Wertebewusstsein entwickeln und Orientierung geben-

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Wertebewusstsein entwickeln und Orientierung gebenInterreligiöses Lernen und Weltethos als
Erziehungsaufgabe
Prof. Dr. Bernd Feininger, Päd. Hochschule Freiburg
Sehr geehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen!
Das Thema für diesen Vormittag enthält eigentlich mehrere Themen-Bereiche, die,
für sich genommen, Schwerpunkte eigener Vorträge sein könnten:
 „Werte-Vermittlung“, incl. der Frage, um welche Werte es geht: Werte für wen
und für welche Zeit im Schnittpunkt von Schule und Gesellschaft.
 Werte und religiöse Erziehung, die heute in allen großen Religionen ein
Krisen-Phänomen darstellt
 Die Frage nach dem Beitrag der Inter-religiösen Erziehung zum DialogThema, zur Begegnung der Religionen untereinander. In der Pädagogik geht
es hierbei um Vielfalt, Pluralität, die Begegnung mit dem „Anderen“, dem
„Fremden“: Interkulturelle Pädagogik im Zusammenhang der interreligiösen
Bildung und Erziehung.
 Meine These: eine nachhaltige Werte-Erziehung, die Kompetenzen vermitteln
will, braucht interreligiöse Erziehung im größeren Rahmen der Interkulturalität
und des Lernens an und von Differenz in einer sozial wirksamen
Lernumgebung, d.h. in der sozial wirksamen Schule.
ERSTER Abschnitt: Werte und Ethos in den
Weltreligionen
Projekt WeltethosBasisverständigung unter den Religionen
Einen guten Zugang zu unserer Thematik bietet das Konzept des bekannten
Theologen Hans Küng. In seinem Projekt „Weltethos“, das er in unterschiedlichen
Ansätzen medial weit verbreitet hat und das sich auch in der Deklaration des
Parlamentes der Weltreligionen von Chikago 1993 niederschlug, fasst er in der Form
eines „Kettenspruches“ vier Forderungen zusammen:
1.
2.
3.
4.
Kein Frieden unter den Nationen ohne Frieden unter den Religionen
Kein Frieden unter den Religionen ohne Dialog zwischen den Religionen
Kein Dialog zwischen den Religionen ohne globale ethische Maßstäbe
Kein Überleben unseres Globus ohne ein globales Ethos, ein Weltethos!
Dabei ist es zunächst bemerkenswert, dass Küng die Bedeutung von Religion im
Rahmen der kulturellen, ökonomischen und politischen Wirklichkeit unserer
Gesellschaft sehr ernst nimmt. Der Westen hat im Zuge der Aufklärung und eines
konstruierten Gegensatzes von Vernunft und Religion, im Zuge der Säkularisation
und auch im Zuge einer Innerlichkeitsbewegung von Religion und eines Misstrauens
gegenüber der Religion als politisch wirksame Größe, die bleibende Bedeutung von
Religion zu lange unterschätzt. Aber „das Religiöse“ nimmt in vielen Regionen und
Zivilisationen eine Schlüsselstellung zum Verständnis der Kultur ein und beeinflusst
positiv wie negativ das Leben der Menschen. Nicht nur im heutigen Iran!
Der Religionswissenschaftler Peter Antes:
„Europa ist der aktivste, dynamischste Kontinent unseres Globus (Anmerkung von
mir: gewesen?), aber zugleich der religiös unproduktivste. Es hat seine Religionen
schon immer aus dem Osten bezogen. Nicht nur für das Christentum, sondern für die
Gesamtbewegung der Religionsgeschichte gilt: es oriente lux (=aus dem OSTEN
kommt die Erleuchtung). Tatsächlich sind alle großen Religionen, die Euroopa
aufzuweisen hat: das Judentum, das Christentum, der Islam, sowie neuerdings auch
Hinduismus, Buddhismus, Sikhismus und Bahai, in Asien entstanden und als Import
nach Europa gekommen“ (Grundriss der Religionsgeschichte, 2006).
Wenn wir die Religionen Ernst nehmen, meint Küng, gerade wir hier im Westen,
dann lässt sich schnell erkennen, dass alle großen Religionen ein Werte-System
entwickelt haben, das wir in einer großen Ökumene auf der gemeinsamen Erde
leben könnten, in verbindenden und verbindlichen Gemeinsamkeiten, ohne deshalb
unsere je eigenen, spezifischen Glaubensvorstellungen und religiösen Ziele
aufgeben zu müssen. Wir sollten das Gemeinsame im Tun suchen, daran arbeiten,
wie sich Religion am Menschen und in der Menschlichkeit vollzieht. Vier einfache,
aber eindrückliche Regeln hat Küng im Anschluss an die Zehn Gebote der Bibel
entwickelt:
1. Hab Ehrfurcht vor dem Leben! -Gewalt darf kein Mittel der
Auseinandersetzung mit anderen sein.
2. Handle gerecht und fair! – Der Mensch der „Gier“ verliert seine „Seele“: das,
was ihn zum Menschen macht
3. Rede und handle wahrhaftig! – Jeder Mensch hat ein Recht auf Wahrheit und
Wahrhaftigkeit
4. Achtet und liebet einander! – Verantwortung für das Glück auch des Partners.
Man kann diese vier Regeln vielleicht mit einem Wort zusammenfassen, das sich
hinter folgendem „Zwischenruf“ verbirgt:
Heiliger Boden
Wenn wir
einem anderen Volk
einer anderen Kultur
einer anderen Religion
begegnen
ist es unsere
erste Aufgabe
unsere Schuhe
auszuziehen
denn der Ort
den wir da betreten
ist heiliger Boden
sonst könnte es sein
dass wir
die Liebe
den Glauben
die Hoffnung
eines anderen
zertreten
oder, was noch
viel schlimmer wäre
vergessen
dass Gott schon
vor unserer Ankunft
dort war
(aus Asien)
Das Wort wäre: „Ehrfurcht“, Achtung voreinander. Und unsere Schuhe: die Vorurteile,
die Festlegungen, das eigene System, unsere Neigung, den Fremden einzupassen,
ihn uns anzupassen, abzuzwecken…
Man kann auch die „Goldene Regel“ zitieren, die sich durchgängig und auf ähnliche
Weise in allen großen Religionen findet; dazu Kardinal Karl Lehmann (ehemals)
Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz im Jahre 2002:
„Dabei ist mir immer wieder die „Goldene Regel“ ein wichtiges Beispiel, die sich in
vielen Kulturen, Religionen und ethischen Lebensentwürfen findet: „Was du nicht
willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu“. Damit kann man wenigstens
einmal beginnen. Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang nicht vergessen zu
sagen, dass man auch zunächst einmal einig sein kann in dem, was man ethisch
ablehnt. Dies lebt freilich insgeheim von einem positiven Gegenentwurf, wie es –dies
ist eine andere Seite- die Goldene Regel ebenfalls formuliert: „Alles nun, was immer
ihr wollt, dass euch tun die Menschen, tut so auch ihr ihnen: Denn dies ist das
Gesetz und die Propheten“ (Mt 7,12)“.
Die „Goldene Regel“ und der „Zwischenruf“ passen gut zusammen. Prinzipielle
Achtung und Ehrfurcht vor dem „Anderen“, „Fremden“, der aber mit seiner ganzen
Person, auch mit allem, was wir an ihm vielleicht nicht verstehen, schöpfungsmäßig
in Gott begründet ist (so der religiöse Mensch), also der An-Spruch, der von außen
auf mich zukommt und mich ethisch motiviert, und auf der anderen Seite eine Ethik,
die von der sinnvollen Eigenliebe ausgeht, auch vom „Eigennutz“: „Was DU nicht
willst / Was DU willst“: Warum eigentlich nicht? Eigenliebe und uneigennützige Liebe
müssen sich nicht ausschließen. Joachim Bauer, Medizinprofessor und Neurobiologe
in Freiburg, zeigt uns das in einem lesenswerten Buch: „Prinzip Menschlichkeit.
Warum wir von Natur aus kooperieren“ ( Hamburg 3-2007). Die sozialdarwinistische
Perspektive ist eine kulturelle Ideologie und entspricht nicht dem tatsächlichen
biologischen Programm, das zum Vorteil der Einzelnen auf Kooperation mit den
Vielen angewiesen ist. Kritik an einer auf Ethik gegründeten Weltkultur übt dagegen
Samuel Huntington in seinem viel beachteten Kampf-Buch „Clash of Civilizations“
(1996), vgl. besonders Kapitel 3: „Eine universsale Kultur?“ (mit großem
Fragezeichen, in der deutschen Ausgabe Spiegel-Edition 2007 S. 77).
Hans Küng fasst zusammen:
„Aus eigener Erfahrung kenne ich all die dunklen Seiten der Religionen, der
christlichen und der anderen. Auch heute haben Religionen in vielen Konfliktfällen
weltweit einen oft verhängnisvollen Einfluss (oder werden instrumentalisiert und für
andere Ziele missbraucht). Doch ich kenne auch die hellen Seiten der Religionen:
Als Heils-Lehre und Heils-Wege können sie Sinn stiften, können sie Förderer des
Friedens und der Versöhnung sein, können sie dem heutigen Menschen ethische
Maßstäbe und persönliche Orientierung vermitteln. Menschen aller Religionen
wissen vor allem viel zu wenig voneinander, wissen vor allem viel zu wenig über das
Gemeinsame, das Verbindende in den ethischen Traditionen: dort, wo gemeinsames
Handeln für mehr Verständnis und eine bessere Welt möglich ist!“ (aus dem Heft
„Weltreligionen, Weltfrieden, Weltethos“ der Stiftung Weltethos, Tübingen 2000).
Lese-Tipps:
 Hans Küng, Projekt Weltethos. München 1990
 Hans Küng, Erklärung zum Weltethos. Die Deklaration des
Parlamentes der Weltreligionen. München 1993
 Hans Küng / K.-J. Kuschel (Hg.): Wissenschaft und Weltethos.
München 1998
 Zur Auseinandersetzung mit H. Küngs „Weltethos“ aus päd. Sicht vgl.
Johannes Rehm im Handbuch Interreligiöses Lernen von
Elsenbast/Schreiner/Sieg, Gütersloh 2005, S. 206-216: WeltethosEthik-Werte in den Religionen (mit Literatur).
 Peter Antes, Grundriss der Religionsgeschichte. Stuttgart u.a. 2006
 Grabner-Haider, A. / Prenner, K. (Hrsgg.): Religionen und Kulturen der
Erde. Ein Handbuch. Darmstadt 2004
 Tworuschka, M. und U. (Hrsgg.): Bertelsmann Handbuch Religionen
der Welt. Verschiedene Ausgaben seit 1992.
 Huntington, S.P. Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik
im 21. Jhdt. Spiegel-Vlg. 2007 und als „Gegenlektüre“: Francis Kardinal
Arinze: Religionen gegen die Gewalt. Herder, Frbg. 2002, sowie Karl
Kardinal Lehmann: Die Notwendigkeit des Interreligiösen Gesprächs
und das Verhältnis von Kirche und Islam. In: CIBEDO 3/2007, S. 4-11.
Beispiele übereinstimmender Werte in den Weltreligionen
Judentum
Die Bedeutung der „Zehn Gebote“ vom Berg Sinai: Sie bilden die Basis für
ein gemeinsames Ethos der drei monotheistischen Weltreligionen Judentum,
Christentum, Islam. Ihr abrahamitischer Ursprung findet in den beiden mosaischen
Tafeln seine ethische Konkretion. Gott befreit zu einer neuen Lebensordnung (Ex
20): „Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten befreit hat“ - darum könnt
ihr jetzt ein neues (angstfreies) Verhältnis zu mir und dem Nächsten aufbauen:
Du sollst keine anderen Götter neben mir
haben.
Du sollst Dir kein Gottesbild machen. Du sollst den Namen des Herrn, deines
Gottes, nicht missbrauchen. Gedenke des Sabbattages, dass du ihn
heilig haltest.
Ehre deinen Vater und deine Mutter. Du sollst nicht töten. Du sollst nicht ehebrechen. Du sollst
nicht stehlen. Du sollst nicht falsches Zeugnis reden
wider deinen Nächsten, Du sollst nicht begehren nach dem Hause
deines Nächsten. Du sollst nicht begehren nach dem Weibe
deines Nächsten, nach seinem Sklaven
oder Sklavin, nach seinem Rinde oder
seinem Esel, nach irgendetwas, was
dein Nächster hat.
(Exodus 20,1-21)
Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst.
(Levitikus 19,18)
Wie ein Einheimischer aus eurer eigenen Mitte soll euch der Fremdling gelten, der bei euch
wohnt, und du sollst ihn lieben wie dich selbst (19,34)
„Wenn man vor dem Thron des
Gerichts erscheint, dann ist die erste
Frage nicht:
Hast Du an Gott geglaubt, oder:
Hast Du gebetet und Riten ausgeführt,
sondern:
Hast Du Dich ehrbar verhalten, getreu
in allem Deinem Nächsten?“
(Talmud Schabbat)
„Auf drei Dingen ruht die Welt: auf Gerechtigkeit, Wahrheit und Frieden“ (Talmud, Avot).
„Wer ist der Mann, der ein glückliches Leben begehrt und gern gute Tage sähe? Der hüte seine
Zunge vor dem Bösen und seine Lippen vor trügerischer Rede; der meide das Böse und tue
das Gute, suche den Frieden und jage ihm nach“ (Psalm 34,13ff).
Das Gebot, den Fremden zu lieben, kommt 36 mal in der Tora vor. Und in Lev 19,18
heißt es sogar: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ (vgl. auch 19, 34 sowie Dtn
10,19 und die Zusammenfassung im Munde Jesu bei Mt 22,36ff). Rabbiner G.E.
Gross hat in seinem Lehrbuch für den Unterricht jüdischer Kinder und Jugendlicher
wichtige ethische Prinzipien des Judentums zusammen gefasst („Schalom“, 1995, in
der dortigen Reihenfolge S. 157ff):
 Ahavat Habriot: Die Liebe zur Schöpfung und zu allem Lebendigen in
ihr
 Ahavat Hager: Die Liebe gegenüber dem Fremden, Anderen
 Zedaka: die gegenseitige Hilfe; auch finanzielle Unterstützung,
Subsidiarität und Solidarität
 Hakhnasat Orchim: Gastfreundschaft
 Bikur Cholim: Krankenbesuch
 Laschon Hara’: Sich vor seiner „bösen Zunge“ hüten
 Histapekut bemuat: Sich auch mit Weniger bescheiden können, „Maß
halten“
 Schalom uMachloket: Den Streit mit Frieden besiegen
 ´Anava weGe´ava: Gegenüber Stolz und Hochmut die Gesinnung der
Demut pflegen, „Dien-Mut“ leben können
 Kibud ´Av va´Em: Vater und Mutter „ehren“, d.h. ihnen gegenüber den
Generationen-Pakt halten
 Kevod Chachamim: Die Schriftgelehrten ehren, d.h. Respekt vor der
Tradition…
 Livui HaMet: Das Geleit für die Toten
Grundzüge einer „Ethik des Judentums“ stellt gut Schalom Ben-Chorin zusammen,
der ein Vorkämpfer für die Verständigung zwischen Juden und Christen war, und ein
anderes Werk, das ich Ihnen hier zeige, belegt eindeutig, wie die jüdische Ethik und
die christliche Bergpredigt des NT miteinander in Beziehung stehen. Kein Gegensatz
also zwischen AT und NT oder dem Gott des AT und Jesus: Jesus war Jude und
lebte die Tora seines Volkes!
