Abstracts

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P001
Verbesserte molekulare Diagnostik für Patienten mit Atmungskettenkomplex-Defekten
Biste M.1, Madignier F.1, Freisinger P.2, Rolinski B.3, Mayr J.4, Horvarth R.5, Tesarova M.6, Sperl W.4,
Meitinger T.1, Prokisch H.1
1TU München, Institut für Humangenetik, München, Germany, 2TU München, Stoffwechselzentrum
Kinderklinik, München, Germany, 3Klinikum München GmbH, Medizet-Stoffwechselzentrum, München,
Germany, 4Universität Salzburg, Kinderklinik, Salzburg, Austria, 5Medizinisch Genetisches Zentrum
München, München, Germany, 6Universität Prag, Department of Pediatrics, Prag, Czech Republic
Fragestellung: Mitochondriopathien haben im Kindesalter eine geschätzte Inzidenz von 1:8000. Sie
lassen sich auf isolierte oder kombinierte Defekte der Enzymkomplexe der Atmungskette (RCC)
zurückführen. Isolierte Defekte des RCC I sind dabei die häufigste Ursache (ca. 25%). Sie zeigen
einen sehr variablen Phänotyp der meist multisystemisch ist (neonatale Laktatazidose, M. Leigh u. a.),
aber auch oligosymptomatisch sein kann (Ataxie, Myopathie). Der RCC I besteht aus 45
unterschiedlichen Strukturproteinen, die meist von der nukleären DNA (n=35) aber auch der
mitochondrialen DNA (n=7) kodiert werden. Diese Vielzahl von Genen erschwert die Suche nach
genetischen Ursachen. Da in der Routinediagnostik nur einige Bereiche der mtDNA untersucht
werden, gibt es für weniger als 10% der pädiatrischen Patienten eine molekulare Diagnose.
Methodik: Zur Verbesserung der Diagnostik wurde ein Hochdurchsatz-Screen etabliert, in dem die
Gene aller 45 Untereinheiten des RCC I untersucht werden. Zunächst wurden bei 92 Indexpatienten
(nach Ausschluss häufiger mtDNA-Mutationen) mit isoliertem RCC I-Defekt Schmelzpunktanalysen
mit dem Idaho LightScanner durchgeführt. Bei auffälligem Befund in der Analyse wurden die PCR
Produkte sequenziert. Um Genotyp-Phänotyp Korrelationen zu untersuchen, wurde ein klinischer
Fragebogen, basierend auf den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische
Stoffwechselstörungen (APS), entwickelt.
Ergebnis: Wir haben 59 Gene, welche für Untereinheiten und Assemblierungsfaktoren des RCC I
kodieren, gescreent. Bei 16% der Patienten wurden pathogene Mutationen gefunden, in weiteren 30%
unklare Mutationen. Bei 54% wurden keine Mutationen gefunden. Die Analysen zeigen typische
klinische Muster, die mit Mutationen in bestimmten Genen korrelieren.
Schlussfolgerung: Die molekulargenetische Diagnostik konnte wesentlich verbessert werden.
Pränatale Diagnostik wird angeboten. Genotyp-Phänotyp Korrelationen werden die molekulare
Diagnostik effizienter gestalten und erlauben Aussagen bezüglich dem Verlauf der Erkrankung.
P002
Mitochondriales DNA- Depletionssyndrom und schwere zentrale Hypomyelinisierung bei einem
Säugling mit RRM2B- Mutation
Acham-Roschitz B.1, Mayr J.2, Sperl W.2, Lindbichler F.3, Bittner R.4, Mache C.J.1, Ring E.1, Plecko B.1
1Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Allgemeinpädiatrie, Graz, Austria, 2St. Johanns Spital,
Salzburg, Austria, 3Univ. Klinik für Radiologie, Kinderradiologie, Graz, Austria, 4Med. Universität Wien,
Neuromuskuläre Forschungsabteilung, Wien, Austria
Atmungskettendefekte sind eine wichtige Differentialdiagnose der infantilen muskulären Hypotonie.
Bei kombinierten Atmungskettendefekten muss an mitochondriale Depletionssyndrome (MDS)
gedacht werden, wobei Defekte in unterschiedlichen Genen zu unterschiedlichen Phänotypen führen.
