Bindung

Werbung
Tiergestützte Interventionen
und Bindung
Andrea M. Beetz
Dipl.-Psych., Dr. phil.
Universität Rostock, Institut für
sonderpädagogische Entwicklungsförderung und
Rehabilitation
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Übersicht
• Einsatzbereiche (Assistenz, Therapie, Pädagogik)
• Integratives Modell der Mensch-Tier-Beziehung
• Was wirkt? Mechanismen tiergestützter Pädagogik
• Umsetzung: Auswahl der Tiere, Genehmigungen, etc.
• Pädagogische Projekte: Lesen, Konzentrationstraining,
Sprachförderung, sozio-emotionales Training
• Therapie: Therapeutisches Reiten (Mutter/Kind, Jugendliche),
Voltigieren
• Risiken!
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Geschichte der tiergestützten
Therapie
Tiergestützte Therapie (AAT Animal Assisted Therapy)
Tiergestützte Aktivitäten (AAA Animal Assisted Activities)
Tiergestützte Interventionen (AAI Animal Assisted Interventions)
Tiergestützte Pädagogik (AAE Animal Assiste Education)
Einsatz von Tieren in Psychiatrie und Sanatorien
• Bereits im 9. Jahrhundert wurden Tiere in der „therapie naturelle“
eingesetzt (Arkow, 1993)
• York Retreat in England (1792)
• Bethel in Deutschland (1867)
eher unspezifischer Einsatz von Tieren (Umfeld)
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Geschichte der tiergestützten
Therapie
• Seit 1947 Green Chimneys in NY, USA; Internatsschule für
emotional gestörte Kinder/Jugendliche, inzwischen eine der weltweit
größten Einrichtungen mit tiergestützter Therapie
• Anstoß zur Systematisierung und Untersuchung von AAT durch den
Therapeuten Boris Levinson (1961) mit seinem Hund Jingles
• Verschiedene Organisationen in D, Ö, USA
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Einsatzbereiche von Tieren für
Menschen
Es gibt 4 Bereiche, in denen Tiere für das Wohl von
Menschen gezielt eingesetzt werden:
1. Assistenzhunde
Für Menschen mit körperlichen Behinderungen,
z. B. Blindheit, Gehörlosigkeit, Epilepsie,
Diabetes, Lähmungen;
inzwischen auch für Personen mit
Schwierigkeiten im Sozialkontakt
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Einsatzbereiche von Tieren für
Menschen
• 2. Tiere in der Pädagogik
• Tiere werden zum einen permanent in der Schule
(Schulhund) eingesetzt oder kommen besuchsweise
(Besuchshund)
• Hund/Tiere im Klassenzimmer –
Humane Education, mehr Empathie (Ascione, 1992)
• Tiergestützte Heilpädagogik (Vanek-Gullner, 2003)
• Besuchsprogramm: Keine Angst vorm
großen Hund
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Einsatzbereiche von Tieren für
Menschen
• 3. Tiergestützte Aktivitäten und Fördermaßnahmen
(Animal Assisted Activities AAA)
– Besuchsdienste (mit Hund, Kaninchen) in Alten- und Pflegeheimen,
Kinderheimen, Psychiatrien
– Anwesenheit von Tieren in Heimen und Stationen ohne gezielten
Einsatz in der Therapie – eher therapeutisches
Umfeld, weniger strukturiertes Angebot, keine Therapieziele und
Dokumentation
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Einsatzbereiche von Tieren für
Menschen
• 4. Tiergestützte Therapie (animal assisted therapy AAT)
– Gezielter Einsatz von Tieren innerhalb einer Therapie
– Arbeit mit einem menschlichen Therapeuten, d.h. die Person hat
eine grundlegende Ausbildung und evtl. eine
Therapieausbildung in dem Gebiet auf dem sie Therapie betreibt
– das Tier ist Assistent, nicht Therapeut!!!
