Das IS-LM-Modell (nach Hicks) - Study

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Das IS/LM-Modell und Implikationen der Wirtschaftspolitik
1
Das IS-LM-Modell (nach Hicks)
Erläuterung des IS- und des LM-Modells als
Rückgriff auf die letzten beiden Tutorium.
1. Darstellung des Modells
Das
IS/LM-Modell
entspricht
der
keynesianischen
Konzeption
eines
simultanen
Gleichgewichts am Gütermarkt und Geldmarkt.
⇒
Ein partielles Gleichgewicht auf dem Geldmarkt wird realisiert, wenn die
Geldnachfrage
(Liquiditätspräferenz) dem (realen) Geldangebot gleichkommt. Das System des
partiellen Geldmarkt-Gleichgewichts beruht im Prinzip auf drei Gleichungen:
⇒
(1)
reale Geldnachfrage:
L = LT (Yr) + LS (i)
(2)
reales Geldangebot:
Mr = M/P
(3)
Geldmarkt-Gleichgewicht:
L=M
Der Gütermarktes läßt sich ebenfalls in drei Gleichungen darstellen:
(4)
Sparfunktion der HH:
S = Y - C(Y) pos. Steigung
⇒ absolute Einkommenshypothese
(5)
zinsinduzierte Investitionen: I = I (i)neg. Steigung
⇒ negativer Zusammenhang
(6)
Gütermarkt-Gleichgewicht: I = S
Bei geringem Einkommen und geringer Ersparnis ist ein hoher Zinssatz
erforderlich, damit ein Gleichgewicht erreicht werden kann. Umgekehrt muß bei
hohem
Einkommen und hoher Ersparnis der Marktzinssatz geringer sein, damit bei
gegebenen Erwartungen hohe Investitionen zum Erreichen des GütermarktGleichgewichts getätigt werden.
Das IS/LM-Modell und Implikationen der Wirtschaftspolitik
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Graphische Darstellung
IS:
LM:
S (Y) = I (i)
L (Y, I) =
M
P
Dies ist ein Gleichungssystem mit zwei Gleichungen und zwei endogenen Variablen, nämlich
dem Realeinkommen und dem Zins. Die LM-Kurve steht dabei für ein Bestandsgleichgewicht
am Geldmarkt und die IS-Kurve für ein Stromgleichgewicht auf dem Gütermarkt.
Abbildung 1:
Das IS/LM-Modell
i
LM
IS
i*
Y*
Y
Im Schnittpunkt existiert genau eine Zins-Volkseinkommens-Kombination, die beide
Gleichgewichtsbedingungen erfüllt.
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2. Ungleichgewicht
Im IS/LM-Modell sind verschiedene Ungleichgewichte vorstellbar. So kann ein Nachfragebzw. Angebotsüberhang auf dem Gütermarkt bei gleichzeitigem Gleichgewicht auf dem
Geldmarkt auftreten oder der Geldmarkt bei gleichgewichtigem Gütermarkt hinsichtlich
geplantem Geldangebot und geplanter Geldnachfrage abweichen. Ebenso wäre eine Situation
möglich, in der beide Märkte nicht im Gleichgewicht sind.
Zu beachten ist jedoch, daß das IS-LM-Modell stabil ist, d.h. in der Tendenz immer wieder
dem Gleichgewicht entgegenstrebt.
Abbildung 2:Ungleichgewichte im IS/LM-Modell
i
IS
LM
U4
2
U3
1
U1
U2
Y
Punkt U1 :
Dieser Punkt liegt oberhalb der IS-Kurve und unterhalb der LM-Kurve und stellt deshalb:
-
ein Überschußangebot auf dem Gütermarkt, da beim gegbenen Einkommen die Ersparnis
zu hoch ist (S >I) und
-
eine Überschußnachfrage auf dem Geldmarkt, weil der Zins zu gering und damit die
Geldnachfrage aus dem Vorsichts- und Spekulationsmotiv zu groß ist (L > M).
