Night Eating Syndrom und nächtliches Essen

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Originalarbeit
Night Eating Syndrom und nächtliches Essen ±
was ist das eigentlich?
Night Eating Syndrome and Nocturnal Eating ± What is it All About?
Autoren
Barbara Mühlhans, Katharina Olbrich, Martina de Zwaan
Institut
Psychosomatische und Psychotherapeutische Abteilung, Universitätsklinikum Erlangen
Key words
" night eating syndrome
l
" nocturnal eating
l
" eating disorders not
l
otherwise specified
" sleep disorder
l
eingereicht 16.11.2007
akzeptiert 11.02.2008
Bibliografie
DOI 10.1055/s−2008−1067344
Online−Publikation:
10. April 2008
Psychother Psych Med 2009;
59: 50 ± 56 Georg Thieme
Verlag KG Stuttgart ´ New York ´
ISSN 0937−2032
Korrespondenzadresse
Dipl.−Psych. Barbara
Mühlhans
Psychosomatische und Psycho−
therapeutische Abteilung,
Universitätsklinikum Erlangen
Schwabachanlage 6
91054 Erlangen
barbara.muehlhans@
uk−erlangen.de
Zusammenfassung
Abstract
!
!
Seit Stunkard et al. [1] 1955 das erste Mal die Kri−
terien des ¹Night Eating Syndrom“ (NES) als (1)
die Aufnahme von mindestens 25 % der täglichen
Kalorienmenge nach dem Abendessen, (2) Schlaf−
losigkeit in mindestens der Hälfte der Zeit bis
mindestens Mitternacht und (3) Appetitlosigkeit
morgens definierte, wurden in den folgenden For−
schungsarbeiten bis heute die Kriterien des NES
immer weiter adaptiert. Dies erfolgte jedoch nicht
in einem steten Bezug auf bisherige Erkenntnisse,
sondern die Veränderungen vollzogen sich unge−
ordnet und unabhängig voneinander in verschie−
dene Richtungen. Übereinstimmend berichten
die Autoren, dass dieses Verhalten häufig bei
Übergewichtigen und Adipösen, die Behandlung
suchen, zu finden ist. Inwieweit bzw. über welche
Mechanismen Gewicht und NES zusammenhän−
gen, ist bis heute ungeklärt. Auch Schlafforscher
zeigten vermehrt Interesse an der Patientengrup−
pe, die über Schlaflosigkeit und nächtliches Essen
klagt. Hier entstanden weitere Definitionsversu−
che: das ¹Night Eating/Drinking Syndrom“, das
ursprünglich für Kinder definiert wurde und in
den letzten Jahren offiziell von der ¹Sleep Related
Eating Disorder“ (SRED) abgelöst wurde. In der
Psychosomatischen Forschung fand das Kriteri−
um des nächtlichen Essens (nächtliches Erwa−
chen mit Nahrungsaufnahme) zunehmend Be−
achtung. Auf der Basis der verschiedenen Defini−
tionen wurden zahlreiche Forschungsarbeiten zu
Prävalenz und anderen Aspekten des NES veröf−
fentlicht, die einerseits viel wertvolle Information
über das Störungsbild enthalten, andererseits
aufgrund der geringen Vergleichbarkeit kaum va−
lide Aussagen in der Zusammenschau der bisheri−
gen Erkenntnisse erlauben. Die vorliegende Arbeit
versucht, einen Überblick der bisherigen Defini−
tionsversuche zu vermitteln und eine erste Ab−
grenzung gegen die übrigen Konstrukte zu leisten.
In the first description of the night eating syn−
drome (NES) 1955 by Stunkard et al. [1] the crite−
ria included (1) consumption of at least 25 % of
the total calories for the day after the evening
meal (2) sleeplessness, at least until midnight
more than one half of the time and (3) morning
anorexia with negligible food intake at breakfast.
Further studies altered these criteria step by step,
without ever relating to the changes already
made by other authors. So today our knowledge
about NES and its related features is based on an
amazing variety of constructs merely referred to
by the same term. However, there seems to be
an agreement about a higher prevalence of the
NES in overweight and obese treatment seeking
samples. The relationship between NES, body
weight and a possible influence of NES on over−
weight and obesity remains unclear and needs
to be further examined. In addition to the re−
search activities regarding NES as a possible eat−
ing disorder, sleep disorder specialists showed a
growing interest in patients with sleeplessness
and nocturnal eating episodes. New definitions
were developed: the ¹night eating/drinking syn−
drome“ (synonymous: NES), a disorder occurring
mainly in infancy and early childhood but also
seen in adults. Today the less restrictive concept
¹sleep related eating disorder“ (SRED) eliminated
the NES−concept, but also states a sleep disorder
that is not clearly distinguishable from NES de−
scribed by several authors as a possible eating
disorder. In psychosomatic research the criteria
of nocturnal eating (recurrent awakenings &
getting up to eat) was included in the NES by a
growing number of authors in the last 15 years.