Islam
„Leite uns den rechten Pfad, den Weg derer, denen du gnädig bist“ (Sure 1).
Grundlagen der Ethik des Koran: „Dem Koran zufolge ist jeder einzelne Mensch für
sein Tun sittlich verantwortlich vor Gott, der ihn am Jüngsten Tag für alle seine
Werke zur Rechenschaft ziehen wird. In Gottes Gericht kann er sich durch
niemanden vertreten lassen. Dies unterstreicht der Koran mehrfach, z.B. in Sure 6:
„Keiner wird die Last eines anderen tragen“ (6,164).“ „In koranischer Sicht ist der
Mensch zum Diener Gottes bestimmt und dazu berufen, sein eigenes Leben und
auch die Verhältnisse rings um ihn her nach dessen Willen zu gestalten. Die
Erkenntnis des Gotteswillens und damit auch des Guten und Bösen vermittelt ihm
der gütige Gott selbst. Indem er ihn durch seine Offenbarung auf den rechten Weg
leitet“ (R. Wielandt im Heft „Koran und Bibel“ der Zeitschrift „Bibel heute“ (Heft 107).
Vier der „Fünf Pfeiler“ im Islam sind Gemeinschafts-Pfeiler, Handlungen, die
Gottesdienst, Ritual und Pflichten gegenüber dem Nächsten (der eigenen Religion)
als Gemeinschaftserleben miteinander verbinden. Nur der erste Pfeiler stellt das
Glaubensbekenntnis dar, die anderen erfüllt man im Tun, in der „Orthopraxie“. Der
„Moralkodex“ innerhalb des Korans enthält auch Gebote und Verbote, die mit den
Zehn Geboten der Bibel vergleichbar sind. Die frühe Verkündigung Muhammads in
Mekka erinnert in ihrer stark sozialkritischen Ausrichtung an die biblischen
Propheten. Unterhält man Kontakte oder freundschaftliche Beziehungen zu
Muslimen in Deutschland, wird man schnell erkennen, dass ihnen die Sorge um eine
sinnvolle Werte-Erziehung ihrer Kinder und Jugendlichen ein wichtiges Anliegen ist.
Seitens der Muslime liegen speziell von Verbänden aber auch international
Erklärungen zu den Menschenrechten vor, die das Bemühen um gemeinsames
Handeln der „Weltfamilie“ unterstreichen (dazu Anne Duncker: Menschenrechte im
Islam. Eine Analyse islamischer Erklärungen über die Menschenrechte. Berlin 2006).
Zu ethischen Leitsätzen von Muslimen, die heute in Europa leben und Konflikte, die
sich aus und gegenüber der westlichen Lebensart ergeben, gibt es heute eine
Vielzahl von Veröffentlichungen. Sie lassen sich im Internet recherchieren, wenn
man z.B. Suchbegriffe wie „Islam in Deutschland“; „Muslime, Ehe, Familie im Islam“,
„Frau im Islam“ o.ä. eingibt. Vgl. hierzu auch die Internet-Buchhandlung „amazon.de“
Hier nur wenige Anregungen:
>>Breuer, Rita: Zwischen Ramadan und Reeperbahn. Die schwierige
Gratwanderung der muslimischen Minderheit. Herder, Frbg. 2006
>> Hünseler, P. (Hg.): Im Dienst der Versöhnung. Für einen authentischen Dialog
zwischen Christen u. Muslimen. Regensburg 2008
>> Islam in Deutschland. Themenheft der Reihe „Der Bürger im Staat“ 4/2001
>> Khoury, Adel Th. / Heine, P. / Oebbecke, J.: Handbuch Recht und Kultur des
Islams in der deutschen Gesellschaft. Probleme im Alltag-Hintergründe-Antworten.
Gütersloh 2000.
>> Rohe, M.: Der Islam: Alltagskonflikte und Lösungen. Herder, Frbg. 2-2001
>>Spuler-Stegemann, Ursula: Muslime in Deutschland. Herder, Frbg. 2002, sowie
weitere Publikationen der Autorin!
Die Zehn Gebote
Ein Beispiel aus den Prophetenlegenden:
Die „Zehn Gebote" in einer Version Thalabis (um 1000) sind ein Beispiel dafür, wie
ein biblischer Text übertragen wird. Auffälligerweise fehlt das Sabbatgebot (Gott
ruhte niemals!). Neu ist dagegen die „Goldene Regel" (in der Bibel taucht sie in der
Bergpredigt auf, Mt 7,12), nach der man sich anderen gegenüber so verhalten
soll, wie man es sich von ihnen wünscht.
„Wortlaut der Zehn Gebote, die Gott Mose, seinem Propheten und Freund, auf
Tafeln schriftlich übermittelt hat. Sie sind das Wesentliche der Tora und die Achse
des Gesetzes Gottes. Sie lauten: Im Namen Allahs, des Erbarmers, des
Barmherzigen. Dies ist eine Schrift von Gott, dem König, dem Starken, dem
Allmächtigen, dem Herrscher für seinen Diener und Gesandten Mose b. Imran:
1. Lobe und heilige mich und keinen Gott außer mir. Verehre mich also und setze
nichts neben mich.
2. Sei mir und deinen Eltern dankbar-jedes Schicksal endet bei mir -, auf dass
ich dir ein gutes Leben schenke.
3. Töte keinen, den zu töten Gott dir verboten hat. Sonst versperrt er dir die
Kanäle des Himmels und mindert für dich die Großzügigkeit der Erde.
4. Fluche nicht meinem Namen, wenn du lügst. Denn ich erkläre denjenigen,
der meinen Namen nicht achtet, weder für rein noch für unschuldig.
5. Bezeuge nicht, was dein Ohr nicht gehört, dein Auge nicht gesehen und dein
Herz nicht erlebt hat, denn am Tag der Wiederauferstehung konfrontiere ich
die Zeugen mit ihren Zeugnissen und befrage sie dazu.
6. Neide niemandem die Gnade und die Güter, die ich ihm geschenkt habe,
denn der Neider ist der Feind meiner Gnade und lehnt sich bei der Verteilung
gegen mich auf.
7. Begehe keinen Ehebruch, stehle nicht; sonst verberge ich mein Antlitz vor
dir und verschließe die Himmelstore vor deinem Gebet.
8. Opfere keinem anderen als mir, denn die Opfer der Menschen auf Erden, zu
denen mein Name angerufen wurde, steigen zu mir allein empor.
9. Begehe keine Unzucht mit der Frau deines Nächsten, denn dies ist mir der
schlimmste Gräuel.
10. Liebe für die Menschen, was du für dich selbst liebst, und verachte für sie, was
du für dich selbst verachtest.
Dies ist die Schrift der Zehn Worte. Sie alle hat Gott Mohammed in achtzehn Versen
(Sure 17, 23-38) mitgeteilt und sie zu drei Versen (6, 151-153) neu geordnet.von
Jean-Louis Declais aus: Welt und Umwelt der Biber, Heft 15/2000
Buddhismus
Hans Küng in seiner Broschüre „Weltreligionen,
Weltethos, Tübingen 2000):
Weltfrieden, Weltethos“ (Stiftung
„Man hat vielfach behauptet, der Buddhismus sei eigentlich gar keine Religion, sondern eine
Philosophie.
Aber eine Philosophie ist der Buddhismus gerade nicht. Er will keine Welt-Erklärung bieten. Er ist
Religion, er ist Heilslehre und Heilsweg.
Und tatsächlich hat der Buddha sich verstanden als so etwas wie ein Arzt, der dem leidenden
Menschen helfen will, eine Befreiung und Erlösung zu finden. Mit einem Heilmittel allerdings, das
jeder selber ausprobieren muss.
Insofern ist er so etwas wie ein Psychotherapeut heute, der dem Menschen hilft, die Lebenskrisen
zu überwinden, das Leid zu bewältigen, sich mit seiner Beschränktheit, Endlichkeit, Sterblichkeit
abzufinden. Aber der Buddha ist mehr als ein Psychotherapeut. Er ist radikaler. Er hat selber in der
Erleuchtung erfahren, dass der Mensch, wenn er alles durchschaut, erkennen kann, dass alles das,
was er so sieht, nicht stabil ist, dass nichts in der Welt Bestand hat, alles veränderlich ist, ja dass
sogar sein eigenes Ich, an das er sich so klammert, im Grunde keine bleibende Substanz hat,
sondern ebenso vergänglich ist.
Das Leiden also, von dem der Mensch zu kurieren ist, ist gerade dieses Hängen an seinem eigenen
Ich. Er soll durch die Therapie des Buddha lernen, sich von seinem eigenen Ich frei zu machen.
Er soll den Weg finden von der Ichbezogenheit und Ichverflochtenheit zu einer Selbstlosigkeit, die
ihn dann frei macht für ein allumfassendes Mitleid.
Das ist etwas, was eigentlich auch dem Christen nicht so ganz fern sein sollte“.
Der größte Teil der Aussprüche Buddhas befasst sich mit dem sittlichen
Lebenswandel, speziell für Mönche, aber auch für Laien. Wer diesen befolgt, der
kommt allmählich vom diesseitigen Ufer des Samsara zum jenseitigen des Nirvana.
Die praktische Ethik ist in folgender 10er- Reihe (vgl. „Dekalog“!) zusammen gefasst:
„Töten, Stehlen, geschlechtliche Ausschweifung, Lügen, Verleumden, Schimpfen,
Plappern, Habgier, Übelwollen und falsche Anschauung (von der Wahrheit des
Lebens), das ist das diesseitige Ufer. Das Unterlassen von diesen zehn Dingen ist
das jenseitige Ufer.“
Des Weiteren existiert eine Fünfer-Reihe in folgender Form:
Nicht: töten, stehlen, die Ehe brechen, lügen, sich berauschen.
Während die Laien diese fünf bzw. zehn Gebote einzuhalten haben, gelten sie für die
Mönche in verschärfter Form (z.B. was das Töten von Lebewesen überhaupt betrifft
oder überhaupt kein Geschlechtsverkehr); darüber hinaus gilt es für sie eine ganze
Reihe detaillierter Ordensgebote zu beachten.
Geshe Thubten Ngawang (Genügsamkeit und Nichtverletzen, Herder, Frbg.1995):
„Eine Anweisung des Buddha lautet: Wenn es dir möglich ist, hilf den Wesen; wenn
es dir nicht möglich ist, dann schade ihnen wenigstens nicht. Diese Ethik gilt nicht nur
gegenüber den Menschen, sondern schließt alle Wesen ein, auch Tiere und sogar
die für uns nicht sichtbaren Bereiche der Höllenwesen, hungrigen Geister und
weltlichen Götter. Und sie bezieht sich auch auf den Lebensraum der Wesen sowie
auf die vier Elemente, von denen die Wesen abhängig sind...
Der gütige Buddha, dessen Denken und Handeln ganz von großem Erbarmen
bestimmt war, hat die Meditation der Vier Grenzenlosen Geisteshaltungen Gleichmut,
Liebe, Mitgefühl und Mitfreude gelehrt.
1. Gleichmut in Bezug auf Freunde und Feinde: „Mögen alle Wesen frei sein von
begehrlichem Verlangen nach Nahestehenden und Haß gegenüber Fernstehenden."
2. Liebevolle Zuneigung: „Mögen alle Wesen ohne Ausnahme Glück erleben und die
Ursachen für Glück finden."
3. Mitgefühl: „Mögen alle Wesen ohne Ausnahme frei von Leid und den Ursachen von
Leid sein."
4. Mitfreude: „Mögen alle Wesen niemals von echtem Glück, das frei von Leid ist,
getrennt sein.
Die religiösen Lehren allgemein und speziell die buddhistischen Lehren haben gerade
für die moderne Gesellschaft mit ihren vielfältigen Problemen einen großen Nutzen.
Dieser ergibt sich in erster Linie durch die Schulung des Geistes. Tugenden wie
Mitgefühl, Liebe, Genügsamkeit und Geduld werden vor allem in den Schriften des
Mahayana-Buddhismus, die für die Bodhisattvaschüler gedacht sind, genau erklärt.
Wenn man diese Lehren allerdings nicht anwendet, können sie ihr Potential auch nicht
entfalten, und die menschliche Gesellschaft wird sich nicht wirklich fortentwickeln. Die
Menschen sind die einzigen Wesen in dieser Welt, die Religion verstehen können. Die
religiösen Lehren sind fundiert, und die Anweisungen entsprechen der Realität; sie
können große Veränderungen bewirken.
Wir sollten langfristig denken und nicht alles von heute auf morgen erwarten und
dann enttäuscht sein, wenn Hindernisse auftreten. Entscheidend ist, dass wir
Vertrauen fassen und uns daran machen, die religiösen Anweisungen zu verstehen und
zu praktizieren. Dieser Schritt hängt von jedem einzelnen selbst ab.“
Was ist der spezifisch buddhistische Beitrag zur Erziehung?
Zehn Antworten (nach O. Petersen im Handbuch Interreligiöses Lernen, hrgg. von
Elsenbast/Schreiner/Sieg, Gütersloh 2005, S. 342-348)
1. Alles fördern, was im Lernprozess die eigene Verantwortung stärkt: eine
Haltung, die praktisch Leiden verringert und ethisch motiviert.
2. Sokratische Methode pflegen: den Menschen einen Rahmen bieten, innerhalb
dessen sie selbst erkennen, was richtig ist und mit dieser Perspektive über
das Leben, das Leiden und die Aufhebung des Leidens einen Weg zur
Erlösung beginnen. Lernen im Gespräch.
3. An dem anknüpfen, was Menschen in den Religionen gemeinsam ist:
Ehrfurcht vor dem Heiligen, Überschreitung des Vorfindlichen, verzichten
können, mitleiden. „Ich glaube, dass in allen großen Religionen mit der wahren
Liebe das gleiche gemeint ist: Es ist der Wunsch, dass es anderen Wesen gut
geht, insbesondere, wenn sie sehr starkes Leiden erleben. Und das ist letztlich
auf dem Gebiet der Praxis der gemeinsame Kern aller Religionen.“
4. Metaphysische Streitpunkte und abstrakte Wahrheiten stehen nicht im
Vordergrund.