Geld- und Gütermarkt bewegen sich zum Gleichgewicht, indem das Realeinkommen über den
Multiplikatorprozeß sinkt (Pfeil 1) und der Zins wegen fallender Kurse am Wertpapiermarkt
steigt (Pfeil 2).
Punkt U2 :
L>M
Überschußnachfrage auf dem Geldmarkt
Das IS/LM-Modell und Implikationen der Wirtschaftspolitik
Punkt U3 :
Punkt U4 :
S<I
Überschußnachfrage auf dem Gütermarkt
L<M
Überschußangebot auf dem Geldmarkt
S<I
Überschußnachfrage auf dem Gütermarkt
L<M
Überschußangebot auf dem Geldmarkt
S>I
Überschußangebot auf dem Gütermarkt
Zur Erläuterung im Tutorium:
1. Lage im Ausgangspunkt beschreiben
2. Mechanismen erklären
3. komp.-statische Analyse
4
Das IS/LM-Modell und Implikationen der Wirtschaftspolitik
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3. Aufgabe zum IS/LM-Modell:
Für eine Volkswirtschaft gelten folgende Funktionen:
(1)
- Geldnachfragefunktion:
L (Y,i) = 1,5 Y - 100 i
(2)
- Sparfunktion:
S (Y) = 0,2 Y
(3)
- Investitionsfunktion:
I (i) = 4 - 40 i
(4)
- Realkasse:
M/P = 6
(5)
- nominale Geldmenge:
M = 24
Berechnen Sie Realeinkommen, Zins im simultanen Geld- und Gütermarktgleichgewicht
und die Gleichung der Güternachfragefunktion.
Berechnungen:
1. Berechnung der IS-Funktion:
es gilt:
S (Y) = I (i)
einsetzen von (2), (3)
0,2 Y = 4- 40 i
(6) Auflösen nach Y
Gleichgewicht auf dem Gütermarkt
Y = 20 - 200 i
IS-Funktion
2. Berechnung der LM-Funktion:
es gilt:
L (Y, i) = M/P
einsetzen von (1), (4)
1,5 Y - 100 i = 6
(7) Auflösen nach Y
Y = 4 + 200/3 i
LM-Funktion
3. Berechnung des Zinses:
Gleichsetzen von (6) und (7):
Gleichgewicht auf Güter- und Geldmarkt:
20 - 200 i = 4 + 200/3 i
IS = LM
/ -4
/ +200 i
Auflösen nach i:
16 = 200 i + 200/3 i
⇔
16 = 800/3 i
⇔
48/800 = i
⇔
0,06 = i = 6 % (8)
Gleichgewichtszins
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6
4. Berechnung des Gleichgwichtsrealeinkommens:
Einsetzen von (8) in (6) oder (7):
Y = 20 - 200 i
/ i = 0,06
Y = 20 - 200 0,06
⇔
Y=8
Gleichgewichtsrealeinkommen
5. Bestimmung der Gleichung der Güternachfragefunktion:
Def.: Darstellung der Güternachfragefunktion in Abhängigkeit vom Preisniveau
es gilt:
L (Y, i) = M/P
einsetzen von (1), (5)
1,5 Y - 100 i = 24 / P
Auflösen nach i
⇔
i = 0,015 Y - 0,24 / P
es gilt:
S (Y) = I (i)
einsetzen von (2), (3)
0,2 Y = 4 - 40 i
Auflösen nach i
⇔
i = 0,1 - 0,005 Y
/ -1,5 Y
/ (-1/100)
/ -4
/ (-1/40)
(9)
(10)
Gleichsetzen von (9) und (10)
0,1 - 0,005 Y = 0,015 Y - 0,24 / P
⇔
0,1 + 0,24 / P = 0,02 Y
⇔
Y = 5 + 12 / P
Güternachfragefunktion
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Gegenüberstellung der zentralen Aussagen von Neoklassik und Keynesianismus
Neoklassik
angebotsorientiert: Saysches Theorem
Jedes Angebot schafft sich seine Nachfrage
⇒ Walrasianisches Gleichgewicht
Steuerung
durch
flexible
Preise:
- Güterpreise (Gütermarkt)
- Löhne (Arbeitsmarkt)
- Zinsen (Kapitalmarkt)
=
langfristig wird ein Gleichgewicht
erreicht
• Produktionsbegrenzung:
- Präferenzen der Haushalte
- angesammelter Kapitalbestand und technische Bedingungen der Produktion
- Arbeitsmarkt ist der strategische Markt
•
•
•
•
•
Keynesianismus
nachfrageorientiert: effektive Nachfrage Die
Nachfrage bestimmt das Angebot. Hier gilt
das Saysche Theorem nicht.
