Prinzipien der Thermodynamik, Teil I

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Einführung in die Physikalische Chemie: Inhalt
Einführung in die Physikalische Chemie:
Inhalt
Kapitel 9: Prinzipien der Thermodynamik
Inhalt:
Literatur:
9.1 Einführung und Definitionen
9.2 Der 0. Hauptsatz und seine mikroskopische Interpretation
9.3 Der 1. Hauptsatz: Zustands- und Transfergrössen, innere
Energie, Enthalpie
9.4 Der 2. Hauptsatz: spontane Prozesse und Entropie
9.5 Der 3. Hauptsatz
9.6 Die Freie Enthalpie G und das chemische Potential μ
P. Atkins, J. de Paula, “Atkins’ Physical Chemistry”,
8th Ed., Chapters 2,3
I. Tinico et al., “Physical Chemistry, Principles and applications
in biological sciences”, 4th Ed., Prentice-Hall 2002
Chapter 2-5
Repetieren Sie den Thermodynamik-Stoff aus Ihrer Physik-Einführungsvorlesung !
9.1 Einführung und Definitionen
Warum Thermodynamik ?
Quantenmechanik:
Fundamentale Theorie der mikroskopischen Eigenschaften der Materie:
- Struktur der Atome und Moleküle
- Dynamik der Moleküle
- Grundlagen der chemischen Reaktivität
Thermodynamik:
Fundamentale Theorie der makroskopischen Eigenschaften der Materie:
- Energetik makroskopischer Phasen und chemischer Reaktionen
- Spontane Prozesse
- Konzept der “Temperatur”
- Phasenübergänge
Thermodynamische Grössen (z.B. die innere Energie U, die Wärmekapazität
C,... ) können aus den mikroskopischen Eigenschaften der Moleküle berechnet
werden (statistische Thermodynamik: mikroskopische Beschreibung →
makroskopische Beschreibung)
Einige Definitionen thermodynamischer Begriffe:
Thermodynamisches System: Eine Region im Raum, die von der Umgebung
durch die Systemgrenzen abgegrenzt wird. Die Systemgrenzen sind frei wählbar,
aber nach der Wahl für die weitere Diskussion fixiert. System und Umgebung
bilden zusammen das Weltall.
dicke Linie=Systemgrenze
Arten von Systemen:
• Offenes System: Das System kann mit der Umgebung Materie und Energie
•
•
austauschen.
Geschlossenes System: Das System kann mit der Umgebung nur Energie
austauschen.
Abgeschlossenes System: Kein Energie- oder Materieaustausch mit der
Umgebung.
Zustandsgrössen: physikalische Grössen, die den Zustand des Systems
beschreiben (Druck p, Volumen V, Temperatur T, Molzahl n, Innere Energy U, ...).
Frei gewählte Zustandsgrössen nennt man Zustandsvariablen, davon abhängige
Zustandsgrössen Zustandsfunktionen.
Extensive thermodynamische Grössen hängen von der Anzahl Teilchen im
System ab (z.B. die Molzahl n, das Volumen V, die innere Energie U...).
Intensive thermodynamische Grössen sind unabhängig von der Anzahl Teilchen
im System (z.B. der Druck p, die Temperatur T, alle molaren Grössen wie z.B. das
Molvolumen Vm, ...)
Der Erfahrung nach werden für eine reine Substanz zwei intensive und eine
extensive Zustandsvariable benötigt, um ein System zu beschreiben. Alle anderen
Zustandsgrössen sind dann Zustandsfunktionen, die von den gewählten
Zustandsvariablen abhängen.
Beispiel: die Gleichung
beschreibt den Zustand eines idealen Gases.
• entweder die Molzahl n oder das Volumen V können als extensive
Variablen gewählt werden
• p, T sind dann die intensiven Zustandsvariablen
• wenn zwei intensive und eine extensive Zustandsvariable gewählt sind
(z.B. p,T, n), dann hängen alle anderen Zustandsgrössen (V, U, ...) als
Zustandsfunktionen von diesen ab.
Thermodynamisches Gleichgewicht beschreibt einen Zustand, in dem sich die
Zustandsgrössen nicht mit der Zeit ändern. Mikroskopisch wird das
thermodynamische Gleichgewicht durch eine Boltzmann-Verteilung der
Populationen über alle Energieniveaus des Systems charakterisiert (vgl. Kapitel
5).
9.2 Der 0. Hauptsatz und seine mikroskopische Interpretation
Thermodynamik basiert auf vier grundlegenden Gesetzen (die Hauptsätze), aus
denen sich die gesamte Theorie entwickeln lässt. Wir werden in den folgenden
Abschnitten die vier Hauptsätze und ihre Konsequenzen diskutieren.
Der 0. Hauptsatz
Befinden sich zwei thermodynamische Systeme im Wärmekontakt,
streben sie einem Gleichgewichtszustand zu, der durch eine
einheitliche Temperatur charakterisiert ist.