Based on this diversity of diagnostic criteria in
two different fields of expertise a lot of research
was done do investigate the prevalence of NES
and further describe patients with NES. Today a
meaningful summary of these findings is not
Mühlhans B et al. Night−Eating−Syndrom ¼ Psychother Psych Med 2009; 59: 50 ± 56
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Originalarbeit
possible and despite a growing number of research in NES and
obesity the clinical relevance of the concept NES remains
unclear. In this article diagnostic criteria so far will be summari−
zed and a rough differentiation of NES to related constructs and
disorders will be given.
51
zen viele Autoren das Kriterium ¹nach dem Abendessen“, um
sich den unterschiedlichen kulturellen Gegebenheiten sowie
den persönlichen (oft auch durch äußere Bedingungen wie die
Arbeitszeiten beeinflusste) Gewohnheiten bestmöglich anzu−
passen.
!
Stunkard beschrieb 1955 das erste Mal bei 25 übergewichtigen
Patientinnen ein Essverhalten, das er ¹night eating syndrom“
(NES) nannte [1]. Die damaligen Diagnosekriterien waren: (1)
die Aufnahme von mindestens 25 % der täglichen Kalorienmenge
nach dem Abendessen, (2) Schlaflosigkeit in mindestens der
Hälfte der Zeit bis mindestens Mitternacht und (3) Appetitlosig−
keit morgens, wobei zum Frühstück nicht mehr als eine Tasse
Kaffee oder Saft verzehrt werden durfte. Nach Stunkard et al.
[1] trat dieses Verhalten in engem Zusammenhang mit psy−
chischem Stress auf. In den folgenden Jahren gab es nur wenig
Forschung zu diesem Gebiet, bis es seit den 90er−Jahren wieder
verstärkt Aufmerksamkeit fand. Die Diagnosekriterien des NES
haben sich über die Jahre immer wieder stark verändert, dabei
wurden nicht nur bestehende Kriterien verändert, sondern auch
immer wieder neue Kriterien aufgenommen oder wieder ver−
worfen [2 ± 5]. In den folgenden Seiten werden wir einen Über−
blick zu den bisher bestehenden Versuchen einer Diagnose des
NES geben und eine Abgrenzung der unterschiedlichen Kons−
trukte versuchen.
Die Diagnose des Night−Eating−Syndroms
!