Steuerung durch viele Faktoren: Preise,
Löhne, Zinsen, Einkommen, Erwartungen
(Psychologie), Preis- und Lohnstarrheiten
sind möglich.
= Marktungleichgewicht
und
Unterbeschäftigung sind dauerhaft möglich
• Abweichungen:
- Konsumfunktion
- Grenzleistungfähigkeit des Kapitals =
neue
Investitionstheorie
- Liquiditätspräferenz
- Starrheit von Preisen und Löhnen
Keine einseitige Kausalität zwischen C • C = C (Y)
und Y
I = I (i)
Investitionen werden durch • I = I (i)
technische und psychologiden Zinsmechnismus
sche (Erwartungen) Fakbestimmt
toren spielen eine Rolle
Y=C+I
es
existiert
nur
ein
1
• Y0 =
(C aut + I) Nur durch Zufall
Realeinkommen, das bei
1 − C'
Vollbeschäftigung
entspricht Y0 dem Vollbeschäftigungsgleichgewicht (-einkommen)
S (i) = I (i)
Der Zins bringt den Güter- • S (Y) = I(i) Das Realeinkommen ist der
markt ins Gleichgewicht
Regelmechanismus des Gütermarktes
Quantitätstheorie:
Liquiditätspräferenztheorie:
LV = LV (Y;i)
Mv = PY
LS = LS (i)
LT = LT (Y)
M
⇒
L (Y;i) =
P
IS/LM-Modell:
IS:
Realeinkommen nicht Zins ist die
Steuergröße (Stromgröße)
LM:
Zins bringt den Geldmarkt ins
Gleichgewicht (Bestandsgröße)
Wirtschaftsliberalismus: Eingreifen des • Interventionismus: Eingreifen des Staates
Staates ist über ordnungspolitische Maßkann notwendig und nützlich sein.
nahmen hinaus nicht nur unnötig sondern
auch schädlich.
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4. Wirkungen der Geldpolitik im IS-LM-Modell (Geldmengenerhöhung)
a) im Normalfall
Eine Erhöhung der Geldmenge führt zu einer Verschiebung der LM-Kurve nach rechts (von
LM1 zu LM2 ), da sich eine entsprechend höhere Geldnachfrage nur bei steigendem
Realeinkommen oder fallendem Zins einstellt.
i
LM1
IS
LM2
i1
i2
Y
1
Y2
Y
b) bei der Liquiditätsfalle
Eine Liquiditätsfalle ist dadurch charakterisiert, daß die Geldnachfrage aufgrund des
Spekulationsmotives unendlich zinselastisch ist. Ursache dafür ist die subjektive
Einschätzungen der Wirtschaftssubjekte, daß der Zins so niedrig ist, daß hohe Kursverluste
bei festverzinslichen Wertpapieren zu befürchten sind. Folglich ziehen sie die Geldhaltung
vor. Fällt der Zins weiter, wird die Geldhaltung noch weiter steigen, bis im Extremfall keine
Wertpapiere mehr gehalten werden. Man spricht von einer unendlich zinselastischen
Geldnachfrage (absolute Liquiditätspräferenz).
i
IS
LM1
Y
5. Wirkungen der Fiskalpolitik
Y
LM2
Das IS/LM-Modell und Implikationen der Wirtschaftspolitik
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a) im Normalfall
Eine Ausdehnung der Nachfrage des Staates nach Gütern und Diensten verschiebt die ISKurve nach rechts (von IS1 zu IS2 ), da sich ein entsprechend höhere Kapitalangebot nur bei
steigendem Zins oder höherem Realeinkommen und damit höherer Ersparnis einstellt.
