Zusammenfassung Umwelthygiene WS 2003/04

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Einführung in die biologischen Grundlagen
der Umwelthygiene I
Zusammenfassung von Ana Sesartic
WS 2003/04
Einführung in die biologischen Grundlagen der Umwelthygiene I...........................................1
1 Entwicklung des menschlichen Organismus .....................................................................2
1.1
Befruchtung ..........................................................................................................2
1.2
Von der Zygote zur dreiblättrigen Keimscheibe....................................................3
1.3
Embryonalperiode.................................................................................................4
1.4
Fetalperiode..........................................................................................................4
1.5
Angeborene Fehlbildungen und ihre Ursachen ....................................................4
2
Differenzierung von Zellen............................................................................................6
2.1
Was lehren Klonierungsexperimente?..................................................................6
2.2
Differenzierung ermöglicht die Entwicklung vielfältiger Zell- und Gewebetypen ..6
2.3
Zellorganellen und die Bildung von Zellmaterial ...................................................7
2.4
Erneuerung von differenzierten Zellen..................................................................7
3
Das Immunsystem........................................................................................................8
3.1
Überblick...............................................................................................................8
3.2
Die lymphoiden Organe ........................................................................................9
3.3
Antigene und Antikörper .......................................................................................9
3.4
Antikörper inaktivieren Antigene und beschleunigen deren Zerstörung ...............9
3.5
Die klonale Selektion ............................................................................................9
3.6
Die Antikörper-Vielfalt entsteht durch DNA-Rekombination ...............................10
3.7
Es gibt verschiedene Klassen von Antikörpern ..................................................10
3.8
Das Immunsystem verfügt über ein Gedächtnis.................................................10
3.9
Die Geschichte mit der Histokompatibilität und der Antigenpräsentation ...........11
3.10
Die T-Lymphocyten und der T-Zell-Rezeptor .....................................................11
3.11
Cytotoxische T-Zellen bekämpfen intrazelluläre Erreger und Krebszellen .........11
3.12
T-Helfer-Zellen spielen eine zentrale Rolle bei der Aktivierung von B-Zellen.....11
3.13
Das Komplement-System hilft im Kampf gegen bakterielle Infektionen .............12
4
Von der Muskelzelle zur Leistungsphysiologie...........................................................12
4.1
Aufbau und Kontraktion der Muskelfaser............................................................12
4.2
Energieliefernde Prozesse..................................................................................12
4.3
Nutzung der Energieträger im Verlauf körperlicher Arbeit ..................................13
4.4
Energieumsatz....................................................................................................13
4.5
Körperliche Leistungsfähigkeit............................................................................14
5
Molekulare Zellbiologie...............................................................................................14
5.1
Der Informationsfluss vom Gen zum Protein ......................................................14
5.2
Eukaryontische Zellen modifizieren die mRNA nach der Transkription..............15
5.3
Die Kontrolle der Genexpression bei Eukaryonten.............................................15
5.4
Koordination der Genregulation in einem vielzelligen Organismus ....................17
6.1
Das Prinzip der Genmanipulation .......................................................................17
6.2
Die grundlegenden Methoden der Gentechnologie ............................................18
6.3
Anwendungen der rekombinanten DNA-Technologie in der Forschung ............18
7
Mutationen und Krebs ................................................................................................19
7.1
Begriffe und Beispiele.........................................................................................19
7.2
Tumoren .............................................................................................................19
7.3
Die Wirkungsmechanismen von mutagenen Agenzien ......................................20
7.4
Zellen verfügen über effiziente DNA-Reparatur-Mechanismen ..........................20
© 2003 Ana Sesartic
1
1 Entwicklung des menschlichen Organismus
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Aus zwei unterschiedlichen Genomen geht ein neues einmaliges Individuum hervor
Voraussetzung ist die Halbierung des diploiden mütterlichen und väterlichen
Chromosomensatzes. (Meiose)
Eizelle wird durch Befruchtung aktiviert
Entwicklung des Organismus beinhaltet Zellteilung, -differenzierung und
Morphogenese (Gestaltentwicklung)
Organe entstehen aus den drei Keimblättern
1.1 Befruchtung
Die Eizelle ist mit 0.1mm die grösste menschliche Zelle, Spermien sind die kleinsten Zellen.
Durch den Eileiter mit Flimmerepithel und mithilfe von Schleimproduktion wird die Oozyte in
den Uterus befördert. Die meisten Befruchtungen finden aber bereits im oberen Drittel des
Eileiters statt. Die Eizelle ist von Follikel-Zellen umgeben, diese Begleitzellen hatten die
Aufgaben, die Eizelle während ihrer Bildung zu ernähren.
1) Spermium durchdringt die Hülle aus Follikelzellen und bindet an einem
Rezeptormolekül in der Zona pellucida (bewirkt das nur Spermien der eigenen
Spezies gebunden werden) des Eies.
2) Diese Bindung löst Freisetzung von Enzymen aus dem Akrosomvesikel des
Spermiums aus.
3) Diese Enzymen helfen dem Spermium die Eizelle zu erreichen und sich an sie zu
binden.
4) Dies löst eine Depolarisation der Ei-Plasmamembran aus. Dadurch können sich
keine weiteren Spermien mehr anhaften.
5) Fusion der Plasmamembranen ermöglicht Eindringen des Spermiums in die
Eizelle.
6) Cortikalgranula verbinden sich mit der Membran und setzen Enzyme frei, die die
Zona pellucida verhärten und somit Eindringen weiterer Spermien verhindern.
7) Die Eizelle, die bei der Meiose II stehen blieb, beendet sie nun. Weiblicher
Vorkern bildet sich.
8) Spermienkern schwillt zum gleichgrossen männlichen Vorkern an.
9) Eizelle wird aktiviert, Stoffumsatz erhöht sich, DNA-Replikation und Zellteilungen
beginnen.
Beim Mann werden seit der Pubertät 108 Spermien pro Tag produziert. Bis die Meiose
durchgelaufen ist, braucht es 2 Monate.
Bei der Frau beginnt die Meiose bereits im Embryo, dort werden 5*105 Eizellen bis zu der
Geburt angelegt. Danach ruhen die Zellen bis zu der Pubertät, worauf 1 Ei pro Monat
entwickelt wird, welches beim Eisprung in der Meiose II stehen bleibt. Die Meiose II wird nur
beendet, wenn das Ei befruchtet wird.
Mitose (normale Zellteilung): Diploide 2n Ausgangszelle Æ DNA-Replikation Æ verdoppelte
Chromosomen richten sich einzeln an der Spindel aus Æ Von jedem verdoppeltem
Chromosom gelangt je eine Schwester-Chromatide in die Tochterzelle Æ zwei diploide (2n)
Zellen, deren Chromosomen identisch mit denen der Ausgangszelle sind
Meiose: „Urkeimzelle“ (2n) Æ DNA-Replikation Æ Paarung homologer Chromosomen zur
Tetrade und Crossing-Over Æ Homologe Paare der verdoppelten Chromosomen richten sich
an der Spindel aus und trennen sich Æ Meiose I Æ Meiose II Æ Es entstehen 4 Keimzellen
(Gameten) (n). Beim Mann 4 Spermien, bei der Frau eine Oocyte und 3 Polkörper.
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2
Mitose
DNA-Replikation
Paarung der
Homologen
Anzahl Tochterzellen
und genetische
Zusammensetzung
Bedeutung für Körper,
resp. Spezies
Meiose
Vor Beginn der Zellteilung Vor Beginn der 1.Zellteilung (nur 1 X)
Findet nicht statt
Voraussetzung für Rekombination
zwischen Nicht-SchwesterChromatiden
2, beide diploid (2n),
4, jede haploid (n), genetisch weder
genetisch identisch mit
mit Ausgangszelle noch
Ausgangszelle
untereinander identisch
Bildung eines vielzelligen Bildung von genetisch
Körpers aus einer Zygote; verschiedenen Gameten mit
Wachstum; Regeneration halbiertem Chromosomensatz;
von Gewebe
nächste Generation einmaliger neuer
diploider Organismus
1.2 Von der Zygote zur dreiblättrigen Keimscheibe
Während der Embryonalentwicklung nimmt die Zellzahl zu, und die Zellen differenzieren
sich. Es bilden sich Gewebe und Organe, und sie werden verlagert. Diese Prozesse der
Gestaltentwicklung heissen Morphogenese.
Furchung
Die Zygote (befruchtete Eizelle) durchläuft eine Reihe von Mitosen, mit welchen die Zahl der
Zellen (Blastomeren) steigt. Nach 4 Tagen entsteht das Morula Stadium mit einer inneren
Zellmasse, die zum Embryo wird und einer äusseren Zellschicht, die den Trophoblast bildet,
der sich später zur Plazenta entwickelt.