5. Erziehen zum Aushalten religiöser Vielfalt. „Es ist viel besser, wenn wir ein
breites Angebot von verschiedenen Religionen haben, die den Veranlagungen
der einzelnen Menschen am meisten entsprechen.“ „Der Buddhismus kann
vielleicht zu einem friedlichen Nebeneinander in den heutigen multikulturellen
Metropolen des Westens seinen Beitrag leisten, weil er eine gewisse
Erfahrung mit tolerierter Vielfalt hat.“
6. Gemeinsam für das Menschliche arbeiten lernen. „Wenn dies stattfindet, dann
wird es auch wieder mehr Vertrauen zur Religion, bzw. zum Religiösen
geben.“
7. Religionen kritisch betrachten lernen. „Genauso müssen die Religionen sich
gefallen lassen, sich immer wieder überprüfen und kritisieren zu lassen. Sie
müssen ihren Wert beweisen. Institutionen gegenüber gilt es stets skeptisch
zu sein und zu überprüfen, ob sie den Menschen dienen oder nur noch sich
selber. Der Dalai Lama hat einmal gesagt: Wenn die Religionen noch mehr
Leid in die Welt bringen, dann muss man darüber nachdenken, ob man sie
abschafft.“
8. Hinwendung zum Geistigen und wahre Liebe im Gut-Tun. „Wenn es so etwas
wie eine universelle Religion gibt, dann denke ich, ist das Liebe. Und man
sollte sie nicht für eine Religion alleine reservieren, etwa, indem man sagt, das
Christentum hätte die Liebe alleine als höchsten Wert.“
9. Erziehung zur analytischen Schärfe und zur Brückenfunktion zwischen
Religion und Wissenschaft.
10. Arbeit an einer menschenwürdigen Kultur des Mitgefühls. „Karl Friedrich von
Weizsäcker, gesprochen auf einer Tagung mit dem Dalai Lama: Ideal sei aus
seiner Sicht ein Mensch, der gleichzeitig die Ethik des Christentums praktiziert
und dabei auch die mystische Weisheit des Buddhismus und das Wissen der
modernen Naturwissenschaft in sich vereint. …. In diesem Zusammenhang ist
die religiöse Erziehung der Jugendlichen von entscheidender Bedeutung.“
Der buddhistische Wahrheits-Begriff oder: Wie man Wahrheit finden
und sie im Festhalten wieder verlieren kann…
Freundlich sagte der Buddha: Ist eine Person in ihrem Glauben an eine Lehre
gefangen, so verliert sie all ihre Freiheit. Wird man dogmatisch, so glaubt man, nur
die eigene Lehre sei wahr und alle anderen seien Irrlehren. Streitigkeiten und
Konflikte erwachsen alle aus beschränkten Sichtweisen. Sie können endlos
ausgedehnt werden, kostbare Zeit wird mit ihnen verschwendet, manchmal führen
diese Streitigkeiten sogar zum Krieg. Das größte Hindernis auf dem spirituellen Pfad
ist die Haftung an bestimmte Auffassungen. Ist man an sie gebunden, kann man
dermaßen in Verwirrung geraten, dass das Tor zur Wahrheit nicht länger geöffnet
bleibt.
Ich möchte dir eine Geschichte von einem jungen Witwer erzählen, der mit seinem
5jährigen Sohn zusammenlebte. Er leibte seinen Sohn mehr als das eigene Leben.
Eines Tages ließ er seine Sohn zu Hause zurück, da er geschäftlich fort musste. In
seiner Abwesenheit kamen Räuber, raubten das ganze Dorf aus und brannten es
nieder. Den Jungen entführten sie. Als der Mann nach Hause zurückkehrte, fand er
neben seinem niedergebrannten Haus den verkohlten Leichnam eines kleinen
Kindes. Er hielt ihn für den Körper seines eigenen Sohnes. Er weinte und klagte, und
dann verbrannte er das, was von der Leiche übrig geblieben war. Da er seinen Sohn
so innig geliebt hatte, füllte er die Asche in einen Beutel, den er –wohin er auch gingbei sich trug.
Einige Monate später gelang es seinem Sohn, den Räubern z entkommen, und er
machte sich auf den Weg nach Hause. Mitten in der Nacht kam er dort an und klopfte
an die Tür. Zu dieser Zeit drückte der Vater gerade den Beutel an sein Herz und
weinte. Der Vater weigerte sich, die Tür zu öffnen, selbst als das Kind rief, es sei der
Sohn des Mannes. Der Mann glaubte, dass sein Sohn tot sei und dass das Kind,
welches an die Tür klopfte, ein Kind aus der Nachbarschaft sei, das sich über seine
Trauer lustig machen wolle. Schließlich blieb dem Sohn keine andere Wahl, als
fortzugehen. So verloren Vater und Sohn sich für immer.“
(Aus: Thich Nhat Hanh, Der Buddha. Theseus-Vlg. Berlin 2002)
Christentum
„Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist“ (Lk 6,36); „Seid brüderlich,
barmherzig, demütig“ (1 Petr 3,8). Das Christentum übernimmt das Ethos des Alten
Ersten Testaments und den Gott der Barmherzigkeit des Judentums der Zeit Jesu.
Besonders gegenüber den Schwächsten der Gesellschaft fordert der Gott der
Barmherzigkeit (von der hebräischen Ursprache her eine „mütterliche“ Eigenschaft
Gottes): Recht für die Unterdrückten, die Witwen und Waisen; Schutz für die
Fremden; Speisung der Hungernden; Befreiung der Gefangenen; Heilung der
Kranken (vgl. Ps 68,6f; Ps 146,6-9; Jes 49,10; Jes 54,10 und 58,6ff). Entsprechend
konkret wendet sich Jesus allen zu, die Hilfe brauchen. Im Handeln und in der Lehre
Jesu, in der Bergpredigt und in den Werken der Barmherzigkeit Mt 25, 34ff wird das
christliche Ethos auf den Punkt gebracht: Hungrige speisen, Durstigen zu trinken
geben, Fremde und Obdachlose aufnehmen, Nackte bekleiden, Kranke und
Gefangene besuchen, Trauernde trösten, Unterdrückten beistehen, der Toten
gedenken. Große Heiligen-Gestalten wie St. Martin, Elisabeth, Franziskus werden
darin zu Vorbildern. Wer die Werke der Barmherzigkeit verweigert, wird durch den
Weltenrichter am Jüngsten Tage verurteilt und vom Reich Gottes ausgeschlossen,
denn er hat sich der zuvor selbst erfahrenen, unendlich größeren Barmherzigkeit
Gottes als unwürdig erwiesen. Natürlich darf man die Nächsten-Liebe nicht nur
individuell und situationsbedingt sehen, sondern muss sie in der Gemeinschaft der
Christen und als Dienst an der Welt je nach Zeitlage strukturell auslegen und auch
institutionell organisieren (Caritas, Diakonie, gesellschaftlich-soziales Engagement
der Kirchen). Das Gebot der Nächstenliebe ist dem der Gottesliebe gleich (Mt 22, 3440). „Das mitmenchliche Ethos gehört nicht nur zur Offenbarungsreligion, sondern ist
insofern „die Religion“, als im Offenbarungsraum die Rückbindung des Menschen an
Gott unabdingbar über den Mitmenschen geht. Jedenfalls ist wirklicher
Bundespartner Gottes nur, wer in der Hinwendung zum Menschen Gottes
Bundeswillen bezeugt, ja „gegenwärtig“ und damit „begreiflich“ macht“ (der
Alttestamentler A. Deissler in seinem Buch „Ich werde mit dir sein. Meditationen zu
den Fünf Büchern Mose“, Freiburg, Herder, Neuauflage 2007). Der Prophet MICHA
fasst zusammen: „Er hat dir verkündet, o Mensch, was gut ist und was Gott an dir
sucht: nichts anderes als Gerechtigkeit üben, den Brudersinn lieben und in Dienmut
wandern mit deinem Gott!“ (Micha 6,8).
Literatur-Tipp:
> Wanke, J. /Althaus, D. / Lehmann, K.: Die sieben Werke der Barmherzigkeit.
Leipzig, St. Benno-Vlg. 2007
> Faulhaber, Th. (Hrg.): Auf den Spuren einer Ethik von morgen. Herder, Frbg. 2001.
> Dannowski, H.W. (Hrg.): Sachwissen Ethik (beinhaltet auch Weltreligionen).
Göttingen 1993.
> Khoury, Adel Th. (Hrg.): Das Ethos der Weltreligionen. Herder, Frbg. 1993.
> Klöcker, M. / Tworuschka, U. (Hrg.): Ethik der Religionen. Lehre und Leben. Mü.
und Göttingen, verschiedene Bde. seit 1984. Klöcker, M. (Hg.): Ethik der
Weltreligionen. Ein Handbuch. Darmstadt 2005.
> Panikkar, R. / Strolz, W. (Hrg.): Die Verantwortung des Menschen für eine
bewohnbare Welt im Christentum, Hinduismus und Buddhismus. Herder, Frbg. 1985.
> Ratschow, C.H. (Hrg.): Ethik der Religionen. St’gt. u.a. 1980
Im Folgenden ein Bild aus einem mittelalterlichen Psalter, das die Werke der
Barmherzigkeit zeigt. Die Frau ist die Personifikation der christlichen „Misericordia“.
Zweiter Abschnitt: Werte-Erziehung als Lernen
von und an der Differenz
Jugend im WertAll
„Jugend im WertAll“: so titelte jüngst ein Programm der Landesstiftung BadenWürttemberg, für das der Landesjugendring verantwortlich zeichnete. Jugendliche
leben heute in einer unübersichtlichen Welt mit ganz unterschiedlichen
Einstellungen, Werte-Entwürfen, Lebensmodellen. Dabei ist die Auseinandersetzung
mit Werten für die Persönlichkeitsbildung unverzichtbar. Werte bilden sich in der Zeit
zwischen zwölf und 24 Jahren und verändern sich später kaum noch. Damit dieser
Prozess konstruktiv verläuft, müssen Jugendliche authentische Werte-Erfahrungen
machen: in ihrer Gruppe, im Elternhaus, an Vorbildern und Erziehern. Was ist mir für
mein Leben wichtig? Wie will ich leben? Was zählt für mich, woran kann ich mich
orientieren, um meine Platz in der Gesellschaft zu finden? Dazu brauchen
Jugendliche Raum und Zeit und Menschen, die sich der Kommunikation über Werte
stellen. Erst dann entwickeln sich aus Erfahrungen auch Einsichten und Haltungen,
die das eigene Handeln beeinflussen. Außerdem brauchen junge Menschen
Gelegenheiten, sich zu engagieren. Sie sollten sehen, dass ihre Meinung zählt und
ihr Handeln geschätzt wird (z.B. in der kirchlichen Jugend- und Verbandsarbeit oder
im kommunalen Jugend-Gemeinderat). Oder eben in der Schüler-Mitverantwortung
an den Schulen.
Anfrage: Welche Probleme stellen sich dem entwicklungspsychologisch
gesehen normalen und sinnvollen Prozess der Wertebildung junger Menschen
heute entgegen?
Nur einige Stichworte:
 Pluralisierung von Lebensformen und Auflösung von
Orientierungssystemen
 Erosion von Weltanschauungen, kulturellen Zusammenhängen und
Verbindlichkeiten parallel zu großen Migrationsbewegungen
 Subjektivismus, Privatisierung der Lebensformen bzw.
unüberschaubare Ausdifferenzierung, aber auch…
 Entstehung neuer Massen- bzw. uniformer Einheits-Kulturen
 Globale Zerstörungsprozesse und Ressourcen-Verknappung
 Neue Eliten, Reichtum – Verlierer, Verarmung
 Sich rasant verändernde Berufswelt
 Veränderungen der Familienstrukturen
„Diese Situation wird mit Begriffen wie ‚neue Unübersichtlichkeit’, ‚allgemeine
Orientierungslosigkeit’, ‚Wertezerfall’ oder schlicht als ‚Krise’ beschrieben und
unterschiedlich bewertet: optimistisch als Wandel der Werte; pessimistisch als Weg
ins Chaos“ (J. Lott in: Wie hast Du’s mit der Religion, Gütersloh 1998). Sie sind die
Rahmenbedingungen, in denen pädagogisches Handeln heute in den Schulen
stattfindet. Dabei sind Faktoren wie ‚explodierendes Stoffwissen’, ‚8jähriges
Gymnasium’, ‚Leistungsdruck’, ‚LehrerInnen-Mangel’, ‚Reformstau’ (z.B. im Hinblick
auf Ganztagesschulen, Förderung und Betreuung) noch nicht berücksichtigt. Immer
häufiger führen diese Probleme zu unberechenbaren Reaktionen Jugendlicher, von
autoaggressivem Verhalten (Suizidgefahr!) bis zu destruktiven Aktionen nach außen
(vom Mobbing bis zu brutalen Gewaltakten).
>> Lektüre-Empfehlung: Bertelsmann-Stiftung (Hrg.): Lehrer unter Druck.
Arbeitsplatz Schule: zwischen Sokrates und Sozialarbeit. Gütersloh 2007
Welche Chance hat die Werteerziehung in der Schule?
Dazu J. Lott (1998, s.o.): „Vielen dagegensprechenden Einzel-Erfahrungen zum
Trotz bin ich der Meinung, dass schulische Bildung etwas zur Klärung der Frage, wie
das Leben gelingen kann, beizutragen vermag… Erforderlich ist dafür die Umsetzung
des Bildungsverständnisses in eine pädagogische Leitidee, die für die tägliche
Schularbeit kritische Orientierung und Ermutigung zu bieten vermag. Sie muss vom
Alltag ausgehen, vom Kinderalltag ebenso wie vom Pädagogenalltag, und zugleich
die skizzierten gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen berücksichtigen. Eine solche
Leitidee muss die Pluralisierung von Lebensformen und –deutungen positiv
aufgreifen und zugleich auf Gerechtigkeit, Friedfertigkeit und Lebenserhaltung
wertgebunden bezogen sein; sie ist als eine Pädagogik der Vielfalt in der
Gemeinsamkeit“ zu entwickeln.“ Lott kann sich hierbei auf U. Preuss-Lausitz,
Annelore Prengel u.a. „Pädagogen der Vielfalt“ beziehen. Diese Pädagogik muss auf
der einen Seite Pluralitätsfähig sein und gleichzeitig auf der anderen wichtige
Verbindlichkeiten einfordern dürfen, sie muss einen Ausgleich finden zwischen den
berechtigten Ansprüchen der zeitgemäßen Individualisierung und notwendiger
Orientierung am Gemeinsamen (und am Gemeinwesen). Sie ergibt sich aus dem
Willen, dass die Menschen sowohl different sein können und dürfen als auch in ihrer
Differenz zusammenleben müssen. „So verbindlich Bildung als Bildung für die
Erhaltung der Welt und der Möglichkeit des Zusammenlebens in der
Krisengesellschaft sein muss, so plural muss sie zugleich in allen übrigen Bereichen
sein: Lebensformen, ethnische Kulturen, Unterrichtsgegenstände sind in ihrer
Bedeutung nur durch die großen Verbindlichkeiten begrenzt. Hier hat nicht eine
Religion, eine pädagogische Richtung, eine nationale Kultur, eine Gruppe (ein
Geschlecht, eine soziale Schicht, eine Lebensweise) das Recht auf Vorherrschaft im
schulischen Kanon und Curriculum“ (Lott, Hervorhebungen von mir). Daraus ergibt
sich aber auch die Forderung nach einem Lernen von Kompetenzen, nach ernst
gemeintem emanzipativem Lernen, das Autonomie, geistige Selbständigkeit und
Unterscheidungsfähigkeit fördert. Dabei kommt den sozialen Kompetenzen eine
Schlüssel-Stellung zu.