Bislang wurden nur wenige Patienten mit cereborenalem Phänotyp und Mutationen im RRM2B Gen
beschrieben. Wir berichten über einen Säugling mit früh-letalem Ausgang und compound
Heterozygotie für zwei noch nicht beschriebene Mutationen im RRM2B Gen.
Patient: Erstes reifes Kind gesunder, nicht verwandter Eltern. Im Rahmen des neonatalen
Hörscreenings wurde eine Taubheit, im 2. Lebensmonat eine Nephrocalcinose diagnostiziert. Die
Vorstellung erfolgte aufgrund einer muskulären Hypotonie mit 8 Wochen. Plasma Laktat und
Laktat/Pyruvat Ratio waren mäßig erhöht, Einzelwerte lagen im Normbereich. Organische Säuren und
überlangkettige Fettsäuren waren unauffällig. Ein cerebrales MRT mit 10 Wochen zeigte eine schwere
generalisierte Hypomyelinisierung. In der MRS fand sich kein Laktat-Peak. Die Analyse der oxidativen
Phosphorylierung erbrachte einen kombinierten Atmungskettendefekts I, III, IV und V. Der Gehalt an
mtDNA war auf 4% der Norm reduziert. Die molekulargenetische Analyse des RRM2B Gens erbrachte
zwei unbekannte Mutationen mit parentaler Kosegregation. Mit 3 Monaten waren die
Muskelsehnenreflexe erloschen. Mit 4 Monaten traten fokale Krampfanfälle auf. Das Kind verstarb mit
4 Monaten an einer generalisierten Hypotonie mit Ateminsuffizienz.
Schlussfolgerung: Unser Bericht erweitert durch den Befund der ausgeprägten zentralen
Hypomyeliniserung das bislang begrenzte Spektrum von Patienten mit RRM2B Mutationen. Die
organspezifischen Manifestationen bei Mutationen des ubiquitär exprimierten RRM2B Gens sind noch
unklar. Eine Pränataldiagnostik ist auf molekulargenetischer Basis möglich. Trotz des deutlich
erniedrigten mtDNA Gehaltes im Muskel und kombiniertem Atmungskettendefekt, war in der MRS kein
Laktat nachweisbar und auch einzelne Plasma Laktatwerte lagen innerhalb des Normbereiches.
P003
mitoNET - Deutsches Netzwerk für mitochondriale Erkrankungen
Prokisch H.1, Freisinger P.2, Abicht A.3, Kunz W.4, Wittig I.5, Obermaier-Kusser B.6, Schöls L.7,
Schülke-Gerstenfeld M.8, Meitinger T.1, Klopstock T.3
1TU München, Institut für Humangenetik, München, Germany, 2TU München, Kinderklinik, München,
Germany, 3LMU München, Friedrich-Baur-Institut, München, Germany, 4Universität Bonn, Bonn,
Germany, 5Uniklinikum Frankfurt, Frankfurt, Germany, 6Klinikum Ludwigshafen gGMBH,
Ludwigshafen, Germany, 7Universität Tübingen, Tübingen, Germany, 8Charite Virchow Klinikum,
Berlin, Germany
Fragestellung: Das übergeordnete Ziel des mitoNET-Verbundprojekts ist der Aufbau eines
Netzwerkes aus Klinikern und Grundlagenwissenschaftlern zur Verbesserung der medizinischen
Versorgung von Patienten mit mitochondrialen Erkrankungen.
Methodik: Um dies zu erreichen, sind folgende Schritte geplant:
i) Aufbau eines nationalen klinischen Netzwerkes aus Neurologischen und Pädiatrischen Kliniken für
die Rekrutierung und Phänotypisierung von Patienten, Errichtung eines web-basierten
Patientenregisters und Durchführung longitudinaler Studien;
ii) Umfassende Sammlung und Lagerung von Biomaterialien inklusive DNA, RNA und Myoblasten, die
Wissenschaftlern innerhalb und außerhalb des Netzes zur Verfügung gestellt werden können;
iii) Verbesserung des diagnostischen Armamentariums, u. a. mit neuen Assays zur Quantifizierung
mitochondrialer Proteine und mitochondrialer Morphologie, mit Hochdurchsatz-Genotypisierung, und
mit einem systembiologischen Ansatz;
iv) in vitro-Untersuchungen neuer Therapien inklusive einem Ansatz zur Verbesserung des
Atmungsketten-Defekts durch Induktion des „peroxisome proliferator-activated receptor pathway“ mit
Fibraten und einem Ansatz zur Identifizierung von Strategien gegen die Propagation von mtDNAMutationen;
v) verstärkte Zusammenarbeit von Grundlagenwissenschaftlern und Klinikern zur Förderung von
Synergie-Effekten, interdisziplinären Kooperationsprojekten und Trainings-Initiativen; und
vi) Maßnahmen zur Erhöhung der öffentlichen und professionellen Aufmerksamkeit für mitochondriale
Erkrankungen.
