Histologie

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Matthias Birnstiel
Modul
Histologie
Medizinisch wissenschaftlicher
Lehrgang
CHRISANA
Wissenschaftliche Lehrmittel, Medien, Aus- und Weiterbildung
Inhaltsverzeichnis des Moduls Histologie
•Gewebearten
•Epithelgewebe
•Aufgaben der Epithelien
•Oberflächenepithelien
•Drüsenepithelien
•Gestalt der exokrinen Drüsen
•Ausschleusungsart
•Binde- und Stützgewebe
•Bausteine des Binde- und Stützgewebes
•Zellreiches Binde- und Stützgewebe
•Embryonales Bindegewebe
•Retikuläres Bindegewebe
•Fettgewebe
•Faserreiches (fibrilläres) Binde- und Stützgewebe
•Kollagen
•Knochengewebe
•Bausteine des Knochengewebes
•Formen der Knochen
•Bau eines Knochens
•Knochen(neu)bildung
•Muskelgewebe
•Quergestreifte Muskulatur
•Bau der Skelettmuskulatur
•Kontraktion des Skelettmuskels
•Chemie des Muskelstoffwechsels
•Glatte Muskulatur
•Herzmuskulatur
•Nervengewebe
•Bau einer Nervenzelle
•Neuroglia (Nervenstützgewebe)
Auszug aus dem Modul Histologie
Bausteine des Binde- und Stützgewebes
Alle Binde- und Stützgewebe sind aus Zellen und Interzellularsubstanz
zusammengesetzt. Die Zellen sind entweder ortsansässig - haben also eine
unveränderliche Lage im Verband (fixe Zellen) - oder frei beweglich (freie
Zellen). Wir finden je nach dem Gewebe, in welchen sie vorkommen:
• Bindegewebszellen,
• Fettzellen (siehe 3.2.2.3),
• Knorpelzellen (siehe 3.2.4.1),
• Knochenzellen (siehe 3.2.4.2).
Die ortsansässigen Bindegewebszellen oder Fibrozyten1 sind verzweigt
und stehen über verschieden breite Cytoplasmafortsätze miteinander in
Verbindung (Abb. 6).
Abb. 6:
Links: Fluoreszenzaufnahme von zwei
Fibroblasten. Zu sehen
sind der Zellkern (rosa)
und das Zytoskelett
(gelb).
Bildquelle: Bio Research
Rechts: Fibrozyten aus
dem lockeren faserigen
Bindegewebe (Ratte).
Zellfortsätze
kollagene Mikrofibrillen
Die langen Zellfortsätze
berühren einander ohne
erkennbare Haftstrukturen auszubilden, und
im Interzellularraum sehen wir einige kollagene
Mikrofibrillen.
Bildquelle: Eigenes Bild
Junge Fibrozyten spielen eine wichtige Rolle bei der Bildung der Interzellularsubstanz und insbesondere der Fasern; in diesem Tätigkeitszustand
heissen sie Fibroblasten2, doch werden in der Medizin die Bezeichnungen
Fibrozyt und Fibroblast synonym gebraucht. Zur Bildung von Interzellularsubstanz bzw. ihrer Bausteine sind in erster Linie Fibroblasten,
Knorpel- (Knorpelzellen), Osteo- (Knochenzellen) und Odontoblasten
(Zellen der Zahnpapille) befähigt.
Einen ähnlichen weitmaschigen Verband wie die Fibrozyten bilden die
Mesenchymzellen3 (siehe 3.2.2.1) und ein Teil der Retikulumzellen (siehe
3.2.2.2). Letztere sind stern- oder netzförmige, undifferenzierte und pluripotente Zellen. Sie bilden Grundsubstanz (s.u.) und die retikulären Fasern (s.u.).
1 Fibrozyten sind Zellen des Bindegewebes, welche zwischen den Fasern der Extrazellulärmatrix liegen.
Fibrozyten bilden mit ihren Zellfortsätzen untereinander ein dreidimensionales Netzwerk aus und stabilisieren so das aus Fasern (u.a. Kollagen) aufgebaute Bindegewebe. Fibrozyten sind die ruhende Form
der Fibroblasten und stellen selber keine Fasern für die Extrazellulärmatrix her. Nur bei Traumatisierung
des Gewebes können Fibrozyten sich erneut in Fibroblasten umwandeln und Fasern herstellen und in
ihre Umgebung abgeben.