Meine These, die von zahlreichen Pädagogen/Pädagoginnen, die sich über
diese Fragen Gedanken machen, in ähnlicher Weise vertreten wird:
emanzipative, entwicklungsfördernde, befreiende Werte - Erziehung ist nur in
einer sozial wirksamen Schule und Lernumgebung möglich. Die von mir
favorisierte pädagogische Leitidee verbindet das Lernen an/von Differenzen
mit dem Kompetenzerwerb und der sozial wirksamen Schule, die verstärkt auf
Handlungsfelder, Projekte und selbständiges Arbeiten setzt, sowie auf eine
Schulkultur, die sich auf soziales Lernen eingestellt hat. Interreligiöses Lernen
auf dem Hintergrund interkulturellen Lernens gehört für mich unverzichtbar
dazu.
Das bedeutet für die Schule:
 Schule ist nicht nur Lernort, sondern Ort sozialer Beziehungen, an dem
Gleichaltrige als Freunde gewonnen und erprobt werden können, wo
Beziehungskonflikte im Rahmen einer absichernden Gruppe
ausgetragen, und wo Isolationsgefahren und Trennungserfahrungen
aufgefangen werden können.
 Zum anderen interpretieren Kinder und Jugendliche verstärkt Schule
als einen Ort, an dem subjektiv existentielle Fragen geklärt werden
sollen: Allgemeine Probleme wie Frieden, Krieg, ökologische Krise,
Armut; persönliche Sinnfragen wie Freundschaft, Sexualität, Krankheit,
Tod, Glaube; existentiell-praktische wie Berufsfindung, Arbeitslosigkeit,
Wohnen, Familiengründung.

In dieser Situation sollte die Schule sich als ein Lebens-Haus verstehen, in
dem Schülerinnen und Schüler mit ihren je verschiedenen Erfahrungen,
Hoffnungen, Ängsten, Beschädigungen, Sehnsüchten zusammenkommen, um
herauszufinden, worauf Menschen setzen können, was ihnen lieb und wichtig
sein könnte, damit ihr Leben gelingen kann.


J.Lott (1998, s.o.) fordert: „Schulen müssen, um auf die psychosoziale
Lage vieler Kinder und auf ihre Fragen eingehen zu können, Zeit
geben und (veränderte) Räume schaffen; von den Lehrerinnen und
Lehrern erwarten viele Jugendliche, dass sie ihnen beratend,
zumindest zuhörend, zur Verfügung stehen, sie also neben ihrer
Fachunterrichtsfunktion gleichsam sozialpädagogische Aufgaben
übernehmen … Darin stecken Überforderung und Chance zugleich.
Einerseits: Lehrer, die vor allem die Wissenschaft und Didaktik ihrer
Fächer gelernt haben, sind in der Regel nicht für Beratung ausgebildet.
Andererseits: In der Erwartung an die Lehrer steckt die Chance, dass
die Pädagoginnen und Pädagogen zur „klassischen“ Aufgabe von
Bildung und Erziehung finden, nämlich den selbstständig werdenden
Heranwachsenden unterstützend bei ihrer Identitätsfindung und –
klärung beizustehen.“ Lott ist Religionspädagoge an der Univ. Bremen
und war Mitglied der Kommission zur Erarbeitung des Rahmenplanes
für LER in Brandenburg.
Gerade die Impulse gemeinsamer Werte der großen Religionen in kulturell
stark gemischten Klassen können den Jugendlichen helfen,
Wertevorstellungen zu diskutieren und zu entwickeln. Aber dazu gehört dieser
wichtige Schritt, lernend die Vielfalt der Lebensformen und Werthaltungen als
Chance zu begreifen, und die Fähigkeit zu entwickeln, hinter dieser Vielfalt die
gemeinsamen Grundlinien zu entdecken, wie ich das anfangs dargestellt
habe. Wenn unsere Kultur offener und vielfältiger geworden ist, dann
beinhaltet dies auch einen mehr vielfältigen Zugang zu den Religionen und
ihren Werten. Damit wird die interreligiöse Erziehung ein Bestandteil der
Werte-Bildung und –Erziehung an der Schule. In der konfessionellen
religiösen Erziehung geht es um die Wertvorstellungen der je eigenen
Glaubensgemeinschaft. Die inter-religiöse Erziehung erweitert diesen Prozess
erheblich, weil sie einen Zugang zur faktisch vorhandenen kulturellen Vielfalt
bietet.
Dies bedeutet aber auch einen Perspektivenwechsel für die Pädagogik
selber:
Ihr Ziel war es früher, das in der Gesellschaft unbestritten wichtige Kulturgut,
angefangen bei den Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben und Rechnen
affirmativ weiterzugeben. „Lernen“ hieß primär: Bestätigendes Lernen, das
Verbindende und Verbindliche der eigenen Gruppe zu lernen: „Der deutsche
Ingenieur“, „der Handwerker“, „der Deutschlehrer“. Es ging um „Beibringen“ von
Fertigkeiten und nur wenig um kritisches Lernen, und das galt ebenso in den
traditionellen Religionen. Dabei ging man natürlich vom Besitz der eigenen
Wahrheit und des eigenen Wahrheitsanspruches aus. Die veränderte Welt bringt
ein neues Lernen hervor: Die Wichtigkeit, Unterschiede zu lernen, das Lernen der
Differenz. Lernen nicht als Assimilieren und Verarbeiten, sondern als Modellieren,
positiv Profilieren, Würdigen der Unterschiede. Ob das verschiedene Begabungen
der Kinder und ihre je spezifischen Zugänge zum Lerngegenstand sind oder die
unterschiedlichen Ethnien und Lebensformen! Sie sind verschieden UND gleichberechtigt! Zu diesem grundsätzlichen „Geltenlassen“ gibt es einen schönen
Text von Bruno Achermann:
Verschieden und gleichberechtigt
Zu wissen, dass ich zähle.
Zu wissen, dass du zählst.
Zu wissen, dass jeder Mensch zählt.1
Verschieden und gleichberechtigt.2
Ich kann ohne Angst verschieden sein. 3
Auch wenn ich später gekommen bin, 4
nicht lesen kann wie andere,
fast alles über Schilfgräser weiss - und mehr,
kein Geld habe, oder
deine Sprache noch nicht verstehe...
Zu wissen,
dass jede und jeder einen Platz hat,5
gemeinsam mit anderen,
in einer Schule für alle.6
Das zählt!
Zitate: 1) Ruth Cohn; 2) Annelore Prengel 3) Theodor W. Adorno; 4) Gabriel Laub; 5) Bertolt
Brecht 6) Hartmut von Herntig.
 Diese Art von Lernfähigkeit ist eine neue Aufgabe für Pädagoginnen
und Pädagogen und muss erarbeitet werden. Unterschiedliche
Lebensformen, Kleidungen, Ausdrucksmittel, Lebenskulturen,
Lebensgestaltungen: nicht einfach nur registrieren lernen, kennen
lernen, sondern lernen, damit umzugehen und damit
zusammenzuleben (Konvivenz). Wie lerne ich den Fremden, den
Anderen und das Andere, die Alterität, die Diversity als Bereicherung
zu sehen und wertzuschätzen? Für diese Einstellung wird z.B. die
Kopfbedeckung einer muslimischen Lehrerin zum Lernort ihrer
Schüler/Innen im Schulalltag. Interreligiöses Lernen im Zusammenhang
eines interkulturellen Lernens macht sichtbar, wie schwierig der
pädagogische Umgang mit der Differenz ist. Durch angemessene (hier:
interreligiöse) Pädagogik wird genau das hervorgebracht und
konstruiert und akzeptiert, was nach früherer Auffassung von Bildung
überwunden werden sollte: Die Differenz! Und die Wertschätzung der
Differenz als Lern-Resultat. Gleichzeitig wird die Autonomiefähigkeit der
Schüler gestärkt, weil sie lernen, ihren Ort und ihre Wissensinhalte
konstruktiv zu gestalten, einen Bezug herzustellen. Die
konstruktivistische Didaktik ist damit der geeignete Partner für das
Lernen von Differenz.

Der Begriff des interreligiösen Lernens hat sich seit Beginn der neunziger
Jahre durchgesetzt (Ziebertz 91; Nipkow 91; Leimgruber u.v.a.) Nach U.
Tworuschka scheint sich dieser neue Begriff nicht nur vor die traditionelle
Bezeichnung „Weltreligion im Unterricht“ zu schieben, sondern eben auch eine
neue Qualität im Umgang mit den Religionen zu signalisieren ( Tworuschka in:
Religiöser Pluralismus und Interreligiöses Lernen, Weinheim 1994). Es geht
nicht so sehr um Inhalte als um Kompetenzen und um das Erproben von
Kompetenzen, sowie um Haltungen und Einstellungen (freilich an Inhalten,
Konkreta, Personen, Projekten erlernt und erprobt).

Der Beitrag des Interreligiösen Lernens zu einer „Xenosophischen
Pädagogik“: So nennt man eine Pädagogik, deren Charakteristik von vorne
herein dem Fremden gegenüber „gastlich“ gestimmt ist, freundlich, einladend.
Griechisch: Xeno – Sophia: Die Liebe zum Anderen, Fremden. Dahinter steht
einerseits eine ethische Anstrengung und Selbst-Überwindung, andererseits
die natürliche Freude an der Gastfreundschaft und am Entdecken des Neuen:
eine forschende, Neugier, die Lust am Lernen fördert. Dass das in ethischer
Hinsicht nicht einfach, aber bereichernd ist, hat schon Jesus seinen Freunden
ins Stammbuch geschrieben, wenn er in zugespitzter Weise formuliert: „Liebet
eure Feinde“. Das meint natürlich genau so den Fremden, den Anderen. Aus
dem Neuen Testament:
Mt 5,43-48: „Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten
lieben und deine Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde und betet
für die, die euch verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel werdet. Denn
er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten, und er lässt regnen über
Gerechte und Ungerechte. Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben,
welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner? Und
wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr damit Besonderes? Tun das nicht
auch die Heiden? Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer
Vater ist.“
 „Interreligiöse Pädagogik“ wird so zu einem Übungsfeld des
umfassenderen „Lernens an Differenzen“, das damit Beziehungen
zwischen einer Minderheiten-Gruppe und der Mehrheits-Gruppe auf
neue und bessere Weise regelt, als das Ringen um „Integration“, die für
viele Minderheiten-Gruppen der erste Schritt zur Assimilation und damit
Aufgabe der kulturellen Identität bedeutet. „Integration“ ist eben ein
Begriff, der von der Mehrheits-Gesellschaft der Minderheit als
Forderung entgegen gebracht wird! Er kommt für diese „von der
anderen Seite“. Wechselseitiges Lernen an und der Differenz oder
exemplarisch im interreligiösen Gespräch und Austausch, führt
dagegen zur Konvivenz, in diesem Zusammenhang ein zentraler Begriff
des „Begegnungslernens“. Es geht dabei um förderliche
Lebensgemeinschaft mit dem Anderen, Fremden, den ich mir gerade in
seiner Andersheit bewahren will, es geht nicht um „Toleranz“ oder
vorschnelles Anpassen und Einpassen des Ungewohnten in meinen
Kontext. Im Gegenteil: Austausch, Bereicherung, wechselseitiges Sich
– Helfen ist das Fernziel, aber zunächst gilt es: Dem Fremden Heimat
geben, so wie es in bestimmten psychologischen Schulen angestrebt
wird, den Anderen, Fremden in mir selbst zu entdecken und
anzunehmen, die scheinbare „Gegenwelt“ in mir, die aber doch zu
meiner eigenen Identität gehört. Darum muss der behutsame Umgang
mit dem Fremden (meinem eigenen und dem anderen) eigens
eingeübt werden: Die Fremdheits-Erfahrung als ein produktives
Potenzial unseres Lebens ist zu „kultivieren“: in kleinen Lernschritten
sich aufeinander einstellen, mehr „betasten“ als „begreifen“, mehr
„befragen“ als vorschnelle Antworten geben, Perspektivenwechsel
üben, Be-Fremdung als wichtigen pädagogischen Prozess verstehen,
der nicht übersprungen werden darf. „Verstehen ist immer AndersVerstehen eines unaufhebbar Anderen“ (Norbert Mecklenburg in A.
Wierlacher (Hrg.): Hermeneutik der Fremde, München 1990).
 „Das Fremde macht sich bemerkbar als ein Überschuss, der aller
Fremdbetrachtung und Fremdbehandlung vorausgeht und über sie
hinausgeht. Nicht nur die Reduktion von Fremdem auf Eigenes, auch
der Versuch einer Synthese zwischen beiden gehört zu den
Gewaltakten, die den Anspruch des Fremden zum Verstummen
bringen“ (B. Waldenfels, Der Anspruch des Fremden. In: R. Breuninger,
Andersheit-Fremdheit-Toleranz. Ulm 1999, S. 50).