Äquivalente Formulierung:
Wenn zwei thermodynamische System sich mit einem dritten
System im Gleichgewicht befinden, so stehen sie auch
untereinander im Gleichgewicht.
Der 0. Hauptsatz liefert eine also eine Definition der Temperatur auf Basis des
thermodynamischen Gleichgewichts.
Auf mikroskopischer Ebene ist das thermodynamische Gleichgewicht durch eine
Boltzmann-Verteilung der Populationen Nj der Energieniveaus Ej der Moleküle
definiert (vgl. auch Gl. (5.27) in Kapitel 5):
(9.1)
Die Temperatur erscheint hier als der Parameter, der die Boltzmann-Verteilung
und somit das thermodynamische Gleichgewicht definiert.
Mikroskopische Interpretation des 0. Hauptsatzes
Gemäss dem klassischen Gleichverteilungssatz (s. Kapitel 7) hängt die innere
Energie U von der Temperatur ab gemäss
(9.2)
wobei die Summe über alle Freiheitsgrade i des betreffenden Moleküls läuft, s. Gl.
(6.15) in Kapitel 7.
Um den 0. Hauptsatz zu illustrieren, zeigen wir im folgenden, dass ein Zustand in
welchem die Energie gleichmässig über zwei gekoppelte Systeme verteilt ist, am
wahrscheinlichsten ist.
Wegen Gl. (9.2) impliziert eine Gleichverteilung der Energie zwischen zwei
Systemen eine Angleichung der Temperatur.
Wir betrachten beispielhaft zwei identische geschlossene Systeme mit 6 Teilchen
und 3 Energieniveaus, die der Boltzmann-Statistik gehorchen:
hohe anfängliche
Temperatur
tiefe anfängliche
Temperatur
Anfänglich ist die totale Energie Etot=6a im “heissen” System konzentriert.
Wir stellen nun thermischen Kontakt zwischen den beiden Systemen her, sodass
die Energie ausgetauscht werden kann. Die totale Energie Etot=6a muss dabei
erhalten bleiben !
Für jedes System existieren Ω(E) verschiedene Möglichkeiten (=Realisierungen)
um einen Zustand mit der Energie E zu erzeugen: → Tafel
...
...
...
...
Für jedes System ist die minimal mögliche
Energie Emin=0, die maximal mögliche Energie
Emax=6a.
Die Anzahl Möglichkeiten Etot=6a über beide Systeme zu verteilen beträgt somit:
Die wahrscheinlichste Situation entspricht einer Gleichverteilung der Energie:
E(1)=E(2)=3a. Gemäss Gl. (9.2) muss daher die Temperatur in beiden Systemen
gleich sein: T(1)=T(2).
Anders ausgedrückt: eine Situation mit der gleichen Temperatur in beiden
Systemen entspricht der grössten Anzahl an Realisierungen und ist damit am
wahrscheinlichsten !
(Bem.: Im vorliegenden Beispiel eines sehr kleinen Systems ist die Wahrscheinlichkeit von 31% für die
Gleichverteilung der Energie nicht markant höher als die Wahrscheinlichkeit einiger anderer Realisierungen.
Es kann gezeigt werden, dass in realistischen Systemen mit ≈NA Teilchen der Zustand mit EnergieGleichverteilung der am weitaus wahrscheinlichste ist !)
Somit wird eine anfängliche Temperaturdifferenz immer einen Wärmefluss
verursachen, der die Temperatur ausgleicht.
Dieser Prozess ist irreversibel. Seine Umkehrung würde einen Zustand mit hoher
Wahrscheinlichkeit in einen Zustand mit niedriger Wahrscheinlichkeit überführen
und findet daher nicht spontan statt !
9.3 Der 1. Hautsatz: Zustands- und Transfergrössen,
innere Energie, Enthalpie
Der 1. Hauptsatz
Die Änderung der inneren Energie dU eines Systems ist die
Summe der Wärmemenge δq und der Arbeit δw, die mit dem
System ausgetauscht werden:
(9.3)
Dies ist nichts anderes als der thermodynamische Erhaltungssatz der Energie !
9.3.1 Zustands-und Wegfunktionen
Eine Zustandsgrösse ist eine thermodynamische Grösse, deren Wert nur vom
Zustand des Systems abhängt und nicht vom Weg, wie das System in diesen
Zustand gelangt ist. Bsp.: Druck p, Volumen V, Temperatur T, innere Energie U.
Weiters: Enthalpie H, Entropie S, Freie Enthalpie G (s. später)
Weggrössen (auch Transfergrössen) sind thermodynamische Grössen deren Wert
vom Weg abhängt, in dem das System in den gegenwärtigen Zustand gelangt ist.
Wichtige Beispiele: Wärme q und Arbeit w.
