Wo müssen Sie handeln?

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SAATGUT-MAGAZIN
Nematodenbefall
Wo müssen
Sie handeln?
Dort, wo bisher und zukünftig Zuckerrüben angebaut werden,
müssen Sie verstärkt mit Rübenzystennematoden rechnen.
Julia Wießner und Henrike Nichterlein zeigen die »Hot Spots«
und dass es überall lohnt, genauer hinzusehen.
N
ematoden verursachen an Zuckerrüben häufig großen wirtschaftlichen Schaden. Das größte Schadpotential haben Rübenzystennematoden
(Heterodera schachtii). Sie besiedeln das
Wurzelsystem der Rübe und stören die
Wasser- und Nährstoffaufnahme. Befallszeitpunkt, Anzahl abgeschlossener Entwicklungszyklen und Besatzdichten im
Boden bestimmen die Höhe der Ertragsverluste durch Nematoden. Abhängig von
der Stärke des Befalls sind Mindererträge
von bis zu 50 % möglich.
Bisher wurden Zuckerrübenschläge in
Deutschland nur wenig auf Nematoden
untersucht. Wird das Vorkommen unterschätzt?
Das Auftreten von Rübenzystennematoden ist in vielen Rübenanbaugebieten
lange bekannt. Die Zuckerrübe ist die
wichtigste Wirtspflanze und deren Anbau
wirkt sich direkt auf die Besätze im Boden
aus. Die Kerngebiete des Nematodenvorkommens sind das Rheinland, die rheinhessisch-pfälzischen Rübenanbaugebiete,
die Bördegebiete Niedersachsens und
Sachsen-Anhalts, Dithmarschen, Uelzen,
Franken und Bayern (Grafik 1).
Das Vorkommen von Nematoden kann
jedoch nicht generell für Regionen festgestellt werden, sondern muss schlagspezifisch ermittelt werden. Da es sich um einen Fruchtfolgeschädling handelt, ist
seine Ausbreitung über die Kerngebiete hinaus über die Zeit wahrscheinlich. In allen
deutschen Anbaugebieten werden daher
seit 2003 stichprobenartig auf Flächen mit
Verdacht auf Nematoden Erhebungen
durchgeführt. Der Nachweis basiert auf
unterschiedlichen Methoden: Bohrstock-
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Saatgut-Magazin Dezember 2014
proben in der Fläche, Beprobung des Erdschwads oder optischer Nachweis (Zysten
an den Feinwurzeln im Wachstum zurückgebliebener Rüben). Auch auf zahlreichen
Flächen, die sich räumlich gut von den
Kerngebieten abgrenzen lassen, wurden
Nematoden nachgewiesen. Dies betrifft
Flächen in Bayern und Baden-Württemberg sowie Mecklenburg-Vorpommern,
Westfalen, Sachsen und Thüringen.
Der Nematodenbesatz zeigt sich oft
nicht auf den ersten Blick. Symptome wie
Welke und Aufhellungen der Blätter sind
leicht mit Nährstoffmangel zu verwechseln oder auf Trockenheit zurückzuführen.
Da Ertragsverluste von bis zu 10 % optisch
oft kaum erkennbar sind, wird das Problem leicht unterschätzt. Auch nach hohen
Rübenerträgen ist demnach in allen Anbaugebieten zu prüfen, ob Nematoden ein
Problem darstellen.
Nematodentolerante Sorten. In der Praxis haben sich zur Ertragsabsicherung auf
Flächen mit Nematodenbesatz nemato-
dentolerante Sorten durchgesetzt. Toleranz beschreibt die Eigenschaft einer Sorte, auf Nematodenbefall nicht oder
weniger empfindlich mit Krankheitssymptomen und/ oder Ertragsminderung zu reagieren. Daneben werden auch resistente
Zuckerrübensorten angeboten, die die Eigenschaft haben, die Nematodenpopulation im Boden zu vermindern. Allerdings ist
die Ertragsleistung deutlich niedriger als
bei einer toleranten Sorte. Doch welche
Auswirkungen hat der Anbau dieser unterschiedlichen Sortentypen und welche Nematodenbesätze sind in unterschiedlichen
Bodentiefen zu finden?