i
IS1
IS2
LM
i2
i1
Y2
Y
1
Y
b) bei einer Investitionsfalle
Eine Investitionsfalle ist dies Situation, in der die Investitionsnachfrage vollkommen
zinsunelastisch ist, was auf pessimistische Erfahrungen der Investoren zurückzuführen ist und
zur vollkommenen Zinsunelastizität führen kann. Die IS-Kurve hat dann einen senkrechten
Verlauf, wodurch das Realeinkommen eindeutig bestimmt ist und Zinsänderungen keinen
Einfluß auf das gleichgewichtige Realeinkommen nehmen, d.h. Verschiebungen der LMKurve wirken sich nicht aus, da über die IS-Kurve das Realeinkommen eindeutig bestimmt
ist.
i
IS1
IS2
LM
i2
i1
Y
1
Y2
Y
Das IS/LM-Modell und Implikationen der Wirtschaftspolitik
Thema V: Wirtschaftspolitik
0. Zielorienterte WIPOL
Der gesamtwirtschaftliche Zielkatalog geht auf das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz § 1 zurück, in dem
folgende Teilziele formuliert sind:
Stabilität des Preisniveaus,
Hoher Beschäftigungsstand,
Außenwirtschaftliches Gleichgewicht,
Stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum.
a) Stabilität des Preisniveaus
Das Preisniveau drückt zunächst das Verhältnis von monetärer Gesamtnachfrage zum gesamten potentiellen
Angebot an Gütern und DL aus. Begründung des Ziels der Preisniveaustabilität: Preissteigerungen gefährden die
Funktionsfähigkeit des marktwirtschaftlichen Systems, beeinträchtigen die internationale Wettbewerbsfähigkeit
und bewirken unerwünschte Umverteilung der Einkommen und Vermögen zu Lasten der sozial Schwächeren.
Schuldner werden von starken Preissteigerungen bevorteilt, Gläubiger dagegen benachteiligt.
b) Hoher Beschäftigungsstand
Arbeitslosigkeit bedeutet zunächst einen Verzicht auf Produktionsmöglichkeiten und somit ein Verzicht auf
bessere Versorgung mit Gütern und DL sowie auf Einkommen. Zudem stellt eine hohe Arbeitslosigkeit ein
gesellschaftliches, soziales Gefährdungspotential dar.
c) Außenwirtschaftliches Gleichgewicht
Die Außenwirtschaftsbeziehungen finden ihren Niederschlag in der Zahlungsbilanz, die die Schwankungen der
Entwicklung dieser Beziehungen widerspiegelt. Das stabilisierungspolitische Ziel wird deshalb im Sinne eines
Zahlungsbilanzgleichgewichtes verstanden.
d) Stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum
Es soll ein dynamisches Gleichgewicht (bzw. Gleichgewichtspfad) angestrebt werden.
Hingewiesen werden kann auf mögliche Zielkonflikte, die bei der Verfolgung dieser Zeile auftreten können.
Dies ist die schon angesprochene Phillips-Kurven Diskussion und der Zielkonflikt zwischen Preisniveaustabilität
und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht (z.B. eine importierte Inflation: Auslandspreise übertragen sich auf
das inländische Preisniveau durch die Preise der Importgüter).
1. Fiskalpolitik
Fiskalpolitik bezeichnet den Einsatz staatlicher Ausgaben und/oder Einnahmen zur Verwirklichung
gesamtwirtschaftlicher Ziele.
Ihr Ausgangspunkt ist die Annahme, daß die Beschäftigungshöhe durch die effektive Nachfrage (Keynes)
bestimmt wird. Das Instrumentarium der Fiskalpolitik ist im StabG festgelegt, dessen Grundorientierung die
Glättung gesamtwirtschaftlicher Aktivitätsschwankungen durch den antizyklischen Einsatz steuer- und ausgaben
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Das IS/LM-Modell und Implikationen der Wirtschaftspolitik
politischer Maßnahmen beinhaltet. Daher sind Defizite öffentlicher Haushalte in Rezessionsphasen, stillgelegte
Mittel im Boom, unterstützt durch nachfragedämpfende bzw. -belebende Änderungen der Steuer- und
Ausgabenstruktur, für eine solche stabilisierungspolitisch ausgerichtete Fiskalpolitik charakteristisch.