2 Fibroblasten sind Zellen, die ein Hauptbestandteil des Bindegewebes sind. Sie spielen eine wichtige
Rolle bei der Synthese der Interzellularsubstanz, die zum Aufbau der sogenannten Extrazellulärmatrix
benötigt wird. Zu den Produkten von Fibroblasten gehört hauptsächlich das Kollagen, das zusammen
mit den ebenfalls gebildeten Proteoglykanen für eine erhöhte Festigkeit der Extrazellulärmatrix sorgt.
3 Mesenchym bildet zusammen mit dem gallertigen Bindegewebe das embryonale Bindegewebe. Aus dem
Mesenchym entwickelt sich: lockeres, straffes und retikuläres Bindegewebe, Knochen und Knorpel, glatte
Muskulatur und Herzmuskel, Niere und Nebennierenrinde, Blutbildendes System, Blut- und Lymphgefässe
Die Interzellularsubstanz besteht aus folgenden Anteilen:
• Fasern,
• Grundsubstanz.
Nach den morphologischen Eigenschaften gibt es drei verschiedene Arten
von Bindegewebsfasern:
• kollagene Fasern,
• retikuläre Fasern,
• elastische Fasern.
Die kollagenen Fasern enthalten als Hauptkomponente das Protein Kollagen4 (gr. kólla = Leim) und haben dadurch ein sehr grosses Elastizitätsmodul, d.h. sie sind fast nicht dehnbar. Je nach Anordnung der kollagenen
Fasern (Scherengitterprinzip, Abb. 7) ist ein kollagenes Fasersystem
jedoch leicht dehnbar. Dieses Prinzip verleiht dem entsprechenden Gewebe bei leichter Dehnbarkeit vor allem hohe Zugsfestigkeit wie wir sie
z.B. bei Sehnen kennen.
Die retikulären Fasern (Retikulinfasern5) weisen eine grundsätzlich den
Kollagenfasern entsprechende Bauweise auf. Sie werden von Retikulumzellen (Retikulum = Netzchen)
gebildet und unterscheiden
sich von den Kollagenfasern lediglich durch ihren
Kollagentyp. Die Retikulinfasern sind im Organismus
weit verbreitet. So bilden
sie interzelluläre Stützelemente des retikulären
Gewebes (siehe 3.2.2.2)
und des Fettgewebes und
kommen darüber hinaus
neben den Kollagenfasern
im lockeren und straffen Bindegewebe vor.
Die elastischen Fasern weisen als Hauptkomponente das Protein
Elastin6 auf. Dies verleiht den entsprechende Geweben eine gewisse
Elastizität. Diese ist für Bänder, elastischen Sehnen und Lungenbindegewebe von grosser physiologischer Bedeutung.
Die komplex zusammengesetzte Grundsubstanz7 ist, wie bereits
erwähnt, im wesentlichen ein Produkt der Fibro-, Chondro- (Knorpelbildungszellen) und Osteoblasten (Knochenbildungszellen). Die Grundsubstanz ist von grosser Bedeutung für den selektiven Stoffaustausch
zwischen Zellen und Blut; sie repräsentiert das zwischen Kapillarwand
und Zellmembran eingeschaltete Medium, durch welches der Transport
von Nährstoffen und Abbauprodukten erfolgt (Abb. 8).
4 Kollagen ist ein Strukturprotein hauptsächlich des Bindegewebes (genauer: der extrazellulären Matrix). Im menschlichen Körper ist Kollagen mit über 30 % Anteil an der Gesamtmasse aller Proteine
das häufigst vorkommende Eiweiß. Es ist ein wesentlicher organischer Bestandteil des Bindegewebes
(Knochen, Zähne, Knorpel, Sehnen, Bänder) und der Haut
5 Retikuläre Fasern sind ein Strukturelement der Extrazellulärmatrix. Retikuläre Es sind feine, netzartig
angeordnete Fasern. Sie bestehen überwiegend aus Kollagen und werden von Retikulumzellen und Fibroblasten gebildet und sezerniert.
