eine mögliche Alternative sein. Bei Krankheiten wie der FanconiAnämie oder bei genetisch bedingten Immundefekten wird zur Heilung der
Erkrankung eine Knochenmarkspende benötigt. Der letzte Ausweg kann unter
Umständen in der Geburt eines weiteren Kindes bestehen (als
Knochenmarkspender/Knochenmarkspenderin).
Wesentliche Voraussetzung dafür, dass ein Mensch als Spender/Spenderin (für
Organe oder für Knochenmark) infrage kommt, ist eine hohe Ähnlichkeit im
sogenannten HLA-Typ, der wesentliche Immunreaktionen im Körper bestimmt. Bei
einer Unverträglichkeit zwischen Spender/Spenderin und Empfänger/Empfängerin
kann dies z.B. zu Abstoßreaktionen führen. Die Chance für eine ausreichende
Übereinstimmung der HLA-Typen ist unter Geschwistern am größten, jedoch
kommen nicht alle Geschwister als Spender/Spenderin infrage. Durch PID können
die idealen Embryonen ausgesucht werden. Besteht zudem ein Wiederholungsrisiko
16
für die Grunderkrankung des Geschwisterkindes (insbesondere bei Vorliegen einer
monogen erblichen Erkrankung), wird zusätzlich eine Untersuchung auf diese
Krankheit durchgeführt. (vgl. Steinke, et al., 2009, p. 40f)
Im Fall Adam Nash, dem ersten öffentlich diskutierten Fall von Rettungskindern, kam
die PID zum Einsatz, um einen Embryo auszuwählen, der nicht die Erbanlage für die
unbehandelt tödlich verlaufende Fanconi-Anämie trug. Mittels tissue typing wurde
dann zusätzlich untersucht, ob der nicht erkrankte Embryo als Spender/Spenderin für
sein erkranktes Geschwisterkind infrage kam. Nach dem doppelten Analyse-Einsatz
der PID kam es zu einer Schwangerschaft und schließlich zur Geburt eines
gesunden, HLA-kompatiblen Kindes. Es wurde direkt nach der Geburt
Nabelschnurblut entnommen und die aus dem Nabelschnurblut gewonnenen
Stammzellen wurden letztendlich dem kranken Kind zugeführt. Das Kind gesundete
in diesem Fall vollständig und führt inzwischen ein normales Leben ohne Fanconi
Anämie. (vgl. Buyx, 2010, p. 215)
Bei der Geburt eines Rettungskindes wird diesem Nabelschnurblut entnommen,
eingefroren und einige Wochen später dem erkrankten Geschwisterkind
transplantiert. Ist dieser Vorgang für die Heilung nicht ausreichend, weil etwa das
kranke Kind schon etwas älter ist, so wird eine Knochenmarkstransplantation
durchgeführt. In den meisten bekannten Fällen wurden die Kinder durch die
Transplantation von Nabelschnurblut-Stammzellen von ihren Erkrankungen geheilt.
(vgl. Buyx, 2010, p. 213)
Die Kombination von Gentest und tissue typing mittels PID kommt grundsätzlich bei
allen Erbkrankheiten infrage, welche durch einen bekannten Gendefekt
hervorgerufen und durch Nabelschnurblutzell-/Knochenmarks-Transplantationen
heilbar sind. Alle diese Krankheiten sind sehr selten, verlaufen schwer bzw. tödlich
und sind anders nicht heilbar. Die einzige Alternative für eine Heilung ist eine
Knochenmarkspende von bereits lebenden HLA-kompatiblen Geschwistern. (vgl.
Buyx, 2010, p. 215)
Diese Diagnosemöglichkeit wird bislang nur in Einzelfällen durchgeführt, da das
Verfahren sehr aufwändig ist.
17
4.2 Rechtliche Rahmenbedingungen in Österreich
Die PID war in Österreich strikt verboten. „Das bisherige Verbot der
Präimplantationsdiagnostik kann als sachlich nicht gerechtfertigter
Wertungswiderspruch zur Pränataldiagnostik und damit als verfassungswidrig
kritisiert werden (so der EGMR in seiner Entscheidung vom 28.08.2012, Beschwerde
Nr. 54270/10, Costa und Pavan/Italien): Der Gerichtshof hat u.a. ausgeführt, dass bei
einer Beibehaltung des Verbots der Präimplantationsdiagnostik Embryonen zwar
einen besonderen Schutz erfahren würden; während der späteren Schwangerschaft
sei aber ein Abbruch möglich, wenn beispielsweise eine Behinderung festgestellt
wird. Da die Belastung für die Schwangere wesentlich größer sei als vor der
Implantation des Embryos, werde durch das Verbot der Präimplantationsdiagnostik
unnötiges Leiden verursacht. Dies stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in das
Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) dar (Anhang 1).
Dieses Ungleichgewicht zwischen dem Schutz des Embryos in vitro/in vivo gilt es
auszugleichen. Die Präimplantationsdiagnostik kann weiters Frauen und Paaren die
Belastung einer ‚Schwangerschaft auf Probe‘ ersparen. In einer Gesamtbetrachtung
überwiegen diese Vorteile einer Zulassung der Präimplantationsdiagnostik
gegenüber den mit solchen Untersuchungen zweifellos auch verbundenen
Nachteilen und Problemen. Letztlich ist hier zu berücksichtigen, dass die sehr
restriktiven österreichischen Regelungen europaweit eine Ausnahme bilden.
Präimplantationsdiagnostik soll nur dann zur Anwendung kommen, wenn weniger
invasive Untersuchungsmethoden (z.B. Untersuchung allein der Eizelle) nicht
ausreichen, um eine Schwangerschaft herbeizuführen oder eine Fehl- oder Totgeburt
oder eine Erbkrankheit zu vermeiden.“ (Parlament, 2013, p. 2)
Im Vorhinein soll darauf hingewiesen werden, dass der Staat mit einem Verbot der
PID einerseits in einen Lebensbereich von Eltern eingreift, der der Privatsphäre
zugehört und in dem Eltern grundsätzlich freie Entscheidungen treffen können, die
ihre Fortpflanzung betreffen und damit ihrer prokreativen Autonomie darstellt. Ein
Eingriff in dieses höchstpersönliche Recht bedarf einer sehr guten Begründung.
Andererseits findet diese Situation aber nicht nur im elterlichen Schlafzimmer statt,
sondern auch in einem gesellschaftlich-öffentlichen Bereich, denn das
Gesundheitswesen, die beteiligten Ärzte/Ärztinnen und die modernen
Fortpflanzungstechnologien sind mittlerweile ebenfalls Gegenstand öffentlicher
Aufmerksamkeit geworden. Man muss hier die individuellen wie auch die
18
gesellschaftlichen Konsequenzen bedenken. Die Eltern sollten das Recht haben,
was in Fällen einer „einfachen“ Schwangerschaft gar nicht besonders betont werden
muss, aus verschiedensten Gründen Kinder zu bekommen. Es ist also mit einer
liberalen Demokratie nicht vereinbar, den Eltern eine ganz bestimmte Gesinnung
bzw. Motivation zum „Kinderkriegen“ staatlich zu verordnen. (vgl. Buyx, 2010, p.
217f)
Auf Grund dessen wurde das Fortpflanzungsmedizingesetz geändert. Die
Änderungen traten mit 24. Februar 2015 in Kraft. Eine PID ist gemäß § 2a (1) FMedG
(siehe Anhang) in Österreich nun unter bestimmten Voraussetzungen möglich und
erlaubt, und zwar wenn

nach drei oder mehr Übertragungen entwicklungsfähiger Zellen keine
Schwangerschaft herbeigeführt werden konnte und Grund zur Annahme
besteht, dass dies auf die genetische Disposition der entwicklungsfähigen
Zellen und nicht auf andere Ursachen zurückzuführen ist, oder

zumindest drei ärztlich nachgewiesenen Fehl- oder Totgeburten spontan
eintraten und diese mit hoher Wahrscheinlichkeit ihre Ursache in der
genetischen Disposition des Kindes hatten oder

auf Grund der genetischen Disposition zumindest eines Elternteils die ernste
Gefahr besteht, dass es zu einer Fehl- oder Totgeburt oder zu einer
Erbkrankheit des Kindes kommt.
Eine Erbkrankheit im Sinne des § 2a (2) FMedG liegt dann vor, wenn das Kind
während der Schwangerschaft oder nach der Geburt derart erkrankt, dass es

nur durch den ständigen Einsatz moderner Medizintechnik oder den ständigen
Einsatz anderer, seiner Lebensführung stark beeinträchtigender medizinischer
oder pflegerischer Hilfsmittel am Leben erhalten werden kann oder

schwerste Hirnschädigungen aufweist oder

auf Dauer an nicht wirksam behandelbaren schwersten Schmerzen leiden wird
und darüber hinaus die Ursache dieser Krankheit nicht behandelt werden
kann.
19
Die „Schaffung“ eines sogenannten Saviour Siblings zur Rettung eines
Geschwisterkindes wird im Fortpflanzungsmedizinrechts-Änderungsgesetz nicht
gesondert erwähnt. Durch die gesetzlich verankerten Indikationen wird diese Art der
PID aber ausgeschlossen. Das heißt, auch nach der Gesetzesänderung im Jahr
2015 ist die Zeugung eines Rettungskindes in Österreich weiterhin verboten. (vgl.
Frey, 2014)
4.3 Medizintourismus
Die rechtlichen Bestimmungen in Bezug auf Reproduktionsmedizin sind von Land zu
Land unterschiedlich. Es gelten in jedem Land andere Regeln, unter anderem auch
für präimplantative Diagnostik. Die vielen verschiedenen rechtlichen Bestimmungen
in den EU-Ländern, aber auch international, ermöglichen im Ausland das zu
bewirken, was im Heimatland nicht erlaubt ist. Die unterschiedlichen Rechtslagen
bezüglich der Reproduktionsmedizin haben einen regelrechten Tourismus zur Folge.
(vgl. Vogt, 2010, p. 8f)
„Medizintourismus ist aufgrund der hohen Kosten sowie des langzeitlichen Aufwands
der Prozeduren nur Besserverdienenden vorbehalten und stellt damit eine
Diskriminierung von ökonomisch schlechter gestellten Frauen und Paaren dar.
Zudem soll Situationen entgegengewirkt werden, in denen Frauen oder Paare aus
Kostengründen billige und teils unseriöse Angebote zur Behandlung im Ausland
annehmen, weil ihnen der Zugang zu solchen Behandlungen im Inland nicht möglich
ist.“ (Bioethikkommission, 2012, p. 41) Dieser PID-Tourismus führt zu einer
inakzeptablen Ungerechtigkeit, weil sich nur wirtschaftlich gut gestellte Paare den
Wunsch nach einem gesunden eigenen Kind erfüllen können. Andere Paare, die sich
die Kosten der Reise und der Behandlung nicht leisten können, müssen entweder
auf eigene Kinder verzichten oder eine Schwangerschaft auf Probe eingehen. (vgl.