– Einsatz in der:
•
•
•
•
Ergotherapie
Physiotherapie (z. B. Hippotherapie)
Psychotherapie
Logopädie
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Einsatzbereiche von Tieren für
Menschen
4. Tiergestützte Therapie (animal assisted therapy AAT)
– Häufig Hunde, da vielseitig einsetzbar und unkompliziert
– Pferde und Esel beim psychotherapeutischen/
heilpädagogischen Reiten und Voltigieren
– Auch Hasen, Meerschweinchen, Schweine, Schafe, Lamas,
Katzen, Enten, Hühner und Delphine sind in der AAT zu finden
– Wichtig ist die gute Beziehung des
Therapeuten zu seinem Therapietier
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Wahrnehmung des Therapeuten
Schneider, M. und Harley, L. (2004). The influence of companion animals on
how psychotherapists are perceived. Vortrag 10. Internat. conference on
Human-Animal Interaction
• 34 männliche und 51 weibliche StudentInnen sahen Videos von einem
Therapeuten und einer Therapeutin mit bzw. ohne Hund.
• Ratings auf der Counselor Rating Form zeigten:
Generelle Zufriedenheit mit TherapeutIn höher, wenn Hund anwesend
Spezifisch: TherapeutIn vertrauenswürdiger, wenn Hund anwesend. –
Keine Unterschiede hinsichtlich Expertise und Attraktivität des/der
TherapeutIn
• Disclosure to Therapist Inventory:
höhere Bereitschaft zur Selbstmitteilung, wenn Hund dabei
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Grundlagen der
Mensch - Tier - Beziehung
Es gibt bisher kein einheitliches Modell der Mensch-Tier-Beziehung
nur einige Wirkfaktoren wurden identifiziert:
• Nonverbale Kommunikation
• Soziale Unterstützung
• Sozialer Katalysator
• Aschenputtel-Effekt
• Tiere als Gefährten und Freunde
• Uneingeschränkte Akzeptanz
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Grundlagen der
Mensch - Tier - Beziehung
Eine Theorie der Mensch-Tier Beziehung sollte:
• nicht nur erklären, was sich durch die Interaktion mit dem Tier
verändert
• sondern auch die Bezugnahme des Menschen zum Tier
überhaupt erklären
• es erlauben, Wirkmechanismen abzuleiten
• zum Verständnis beitragen
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Grundlagen der
Mensch - Tier - Beziehung
Theoretische Ansätze zur Erklärung der Mensch-Tier Beziehung
– Biophilie-Hypothese von Wilson und Kellert
– die Bindungs-Theorie von J. Bowlby
Integration der grundlegenden Theorien und Befunde zu AAI in der
Interdisziplinären Theorie der Mensch-Tier-Beziehung
Julius, Beetz, Uvnäs-Moberg, Turner, Kotrschal 2011
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Eine Theorie der Mensch-Tier
Beziehung: Bindung
Bindungstheorie (J. Bowlby 1940, 1969)
• Beobachtungen von Verhalten (Ethologie)
• Erforschung von Mutter-Kind-Bindungen an Rhesusaffen im Hinblick auf
die Überlebensfunktion im Sinne der Evolutionstheorie (Harlow &
Zimmermann, 1958)
• Revolution des Erziehungsverhaltens in den 50ern; vor allem auch in
Heimen und im Umgang mit Fremdversorgung von Kleinkindern
• Beginn der Bindungsforschung, die bis heute immer mehr an Bedeutung
gewonnen hat als eine der wichtigsten Grundlagen der Entwicklung
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Bindung
• Bindungsverhaltensweisen sind nicht nur von dem Bedürfnis
nach physischer Versorgung, Schutz und Wissenserwerb
abhängig
• Harlow-Experimente
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Bindung
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Bindung
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Bindung
• Komplementär zum Bindungssystem gibt es bei der Pflegeperson ein
Pflegesystem
• Bindung ist auch noch im Erwachsenenalter von Bedeutung (Bretherton,
1995)
• Unabhängig vom Lebensalter ist die Fähigkeit, Bindungen zu anderen
Personen aufzubauen, ein grundlegendes Merkmal einer effektiv
funktionierenden Persönlichkeit und psychischer Gesundheit
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Bindung
Bindung und Caregiving als Verhaltenssysteme
• Verhaltenssysteme sind angeboren, ihre Ausformung jedoch basiert auf
Erfahrung
• Primärstrategie: sichere Bindung bzw. flexibles Pflegeverhalten
(Caregiving)
• Sekundärstrategien: bei ungünstigen Umweltbedingungen :
unsichere/desorganisierte Bindung bzw. nichtflexibles/desorganisiertes/dysreguliertes Caregiving
Wichtig: Bindung und Caregiving bei Lehrern und Therapeuten!