6 Elastin ist ein elastisches Faserprotein, das aus Polypeptid-Untereinheiten besteht. Es ist eines der wichtigsten Strukturproteine des menschlichen Körpers. Es kommt zu einem grossen Teil in der Lunge, der
Haut und in den Blutgefässen vor und verleiht diesen Organen ihre charakteristischen Eigenschaften die Elastizität
7 Die Interzellularsubstanz des Bindegewebes besteht aus einer Grundsubstanz, v.a. Eiweiße und Kohlenhydratverbindungen, und verschiedenen Fasern. Für jedes Bindegewebe ist die Mischung aus einem
oder mehreren Fasertypen mit einer Grundsubstanz charakteristisch.
Abb. 7:
Schematische Darstellung der Beeinflussung
der Struktur der kollagenen Fasersysteme
durch die Richtung der
Zugkräfte (Scherengitterprinzip)
Bildquelle: Eigenes Bild
10
11
1
4
5
6
7
Abb. 8:
Die Bedeutung der Interzellularsubstanz für
den Stoffaustausch
Die gelben und schwarzen Pfeile geben z. T. die
Wege der Resorption an.
Bildquelle: Eigenes Bild
2
8
3
9
1
2
3
4
5
6
Zellmembran
Blutkapillare
Interzellularsubstanz
Becherzelle
Resorptionszellen
Basalmembran
7
8
9
10
11
Endothelzelle
Blutkörperchen
Bindegewebszellen
Sekretion
→Resorption
Auch der Transport von ganzen Zellen wird, z. B. bei Abwehrvorgängen (s.u.) und Wundheilung, von der Beschaffenheit der Grundsubstanz
abhängig sein.
Andererseits finden wir in der Grundsubstanz freie oder mobile Zellen,
die aus den Blutgefässen ausgetreten sind und grösstenteils den Abwehrsystemen angehören. Nach dem Aussehen, den Aufgaben und Ort ihres
Vorkommens müssen wir folgende Arten von freien Zellen unterscheiden:
• Makrophagen8 (= Fresszellen),
• Histiozyten9 (= ruhende oder wandernde Zellen des lockeren Bindegewebes),
• Mastzellen10 (= basophile Granulozyten11 = Mastozyten),
• Lymphozyten,
• Plasmazellen (= Antikörper bildende Zellen),
• Monozyten12 (= Blutmakrophagen).
Alle genannten Zellen gehören zu den Leukozyten13 und werden detailliert im Modul Immunologie besprochen.
8 Makrophagen sind grosse, bewegliche, einkernige Zellen, die zum zellulären Immunsystem gehören.
Sie entwickeln sich aus den im Blut zirkulierenden peripheren Monozyten, die eine Halbwertszeit von
ca. 72 Stunden besitzen. Monozyten können in das Gewebe migrieren und verbleiben dort für mehrere
Wochen bis Monate als Gewebsmakrophagen.
9 Histiozyten sind sessile Makrophagen des Bindegewebes, die für die Immunabwehr verantwortlich sind.
10 Mastzellen (Mastozyten) sind Zellen der körpereigenen Abwehr, die Botenstoffe, unter anderem Histamin und Heparin gespeichert haben
11 Granulozyten gehören zur Gruppe der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und sind Teil der zellulären
Immunabwehr. Nach ihrer mikroskopischen Morphologie und dem Färbeverhalten kann man verschiedene Formen von Granulozyten unterscheiden. Neutrophile Granulozyten: 35 bis 75%, Eosinophile
Granulozyten: 2 bis 5%, Basophile Granulozyten: 0 bis 2%
12Monozyten sind im Blut zirkulierende Zellen des Immunsystems und die Vorläufer der u. a. in den
Geweben lokalisierten Makrophagen sowie eines Teils der Dendritischen Zellen. Ihre Aufgabe ist die
Zerstörung körperfremder Strukturen durch Phagozytose und die Aktivierung der erworbenen Immunabwehr mittels Antigenpräsentation
13Als Leukozyten bezeichnet man - im Gegensatz zu den Erythrozyten - die kernhaltigen Zellen des
menschlichen Bluts, die keinen Blutfarbstoff (Hämoglobin) tragen. Man nennt sie deshalb auch weiße
Blutkörperchen.
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