Schlussfolgerung: Die Fortschritte in den Einzelprojekten und der durch den Verbund zu erwartende
Mehrwert hinsichtlich Kollaboration, Synergie und Kommunikation werden zu einer Verbesserung von
Diagnostik, Therapie und Versorgung von Patienten mit mitochondrialen Erkrankungen führen.
P004
GLUT1-Defekt einer konsanguinen arabischen Familie mit homozygoter Missense-Mutation im
SLC2A1-Gen
Klepper J.1, Ben-Omran T.2, Scheffer H.3
1Klinikum Aschaffenburg, Neuropädiatrie, Aschaffenburg, Germany, 2Weill Cornell Medical College,
Clinical and Metabolic Genetics, Department of Pediatrics, Doha, Qatar, 3University Medical Center
Nijmegen, Dept. of Human Genetics, Nijmegen, Netherlands
Der GLUT1-Defekt wird durch einen defekten Glukosetransport in das Gehirn verursacht. Derzeit sind
nur heterozygote Mutation im SLC2A1-Gen beschrieben - homozygote Mutationen wurden als in utero
letal angenommen.
Wir berichten über zwei Schwestern einer konsanguinen arabischen Familie. Eine globale
Entwicklungsverzögerung, Epilepsie, sekundäre Mikrozephalie, Ataxie, und Hypotonie im älteren
Mädchen wiesen auf den GLUT1-Defekt hin. Die Nüchtern-Lumbalpunktion ergab eine Liquorglukose
von 36 mg/dl mit einem Liquor-/Blut-Glukosequotienten von 0.44. Das Liquorlaktat betrug 1.09 mmol/l.
Die jüngere Schwester war asymptomatisch, die Liquorglukose betrug 36 mg/dl, der Quotient 0.46,
das Liquorlaktat 1.08 mmol/l. Die Analyse des SLC2A1-Gens zeigte bei beiden Schwestern eine
homozygote c1402C>T (p.Arg468Trp) Mutation in Exon 10. Beide Eltern waren klinisch unauffällig und
heterozygot für die Mutation. Weitere asymptomatische Familienmitglieder werden gerade untersucht.
Eine ketogene Diät wurde bei beiden Schwestern eingeleitet.
Schlussfolgerung: SLC2A1-Mutationen bei GLUT1-Defekt können homozygot sein. Entweder ist die
vorliegende Mutation ein neutraler Polymorphismus, oder die Mutation ist relativ mild und nur im
homozygoten Zustand pathogen. Hinweise, dass der Aminosäureaustausch Arg468Trp pathogen ist,
sind
i) der Austausch einer basischen in eine aromatische Aminosäure an hochkonservierter Stelle,
ii) die Lokalisation im für Substraterkennung und spezifische Transporteigenschaften wichtigen
GLUT1-Carboxy-Terminus, und
iii) publizierte in-vitro Analysen zu Arg468.
Das derzeitige Verständnis des GLUT1-Defektes als autosomal dominante Erkrankung mit
heterozygoten SLC2A1-Mutationen wird aufgrund der beschriebenen Ergebnisse in Frage gestellt.