Alle Zellen des sehr frühen Säugetier-Embryos (bis zum 8-Zellstadium) sind funktionell
äquivalent und in ihren Fähigkeiten unbeschränkt (totipotent). Darum können sich eineiige
Zwillinge entwickeln, also zwei normale Individuen aus einem einzigen befruchteten Ei.
Entstehung der Blastozyste und Implantation
Wenn die Morula die Gebärmutterhöhle erreicht, beginnt Flüssigkeit zwischen den Zellen der
inneren Zellmasse einzudringen, die Zona pellucida löst sich auf und es bildet sich die
gehöhlte Blastozyste. Die innere Zellschicht bildet den Embryoblasten, und die äussere den
Trophoblasten sowie die Wand der Blastozyste. 5.5 bis 6 Tage nach der Ovulation heftet
sich die Blastozyste mit dem embryonalen Pol an die Uterusschleimhaut an und die
Trophoblast-zellen dringen zwischen die Eipthelzellen der Uterusschleimhaut ein.
Zweiblättrige Keimscheibe
Zellen im Zentrum des Embryoblasten bilden Ektoderm, gegen die Blastozystenhöhle bildet
sich das Entoderm. Ekto- und Entoderm bilden die zweiblättrige Keimscheibe. Bei der
Ektoderm-Formation entsteht gegen Trophoblasten hin die Amnionhöhle die später zur
Fruchtblase wird. Entodermzellen kleiden die ehemalige Blastozystenhöhle aus. Der Primäre
Dottersack entsteht. Der Trophoblast wächst und es entstehen Verbindungen zwischen den
Lakunen des Trophoblasten und den zu Sinusoiden erweiterten mütterlichen Blutgefässen.
Aus dieser Verbindung bildet sich die Plazenta. Mit dem Weiterwachsen des Trophoblasten
bildet sich der kleinere sekundäre Dottersack. Die Embryonalanlage bleibt über den Haftstiel,
der am kaudalen Ende des Embryos liegt, mit dem Trophoblast verbunden. Aus dem
Haftstiel entstehen die Nabelschnurgefässe. Haftstiel und Auskleidung der Chorionhöhle
bestehen aus extraembryonalem Mesodermgewebe. Am Ende der dritten Woche beginnt
die Bildung der Blutgefässe, in der vierten Entwicklungswoche beginnt das Herz zu
schlagen, und die Chorionzotten können nun den Embryo mit Nahrungsstoffen und
Sauerstoff versorgen. Bis dahin geschah dies durch Diffusion.
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Die dreiblättrige Keimscheibe
Im Bereich des Primitivstreifens (zur Mittellinie gewanderte Ektodermzellen) wandern die
Zellen zwischen Ektoderm und Entoderm ein und bilden so ein mittleres Keimblatt, das
Mesoderm.
1.3 Embryonalperiode
Embryonalperiode ist der Zeitraum zwischen der 4. und 8. Entwicklungswoche. In der Zeit
entwickeln sich die Organanlagen aus den drei Keimblättern. Die Bildung von Organanlagen
ist begleitet von Faltung, Abspaltung und Verdichtung von Zellgruppen.
Derivate des Ektoderms
Nervensystem und Epidermis der Haut. Das Neuralrohr, aus dem das Zentralnervensystem
(ZNS) hervorgeht, wird gebildet durch ein Signal aus Chorda, dass die darüber liegenden
Zellen zur Bildung einer Neuralrinne veranlasst.
Derivate des Mesoderms
Aus dem Mesoderm entsteht das Stützsystem, die Muskulatur, die Blutzellen, das
Blutgefässsystem mit dem Herzen und Blutgefässen, die Milz, die Niere, die Keimdrüsen und
die inneren Sexualorgane.
Derivate des Entoderms und die Abfaltung des Embryos
Aus dem Entoderm bildet sich der Magen-Darm-Kanal und alle Darmderivate (Leber,
Pankreas und Lungen).
Nach der Bildung des 3.Keimblattes falten sich die seitlichen Ränder der Keimscheibe nach
unten. Gleichzeitig mit dem Wachstum der Organanlagen krümmt sich der Embryo. Aus dem
Dottersack gehen die Keimzellen sowie die Stammzellen für die Blutbildung hervor.
1.4 Fetalperiode
Fetalperiode ist der Zeitraum vom Beginn des 3. Monats bis zur Geburt. In der Zeit wächst
der Körper sehr schnell, die Differenzierung tritt zurück, daher entstehen kaum noch
Missbildungen. Cytotoxische Faktoren können jedoch zu Zelluntergang und funktionellen
Einbussen führen.
Im 3.-5. Monat erfolgt v.a. das Längenwachstum, eine wesentliche Gewichtszunahme erst in
letzen drei Schwangerschaftsmonaten.
Bau und Funktion der Plazenta
Plazenta ist ein ca. 20cm*2-3cm grosses, ca. 500g schweres scheibenförmiges Organ. Es
dient dem Stoffaustausch zwischen mütterlichem und fetalem Blut und somit der Ernährung
des Feten und der Ausscheidung seiner Stoffwechselendprodukte. Die Plazenta produziert
auch Hormone, u.a. HCG, das man zum Schwangerschaftsnachweis benutzt. Die Plazentaschranke trennt den intervillösen Raum (Mutter) von den Zottenkapillaren (Kind). Sie ist
durchlässig für Gase, Nährstoffe, Stoffwechselendprodukte, aber auch für Elektrolyte,
bestimmte Antikörper, gewisse Viren (Röteln/Masern), verschiedene Medikamente und
Drogen.
1.5 Angeborene Fehlbildungen und ihre Ursachen
Angeborene Fehlbildungen sind primär morphologische Defekte. Sie umfassen auch
Verhaltensstörungen, funktionelle Defekte und Stoffwechselkrankheiten. Sie nebst
genetischen Ursprungs, auch durch Umwelteinflüssen entstehen. 4-6% Kinder besitzen
angeborene Fehlbildungen.
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1.5.1 Exogene Ursachen
Infektion, mütterliche Stoffwechselerkrankungen, ionisierende Strahlen, Medikamente,
Genussgifte und andere Chemikalien
Infektiöse Ursachen
Das Rubeola-Virus (Röteln) kann Missbildungen des Auges, des Innenohres, des Herzens
und der Blutgefässe hervorrufen, sowie einen Wachstumsrückstand während der
Schwangerschaft. Die Art der Missbildung hängt vom embryonalen Entwicklungsstadium ab,
in dem die Infektion stattfindet. Die bei einer Infektion hervorgerufene erhöhte
Körpertemperatur stellt auch einen teratogenen Faktor dar.
Stoffwechselstörungen und Mangelernährung der Mutter
Diabetes bei der Mutter erhöht das Risiko von Totgeburten, übergrossen Kindern und
Missbildungen. Ausserdem ist mit Anomalien des Herzens, des Skelettsystems und des ZNS
zu rechnen.
Jodmangel bedingt eine Entwicklungsstörung des Gehirns und des Skelettsystems.
Folsäuremangel führt zu Neuralrohrdefekten wie Spina bifida (offener Rücken) und
Anenzephalie (rudimänterer Schädel ohne Gehirn).
Strahlen
Ionisierende Strahlen haben teratogene Wirkung. Die Art der Missbildung hängt von der
Strahlungsdosis und vom Entwicklungsstadium ab. Ausserdem wirkt sie indirekt auf die
Keimzellen.
Chemikalien in der Umwelt
Der Fetus ist gegenüber Quecksilber empfindlicher als die Mutter, somit kann Quecksilber zu
zentralen Lähmungen führen. Herbizide, z.B. das Entlaubungsmittel 2,4,5-T und dessen
Nebenprodukt Dioxin haben ebenfalls teratogene Wirkung.
Alkohol
Schwer Alkohol-geschädigte Kinder weisen charakteristische Gesichtsanomalien auf (u.a.
ein kleines Gehirn). Bereits niedrige Alkoholkonzentrationen können das fetale Gehirn
beeinflussen und das Lern- und Erinnerungsvermögen noch im Erwachsenenalter
beeinträchtigen. Alkohol kann Rezeptoren von Synapsen hemmen oder überaktivieren.
Wenn dies ist der Phase der Synapsenbildung zwischen den Nervenzellen passiert (letzte 3
Schwangerschaftsmonate), wird bei den Zellen der programmierte Zelltod ausgelöst. In
anderen Phasen der Gehirnentwicklung führt Alkohol zu ungeordnetem Wachstum der
Nervenzellen.
Rauchen
Rauchen führt zur Verringerung des Geburtsgewichtes, Beeinträchtigung des mentalen und
physischen Wachstums, häufigeren Frühgeburten, Fehlgeburten oder spontanen Aborten.
