Auch laute Baustellen können lärmarm sein

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U M W E LT P R A X I S Nr. 37 / Mai 2004 Seite 31
LÄRM
Die Baulärm-Richtlinie des Bundes: Vorausschauende Baustellenplanung
Auch laute Baustellen
können lärmarm sein
Vorab in Wohngebieten kann der Baulärm die Lebensqualität der Anwohner
bisweilen stark beeinträchtigen. Mit einer
wenig lärmsensiblen Planung und Bauleitung wird oft unnötig Lärm verursacht.
Dazu zählen lärmintensive Bauverfahren wie Sprengarbeiten oder Rammen
von Pfählen, der Einsatz von besonders
lauten Maschinen wie Presslufthammer,
Betonmischer und Kreissägen sowie Bautransporte, die durch ruhige Wohnquar-
tiere führen. Hier soll die Baulärm-Richtlinie des BUWAL vom Februar 2000
ansetzen.
Massnahmenstufen statt
Belastungsgrenzwerte...
Anstelle von Grenzwerten, die am Immissionsort einzuhalten sind, wird mit
der Zuordnung von Massnahmenstufen
der Lärm dort bekämpft, wo er entsteht.
Gegen die sonst üblichen Belastungsgrenzwerte spricht die Vielfalt der störenden Geräusche, was es praktisch verunmöglicht, verlässliche Immissions-Prognosen zu stellen. Hingegen können mit
dem Konzept der vorsorglichen Lärmminderung die Emissionen der verschiedenen Lärmquellen gezielt reduziert werden.
Die Richtlinie sieht für Bauprojekte
drei unterschiedlich strenge Massnahmenstufen vor.Während bei der Stufe A noch
keine spezifischen Massnahmen vorgesehen sind, so werden bei Stufe B die Bauarbeiten beschränkt durch Massnahmen
beeinflusst. Bei Stufe C sind diese Ein-
Das Thema Baulärm kann gar nicht früh genug angegangen werden, um verständlichen Unmut von Nachbarn
Quelle: Flynn
in Grenzen zu halten. Einige einfache Massnahmen können helfen.
Inhaltliche Verantwortung:
Walter Egli
Fachstelle Lärmschutz
Tiefbauamt
Europa-Strasse 17
8152 Glattbrugg
Telefon 01 809 91 72
Fax 01 809 91 51
[email protected]
www.laerm.zh.ch
LÄRM
Baustellen im Wohnquartier sind ein ständiger Stein
des Anstosses. Werden frühmorgens schon Pfähle gerammt und über Mittag Bauholz gefräst, so sind das
sehr störende Lärmbelastungen. Wenn diese lärmigen Bauarbeiten über Wochen und teilweise sogar
nachts stattfinden, liegen die Nerven bald einmal
blank. Damit Baustellen nicht zum Albtraum werden,
setzt die Baulärm-Richtlinie des Bundes auf Massnahmen an der Lärmquelle. Diese werden auf die
Dauer der Bautätigkeit sowie die Lärmempfindlichkeit des betroffenen Gebietes abgestimmt und in der
Baustellenplanung festgelegt. Die Richtlinie erlaubt
aber auch unbürokratische Problemlösungen im
Kontakt mit allen Beteiligten.
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flüsse erheblich. Die strengste Stufe umfasst eine Vielzahl von zwingenden emissionsbegrenzenden Massnahmen, die im
Fall der weniger einschneidenden Stufen
in der Regel nur als Empfehlung gelten.
Ausschlaggebend für die Einstufung
sind die Lärmempfindlichkeit des betroffenen Gebiets und dessen Entfernung
zur Baustelle sowie die Dauer der lärmintensiven Bauarbeiten.
Der Betrieb einer Baustelle ausserhalb der üblichen Arbeitszeit hat eine
Erhöhung der Massnahmenstufe zur
Folge.
Bauphase
LÄRM
Massnahmenbereich
Planung
Bauverfahren
Maschinenpark
Bautransporte
Abschirmung
vorfabrizierte Elemente einsetzen
Elektromotoren statt Verbrennungsmotoren
Transportwege optimieren
Schallschutzzelte für laute Maschinen
Ausführung
Arbeitsvorbereitung
Tagesablauf
Standortwahl
lärmige Arbeiten gleichzeitig ausführen
keine lärmigen Arbeiten frühmorgens
laute Maschinen an abgeschirmtem Ort stationieren
Verhalten
Personal
Bevölkerung
Schulung der Mitarbeiter zum Thema Lärm
Information der Bevölkerung zu den Bauarbeiten
auf alle Lärmklagen reagieren
...und ein Massnahmenkatalog
In der Bauplanung und -realisierung sind
unzählige lärmmindernde Massnahmen
bekannt und erprobt. Diese sind nun in
einem – nicht abschliessenden – Katalog
zusammengefasst und dienen der praktischen Umsetzung der Richtlinie. Grundsätzlich sind alle Massnahmen zu ergreifen, die betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar sind.