Interagieren mit den unsicheren Bindungsmustern der Kinder….
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Bindung
Entwicklung von Bindung
• Im Lauf des ersten Lebensjahres entsteht eine Bindung zu einer
Bezugsperson (meist der Mutter, aber auch andere Pflegepersonen)
• Bindungsperson reagiert im Idealfall auf die kindlichen Bindungssignale
mit angemessenem Pflegeverhalten
• Bindungsverhalten: alle Verhaltensweisen des Kindes, die darauf
abzielen, Nähe zur Pflegeperson herzustellen oder aufrecht zu erhalten
• Pflegeverhalten: alle Verhaltensweisen der Pflegeperson, die darauf
abzielen, Nähe zum Kind herzustellen oder aufrecht zu erhalten, und
Stress im Kind zu regulieren (Schutz, Versorgung)
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Funktion von Bindung
• Schutz des Kindes, gute Entwicklung, Regulation von
Stress
• Bezugsperson dient als
– sichere Basis (für Exploration)
– sicherer Hafen (haven of safety – bei Gefahr/Stress)
– externale Emotionsregulation/Stressregulation (negative
Emotionen z.B. bei Trennung durch Nähe und Zuwendung
lindern)
– Gefühl der Sicherheit (felt security)
– Trennungsschmerz/Wunsch nach Kontakt
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Funktion von Bindung
• Erfolgreiche Deaktivierung des Bindungssystems geht mit positivem
Gefühl/Emotion bei Mutter und Kind einher (Oxytozin-ausschüttung,
Reduktion von Stress (Kortisol, autonomes Nervensystem, Sympathikus)
• Bindungs- und Pflegeverhalten wird manchmal auch in Abwesenheit von
Stress/Gefahr gezeigt (wohl zur Stabilisierung der Beziehung)
• aufgrund von Erfahrung ein internales Arbeitsmodell von
Bindung/caregiving – System von Regeln und Erwartungen, wie sich
andere verhalten, verknüpft mit Emotionen
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Bindungsmuster
Sichere und unsichere Bindung
Sicher: Vertrauen in die Verfügbarkeit der Bindungsperson, Balance
zwischen Exploration und Bindung, Offenheit für Eindrücke von außen
und eigene Emotionen – Integration in ein stimmiges Bild
vier verschiedene Bindungsmuster beim Kind
• sicher
• unsicher-vermeidend (vermeidet Kontakt bei Bindungsstress,
Exploration erhöht)
• unsicher-ambivalent (klammert ohne sich zu beruhigen durch Kontakt)
• desorganisiert (kontrollierendes Verhalten, fürsorglich/strafend;
Dissoziation
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Bindung und Caregiving
• Bindung und Caregiving
• sicher: kontingent/zuverlässig, fürsorglich, unterstützend,
• vermeidend: “stell Dich nicht an”, “ist nicht schlimm”,
“berherrsch Dich”, wenig unterstützend, abweisend,
distant care
• ambivalent: Umkehrung der Rollen, mal überfürsorglich/mal zurückweisend,
unberechenbar, vages caregiving
• desorganisiert: evtl. Missbrauch, unberechenbar, angstauslösend,
desorientiert, Entzug von Caregiving, z. B. eigenes
unverarbeitetes Trauma
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Bindung – Übertragung des IWM
Das internale Arbeitsmodell von Bindung wird übertragen:
–
auf andere Personen zu denen eine Beziehung aufgebaut wird (z. B.
Lehrer, Therapeuten, Partner)
– auch caregiving Arbeitsmodell wird möglicherweise übertragen (s.
Lehrer, etc.)