Wallner, 2009, p. 77)
Viele der zuvor erklärten Verfahren der Reproduktionstechnik werden in
benachbarten Ländern angeboten. Die betroffenen Paare können sich zum Einen im
Internet über die vorhandenen Möglichkeiten informieren und zum Anderen bieten
20
viele Ärzte/Ärztinnen Kooperationen mit Partnern im Ausland oder sogar
Tochterinstitute an und informieren interessierte Patienten/Patientinnen über diese
Möglichkeiten. Mit Tochterinstituten in Ländern mit liberaleren Gesetzen haben auch
österreichische Ärzte/Ärztinnen die Möglichkeit, im Heimatland verbotene, Methoden
anzubieten. (vgl. Grießler & Hager, 2012, p. 57f)
Die Bioethikkommission ist der Ansicht, dass sich der Medizintourismus nur dann auf
ein akzeptables Maß einpendelt, wenn die Reproduktionsmedizin im Inland
liberalisiert wird und es europaweit geltende und rechtlich präzise Regelungen gibt.
Dazu müsste ein kontrollierter Zugang im eigenen Land geschaffen werden. (vgl.
Bioethikkommission, 2012, p. 58f) In Hinblick auf das Thema Rettungskinder ist
dieser kontrollierte Zugang in Österreich nicht im FortpflanzungsmedizinrechtsÄnderungsgesetz berücksichtigt worden. Aus dem Grund ein Geschwisterkind zu
zeugen wird es auch weiterhin einen Medizintourismus geben.
5 Ethische Aspekte
Die ethischen Bedenken bei der Selektion von Embryonen im Hinblick auf ihre
Fähigkeit als Gewebespender für ein bereits lebendes erkranktes Geschwisterkind zu
fungieren, werden kontrovers diskutiert. In diesem Fall geht es nicht wie
normalerweise üblich um das neu gezeugte Kind und dessen In-die-Welt-Kommen,
sondern es steht eine medizinische Indikation im Vordergrund. Wie in jeder
Diskussion gibt es auch hier Befürworter/Befürworterinnen und Kritiker/Kritikerinnen.
Befürworter/Befürworterinnen meinen, dass einem lebensbedrohlich erkrankten Kind
mit der Zeugung eines Rettungskindes geholfen werden kann, wenn kein passender
Spender/keine passende Spenderin gefunden werden kann. In der Diskussion gibt
es einige Punkte, die eine erhebliche Rolle spielen, beispielsweise: die Möglichkeit
einer anderen erfolgversprechenden Behandlungsmethode oder das Behandeln
einer tödlichen Krankheit. Man sollte auch bedenken, dass sich das durch PID
gezeugte Kind möglicherweise wiederholt schmerzhaften Eingriffen unterziehen
müsste. Eine mögliche Grenze der Zumutbarkeit wird von den
Befürwortern/Befürworterinnen darin gezogen, ob eine Behandlung einem bereits
21
lebenden, als Spender/Spenderin infrage kommenden Geschwisterkind, zugemutet
werden kann.
Die Gegner/Gegnerinnen dieser Form der PID wenden ein, dass hier der Embryo
nicht primär um seiner selbst willen geschaffen wird, sondern mit dem Ziel einem
anderen Menschen zu helfen, so dass damit eine vollständige Instrumentalisierung
erfolgen würde, die ethisch nicht zu rechtfertigen ist. Weiterst geht es den
Kritikern/Kritikerinnen darum, inwieweit einem aus diesen Gründen in die Welt
gebrachtem Kind die Chance bleibt, sich gerade bei weiteren Behandlungen freiwillig
für oder gegen die Hilfe für das Geschwisterkind zu entscheiden und gegebenenfalls
damit verbundene Schmerzen erleiden zu müssen. Ein weiteres Argument gegen
diesen Anwendungsbereich der PID ist der Umstand, dass eine beträchtliche Anzahl
von gesunden Embryonen erzeugt und später wieder verworfen wird.
Die dritte Meinung zu dieser Thematik ist eine Zwischenposition: Anhänger dieser
Auffassung nehmen den Vorwurf der Instrumentalisierung ernst und versuchen jene
zu vermeiden. Diese Gruppe plädiert für die Zulassung der PID zur
Gewebetypisierung von Embryonen, aber nur dann, wenn an erster Stelle nicht der
Wunsch der Eltern nach Hilfe für ein erkranktes Kind durch die Geburt eines
Geschwisterkindes als potenziellem Gewebespender/potenzieller Gewebespenderin
steht, sondern der Wunsch nach einem weiteren gesunden Kind. (vgl. Steinke, et al.,
2009, p. 135f)
5.1 Perspektive der Eltern
Bei der Ansicht der Elternteile geht es um die ethische Rechtfertigung der Zeugung
eines Rettungskindes. Man muss hier zwischen Eltern differenzieren, die ohnehin ein
weiteres Kind gewollt hätten und Eltern, dessen weiteres Kind tatsächlich nur als
Mittel gezeugt wird. (vgl. Taylor-Sands, 2013, p. 13) In den meisten der bekannten
Fälle, in denen Rettungsgeschwister gezeugt wurden, bezeugten die Eltern, dass sie
auf jeden Fall noch ein weiteres Kind gewollt haben. Mit der Zeugung eines
Rettungskindes werden gleich zwei Wünsche erfüllt. Erstens wird ein neues
22
Familienmitglied geboren und zweitens wird dem schwerkranken Kind durch eine
Zellspende geholfen. (vgl. Buyx, 2010, p. 220)
5.1.1 Mittel zum Zweck?
Durch das tissue typing wird die Frage aufgeworfen, ob der Embryo durch die
besondere Form der Zeugung und Auswahl zugunsten eines Geschwisterkindes
instrumentalisiert wird. Die Sorge besteht darin, dass der Embryo nur deshalb
ausgewählt wird, weil er als Spender infrage kommt. Er erfährt eine fundamentale
Würdeverletzung, weil er nicht um seiner selbst willen in die Welt gebracht wird,
sondern um einen Zweck zu erfüllen, nämlich zur Rettung eines kranken
Geschwisterkindes. Oft werden die Bedenken unter der Berufung auf das
Instrumentalisierungsverbot der „Zweck-an-sich-Formel“ des kategorischen
Imperativs von Kant zum Ausdruck gebracht. (vgl. Buyx, 2010, p. 219) Dazu äußert
sich das DRZE:
„Einem erstmals durch Kant (1785) formuliertem ethischen Theorem zufolge, ist die
vollständige Instrumentalisierung von Menschen als Verletzung ihrer Würde ethisch
immer unzulässig. Eine vollständige Instrumentalisierung liegt dann vor, wenn ein
Mensch ausschließlich als Mittel zur Realisierung von (ihm fremden) Zwecken
benutzt wird und nicht zugleich als Selbstzweck respektiert wird. Dieser Gedanke
findet nicht zuletzt seinen Niederschlag im Artikel 1, Absatz 1 des Grundgesetzes.
Kritiker machen geltend, dass die Herstellung von Embryonen ausschließlich zum
Zweck der Herbeiführung einer Schwangerschaft legitim sei. Alle anderen möglichen
Zwecke „beispielsweise Forschung“ seien dem Embryo äußerlich und stellten
insofern eine nicht akzeptable Form der Instrumentalisierung dar. Dieses Argument
kann auch im Hinblick auf die Selektion eines HLA-kompatiblem Embryos als
Spender für ein bereits lebendes Geschwisterkind geltend gemacht werden.
Befürworter argumentieren demgegenüber, der ausgewählte Embryo werde auch um
seiner selbst willen eingepflanzt. Außerdem sei es so möglich einem schwerkranken
Kind zu helfen, was in einer Güterabwägung mit berücksichtigt werden müsse.“
(DRZE, 1999)
Dabei ist zu hinterfragen, ob es denn denkbar wäre, dass ein Kind ausschließlich
aufgrund seiner Spendereigenschaft in die Welt gebracht und – als Ausdruck
mangelnden Respekts seiner selbst – anschließend verstoßen werden würde. Es ist
23
leider bekannt, dass das Verstoßen bzw. bewusste Abgeben von Kindern nach der
Geburt vorkommt. In so einem Fall scheint dies aber eher unwahrscheinlich, dass
ausgerechnet die Eltern, die sich um ihr krankes Kind so außerordentlich sorgen, ein
weiteres Kind – auch wenn es durch eine HLA-Typisierung „ausgewählt“ wurde –
nicht um seiner selbst willen schätzen und lieben würden. Um die Frage nach der
Instrumentalisierung zu beantworten, müsste untersucht werden, ob es zulässig ist
ein Kind nicht nur um seiner selbst willen, sondern auch aus instrumentalisierender
Absicht zu bekommen. (vgl. Buyx, 2010, p. 220)
Die negativen Aspekte an der Zeugung von Rettungskindern wird durch die
Annahme entkräftet, dass Rettungskinder geliebt und umsorgt werden und nicht nur
als bloßes Mittel zum Zweck fungieren. Möglicherweise nimmt das Kind als „Retterin“
oder „Retter“ des kranken Geschwisterkindes sogar einen besonderen Status in der
Familie ein. Die Befürworter/Befürworterinnen meinen, dass es wichtiger ist wie man
im Laufe seines Lebens von anderen behandelt wird, als die Tatsache, unter
welchen Umständen und mit welcher Absicht man gezeugt wurde. Ob bzw. wie sehr
ein Rettungskind als Mittel instrumentalisiert wird, hängt natürlich stark von der
Haltung der Familie ab, in die das Kind hineingeboren wird. (vgl. Then, 2009, p. 41f)
Es besteht im Vorfeld die Möglichkeit einer psychologischen Untersuchung der
Eltern, welche ein Rettungskind zeugen möchten, um eine reine
Instrumentalisierungsabsicht auszuschließen. (vgl. Buyx, 2010, p. 221) Man muss an
diesem Punkt erwähnen, dass es nicht leicht vorherzusagen ist, wie sehr die
potenziellen Eltern das Rettungskind lieben werden und ob ihm das gleiche Ausmaß
an Fürsorglichkeit wie dem kranken Geschwisterteil zukommt. Darüber ist lediglich
eine Spekulation möglich. (vgl. Then, 2009, p. 42)
Es ist eher die Ausnahme als die Regel, dass Eltern ein Kind ausschließlich um
seiner selbst willen zeugen. Es gibt so viele Motivationen ein Kind zu bekommen,
dass es unmöglich wäre alle aufzuzählen. Kinder werden zur Welt gebracht um Ehen
zu retten, um als „Stammhalter“ zu fungieren, als Manifest elterlicher Liebe, als
stellvertretende elterliche Selbstverwirklichung oder als Unterstützung im Alter. Man
gesteht den Eltern neben der Liebe zum zukünftigen Kind weitere Motive zu, um
Nachkommen zu zeugen. Wird das Kind um seiner selbst willen geachtet und stehen
die zusätzlichen Motive dem Kindeswohl nicht signifikant im Weg, gibt es
24
dahingehend keine Rechtfertigung in diesen Kernbereich der Privatsphäre
einzugreifen. (vgl. Buyx, 2010, p. 220f)