Um den Nematodenbesatz im Feld genau zu charakterisieren, sind systematische Versuche mit hoher Beprobungsgenauigkeit notwendig. Im Jahr 2012
wurden an 18 Orten und im Jahr 2013 an
19 Orten (37 Versuchsorte) mit bekanntem
Nematodenvorkommen in mehreren Rübenanbaugebieten Feldversuche angelegt,
Bodenproben gezogen und auf Rübenzystennematoden untersucht. Um das Verhalten von Nematoden unter Zuckerrüben zu
beschreiben, wurden an jedem Versuchsort sechs Sortenstreifen zu sechs Reihen
mit unterschiedlichen Zuckerrübensorten
angelegt. Es handelte sich um vier nematodentolerante Sorten unterschiedlicher
Zulassungsjahre, eine -resistente und eine
anfällige Zuckerrübensorte. Mit professioneller Beprobungstechnik wurden Bodenproben aus zwei Tiefen (Oberboden 0 –
30 cm; Unterboden 30 – 60 cm) gezogen.
Für jeden Versuchsort lagen insgesamt 72
Bodenproben vor, 36 aus dem Oberboden
und 36 aus dem Unterboden. Alle Probepunkte wurden mittels GPS eingemessen
und waren punktgenau wiederzufinden.
Die erste Beprobung erfolgte zur Aussaat
der Zuckerrüben, um den Pi-Wert (Population initial) und somit den Nematoden-
Wie erkenne ich Nematoden?
Typisch für den Befall
mit Rübenzystennematoden sind ein aufgehellter Blattapparat und
Welkesymptome. Diese
Symptome treten häufig
nesterweise auf und sind
bei Trockenheit besonders deutlich. Optisch
nachweisen lässt sich
ein mittlerer bis starker
Nematodenbefall in der
Regel durch einen so
genannten Streifentest.
Hierbei wird neben der
anfälligen Zuckerrübensorte streifenweise eine
nematodentolerante
Sorte ausgesät. Gewissheit über ein Vorkom-
men von Nematoden
schafft eine Flächenoder Erdschwadbeprobung mit anschließender
Laboruntersuchung.
Staatliche und privatwirtschaftliche Institutionen
bieten in fast allen
Bundesländern Nematodenuntersuchungen an.
Zuckerrübeena
Zuckerrübenanbaufläche
(PLZ-Ebene)
(PLZ-Ebene
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0 ha
bis 2
250
50 ha
bis 5
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über 1 0
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Nematodenbesatz
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Hinweise
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Foto: Nichterlein
Grafik 1: Wo treten Nematoden auf?
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Nematodenbefall
besatz vor dem Anbau der Zuckerrübe
festzustellen. Direkt nach Ernte der Zuckerrüben wurden an eben diesen Probepunkten erneut Proben zur Bestimmung
des Pf-Werts (Population final) gezogen.
Ergebnisse. In 12 Versuchen (sieben in
2012 und fünf in 2013) war der Besatz im
Unterboden höher als im Oberboden. In
lediglich fünf Versuchen (zwei in 2012
und drei in 2013) war dies umgekehrt. Die
restlichen 20 Versuche zeigten zwischen
Ober- und Unterboden eine Abweichung
von weniger als einem Drittel. Im Einzelfall kann der Besatz im Unterboden deutlich höher sein als im Oberboden. Insgesamt waren die Nematodenbesätze in
ihrer Höhe und vertikalen Verteilung sehr
unterschiedlich.
Wie sich der Anbau der drei Sortentypen »anfällig«, »tolerant« und »resistent«
auf die Nematodenbesätze auswirkt, zeigt
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Saatgut-Magazin Dezember 2014
Grafik 2. Für die Auswertung wurden die
Nematodenbesätze von 33 Versuchsorten
herangezogen. Aufgrund der nicht gleichmäßig, sondern nesterweise im Feld auftretenden Nematoden, ist die Streuung der
Ergebnisse für den Nematodenbesatz sehr
groß. Um den Einfluss der Streuung zu
verringern, wurden die Pi- und Pf-Werte je
Probepunkt mit dem natürlichen Logarithmus verrechnet und Sorten-Mittelwerte für
jeden Versuchsort ausgegeben.