Problem: alte Muster (unsicher/desorganisiert) werden gefestigt –
Therapie sollte aber sichere Bindungsmuster fördern
Die therapeutische Beziehung sollte Kriterien einer sicheren Bindung
aufweisen (Stressreduktion, Vertrauen) – damit sich der Patient
öffnen kann, explorieren kann (Inneres/Äußeres), lernen kann (s.
auch pädagogischer Kontext, Spitzer/Hüther/Roth)
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Bindung zwischen Mensch und Tier
Übertragung der Bindungstheorie auf Mensch-Tier Beziehung
 Keine Transmission unsicherer/desorganisierter Bindung auf Beziehung
zum Tier (meistens jedenfalls)
 Gründe:
 Tiere sind anders (die kognitiven Schemata werden nicht aufs Tier
übertragen
 Tiere sind nicht so fordernd und vergeben Fehler in Beziehungen eher
 Tiere sind im Verhalten leichter einzuschätzen, konstanter (v.a.
Therapietier)
 Komponente des Körperkontakts (Körperkontakt ist Bestandteil
sicherer Beziehung, entsprechende Ausschüttung von Oxytozin)
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Bindung zwischen Mensch und Tier
Übertragung der Bindungstheorie auf Mensch-Tier Beziehung
 Openness to securely attach (auch wenn noch keine Bindung besteht;
Kurzzeitinterventionen, Julius et al 2011)
 Entsprechende hormonelle/physiologische Situation im Patienten (Stress
reduziert, Oxytozin erhöht)
 Daher: Offenheit eine sichere Beziehung zum Tier einzugehen
 2. Schritt in der Therapie: Übertragung der sicheren Beziehung vom Tier
auf den Therapeuten – dann auf andere Personen ausserhalb der
therapeutischen Beziehung
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Caregiving gegenüber Tieren
• Tiere können das Pflegeverhaltenssystem beim Menschen aktivieren
• Auch schon bei Kindern (wobei Pflegeverhalten nicht stabil, da in starker
Konkurrenz mit anderen Verhaltenssystemen, z. B. Exploration,
Affiliation)
• Viele Interaktionen sind Pflegeinteraktionen (füttern, bürsten, versorgen)
• Gehen mit den gleichen positiven Gefühlen (und wahrscheinlich
Hormonreaktionen/physiologischen Reaktionen ) wie Bindung einer
• Caregiving in der Mensch-Tier-Beziehung besonderer Faktor!
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Bindung von Tieren an den Menschen
•
Tiere (Hunde) zeigen Bindungsverhalten an den Menschen (Fremde
Situation)
• Möglicherweise zeigen Tiere auch Pflegeverhalten gegenüber Menschen
(Lecken, trösten)
• Für Bindung/Caregiving sind domestizierte Spezies am besten geeignet
(nicht gezähmte Wildtiere), da genetisch selektiert auch für Offenheit für
menschlichen Kontakt (wenn richtig geprägt)
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Das Bindungshormon Oxytozin
Kerstin Uvnäs-Moberg: The Oxytozin Factor
Oxytozin = Bindungshormon
 Ausbildung eines sozialen Gedächtnisses und fester Bindungen (Gabe
von Oxytozin verändert Paarbindung bei Ratten)
 wird ausgeschüttet bei der Geburt (durch die Wehen bei der Mutter;
aber auch beim Vater), beim Orgasmus, Verliebtheit, bei positiver
Interaktion/Zuwendung/ Körperkontakt
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Das Bindungshormon Oxytozin
Komplex von Effekten:
 Stärkt das Vertrauen zu anderen Menschen, vermindert Angst
 Vermindert Schmerzen
 Erhöht Empathie (Erkennen von Emotionen)
 Stärkt Ruhe und gute Stimmung
 Senkt Stress und puffert ihn ab (HPA-Achse, Autonomes
Nervensystem); senkt Blutdruck, Puls, erhöht Immunglobuline, senkt
Kortisol)
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Fazit für AAI
• Ein Weg um Zugang zum Patienten zu bekommen, ihn
„lernbereit/explorationsbereit“ zu machen, über Oxytozin, und Aufbau einer