Abendliches Essen
Das Hauptkriterium des NES ist ein verschobener Tag/Nacht−
Rhythmus im Essverhalten. Patienten mit NES verzehren einen
Großteil der Nahrung am späten Abend oder nachts, diese For−
mulierung weist schon auf die Hauptprobleme dieser Definition
hin. Die Definition einer ¹großen Menge“ unterscheidet sich in
den Studien zum NES stark und reicht von 25 % der täglichen Ka−
lorienmenge [1, 6, 7] über 35 % [8] bis zu 50 % [9 ± 14], wobei ein
Großteil der Autoren bis heute 50 % der täglichen Kalorienmenge
als Grenze angegeben hat. Einige Autoren weisen auf die Unge−
nauigkeit der Patientenberichte hin und weichen auf Formulie−
rungen wie ¹die größte Menge der Nahrungsmittel“ oder ¹über−
mäßiges Essen“ aus. In der Studie von O’Reardon (2004) [13] ver−
zehrten Patienten, die im strukturierten Interview angaben,
> 50 % der Kalorienmenge nach dem Abendessen zu sich zu neh−
men, in der strukturierten Selbstbeobachtung in den folgenden
10 Tagen nur etwa 35 % der Kalorien nach dem Abendessen.
Auch in der Festlegung, bis zu welcher Zeit der Großteil der täg−
lichen Kalorienmenge ¹normalerweise“ gegessen ist, unterschei−
den sich die verschiedenen Studien. Im Bemühen um klare diag−
nostische Kriterien wurden immer wieder Uhrzeiten zwischen
18 und 19 Uhr angegeben [2, 4, 9 ± 12,14,15]. Adami et al. [16]
wiesen jedoch schon 1997 darauf hin, dass sich im Essensrhyth−
mus deutliche kulturelle Unterschiede finden lassen. In südli−
chen Ländern wie z. B. Italien sind ein Abendessen nach 20 Uhr
sowie ein sehr kleines Frühstück nicht ungewöhnlich und bietet
keinen Anhalt für ein gestörtes Essverhalten. Zudem wird in den
Studien mit einer festen Uhrzeit nicht deutlich, ob das Abendes−
sen in die Kalorienmenge eingerechnet wird, sobald es erst nach
der angegebenen Uhrzeit eingenommen wurde. Alternativ nut−
Ein weiteres Kriterium, das in den letzten Jahren besondere Auf−
merksamkeit in der Psychosomatik wie in der Schlafmedizin
fand, ist das Kriterium des ¹nächtlichen Essens“ (nächtliches Er−
wachen mit Nahrungsaufnahme). In mehreren Studien konnte
ein enger Zusammenhang zwischen dem Night−Eating−Syndrom
und nächtlichem Essen gefunden werden. So zeigte sich [11] in
einer Gruppe von 10 übergewichtigen Patienten mit NES ein
häufigeres nächtliches Erwachen im Vergleich zu der Kontroll−
gruppe, wobei in 52 % der Fälle zumindest eine kleine Menge an
Nahrung verzehrt wurde (Kontrollgruppe: in 0 % der Fälle). In ei−
ner Gruppe von 49 Patienten mit NES [13] fand bei 74 % des
nächtlichen Erwachens eine Nahrungsaufnahme statt (Kontroll−
gruppe auch hier in 0 %). Dieser Befund hat dazu geführt, dass
Birketvedt et al. [11] das Kriterium des nächtlichen Essens in
die Diagnostischen Kriterien des NES mitaufgenommen hat,
eine Definition, der bis heute mehrere Autoren gefolgt sind
[13,17]. Allison et al. (2006) [18] erhoben in ihrer Studie sowohl
Daten zum nächtlichen Essen als auch zum abendlichen Essen
vor dem Schlaf. Von den 215 stark übergewichtigen Patienten
berichteten 23,7 % nur abendliches Essen (> 25 % der Kalorien−
menge nach dem Abendessen), 7,2 % gaben nur nächtliches Es−
sen an und 3,9 % gaben an, beide Verhaltensweisen zu zeigen. In
den rezenten Publikationen findet das Kriterium des nächtlichen
" Tab. 3), ein Teil der Autoren
Essens zunehmend Beachtung (l
sieht nächtliches Essen als unabdingbare Voraussetzung zur Di−
agnostik des NES [8,13,19], ein anderer Teil fordert das Vorliegen
mindestens eines der beiden Kriterien (abendliches Essen und/
oder nächtliches Essen) [16, 20, 21].
Die aktuellsten Diagnostischen Kriterien, die 2006 und 2007 von
Allison et al. [20, 26] veröffentlicht wurden, geben die beiden
Kernkriterien abendliches und nächtliches Essen als ausreichen−
de Grundlage für die Diagnose des NES an, alle anderen im Fol−
genden beschriebenen Aspekte werden lediglich als begleitende
" Tab. 1).
bzw. mit NES assoziierte Faktoren beschrieben (l
Tab. 1
Diagnostische Kriterien des NES nach Allison et al. [20, 26]
übermäßiges Essen abends:
> 25 % der täglichen Kalorienaufnahme nach
dem Abendessen
und/oder
nächtliches Erwachen mit Nahrungsaufnahme
an mindestens drei Nächten pro Woche
assoziierte Faktoren
morgendliche Appetitlosigkeit
Schlafprobleme
depressive Verstimmungen
Stress
Die ¹American Academy of Sleep Medicine“ beschrieb 1990 das
¹nocturnal eating/drinking syndrom“ (NEDS; synonym verwen−
deter Begriff: ¹Night−Eating−Syndrom“) in der internationalen
Klassifikation der Schlafstörungen [22]. Beim NEDS kommt es
nachts zu wiederholten Episoden von Essen oder Trinken aus
dem Schlaf heraus, die Patienten erwachen und können nicht
wieder einschlafen, ohne etwas zu sich genommen zu haben.
Dabei darf keine andere medizinische Ursache oder eine Schlaf−
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Nächtliches Essen
Einleitung
Originalarbeit
Tab. 2
Sleep Related Eating Disorder SRED [24]
A
wiederkehrende Episoden von unfreiwilligen/unbewussten
(¹involuntary“) Essens oder Trinkens nachts aus dem Schlaf
heraus
B
mindestens eines der folgenden Symptome muss in Verbindung
mit dem nächtlichen Essen auftreten:
C
1
Verzehr ungewöhnlicher Nahrungsmittel oder −kombinationen,
Verzehr ungenießbarer oder giftiger Substanzen
2
Schlaflosigkeit aufgrund der Schlafunterbrechungen beim Essen,
Beklagen eines unerholsamen Schlafs oder Tagesmüdigkeit
3
Verletzungen im Schlaf
4
gefährliche Verhaltensweisen beim Versuch Essen zu erlangen
oder zuzubereiten/zu kochen
5
morgendliche Appetitlosigkeit
6
Gesundheitsgefährdende Folgen aufgrund wiederkehrender
Essanfälle mit hochkalorischen Nahrungsmitteln
dabei darf keine medizinische Ursache (z. B. endokrine oder
neurologische Krankheit), keine Schlaf− oder psychische Störung
bzw. kein Medikamenten− oder Drogenge−/−missbrauch als
mögliche Erklärung für die bestehende Schlafstörung vorliegen
oder psychische Störung als mögliche Erklärung für die beste−
hende Schlafstörung vorliegen.