5.1.2 Moralische Verpflichtung?
In der Diskussion um die Zeugung von Rettungskindern wird eine weitere Thematik
aufgeworfen. Es muss an dieser Stelle die Frage gestellt werden, ob die Zeugung
eines Rettungskindes nicht nur moralisch erlaubt ist, sondern ob für die Eltern eines
kranken Kindes nicht sogar eine moralische Verpflichtung besteht, ein Kind mit
bestimmtem Gewebematerial zu zeugen, wenn damit das Leben eines anderen
Kindes gerettet werden kann. (vgl. Wolbert, 2009, p. 267) Der Druck, der durch die
stark wachsenden Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin auf den Paaren,
besonders auf den Frauen, lastet, könnte ein Gefühl der moralischen Verpflichtung
auslösen. (vgl. Kollek, 2000, p. 146) Das Prinzip der Autonomie spielt aufgrund des
gesellschaftlichen Druckes eine immer kleinere Rolle im
Entscheidungsfindungsprozess. (vgl. Wolbert, 2009, p. 254) Es stellt sich besonders
in Ländern in denen eine PID zu diesem Zweck erlaubt ist die Frage, ob die Zeugung
von Rettungskindern abgelehnt werden kann. Durch den Druck, das Leben des
erkrankten Kindes mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln retten zu wollen bzw. zu
müssen, bleibt den Eltern oft keine andere Option. Sie können sich nicht autonom
entscheiden. Das fällt in Ländern mit restriktiveren Gesetzen eventuell leichter. (vgl.
Wolbert, 2009, p. 267f)
Für Familie Nash, deren Tochter Molly an Fanconi Anämie leidet, war die Option ein
Rettungskind zu zeugen ein Glücksfall. Der behandelnde Arzt Dr. Wagner teilte der
Familie vor der Behandlung mit, dass die PID in diesem Zusammenhang ein
Experiment sei. Familie Nash zögerte dennoch keine Minute. Lisa Nash, die Mutter
von Molly sagte dazu: „Ich wäre zum Mars geflogen um meiner Tochter zu helfen.
Was würde man nicht für seine Kinder tun?“. Nach dem vierten In-vitro-FertilisationsVersuch wurde Lisa Nash schwanger und gebar ihren Sohn Adam. Molly bekam kurz
nach der Geburt Adams Nabelschnurblut transferiert und ist seitdem wohlauf. (vgl.
Adam - Retortenbaby als Lebensretter?, 2005)
25
Für viele Familien ist es gut zu wissen, dass auch wenn das erkrankte Kind stirbt, alle
möglichen Optionen zur Genesung des Kindes ausgeschöpft wurden. (vgl. TaylorSands, 2013, p. 59)
Das deutsche Ehepaar Conny Sowa-Dietrich und Ralf Dietrich hat eine andere
Meinung zu dieser Form der PID. Die Beiden haben drei Töchter, von denen zwei an
Fanconi Anämie leiden. Die älteste Tochter Nini hat den Kampf gegen Leukämie
verloren, welche aus der Fanconi Anämie resultierte. Nini starb ungefähr zu dem
Zeitpunkt als Adam Nash geboren wurde. Die Eltern beschäftigten sich daraufhin
sehr intensiv mit der neuen Methode. Sie wurden vor die Wahl gestellt, ein weiteres
Kind mit passendem Genmaterial zu zeugen oder von dieser Methode Abstand zu
nehmen. Das Ehepaar entschied sich gegen diese Behandlungsweise. Für Conny
Sowa-Dietrich war die Zeugung und der anschließende Verschleiß vieler Embryonen
ethisch nicht vertretbar. Sie sagt, dass das Leben nicht erst beginnt, wenn man das
Füßchen im Bauch spürt. Ein weiterer Kritikpunkt für das betroffene Paar war die
Selektion von menschlichem Leben. Frau Sowa-Dietrich ist der Ansicht, dass das
Verwerfen von Embryonen, welche Gene der Fanconi Anämie in sich tragen, unter
dieser Erkrankung leidenden Menschen – und somit auch ihren Töchtern – indirekt
die Berechtigung zum Leben abgesprochen wird. Sie sind eines der wenigen Paare,
die sich bewusst gegen die Zeugung eines Rettungskindes entschieden haben. Es
liegt also nicht immer eine moralische Verpflichtung vor. (vgl. Adam - Retortenbaby
als Lebensretter?, 2005)
5.2 Perspektive des Rettungskindes
Im Gegensatz zu den Diskussionen über den Einsatz von PID zur Auswahl
bestimmter phänotypisch relevanter Eigenschaften (z.B.: Taubheit, absolutes Gehör,
Intelligenz, usw. ) spielt das Argument, das Kind könne einen Schaden dadurch
erleiden, dass es durch die ausgewählten Eigenschaften in entscheidender Weise
vorherbestimmt sei und seine offene Zukunft verliere, bei der HLA Typisierung keine
Rolle. Durch das bestimmte HLA-Profil wird dem Kind weder eine offene Zukunft,
noch irgendwelche Entfaltungsmöglichkeiten genommen. Die Ausstattung mit diesen
Oberflächenproteinen spielt im Leben des Rettungskindes keine Rolle, für das kranke
26
Geschwisterkind kann es aber die einzige Hoffnung sein. Wichtiger als die
Erwartungen der Eltern, die Zukunft des Rettungskindes mit dieser Spende zu
verschließen, sind die angenommenen körperlichen und späteren psychischen
Schäden durch die Spende selbst. Die Gewebespende erfolgt im Normalfall sehr
bald nach der Geburt. Die in den meisten Fällen vorgenommene Entnahme von
Nabelschnurblut ist vollkommen unproblematisch. Das Kind selbst ist hier überhaupt
nicht betroffen, die Zellen werden aus dem Nabelschnurgewebe entnommen, das bei
jeder Geburt entfernt wird. Braucht hingegen das kranke Geschwisterkind eine
Knochenmarkspende, stellt dieser Vorgang eine vorübergehende Belastung für das
Rettungskind dar. Das Knochenmark wird entweder im Rahmen einer Operation
punktiert oder es wird nach mehrtägiger subkutaner Stimulation mit
Wachstumshormonen aus der Vene entnommen. Diese Belastungen sind alles in
allem mit jenen zu vergleichen, die entstehen, wenn ein Kind sich etwa beim Sport
oder auf dem Spielplatz verletzt und sich eine Platzwunde oder einen
unkomplizierten Bruch zuzieht. (vgl. Buyx, 2010, p. 222)
Es muss sich jedoch damit beschäftigt werden, ob das Kind psychische Schäden
durch die Spende erleiden könnte. Es könnte beispielsweise später denken, dass
man über seinen Körper verfügt hätte oder ähnliches. Darum bietet es sich an, einen
Postnatal-Test zu machen: Das heißt, alles was bei bereits geborenen Kindern als
ethisch unproblematisch anzusehen ist, sollte auch bei Rettungskindern als
unproblematisch gelten. Es gibt dazu ein Vergleichskollektiv. Bei schon geborenen
Spendern werden regelmäßige Knochenmarkspenden als ethisch akzeptabel
angesehen, wenn z.B. ein Geschwisterkind an Leukämie erkrankt ist. Die
vorübergehenden körperlichen Belastungen des spendenden Kindes werden nicht
als Grund angesehen, die Spende nicht durchzuführen. Über eventuelle Spätfolgen
wird nicht berichtet, die Kinder fühlen sich eher stolz ihren Geschwistern durch die
Spende geholfen zu haben. Man muss an dieser Stelle hinzufügen, dass die
Gesamtsituation für das bereits lebende Spenderkind problematischer ist, als dies
beim sogenannten tissue typing der Fall wäre: Einerseits erlebt das Spenderkind die
Leidensgeschichte des erkrankten Geschwisterkindes in der Familie mit und
andererseits sind die Aussichten auf Heilung sehr viel schlechter als beim tissue
typing. (vgl. Buyx, 2010, p. 222)
27
Zusammenfassend kann man sagen, dass die körperlichen Belastungen, denen ein
saviour sibling ausgesetzt ist, als relativ gering einzustufen sind. Es ist sehr
wahrscheinlich, dass beim spendenden Kind das Gefühl des Stolzes und der Freude
hervorgerufen wird. Es ist froh in einer Familie mit einem geheilten und gesunden
Geschwisterkind aufzuwachsen und darüber hinaus noch zu dessen Heilung
beigetragen zu haben. (vgl. Buyx, 2010, p. 222f)
5.2.1 Vorteile für das Rettungskind
Wie bereits oben erwähnt, gehen mit der Zeugung von Rettungskinder nicht nur
zwingend Belastungen einher, sondern es ist sehr wahrscheinlich, dass das
Rettungskind durch die Gewebespende mit Stolz erfüllt wird.
Saviour siblings werden vorrangig mit dem Ziel gezeugt, das Leben eines erkrankten
Geschwisterkindes zu retten, das heißt jedoch nicht zwingend, dass eine psychische
oder physische Belastung die Folge ist. Ebenso können die Rettungskinder einen
Vorteil aus den Umständen ziehen, sie erhalten den besonderen Status eines
„Lebensretters“ oder einer „Lebensretterin“. Befürworter/Befürworterinnen
argumentieren damit, dass sich das Wissen um die Selektion positiv auf das
Selbstbewusstsein auswirken kann. Durch das Bewusstsein des Rettungskindes, die
einzige Person zu sein, die seinem Geschwisterchen helfen kann, wird das Kind in
seiner Rolle mit Stolz erfüllt sein. Es kann aber nicht nur das Selbstwertgefühl durch
die Gewebespende gesteigert werden, die Beziehung des Rettungskindes mit dem
kranken Kind kann intensiviert werden, denn ohne diese Spende wäre das erkrankte
Kind wahrscheinlich gestorben. (vgl. Taylor-Sands, 2013, p. 59f)
Es gibt bereits Studien von Kindern, die Knochenmark an ihre erkrankten
Geschwister gespendet haben. Diese Erkenntnisse bestätigen einerseits ein
erhöhtes Selbstbewusstsein des Rettungskindes und andererseits eine stärkere
Bindung zwischen den Geschwistern. Eine weitere empirische Studie sagt aus, dass
sich eine Transplantation nicht nur positiv auf den Moment auswirkt, sondern dass
sie einen positiven Einfluss auf das gesamte Leben des Spenderkindes hat; dies
kann sich vor allem beim Aufrechterhalten von Beziehungen auswirken. (vgl. TaylorSands, 2013, p. 59f)
28
5.2.2 Nachteile für das Rettungskind
Kinder, welche durch eine PID gezeugt werden, um schließlich als Rettungskind für
ein erkranktes Geschwisterkind zu fungieren, können in der Folge der Behandlung
auch psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt sein. Die potentiellen
Risiken werden im weiteren näher erläutert.