P005
VACENC - Eine retrospektive und prospektive Studie zur Klinik und Genetik impfassoziierter
Epilepsien: Erste klinische Daten
von Spiczak S.1, Helbig I.1, Drechsel-Baeuerle U.2, Muhle H.1, van Baalen A.1, van Kempen M.J.A.3,
Lindhout D.3, Stephani U.1, Keller-Stanislawski B.2
1Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Klinik für Neuropädiatrie, Kiel, Germany,
2Paul-Ehrlich-Institut, Abteilung Sicherheit von Arzneimitteln und Medizinprodukten, Langen,
Germany, 3Division Biomedical Genetics, University Medical Center, Dept. Medical Genetics, Utrecht,
Netherlands
In einem unbekannten Teil der Fälle mit schweren frühkindlichen Epilepsien und insbesondere dem
Dravet-Syndrom treten erste epileptische Anfälle in zeitlichem Zusammenhang mit Impfungen auf,
was von einigen Autoren als kausaler Zusammenhang gedeutet wurde. Obwohl große
epidemiologische Studien keinen Hinweis darauf liefern, dass Impfungen im Kindesalter zu bleibenden
neurologischen Schäden führen, werden immer wieder Fälle beschrieben, in denen Impfungen von
medizinischem Personal oder Eltern als Grund der Epilepsie angeschuldigt werden. In
Zusammenarbeit mit dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) sollen in der VACENC-Studie Fälle von DravetSyndrom in einer repräsentativen retrospektiven sowie einer prospektiven Kohorte von Patienten mit
gemeldeten Anfällen im zeitlichen Zusammenhang mit Impfungen identifiziert und der Anteil von
Patienten mit Veränderungen im SCN1A-Gen und anderen assoziierten Genen bestimmt werden. In
einem ersten Schritt wurden 175 Fälle mit Eintritt des Verdachtes einer Impfkomplikation in den
Jahren 2006 und 2007 klinisch ausgewertet. Es konnten zwei Fälle mit dringendem klinischem
Verdacht auf Vorliegen eines Dravet-Syndroms identifiziert werden, des Weiteren fünf Patienten mit
anderen Epilepsien. Bei 47 gemeldeten Patienten traten einzelne Anfälle auf, davon waren 38
Fieberkrämpfe. Ein Status epilepticus wurde bei 10 Patienten beschrieben. In 86 Fällen lagen keine
epileptischen Anfälle oder Epilepsien vor, bei 35 Patienten war die Gruppenzuordnung aufgrund der
vorliegenden Daten unsicher. Ein Zusammenhang mit der Art der Impfung war nicht erkennbar.
Die VACENC-Studie wird erstmals eine umfangreiche Beschreibung und Einordnung epileptischer
Anfälle nach Impfungen und sogenannter „Impfepilepsien“ ermöglichen. Durch eine medizinische
Bewertung der Kausalität der gemeldeten Verdachtsfälle kann zum Einen eine umfassende Beratung
über Krankheitsverlauf und Therapiemöglichkeiten bei identifizierten Fällen mit Dravet-Syndrom
erfolgen, zum Anderen wird durch Aufklärung der wissenschaftlichen Zusammenhänge eine Stärkung
des Impfgedankens erreicht.
P006
Klinische Charakterisierung von Patienten mit NBIA mit und ohne PANK2-Gen-Mutation
Hartig M.B.1, Hempel M.1, Meitinger T.1, Kmiec T.2, Prokisch H.3
1Institut für Humangenetik, München, Germany, 2Memorial Children's Health Institute, Warsaw,
Poland, 3HelmholtzZentrum München, München, Germany
Hintergrund: Neurodegeneration mit Eisenspeicherung (NBIA) ist ein heterogene Gruppe von
neurologischen Erkrankungen, die durch die Eisenablagerung in den Basalganglien gekennzeichnet
ist. Bei etwa der Hälfte der Patienten mit NBIA kann eine Mutation im PANK2-Gen nachgewiesen
werden (PKAN). Kürzlich wurden Mutationen im PLA2G6-Gen in Patienten mit NBIA beschrieben. Der
klinische Verlauf bei Patienten mit Mutationen im PANK2- und PLA2G6-Gen und Patienten mit
idiopathischer NBIA (keine PANK2- und PLA2G6-Gen-Mutationen) ist ähnlich. Ziel der Studie war es,
die klinische Unterschiede dieser NBIA-Subgruppen herauszuarbeiten.
Methode: Wir haben die klinischen Symptome und den Krankheitsverlauf von 49 NBIA-Patienten, die
durch einen Neuropädiater untersucht und betreut werden, analysiert. Alle Patienten wurden auf das
Vorliegen von Mutationen im PANK2-Gen untersucht. Bei allen PANK2-negativen Patienten erfolgte
anschließend eine PLA2G6-Gen-Mutationsanalyse.