vertrauensvollen Beziehung, erst zum Tier, dann zum Therapeuten – ähnlich
auch im pädagogischen Setting anzuwenden
• Lernen ist nur in Abwesenheit von Stress und positiver Stimmung möglich
(s. Veröffentlichungen von Spitzer, Hüther, Roth)
• Tiergestützte Pädagogik kann also die Voraussetzungen für
sozioemotionales und kognitives Lernen verbessern
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Fazit für AAI
• Wichtig: meister Stress auch im pädagogischen Setting ist sozialer Stress
(gerade im sonderpädagogischen Bereich)
• Bindung zum Lehrer sollte sichere Bindung sein – protektiver Faktor für die
Entwicklung und Voraussetzung für effektive Stressregulation in der Schule
SIEHE: Bindungsgeleitete Interventionen (Prof. Henri Julius)
• Voraussetzung ist eine gute Therapeut – Therapietier-Beziehung/SchulhundLehrer-Beziehung (Verlässlichkeit, kein Stress – sonst Übertragung/keine
positiven Effekte)
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Tiergestützte Pädagogik
• Schulhunde
• Lesen mit Hund
• Konzentrationstraining mit Hund
• Bindungsgeleitete tiergestützte Interventionen
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Studien zum Hund in der Schule
Kotrschal und Ortbauer (2001)
Kurzzeiteinflüsse von Hunden auf das Sozialverhalten von
Grundschülern
• Hund war einfach anwesend für 5 Monate
• 10 Mädchen, 14 Jungen
• Aufnahme mit der Videokamera
• Kinder ausländischer Herkunft (fast 100% an dieser Schule, Wien)
• Durchführbar trotz Bedenken der Eltern muslimischer Kultur, in der
Hunde oft als schmutzig angesehen werden
• 3 wechselweise anwesende Hunde
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Studien zum Hund in der Schule
Ergebnisse Kotrschal & Ortbauer
• Schüler berichten, dass sie lieber zur Schule gehen
• Keine einheitliche Wirkung der Hunde auf alle Kinder
• Sehr individuelle Beziehungen zum Hund und Effekte
• Einige beschäftigten sich viel, andere wenig oder gar nicht mit dem
Hund
• Die Klasse wurde in ihrem Verhalten:
– einheitlicher
– weniger laut
– aufmerksamer der Lehrerin gegenüber
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Studie zum Hund in der Schule
Ergebnisse Kotrschal & Ortbauer
• Die Kinder verbringen weniger Zeit am Platz bei Anwesenheit des
Hundes
• Sie beschäftigen sich weniger alleine
• Hatten mehr positive Sozialkontakte untereinander als vorher
• Lehrerin wurde mehr beachtet, und daher…
•
…war es einfacher, Streitigkeiten zu schlichten
• Die Kinder achteten die Lehrerin als „Herrin“ der Hunde mehr
• Weniger lautes Schreien, da Hund so geräuschempfindlich
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Studie zum Hund in der Schule
Beetz 2010
• Begleitung von 2 dritten Klassen und deren Parallelklassen über 6
Monate bzw. 1 Jahr.
• In Klasse A war der Hund jeden Tag anwesend, in Klasse B nur
einen Tag pro Woche
Effekte: Klasse A (im Vergleich zu Kontrolle):
• Anstieg der Prüfungsangst und offen gezeigter Angst
Effekte Klasse B:
• Mehr Freude am Lernen, positivere Einstellung zur Schule, bessere
Emotionsreguation
Großer Einfluß der Lehrkraft – unabhängig vom Hund
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Schulhundstudie: Ergebnisse
Positive Einstellung zur Schule
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Schulhundstudie: Ergebnisse
Freude am Lernen
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Schulhundstudie: Ergebnisse
• Schulhundeklasse hatte zu Schuljahresbeginn niedrigere
Werte in Adaptiver Emotionsregulation (t1: t=-2.842;
p=.007)
• Am Schuljahresende waren die Werte vergleichbar mit
der Kontrollklasse
(repeated measure ANOVA: Greenhouse-Geyser:
F=3.231, p=.079).