Notation:
(9.4)
ein griechisches “δ” bezeichnet
eine lateinisches “d” bezeichnet
eine infinitesimal kleine Änderung
eine infinitesimal kleine Änderung einer
einer Weggrösse, d.h. die Änderung
Zustandsgrösse, d.h. die Änderung
hängt vom Weg ab
hängt NICHT vom Weg ab
(9.5)
ein grischisches “Δ” bezeichnet eine messbare makroskopische Änderung der relevanten
thermodynamischen Grösse, die nach der Integration über alle infinitesimal kleinen Änderungen erhalten
wird; wir lassen das “Δ” für q und w weg, weil der Transfer von Wärme und Arbeit immer bereits eine
Veränderung impliziert.
9.3.2 Zustandsänderungen (“Wege”)
Möglichkeiten, einen thermodynamischen Prozess zu führen (“Wege”):
•
•
•
•
isotherm: die Temperatur bleibt konstant
isobar: der Druck bleibt konstant
isochor: das Volumen bleibt konstant
adiabatisch: kein Wärmefluss δq=0
Alle diese Prozesse können reversibel oder irreversibel geführt werden:
• reversibel: Der Prozess kann durch einen infinitesimal kleine
•
Änderung der relevanten Grösse wieder umgekehrt werden, d.h. das
System ist ständig im thermodynamischen Gleichgewicht.
irreversibel: Der Prozess kann nicht umgekehrt werden (er passiert
spontan)
9.3.4 Expansionsarbeit w und Wärme q
Die gängigste Form thermodynamischer Arbeit ist die
Expansionsarbeit eines Systems gegen einen äusseren
Druck pex:
Kraft F=pexA
System
Gemäss der Figur rechts ist die Arbeit, die geleistet wird,
wenn sich das System (schematisch dargestellt als
Zylinder) um die Distanz dz ausdehnt, gegeben durch:
(9.6)
Die gesamte Arbeit w wird durch Integration von Gl. (9.6) erhalten:
(9.7)
Weil w eine Wegfunktion ist, hängt sie von der Prozessführung ab → Tafel
9.3.5 Die Enthalpie H
In der Thermodynamik definiert man eine Reihe von Hilfsgrössen, die in
bestimmten Situationen eine spezielle physikalische Bedeutung annehmen. In
der Chemie ist eine der wichtigsten Hilfsgrössen die Enthalpie H:
(9.8)
Physikalische Bedeutung von H ? → Tafel
Die Enthalpie H entspricht also der übertragenen Wärme q bei konstantem Druck !
Weil die meisten chemischen Reaktionen unter konstantem Druck durchgeführt
werden (offenes Reaktionsgefäss) sind im Labor gemessene Reaktionswärmen
immer als Enthalpien zu interpretieren !
ΔH < 0: Wärme wird vom System freigesetzt (exothermer Prozess)
ΔH > 0: Wärme wird vom System aufgenommen (endothermer Prozess)
9.3.6 Die Wärmekapazität bei konstantem Druck Cp
Pro memoria: die Wärmekapazität C ist definiert als die Ableitung der
übertragenen Wärme nach der Temperatur:
s. auch Kapitel 7
(9.9)
• Wärmekapazität CV bei konstantem Volumen dV=0:
δw=-pexdV=0
dU=δq+δw=dq
also:
(9.10)
• Wärmekapazität Cp bei konstantem Druck dp=0:
dH=dq
also:
(9.11)
Cp ist also für viele chemische Probleme die relevante Form der Wärmekapazität.
In der Regel wird es als molare Wärmekapazität Cp,m tabelliert (s.a. Kapitel 7):
(9.12)
Es gilt: (Beweis ?)
(9.13)
Die Temperaturabhängigkeit von Cp,m wird häufig durch die empirische Beziehung
(9.14)
beschrieben. Die Koeffizienten a,b,c,d können experimentell bestimmt werden:
Temperaturabhängigkeit von Cp (Forts.):
Als erste Nährung wird oft angenommen, dass Cp temperaturunabhängig ist,
d.h., Cp=a und b=c=d=0.
Bsp.: Wie gross ist Cp von CO2 bei T=298 K?
Cp,m=44.22+8.79.10-23.298 - 8.62.105.298-2 = 37.13 J mol-1 K-1
Temperaturabhängigkeit von Cp (Forts.):
Ausgewählte 1-atomige Festkörper
Ausgewählte Substanzen
Die Temperaturabhängigkeit der Enthalpie errechnet sich aus Gl. (9.11):
Integration:
(9.15)
9.3.7 Die Adiabatengleichung
Beschreibt reversible adiabatische Zustandsänderungen. Herleitung → Tafel
Mittels der idealen Gasgleichung pV=nRT kann die Adiabatengleichung in
verschiedenen Formen ausgedrückt werden:
(9.16)
(9.17)
(9.18)
Vergleiche mit der “Isothermengleichung”
(isotherm: T=konst.):
(9.19)
Adiabate
Isotherme
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