 Der Umgang mit einer „fremden“ Religion bringt einen weiteren
interessanten Zugewinn hervor: Er führt zu einer neuen Offenheit auch
in der eigenen Religion. Das bedeutet gleichzeitig einen Zugewinn an
Überblick und Abstand zum Gewohnten in der eigenen Religion (und
Kultur). Wer durch Befremdungserfahrungen mit der eigenen Religion
bereichert worden ist, kann den Geschenk-Charakter der fremden
Religion desto eher einsehen und begrüßen. Konsequent
weitergedacht führt dies dazu, dass interreligiöse Lernprozesse nicht
zuletzt dadurch in Gang gebracht werden, dass die eigene Religion
differenziert betrachtet werden kann. Be-Fremdung heißt sowohl, dass
die „fremde Religion“ fremd sein darf und bei aller verstehender
Bemühung immer ein Geheimnis bleiben wird. Be-Fremdung heißt
jedoch auch, dass die eigene Religion, die den Lernenden mehr oder
weniger vertraut ist und bekannt zu sein scheint „fremd“ werden darf –
und dies aus pädagogischen Gründen. Verfremdung wäre demnach
nicht allein ein Stilmittel in Literatur und Kunst, sondern auch für
interreligiöse Lernprozesse in Betracht zu ziehen (vgl. Astrid
Messerschmidt: Befremdungen- oder wie man fremd wird und fremd
sein kann. In: Elsenbast / Schreiner / Sieg, Handbuch Interreligiöses
Lernen, Gütersloh 2005, S. 217-228).
Be-Fremdung ist ein kritisches Potenzial, die Fähigkeit zum Abstand, zum
Perspektivenwechsel, zum Rollentausch. Ironie und Humor und Witz und Satire
oder andere „Kunstformen“ setzen für diese Fähigkeit Signale.
Pädagogische Perspektiven aus dem „Prinzip Be-Fremdung“
-
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Eigen-Verstehen und Fremd-Verstehen als echte
Korrelat-Beziehungen leben lernen und dieses
Wechselspiel auf die Entwicklung einer zeitgemäßen
Identität(svorstellungen) anwenden. Auch „Identität“ ist
nicht homogen, sondern vielfältig! (vgl. dazu den
Internet-Beitrag von J. Lott: Identity by Communication,
auf seiner Homepage bei der Univ., Bremen und die
Ausführungen im bereits zitierten Buch „Wie hast du’s
mit der Religion?“, Gütersloh 1998!).
Ablösung von Homogenitäts-Konzepten zugunsten
komplexer Identitäten. Identität entwickelt sich aus
kommunikativer Vielfalt!
Religiöse Pluralität fordert das Sich - Einlassen auf
Differenz und das aktive Lernen der Unterschiede.
Keine Einebnung der Unterschiede, keine Beliebigkeit,
kein Relativismus.
Wenn das Ziel interreligiösen und im größeren
Zusammenhang interkulturellen Lernens in der
Konvivenz liegt, dann gehört zu diesem Lernprozess
auch das Lernen, wie man mit Konflikten in den
Gegensätzen umgeht. Das Ziel der Konvivenz besteht
nicht in einem Konsens auf den kleinstmöglichen
Nenner, sondern im echten Miteinander - Leben. Und
dazu gehört auch, dass man Konflikte miteinander teilt.
Das beginnt beim Konflikt-Management und dem
Training für das Streitschlichten und endet bei
Konzepten zur Friedenspädagogik. Hier bewahrheiten
sich die Perspektiven von Hans Küng: Zum
Friedenslernen und Überlebenslernen braucht es eine
Basisverständigung in den Religionen und Kulturen, die
sich in Auseinandersetzungen, Konflikten und auch
harten Diskussionen um das eigene Profil bewährt hat.
Interreligiöses und interkulturelles Lernen will über eine
veränderte Bewusstseinshaltung Verhaltensänderungen
und Handlungsbereitschaft erreichen, zielt auf soziale
Kompetenzen. Das heißt natürlich nicht, dass man
wichtige Kulturinhalte und religiöse Kenntnis
voreinander marginalisieren sollte. Interreligiöses
Lernen erfordert Wissen voneinander, aber es muss klar
sein, dass ein informierendes kulturelles oder religiöses
Wissen nicht genügt.
Speziell für das interreligiöse Wissen entscheidend ist
wohl die Tatsache, dass die unterschiedlichen Partner
ihre Religion ernst nehmen und leben. Verbindende
Grundlage wären wechselseitiger Sinn für das Religiöse
überhaupt, für das Heilige, für das „Nicht-vomMenschen-Gemachte.“ Aus der Einübung in das
„Unverfügbare“ resultiert der Einsatz für die
Solidargemeinschaft im Nächstendienst und der Sinn für
die Notwendigkeit religiöser Praxis und des Rituals. Und
für die Notwendigkeit von „Erlösung“! So bleiben
religiöse Sozialisation, Tradition, Einübung in den
Glauben und Praxis unverzichtbar. Andererseits übt
interreligiöses Lernen, gerade unter Einbeziehung des
interkulturellen Lernens, auch für den Umgang mit nichtreligiösen Weltanschauungen und differenten
Lebensformen.
Beispiele von Leitzielen interreligiösen und interkulturellen Lernens:




Förderung religiöser Symbolbildungskraft und der
Fähigkeit des religiösen Verständnisses. Förderung
der religiösen „Anlage“ im Menschen.
Erziehung zu Aufmerksamkeit und Achtung, zur
Anerkennung des Anderen und zur Freude an der
Verschiedenheit.
Erziehung zur Leben in Heterogenität und zum
kreativen Umgang mit Pluralität. Konvivenz auf
gleicher Augenhöhe: Echte Symmetrie der
Interaktionen auf der Basis wechselseitigen
Vertrauens. Kein Dominanzstreben der einen oder
anderen Seite!
Erziehung dazu, Konflikte und Dissens auszuhalten
und fair zu gestalten. Erziehung zum Mediator.
Literatur-Vorschlag: Bakker, Cok / Beuchling, Olaf / Griffionen, Karin (Hrsg.):
Kulturelle Vielfalt und Religionsunterricht. Entwicklungen und Praxis in vier
europäischen Ländern. Münster u.a. (LIT-Vlg.), 2002.

„Ich persönlich bin überzeugt: Wenn wir unsere Religion
nicht nur benutzen, um Recht zu behalten, sondern sie
wirklich anwenden und leben, dann werden wir uns
auch gegenseitig vertragen und werden unseren
Glauben auch für die Gesellschaft konstruktiv umsetzen
können. Es ist vor allem eine Frage der Anwendung,
nicht der Theorie“ ( der Buddhist Geshe Thubten im
Anschluss an den Dalai Lama).
Werte – Erziehung im konfessionellen Kontext:
Kardinal Karl Lehmann stellt dar, wie er sich die Werte-Erziehung in einem kirchlichen
(konfessionellen) Religionsunterricht denkt, als einen Beitrag zur Werte-Erziehung
überhaupt, hier exemplarisch in der konkreten Gemeinschaft der Christen im Raum der
Schulen:
„Werte schweben nicht abstrakt in einem idealen Reich, sondern werden dem Einzelnen
durch eine konkrete Gemeinschaft erhellt. Sie werden durch diese Gemeinschaft gestützt, vor
allem aber auch bezeugt und gelebt.
•
Deshalb ist der schulische Religionsunterricht zugleich ein kirchlicher Religionsunterricht, der
in der konkreten Lebenswelt einer Glaubensgemeinschaft verwurzelt ist und von ihr
gestützt wird (konfessioneller Religionsunterricht).
•
Die lebendige Vermittlung der Werte braucht den gelebten konkreten Raum der
Glaubensgemeinschaft. Der ökumenische Gesichtspunkt kommt nicht nachträglich hinzu,
sondern gehört wesentlich zu jedem Religionsunterricht im Geist des christlichen Glaubens.
Einzelne konkrete ökumenische Kooperationsformen je nach Schularten sind möglich und
bedürfen der Absprache. Dies rechtfertigt aber nicht einen durchgängigen ökumenischen
Religionsunterricht, der erst bei einer intensiveren Stufe gewachsener Einheit der Christen
möglich erscheint.
• Ethische Erziehung als Element des schulischen Religionsunterrichtes verlangt eine intensive
Kooperation mit den anderen Lernorten des Glaubens, die eine ganzheitliche Hinführung zu
christlichen »Werten« mit ermöglichen, also mit Familie, Kindergarten,
Jugendarbeit, Gemeindekatechese, Schulseelsorge, Pfarrgemeinde.
Die Hinführung zu den Werten muss nämlich auch, freilich außerhalb des schulischen
Religionsunterrichtes, durch eine entsprechende religiöse Sozialisation konkret vermittelt
werden. Zu ihr gehört z.B. die Einführung in das Beten, die Hinführung zu den
sakramentalen Lebensvollzügen, der Gang durch das Kirchenjahr mit den verschiedenen
Gottesdienstformen und Bräuchen.
•
Heute wissen wir, dass gerade bei der Werteerziehung durch diese konkrete Einübung in das
praktisch gelebte Christentum affektive und emotionale Momente eine große Rolle spielen.
Der Religionsunterricht kann dies allein nur bedingt leisten.
• Die Hinführung zu christlich gelebten und zu lebenden Werten bedarf der Mithilfe durch
Erzählungen gelungenen Lebens und die Veranschaulichung an konkreten Biographien. Das
christliche Ethos ist nämlich keine ferne Utopie, sondern kann, wie Geschichte und
Gegenwart erweisen, entschieden und glaubwürdig gelebt werden. Die Hinführung zu den
Werten braucht deshalb pädagogisch produktive Vorbilder, die uns nicht zuletzt in großen
Christen, herausragenden Zeugen des Glaubens und den kanonisierten und (noch) nichtkanonisierten Heiligen gegeben sind.
•
Zur Erziehung auf christliche Werte hin gehört auch die Erfahrung des Scheiterns, des
Versagens und des Sichversündigens. In diesem Zusammenhang bedarf es auch einer
Hinführung zu den konkreten Formen der Umkehr und der Versöhnung. Dies gilt für. das
individuelle und das gesellschaftliche Leben.“
Kardinal Karl Lehmann: Anerkennung des Anderen – Fremdes verstehen –
Bereitschaft zum Dialog. Werteerziehung in der multikulturellen Gesellschaft. In: A.
Battke u.a. (Hrg.): Schulentwicklung – Religion – Religionsunterricht. Herder, Freiburg
2002, S. 25-36
Welche Ziele verfolgen interreligiöse Lernprozesse?
SCHÜLER / IN der MEHRHEITSGESELLSCHAFT
>>><<< FREMDE RELIGIONEN / DER / DIE ANDERE
Ziele: Verständnis und Respekt
Kompetenzen:
- religiöse Zeugnisse angemessen wahrnehmen
- religiöse Phänomene deuten
- existentielle Auseinandersetzungen fördern
- Fremdheit respektieren
Ziel: Angemessene religiöse Entwicklung
Kompetenzen:
- Orientierung und der Angstbewältigung
- Auseinandersetzung mit Vorstellungen der eigenen Religion
- Ausbildung einer reflektierten, postkonventionellen Religion
Ziel: Gemeinsames Werte – bezogenes Handeln
für eine bessere Welt und
für die Bewahrung der Schöpfung
Kompetenzen.
- gemeinsame Werte entdecken
- sich ökologisch einordnen und sozialwirksam leben
- zukunftsfähig handeln können, vernetzt denken lernen
- sich als Geschöpf annehmen und die Schöpfung lieben lernen
DRITTER Abschnitt: Die sozial wirksame Schule
Von der Erziehungs- Haltung der Lehrerin über das
Engagement der Eltern zur Lernumgebung und zum
kommunalen Umfeld
Grundwerte vorlebten und Vertrauenskultur gestalten
In diesem Abschnitt stütze ich mich u.a. auf Anregungen des
Arbeitskreises „Aktion Humane Schule“ (AHS), dessen Ziele es sind,
Kindern, Jugendlichen, Lehrerinnen und Eltern zu helfen, in der Schule
nicht nur Lernarbeit zu verrichten, sondern auch zu erziehen, Werte und
Lebensorientierung zu vermitteln. Die Internet-Adresse der AHS:
www.aktion-humane-schule-baden-wuerttemberg.de
Ich verweise auf folgende Veröffentlichungen / Hefte der
Mitgliederzeitschrift „Humane Schule“: Mai 2004: Menschliches
Miteinander in der Schule“; Oktober 2000: „Demokratie in der Schule“; Mai
2000: „Praktische Werteerziehung in der Schule“; „Humane Schule in einer
demokratischen Gesellschaft“. Dieses u.a. Material zum Thema ist
kostengünstig zu beziehen über die Stv. Landesvorsitzende Gudrun
Pfister, Eugen –Bolz-Str. 13 in 73430 Aalen. Außerdem finden Sie in
diesem Abschnitt Kopien aus dem SMV-Aktuell-Heft (2007/08) des Landes
Baden-Württemberg und aus Publikationen des Kultusministeriums BadenWürttemberg.
Beziehungsarbeit, Integration von Multikulturalität in der Klasse, soziale
Integration, Umgangsformen und Umgangston, Formulierung und
Durchsetzung von Regeln, Einordnen statt Unterordnen als Weg der
Disziplin, konsequentes Handeln statt „Loben und Strafen“, Fehlverhalten
aufzeigen, notwendige Sanktionen im Interesse der ganzen Klasse
organisieren, Umlernen anbieten;
Als Lehrerin „autonom“ handeln: selber lernen, sich verändern; kontrolliert,
betroffen, angemessen, sinnvoll, konstruktiv handeln lernen;
Keinen Schüler „beschämen“ >> die Möglichkeit von „Beschämung“ im
Blick behalten; keine(n) SchülerIn „zurücklassen“, „aufgeben“…………..
Diese Stichworte lassen sich mit dem Oberbegriff „Erziehungs-Haltung“ der
Lehrerin zusammenfassen. Dahinter steht die Modell-Theorie von A.
BANDURA:
Einstellungen und Verhaltensgewohnheiten der Lehrerinnen und Lehrer
werden von den Schülern abgeschaut und regen zur Nachahmung an. Ihr
gutes Beispiel wirkt oft mehr als bloßes Reden über die Bedeutung von
Werten im Zusammenleben. Sie können Grundwerte vorleben wie z.B. fair
bleiben, gegebene Zusagen einhalten, bei der Wahrheit bleiben, offen sein
für die Vielfalt und für die konstruktive Bewältigung von Störungen. Das
Bemühen um einen respektvollen und ehrlichen Dialog mit den
Schülerinnen und Schülern hat einen hohen Stellenwert für die Gestaltung
einer vertrauensvollen Beziehung und für das Entstehen einer
Vertrauenskultur. Aus ihr heraus lassen scih dann Konflikte gut bearbeiten.
Auf Herausstellen von Überlegenheit muss (und kann!) verzichtet werden.
Wichtig ist, selbstkritisch zu bleiben und sich auch für Kritik der
Schüler/Innen zu öffnen.
Man kann diese Eintellungen mit zwei EigenschaftsKomplexen der Lehrerin charakterisieren:
>> Zuneigung / Freundlichkeit den Schülern gegenüber: Die Lehrerin als
Freundin bzw. ANSPRECHpartnerin ihrer Schüler!
>> Festigkeit im Handeln und in den Erwartungen/den Anforderungen
im Lernprozess: Die Lehrerin als ANSPRUCHspartnerin ihrer Schüler!