Schädigend ist das mit O2 um Hämoglobin stärker konkurrierende CO (führt zu O2 Mangel),
sowie Nicotin. Passivrauchen ist gleich gefährlich wie aktives Rauchen.
Koffein (Kaffee, Tee)
Übermässiger Kaffeegenuss führt zu untergewichtigen Kindern und erhöhtem Risiko von
Fehlgeburten.
Arzneimittel
Thalidomid, ein zur Behandlung von Übelkeit und Schlaflosigkeit angewandtes Medikament
führte zu völligem oder partiellem Fehlen der Extremitäten.
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1.5.2
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ƒ
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Allgemeines über die Wirkung von Teratogenen
Das Entwicklungsstadium des Embryos ist für die Empfindlichkeit gegenüber
teratogenen Faktoren massgebend.
Die Wirkung eines teratogenen Faktors hängt vom Genotyp ab.
Die Ausprägung einer Fehlbildung ist abhängig von der Einwirkungsdauer und der
Dosis des Teratogens.
Eine Fehlbildung hat abgestufte Schweregrade der Ausprägung.
In der Embryonalperiode sind die meisten teratogenen Stoffe hoch wirksam. Jede
Organanlage scheint in den frühen Differenzierungsstadien die grösste Empfindlichkeit zu
besitzen. Die Empfindlichkeit gegenüber teratogenen Substanzen nimmt in der Fetalperiode
rasch ab. Einige Organe, wie das Kleinhirn, die Grosshirnrinde und das Immunsystem
bleiben bis in späte Schwangerschaft empfindlich. Teratogene erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Missbildungen, die auf eine genetische Labilität zurückzuführen sind.
Pränatale Diagnostik
Untersuchung von angeborenen Fehlbildungen und Erbkrankheiten durch UltraschallUntersuchungen, Amniocentese (Fruchtwasserpunktion) und Chorionzotten-Biopsie.
2 Differenzierung von Zellen
2.1 Was lehren Klonierungsexperimente?
Differenzierung von Zellen durch unterschiedliche Produktion und Akkumulation von RNAund Proteinmolekülen. Die Körperzellen unterscheiden sich, weil sie verschiedene Gene
exprimieren. Das gesamte Genom bliebt im Verlauf der Differenzierung erhalten.
2.2 Differenzierung ermöglicht die Entwicklung vielfältiger Zell- und
Gewebetypen
Zellen des vielzelligen Organismus bilden einen Klon (eine Gruppe identischer Zellen).
Eukaryontenzellen und ihre Nachkommen verharren in ihren verschieden spezialisierten
Zuständen, selbst nachdem die Einflüsse, die ursprünglich ihre Differenzierung gelenkt
hatten, wieder verschwunden sind.
2.2.1
Zell- und Gewebetypen des menschlichen Körpers
Es gibt ca. 200 verschiedene Zelltypen im menschlichen Körper.
Epithelien
Epithelzellen kleiden die inneren und äusseren Körperoberflächen aus. Die Zellen ruhen auf
einer Basallamina und werden durch Tight Junctions zusammengehalten.
Bsp.: Darmepithel, Drüsen
Bindegewebe
Heterogenes, regenerationsfähiges Gewebe, entwickelt aus dem Mesoderm. Fibrocyten mit
ausserhalb der Zellen liegenden Proteinfasern (Kollagen und Elastin).
Bsp.: Knochen, Fettzellen, Blut
Muskel
Lange, schmale Zellen. Kontraktion wird durch Muskelproteine Aktin und Myosin ermöglicht.
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Skelettmuskel: Muskelzellen mit vielen Zellkernen, so lang wie der entsprechende
Muskel (Aktin und Myosin machen Querstreifen)
Glatter Muskel: Lange Zellen mit je einem Kern. In allen inneren Hohlorganen
(Arterien und Venen, Verdauungskanal, Luftwege, Blase).
Herzmuskel: Benachbarte Zellen durch el. Leitende Verbindungen gekoppelt.
Synchrone Kontraktion.
Nervenzellen
Neurone (Nervenzellen) übertragen Signale. (Gehirn und Rückenmark). Sinneszellen sind
hochspezialisierte Nervenzellen, die äussere Reize wahrnehmen.
2.3 Zellorganellen und die Bildung von Zellmaterial
In allen Zellen findet kontinuierlich Neusynthese von Zellmaterial statt. Eukaryontische Zellen
haben ausgedehntes inneres Membransystem mit Organellen.
ƒ Zellkern: DNA
ƒ Nucleolus: (Teil des Zellkerns) Aufbau der Ribosomen
ƒ Endoplasmatisches Retikulum (ER):
o Rauhes ER: Ribosomen an der Oberfläche, Proteinsynthese
o Glattes ER: Synthese von lipidähnlichen, wasserunlöslichen Stoffen (u.a.
Steroidhormone), Metabolisierung von Fremdstoffen
ƒ Golgi-Apparat: Fertigungs- und Verteilzentrale
ƒ Transportvesikel: Transport von Makromolekülen
ƒ Lysosome: Abfallbeseitigungsanlage mit Verdauungsenzymen
ƒ Mitochondrien: Kraftwerke, erzeugen ATP
ƒ Cytosol: umgibt Organellen, enthält gelöste Enzyme, Ort vieler
Stoffwechselreaktionen
ƒ Ribosomen: ohne Membran, bestehen aus RNA und Proteinen; Proteinsynthese
ER Æ Golgi-Apparat Æ Zellmembran
Rauhes ER ist für Synthese von Proteinen zuständig, die in Membranen eingebaut oder aus
den Zellen ausgeschieden werden sollen. Viele sekretorische Proteine sind Glycoproteine
(tragen kovalent gebundene Seitenketten von Oligosacchariden). Proteine verlassen ER in
Form von Vesikeln und wandern zum Golgi-Apparat. Dort werden sie abgewandelt, ev. auch
gespeichert und dann zu anderen Bestimmungsorten weiter befördert.
Beispiele von sekretorischen Zellen
ƒ Proteinsekretion: z.B. Zellen der Bauchspeicheldrüse. Proteine werden im rER
synthetisiert, in Vesikeln zum Golgi-Apparat transportiert, von dort zur Zellmembran
gebracht und danach aus der Zelle abgegeben (Exocytose). Das Sekret ist dabei
stets durch eine Membran vom übrigen Cytoplasma abgetrennt.
ƒ Glykoproteinsekretion: z.B. Schleim produzierende Zellen des Dünndarms und der
Atemwege. Glykoprotein enthaltende Vesikel werden im apikalen Teil der Zelle
gespeichert und bei Bedarf freigesetzt.
ƒ Steroidsekretion: Ausgangssubstanz von Steroidhormonen (z.B.
Geschlechtshormonen) ist das Lipid Cholesterin. In Zellen der Nebennieren und
Keimdrüsen gebildet. Solche Zellen enthalten viel glattes ER.
2.4 Erneuerung von differenzierten Zellen
Der ausgewachsene Mensch besteht aus ungefähr 100'000 Milliarden Zellen. Neue Zellen
können bei Erwachsenen auf folgende Arten gebildet werden:
ƒ Verdoppelung bestehender differenzierter Zellen
ƒ Neubildung aus sich teilenden undifferenzierten Stammzellen
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2.4.1
Erneuerung durch einfache Verdoppelung
Beispiel Endothelzellen
Endothelzellen kleiden das gesamte Blutgefässystem aus. Neue Endothelzellen entstehen
durch einfache Verdoppelung bestehender Endothelzellen. Sie reparieren die Auskleidung
bestehender Blutgefässe und schaffen neue Blutgefässe. Kapillaren bestehen nur aus
Endothelzellen.
2.4.2
Erneuerung durch Stammzellen
Stammzellen sind noch nicht sichtbar differenzierte Zellen. Sie haben die Fähigkeit, sich
unbegrenzt zu teilen, um differenzierte Nachkommen zu erzeugen. Stammzellen sind:
ƒ Nicht endgültig differenziert
ƒ Können sich unbegrenzt teilen
ƒ Tochterzellen können entweder Stammzellen bleiben oder sich differenzieren
Epidermisschicht der Haut und Epithelauskleidung des Verdauungstraktes werden z.B. durch
Stammzellen erneuert.
Beispiel Epidermis
Die Basallamina trennt die Epidermis von der darunter liegenden Dermis. Die Basalzellen
bilden die Stammzellen, die sich mitotisch teilen. Differenzierende Epidermiszellen
synthetisieren während ihrer Reifung eine Abfolge von verschiedenen Keratinen. Während
sie zur Oberfläche hinaufgetragen werden, transformieren sich die Stachelzellen zu
keratinisierten toten Schuppenzellen ohne Zellkern. Die Stammzellanlage wird durch den
Kontakt mit der Basallamina erhalten.