Resultate: In 27 der 49 Patienten konnte eine homozygote oder eine coumpound heterozygote
Mutation im PANK2-Gen nachgewiesen werden. Bei keinem der Patienten fand sich eine PLA2G6Gen-Mutation. Das „Tigeraugenzeichen“ war in der Mehrzahl der Patienten mit PANK2-Gen-Mutation
(24 von 27), aber nur bei wenigen Patienten ohne PANK2-Gen-Mutation (2 von 22) nachweisbar.
NBIA Patienten mit und ohne PANK2-Gen-Mutation konnten weiterhin durch folgende Parameter
unterschieden werden: Erkrankungsalter, Gehverlust, generalisierte Dystonie, Parkinsonismus,
kognitives Defizit, oromandibuläre Dystonie und Dysarthrie. Mit Hilfe der statistischen Analyse der
letzten fünf Parameter konnte eine PANK2-Gen-Mutation mit einer Genauigkeit von 85% vorhergesagt
werden, was mit der Sensitivität des ´Tigeraugenzeichens´ vergleichbar ist. 96% der Patienten mit
PANK2-Gen-Mutation präsentierten sich mit einer generalisierten Dystonie, im Gegensatz zu nur 36%
der Patienten mit idiopathischer NBIA. Somit kann der Krankheitsbeginn mit generalisierter Dystonie
als Indikator für das Vorhandensein einer PANK2-Gen-Mutation herangezogen werden.
P007
Nachweis einer seltenen Variante R528G im muskulären Kalziumkanalgen CACN1AS bei einem
Patienten mit autosomal dominanter hypokaliämischer periodischer Paralyse (HypoPP-1)
Schallner J.C.1, von der Hagen M.1, Lehmann-Horn F.2, Jurkat-Rott K.2
1Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Neuropädiatrie, Dresden, Germany, 2Universität
Ulm, Abteilung für Angewandte Physiologie, Ulm, Germany
Einleitung: Die hypokaliämische periodische Paralyse (HypoPP) ist eine seltene, autosomal
dominante, genetisch heterogene neuromuskuläre Erkrankung. Sie ist gekennzeichnet durch
Episoden mit transienter muskulärer Schwäche und kann bereits im frühen Kindesalter einsetzen. Die
Anfälle von schmerzhafter Muskelschwäche mit einhergehender erhöhter Kreatinkinase (CK) im
Serum ähnelt der Symptomatik einer akuten Myositis. Die periodischen Lähmungen betreffen in der
Mehrzahl der Fälle einzelne Muskelgruppen. Jedoch kann die Lähmungsattacke bishin zur
generalisierten Lähmung mit Atemstillstand und Herzrhythmusstörung führen. Bei 60% der Patienten
mit HypoPP-1 lässt sich eine von drei bekannten missense Mutationen im muskulären
Kalziumkanalgen CACN1AS nachweisen.
Methodik: Wir berichten von einem 17 Jahre alten Jungen, der sich mit plötzlich einsetzender,
schmerzhafter Muskelschwäche vorstellte. Aufgrund einer erhöhten CK wurde initial die Fehldiagnose
einer Myositis gestellt. Drei Wochen später wurde der Junge mit einer akuten Tetraplegie
eingewiesen. Die Anamnese mit der kürzlich stattgehabten Muskelschwäche, weiterer
vorangegangener ähnlicher Episoden iund einem erniedrigten Serum-Kalium (2,1 mmol/l) unter der
Tetraplegie führten zur Diagnosestellung. Die HypoPP-1 konnte durch den Nachweis der Variante
R528G im muskulären Kalziumkanalgen CACN1AS molekulargenetisch gesichert werden. Diese
Mutation konnte erst einmal in einer asiatischen Familie beschrieben werden. Die Behandlung mit
Azetazolamid in Verbindung mit einer Kalium-Substitution konnte in unserem Fall weitere
Lähmungsattacken verhindern.