In der zweiten Auflage der Internationalen Klassifikation der
Schlafstörungen [23] wurde das NEDS schließlich durch eine
neue essensbezogene Schlafstörung ersetzt: Die ¹Sleep Related
Eating Disorder“ (SRED), die sich durch wiederholte, jedoch zu−
meist unfreiwillige/unbewusste (¹involuntary“) nächtliche Nah−
rungsaufnahme auszeichnet, wobei gelegentlich auch eigentlich
nicht essbare Dinge verzehrt werden [23, 24]. Diese neue Defini−
tion sorgt auf den ersten Blick für eine bessere Abgrenzbarkeit
der beiden Störungen, denn sie beinhaltet Kriterien, die klar
einer Schlafstörung zugeordnet werden können und eher die As−
soziation zum Schlafwandeln als zu einer Essstörung aufkom−
men lässt (Verzehr ungewöhnlicher oder nicht essbarer Subs−
tanzen/Verletzungen/potenziell gefährliche Verhaltensweisen
bei der Suche oder der Zubereitung der Nahrung). Bei genaue−
rem Hinsehen reicht jedoch das Kriterium einer Schlafstörung
durch das Essen mit daraus folgendem unerholsamen Schlaf
bzw. das Kriterium der morgendlichen Appetitlosigkeit jeweils
in Verbindung mit der wiederholten unfreiwilligen/unbewuss−
ten (¹involuntary“) nächtlichen Nahrungsaufnahme zur Stellung
der Diagnose SRED aus. Damit bleibt die Unterscheidung zwi−
schen NES und SRED weiterhin unklar und es hängt alleine von
der Interpretation der Begrifflichkeit ¹involuntary“ ab, inwieweit
es einen Unterschied zwischen NES und SRED gibt. Einige Auto−
ren postulieren vor allem die Bewusstheit der nächtlichen Nah−
rungsaufnahme in Verbindung mit der ungestörten Erinnerung
an die nächtlichen Ereignisse am nächsten Morgen als Unter−
scheidungskriterium [13, 25, 26], dieses Kriterium ist jedoch
" Tab. 2
nicht in den offiziellen Kriterien der SRED hinterlegt. l
veranschaulicht die aktuellen Diagnostischen Kriterien der
SRED im Detail:
Zusammenfassung des abendlichen und nächtlichen
Essens
" Tab. 3 zeigt eine Übersicht über das Kernkriterium (abendli−
l
ches/nächtliches Essen) des NES und dessen Definition in den
von uns gefundenen Studien bis heute.
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Morgendliche Appetitlosigkeit
Morgendliche Appetitlosigkeit ist als Diagnosekriterium in fast
allen Studien zum NES enthalten. Doch auch die genaue Defini−
tion dieses Kriteriums ist uneinheitlich in den verschiedenen
Studien: Ursprünglich definiert von Stunkard (1955) [1] als
¹morgendliche Appetitlosigkeit, bei der kein Frühstück verzehrt
wird (bis auf einen Kaffee oder Orangensaft)“ wurde das Kriteri−
um in den folgenden Arbeiten immer wieder verändert. Viele
der Autoren verzichten ganz auf eine nähere Definition (so z. B.
[4, 6,11,13, 32]) oder fordern eine längere (unbestimmte) Zeit−
spanne zwischen Aufstehen und der ersten Mahlzeit [28], sodass
die Formulierung ¹Appetitlosigkeit am Morgen“ eine subjektive
Bewertung des Patienten bleibt. Striegel−Moore et al. [19] forder−
ten ¹keine Mahlzeit vor 9 Uhr morgens“, wo sich wiederum die
bereits geschilderten Probleme mit den kulturellen und indivi−
duellen Unterschieden im Essverhalten wiederfinden. Nur in
zwei Studien wurde nach der Definition von Stunkard et al. [1]
ein kompletter Ausfall des Frühstücks gefordert [12, 29], wobei
nur in der Studien von Gluck et al. [12] eine nähere Angabe zur
geforderten Häufigkeit (mindestens 4−mal pro Woche) gegeben
wurde.
Manchmal wird reines nächtliches Essen unter dem Begriff des
NES untersucht [33], oder, wie in der Studie von Allison et al.
[18], findet eine getrennte Untersuchung von nächtlichem (nach
dem Erwachen) ± und abendlichem Essen (nach dem Abendes−
sen, vor dem Schlafengehen) statt. In diesen Studien fehlt das
Kriterium der morgendlichen Appetitlosigkeit bei der Definition
des NES völlig.