Lärmarmes Bauen beginnt bei der
Projektierung. So verursachen zum Beispiel Montagebauten aus Stahl, Holz
oder vorfabrizierten Betonelementen
deutlich weniger Lärm als vor Ort betonierte Massivbauten. Bereits in den Ausschreibungsunterlagen und später in den
Werkverträgen können Lärmschutzmassnahmen Eingang finden. Daneben bieten
organisatorische Massnahmen der Bauleitung weitere Chancen für lärmarme
Bauarbeiten.
Auch das ausführende Bauunternehmen verfügt über vielfältige Möglichkeiten zur Emissionsreduktion. So lässt sich
die Lärmbelästigung der Anrainer allein
mit einer optimalen Organisation der
Baustelle deutlich vermindern. Wichtig
Baulärm-Richtlinie
Richtlinien über bauliche und betriebliche Massnahmen zur Begrenzung des Baulärms gemäss
Artikel 6 der Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1987; 2. Februar 2000;
zu beziehen beim BUWAL unter
www.umwelt-schweiz.ch;
direkter Download als PDF unter:
www.umwelt-schweiz.ch/buwal/shop/files/pdf/
phpjDq8Wc.pdf
Beispiel
Bauphasen und mögliche Massnahmen – eine Auswahl aus dem Katalog.
dabei sind die Standortwahl stationär
eingesetzter Maschinen, die BaustellenZufahrt oder die Zeitbeschränkungen
für lärmintensive Arbeiten. Der Einsatz
von Geräten mit verbesserter Schalldämpfung, die Verwendung moderner Vibratoren anstelle von schlagenden Rammgeräten zur Installation von Spundwänden oder die Abschirmung mit Hilfe von
provisorischen Schallschutzwänden sind
weitere Beispiele. Viele dieser organisatorischen Massnahmen greifen erst, wenn
sie vom einzelnen Bauarbeiter umgesetzt werden. Sensibilisierung für Baulärm ist hier Voraussetzung für lärmarmes Handeln.
Informierte Nachbarn haben
mehr Verständnis
Unabhängig von baulichen und betrieblichen Massnahmen zur Lärmbegrenzung
gibt es aber noch einen weiteren wichtigen Punkt im Umgang mit Baulärm: den
Kontakt und die frühzeitige Information
der betroffenen Bevölkerung. In beratender Funktion für Gemeinde, Bauherrschaft und Unternehmer und als «Klagemauer» für die Bevölkerung haben wir
bei der Fachstelle Lärmschutz immer
wieder feststellen müssen, dass Reaktionen auf eine Störung nicht ausschliesslich von der Höhe der Lärmimmission
abhängig waren. Häufig reichten Anwohner Beschwerden ein, weil nicht oder
nicht genug über bevorstehende laute
Arbeiten informiert worden war.
Aufgrund unserer Erfahrungen sehen
wir es auch als notwendig an, eine Stelle
Quelle: FALS
zu bezeichnen, an die sich lärmgeplagte
Personen wenden können. Wir empfehlen ausserdem, den Reklamationen nachzugehen und betroffene Personen vor
Ort persönlich anzuhören. Ebenfalls soll
in bestimmten Fällen von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, den
Lärm mittels Langzeit-Lärmmesseinrichtung zu registrieren und die Resultate als Fakten für die Beurteilung heranzuziehen.
Die Auflage von Massnahmen anstelle
von Immissionsgrenzwerten ist im Bauwesen nicht nur einfacher zu handhaben,
sondern verspricht auch grösseren Erfolg.
Trotz aller Massnahmen wird der Lärm
der Baustellen nicht ganz aus der Welt
geschafft. Halten sich die Bauunternehmen jedoch an die Richtlinie, so wird er
um einiges erträglicher sein.
Baulärm-Probleme
Gerne beraten wir Gemeinden und Privatpersonen wie mit Hilfe der Richtlinie der Baulärm in die
Schranken gewiesen werden kann.
Tel. 01 809 9172 oder [email protected] (Fachstelle
Lärmschutz), Tel. 043 259 91 00 oder [email protected]
(Arbeitnehmerschutz, AWA).
Wie man sich auf der Baustelle nicht verhalten
sollte und wie man schlau baut, ist auf unterhaltsame Weise zusammengestellt unter:
www.baupunktumwelt.ch
Der Kanton Schwyz hat ein Merkblatt zum
Thema herausgegeben unter:
www.sz.ch/umwelt/inhalt/info/Dokumente/
Richi/Merkblaetter/Merkblatt_Baurichtlinie.pdf
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