Ein Rettungskind kann psychisch belastet werden, wenn es den Eindruck hat, nur als
Mittel zum Zweck zu existieren. Diese Belastungen hängen von einigen
unterschiedlichen Faktoren ab (wie zum Beispiel der Erfolg bzw. Misserfolg einer
Gewebespende) und können sich auf die gesamte Familie ausweiten. (vgl. Then,
2009, p. 42) Im Gegensatz zu den körperlichen Risiken kann man über die
psychischen Belastungen nur spekulieren. Es gibt im Moment noch keine
Langzeitstudien über die psychischen Auswirkungen, da die Zeugung von
Rettungskindern ein noch recht neues Verfahren darstellt. Das Bewusstsein nur
geboren worden zu sein, um einen Bruder oder eine Schwester zu retten, kann nicht
nur positive Gefühle auslösen. Es kann auch negative Auswirkungen auf das
Selbstbewusstsein, die Identität oder die Beziehung zu dem Geschwisterkind haben.
Es besteht ebenso das Risiko für das Rettungskind von den Familienmitgliedern
diskriminiert zu werden, da es nur aus instrumentellen Gründen gezeugt wurde.
Taylor-Sands hält es auch für möglich, dass sich das Kind von den Eltern nicht als
bedingungslos geliebt fühlt, da es eben nur für den einen Zweck geboren wurde. (vgl.
Taylor-Sands, 2013, p. 57ff)
Was passiert aber, wenn das Rettungskind zu einem späteren Zeitpunkt eine Spende
verweigert oder eine Transplantation nicht erfolgreich ist? Vor allem eine
fehlgeschlagene Transplantation kann unter Umständen psychische Auswirkungen
auf das Spenderkind haben, welche nicht zu unterschätzen sind. Kommt es sogar
soweit, dass das erkrankte Geschwisterkind stirbt, wird dem Rettungskind dadurch
eine schwere Bürde auferlegt. Diese Belastung äußert sich vor allem in
Schuldgefühlen, Scham und Wut. Die Auswirkungen sind aber generell nicht für
jedes Kind gleich. Es hängt hierbei vieles von den Umständen, der Familie und vor
allem vom Kind selbst ab. Möglicherweise wird das Trauma eines Rettungskindes
auch durch die Not und Sorgen der Familie um das kranke Geschwisterkind
verstärkt. (vgl. Taylor-Sands, 2013, p. 58)
29
In diesem Zusammenhang muss man anmerken, dass einem neugeborenen
Rettungskind, dem Nabelschnurblut abgenommen wird, noch kein Bewusstsein für
eine medizinische Behandlung besitzt und deshalb nur ein geringes Risiko besteht,
dass es psychische Auswirkungen davonträgt. Diese Gefahr besteht eher bei einem
etwas älteren Rettungskind, welches seinem Geschwisterkind Knochenmark
spendet. Es muss sich gezwungenermaßen mit der Krankheit des
Geschwisterchens, aber auch mit dessen möglichen Tod auseinandersetzen. Es
lastet ein riesiger Druck auf dem Spenderkind, denn es wird ihm auf diese Weise
immer wieder bewusst gemacht, dass es nur aus einem Grund gezeugt und geboren
wurde: Den Bruder oder die Schwester zu retten. (vgl. Taylor-Sands, 2013, p. 58)
Es gibt auch eine Diskussion darüber, ob Rettungskinder möglichen körperlichen
Belastungen ausgesetzt sind. Zwei unterschiedliche Studien behandeln die
möglichen Schäden von Kindern, welche durch assistierte Reproduktionsmedizin
gezeugt und selektiert wurden. Zudem zeigten die Studien, dass bei den
ausgewählten Embryonen ein durchaus erhöhtes Risiko der Beeinträchtigung der
Gesundheit besteht. Eine weitere Studie führt an, dass künstlich erzeugte Babys eine
höhere Wahrscheinlichkeit haben, tot geboren zu werden oder direkt nach der
Geburt zu sterben. Gemäß einer dänischen Studie ist die Wahrscheinlichkeit, nach
künstlicher Befruchtung eine Totgeburt zu erleiden, viermal so hoch wie nach einer
natürlichen Befruchtung. Es gibt aber bislang keine Langzeitstudie, die die
Zellentnahme für die HLA-Typisierung bzw. dem Ausschluss einer Genkrankheit
beleuchtet. (vgl. Taylor-Sands, 2013, p. 13ff)
Es muss allgemein zwischen einer Entnahme von Nabelschnurblut und einer
Knochenmarktransplantation bzw. einer Entnahme von Stammzellen aus dem
Blutkreislauf differenziert werden. Die Spende von Nabelschnurblut erfolgt meist
vollkommen unproblematisch. Tritt bei der Nabelschnurtransplantation nicht der
gewünschte Erfolg ein, muss das Rettungskind zu einem späteren Zeitpunkt erneut
Gewebe spenden. Es handelt sich hierbei nicht mehr um Nabelschnurblut, sondern
um Stammzellen aus dem Knochenmark, welche entweder aus dem Beckenknochen
oder direkt aus dem Blutkreislauf entnommen wird. Dies ist mit vorübergehenden
Belastungen für das Rettungskind verbunden. (vgl. Buyx, 2010, p. 222) Vor einer
30
Knochenmarktransplantation muss dem Spender/der Spenderin das
Wachstumshormon G-CSF verabreicht werden. Es werden dadurch vermehrt unreife
Blutstammzellen im Knochenmark gebildet. Diese Zellen werden dann schließlich
dem Empfänger/der Empfängerin verabreicht, wandern in das Knochenmark und
verwandeln sich in seinem Körper zu reifen Blutzellen. Durch die Behandlung mit GCSF kann es zu Beschwerden wie Knochen- und Gelenkschmerzen, grippeartigen
Beschwerden oder Kopfschmerzen kommen. (vgl. Kraft, 2012)
Geht man davon aus, dass eine Nabelschnurblut-Spende nicht geholfen hat, muss
sich das Rettungskind immer wieder neuen Untersuchungen unterziehen. Ein kleines
Kind kann sich fürchten zum Arzt/zur Ärztin oder ins Krankenhaus zu gehen, weil bei
jedem Besuch dorthin diverse Tests und Untersuchungen durchgeführt werden. Es
versteht vielleicht nicht, warum das alles geschehen muss, um dem Geschwisterkind
zu helfen, denn immerhin muss das Rettungskind in dieser Situation die Schmerzen
und das Leid ertragen, zum Beispiel bei einer Blutabnahme. (vgl. Levin, 2011) Das
kleine Kind, welches weiß, dass wieder eine unumgängliche Gewebeentnahme
erfolgen wird und sich an das letzte Mal erinnern kann, wird große Angst und
Unbehagen empfinden und möglicherweise nicht verstehen, warum ihm das Leid
widerfährt und niemand etwas dagegen unternimmt. Diese Situation macht ihm Angst
und ebnet eventuell den Weg für die Entwicklung eines geringen Selbstwertgefühls,
sowie der Entstehung psychischer Leiden. (vgl. MacLeod, et al., 2003)
Ein Statement von Jamie Whitaker über seine Gefühle in Bezug auf seine Zeugung
als Spender für seinen erkrankten Bruder, gibt Aufschluss über die Sichtweise von
Rettungskindern: Er fühlt sich persönlich nicht als Held, aber emotional doch sehr mit
seinem Bruder Charlie verbunden. Einerseits ist ihm durchaus bewusst, dass er nur
zum Zwecke Charlie zu helfen gezeugt wurde, andererseits weiß er aber auch, dass
seine Eltern sich immer eine große Familie gewünscht hatten. Er fühlt sich geliebt,
weil er Jamie Whitaker ist und nicht, weil er als lebensrettender Spender für seinen
Bruder fungiert hat. (vgl. Levin, 2011)
31
6 Schlussbetrachtung
Wie in der Arbeit dargestellt, gibt es verschiedene Meinungen über die Zeugung von
Rettungskindern. Die Präimplantationsdiagnostik für die Zeugung von
Rettungskindern zu nutzen wird kontrovers diskutiert, obwohl es einen riesigen
medizinischen Fortschritt darstellt. Für betroffene Eltern kann dieses Verfahren die
einzige Option darstellen, ihr erkranktes Kind zu retten. Sie denken nicht weiter nach,
welche Konsequenzen dieser Schritt nach sich ziehen kann. In Österreich, wie auch
in einigen anderen europäischen Ländern, ist die Zeugung von Rettungskindern nach
wie vor verboten. Meiner Meinung nach sollte mit dem Thema Rettungskinder nicht
leichtfertig umgegangen werden. Trotz wichtiger und bedenkenswerter Argumente,
ist ein generelles Verbot für das sogenannte tissue typing ethisch nicht zu
rechtfertigen. Die Technik solle - in gewissen Grenzen und unter Berücksichtigung
bestimmter Vorlagen – zugelassen werden, um schwerkranken Kindern die Chance
auf Heilung zu ermöglichen. Letztendendes muss jede Familie für sich selbst eine
moralische Entscheidung treffen, ob sie im Bedarfsfall diese Methode anwenden
möchte oder nicht.
32
Literaturverzeichnis
Bücher
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Bundeskanzleramt, B. b., 2004. Präimplantationsdiagnostik (PID), Wien: s.n.
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besonderen Anwendung der Präimplantationsdiagnostik. In: F. Carl & S. Huster,
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vorgeburtlichen Untersuchungsmethoden. s.l.:s.n.
Ethikrat, D., 2011. Präimplantationsdiagnostik Stellungnahme. Berlin: s.n.
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Hadolt, B., 2009. Präimplantationsdiagnostik als Regelungsgegenstand
österreichischer Reproduktionstechnologiepolitik. Wien: s.n.
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33
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lege lata und de lege ferenda. München: Nomos Verlagsgesellschaft.
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35
Filme
Adam - Retortenbaby als Lebensretter?. 2005. [Film] Regie: Katja Esson.
Deutschland: s.n.
36
Anhang
Kurztitel
Europäische Menschenrechtskonvention
Kundmachungsorgan
BGBl.Nr. 210/1958 zuletzt geändert durch BGBl. III Nr. 30/1998
§/Artikel/Anlage
Art. 8
Inkrafttretensdatum
01.11.1998
Beachte
Verfassungsbestimmung: Die Europäische Menschenrechtskonvention ist gemäß BVG BGBl. Nr.
59/1964 mit Verfassungsrang ausgestattet.
Text
Artikel 8 - Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und
seines Briefverkehrs.
(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft,
insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer
demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das
wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren
Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten
anderer notwendig ist.
37
Gesamte Rechtsvorschrift für Fortpflanzungsmedizingesetz, Fassung vom 14.09.2016
Langtitel
Bundesgesetz, mit dem Regelungen über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung getroffen
(Fortpflanzungsmedizingesetz - FMedG)
StF: BGBl. Nr. 275/1992 (NR: GP XVIII RV 216 AB 490 S. 69. BR: AB 4255 S. 553.)