Æ Schicksal der Tochterzellen einer Stammzelle ist von äusseren Umständen und nicht
durch ihren inneren Charakter bestimmt.
2.4.3
Die Blutzellen entstehen aus pluripotenten Stammzellen
Blut besteht aus 40% festen Bestandteilen und 60% flüssigen Plasma, das wiederum zu
90% aus Wasser besteht. Alle Blutzellen entstehen im Knochenmark. Stammzellen aus dem
Knochenmark können hämatopoietische Kolonien bilden.
Das Blut enthält viele Zelltypen mit sehr verschiedenen Funktionen
ƒ Lymphocyten: (B, C, T) produzieren Antikörper, Immunabwehr
ƒ Granulocyten: bekämpfen
o Neutrophile: Bakterien
o Eosinophile: Parasiten, Allergie
o Basophile: Allergie, Malignom
ƒ Monocyten: Werden im Gewebe zu Makrophagen. „Müllschlucker“
ƒ Megakaryocyten Æ Thrombocyten: Gerinnung
ƒ Erythrocyten: Sauerstofftransport
3 Das Immunsystem
3.1 Überblick
Alle Wirbeltiere verfügen über ein Immunsystem. Während der Auseinandersetzung mit
anderen Organismen durchläuft das Immunsystem einen Lernprozess. Bestimmte Strukturen
eines Zieles können erkannt werden und die pathogenen Keime bzw. entartete körpereigene
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Zellen angegriffen werden. Reaktionen des Immunsystems werden durch folgende
Lymphocyten bewirkt:
ƒ B-Lymphocyten, die Antikörper freisetzen welche gegen Toxine, freie Bakterien und
Viren wirken.
ƒ Cytotoxische T-Lymphocyten töten infizierte Körperzellen und entartete körpereigene
Zellen.
ƒ T-Helfer-Lymphocyten sezernieren Cytokine (Signalmoleküle welche Immunsystem
stimulieren und aktivieren).
Zellen und Moleküle, die eine Immunantwort auslösen, nennt man Antigene. Angeborene
Immunität sind unspezifische Abwehrmechanismen, die bei jeder Infektion unmittelbar
wirksam sind. Dazu gehören neutrophile Granulocyten und Makrophagen,
Komplementsysteme (Proteine die sich tödlich um Bakterien anlagern) und Interferone
(Hemmen Virenvermehrung). Ausserdem erhöht sich die Blutversorgung bei einer
Entzündung und Fieber hemmt das Wachstum vieler Mikroorganismen und verbessert die
Phagocytoserate der Leukocyten.
3.2 Die lymphoiden Organe
B-Lymphocyten: produzieren Antikörper
T-Lymphocyten:
o Cytotoxische T-Zellen
o T-Helfer-Zellen
Lymphocyten stammen von pluripotenten hämatopoetischen Stammzellen ab, die sich im
Knochenmark befinden. Lymphocyten differenzieren zu T-oder B-Zellen, abhängig davon wo
sie heranreifen. Knochenmark (Bone marrow) und der Thymus sind primäre lymphoide
Organe, in denen B- bzw. T-Zellen heranreifen. Danach wandern sie in die sekundären
(peripheren) lymphoiden Gewebe (Lymphknoten, Milz, Mandeln, Wurmfortsatz) wo sie in
Kontakt mit Antigenen kommen und sich vermehren.
ƒ
ƒ
3.3 Antigene und Antikörper
Antigen: Molekül, das eine Immunantwort auslöst. Z.B. fast alle Proteine und die meisten
Polysaccharide.
Antikörper: (= Immunglobuline) Y-förmige Proteinmoleküle. Antikörper gehen mit dem
passenden Epitop eines Antigens eine relativ feste Bindung ein. Ein typischer Antikörper ist
aus vier Polypeptid-Ketten zusammengesetzt (zwei leichte L-Ketten und zwei schwere HKetten).
3.4 Antikörper inaktivieren Antigene und beschleunigen deren
Zerstörung
Aufgabe der Antikörper ist, Antigene zu erkennen und sie zu Zerstören. Weil jeder Antikörper
zwei Bindungsstellen aufweist, können lösliche Toxine zu grösseren Aggregaten
verklumpen, die dann ausfallen und von Makrophagen sehr effizient phagozytiert werden.
3.5 Die klonale Selektion
Das Immunsystem besitzt die Fähigkeit, jedes nur denkbare Antigen zu erkennen,
unabhängig davon ob die Spezies diesem Stoff schon einmal begegnet ist oder nicht. Die
riesige Auswahl an Antikörpern ist gebunden auf der Oberfläche von den sie produzierenden
„naiven“ B-Lymphocyten. Beim eindringen eines Antigens, werden die B-Lymphocyten
ausgelesen, die die Fähigkeit haben, passende Antikörper herzustellen (klonale Selektion).
Nach einigen Reifungsschritten produzieren die entstandenen Tochterzellen schliesslich alle
den gleichen Antikörper in löslicher Form und in riesigen Mengen.
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Antigen-unabhängige-Phase: Bildung von B-Lymphocyten mit unterschiedlicher
Antigenspezifität im Knochenmark.
Antigen-abhängige-Phase: Vermehrungsphase. Sezernierung grosser Mengen von
Antikörpern. Bildung von langlebigen Gedächtniszellen ermöglicht z.T. lebenslange
Immunität gegen eine einmal erfolgte Infektion.
3.6 Die Antikörper-Vielfalt entsteht durch DNA-Rekombination
Ein Antikörper-Molekül besitzt eine Y-förmige Grundstruktur aus vier Polypeptidketten - Zwei
identischen leichten L-Ketten und zwei identischen schweren H-Ketten, verbunden durch
Disulfid-Bindungen. Je das N-terminale Ende einer H- und L-Kette bilden eine der zwei
Antigen-Bindungsstellen die hoch variabel sind. Die Effektordomäne, der konstante Cterminale Bereich der schweren Kette, entscheidet wo der Antikörper vorkommt und löst
Folgereaktionen zum Abbau von Antigenen aus.
Die zufällige Verbindung eines V-Segments und eines J-Segments der DANN bildet die
Grundlage für die Vielfalt der leichten Ketten. Das ganze beruht auf dem Baukasten-Prinzip:
ƒ Für die Antikörper werden nicht fertige Gene bereit gestellt, sondern Genteile
ƒ Während der Antigen-unabhängigen Entwicklung setzt jeder Lymphocyt „sein“ Gen
für die leichte und die schwere Kette zusammen.
Die Diversifikation von Antikörpern beruht in erheblichem Masse auf den zufälligen
Deletionen und Insertionen von Nucleotiden an den Rekombinationsstellen.
Während der Antigen-abhängigen Phasen erfahren die B-Zellen eines der drei
unterschiedlichen Schicksale:
ƒ Reaktion mit körpereigenen Molekülen was den Zelltod auslöst (selektive Deletion
erhält die Selbsttoleranz)
ƒ Bindung an ein passendes fremdes Antigen, dadurch Vermehrung und Reifung,
sowie Entstehung von Antikörper sezernierenden Plasmazellen und Gedächtniszellen
ƒ Begegnen keinem passenden Antigen und sterben ab
3.7 Es gibt verschiedene Klassen von Antikörpern
Die verschiedenen Antikörper unterscheiden sich im konstanten Bereich der schweren Kette
(Effektordomäne).
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
IgM: primäre Antikörper. Membranständig in monomerer Form, löslich als Pentamere.
Lösliches IgM hat sehr hohe Affinität für repetitive Antigene auf der Bakterienoberfläche. Ihr Effektorbereich aktiviert Komplementsystem, der Bakterien lysiert.
IgG: Prototyp von Antikörpern. Mengenmässig wichtigste Antikörperklasse im Blut.
Werden ab dem fünften Tag der Immunreaktion synthetisiert. Veränderter
Effektorbereich. Werden von Makrophagen besonders leicht erkannt und entsorgt,
können auch die Plazenta passieren.
IgA: wichtigste Antikörper zum Schutz gegen Infektionen. Dimeres IgA wird von
Epithelzellen (meist Drüsenzellen) gebunden und mit dem Drüsensekret sezerniert
(somit auch in die Muttermilch).
IgE: werden gegen unschädliche Allergene gebildet. Basophile Granulocyten fangen
IgE auf und benutzen sie quasi als Antennen. Granulocyt setzt durch AntigenAntikörper-Reaktion Histamin frei. Histamin stimuliert glatte Muskelzellen,
Endothelzellen und Nervenzellen und verursacht eine Reihe allergischer Reaktionen.