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Schulisch relevante Effekte eines Hundes
Gee, Harris & Johnson (2007): Kinder mit und ohne
Entwicklungsverzögerungen führen eine motorische Aufgabe
schneller in Anwesenheit eines Hundes durch
- Hund als Motivator
- Reduktion von Stress, mehr Entspannung, höheres Tempo
bei der Aufgabenlösung
Gee, Sherlock, Bennet & Harris (2009): Besseres Befolgen von
Instruktionen bei einer Imitationsaufgabe bei Kindern mit/ohne
Sprachstörungen in Anwesenheit eines Hundes
Gee, Crist & Carr (2010): Weniger Hilfestellungen notwendig bei
einer Erinnerungsaufgabe wenn Hund anwesend
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Lesen mit Hund
Wöchentliche Leseförderung im Unterricht, 2 Gruppen
- Gruppe A mit Hunden (N=6, männlich)
- Kontrollgruppe (N=7, 2 männlich, 5 weiblich): gleiches Buch, gleiche
Lehrkraft, ohne Hunde
- 12 Termine, Vor-/Nachtest, Follow-up Lesefähigkeit und Vertrauen
zum Lehrer
Ergebnisse:
• In beiden Gruppen Verbesserung der Lesefähigkeit, sign. erst nach
den Sommerferien (follow-up)
• Keine sign. Unterschiede zwischen den Gruppen
• Alle Kinder würden lieber mit Hund Lesen – Motivation!
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Lesen mit Hund
• Am effizientesten in Einzelförderung, da keine soziale Bewertung
• Reading with dogs (Bibliotheken USA)
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Konzentrationstraining mit Hund
Beetz & Saumweber, 2010
• 14 Kinder mi ADHS, Kinder-Jugendpsychiatrie Aschaffenburg
• Durchführung in Kleingruppen von 3-4 Kindern, 2x pro Woche, 5
Wochen
• Kontaktphasen mit Hund während üblicher Konzentrationsaufgaben
(s. Training von Ettrich)
Ergebnisse
• Im Elternbericht zeigte sich eine deutliche Abnahme der Impulsitivät
bei den Jungen über den Therapiezeitraum
• Prüfungsangst, generelle Angst und Schulunlust nahm bei den
Jungs signifikant ab
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Ausbildung von Mensch und Tier
• Bisher keine staatlich anerkannten Ausbildungen
• Qualität sehr unterschiedlich
• Mensch muss auf Basis seines Grundberufs zusätzlich lernen, wie
er das Tier gezielt einsetzen kann
• Tierhaltung, Stress-Signale des Tieres erkennen
• Schultiere haben andere Anforderungen als Therapietiere für
Einzelpsychotherapie
• Eignung des Tieres prüfen
Eine gute Ausbildung des TEAMS ist wichtig um die Risiken für Klient
und Therapietier zu minimieren und um Erfolge zu erzielen
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Risiken tiergestützter
Interventionen
• Allergien
• Hygiene
• Verletzungen/Unfälle
• Psychische Risiken:
– Abwehrmechanismen werden gemindert, Klienten werden
verletzlicher
– Kontinuität der tiergestützten Intervention: bevor sie endet sollte
eine gute Beziehung zum Menschen hergestellt sein – sonst
wiederholter Verlust
• Risiken für das Tier (Tierquälerei, Stress)
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Literatur
• Projekte der Universität Rostock, Institut für Sonderpädagogische
Entwicklungsförderung und Rehabilitation (Prof. Dr. Julius, Dr.
Andrea Beetz)
- Frühförderung mit Pferd
- Therapeutisches Reiten für Kinder mit Verhaltensauffälligkeit
- Empathie-Training mit Meerschweinchen
- DACh-Studie: Stressreduktion durch Hund
• Julius, Beetz, Kotrschal,Turner, Uvnäs-Moberg. Attachment to
Pets/Bindung zu Tieren. Hogrefe 2012
• Beetz, A. : Der Schulhund – wissenschaftliche Grundlagen und
Praxis. Reinhardt 2012
• Olbrich und Otterstedt: Menschen brauchen Tiere. Kosmos Verlag
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!!!
Kontakt:
[email protected]
Andrea Beetz – Workshop: Tiergestützte Interventionen und Bindung
Herunterladen