Lernen als Disziplin des Stoffes und des Faches gelingt dann am besten,
wenn soziales Lernen den Rahmen liefert und die Lehrerin als
Ansprechpartnerin vom Wert des Standpunktes überzeugt ist. Solche
werthaltigen Standpunkte bedeuten, dass der Erziehungs- und
Bildungsauftrag ernst genommen wird. Beispielhafte Standpunkte könnten
sein dass…
>> schulisches Lernen und Kompetenz-Erwerb nicht zuletzt auf die
Bewältigung von Lebens- und Konfliktsituationen abzielen
>> eine Orientierung an Werten und deren Einübung im Schulalltag das
Zusammenleben humaner werden lässt
>> soziales Engagement genau so wichtig ist wie fachliches Lernen
>> Differenzen und Konflikte aktiv angegangen und konstruktiv gelöst
werden müssen und Gewalt abgelehnt wird
>> jede Art von Beschämung, Herabsetzung oder
Persönlichkeitsminderung verhindert oder produktiv zum Thema gemacht
wird
>> Erwartungen und Enttäuschungen artikuliert werden dürfen
Soziales Lernen in der Klasse kann man durch
verschiedene Arrangements und Konflikt-BewältigungsStrategien unterstützen. Hier einige Vorschläge:
>> SMV = Schüler Mit-Verantwortung ausbauen
>> Mediatoren-Konzept zum Schlichten von Streitfällen, auch Schüler als
„Streitschlichter“
>> Stunden-Wächterin einführen (vgl. Folie!)
>> Feed-Back-Stunden abhalten (vgl. Folie!)
>> Kritische Medien-Erziehung
>> Projekte und eigenverantwortliches Lernen (im Team) im Fachunterricht
fördern
>> Projekte auf verschiedenen Schulstufen fördern, die mit sozialem
Lernen zu tun haben, wie z.B. ein Compassion-Projejkt im
Religionsunterricht (Soziales Praktikum).
>> Vernetzte Krisen-Intervention auf der Individual-Ebene
>> KOOP mit der Kommune und öffentlichen Einrichtungen: Besuche,
Treffen, Besichtigungen vor Ort, incl. wirtschaftliche Ebene: z.B.
Ausbildungsstätten, Handwerksbetriebe…
Soziales Lernen auf Schulebene
>> Die Schule kann sich nicht nur ein Ausbildungs-Profil, sondern auch ein
SCHUL-LEITBILD geben, in dem sie sich auf Werte, Kooperationen und
Orientierungshilfen verpflichtet
>> Regelmäßige Schul-Versammlungen organisieren: als Konzept
autoritativer (nicht: autoritärer!) Erziehung. Hier werden Informationen
publik gemacht, aktuelle Probleme angesprochen und diskutiert, es wird
um Lösungen gerungen und es werden schulinterne Beschlüsse per
Mehrheit gefasst. Die Schulversammlung geht von der Wertschätzung aller
Beteiligten aus!
>> Eltern – Lehrer – Gespräche: gezieltes Training
Folgende Seiten:
Schulbild der Karl Brachat – Realschule in Villingen /
Schwarzwald sowie Info – Seiten zum „Gmünder
Gesprächsmodell“ : Elterngespräche professionell.......
Forderungen an die Kommune und an die Schulpolitik der Länder /
Ebene der Kultuspolitik und der politischen Willensbildung
>> soziale Integration und Förderung durch die Vorteile der Ganztages-Schule, durch
Mensa bzw. Schulverpflegung, Aufenthaltsräume, Hausaufgabenbetreuung. Vorund Nachteile der gegliederten Schulsysteme, Sensibilität für die
„Übergangszonen“ (Kind > Grundschule / > Weiterführende Schule). Sozialwirksame Schule und Werte-Erziehung brauchen die Unterstützung der Politik und
der Religionen!
ANHANG: Informationen und Literatur zum Interreligiösen Lernen als Lernen an
und von Differenz und im Zusammenhang von Werte-Vermittlung, besonders in der
Pädagogik, die sich mit der Begegnung von „Fremdheit“ befasst.
Interreligiöses Lernen / Lernen an Differenzen
Das Ineinander von kultureller und religiöser Vielfalt braucht eine
Pädagogik der VielfaltDifferenz und Fremdverstehen
Kulturelle Vielfalt bringt religiöse Vielfalt hervor- im Gegenzug bedeutet kulturelle
Gleichschaltung im Zusammenhang von Totalitätskonzepten den Verlust von Vitalität
und Kreativität (Neil Postmann 1997).1 Erstarrung tritt ein, das Gegenteil von Leben:
Wo es keine Differenz geben darf, kann es auch keine Weiterentwicklung geben, das
lehrt schon die biologische Verfasstheit des Menschen. Bedeutet das
notwendigerweise inhaltliches Chaos zuzulassen, von allem zu viel wahrnehmen zu
müssen, Standpunkte zu verwischen, Beliebigkeit, Orientierungslosigkeit und
Patchwork-Identität als Schicksal im Erziehungsgeschäft?
Positiv betrachtet geht es um eine andere Form des Lernens an Erfahrungen und in
Prozessen: Neugier auf und Kennen lernen von Andersheit in Lebensformen, Ausdrucksmöglichkeiten und –Haltungen, um das Lernen der und an der Differenz,
an der einladenden, manchmal befremdenden, manchmal faszinierenden
Unterschiedenheit des Lebendigen, das mir begegnet, das mich herausfordert und
weiter bringt: Die Kompetenz, Differenz als positiv wahr zu nehmen und produktiv mit
ihr zu leben, ohne sie zu nivellieren oder mir vorschnell anzugleichen. Dabei geht es
nicht um die Abschaffung von Standards und gemeinsamer Orientierungspunkte
oder Verbindlichkeiten, sondern um deren Ausweitung und Anpassungsfähigkeit an
die tiefer und enger vernetzte Menschheitskultur der Gegenwart: „Eine Ausweitung,
die sich auf Zeit und Ort erstreckt und die durch die Differenzen von Geschlecht,
Religion, Nationalität und anderen Kategorien menschlichen Seins und Handelns
geformt sind.“2 Es handelt sich um einen Ansatz, der sich gegen „Entfremdung“
richtet, also gegen die allen Gruppen innewohnende Tendenz, das Fremde zum
Verschwinden zu bringen, es weg zu sperren oder es zu beherrschen. Die
pädagogische Leitidee religiöser Erziehung in der Elementarpädagogik muss die
gesamtgesellschaftliche Entwicklung berücksichtigen und damit die faktische
Pluralität positiv aufgreifen dürfen. Man kann sie mit Ulf Preuss-Lausitz als
„Pädagogik der Vielfalt in der Gemeinsamkeit“ oder mit Annedore Prengel einfach als
„Pädagogik der Vielfalt“ bezeichnen.3
Keine Götter mehr. Das Ende der Erziehung, Berlin 1997, S. 98; Lott, J.: Wie hast du’s mit der
Religion, Gütersloh 1998, S. 182
2 Lott, J. a.a.O. S. 182
3 Preuss-Lausitz, U.: Die Kinder des Jahrhunderts. Zur Pädagogik der Vielfalt im Jahr 2000. Weinheim
1993; Prengel, A.: Pädagogik der Vielfalt: Verschiedenheit und Gleichberechtigung in interkultureller,
feministischer und integrativer Pädagogik. Wiesbaden 3-2006. Im Blick auf die pädagogische
Bedeutung von Religion und Religionen in dieser Hinsicht schreibt H. Gloy: „In religiösen Sätzen,
Bildern, Symbolen, Ritualen, Bauten haben Menschen vergegenwärtigt und erklärt, wie sie das Leben
empfinden, was sie vom Leben erwarten und welche Richtung es nehmen soll. Mit ihnen vergewissern
sie sich ihres Lebens gerade dort, wo dessen unmittelbare Einsicht zerbrochen ist, aber auch dort, wo
es als großes Glück, als Wunder und Geschenk erlebt, als Auftrag angenommen wird und unbedingt
nach Ausdruck verlangt.“ Im Aufsatz „Dem interreligiösen RU gehört die Zukunft“, in: Neue Sammlung
37/2, S. 231ff.
1
Gerade Kinder verhalten sich gegenüber Menschen aus anderen Kulturen in der
Regel noch offen und neugierig, kennen keine Vorurteile, wenn sie sie nicht von
erwachsenen Bezugspersonen hören.4 Das Problem der Kinder sind eher die
widersprüchlichen Aussagen und Einstellungen der Erwachsenen, die ihnen
Orientierung erschweren und ihnen die Freude an der Vielfalt verleiden. Hier liegt die
Verantwortung der Eltern, der Erzieherin/des Erziehers, der Lehrerin und aller, die
am öffentlichen Leben meinungsbildend beteiligt sind, auch der kirchlichen
Meinungsführer!5
Kultur und Religion bilden eine spannungsvolle Einheit
Ausgangspunkt des Lernens von Differenz ist die Wahrnehmung und Anerkennung
der kulturellen Vielfalt in unserem Land. Die Vielfalt der Religionen, die in den
Kindertagesstätten heute anzutreffen sind, bildet einen integralen Bestandteil der
kulturellen Vielfalt- und umgekehrt! Folkert Rickers: „Denn wo interkulturelles Lernen
stattfindet, sind immer schon religiöse Komponenten im Spiel. Das gilt insbesondere
für Begegnungen mit islamischen Kulturen. Zugespitzt formuliert kann man sagen,
dass interkulturelles Lernen ohne interreligiöses Lernen gar nicht stattfinden kann …
Es ist deshalb durchaus sachgemäß, von der inzwischen häufig benutzten
Begriffsbildung interkulturelles und interreligiöses Lernen auszugehen. Aber trotz
fortgeschrittener Säkularisierung lässt sich auch für den interkulturellen Begegnungsund Lernprozess die Erkenntnis nicht ausklammern, dass unsere Gesellschaft wie
die in den islamischen Ländern aufs engste mit einer bestimmten religiösen Tradition,
nämlich der jüdisch-christlichen, verbunden ist und dass diese ohne religiösen Bezug
schlechterdings nicht verstanden werden kann. Ob aber ein solches Bewusstsein
sich entfalten kann, ist von grundsätzlicher Konsequenz für ein Konzept
interreligiösen Lernens. Interkulturelles Lernen erzwingt deshalb geradezu ein neues
Bewusstsein von der gesellschafts- und kulturprägenden Bedeutung von Religionen.
Der Blick auf die fremde Religion macht die Frage nach den eigenen religiösen
Wurzeln wieder dringend.“6
Religion aus dem öffentlichen Leben zu verbannen, würde bedeuten, die
moralischen Grundlagen und Werte, auf denen viele moderne Demokratien
aufgebaut sind, zu leugnen und stattdessen einen „Säkularismus“ als Ideologie zu
kultivieren, der sich genau so einseitig fatal auswirken kann, wie die Vorherrschaft
einer Weltanschauung oder Religion. „Säkularisierung“ hingegen wäre, positiv
betrachtet, eine historische Entwicklung, in deren Verlauf sich die Gesellschaft
immer mehr von religiöser Kontrolle und geschlossenen metaphysischen Systemen
befreit und über die Fähigkeit, geschichtlich zu denken (und damit den eigenen
Standpunkt bewusst zu reflektieren) zur Anerkennung und Wertschätzung der
Pluralität gelangt. Es ist die Realisierung von Pluralität, nicht von „Säkularismus“, die
Dazu Friedrich Schweitzer: „Für die Möglichkeit interreligiösen Lernens schon in der Kindheit spricht
im Übrigen auch die weithin beobachtete Offenheit, mit der gerade Kinder einander begegnen.
Demnach gelingt es Kindern im Unterschied zu Jugendlichen und Erwachsenen viel besser,
Verbindungen über die Grenzen von Kultur, Nationalität, Sprache und Religion hinweg aufzubauen.“
In: Scheilke, Chr. / Schweitzer, F. (Hg): Kinder brauchen Hoffnung. Religion im Alltag des
Kindergartens. Gütersloh 1999, S. 137-166, Zitat S. 155. Vgl. aber Preissing, Christa / Wagner, Pera
(Hg.): Kleine Kinder, keine Vorurteile? Interkulturelle und vorurteilsbewusste Arbeit in
Kindertageseinrichtungen. Freiburg 2003.
5 Vgl. die grundlegenden Ausführungen von Karl Kardinal Lehmann: Anerkennung des AnderenFremdes verstehen- Bereitschaft zum Dialog. Werteerziehung in der multikulturellen Gesellschaft. In:
Battke, A. u.a. (Hg): Schulentwicklung, Religion, Religionsunterricht. Freiburg 2002, S. 25-36.
6 Rickers, F.: Interreligiöses Lernen. Die religionspädagogische Herausforderung unserer Zeit. In: F.
Rickers / E. Gottwald (Hg.): Vom religiösen zum interreligiösen Lernen. Neukirchen 1998, S. 123.
4
eine Demokratie ausmacht! Ein demokratischer Staat kann auf unterschiedlichen
moralischen Normen beruhen, solange Pluralität die Quelle seiner Legitimität ist.7
Das Lernen von Differenz im Kindergarten und als Thema der Elementarpädagogik
ist darum auch ein hochrangiger demokratischer Wert.
Die Verbindung von Religion und Kultur8 offeriert die Mehrdimensionalität und
Komplexität des Religionsbegriffes und der religiösen Identität, man sollte aber auch
die Unterschiede zwischen allgemein-kulturellem und religiösem Denken beachten
(und untersuchen, was noch zu wenig geschieht!). „Interreligiöses Lernen“ steht in
der Religionspädagogik auch in Spannung zum „Interkulturellen Lernen“ als Ansatz
der Erziehungswissenschaften.9 Wie viel Religion braucht der „unheilbar religiöse“
Mensch? Klar ist, dass die einfache Vorstellung einer „säkularen“ Sphäre als
Gegensatz zur (privaten) „religiösen“ Sphäre der Religionsgemeinschaften
gegenwärtig nicht mehr trägt.10 Dabei sollte man weniger von den offiziellen
Religionsgemeinschaften und deren Vertreter ausgehen, als vielmehr von der
religiös-kulturellen Identität der Eltern und Familien als erste Ansprechpartner. Nur so
kann deren Selbstdefinition ernst genommen werden, ohne sie in ein Korsett
vorgegebener, fixer Religionsattribute einzuspannen. Das Idealbild definiert das
Netzwerk Kinderbetreuung der Europäischen Kommission:
„Die Erziehung und das Lernumfeld sollten die Familie jedes Kindes, sein Zuhause,
seine Sprache, das kulturelle Erbe, seinen Glauben, seine Religion und sein
Geschlecht widerspiegeln und wertschätzen.“11
Das Charakteristische der „Befremdung“ soll erhalten bleiben
Heute lässt sich die o.g.These von Rickers dahingehend präzisieren, dass die
pragmatische Schnittmenge von interkulturellem und interreligösem Lernen eben als
Ort des Lernens der, von und an der Differenz bestimmt werden kann. Das setzt
natürlich voraus, dass raumgreifende Assimilations- und Leitkultur-Modelle
verabschiedet werden (und verabschiedet bleiben), und dass der stark
kompensatorische Ansatz eines multikulturellen Nebeneinanders in einen
dialogischen Ansatz auf gleichberechtigter Augenhöhe überführt wird, wie das seit
gut zehn Jahren geschieht. Entscheidend dabei ist, dass die Schwelle (nicht
Schranke oder Barriere!) der Differenz erhalten bleibt und man akzeptiert, dass dem
Verstehen religiöser Denkweisen und Kulturen anderer Menschen sinn- und
respektvolle Grenzen gesetzt sind.12 Das Charakteristische der „Befremdung“ soll
als Motor der Begegnung und Profilbildung des „Gegenübers“ erhalten bleiben.