3.8 Das Immunsystem verfügt über ein Gedächtnis
Bei jeder Aktivierung von einem B-Lymphocyten-Klon entstehen zwei unterschiedliche
Zellgruppen, die aber die gleiche Antigen-Spezifität aufweisen. Die Antikörper
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sezernierenden Plasmazellen leben nur einige Tage. Die langlebigen Gedächtniszellen
starten unmittelbar die sekundäre Immunantwort bei einem späteren Eindringen des
identischen Antigens. Gedächtniszellen tragen auf ihrer Plasmamembran bereits Antikörper
der Klasse IgG oder IgA und reagieren auf ein Antigen, das zum zweiten Mal in den Körper
eingedrungen ist, wesentlich schneller.
3.9 Die Geschichte mit der Histokompatibilität und der
Antigenpräsentation
Die MHC-Komplexe (major histocompatibility, beim Menschen auch als HLA humane
Leukocyten-Antigene) bilden eine Art Klammern, mit welcher Proteinfragmente aus dem
Zellinnern an der Zelloberfläche den T-Lymphocyten präsentiert werden. MHC kennzeichnen
die Zellen als dem Individuum zugehörig. Wegen der MHC kommt es zur Abstossung von
(Fremd-) Transplantaten.
3.10 Die T-Lymphocyten und der T-Zell-Rezeptor
Die Zell-vermittelte Immunantwort wird durch die T-Lymphocyten realisiert. Eigenschaften
der T-Zellen sind:
ƒ Produktion von T-Zell-Rezeptoren (nur in membrangebundener Form)
ƒ Angewiesen auf Zell/Zell Kontakte. Können ihre Zielzelle regulierend beeinflussen
(T-Helfer-Zellen) oder töten (Cytotoxische T-Zellen)
ƒ Erkennen nur Antigene, welche von anderen Zellen mittels der MHC-Komplexe
präsentiert werden.
Cytotoxische T-Zellen töten infizierte Körperzellen, körperfremde Zellen (Transplantate) und
entartete Körperzellen. T-Helferzellen stimulieren die Immunreaktion anderer Zellen. Jede TZelle bildet nur ihren spezifischen Rezeptor-Typ.
3.11 Cytotoxische T-Zellen bekämpfen intrazelluläre Erreger und
Krebszellen
Cytotoxische T-Zellen bekämpfen Pathogene, die in Zellen eingedrungen sind und sich
innerhalb der Zelle vermehren. MHC-Komplexe bilden eine Art Tasche, mit welcher kurze
Peptidfragmente ausgestellt werden können. Cytotoxische T-Zellen erkennen
Peptidfragemente, die von den MHC-I-Komplexen präsentiert werden. Darauf setzen sie
Perforin frei, ein Protein, das in der Membran der Zielzelle tödliche Löcher ausbildet.
Gleichzeitig wird die cytotoxische T-Zelle, die ihr Antigen erkannt hat, zur Vermehrung und
damit zur Bildung eines Klons aktivierter cytotoxischer T-Zellen stimuliert.
3.12 T-Helfer-Zellen spielen eine zentrale Rolle bei der Aktivierung von
B-Zellen
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Makrophagen präsentieren Fragmente von phagocytiertem Material mit Hilfe der
MHC-II-Komplexe
T-Helfer-Zellen erkennen Antigene, die mittels MHC-II präsentiert werden
Von T-Helfer-Zellen ausgeschüttete Botenstoffe optimieren die humorale (und
cytotoxische) Immunreaktion
Die Aktivierung von naiven B-Lymphocyten ist ein zweistufiger Prozess: Das Antigen
muss an den membranständigen Antikörper binden und gleichzeitig muss der BLymphocyt durch Cytokine angeregt werden
MHC-I: auf allen Körperzellen. Präsentieren laufend Fragmente der in der Zelle vorhandenen
Proteine. Falls sie Antigene präsentieren werden die Zellen von cytotoxischen T-Zellen
(CD8) vernichtet.
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MHC-II: nur bei auf Phagocytose spezialisierten Zellen, vor allem Makrophagen.
Präsentieren Fragmente von phagocytiertem Material den T-Helfer-Zellen (CD4). Diese
sezernieren Wachstumfaktoren zur Unterstützung von B- und T-Lymphocyten.
3.13 Das Komplement-System hilft im Kampf gegen bakterielle
Infektionen
Das Komplement schützt vor bakteriellen Infektionen. Es setzt sich aus ca. 20 löslichen
Proteinen zusammen die in der Leber synthetisiert werden. Durch Eindringen eines
Mikroorganismus (Polysaccharide in der Zellwand und an ihm gebundene Antikörper)
werden sie aktiviert und lagern sich auf der Oberfläche der Bakterien zu MembranangriffsKomplexen zusammen, die die Membran durchlöchern und den Mikroorganismus zerstören.
4 Von der Muskelzelle zur Leistungsphysiologie
Jede Art von körperlicher Leistung bedingt Aktivität der Skelettmuskulatur (Quergestreifte
Muskulatur).
4.1 Aufbau und Kontraktion der Muskelfaser
Skelettmuskelzellen sind so lang wie der Muskel, haben Zahlreiche Kerne und sind von
Zellmembran umhüllt. Myofibrillen sind zur Kontraktion fähige Strukturen in der Zelle.
Skelettmuskulatur heisst wegen dem Myofibrill-Aufbau auch quergestreifte Muskulatur.
Muskelzelle Æ Myofibrille Æ Myofilamente Æ Aktinmolekül Æ Myosinmolekül
Die dicken Filamente bestehen aus Molekülen des fibrillären Proteins Myosin, die dünnen
Filamente aus zwei Strängen des globulären Proteins Aktin. Der Bereich zwischen zwei ZScheiben (Verankerung der Aktin-Filamente) bildet die Grundeinheit der Myofibrillen, das
Sarkomer. Be der Kontraktion binden die Myosinköpfe an die Actinfilamente und ziehen
diese zwischen die Myosinfilamente hinein. Die durch die Hydrolyse von ATP freigesetzte
Energie bewirkt Konformationsänderungen der Myosinköpfchen. Myosin überführt die
chemische Energie von ATP in Bewegungsenergie. Æ Greif-Zieh-Loslass-Zyklus
Dabei löst ATP die Bindung zwischen Myosinköpfchen und Aktinfilament und es liefert die
Energie für die Konformationsänderung des Myosins.
Erregung der Skelettmuskelfaser wird durch das an der motorischen Endplatte (Synapse
zwischen Nerv und Muskelzelle) sezerniertes Acetylcholin ausgelöst. Na+ strömt in Zelle ein.
Ca2+ Ionen strömen aus longitudinalen Tubuli aus. Myosinköpfchen können an Aktinfilamente
binden. Es folgt eine Kontraktion. Die Kraftentwicklung oder die Verkürzung der
Skelettmuskelfaser wird durch die Zahl der Aktionspotentiale pro Zeiteinheit, also die
Reizfrequenz, gesteuert.
4.2 Energieliefernde Prozesse
4.2.1 Die Rolle des ATP für die Zellfunktionen
Ziel des Stoffwechsels ist, ATP immer auf einem ausreichenden Konzentrationsniveau zu
halten. Grössten Energiebedarf hat die auf Arbeitsleistung spezialisierte Muskelzelle; hier
überträgt ATP die Energie direkt auf den kontraktilen Apparat. Den grössten ATP Umsatz
haben Skelettmuskelzellen.
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4.2.2 ATP-Gewinnung aus Nährstoffen
Nahrungsmoleküle werden in drei Stufen abgebaut, um ATP zu liefern (Katabolismus =
enzymatischer Abbau):
ƒ Abbau grosser Makromoleküle zu einfachen Untereinheiten
o Polysaccharide Æ Glucose
o Fette Æ Fettsäuren und Glycerol
o Proteine Æ Aminosäuren
ƒ Abbau der einfachen Untereinheiten (Glucose Æ Pyruvat) zu Acetyl-CoA unter
Bildung anteiliger Mengen ATP (in Mitochondrien) und NADH
ƒ Vollständige Oxidation von Acetyl-CoA zu H2O und CO2 bildet vier NADH, aus dem
mittels Elektronentransport viel ATP entsteht. = Zitronensäure-Zyklus
Solange genügend Sauerstoff vorhanden, wird ATP durch die katabole, O2-abhängige
Oxidation in Mitochondrien generiert (Zellatmung). Glukose ist der für Muskelzellen am
effektivsten verwertbare Energielieferant.
Falls nicht genügend O2 vorhanden ist, bleiben die Pyruvat-Moleküle, anstatt in den
Mitochondrien abgebaut zu werden, im Cytosol und werden zu Laktat umgewandelt. Die
anaerobe Bildung von ATP aus Glukose durch die Glykolyse ist unwirtschaftlich.