1.1. Instrumentarium des StabG
- Informationsinstrumente: Jahreswirtschaftsbericht, Subventionsbericht
- Planungsinstrumente: mittelfristige Finanzplanung, Verpflichtung der Aufstellung mehrjähriger
Investitionsprogramme
- Koordinationsinstrumente: Konjunkturrat, hier sollen konjunkturpolitische Maßnahmen und der Kreditbedarf
der Gebietskörperschaften aufeinander abgestimmt we rden. Konzertierte Aktion.
- Eingriffsinstrumente
Veränderungen der Steuereinnahmen und die
Variation der Staatsausgaben
1.2. Steuerpolitisches Instrumentarium des StabG
Generelle Möglichkeiten antizyklischer Einnahmenpolitik:
- Steuersatzvariationen bei Einkommens- und Körperschaftssteuer,
- Anpassung der Steuervorauszahlung,
- Steuerabzug bei Investitionen.
- Einschränkung der Abschreibungsmöglichkeiten
Diese Maßnahmen sollen für Haushalte und Unternehmen Anreize schaffen, mehr zu konsumieren bzw. zu
investieren.
1.3 Ausgabenpolitisches Instrumentarium des StabG
Antizyklische Ausgabenpolitik: direkte Steuerung der wirtschaftlichen Entwicklung, indem der öffentliche
Haushalt so gestaltet wird, daß er konjunkturellen Schwankungen gegensteuert. Eine Variation der
Staatsausgaben soll die gesamtwirtschaftliche Bachfrage so steuern, daß die ökonomische Entwicklung ein
Gleichgewicht anstrebt.
Möglichkeiten der antizyklischen Ausgaben- und Haushaltspolitik:
•
Variation der Staatsausgaben
•
Konjunkturausgleichsrücklage; Gelder, die in Boomphasen dem Wirtschaftskreislauf entzogen wurden
•
Beschränkung der Kreditaufnahme: Limitierung der Kreditaufnahmemöglichkeiten der öffentlichen Hand
Träger der Fiskalpolitik sind die Gebietskörperschaften, wobei Bundestag und Bundesregierung eine
hervorgehobene Rolle spielen, da sie das aktive Steuerungsmo ment besitzen und auch die Länder auf ein
gemeinsamen antizyklisches Verhalten festsetzen können.
(Vgl. auch Abb. 68, S. 232 in Bartling/Luzius)
1.4 Kritik und Mängel diskretionärer Fiskalpolitik
11
Das IS/LM-Modell und Implikationen der Wirtschaftspolitik
Zusätzliche Staatsausgaben können die Private Nachfrage verdrängen („Crowding-Out-Effekt“) und somit ist es
fraglich, ob sie überhaupt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage positiv beeinflussen. Ein totales Crowding-Out
tritt z.B. bei Vollbeschäftigung ein.
Ein effizientes antizyklisches wirtschaftspolitisches Verhalten setzt voraus, daß Handlungs- und
Wirkungsverzögerungen (time lags) verhindert werden sollen. Ansonsten können wirtschaftliche Instabilitäten
sogar verstärkt werden. Um dies zu verhindern, wird gefordert die diskretionäre Politik durch eine automatisierte
(regelgebundene) Steuerung zu ersetzen.
2. Geld- und Kreditpolitik
Geldpolitik ist der Versuch, über die Steuerung der Geld- und Kreditversorgung der Wirtschaft Einfluß auf die
wirtschaftspolitischen Ziele Beschäftigung, Produktion und Realeinkommen (sog. Realeffekte) sowie das
Preisniveau (sog. Nominaleffekte) zu nehmen.
Geldpolitische Maßnahmen wirken nicht direkt, sondern indirekt auf die Entscheidungen der Geschäftsbanken
und Wirtschaftssubjekte. Entscheidende Frage ist, durch welche Maßnahmen die Impulse des monetären auf den
realen Sektor übertragen werden und ob monetäre Impulse überhaupt reale Effekte erzielen können
(Dichotomie).