Diese Ansätze „setzen auf Austausch, Begegnung, Dialog, gemeinsame Aktionen,
Lebens- und Arbeitsformen- und zwar von sich in vielem unterscheidenden, aber
7
Vgl. Aslan, Reza: Kein Gott außer Gott. Der Glaube der Muslime von Muhammad bis zur Gegenwart.
München 2-2006, S. 285 unter Berufung auf den protestantischen Theologen Harvey Cox.
8 Biehl, P. / Wegenast, K. (Hg): Religionspädagogik und Kultur. Nuekirchen-Vluyn 2000
9 Vgl. die facettenreiche Sammlung in: Gottwald, E. / Mette, N. (Hg): Religionsunterricht interreligiös.
Neukirchen-Vluyn 2003 (FS Rickers).
10 Sabbatucci, D.: Kultur und Religion. In: Handbuch religionswissenschaftlicher Grundbegriffe Bd.I,
Stuttgart u.a. 1988, S. 43-58. Die trotz „Inkulturation“ bleibende Unterscheidung des Kultur- vom
Religionsbegriffes hängt mit dem stärkeren Transzendenzbezug der Religion zusammen, die damit
über eine stärkere Legitimation und Bindekraft verfügt, als das Kulturphänomen. Amos, Karin /
Schweitzer, F. (Hg): Religion-Kultur-Bildung. Neukirchen-Vluyn 2007.
11 Europäische Kommission: Qualitätsziele in Einrichtungen für kleine Kinder. Vorschläge für ein
zehjähriges Aktionsprogramm, o.O. 1996, Ziel 20.
12 Meyer, K.: Zeugnisse fremder Religionen im Unterricht. „Weltreligionen“ im deutschen und
englischen RU. Neukirchen-Vluyn 1999. Vgl. Sundermeier, Theo: Den Fremden verstehen. Eine
praktische Hermeneutik. Göttingen 1996.
gleichberechtigten Personen, die ihr Miteinander selbst steuern und gestalten.“13 Und
weiter: „Der multireligiöse Ansatz lässt sich leicht in den interreligiösen Ansatz
überführen. Wenn Kinder mit verschiedenen Religionen bekannt gemacht werden,
vergleichen sie diese mit ihrer eigenen Religion. Das Austauschen, Anteilnehmen,
Mitmachen und –wo es möglich ist- das Herausbilden gemeinsamer religiöser
Vollzugsformen entspricht dem interreligiösen Ansatz. Er zielt darauf, mit der eigenen
Religion vertraut zu werden, zugleich aber in einen Austausch mit denen zu treten,
die einer anderen Religion angehören. So wird Begegnung möglich, die im
vergleichenden Miteinander die eigenen religiösen Ansichten und Lebensformen
vertiefen, zugleich aber auch den Horizont erweitern kann. Das Finden von
Gemeinsamkeiten bei gleichzeitigem Gewahrwerden der Eigenheiten und
spezifischen Merkmale der Religion, in der man zu Hause ist, kann neue Formen von
Beziehung und Gemeinschaft hervorbringen und die Menschen, die sich auf diesen
Prozess einlassen, bereichern.“14
Die Identität der so heranwachsenden Kinder ist dynamisch zwischen Begegnung
und Beheimatung angesiedelt. In diesem Modell geschieht die Zuordnung von
Beheimatung und Begegnung nicht stufenweise und statisch („zuerst Beheimatung,
dann Begegnung vom festen Boden aus…“), sondern wechselweise. Fachleute
sprechen hier von der „balancierenden Identität“: Die Identität ist nicht als
Besitzstand zu sehen, der stufenweise erworben und dessen Endpunkt in einer
dauerhaften reifen Identität angezielt wird, sondern sie ist in der sozialen Interaktion
immer wieder neu herzustellen und auszubalancieren. Der anzustrebende
„Besitzstand“ wäre eigentlich die Entwicklung und Stärkung der dynamischen Kraft
zur Identitätsbildung. Die dynamische Leistung liegt in diesem Balance-Akt zwischen
eigenen und fremden Ansprüchen und Erwartungshaltungen, die so austariert
werden müssen, dass ich gleichzeitig als Person wieder erkennbar bin.15
Den Fremden im Kind lieben
Neuere empirische Untersuchungen haben ergeben, dass der von Hugoth
charakterisierte Prozess vom multireligiösen Nebeneinander zum interkulturellinterreligiösen Austausch, zum Miteinander und zur echten „Konvivenz“, sich leider
nicht so selbstverständlich ergibt, wie man sich das vorgestellt hat.16 Zu wenig ist
oftmals von christlicher Seite an Glaubensinhalt vorhanden, zu komplex sind die
sozio-ökonomischen Bedingungen der Folgegenerationen von Einwanderern oder
13
Hugoth, M.: Fremde Religionen- fremde Kinder? Leitfaden für interreligiöse Erziehung. Freiburg/Br.
2003, S. 16f. Vgl. zur interkulturellen Pädagogik und den unterschiedlichen Bildungsbegriffen der
christlichen Kirchen Chr. Hellmann, Religiöse Bildung, Interreligiöses Lernen und interkulturelle
Pädagogik, Frankfurt/M. 2001 und das Handbuch Interreligiöses Lernen von Elsenbast / Schreiner /
Sieg (Hg), Darmstadt 2005: darin Christa Dommel: Interreligiöses Lernen im Elementarbereich:
Kindertagesstätten und Kindergärten, S. 434- 452 (Lit.).
14 Hugoth, M. a.a.O. S. 25
15 Krappmann, L.: Soziologische Dimensionen der Identität. Stuttgart 1982; zum psychologischen
Ansatz siehe die Zusammenfassung von Friedrich Schweitzer im Handbuch Interreligiöses Lernen
(Elsenbast / Schreiner / Sieg), Gütersloh 2005, S. 294-303: Religiöse Identitätsbildung (mit weiteren
Literaturangaben).
16 Wendet man die tatsächliche Pluralität heutiger Gesellschaft, die Vielfalt ihrer Kulturen und
Lebensbereiche, auf den RU an, stellt sich bei genauer Betrachtung die Frage nach dem
gemeinsamen (religiösen) Lernen der „gleichberechtigt Verschiedenen“ immer schwieriger dar. Vgl.
dazu Barbara Asbrand, Zusammen Leben und Lernen im RU. Eine empirische Studie zur
grundschulpädagogischen Konzeption eines interreligiösen RU im Klassenverband der Grundschule.
Frankfurt/M. 2000 und B. Feininger, Zusammen Leben und Lernen im RU. Konfliktlinien in
interreligiösen und konfessionellen Konzepten. In: ru- ökumenische Zeitschrift für den RU, 4/2002, S.
140-144.
die politisch-religiöse „Großwetterlage“ der islamischen Welt.17 Aber auch wenn man
am inhaltlichen Konzept nicht so schnell weiter kommt, wie erwünscht (vgl. auch das
gut gemeinte „Projekt Welt-Ethos“ von Hans Küng)18, so bleibt doch als wichtigstes
Strukturmerkmal das Lernen an der Differenz und überhaupt das Prinzip
„Unterschiede lernen“ bestehen. Denn das betrifft nicht nur Glaubensinhalte, sondern
genau so Kleidung, Ausdrucksformen, Essen, sich einrichten, Freizeit-Verhalten,
Rituale, Brauchtum und vieles andere. Es betrifft insbesondere meine Haltung dem
anderen als Person gegenüber, die seine eigne Würde respektiert: vom kleinen Kind
an bis zum alten Menschen. Diese Begegnung mit dem „Fremden“, dem Anderen,
dem „Fremdartigen“ zu untersuchen, pädagogisch zu strukturieren und mit dem Ziel
gelingender Konvivenz fruchtbar zu machen (oder zumindest anzubahnen), ist
mittlerweile eine erstrangige Aufgabe der Elementarpädagogik.19 Eine besondere
Chance für die Erwachsenen im Gegenüber zu den Kindern liegt darin, dass sie in
dieser Perspektive die Kinder ebenfalls zuerst als „Fremde“ sehen können, die ihnen
eigen-ständig begegnen. Dagmar Kasüschke zitiert dazu Militzer und Griese:
„Wird das Kind als Fremder, Anderer wahrgenommen und anerkannt, so hat dies
weit reichende Auswirkungen auf das pädagogische Denken und Handeln: Der
Erwachsene tritt dem Kind als einer gleich würdigen Person gegenüber, als
Fragender, als Dolmetscher für das, was das Kind erkennt, aber noch nicht in Worte
fassen kann, als Freund, der bereit ist, das Kind in seiner Eigenart zu sehen und
nicht so, wie es sein oder werden sollte. Indem das Kind erfährt, dass seine
„andersartigen“ Sichtweisen und „fremden“ Überzeugungen ernst genommen werden
und Erwachsene mit Interesse in einen Dialog mit ihm treten, findet nach Militzer u.a.
„interkulturelle Erziehung“ statt. In diesem wechselseitigen Interaktionsprozess
erfährt das Kind, dass Unterschiedlichkeit wertvoll ist und einen Gewinn für das
eigene Leben darstellt. Wenn ein Kind überwiegend Erfahrungen macht, dass der
Andere es in seiner Andersartigkeit wertschätzt, so wird es ihm leichter fallen,
Achtung vor dem Fremden und somit dem Anderen zu entwickeln. Damit wird betont,
dass „Fremdheit“ keine Frage von Migration, Kultur, Religion, Ethnie, ist, sondern
strukturelles Merkmal im Alltag und Erfahrung von „Jedermann“.20 Die
frühpädagogische Lernsituation erweist sich als allgemeinpädagogische Basis und
Grundlegung der Gestaltung von Dialog und Beziehung: „Die Welt trifft sich im
Kindergarten.“21 Gleichzeitig gilt es, alles zu vermeiden bzw. besonders zu
reflektieren, was Fremdheit und Befremdung künstlich hervorbringen und womöglich
17
Vgl. nur Samuel P. Huntington 1996: Kampf der Kulturen! Eine Antwort aus theologischer Sicht: F.
Schorlemmer, Gibt es eine Wahrheit im Plural? Über Religion und Toleranz und den Kampf der
Kulturen. Frankfurt/M. 2004; vgl. die provozierenden Thesen von Henryk M. Broder in seinem Buch
„Hurra, wir kapitulieren, von der Lust am Einknicken“. Bonn 2007 (Lizenzausgabe für die
Bundeszentrale f. politische Bildung). Die Auffassung von einem Konflikt der „Kulturen“ und
„Religionen“ im Sinne einheitlicher, in sich abgeschlossener Blöcke bringt oft erst die Eigenschaften
hervor, die den fiktiven „Kulturen“ von außen zugeschrieben werden. Vgl. Doron Kiesel, Das Dilemma
der Differenz. Zur Kritik des Kulturalismus in der interkulturellen Pädagogik. Frankfurt/M. 1996, S. 185.
18 Küng, H. / Kuschel, K.-J. (Hg.): Erklärung zum Weltethos. Die Deklaration des Parlaments der
Weltreligionen von 1993. München 1993/1996. Zur kurzen kritischen Würdigung und Anfrage vgl. Joh.
Rehm: Weltethos-Ethik-Werte i.d. Religionen. In: Elsenbast / Schreiner / Sieg (Hg): Handbuch
Interreligiöses Lernen, Darmstadt 2005, S. 206-216.
19 Böhm, D. / Böhm, R. / Deiss-Niethammer, B. (Hg.): Handbuch interkulturelles Lernen. Theorie und
Praxis für die Arbeit in Kindertageseinrichtungen. Freiburg/Br. 2002. Kasüschke, Dagmar, Erfahrungen
von „Fremd-Sein“ als (religions-)pädagogische Herausforderung in der Ausbildung von Erzieherinnen.
In: Götzelmann, A. / Schwendemann, W. (Hg): Interkulturalität. Evang. Hochschulperspektiven Bd. 2,
Freiburg/Br. 2006, S. 124-133
20 Kasüschke, D. a.a.O. S. 125 unter Verwendung von Zitaten bei: Militzer, R. u.a.: Der Vielfalt Raum
geben. Interkulturelle Erziehung in Tageseinrichtungen für Kinder. Münster 2002, S. 30 und Griese,
H.M., Kritik der „Interkulturellen Pädagogik“. Münster 2002, S. 112.
21 So der Titel des Buches von Ulich, M. / Oberhuemer, P. / Soltendieck, M., Weinheim u. Basel 22005.
zum Nachteil des Anderen zementieren könnte.22 Dieser Prozess, den Fachkräfte
der Erziehungseinrichtungen initiieren und begleiten, initiiert rückwirkend auf Seiten
der Erwachsenen und Fachkräfte ein neues Bild vom Kind und unterstützt deren
eigene Lernfähigkeit am „Fremden“, deren eigene Kompetenz im Umgang mit
Differenz: Die Anerkennung der Andersartigkeit des Kindes. Menschliche
Lernfähigkeit spitzt sich in diesem Differenz-Lernen zu, und man kann als christlichtheologischen Schlüssel durchaus Jesu Botschaft / Handlungsanweisung von der
„Feindesliebe“ heranziehen, mit der er den „Feind“ über den „Fremden“ zum „Freund“
macht und mit der er sich in die altisraelitische und jüdische Tradition der „Liebe zum
Fremden“ (Ahavat ha-Ger) einreiht (Mt 5,43f).23
„Letztendlich wird entscheidend sein, inwieweit es gelingt, pädagogische Fachkräfte
von Kindertageseinrichtungen in Aus- und Fortbildung in ihrer Identität und ihrem
Selbstverständnis so zu stärken, dass sie Erfahrungen von „Fremdheit“ und
„Andersartigkeit“ in entwicklungsförderliche Lernsituationen für die Kinder, ihre Eltern
und sich selbst pädagogisch umwandeln können.“24
Kompetenzen: Fremdheitskompetenz als Schlüsselfunktion der
ErzieherInnen25
Aus dieser Zusammenfassung ergeben sich aus der Perspektive
interkultureller/interreligiöser Erziehung folgende Forderungen an die Ausbildung
von Kompetenzen für Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen:
 Einsicht in, Offenheit und Akzeptanz für interkulturelle und interreligiöse
Erziehung als wesentliche Aufgabe pädagogischer Arbeit
 Kompetenz in Spiritualität: Bereitschaft, das eigene Selbstverständnis
bezüglich Religion und kultureller Ausdrucksformen von Religion zu
reflektieren, ohne das Idealbild der eigenen Religion mit der Praxis anderer
vergleichen zu wollen. Bereitschaft, eine ggf. vorhandene Tendenz zur
Missionierung kritisch zu überprüfen.