4.2.3 Die grossen Energiespeicher des Körpers sind Glykogen und Fette
ATP kann von Zellen nur in sehr geringen Mengen gespeichert werden.
ƒ Glykogen: Speicherform von Glucose, wird in Leber- und Muskelzellen eingelagert
ƒ Fette (Lipide): überwiegend Triglyceride (Glycerin verestert mit drei Fettsäuren), in
Fettzellen gespeichert. Wichtig bei Ausdauerleistung.
ƒ Proteine: nicht wichtig für Energiegewinnung
4.3 Nutzung der Energieträger im Verlauf körperlicher Arbeit
Die direkt für die Muskelkontraktion nutzbare Energiequelle ist immer das ATP.
Keratinphosphat weist höhere freie Energie auf als ATP und kann verwendet werden um
„verbrauchtes ATP“ zu regenerieren. Der Keratinphosphatspeicher wird erst nach Abbruch
der Arbeit über ATP aus dem oxidativen Katabolismus wieder aufgefüllt. Im Muskel
gespeichertes Kreatinphosphat wirkt nur als Zwischenspeicher, um die sofortige Umstellung
auf Leistung zu ermöglichen.
Obwohl die Leistung sprunghaft einsetzt, steigt die effektive Sauerstoffaufnahme verzögert
an. Im Fliessgleichgewicht (steady state) zwischen dem Verbrauch von ATP und der
aeroben Bereitstellung von ATP hat sich die Sauerstoffaufnahme des Muskel an den
Sauerstoffbedarf angepasst. Nach Arbeitsende wird der Anfangszustand wiederhergestellt.
Wichtig: Oxidation von Fettsäuren steigt nur langsam an.
Anreicherung von Laktat stört das biochemische Gleichgewicht des Muskels. Es erlaubt
kurzfristig Leistung über maximale aerobe Kapazität, weil die max. Umsatzrate glykolytischer
Enzyme grösser ist als die der mitochondrialer Enzyme. Jedoch nur für begrenzte Zeit!
Lactat reichert sich an, NAD+ wir erschöpft. Es ist ineffizient, da nur mit Glucose möglich, die
Energie der Glucose aber nur zu kleinem Teil ausgenutzt wird und der Glucosespeicher
gering ist Æ Hungerast.
4.4 Energieumsatz
Der Grundumsatz dient dazu, die Körperfunktionen aufrecht zu erhalten. Am meisten
verbrauchen Leber und ruhende Skelettmuskulatur. Mit normaler Ernährung kann auf die
Dauer nicht mehr als 20'000 kJ/Tag an Nährstoffen aus Nahrungsmitteln bereitgestellt
werden.
Wirkungsgrad: Beim aeroben Abbau von Glukose und Fettsäuren können nur etwa 50% der
freien Energie genutzt werden, um ATP aufzubauen. Ein Teil wird als Wärmeenergie frei.
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4.5 Körperliche Leistungsfähigkeit
Bei übermässiger Nutzung kommt es zu Abnuztungserkrankungen, bei chronischer
Unterbelastung zu Herz- und Kreislauferkrankungen, etc. (sog. Zivilisationsschäden).
Physiologische Leistungsbereitschaft: Arbeitsantrieb, den ein Mensch normalerweise bereit
ist aufzubringen. Ändert sich mit der Tageszeit. Der zirkadiane Rhythmus, dem das ganze
vegetative System unterworfen ist, ist von der Ortszeit abhängig. Die restlichen
Leistungsreserven sind autonom geschützt.
Das Maximale Transportvermögen von Sauerstoff zur Arbeitsmuskulatur ist abhängig vom
maximal möglichen Herzminutenvolumen, der peripheren O2-Ausschöpfung. Dies hängt
wiederum ab von der Kapillarisierung des Muskels und der Strömungsgeschwindigkeit des
Blutes in den Kapillaren. Weiterhin beeinflussend ist die Hämoglobinkonzentration im Blut,
Konzentration der Erythrocyten und das Blutvolumen.
Bei der Frau liegt die maximale O2-Aufnahzme wegen des kleineren Herzens und des
prozentual geringeren Muskelanteils normalerweise unter der des Mannes.
5 Molekulare Zellbiologie
Proteine sind Bindeglied zwischen Geno- und Phänotyp. Gene geben Anweisungen für die
Synthese von Proteinen zur richtigen Zeit und am richtigen Ort.
5.1 Der Informationsfluss vom Gen zum Protein
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Transkription und Translation als die ersten beiden Schritte vom Gen zum Protein
Ein Triplett von Nucleotiden codiert für eine bestimmte Aminosäure
Transkription ist die DNA-gesteuerte RNA-Synthese
Translation ist die RNA-gesteuerte Synthese eines Polypeptids
DNA-Matrizenstrang Æ Transkription Æ mRNA Æ Translation Æ Protein
Transkription: Umschreibung der genetischen Information von der DNA in die RNA. RNAPolymerasen können Nucleotide nur an das 3’-Ende des wachsenden Polymers anheften.
Ein RNA-Molekül wächst von 5’ nach 3’. Bei Eukaryonten enthält jede Transkriptionseinheit
nur ein Gen = monocistronisch.
Promotor: Erkennungs- und Bindungsstellen von RNA-Polymerasen. TATA-Box.
Translation: RNA-gesteuerte Synthese eines Polypeptids. 3 Nucleotide codieren für 1
Aminosäure. tRNA transportiert Aminosäuren aus dem Aminosäure-Reservoir des Cytosols
zum Ribosom.
Bei Eukaryonten sind Transkription und Translation räumlich und zeitlich getrennt.
Ribosom: Organelle (im Nucleolus gebildet), in der genetische Information in Proteine
übersetzt wird. Jedes hat 3 Bindungsstellen für tRNAs. Synthese von Polypeptiden verläuft
immer vom N-terminalen zum C-terminalen Ende.
Start-Codon: AUG ist Startsignal für die Translation. Initiator-tRNAMet bindet sich im Ribosom
direkt an die Peptid-Bindungsstelle.
Stop-Codon: UAA, UGA, UAG bewirken Termination. Werden von Terminationsfaktoren
erkannt. Bindung tRNA-Polypeptid wird gelöst.
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Von einem mRNA-Molekül werden gleichzeitig mehrere Polypeptide translatiert. Polysom (=
Gruppe von Ribosomen) wandert derselben RNA entlang. Falls ein mRNA-Molekül keine
Information für eine Signalsequenz enthält, bleibt das Ribosom bei der Translation frei im
Cytosol. Die 3D-Struktur des Proteins ist durch die Sequenz der Aminosäuren
(Primärstruktur) gegeben. Definitive Glykolysierung findet im Golgi-Apparat statt.
Transfer-RNA: Nimmt zu seiner Struktur passende Aminosäure aus dem Cytosol auf, bringt
sie zum Ribosom und verlässt dieses wieder, um eine weitere Ladung aufzunehmen.
5.2 Eukaryontische Zellen modifizieren die mRNA nach der Transkription
Veränderungen an den Enden der mRNA: 5’-Ende wird bei der Transkription zuerst
synthetisiert. Es erhält eine Guanosin-Triphosphat-Kappe zum Schutz vor dem Abbau und
bindet an Ribosomen. Das 3’-Ende erhält einen Poly(A)-Schwanz. Er spielt eine Rolle bei
Transport ins Cytoplasma, reguliert den Abbau und „recycliert“ Ribosomen.
RNA-Spleissen: Enzyme schneiden Introns (nichtcodierende Segmente) aus dem Molekül
aus und verbinden die Exons zu einer translatierbaren mRNA mit einer kontinuerlichen
codierenden Basenfolge.
Gene und prä-mRNA von Eukaryonten enthalten codierende und nicht-codierende
Abschnitte. Die prä-mRNA wird gespleisst.
Prokaryonten
Genregulation dient der schnellen und gezielten Anpassung an Umweltbedingungen (v.a.
Nahrungsangebot).
Anpassung der enzymatischen Aktivitäten der Zelle an das Nahrungsangebot oder andere
Umweltbedingungen.
Gleichzeitige Transkription und Translation. mRNA ist polycistronisch und kurzlebig.
Eukaryonten
Genregulation dient der Steuerung der Entwicklung und Differenzierung.
Anteil der Gene, die auf Umweltveränderungen reagieren sind viel kleiner. Hoch organisierte
vielstufige Genregulation Æ Entwicklung verschiedener Zellen, Differenzierung.
mRNA als Vorstufe transkribiert und nach Transkription prozessiert. Spleissen. mRNA ist
monocistronisch und langlebig.