Änderung
BGBl. I Nr. 98/2001 (NR: GP XXI RV 621 AB 704 S. 75. BR: 6398 AB 6424 S. 679.)
BGBl. I Nr. 163/2004 (NR: GP XXII RV 678 AB 741 S. 90. BR: AB 7167 S. 717.)
BGBl. I Nr. 49/2008 (NR: GP XXIII RV 261 AB 343 S. 40. BR: AB 7823 S. 751.)
[CELEX-Nr: 32004L0023, 32006L0017, 32006L0086]
BGBl. I Nr. 135/2009 (NR: GP XXIV RV 485 AB 558 S. 49. BR: 8217 AB 8228 S. 780.)
BGBl. I Nr. 111/2010 (NR: GP XXIV RV 981 AB 1026 S. 90. BR: 8437 AB 8439 S. 792.)
[CELEX-Nr.: 32010L0012]
BGBl. I Nr. 4/2014 (VfGH)
BGBl. I Nr. 35/2015 (NR: GP XXV RV 445 AB 450 S. 59. BR: 9316 AB 9318 S. 838.)
Präambel/Promulgationsklausel
Inhaltsverzeichnis
Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG)
1. Abschnitt
Allgemeines
§ 1.
Begriffsbestimmungen
2. Abschnitt
Zulässigkeitsvoraussetzungen bei medizinisch unterstützter Fortpflanzung,
Präimplantationsdiagnostik und Zellentnahme
§ 2.
Medizinisch unterstützte Fortpflanzung
§ 2a.
Präimplantationsdiagnostik
§ 2b.
Zellentnahme und -aufbewahrung
§ 3.
Verwendung der entnommenen Zellen
3. Abschnitt
Verfahrensvorschriften
§§ 4. und 5.
Befugnis
§ 6.
§ 7.
§ 8.
Freiwilligkeit der Mitwirkung
Benachteiligungsverbot
Beratung
Zustimmung
§§ 9. und 10.
§§ 11. bis
15.
§ 16.
§ 17.
4. Abschnitt
Verwendung, Untersuchung und Behandlung von Zellen
Allgemeine Bestimmungen
Besondere Bestimmungen bei der Verwendung von Samen und Eizellen dritter
Personen
Kommerzialisierungs- und Vermittlungsverbot
Aufbewahrung
§§ 18. und
19.
§ 20.
§ 21.
5. Abschnitt
Dokumentations- und Auskunftspflichten
Aufzeichnungen
Auskunft
Statistik
38
6. Abschnitt
Strafbestimmungen
§§ 22. bis
25.
§ 26.
§ 27.
§ 28.
7. Abschnitt
Schluss- und Übergangsbestimmungen
In- und Außerkrafttreten
Verweise
Vollziehung
Text
Begriffsbestimmungen
§ 1. (1) Medizinisch unterstützte Fortpflanzung im Sinn dieses Bundesgesetzes ist die
Anwendung medizinischer Methoden zur Herbeiführung einer Schwangerschaft auf andere Weise als
durch Geschlechtsverkehr.
(2) Methoden der medizinisch unterstützten Fortpflanzung im Sinn des Abs. 1 sind insbesondere
1. das Einbringen von Samen in die Geschlechtsorgane einer Frau,
2. die Vereinigung von Eizellen mit Samenzellen außerhalb des Körpers einer Frau,
3. das Einbringen von entwicklungsfähigen Zellen in die Gebärmutter oder den Eileiter einer Frau
und
4. das Einbringen von Eizellen oder von Eizellen mit Samen in die Gebärmutter oder den Eileiter
einer Frau.
(3) Als entwicklungsfähige Zellen sind befruchtete Eizellen und daraus entwickelte Zellen
anzusehen.
(4) Präimplantationsdiagnostik im Sinn dieses Bundesgesetzes ist jede Methode zur genetischen
Untersuchung entwicklungsfähiger Zellen vor deren Einbringen in den Körper einer Frau sowie zur
genetischen Untersuchung anderer nach Abschluss der Befruchtung der Eizelle entstehender Zellen.
2. Abschnitt
Zulässigkeitsvoraussetzungen bei medizinisch unterstützter Fortpflanzung,
Präimplantationsdiagnostik und Zellentnahme
Medizinisch unterstützte Fortpflanzung
§ 2. (1) Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist nur in einer Ehe, in einer eingetragenen
Partnerschaft oder in einer Lebensgemeinschaft zulässig.
(2) Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist ferner nur zulässig, wenn
1. nach dem Stand der Wissenschaft und Erfahrung alle anderen möglichen und den Ehegatten
oder Lebensgefährten zumutbaren Behandlungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft
durch Geschlechtsverkehr erfolglos gewesen oder aussichtslos sind oder
2. ein Geschlechtsverkehr zur Herbeiführung einer Schwangerschaft den Ehegatten oder
Lebensgefährten wegen der ernsten Gefahr der Übertragung einer schweren
Infektionskrankheit auf Dauer nicht zumutbar ist oder
3. eine Schwangerschaft bei einer von zwei miteinander in eingetragener Partnerschaft oder
Lebensgemeinschaft lebenden Frauen herbeigeführt werden soll oder
4. sie zum Zweck einer nach § 2a zulässigen Präimplantationsdiagnostik vorgenommen werden
muss.
(3) Wenn nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Erfahrung mehrere
aussichtsreiche und zumutbare Methoden zur Auswahl stehen, darf zunächst nur diejenige
angewendet werden, die mit geringeren gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Gefahren für die
beteiligten Personen verbunden ist und bei der weniger entwicklungsfähige Zellen entstehen. Das
Kindeswohl ist dabei zu berücksichtigen.
Präimplantationsdiagnostik
§ 2a. (1) Eine Präimplantationsdiagnostik ist nur zulässig, wenn
1. nach drei oder mehr Übertragungen entwicklungsfähiger Zellen keine Schwangerschaft
herbeigeführt werden konnte und Grund zur Annahme besteht, dass dies auf die genetische
39
Disposition der entwicklungsfähigen Zellen und nicht auf andere Ursachen zurückzuführen ist,
oder
2. zumindest drei ärztlich nachgewiesene Fehl- oder Totgeburten spontan eintraten und diese mit
hoher Wahrscheinlichkeit ihre Ursache in der genetischen Disposition des Kindes hatten oder
3. auf Grund der genetischen Disposition zumindest eines Elternteils die ernste Gefahr besteht,
dass es zu einer Fehl- oder Totgeburt oder zu einer Erbkrankheit des Kindes kommt.
(2) Eine Erbkrankheit im Sinn des Abs. 1 Z 3 liegt vor, wenn das Kind während der
Schwangerschaft oder nach der Geburt derart erkrankt, dass es
1. nur durch den ständigen Einsatz moderner Medizintechnik oder den ständigen Einsatz
anderer, seine Lebensführung stark beeinträchtigender medizinischer oder pflegerischer
Hilfsmittel am Leben erhalten werden kann oder
2. schwerste Hirnschädigungen aufweist oder
3. auf Dauer an nicht wirksam behandelbaren schwersten Schmerzen leiden wird
und darüber hinaus die Ursache dieser Krankheit nicht behandelt werden kann.
(3) Wenn nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Erfahrung mehrere
Untersuchungsmethoden zur Auswahl stehen, um eine Schwangerschaft herbeizuführen oder um
auszuschließen, dass die ernste Gefahr einer Fehl- oder Totgeburt oder einer Erbkrankheit besteht,
darf zunächst nur diejenige Untersuchung vorgenommen werden, die in einem früheren Stadium
ansetzt oder die weniger invasiv ist.
(4) Im Rahmen der Präimplantationsdiagnostik dürfen nur die nach dem Stand der medizinischen
Wissenschaft und Erfahrung im Sinn des Abs. 1 Z 1 zur Herbeiführung einer Schwangerschaft, im
Sinn des Abs. 1 Z 2 zur Vermeidung einer Fehl- oder Totgeburt oder im Sinn des Abs. 1 Z 3 zur
Vermeidung einer Fehl- oder Totgeburt oder einer Erbkrankheit unabdingbar erforderlichen
Untersuchungen
durchgeführt
werden.
Die
Bestimmung
des
Geschlechts
durch
Präimplantationsdiagnostik ist nur zulässig, wenn die Erbkrankheit geschlechtsabhängig ist.
(5) Einrichtungen, in denen im Rahmen der Präimplantationsdiagnostik gemäß Abs. 1 genetische
Analysen durchgeführt werden, bedürfen insbesondere für die von ihnen in Aussicht genommenen
Untersuchungsmethoden, den Untersuchungsinhalt und den Untersuchungsumfang einer Zulassung
gemäß § 68 Abs. 3 GTG unter Einbindung des wissenschaftlichen Ausschusses für Genanalyse und
Gentherapie gemäß § 88 Abs. 2 Z 2a GTG
Zellentnahme und -aufbewahrung
§ 2b. (1) Samen, Eizellen sowie Hoden- und Eierstockgewebe dürfen auch für eine künftige
medizinisch unterstützte Fortpflanzung entnommen und aufbewahrt werden, wenn ein körperliches
Leiden oder dessen dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Erfahrung entsprechende
Behandlung eine ernste Gefahr bewirkt, dass eine Schwangerschaft nicht mehr durch
Geschlechtsverkehr herbeigeführt werden kann.
(2) Eizellen, die für eine dritte Person verwendet werden sollen, dürfen nur vom vollendeten
18. bis zum vollendeten 30. Lebensjahr entnommen werden.
Verwendung der entnommenen Zellen
§ 3. (1) Für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung dürfen außer in den in Abs. 2 und 3
geregelten Fällen nur die Eizellen und der Samen der Ehegatten, eingetragenen Partner oder
Lebensgefährten verwendet werden.
(2) Der Samen einer dritten Person darf ausnahmsweise dann verwendet werden, wenn der des
Ehegatten oder Lebensgefährten nicht fortpflanzungsfähig ist oder eine medizinisch unterstützte
Fortpflanzung in einer eingetragenen Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft von zwei Frauen
vorgenommen werden soll.
(3) Die Eizellen einer dritten Person dürfen ausnahmsweise dann verwendet werden, wenn die
der Frau, bei der die Schwangerschaft herbeigeführt werden soll, nicht fortpflanzungsfähig sind und
diese Frau zum Zeitpunkt des Behandlungsbeginns das 45. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
3. Abschnitt
Verfahrensvorschriften
Befugnis
§ 4. (1) Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung darf nur von einem zur selbständigen
Berufsausübung berechtigten Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe durchgeführt werden.
(2) Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung darf nur in einer hiefür zugelassenen
Krankenanstalt durchgeführt werden; die Methode nach § 1 Abs. 2 Z 1 darf jedoch auch in einer
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Ordinationsstätte eines Facharztes für Frauenheilkunde und Geburtshilfe angewendet werden, sofern
dabei der Samen des Ehegatten oder Lebensgefährten verwendet wird.