Schlafstörungen
Schon in der ersten Beschreibung von Stunkard et al. [1] war eine
Einschlafstörung Teil der Diagnose NES. Alle Autoren fordern
eine Einschlaf− oder Durchschlafstörung, die jedoch nicht zwin−
gend mit einer Nahrungsaufnahme verbunden sein muss. Nur
wenige Studien versuchen eine klare Definition, indem sie eine
Häufigkeitsangabe des Kriteriums festlegen. So fordern Gluck et
al. [12] oder Stunkard et al. [15] ¹Probleme beim Einschlafen
oder nächtliches Erwachen an mindesten drei Tagen in der Wo−
che“, Birketvedt et al. [11] ¹nächtliches Erwachen mindestens
einmal in der Woche“ und Colles et al. [32] ¹Schlafprobleme an
mindestens drei Tagen in der Woche“. Bei den meisten Studien
blieb es jedoch bei der Frage ¹Haben Sie Schlafprobleme?“ oder
einer ähnlich unklaren Formulierung.
Es gibt wenige Studien, die eine standardisierte Erhebung be−
richten: mit Monitoringsystemen, die am Handgelenk getragen
werden können [13] oder erste Versuche mit Methoden des
¹Ecological Momentary Assessments“ mittels PalmPilot [34].
Forscher aus dem Bereich der Schlafstörungen arbeiten vor al−
lem mit Aufzeichnungen im Schlaflabor [8, 35].
Andere Kriterien
Einige Autoren fordern einen Zusammenhang des NES mit
abendlicher Anspannung und schlechter Stimmung [1, 27, 28],
dieses Kriterium findet jedoch sehr selten Anwendung.
Speziell die Dauer, für die die berichteten Symptome bestehen
sollten, um eine Störung zu diagnostizieren, ist ein wesentlicher
Bestandteil in der Diagnostik andere Essstörungen wie Anorexia
oder Bulimia nervosa. Auch beim NES gibt es analoge Bemühun−
gen, eine bestimmte Symptomdauer festzulegen. Birketvedt et
al. [11] forderten in ihren Kriterien des NES eine Dauer der Ver−
haltensweisen für mindestens 3 Monate, dieses Kriterium wurde
von verschiedenen Autoren übernommen [13, 36]. Die meisten
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Originalarbeit
Abendliches und nächtliches Essen in der Diagnostik des NES
Studie
Menge (mind.)
Zeitpunkt
Stunkard, Grace u. Wolff 1955 [1]
25 %
nach dem Abend−
essen
Kuldau JM 1986 [27]
Stunkard, Berkowitz, Wadden et al. 1996 [15]
den ganzen Abend
50 %
Zusatz
nächtliches Essen
immer wieder und
ohne Genuss
nach 19 Uhr
Adami, Meneghelli u. Scopinaro 1997 [16]
Essen vor dem Schlafengehen
oder nachts aufstehen
Rand, Macgregor u. Stunkard 1997 [28]
übermäßig
abends
Adami, Meneghelli u. Scopinaro 1999 [9]
50 %
nach 19 Uhr
Birketvedt, Florholmen, Sundsfjord et al.
1999 [11]
50 %
nach 18 Uhr
Powers, Perez, Boyd et al. 1999 [7]
25 %
nach dem Abend−
essen
Stunkard 2000 [14]
50 %
nach 18 Uhr
Aronoff, Geliebter u. Zammit 2001 [10]
50 %
nach 19 Uhr
Ceru−Bjork, Andersson u. Rossner 2001 [4]
die größte Menge
nach 19 Uhr
Gluck, Geliebter u. Satov 2001 [12]
50 %
nach 19 Uhr
Napolitano, Head, Babyak et al. 2001 [2]
50 %
nach 19 Uhr
Adami, Campostano, Marinari et al. 2002 [6]
25 %
nach dem Abend−
essen
Geliebter 2002 [29]
die größte Menge
am späten Abend
oder nachts
Pawlow, O’Neil, Malcolm 2003 [30]
50 %
nach 18 Uhr
O’Reardon, Ringel, Dinges et al. 2004 [13]
50 %
nach dem Abend−
essen
notwendig
Striegel−Moore, Dohm, Hook et al. 2005 [19]
50 %
nach dem Abend−
essen
notwendig (mind. einmal pro
Woche Erwachen, dabei gele−
gentlich etwas essen)
Allison, Wadden, Sarwer et al. 2006 [31]
25 %
nach dem Abend−
essen
± oder ±
mind. 3−mal pro Woche nächt−
liches Erwachen mit Nahrungs−
aufnahme
Lundgren, Allison, Crow et al. 2006 [21]
ein Drittel
nach dem Abend−
essen
± oder ±
mind. 3−mal pro Woche nächt−
liches Erwachen mit Nahrungs−
aufnahme
Rogers, Dinges, Allison et al. 2006 [8]
35 %
nach dem Abend−
essen
notwendig (mind. drei Nächte
pro Woche, Erwachen, dabei
meistens etwas essen)
Colles, Dixon u. O’Brien 2007 [32]
50 %
nach 19 Uhr
erhoben, jedoch nicht als Teil
der NES−Diagnose
Autoren geben jedoch keine Dauer der berichteten Symptome
an. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist der Ausschluss anderer
Erkrankungen, wie z. B. einer aktuellen Essstörung (eventuell
inkl. der Binge−Eating−Störung), Diabetes mellitus, der Gebrauch
von Diuretika, Drogenmissbrauch u. Ä. [11] oder der Ausschluss
von Menschen, die Schichtarbeit leisten [4]. In den meisten Stu−
dien finden sich keine expliziten Aussagen zu Ausschlusskrite−
rien bei der Diagnostik des NES, werden Kriterien definiert, sind
sie von Studie zu Studie unterschiedlich.