5.3 Die Kontrolle der Genexpression bei Eukaryonten
Jede Zelle eines Eukaryonten exprimiert nur einen kleinen Teil ihres Genoms, das zum
grossen Teil aus nicht-codierenden Sequenzen besteht. Genexpression unterliegt exakter
räumlichen und zeitlichen Kontrolle, wobei der wichtigste Kontrollpunkt der
Transkriptionsstart ist. Ausserdem kontrollieren regulatorische Proteine und DNA-Abschnitte
die Genexpression. Durch differentielles Spleissen von mRNA können aus einem Gen
verschiedene Varianten eines Proteins hergestellt werden.
5.3.1 Die Genomgrösse
Die Gesamt-DNA, Anzahl Gene und DNA pro Gen ist mit der Evolution zunehmend, jedoch
nicht streng korreliert. Genomgrösse und Chromosomenzahl sind nicht gekoppelt. Die
Anzahl Basenpaare pro haploidem Genom innerhalb einer Spezies ist konstant. Bei
Prokaryonten ist die Hauptmenge der DNA codierend, bei Eukaryonten ist sie grösstenteils
nicht codierend. Eukaryonten weisen aber mehr regulatorische Sequenzen auf. Ein grosser
Teil der Proteine wird durch alternatives Spleissen von prä-mRNA möglicht gemacht. Ein Teil
der nicht codierenden DNA besteht aus repetitiven Sequenzen, die von Individuum zu
Individuum ähnlich sind, aber nicht identisch (genetischer Fingerabdruck)!
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5.3.2 „Zweck“ der Genregulation bei Einzellern und bei vielzelligen Organismen
Organisation des bakteriellen Genoms:
ƒ Gene auf DANN dicht gepackt Æ grosser Teil der DANN codierend
ƒ Regulatorische Sequenzen unmittelbar vor Gen
ƒ Gemeinsam regulierte Gene zu Operon zusammengefasst
Organisation eukaryotischer Gene:
ƒ Grosse nicht codierende Abstände zwischen den Genen
ƒ Gene bestehen aus Introns und Exons
ƒ Jedes Gen einzeln reguliert
ƒ Nur Promotor unmittelbar vor Gen, mehrere regulatorische Sequenzen in grösserer
Entfernung
5.3.3
Die DNA-Verpackung von eukaryontischen Chromosomen ist an der
Genregulation beteiligt
Die grosse DNA-Menge von Eukaryonten wird mit Hilfe von Histon-Proteinen zu Chromatin
verpackt. Dies ist ein mehrstufiger Prozess:
1) DNA + Histone
Æ Nucleosom
Æ ~Perlenkette
2) Tight helical fiber
3) Supercoil (Superhelix)
4) Metaphase-Chromosom: Superhelix bildet Schleifen und Falten
Jedes Chromosom enthält ein DNA-Molekül, das mehrere tausend mal länger ist, als der
Durchmesser eines Zellkerns. Eine menschliche Zelle hat 46 Chromosomen (23
Chromosomen-Paare). Über 90% der DNA ist nicht codierend. Über den Verpackungsgrad
kann die Zugängigkeit für RNA-Polymerasen gesteuert werden.
5.3.4
Komplexe aus zahlreichen Proteinen regulieren die Transkription von
Eukaryonten
Die meisten Eukaryontengene sind inaktiv, solange sie nicht spezifisch angeschaltet werden.
Die Kontrolle verläuft vorwiegend auf der Ebene der Transkription mittels regulatorischen
Proteinen.
Die regulatorischen DNA-Elemente von eukaryotischen Genen
Promotor, die Erkennungs- und Bindestelle für die RNA-Polymerase ist der Startpunkt für die
Transkription. Enhancer-Sequenzen sind Orte, an denen Transkriptionsfaktoren (Proteine)
binden und dadurch die Transkription des Gens kontrollieren können. Sie liegen häufig weit
weg vom Promotor.
Transkriptionsfaktoren
Am Enhancer bindende Aktivator-Proteine können mit der RNA-Polymerase interagieren,
indem die DNA Schleifen bildet. Transkriptionsfaktoren können spezifische DNA-Sequenzen
erkennen, weil die Proteinoberfläche und die Oberflächeneigenschaften der Doppelhelix in
diesem Bereich genau zusammen passen.
Verschiedene Zellarten weisen unterschiedliche Transkriptionsfaktoren auf. Die in einer Zelle
vorhandenen Transkriptionsfaktoren bestimmen, welche Gene in der Zelle exprimiert
werden.
5.3.5 Genregulatorproteine steuern die Differenzierung von Zellen
Die Entwicklung von Muskelzellen ist ein Beispiel für die Wirkung von übergeordeneten
Transkriptionsfaktoren (=Genregulatorproteine). Der übergeordenete Transkriptionsfaktore
myoD wird als erster exprimiert und determiniert embryonale Zellen zu Muskelzellen.
Signale für die Gensteuerung:
ƒ Cytoplasmatisch (intrazellulär)
ƒ Nachbarzellen (extrazellulär)
Die Zellkerne des frühen Embryos sind von unterschiedlich zusammengesetztem
Cytoplasma umgeben und erhalten unterschiedliche Signale.
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5.3.6 Alternatives Spleissen von prä-mRNA
Durch alternatives Spleissen können von einem Gen funktionell verschiedene Polypeptide
produziert werden.
5.4 Koordination der Genregulation in einem vielzelligen Organismus
Zell-Zell-Kontakte, Hormone und ähnliche Signale wirken bei der Genkontrolle mit. Die von
hydrophilen resp. Lipophilen Molekülen vermittelten Signale werden mittels verschiedener
Mechanismen in den Zellkern geleitet.
Formen der Signalübertragung sind:
ƒ Endokrine Wirkung (Signal + Rezeptor)
o Klassische Hormone, langlebig
ƒ Parakine Wirkung
o Hormonähnlich, kurzlebig
ƒ Signalübertragung durch membranständige Proteine (Zell-Zell-Kontakte)
Wirkung von extrazellulären Signalen
ƒ Signale verändern die Funktion von bereits in der Zelle vorhandenen Proteinen
o Schnell: Aktionspotential, Muskelkontraktion
ƒ Signale steuern die Synthese von Proteinen (Genexpression)
o Langsam: Zunahme Muskelkraft, Produktion von Antikörpern
Wichtige Signalmoleküle für die Steuerung der Genexpression sind:
ƒ Polypeptide (Bsp.Wachstumsfaktoren, Cytokine)
o Können Zellmembran nicht durchdringen (polar, geladen, H2O-löslich)
ƒ Lipidähnliche Moleküle (Bsp.Steroidhormone)
o Können Zellmembran durchdringen, da fettlöslich
o Binden an Rezeptoren im Cytoplasma
Oberflächenrezeptoren aktivieren cytoplasmatische Regulatorproteine
Das Signal von hydrophilen Molekülen wird durch eine Signalübertragungskette von der
Zelloberfläche in den Zellkern geleitet. Z.B. bei B-Lymphocyten wird die Produktion von
Antikörpern durch Cytokine von T-Helfer-Zellen aktiviert.
Ausknospungen des Entoderms z.B. werden (mit)induzert durch Zell-Zell-Kontakte der
betreffenden Entodermzellen mit darunter liegenden Mesodermzellen.
Kleine lipophile Signalmoleküle können die Zellmembran durchqueren
Steroidhormone (Stresshormon Cortisol, männliche und weibliche Geschlechtshormone)
passieren den Lipid-Bilayer der Zellmembran und Binden am intratzellulären
Rezeptorprotein. Hormon-Rezeptor-Komplex ≈ genregulatorisches Protein
6 Gentechnologie
Gentechnologie hat zu einer industriellen Revolution der Biotechnologie geführt. Unter
Biotechnologie versteht man die Verwendung lebender Organismen mit dem Ziel, bestimmte
Verfahren durchzuführen, bzw. besondere Produkte herzustellen.
6.1 Das Prinzip der Genmanipulation
Plasmide sind kleine zirkuläre DNA-Moleküle, die sich in der Bakterienzelle autonom
replizieren können. Man kann fremde Gene in isolierte Plasmide einbauen: rekombinante
DNA = DNA zweier verschiedener Organismen.