 Für Selbstbildungsprozesse einstehen und lernen, mit Erfahrungen von
Fremdheit und Andersartigkeit als positive Entwicklungsmöglichkeiten
umzugehen; Bereitschaft zu Training und Fortbildung auf diesem Gebiet.
Wertschätzung des Anderen und besonders der Kinder in ihrer Andersheit.
 Bereitschaft, sich Sachkenntnisse über andere Kulturen und Religionen
anzueignen
 Kompetenz in Ritualen: Miteinander der Kinder an Bildern, Symbolen, Riten
und Lebensformen ermöglichen und fördern.
22
Messerschmidt, A.: Befremdungen- oder wie man fremd wird und fremd sein kann. In: Elsenbast /
Schreiner / Sieg (Hg): Handbuch Interreligiöses Lernen, Darmstadt 2005, S. 217-228. Vgl. die
Untersuchungen im Sammelband von Kiesel, D. / Messerschmidt, A. / Scherr, A. (Hg): Die Erfindung
der Fremdheit. Frankfurt/M. 1999.
23 Die antithetische Formulierung widerspricht dem schon traditionell im AT positiv vorgegebenen
Inhalt der Nächstenliebe. Mt greift mit dem fiktiven Gebot, den Feind zu hassen, das antike Vorurteil
der jüd. Misanthropie auf. Vgl. P. Fiedler, Das Matthäus-Evangelium (Theol. Kommentar z. NT Bd.1),
Stuttgart 2006, S. 149ff.
Zur jüd. Ethik der Liebe zum Fremden vgl. z.B. Rabbiner Gino E. Gross, Schalom. Bad Sauerbrunn
1995, S. 159f: „Es ist kaum zu glauben, dass ein einziges Gebot in den fünf Büchern Moses 36 mal
wiederholt wird … Das einfache Gesetz, den Fremden zu lieben.“
24 Kasüschke, D. a.a.O. S. 132.
25 Vgl. auch Biesinger, A.: Und was brauchen Erziehrinnen? In: Anschlussfähig und bildungsstark.
Anforderungen an die religionspädagogische Praxis in kath. Kitas. KTK-Bundesverband, Freiburg
2006, S. 28-29.
 Kompetenz zur Teilhabe: Verbindende, gemeinsame religiöse Strukturen und
Glaubensüberzeugungen betonen und die sozialwirksamen Dimensionen von
Religion fördern helfen
 Kompetenz in spiritueller Weg-Begleitung: Die Botschaft von Zuspruch, Trost,
Ermutigung und Versöhnung als verbindenden Inhalt der Religionen kennen
und wertschätzen lernen
 Wertschätzen religiöser Traditionen und Ausdrucksformen, ohne sie
normierend oder einseitig für die Mehrheit festlegen zu wollen
 Mit Vorurteilen und Verhaltensmustern weiterführend und öffnend arbeiten
können. Stereotypen erkennen und auflösen lernen. Diagnosefähigkeit bei
verallgemeinernden Aussagen und monokausalen Erklärungen auf der Basis
von Religion oder Ethnie.
 Begegnungsprozesse zwischen den Angehörigen unterschiedlicher Kulturen
und Religionen im Umfeld der Einrichtung einleiten und fördern können
(Elternarbeit/kommunale Vernetzung)
Kommentierung grundlegender Literatur
Auernheimer, G.: Einführung i. d. interkulturelle Pädagogik. Darmstadt 4-2005.
Referiert den Diskussionsstand und erläutert alle im einschlägigen Zusammenhang
wichtigen Begriffe. Klassiker der interkulturellen Pädagogik.
Böhm, D. / Böhm, R. / Deiss-Niethammer, B.: Handbuch Interkulturelles Lernen.
Theorie und Praxis für die Arbeit in Kindertageseinrichtungen. Freiburg/Br. 3-2002
Büttner, G. (Hg): Zwischen Nachbarschaft und Abgrenzung. Fremde Religionen in
der Bibel. Münster u.a. 2007 (LIT). Interreligiöse Problematik von der Bibel und dem
Alten Israel her gesehen.
Deutscher Katechetenverein (dkv), Hg.: Meine Feste- deine Feste. Interkultureller
Festtagskalender. München 1998.
Elsenbast, V. / Schreiner, P. / Sieg, U. (Hg): Handbuch Interreligiöses Lernen.
Gütersloh /Darmstadt 2005.: Umfassendes Nachschlagewerk mit zahlreichen
Einzelartikeln zum Verständnis interreligiösen Lernens in allen seinen Aspekten.
Enthält sowohl theologische, gesellschaftliche und pädagogische Grundlegung als
auch konkrete Orte und praktische Modelle interreligiösen Lernens. Darin der Beitrag
von Christa Dommel: Interreligiöses Lernen im Elementarbereich: Kindertagesstätten
und Kindergärten (S. 434-452 mit weiter führender Literatur). Weitere einschlägige
Artikel in diesem Handbuch: Rabeya Müller: Islamische Perspektiven zum
interreligiösen Lernen, S. 142-148; Ismail Kaplan: Alevitische Grundlagen zum
interreligiösen Lernen. S. 149-160; Bekir Alboga: Interreligiöses Lernen in einer
Moschee in Mannheim, S. 626-632.
Emmendorfer-Brößler, Claudia: Feste der Völker. Ein pädagogischer Leitfaden. Päd.
Anregungen und Impulse für eine interkulturelle Arbeit in Kindertagesstätten und
Schulen. Frankfurt 2000 (Amt für multikulturelle Angelegenheiten der Stadt
Frankfurt).
Gott in vielen Stimmen. Beten in Mannheim. Eine Sammlung jüdischer, christlicher
und islamischer Gebete von heute. Edition Quadrat 3-2001.
Harz, F.: Ist Allah auch der liebe Gott? Interreligiöse Erziehung in der Kita. München
2001. Sehr verbreitetes, sachkundiges Grundlagenwerk!
Haussmann, W. / Lähnemann, J. (Hg): Dein Glaube- mein Glaube. Interreligiöses
Lernen in Schule und Gemeinde. Göttingen 2005. Praktische Vorschläge zur
Vermittlung religiöser Vielfalt, mit Kopiervorlagen. Fruchtbar mit der Vielfalt der
religiösen Standpunkte umzugehen und selbst daran zu wachsen. Dazu leitet dieser
Band an.
Holzbrecher, A.: Interkulturelle Pädagogik. Berlin 2004. Grundständige Einführung.
Als Studienbuch gedacht. Der Autor ist Prof. für Erziehungswissenschaft an der Päd.
Hochschule Freiburg/Br. Vgl. sein Buch „Wahrnehmung des Anderen. Zur Didaktik
interkulturellen Lernens“. Opladen 1997.
Hugoth, M.: Fremde Religionen- fremde Kinder? Leitfaden für interreligiöse
Erziehung. Freiburg/Br. 2003. Systematische Einführung, gut verständlich, mit klarer
Ausrichtung auf die Kindertagesstätte. Der Autor ist ein langjähriger Kenner der
Problematik (KFH Freiburg/Br.).
Johann, E. / Michely-Weirich, H. / Springer, M.: Interkulturelle Pädagogik,
Methodenhandbuch für sozialpädagogische Berufe. Berlin 1988. Vorschläge zum
interkulturellen Kompetenz-Erwerb in sozialpäd. Berufen. Wissenschaftliche
Hintergrund-Info und praxisnahe Übungen.
Kasüschke, D.: Erfahrungen von „Fremd-Sein“ als (religions-)pädagogische
Herausforderung in der Ausbildung von ErzieherInnen. In: Götzelmann, A. /
Schwendemann, W. (Hg): Inter-Kulturalität. Freiburg 2006, S. 124-133. Punktgenaue
Problemskizze mit weiter führender Literatur. Autorin ist Prof.’in an der EFH
Freiburg/Br.
Knisel-Scheuring, G.: Interkulturelle Elterngespräche. Gesprächshilfen für
Erzieherinnen in Kindergarten und Hort. Lahr 2002.
Laewen, H.-J. / Andres, Beate (Hg): Bildung und Erziehung in der frühen Kindheit.
Weinheim 2002.
Magonet, J.: Abraham – Jesus – Mohammed. Interreligiöser Dialog aus jüdischer
Perspektive. Gütersloh 2000. Stellt Möglichkeiten und Schwierigkeiten speziell des
Judentums hinsichtlich des Dialoges mit anderen Religionen vor.
Militzer, R. u.a.: Der Vielfalt Raum geben. Interkulturelle Erziehung in
Tageseinrichtungen für Kinder. Münster 2002. Rahmenkonzept eines
elementarpädagogischen, situationsbezogenen, interkulturellen Ansatzes.
Möller, R. / Tschirch, R. (Hg): Arbeitsbuch Religionspädagogik für ErzieherInnen.
Stuttgart 3-2006. Darin der Beitrag von Birgit Deiss-Niethammer: Religionspädagogik
im multireligiösen Kontext. Verlässliche Darstellung wichtiger Rahmenkonzepte im
Elementarbereich, z.B. zum Neuen Trierer Plan (S. 125-130), der davon ausgeht,
dass sich im Alltag der Kinder Situationen ergeben, die nach religiöser Vertiefung
verlangen.
Nipkow, K.E.: Bildung in einer Pluralen Welt. Bd.2: Religionspädagogik im
Pluralismus. Gütersloh 1998. Theoretisch-systematische Ausführungen zum Thema
Pluralität aus der Sicht der Religionspädagogik; benennt in Verbindung mit Judentum
und Islam auch die tiefenschichtigen Unterschiede und religiös-kulturellen
Konfliktzonen.
Rickers, F.: Interreligiöses Lernen. In: Mette, N. / Rickers, F., Lexikon der
Religionspädagogik (LexRP) Bd. 1, Neukirchen-Vluyn 2001, Spalte 874-881:
Definition, Praxis, Bedingungen und Konzeptionen des Interreligiösen Lernens in
kath. und evang. Hinsicht.
Sieg, U.: Interreligiöses Lernen im Pendeln zwischen Eigenem und Gemeinsamen.
In: Dommel, Christa (Hg): Werte schätzen. Religiöse Vielfalt und öffentliche Bildung.
Frankfurt/M. 2003. Dies.: Feste der Religionen. Werkbuch für Schule und Gemeinde.
Düsseldorf 2004. Umfangreiche Sachinformation und narrative Texte speziell zur
Bedeutung der Feste für die Lebenspraxis.
Wagemann, Gertrud: Feste der Religionen- Begegnung der Kulturen. München 2002
TB). Ein Lesebuch für gute Nachbarschaft mit deutlichem Gegenwartsbezug.
Weisse, W.: Interkulturalität/Interreligiosität. In: Lachmann, R. u.a. (Hg): Ethische
Schlüsselprobleme. Göttingen 2006, S. 216-232. Hervorragende, knappe
Zusammenfassung aus theologisch-pädagogischer Perspektive.
Publikationen im Zusammenhang kirchlicher Verlautbarungen und Positionen
Evangelische Perspektiven zum interreligiösen Lernen: Zusammenfassung von
Friedrich Schweitzer im o.g. Handbuch Interreligiöses Lernen (Elsenbast / Schreiner /
Sieg), Gütersloh 2005, S. 114-125 mit reichen Literaturangaben.
Katholische Perspektiven zum interreligiösen Lernen: Zusammenfassung von
Stephan Leimgruber im o.g. Handbuch Interreligiöses Lernen, S. 126-138 mit reichen
Literaturangaben.
Bildung von Anfang an. Bundesvereinigung evang. Tageseinrichtungen für Kinder
(BETA) gemeinsam mit dem Verband Kath. Tageseinrichtungen für Kinder (KTK).
Stuttgart/Freiburg 2002
Evang. Kirche in Berlin-Brandenburg: Beheimatung und Begegnung. Kinder mit
Migrationshintergrund in evang. Kindergärten. Berlin 2002.
Karl Kardinal Lehmann: Anerkennung des Anderen- Fremdes verstehen- Bereitschaft
zum Dialog. Werteerziehung in der multikulturellen Gesellschaft. In: Battke, A. u.a.
(Hg): Schulentwicklung, Religion, Religionsunterricht. Freiburg 2002, S. 25-36.
Position des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz zum Thema. Positive
Grundeinstellung.
Kirchenamt der EKD: Wo Glaube wächst und Leben sich entfaltet. Der Auftrag
evang. Kindertageseinrichtungen. Gütersloh 2004.
Leitlinien für multireligiöse Feiern von Christen, Juden und Muslimen. Handreichung
der deutschen Bischöfe, Bonn 2003 (Arbeitshilfe 170). Kommentar dazu in der
Zeitschrift „Gottesdienst“. Information und Handreichung der Liturgischen Institute
Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. 37 (Heft 11/ 2003), S. 81-83.
Nostra aetate: Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen
Religionen. In: Rahner, K. / Vorgrimler, H., Kleines Konzilskompendium. Freiburg,
Auflage 29-2002, S. 355-359.
Religion für alle Kinder? Konfessionslose und andersgläubige Kinder in kath.
Kindertageseinrichtungen. Freiburg/Br., Verband Kath. Tageseinrichtungen für
Kinder (KTK) 2003.
Vielfalt leben – Profil gewinnen. Interkulturelle und interreligiöse Erziehung und
Bildung in evang. Tageseinrichtungen für Kinder. Bundesvereinigung evang.
Tageseinrichtungen für Kinder (BETA). Stuttgart 2002.
Vielfalt bereichert. Interkulturelles Engagement kath. Tageseinrichtungen für Kinder.
Redaktion: M. Hugoth / Th. Wunderlich. Freiburg/Br., Verband Kath.
Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) 1999.
Die Welt der Religionen im Kindergarten. Grundlegung u. Praxis interreligiöser
Erziehung. Redaktion M. Hugoth / Th. Wunderlich. Freiburg/Br., Verband Kath.
Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) 2001.
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