Erhebungsinstrumente
Nach der Beschreibung der Kriterien des NES mag es nicht über−
raschen, dass sich kaum einheitliche oder standardisierte Instru−
mente zur Erfassung des NES finden. Die meisten Autoren grei−
fen auf selbst entworfene Fragebögen oder Interviews zurück,
die ausschließlich eine Einschätzung ¹erfüllt die Kriterien/erfüllt
die Kriterien nicht“ ermöglicht. Nur selten werden Informatio−
nen zur Entstehung oder dem genauen Wortlaut der Fragen ge−
geben. Unseres Wissens nach gibt es nur einen Fragebogen, der
zur Erfassung des Schweregrades des NES entworfen und publi−
ziert wurde: Der ¹Night Eating Questionnaire“ (NEQ) ist ein Fra−
gebogen zur Selbsteinschätzung mit 14 Items, deren Intensität/
abendliches
Überessen
möglich ± später wurde es in die
Kriterien mitaufgenommen
Ausprägung auf einer 5−stufigen Skala eingeschätzt werden
kann (Werte 0 ± 4) [17, 26, 37]. Eine Frage dient nicht als Teil des
zu bildenden Summenscores, sondern dient nach Angabe der
Autoren [26] zur Abgrenzung gegen die bereits beschriebene
SRED: das Ausmaß der Bewusstheit beim nächtlichen Essen (7).
Die Fragen des NEQ umfassen:
1. die Intensität des morgendlichen Appetits
2. die Uhrzeit der ersten Mahlzeit
3. eine Einschätzung der prozentualen Kalorienmenge,
die nach dem Abendessen verzehrt wird
4. eine Einschätzung der Häufigkeit von ¹Schlafproblemen“
(nie; manchmal; etwa die Hälfte der Zeit; normalerweise;
immer)
5. die Häufigkeit von nächtlichem Erwachen
6. die Häufigkeit des Essens beim Erwachen
7. [das Ausmaß der Bewusstheit beim nächtlichen Essen]
8. Intensität einer gedrückten Stimmung
9. Stimmung ist schlechter (früher Morgen; später Morgen;
Nachmittag; früher Abend; später Abend)
10. Intensität des Verlangens, zwischen Abendessen und zu Bett
gehen zu essen
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Tab. 3
53
Originalarbeit
11. Intensität des Verlangens, beim nächtliche Erwachen zu
essen
12. Notwendigkeit, etwas zu essen um wieder einschlafen zu
können
13. Ausmaß der Kontrolle über das nächtliche Essen
14. Ausmaß der Kontrolle über das Essen zwischen Abendessen
und zu Bett gehen
15. [Dauer der Symptome]
Der Fragebogen wurde z. B. von Marshall et al. [17] zum Ver−
gleich mehrerer Gruppen eingesetzt, wobei vorab die Diagnostik
bezüglich des Vorliegens eines NES bereits abgeschlossen war.
Lundgren et al. [21] und Allison et al. [37] nutzten den Fragebo−
gen zum Screening, Personen mit Werten > 20 bzw. > 25 wurden
in den weiteren Diagnostikprozess einbezogen. Allison et al. [26]
konnten vor Kurzem eine gute Reliabilität und Validität des NEQ
zur Erfassung der Schwere des NES belegen [26], die Autoren
weisen jedoch darauf hin, dass sich der NEQ vor allem zur Erfas−
sung der Ausprägung des NES eignet, weniger zur Diagnosestel−
lung per se. Bei Einsatz des NEQ als Screeninginstrument emp−
fehlen die Autoren aufgrund der neuen Daten einen Cut−off−
Wert von > 30 auf der Summenskala des NEQ [26].