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Möglicher Nutzen klonierter DNA/Gene:
ƒ Herstellung eines Proteins
ƒ Zellen mit einer bestimmten Stoffwechseleigenschaft versehen
ƒ Kopien eines Gens herstellen, damit man es weiter untersuchen kann
6.2 Die grundlegenden Methoden der Gentechnologie
Werkzeuge:
ƒ Enzym zum Zerschneiden der DNA
ƒ Enzym zum Verbinden der DNA
ƒ Vektor (z.B. Plasmid)
ƒ Wirt für rekombinante DNA
Vektoren und Wirtsorganismen
Plasmide und Viren sind die gebräuchlichsten Vektoren. Meistens enthält das verwendete
Plasmid ein gen für eine Antibiotika-Resistenz. In einem Antibiotika enthaltenden
Nährmedium können sich so dann nur die Bakterien vermehren, die ein Plasmid
aufgenommen haben. Probleme bei Bakterien als Wirte sind die evtl. Schwierigkeit die
genetische Information eines eukaryontischen Gens zu exprimieren. Ausserdem werden
viele eukaryontische Proteine nach der Synthese noch modifiziert. Hefezellen besitzen
ebenfalls Plasmide (selten bei Eukaryonten).
DNA-Hybridisierung ermöglicht die gezielte Suche nach definierten DNA-Fragmenten
DNA-Doppelhelices können durch erwärmen oder erhöhen des pH-Wertes in ihre
Einzelstränge überführt werden (=Denaturieren). Nur Einzelstränge, die komplementäre
Nukleotidsequenzen aufweisen, können Renaturieren (=Reasoziieren = Hybridisieren). Somit
lässt sich prüfen, ob ein bestimmter Genabschnitt vorliegt. Diese Methode kann verwendet
werden, um mögliche Träger von Erbkrankheiten zu ermitteln, bzw. pränatal zu
diagnostizieren.
6.3 Anwendungen der rekombinanten DNA-Technologie in der
Forschung
6.3.1
Mit rekombinanter DNA wird die Regulation von eukaryontischen Genen
untersucht
Für die Expression eines Testgens in vitro braucht es die regulatorische DNA-Sequenz und
den Transkriptionsfaktor.
6.3.2 Transgene Tiere
Transgen: ein in einen fremden Organismus übertragenes Gen
Transgenes Tier: Organismus, das Fremdgen enthält (in Keimbahn eingeführt)
Einsatzmöglichkeiten: Grundlagenforschung, Bioreaktoren für die Produktion medizinisch
relevanter Proteine, Nutztierzucht
6.3.3 Knockout-Mäuse als Modellsysteme
Knockout-Mäuse sind Mäuse mit einem gezielt ausgeschaltetem Gen. Mit Ihnen kann die
Bedeutung einzelner Gene für die Embryogenese oder für die Entwicklung von Krankheiten
erforscht werden. Behandlungsmethoden für genetisch bedingte Krankheiten können
entwickelt werden (Bsp. Cystische Fibrose).
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7 Mutationen und Krebs
7.1 Begriffe und Beispiele
Mutation: DNA-Veränderung. Kann zur Veränderung eines Proteins oder zur Verringerung /
Verlust seiner Expression führen.
Mutationsrate: Eine Mutation pro Gen pro 105-106 Gameten natürlicherweise
Allele: Verschiedene Varianten eines Gens
Der überwiegende Teil der Mutationen ist rezessiv
Punkt- oder Genmutation
Austausch eines einzelnen Basenpaares (Punktmutation) oder Deletion weniger
Basenpaare.
ƒ Missense: einzelne Aminosäure ausgetauscht
ƒ Nonsense: codon einer Aminosäure durch Stop-Codon ersetzt
ƒ Frameshift / Leseraster: ein oder zwei Nukleotide eingefügt bzw. verlorengegangen
ƒ Kleine Deletionen: wie Frameshift, aber bei 1/3 bleibt Leserahmen erhalten
Chromosomenmutationen
Veränderungen in der Chromosomenstruktur
ƒ Deletion
ƒ Inversion
ƒ Translokationen
Genom-Mutationen
Veränderung der Chromosomenzahl (Polyploidie = Euploidie und Aneuploidie)
ƒ Trisomien: spezifische Formen der Aneuploidie (Einzelchromosomen vermehrt). Nondisjunction einzelner Chromosomen (n+1)
Somatische Mutationen (Körperzellen)
ƒ Funktionsverlust oder Tod der Zelle
ƒ Entstehung von Tumoren
Keimzellen Mutationen (Eizelle und Spermium)
ƒ Keine Konsequenzen für betroffenen Organismus
ƒ Erbkrankheiten werden bei Nachkommen sichtbar (meist rezessiv)
o Albinismus
o Cystische Fibrose
o Sichelzellen Anämie
o Phenylketonurie
7.2 Tumoren
Krebs ist die Folge von Mutationen in Genen, deren Produkte Zellwachstum und Zellteilung
regulieren. Krebszellen reagieren nicht mehr auf die Regulationsmechansimen des
Organismus.
ƒ Gutartige (benigne) Tumoren: langsames Wachstum, geringe Zellveränderungen
ƒ Bösartige (maligne) Tumoren: schnelles Wachstum, hohe Zellteilungsrate, bilden
häufig Metastasen (Tochter-Tumoren an anderen Stellen des Organismus)
7.2.1
Tumoren entstehen durch Akkumulation von mehreren Mutationen in einer
Zelllinie
Darum steigt die Krebsanfälligkeit mit zunehmendem Alter.
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7.2.2 Genetische Ursachen der Tumorentstehung
Exogene Ursachen: ionisierende und UV-Strahlen, chemische Substanzen und gewisse
Viren.
ƒ Onkogene: Krebs verursachende Gene
ƒ Proto-Onkogene: Normale zelluläre Gene. Codieren für Proteine, die Wachstum und
Teilung von Zellen steuern.
Proto-Onkogene können durch Mutation zu Onkogenen werden durch:
ƒ Genamplifikation
ƒ Chromosomale Translokation
ƒ Punktmutation
Normale, das Zellwachstum kontrollierende Gene können durch Mutationen zu „Krebsgenen“
werden
ƒ (Proto)-Onkogene ermöglichen kontrolliertes Zellwachstum, abgestimmt auf
Bedürfnisse des Gesamtorganismus. Wenn mutiert, führen sie zu unkontrolliertem
Zellwachstum, unabhängig von Signalen aus der Umgebung. („durchgedrücktes
Gaspedal“)
ƒ Tumor-Supressorgene (z.B. p53) hemmen Zellen, die sich nicht teilen sollen,
kontrollieren also das Zellwachstum. Wenn mutiert, führen sie zu unkontrolliertem
Zellwachstum. Zellen mit beschädigter DNA z.B. lassen sich nicht kontrollieren
(„defektes Bremspedal“).
7.3 Die Wirkungsmechanismen von mutagenen Agenzien
Mutationen sind in der Regel die Folge von nicht reparierten DNA-Schäden. Jedes Agens,
das DNA-Schäden bewirken kann, ist ein potentielles Mutagen. Jedes Mutagen ist auch ein
potentielles Kanzerogen (=Karzinogen). In der Evolution haben sich effiziente ReparaturMechanismen ausgebildet, die DNA-Schäden reparieren und die Mutationsraten auf einen
erträglichen Wert begrenzen.
Ionisierende Strahlen
Ionisierende Strahlen haben drastische Effekte auf die DNA: Doppel- und
Einzelstrangbrüche, kovalente Verknüpfungen zw. Nucleotiden der Doppelhelix (cross links),
Zerstörung od. Strukturveränderungen von DNA-Basen.
α-, β-, γ- und Röntgenstrahlen geben beim Eindringen ins Gewebe Energie ab. Eine der
Konsequenzen ist die Erzeugung von Hydroxyl-Radikalen
Nebenprodukte des Zellstoffwechsels
Hoch reaktive Sauerstoffradikale sind Auslöser von endogen bedingten Spontanmutationen.
Am häufigsten Schädigen sie Guanin.
UV-Strahlung
Unter UV-Strahlung kommen Thymin-Dimere zustande. Es kommt dadurch zur Verformung
der Doppelhelix, die Basenpaarung wird verhindert, und somit auch die Replikation und
Transkription unterbrochen.
Nach heutigem Erkenntnisstand gelten Rauchabstinenz, reichlicher Verzehr von Obst und
Gemüse und mässige Kalorienaufnahme als effizienteste Krebsvorsorge.
7.4 Zellen verfügen über effiziente DNA-Reparatur-Mechanismen
Fast alle Reparaturmechansimen beruhen darauf, dass eine Schädigung nur einen Strang
der DNA-Doppelhelix betrifft. Grundprinzip der Reparatur ist:
ƒ Erkennen und Herausschneiden des beschädigten DNA-Abschnitts durch Enzym
ƒ Reparatur-DNA-Polymerase füllt die Lücke mit komplementärer Kopie
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ƒ Bruch im Zucker-Phosphat-Gerüst wird von DNA-Ligase versiegelt
Die DNA-Reparatur gewährt die Stabilität des Genoms. DNA-Schäden führen somit nicht
zwingend zur Mutation, sondern werden in den meisten Fällen repariert, ohne dass eine
Mutation entsteht.
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