(3) Eine Präimplantationsdiagnostik darf nur in einer nach § 68 Abs. 3 GTG zugelassenen
Einrichtung durchgeführt werden, die von der Einrichtung, in der die medizinisch unterstützte
Fortpflanzung vorgenommen wird, organisatorisch, personell und finanziell unabhängig ist.
§ 5. (1) Der ärztliche Leiter einer Krankenanstalt und der Facharzt haben die Absicht, in der
Krankenanstalt bzw. Ordinationsstätte Methoden nach § 1 Abs. 2 Z 1 mit dem Samen des Ehegatten
oder Lebensgefährten anzuwenden, dem Landeshauptmann zu melden. Über die Meldung ist auf
Antrag eine Bestätigung zu erteilen.
(2) Der ärztliche Leiter einer Krankenanstalt, in der die Durchführung anderer medizinisch
unterstützter Fortpflanzungen beabsichtigt ist, hat beim Landeshauptmann die Zulassung hiefür zu
beantragen. Die Zulassung ist zu erteilen, wenn auf Grund der personellen und sachlichen
Ausstattung und des Vorliegens der rechtlichen Befugnisse eine dem Stand der medizinischen
Wissenschaft und Erfahrung entsprechende Durchführung der medizinisch unterstützten
Fortpflanzungen gewährleistet ist. Weiters muß die Möglichkeit zu einer ausreichenden
psychologischen Beratung und einer psychotherapeutischen Betreuung gegeben sein.
(3) Der Landeshauptmann hat die Zulassung zu widerrufen, wenn deren Voraussetzungen nicht
mehr gegeben sind. Er hat ferner die Zulassung zu widerrufen bzw. die Anwendung der Methode nach
§ 1 Abs. 2 Z 1 mit dem Samen des Ehegatten oder Lebensgefährten zu untersagen, wenn die
Bestimmungen dieses Bundesgesetzes schwerwiegend oder trotz Ermahnung wiederholt verletzt
worden sind.
Freiwilligkeit der Mitwirkung
Benachteiligungsverbot
§ 6. (1) Kein Arzt ist verpflichtet, eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung oder eine
Präimplantationsdiagnostik durchzuführen oder daran mitzuwirken. Dies gilt auch für Angehörige der
weiteren gesetzlich geregelten Gesundheitsberufe.
(2) Niemand darf wegen der Durchführung einer den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes
entsprechenden medizinisch unterstützten Fortpflanzung oder Präimplantationsdiagnostik, der
Mitwirkung daran oder wegen der Weigerung, eine solche medizinisch unterstützte Fortpflanzung oder
Präimplantationsdiagnostik durchzuführen oder daran mitzuwirken, in welcher Art immer benachteiligt
werden.
Beratung
§ 7. (1) Der Arzt hat spätestens 14 Tage vor einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung die
Ehegatten, eingetragenen Partner oder Lebensgefährten oder eine dritte Person, der Eizellen
entnommen werden, in einer für medizinische Laien verständlichen Sprache insbesondere über
folgende Umstände aufzuklären und zu beraten:
1. die verschiedenen Ursachen der Unfruchtbarkeit,
2. die Methode, deren Erfolgsaussichten und Unsicherheiten sowie die Tragweite des Eingriffs,
3. die möglichen Folgen und Gefahren der Behandlung für die Frau und das gewünschte Kind,
4. die im Rahmen des Eingriffs angewendeten Medizinprodukte und Arzneimittel sowie deren
Nebenwirkungen,
5. die mit dem Eingriff verbundenen Unannehmlichkeiten und Komplikationen,
6. die allenfalls erforderlichen Nachbehandlungen und möglichen Spätfolgen, insbesondere die
Auswirkungen auf die Fertilität der Frau, und
7. die mit dem Eingriff zusammenhängenden Kosten einschließlich zu erwartender Folgekosten.
Ein allfälliger Verzicht auf diese ärztliche Aufklärung ist rechtsunwirksam.
(2) Der Arzt hat den Ehegatten, eingetragenen Partnern oder Lebensgefährten oder dritten
Personen, deren Samen oder Eizellen verwendet werden, eine psychologische Beratung oder eine
psychotherapeutische Betreuung vorzuschlagen und sie auf die Möglichkeit hinzuweisen, andere
unabhängige Beratungseinrichtungen zu konsultieren.
(3) Die Beratung oder Betreuung der Ehegatten, eingetragenen Partner oder Lebensgefährten
soll sich insbesondere auf die für die Eltern und das Kind mit der Verwendung von Samen oder
Eizellen dritter Personen verbundenen Herausforderungen beziehen.
(4) Einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung hat eine eingehende Beratung der
eingetragenen Partner oder Lebensgefährten durch einen Notar über die rechtlichen Folgen der
Zustimmung (§ 8) voranzugehen; bei Ehegatten gilt das nur dann, wenn der Samen oder die Eizellen
einer dritten Person verwendet werden sollen.
41
Zustimmung
§ 8. (1) Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung darf nur mit Zustimmung der Ehegatten,
eingetragenen Partner oder Lebensgefährten durchgeführt werden. Die Zustimmung bedarf bei
Lebensgefährten oder bei Verwendung des Samens oder der Eizellen einer dritten Person der Form
eines Notariatsakts.
(2) Die Ehegatten, eingetragenen Partner oder Lebensgefährten können die Zustimmung nur
höchstpersönlich erteilen. Sie müssen hierfür einsichts- und urteilsfähig sein.
(3) Die Erklärung hat zu enthalten:
1. die ausdrückliche Zustimmung zur medizinisch unterstützten Fortpflanzung;
2. erforderlichenfalls die Zustimmung zur Verwendung des Samens oder der Eizellen einer
dritten Person;
3. Namen, Geburtstag und -ort, Staatsangehörigkeit und Wohnort der Ehegatten, eingetragenen
Partner oder Lebensgefährten sowie
4. den Zeitraum, in dem die medizinisch unterstützte Fortpflanzung vorgenommen werden darf.
(4) Die Zustimmung zur medizinisch unterstützten Fortpflanzung kann dem Arzt gegenüber von
jedem Ehegatten, eingetragenen Partner oder Lebensgefährten bis zum Einbringen des Samens, der
Eizellen oder der entwicklungsfähigen Zellen in den Körper der Frau widerrufen werden. Der Widerruf
bedarf keiner bestimmten Form und ist ungeachtet des Verlusts der Einsichts- und Urteilsfähigkeit
wirksam; der Arzt hat den Widerruf schriftlich festzuhalten und hierüber auf Verlangen eine
Bestätigung auszustellen.
(5) Die Zustimmung beider Ehegatten, eingetragenen Partner oder Lebensgefährten darf zum
Zeitpunkt des Einbringens von Samen, Eizellen oder entwicklungsfähigen Zellen in den Körper der
Frau nicht älter als zwei Jahre sein.
Beachte für folgende Bestimmung
zum Bezugszeitraum vgl. § 26 Abs. 4
4. Abschnitt
Verwendung, Untersuchung und Behandlung von Zellen
Allgemeine Bestimmungen
§ 9. (1) Entwicklungsfähige Zellen dürfen – soweit in § 2a nichts anderes geregelt ist – nicht für
andere Zwecke als für medizinisch unterstützte Fortpflanzungen verwendet werden.
(2) Entwicklungsfähige Zellen dürfen nur insoweit untersucht und behandelt werden, als dies nach
dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Erfahrung zur Herbeiführung einer Schwangerschaft
oder zur Durchführung einer Präimplantationsdiagnostik nach § 2a erforderlich ist. Das Gleiche gilt für
Samen und Eizellen, die für medizinisch unterstützte Fortpflanzungen verwendet werden sollen.
(3) Eingriffe in die Keimzellbahn sind unzulässig. Dies gilt, außer in den in § 2a geregelten Fällen,
auch für genetische Untersuchungen der entwicklungsfähigen Zellen vor deren Einbringen in den
Körper einer Frau.
§ 10. Bei der Vereinigung von Eizellen mit Samenzellen außerhalb des Körpers einer Frau dürfen
nur so viele Eizellen befruchtet und in der Folge eingebracht werden, wie nach dem Stand der
medizinischen Wissenschaft und Erfahrung innerhalb eines Zyklus der behandelten Frau für eine
aussichtsreiche und zumutbare medizinisch unterstützte Fortpflanzung notwendig sind.
Besondere Bestimmungen bei der Verwendung von Samen und Eizellen dritter Personen
§ 11. Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung mit dem Samen oder den Eizellen dritter
Personen darf nur in einer zugelassenen Krankenanstalt (§ 5 Abs. 2) vorgenommen werden. Samen
oder Eizellen dürfen für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung nur einer solchen Krankenanstalt
zur Verfügung gestellt werden. Die Krankenanstalt hat sowohl die Personen, deren Samen oder
Eizellen verwendet werden sollen, als auch deren Samen oder Eizellen vor deren Verwendung zu
untersuchen.
§ 12. Die Untersuchung der dritten Personen und ihres Samens oder ihrer Eizellen hat
sicherzustellen, dass der Samen oder die Eizellen nach dem jeweiligen Stand der medizinischen
Wissenschaft und Erfahrung fortpflanzungsfähig sind und durch deren Verwendung keine
gesundheitlichen Gefahren für die Frau oder das gewünschte Kind entstehen können.
§ 13. (1) Samen und Eizellen dritter Personen dürfen für eine medizinisch unterstützte
Fortpflanzung nur verwendet werden, wenn diese Personen das 18. Lebensjahr vollendet haben und
42
einer solchen Verwendung und der Erteilung von Auskünften nach § 20 der Krankenanstalt gegenüber
schriftlich zugestimmt haben.
(2) Die Personen, deren Samen oder Eizellen verwendet werden sollen, können die Zustimmung
nur höchstpersönlich erteilen und müssen hierfür einsichts- und urteilsfähig sein. Die Zustimmung
kann jederzeit der Krankenanstalt gegenüber mit der Wirkung widerrufen werden, dass jede weitere
Verwendung unzulässig ist. Der Widerruf bedarf keiner bestimmten Form und ist ungeachtet des
Verlusts der Einsichts- und Urteilsfähigkeit wirksam; die Krankenanstalt hat ihn schriftlich festzuhalten
und auf Verlangen darüber eine Bestätigung auszustellen.
§ 14. (1) Für Zwecke der medizinisch unterstützten Fortpflanzung dürfen dritte Personen ihren
Samen oder ihre Eizellen stets nur derselben Krankenanstalt zur Verfügung stellen. Darauf hat sie die
Krankenanstalt besonders hinzuweisen.
(2) Samen oder Eizellen dritter Personen dürfen für medizinisch unterstützte Fortpflanzungen in
höchstens drei Ehen, eingetragenen Partnerschaften oder Lebensgemeinschaften verwendet werden.
(3) Samen verschiedener Männer und Eizellen verschiedener Frauen dürfen für eine medizinisch
unterstützte Fortpflanzung nicht verwendet werden.