•
Keynesianische Theorie: Der Geldpolitik wird eine unterstützende Rolle zugeschrieben, weil Fiskalpolitik
direkter wirkt. So soll die Geldpolitik in einer Rezessionsphase eine expansive Fiskalpolitik ebenfalls
expansiv sein (Politik niedriger Zinsen). Übertragungswege sind daher Zins- und Geldmengeneffekte.
Problem ist das Auftreten zinsunelastischer Investitionen (Investitionsfalle), dann kann Geldpolitik
unwirksam sein.
•
Neoklassisch-Monetaristische Theorie: Geldpolitik nimmt die entscheidende Rolle in der Sicherstellung einer
störungsfreien wirtschaftlichen Entwicklung ein. Sie lehnt allerdings jede antizyklische Politik ab, da der
Private Sektor hinreichend stabil ist. Die Politik soll langfristig ausgerichtet sein, da dies der bestmögliche
Beitrag zur Stabilisierung der Konjunktur ist. Analytisch wird au die Quantitätstheorie zurückgegriffen:
M*V=P*Y
Die linke Seite der Gleichung kann als monetäre Nachfrage, die rechte als das in Geld bewertete
Güterangebot interpretiert werden.
Die monetaristische Strategie sieht nun wie folgt aus: Die für die Ausweitung der Zentralbankgeldmenge
(ZBGM) vorgeschlagene Regel sieht in der einfachsten Form vor, daß die ZBGM im langfristigen
Durchschnitt mit der gleichen Rate wachsen soll wie das bei Vollbeschäftigung erzielbare reale
Sozialprodukt (d.h. das gesamtwirtschaftliche Produktionspotential). Wenn z.B. das gesamtwirtschaftliche
Produktionspotential jährlich um 2% zunimmt, müßte die ZB die ZBGM -bei Konstanz der
Umlaufgeschwindigkeit- ebenfalls um 2% erhöhen, um Preisniveaustabilität zu gewährleisten.
Fraglich ist allerdings, ob obige Quantitätsgleichung die maßgeblichen Zusammenhänge in einer
Volkswirtschaft hinreichend berücksichtigt. Es ist z.B. bis heute nicht eindeutig geklärt, ob von der
Geldmenge das Preisniveau und das reale Sozialprodukt abhängen oder ob die Kausalitätsrichtung nicht
umgekehrt verläuft (reverse causation).
2.1 Geldpolitische Instrumente
Um die ZBGM nach dem ein oder anderen Konzept zu steuern, stehen der Bundesbank folgende geldpolitische
Instrumente zu Verfügung:
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Das IS/LM-Modell und Implikationen der Wirtschaftspolitik
a) Mindestreservepolitik
Die Mindestreservepolitik beeinflußt die Geldschöpfungsmöglichkeiten der Geschäftsbanken., da diese
verpflichtet sind einen bestimmten Teil (=Mindestreservesatz) ihrer Verbindlichkeiten (in Form von Sicht-,
Termin- und Spareinlagen der Bankkunden) zinslos bei der Bundesbank zu hinterlegen. Eine Erhöhung der
Mindestreservesatzes beeinträchtigt folglich die Geldschöpfungsmöglich keiten der Geschäftsbanken
(Kreditvergabe sinkt möglicherweise). Eine Veränderung beeinflußt die Bankenliquidität maßgeblich, somit
kann man von einem Instrument zur Grobsteuerung sprechen.
b) Refinanzierungspolitik
Für die Kreditinstitute resultiert aus der Tatsache, daß sie zwar Geschäftsbankengeld, nicht aber Zentralbankgeld
schaffen können, ein Liquiditätsproblem. Kreditinstitute vermögen ihr Aktivgeschäft wegen der damit
verbundenen Abflüsse von Zentralbankgeld nur soweit auszudehnen, wie sie sich gegebenenfalls bei der
Notenbank refinanzieren, d.h. Zentralbankgeld beschaffen können. Im Rahmen ihrer Refinanzierungspoltik legt
die Notenbank die Bedingungen fest, zu denen sie bereit ist, den Geschäftsbanken Kredite zu gewähren. Eine
solche Kreditgewährung erfolgt im allgemeinen in der Form des Ankaufs von Wechseln (Diskont) oder gegen
Verpfändung von Wertpapieren (Lombard). Der Diskontsatz ist ein prozentualer Abschlag, den die Zentralbank
bei Auszahlung des Kredites vornimmt, also der Preis für die Übernahme des Wechsels durch die Zentralbank.