Die Pi-Werte zeigen einen für die sechs
Sorten annähernd gleichen Ausgangsbesatz. Die Pf-Werte zeigen den Endbesatz
jeder Sorte und damit die Nematodenbesätze nach dem Anbau der Zuckerrüben.
Grafik 2 zeigt deutlich, dass es Unterschiede im Vermehrungsverhalten der Nematoden beim Anbau unterschiedlicher
Sortentypen gab. Unter der resistenten
Sorte verringert sich der Besatz bzw. bleibt
im Mittel über alle Versuchsorte zumindest konstant. Die vier nematodentoleran-
ten Sorten zeigten eine Vermehrung und
ähnliche Streuung ihrer Pf-Werte: Die
Hälfte der Ergebnisse lag etwa zwischen
100 und 1000 Eier und Larven/ 100 g Boden. Bei der anfälligen Sorte lagen die PfWerte zwischen 500 und > 2000 Eier und
Larven/ 100 g Boden deutlich höher und
streuten insgesamt sehr stark. Die vier nematodentoleranten Sorten lagen damit in
ihrem Vermehrungsverhalten zwischen
der resistenten und der anfälligen Sorte.
Innerhalb der Gruppe der untersuchten
nematodentoleranten Sorten gab es hinsichtlich der Pf-Werte keine signifikanten
Abstufungen.
Die untersuchten nematodentoleranten
Sorten stammen aus dem Zulassungszeitraum 2006 – 2013. Der züchterische Fortschritt war in diesem Segment und Zeitraum sehr groß. Unterschiede im
Vermehrungsverhalten der toleranten Sorten in Abhängigkeit vom Zulassungsjahr
lassen sich aus den Ergebnissen nicht ab-
Grafik 2: Vermehrung von Nematoden je nach Sortentyp
3000
Eier und Larven/100 g Boden
2500
2000
1500
1000
500
0
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Pi-Wert (Nematodenbesatz vor dem Anbau der Zuckerrüben)
Pf-Wert (Nematodenbesatz nach dem Anbau der Zuckerrüben)
leiten. Allerdings vermehren nematodentolerante Sorten deutlich weniger als anfällige Sorten. Das Vermehrungsverhalten
ist immer im Zusammenhang mit dem Besatz vor dem Rübenanbau zu betrachten.
An Standorten mit niedrigen Ausgangsbesätzen ist grundsätzlich eine stärkere Nematodenvermehrung zu erwarten als an
Standorten mit hohen Ausgangsbesätzen.
Um das Vermehrungsverhalten verschiedener Sorten und Sortentypen auch in Abhängigkeit von den Ausgangsbesätzen auf
eine noch breitere Datenbasis zu stellen,
werden die Untersuchungen fortgeführt.
In Höhe und Verteilung im Ober- und
Unterboden waren die gemessenen Ne-
matodenbesätze sehr unterschiedlich. Daher kann man mit einer Beprobung des
Oberbodens nicht auf den Besatz im Unterboden schließen. Die alleinige Beprobung des Oberbodens, wie in der Praxis
üblich, kann sowohl zu einer Über- als
auch zu einer Unterschätzung der Nematodenbesätze führen. Wie die Wirkung der
Besätze im Unterboden einzuschätzen ist,
lässt sich aus den durchgeführten Untersuchungen nicht ableiten und ist an anderer
Stelle Forschungsgegenstand.
Da bisher nur eine Minderheit der Rübenschläge in Deutschland untersucht ist,
darf das Nematodenvorkommen als deutlich unterschätzt gelten. Letzteres kann
nicht generell für Regionen festgestellt
werden, sondern muss schlagspezifisch
erhoben werden. Es lohnt sich, die für den
Zuckerrübenanbau vorgesehenen Flächen
zu beobachten und zu kontrollieren.
Dr. Julia Wießner und Henrike
Nichterlein, KWS SAAT AG, Einbeck
Einen weiteren Schwerpunkt zum Thema
Nematodenmanagement finden Sie in der
Ausgabe 3/2015 der DLG-Mitteilungen.
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