§ 15. (1) Die Krankenanstalt hat über dritte Personen, die Samen oder Eizellen zur Verfügung
stellen, folgende Aufzeichnungen zu führen:
1. Namen, Geburtstag und -ort, Staatsangehörigkeit und Wohnort;
2. Namen ihrer Eltern;
3. Zeitpunkt der Überlassung des Samens oder der Eizellen und
4. die Ergebnisse der nach § 12 durchgeführten Untersuchungen.
(2) Die Krankenanstalt hat ferner darüber Aufzeichnungen zu führen, für welche Ehen,
eingetragene Partnerschaften oder Lebensgemeinschaften der Samen oder die Eizellen verwendet
worden sind.
Kommerzialisierungs- und Vermittlungsverbot
§ 16. (1) Die Überlassung von Samen oder Eizellen für eine medizinisch unterstützte
Fortpflanzung darf nicht Gegenstand eines entgeltlichen Rechtsgeschäfts sein. Die Vereinbarung oder
die Annahme einer Aufwandsentschädigung gilt als entgeltliches Rechtsgeschäft, wenn und soweit die
Aufwandsentschädigung über die nachgewiesenen Barauslagen, die im Zusammenhang mit der
medizinischen Behandlung bei der Überlassung von Samen oder Eizellen getätigt wurden,
hinausgeht.
(2) Die Vermittlung
1. von entwicklungsfähigen Zellen,
2. von Samen und Eizellen für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung und
3. von Personen, die bereit sind, Samen, Eizellen oder entwicklungsfähige Zellen für eine
medizinisch unterstützte Fortpflanzung zu überlassen oder in sich einbringen zu lassen,
ist unzulässig. Ebenso ist jede Werbung für die Überlassung oder Vermittlung von Samen, Eizellen
oder entwicklungsfähigen Zellen unzulässig.
Aufbewahrung
§ 17. (1) Samen, Eizellen, entwicklungsfähige Zellen sowie Hoden- und Eierstockgewebe, die für
eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung verwendet werden sollen, dürfen nur in einer nach § 5
Abs. 2 zugelassenen Krankenanstalt, Samen auch durch einen Facharzt für Frauenheilkunde und
Geburtshilfe, der eine Meldung gemäß § 5 Abs. 1 erstattet hat, entnommen und bis auf Widerruf oder
bis zum Tod der Person, von der sie stammen, aufbewahrt werden. Entwicklungsfähige Zellen dürfen
jedoch höchstens zehn Jahre in einer nach § 5 Abs. 2 zugelassenen Krankenanstalt aufbewahrt
werden. Die Aufbewahrung hat dem jeweiligen Stand der Wissenschaft und Technik zu entsprechen.
(2) Die Überlassung von Samen, Eizellen sowie Hoden- und Eierstockgewebe gemäß Abs. 1 ist
nur mit schriftlicher Zustimmung der Person, von der sie stammen, und die Überlassung
entwicklungsfähiger Zellen nur mit schriftlicher Zustimmung beider Ehegatten, eingetragenen Partner
oder Lebensgefährten zulässig. Die Zustimmung kann nur höchstpersönlich und im Zustand der
Einsichts- und Urteilsfähigkeit erteilt werden. § 3 bleibt unberührt.
Beachte für folgende Bestimmung
zum Bezugszeitraum vgl. § 26 Abs. 4
43
5. Abschnitt
Dokumentations- und Auskunftspflichten
Aufzeichnungen
§ 18. (1) Der Arzt, der eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchführt, hat
1. Namen,
2. Geburtstag und -ort,
3. Staatsangehörigkeit und
4. Wohnort
der Ehegatten, eingetragenen Partner oder Lebensgefährten sowie hiervon getrennt der dritten
Person, deren Samen oder Eizellen verwendet werden, schriftlich aufzuzeichnen. Zugleich sind die
Gründe für die Behandlung, die eingesetzte Methode (§ 1 Abs. 2) und deren Ergebnisse
aufzuzeichnen.
(2) Weiters hat der Arzt schriftliche Aufzeichnungen über das Vorliegen der Voraussetzungen für
die medizinisch unterstützte Fortpflanzung, über die Ursache, das medizinische Verfahren und die
Methode der Behandlung, deren Verlauf und Dauer sowie die nach dem Stand der medizinischen
Wissenschaft und Erfahrung für die Schwangerschaft, die Geburt und die gesundheitliche Entwicklung
des gewünschten Kindes wesentlichen Umstände zu führen.
(3) Diese Aufzeichnungen und die Zustimmungen nach § 8 Abs. 1 sowie § 13 Abs. 1 sind von der
Krankenanstalt, der Einrichtung oder vom Facharzt in der Ordinationsstätte 30 Jahre lang
aufzubewahren. Nach Ablauf dieser Frist oder bei früherer Auflösung der Krankenanstalt oder
Ordinationsstätte sind diese Unterlagen dem Landeshauptmann zu übermitteln; dieser hat sie auf
Dauer aufzubewahren.
Auskunft
§ 20. (1) Die Aufzeichnungen über dritte Personen, die Samen oder Eizellen zur Verfügung
gestellt haben, sowie deren genetische Daten sind vertraulich zu behandeln.
(2) Dem mit dem Samen oder den Eizellen einer dritten Person gezeugten Kind ist auf dessen
Verlangen nach Vollendung des 14. Lebensjahres Einsicht in die Aufzeichnungen nach § 15 Abs. 1 zu
gewähren und daraus Auskunft zu erteilen. Zum Wohl des Kindes ist in medizinisch begründeten
Ausnahmefällen der Person, die mit der gesetzlichen Vertretung für die Pflege und Erziehung betraut
ist, Einsicht und Auskunft zu erteilen.
(3) Den Gerichten und Verwaltungsbehörden steht das Einsichts- und Auskunftsrecht zu, soweit
dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben in Vollziehung dieses Bundesgesetzes unentbehrlich ist.
Statistik
§ 21. (1) Die ärztlichen Leiter der Krankenanstalten, in denen medizinisch unterstützte
Fortpflanzungen durchgeführt werden, haben jährlich spätestens zum 31. März des jeweils folgenden
Kalenderjahres der Gesundheit Österreich GmbH auf elektronischem Weg die in Abs. 2 genannten,
nicht personenbezogenen Daten zu melden. Die Gesundheit Österreich GmbH hat jeweils bis
30. September eine Auswertung dieser Daten vorzunehmen.
(2) Für die Auswertung gemäß Abs. 1 sind folgende Daten nicht personenbezogen zu erheben:
1. Anzahl der Paare, die eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung in Anspruch genommen
haben sowie Anzahl der Anwendungen, gegliedert nach den in § 1 Abs. 2 angeführten
Methoden (einschließlich Überlassung von Samen und Eizellen) und nach Alter, Anzahl der
aufbewahrten Samenspenden, Eizellen und entwicklungsfähigen Zellen,
2. Anzahl der durch medizinisch unterstützte Fortpflanzung herbeigeführten Schwangerschaften
sowie Anzahl und Art der Geburten,
3. Anzahl der Paare, die eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung zum Zweck der
Präimplantationsdiagnostik in Anspruch genommen haben, aufgegliedert nach den
Zulassungsvoraussetzungen des § 2a Abs. 1 Z 1, 2 und 3 und
4. Erbkrankheiten, die im Rahmen der Präimplantationsdiagnostik festgestellt wurden.
(3) Die Gesundheit Österreich GmbH hat die Auswertung gemäß Abs. 1 und die im
Genanalyseregister gemäß § 79 Abs. 1 Z 1 GTG verzeichneten Einrichtungen, welche PID
durchführen samt den in § 79 Abs. 2 GTG genannten Angaben und Untersuchungen sowie alle im
Gentechnikbuch enthaltenen spezifische Informationen zur PID im Rahmen eines Berichts dem
Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium für Justiz zur Verfügung zu stellen
und auf der Homepage der Gesundheit Österreich GmbH zu veröffentlichen.
44
6. Abschnitt
Strafbestimmungen
§ 22. (1) Wer
1. ohne Arzt zu sein, eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchführt,
2. seinen Samen oder seine Eizellen entgegen § 11 zweiter Satz oder § 14 Abs. 1 zur Verfügung
stellt,
3. Samen, Eizellen oder entwicklungsfähige Zellen entgegen den §§ 9, 10 oder § 14 Abs. 3
verwendet, untersucht oder behandelt oder anderen Personen für eine solche Verwendung,
Untersuchung oder Behandlung überlässt,
4. Samen oder Eizellen entgegen § 16 Abs. 1 entgeltlich überlässt bzw. entgegen nimmt oder
Samen, Eizellen, entwicklungsfähige Zellen oder Personen entgegen § 16 Abs. 2 vermittelt,
begeht eine Verwaltungsübertretung.
(2) Eine Verwaltungsübertretung nach Abs. 1 ist zu ahnden
1. in den Fällen der Z 1, 3 und 4 mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro, bei Uneinbringlichkeit mit
Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 14 Tagen;
2. im Fall der Z 2 mit Geldstrafe bis zu 10 000 Euro, bei Uneinbringlichkeit mit
Ersatzfreiheitsstrafe bis zu einer Woche.
§ 23. (1) Wer als Arzt
1. eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung oder Präimplantationsdiagnostik durchführt
a) die nach den §§ 2 bis 3 unzulässig ist,
b) ohne Vorliegen der in § 4 festgelegten Voraussetzungen und Erfordernisse,
c) unter Verletzung der Meldepflicht des § 5 Abs. 1,
d) ohne Aufklärung und Beratung der Ehegatten, eingetragenen Partner oder Lebensgefährten
gemäß § 7 oder
e) ohne Vorliegen der nach § 8 Abs. 1 oder § 13 Abs. 1 erforderlichen Zustimmungen,
2. eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung mit dem Samen oder den Eizellen dritter
Personen entgegen § 11 erster und dritter Satz durchführt,
3. die nach § 12 erforderlichen Untersuchungen unterläßt,
4. Samen oder Eizellen entgegen § 14 Abs. 2 verwendet oder
5. seiner Aufzeichnungs- oder Aufbewahrungspflicht nach § 18 nicht nachkommt,
begeht eine Verwaltungsübertretung.
(2) Eine Verwaltungsübertretung nach Abs. 1 ist zu ahnden
1. in den Fällen der Z 1 bis 4 mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro, bei Uneinbringlichkeit mit
Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 14 Tagen;
2. im Fall der Z 5 mit Geldstrafe bis zu 10 000 Euro, bei Uneinbringlichkeit mit
Ersatzfreiheitsstrafe bis zu einer Woche.