Weil die Wechsel beim Verkauf durch Nichtbanken an Banken diskontiert werden, spricht man beim
Wechselgeschäft der Banken mit der Zentralbank vom Rediskontgeschäft. Der Lombardsatz in der Regel ein
(oder sogar mehr) Prozent über dem Lombardsatz liegen, weil Lo mbardkredite die Ausnahme sein sollen
(Spitzenrefinanzierung).
Je nachdem, ob die Notenbank die Bedingungen für den Wechseldiskont oder den Lombardkredit festlegt,
spricht man von Diskont- oder Lombardpolitik, allgemein von Refinanzierungspolitik. Im Vergleich zur
Mindestreservepolitik kann die Refinanzierungspolitik wesentlich flexibler gehandhabt und dosiert werden
(Feinsteuerung).
c) Offenmarktpolitik
Unter Offenmarktpolitik versteht man den An- und Verkauf folgender Wertpapiere durch die Bundesbank auf
dem „offenen (freien) Markt“ d.h. in der Regel an der Börse: rediskontfähige Wechsel, Schatzwechsel,
Schatzanweisungen, Schuldverschreibungen und Schuldbuchforderungen des Bundes, der Länder und
bestimmter öffentlicher Sondervermögen sowie andere zum amtlichen Börsenhandel zugelassene
Schuldverschreibungen.
Über Offenmarktgeschäfte mit kurzfristigen Wertpapieren beeinflußt die Notenbank unmittelbar nur den
Geldmarkt. So erhöht ein Ankauf von kurzfristigen Titeln durch die Notenbank den Bestand der Kreditinstitute
an Zentralbankgeld, verbessert deren Liquiditätslage und kann damit tendenziell zinssenkend wirken am
Geldmarkt (u mgekehrt beim Verkauf). Der Zins am Kapitalmarkt dagegen entzieht sich weitgehend der direkten
Einflußnahme durch die Geldpolitik einer Notenbank; wesentliche Einflußfaktoren sind hier Erwartungen über
die langfristige Entwicklung der Wirtschaft, die Höhe der Inflationsrate.
Eine spezielle von der Bundesbank im wesentlichen benutzte Form der Offenmarktpolitik sind die
Wertpapierpensionsgeschäfte: es handelt sich um einen Kauf von Wertpapieren durch die Notenbank mit
gleichzeitiger Vereinbarung des Zinses und des Rückkaufs durch die Kreditinstitute zu einem bestimmten
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Das IS/LM-Modell und Implikationen der Wirtschaftspolitik
Termin; für die Dauer des entsprechenden Pensionsgeschäftes erhalten die Kreditinstitute also Zentralbankgeld.
Die Fristigkeit dieser Transaktionen reicht bisher bis zu zwei Monaten (Kurzfristige Steuerung).
d) Devisenswapgeschäfte: es werden durch die Notenbank Devisen per Kassa gekauft (verkauft). Kauft die
Notenbank Devisen per Kassa, so stellt sie - bis zum Rückkauf durch die Kreditinstitute per Termin - diesen
Zentralbankgeld zur Verfügung.
e) Devisenpensionsgeschäfte: Hier überträgt die Notenbank einen Herausgabeanspruch auf Auslandaktiva auf
die Kreditinstitute, diese verlieren für den vereinbarten Zeitraum Zentralbankgeld.
Literatur zu 1. und 2.:
Felderer/Homburg; Kapitel IV
Ahrns/Feser; Wirstchaftspolitik; Kapitel 3
Bartling/Luzius; Kapitel E.
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