Zur Erfassung des nächtlichen Essens gibt es in der Literatur bis−
her nur ein Instrument, das im Rahmen der ausführlichen Evalu−
ation des Essveraltens und der essstörungsbezogenen Psychopa−
thologie auch in standardisierter Form Auftreten und Häufigkeit
des nächtlichen Essens erhebt: das Eating Disorder Examination
[38, 39].
Die Prävalenz des NES
Die berichteten Prävalenzraten von NES sind sehr unterschied−
lich, was bei der bereits dargestellten Vielfalt von Diagnosekrite−
rien nicht verwunderlich ist. In der Allgemeinbevölkerung wird
die Prävalenz des NES auf etwa 1,5 % geschätzt [28], bei Patienten
in Gewichtsreduktionsprogrammen wurden Prävalenzraten
zwischen 6 % [4] und 51 % [10] gefunden. Die Unterschiede in
den Prävalenzraten lassen sich oft eng mit den diagnostischen
Kriterien in Verbindung bringen. Zum Beispiel zeigen Studien
bei Patienten vor chirurgischer Adipositastherapie, die > 50 %
der täglichen Kalorienmenge nach 19 Uhr fordern, eine geringe−
re Prävalenzrate (8 % [9]) als Studien, die > 25 % der täglichen Ka−
lorienmenge nach dem Abendessen fordern (10 % [7] bis 16 % [6])
oder Studien, die keine explizite Mengenangabe vorgeben (15 %
[27] bis 25 % [40]) [41]. Wird zu dem Kriterium ¹>25 % der tägli−
chen Kalorienmenge nach dem Abendessen“ das nächtliche Er−
wachen mit Nahrungsaufnahme an mindestens drei Tagen in
der Woche gefordert, sinken die gefundenen Prävalenzraten auf
1,9 % [31].
Bezüglich den Prävalenzraten von NES kann nach heutigem Wis−
sensstand ein Zusammenhang mit Übergewicht und Adipositas
angenommen werden: Adipöse Patienten, die Behandlung auf−
grund ihres Übergewichts suchen, berichten eine höhere Präva−
lenzrate des NES als in der Allgemeinbevölkerung gefunden
wurde [5, 42]. Marshall et al. [17] untersuchten das NES bei 80
adipösen sowie normalgewichtigen Personen mittels einer in−
ternetbasierten Befragung. Dabei fanden sie in den Symptomen
und der Ausprägung des NES keinen Unterschied zwischen den
normalgewichtigen und adipösen Teilnehmern, sie fanden je−
doch einen Altersunterschied: Normalgewichtige Teilnehmer
mit NES waren signifikant jünger und gaben eine kürzere Symp−
tomdauer im Vergleich zu den adipösen Personen mit NES an.
Nach Marshall et al. [17] und Stunkard et al. [43] liegt nach die−
sem Ergebnis der Schluss nahe, dass das NES ein Risikofaktor
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oder sogar ein prädisponierender Faktor bei der Entstehung von
Übergewicht und Adipositas sein könnte.
Abgrenzung zu anderen Störungsbildern
Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede des NES mit der Schlaf−
störung SRED wurden bereits detailliert im Abschnitt ¹Nächtli−
ches Essen“ beschrieben.
Eine weitere wichtige Essstörung, die wie das NES auch, bei
übergewichtigen Patienten häufiger als in der Allgemeinbevöl−
kerung gefunden wird, ist die ¹Binge−Eating“−Störung (BES). Die
Betroffenen leiden unter wiederholten Essanfällen, sie konsu−
mieren dabei innerhalb von kurzer Zeit ungewöhnlich große
Mengen an Nahrungsmitteln, ohne dabei das Gefühl von Kont−
rolle über die Menge zu haben. Kompensatorische Verhaltens−
weisen wie extrem restriktives Essverhalten, Sport oder Erbre−
chen werden nicht regelmäßig eingesetzt. In Abgrenzung zum
NES liegt bei Patienten mit BES keine grundsätzliche Verschie−
bung des zirkadianen Essrhythmus vor, obwohl Essanfälle auch
in den Abendstunden auftreten können. Zudem wird von Patien−
ten mit NES speziell beim nächtlichen Essen normalerweise kei−
ne ungewöhnlich großen Mengen an Nahrungsmitteln verzehrt
[11, 20], wohingegen die Definition eines Essanfalls bei der BES
eine objektiv große Menge fordert. Aber auch Patienten mit NES
geben an, dass sie nur ein eingeschränktes Gefühl von Kontrolle
über die abendliche und speziell die nächtliche Nahrungsauf−
nahme haben.