§ 24. Wer im Rahmen seiner Tätigkeit für eine Krankenanstalt
1. es verabsäumt, die nach § 12 erforderlichen Untersuchungen durchzuführen oder die in § 14
Abs. 1 vorgesehene Belehrung zu erteilen,
2. Samen oder Eizellen einer dritten Person entgegen nimmt, obwohl er weiß, dass diese ihre
Samen oder ihre Eizellen schon einer anderen Krankenanstalt zur Verfügung gestellt hat,
3. entgegen § 15 Aufzeichnungen nicht oder nur unzureichend führt,
4. die Vorgaben für die Aufbewahrung gemäß § 17 Abs. 1 oder die Zustimmungserfordernisse
des § 17 Abs. 2 missachtet,
5. die Aufbewahrungspflicht gemäß § 18 Abs. 3 oder die Berichtspflicht gemäß § 21 Abs. 1
verletzt oder
6. entgegen § 20 Abs. 2 Einsicht in die Aufzeichnungen nach § 15 Abs. 1 gewährt oder daraus
Auskunft erteilt,
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, bei Uneinbringlichkeit
mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu drei Tagen zu bestrafen.
§ 25. (1) Eine Verwaltungsübertretung nach den vorstehenden Bestimmungen liegt nur vor,
sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren
Handlung bildet.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) Ein für die Straftat erhaltenes Entgelt ist für verfallen zu erklären. Ist ein Verfall des Entgelts
nicht möglich, so ist über den Täter eine Verfallsersatzstrafe in der Höhe des erhaltenen Entgelts zu
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verhängen. Stünde die Verfallsersatzstrafe zur Bedeutung der Tat oder zu dem den Täter treffenden
Vorwurf außer Verhältnis, so ist von ihrer Verhängung ganz oder teilweise abzusehen.
(4) Für die Untersuchung und Bestrafung von Verwaltungsübertretungen nach den vorstehenden
Bestimmungen ist der Landeshauptmann zuständig.
7. Abschnitt
Schluss- und Übergangsbestimmungen
In- und Außerkrafttreten
§ 26. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Juli 1992 in Kraft.
(2) § 1 Abs. 4, §§ 2, 2a, 2b, 3, § 4 Abs. 3, §§ 6 bis 18, § 20 Abs. 1 und 2, § 21, § 22 Abs. 1 Z 2, 3
und 4 und Abs. 2, § 23 Abs. 1 Z 1, 2 und 4 und Abs. 2, § 24, § 25 Abs. 4, § 26, § 27 und § 28 samt
Überschriften sowie das Inhaltsverzeichnis und die Abschnittsüberschriften in der Fassung des
Fortpflanzungsmedizinrechts-Änderungsgesetzes 2015, BGBl. I Nr. 35/2015, treten mit dem auf die
Kundmachung folgenden Tag in Kraft.
(3) §§ 1 Abs. 4, 2, 2a, 2b, 3, § 4 Abs. 3, §§ 6 bis 8, § 20 Abs. 1 und 2 sowie § 21 in der Fassung
des Fortpflanzungsmedizinrechts-Änderungsgesetzes 2015, BGBl. I Nr. 35/2015, sind auf medizinisch
unterstützte Fortpflanzungen, die Präimplantationsdiagnostik und die Entnahme von Samen und
Eizellen anzuwenden, die ab dem Inkrafttreten durchgeführt werden.
(4) §§ 9 bis 18 in der Fassung des Fortpflanzungsmedizinrechts-Änderungsgesetzes 2015,
BGBl. I Nr. 35/2015, sind auch auf vor dem Inkrafttreten begonnene Aufbewahrungen,
Verwendungen, Untersuchungen und Behandlungen von Samen, Eizellen und entwicklungsfähigen
Zellen anzuwenden.
(5) Die §§ 22, 23, 24 und 25 in der Fassung des FortpflanzungsmedizinrechtsÄnderungsgesetzes 2015, BGBl. I Nr. 35/2015, sind auf strafbare Handlungen anzuwenden, die nach
dem Inkrafttreten begangen werden.
(6) § 19 tritt mit 30. Juni 2016 außer Kraft. Die Meldungen nach § 21 Abs. 1 sind erstmals für das
Jahr 2016 zu erstatten.
Verweisungen
§ 27. (1) Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen
wird, sind diese in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
(2) Durch dieses Bundesgesetz werden das
1. Gentechnikgesetz – GTG, BGBl. Nr. 510/1994 und das
2. Gewebesicherheitsgesetz – GSG, BGBl. I Nr. 49/2008,
nicht berührt.
Vollziehung
§ 28. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind der Bundesminister für Justiz und die
Bundesministerin für Gesundheit betraut.
Artikel V
Schluß- und Übergangsbestimmungen
(1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Juli 1992 in Kraft.
(2) Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes können bereits mit dem auf seine
Kundmachung folgenden Tag erlassen werden; sie dürfen frühestens zugleich mit dem Inkrafttreten
dieses Bundesgesetzes in Kraft gesetzt werden.
(3) Sofern in Krankenanstalten oder Ordinationsstätten bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens
dieses Bundesgesetzes Methoden nach § 1 Abs. 2 Z 1 Fortpflanzungsmedizingesetz mit dem Samen
des Ehegatten oder Lebensgefährten angewendet werden, haben dies der ärztliche Leiter der
Krankenanstalt oder der Facharzt der Ordinationsstätte dem Landeshauptmann innerhalb von drei
Monaten ab dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes zu melden.
(4) Der ärztliche Leiter einer Krankenanstalt, in der im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses
Bundesgesetzes bereits andere Methoden der medizinisch unterstützten Fortpflanzung durchgeführt
werden, hat beim Landeshauptmann innerhalb von drei Monaten ab dem Inkrafttreten dieses
Bundesgesetzes die Zulassung nach § 5 Abs. 2 Fortpflanzungsmedizingesetz zu beantragen; solche
medizinisch unterstützte Fortpflanzungen dürfen ohne Zulassung nur bis zur rechtskräftigen
Entscheidung über den Antrag durchgeführt werden.
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(5) § 137b und § 155 ABGB, soweit dieser die Zeugung durch den Ehemann oder die
Durchführung einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung mit dem Samen des Ehemanns betrifft,
sowie § 163 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 4 ABGB jeweils in der Fassung dieses Bundesgesetzes
gelten auch für Kinder, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits geboren
sind.
(6) Hat der Ehemann der Mutter vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes einer medizinisch
unterstützten Fortpflanzung mit dem Samen eines Dritten zugestimmt, so kann die Ehelichkeit des mit
dem Samen des Dritten gezeugten Kindes nicht bestritten werden.
(7) In vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anhängig gemachten Verfahren sind die
bisher geltenden Vorschriften weiter anzuwenden.
(8) Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind die Bundesministerin für Justiz und die
Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betraut.
Artikel 39
Inkrafttreten, Schluss- und Übergangsbestimmungen
(Anm.: aus BGBl. I Nr. 111/2010, zu den §§ 7 und 8, BGBl. Nr. 275/1992)
(1) Art. 16, 20, 26, 27, 37 und 38 (Baurechtsgesetz, FMedG, JN, NO, WEG 2002, ZPO) treten,
soweit im Folgenden nichts anderes angeordnet ist, mit 1. Mai 2011 in Kraft.
(2) bis (5) (Anm.: betreffen andere Rechtsvorschriften)
(6) Art. 20 (FMedG) in der Fassung dieses Bundesgesetzes ist anzuwenden, wenn die Beratung
oder die Zustimmung nach dem 30. April 2011 erteilt wird.
(7) bis (10) (Anm.: betreffen andere Rechtsvorschriften)
7. Hauptstück
Schluss- und Übergangsbestimmungen
Artikel 79
Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen
(Anm.: aus BGBl. I Nr. 135/2009, zu § 2, BGBl. Nr. 275/1992)
(1) Art. 2 (Änderung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetz.B.uchs), Art. 3 (Änderung des
Ehegesetzes), Art. 4 (Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes), Art. 6 (Änderung der
Jurisdiktionsnorm), Art. 7 (Änderung des Strafgesetz.B.uches), Art. 27 (Änderung des
Einkommensteuergesetzes 1988), Art. 28 (Änderung des Körperschaftsteuergesetzes 1988), Art. 29
(Änderung des Umsatzsteuergesetzes 1994), Art. 30 (Änderung des Bewertungsgesetzes 1955),
Art. 31 (Änderung des Gebührengesetzes 1957), Art. 33 (Änderung der Bundesabgabenordnung),
Art. 34 (Änderung des Alkoholsteuergesetzes), Art. 61 (Änderung des Ärztegesetzes 1998), Art. 62
(Änderung des Gehaltskassengesetzes 2002), Art. 63 (Änderung des Apothekengesetzes), Art. 72
(Änderung des Studienförderungsgesetzes), Art. 76 (Änderung des Entwicklungshelfergesetzes),
Art. 77 (Änderung des Bundesgesetzes über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes –
Statut) und Art. 78 (Bundesgesetz über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an
internationale Organisationen) treten mit 1. Jänner 2010 in Kraft.
(2) Die durch dieses Bundesgesetz geänderten Strafbestimmungen sind in Strafsachen nicht
anzuwenden, in denen vor ihrem Inkrafttreten das Urteil in erster Instanz gefällt worden ist. Nach
Aufhebung eines Urteils infolge Nichtigkeitsbeschwerde, Berufung, Wiederaufnahme oder Erneuerung
des Strafverfahrens oder infolge eines Einspruches ist jedoch im Sinne der §§ 1 und 61 StGB
vorzugehen.
Artikel 96
In-Kraft-Treten, Übergangsbestimmungen
(Anm.: aus BGBl. I Nr. 98/2001, zu den §§ 22, 23 und 24, BGBl. Nr. 275/1992)
1. Die Bestimmungen dieses Abschnitts treten - soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist
- mit 1. Jänner 2002 in Kraft.
2. und 3. (Anm.: betrifft andere Rechtsvorschriften)
4. Die
Art. 36
Z2
(§ 258
Abs. 1
AktG),
39
(Ausbeutungsverordnung),
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(Eisenbahnbuchanlegungsgesetz), 50 (Firmenbuchgesetz), 51 (Fortpflanzungsmedizingesetz),
55 (GmbH-Gesetz), 58 (HGB), 61 Z 4 und 5 (§§ 137 Abs. 1, 142 Kartellgesetz), 69 Z 7 (§ 186
47
Notariatsordnung), 74 Z 3 und 4 (§§ 20, 21 Produktsicherheitsgesetz 1994), 75 Z 9 (§ 57
Rechtsanwaltsordnung), 80 Z 2 (§ 41 Rohrleitungsgesetz), 81 (Scheckgesetz), 83 Z 2 (§ 11
Abs. 2 Tiroler Grundbuchsanlegungsreichsgesetz), 83 Z 2 (§ 11 Abs. 2 Vorarlberger
Grundbuchsanlegungsreichsgesetz) sowie 94 Z 4 bis 6 und 10 (§§ 199 Abs. 1, 200 Abs. 1,
220 Abs. 1, 448a Abs. 1 ZPO) sind auf Handlungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember
2001 gesetzt worden sind.
5. - 30. (Anm.: betrifft andere Rechtsvorschriften)
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