Der Zusammenhang zwischen NES und BES wurde in der Ver−
gangenheit in mehreren Studien untersucht, die gefundenen
Überlappungen beider Syndrome waren jedoch gering. Der
höchste Zusammenhang wurde von Napolitano et al. [2] berich−
tet: In der Stichprobe von 83 Patienten eines Gewichtsreduk−
tionsprogramms erfüllten insgesamt 26,5 % der Patienten, bei
denen entweder NES oder BES vorlagen, die Kriterien für beide
Störungsbilder (in der Diagnostik des NES wurde kein nächtli−
ches Essen gefordert). In der aktuellsten Arbeit zum Vergleich
der beiden Störungsbilder von Allison et al. [31] wurde bei 215
Patienten vor chirurgischer Adipositastherapie bei nur 27 Pa−
tienten eines der beiden Syndrome diagnostiziert, 2 Patienten
(7 % der 27 Pat.) erfüllten dabei die Kriterien beider Störungsbil−
der (die Diagnose des NES erforderte nächtliches Essen). Insge−
samt bewegen sich die bis heute gefundenen Überschneidungen
von BES und NES zwischen 0 % und 26,5 % [5], sodass die meisten
Autoren heute von zwei unabhängigen Störungsbildern ausge−
hen [2, 9,18, 25, 37]. Birketvedt et al. [11] dagegen schlossen das
Vorliegen einer BES als Ausschlusskriterium in die Diagnostik
" Tab. 4).
des NES ein (l
Zusammenfassung
!
Die Erforschung des NES steckt bis heute in den Kinderschuhen.
Ein wachsender Kreis von Autoren veröffentlicht Studien, ohne
sich dabei auf eine einheitliche diagnostische Grundlage bezüg−
lich der Kriterien oder der Erfassung zu beziehen. Dennoch kann
auf der Grundlage der bisherigen Literatur von einem eigenen
¹Cluster“ von Verhaltensweisen ausgegangen werden, die zu−
mindest den Überbegriff eines ¹Syndroms“ verdienen. Schon
heute gibt es Überlegungen, ob es sich bei dem NES eher um
eine Auffälligkeit im Essverhalten handelt oder tatsächlich um
eine eigene Form der Essstörung [36] oder ob eine Aufnahme
des NES in die neue Version des DSM gerechtfertigt sei [44].
Sinnvoller erscheint zum heutigen Zeitpunkt zuerst eine klare
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54
Originalarbeit
Tab. 4
55
Vergleich zwischen BED/NES und SRED
BED
NES
SRED
Appetitlosigkeit am Morgen
normalerweise nicht
ja
ja
übermäßiges Essen abends
normalerweise nicht nur abends
ja
nein
Heißhunger tagsüber
ja
nur am Abend
nein
Essanfälle
ja
meistens nein (eher Snacks)
meistens nein (oft bizarre
Lebensmittel*)
nächtliches Essen
selten
ja
ja
Bewusstheit des nächtlichen Essens
ja
meistens ja
eventuell eingeschränkt
Erinnerungslücke an nächtliches Essen
nein
normalerweise nein
oft ja
Polysomnographiestudien
normal
geringe ¹Schlafeffizienz“
oft in Verbindung mit Schlaf−
störungen**
und verbindliche Definition der Kriterien, um vielleicht in den
nächsten Jahren die Beantwortung dieser Fragen zu ermögli−
chen. Zudem wäre für die Zukunft eine interdisziplinäre Heran−
gehensweise an das Konstrukt NES und nächtliches Essen in Ko−
operation mit Schlafforschern von Vorteil, vielleicht entstünde
auf lange Sicht Klarheit, ob sich die Konstrukte der essensbezo−
genen Schlafstörung und des NES unterscheiden lassen und/
oder in welchen Teilen sie überlappen. Zudem könnten beide
Forschergruppen methodisch viel voneinander lernen. Das Ziel
sollte sein, Patienten, die sich mit Ess− und schlafbezogenen Pro−
blemen vorstellen, kompetent auf beiden Ebenen begegnen zu
können.
Fazit für die Praxis
Das Night−Eating−Syndrom (NES) findet zunehmend Beach−
tung, einerseits im Bereich der Forschung, andererseits fin−
det es Eingang in die Medien und in Informationsunterlagen
an Patienten. In den meisten Fällen wird NES als eine Ess−
störung beschrieben, festgelegte diagnostische Kriterien
existieren dagegen nicht. Bis heute werden in den aktuellen
Publikationen die Kriterien beständig modifiziert. Ob es sich
beim NES um ein Phänomen mit Krankheitswert handelt
und ob sich eine eigenständige ¹Diagnose“ ableiten lässt, ist
nach heutiger Datenlage völlig unklar. Im Umgang mit den
betroffenen Patienten und ihren Symptomen ist es wichtig,
sich bei der Suche nach und der Bewertung von Informatio−
nen über die heute noch mangelnde Validität des Konstrukts
und die fehlende Generalisierbarkeit der Ergebnisse im Kla−
ren zu sein.
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