Schlussfolgerung: Wir präsentieren einen Fall von HypoPP bei einem Jugendlichen mit einer
schweren Manifestation der Erkrankung. Mit einer Prävalenz von 1: 100.000 ist die HypoPP eine
seltene neuromuskuläre Erkrankung. Bereits im Kindesalter sollte die HypoPP bei schmerzhafter
Muskelschwäche mit in Betracht gezogen werden. Eine adäquate medikamentöse Therapie ist vor
dem Hintergrund einer sich langfristig entwickelnden progressiven Myopathie zügig einzuleiten.
P008
Atypisches klinisches Bild bei einem Mädchen mit einer episodischen Ataxie Typ 2
Kotzaeridou U.1, Arning L.2, Ebinger F.1, Wolf N.3
1Universität Heidelberg, Heidelberg, Germany, 2Human Genetics Ruhr Universität Bochum, Bochum,
Germany, 3Kinderneurologie VUMC Amsterdam, Amsterdam, Netherlands
Einführung: Die episodische Ataxie Typ 2 ist die häufigste Form einer hereditären episodischen
Ataxie und wird durch Mutationen in CACNA1A, das für eine Untereinheit eines cerebralen
Calciumkanals kodiert, verursacht. Gewöhnlich sind die Attacken durch Schwindel, Ataxie, Erbrechen
und Migräne kennzeichnet; sie können durch Stress und körperliche Anstrengung getriggert werden.
Fallbericht: Wir berichten über ein Mädchen mit paroxysmalen Migräne-ähnlichen Attacken und
Augenbewegungsstörung. Mit Beginn des Kindergartens begann regelmäßiges Erbrechen, das an
Häufigkeit und Stärke zunahm, bis es täglich auftrat. Teils konnten auch Attacken durch Stress oder
Schreck ausgelöst werden. Das Kind sucht dann Ruhe, ist lärmempfindlich, weniger lichtempfindlich.
Dabei zeigt sie auch vegetative Symptome (rote Wangen, Kaltschweißigkeit, blasse Lippen). Nach
dem Schlafen ist sie wieder völlig symptomfrei. Gleichgewichtsstörungen bestehen dabei nicht, wobei
die Eltern berichteten, dass das Mädchen im Vergleich zu Altersgenossen häufig stolpere und nicht
sehr geschickt sei. Der neurologische Befund zeigt eine cerebelläre Augenbewegungsstörung mit
langsamen Sakkaden, langsamer Sakkadeninitiation und Blickrichtungsnystagmus. Außerdem
bestehen eine sehr diskrete Gangataxie mit Problemen beim Einbeinstand und Seiltänzergang sowie
eine Dysdiadochokinese. Die cerebrale MRT zeigte eine diskrete cerebelläre Atrophie vor allem des
Kleinhirnwurmes. Unter dem Verdacht einer episodischen Ataxie Typ II wurde die Untersuchung von
CACNA1A veranlasst. Die Sequenzierung war unauffällig; mittels MLPA konnte dann aber eine
Deletion der Exons 39 bis 47 nachgewiesen werden.
Zusammenfassung: Die interiktale Augenbewegungsstörung und milde Ataxie zusammen mit dieser
paroxysmalen, Migräne-ähnlichen Erkrankung haben uns auf eine Kanalerkrankung des
Zentralnervensystems hingewiesen, auch wenn keine klassische episodische Ataxie vorliegt. Da die
direkte Sequenzierung auf PCR-amplifizierter genomischer DNA basiert, können größere genomische
Rearrangements, wie z.B. große Deletionen, unerkannt bleiben.
P009
Monosomie 9pter-p22 bei einem Jungen mit neonatalen Hypoglykämien, Epilepsie, facialer
Dysmorphie und Hypotonie
Leiz S.1, Breuer K.1, Weise A.2, Wagenstaller J.3, Daumer-Haas C.3
1Klinikum Dritter Orden, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, München, Germany, 2Institut für
Humangenetik, Universität Jena, Jena, Germany, 3Pränatal-Medizin München, Humangenetik,
München, Germany
Das Monosomie 9p-Syndrom stellt ein seltenes neurogenetisches Krankheitsbild dar, dessen führende
klinische Symptome faciale Dysmorphiezeichen, eine v. a. mentale Retardierung und eine muskuläre
Hypotonie sind.
Wir berichten über einen 10 Monate alten Jungen mit einer Entwicklungsverzögerung und einer v. a.
die Rumpf- und Nackenmuskulatur betreffenden Hypotonie, der im Neugeborenenalter durch
rezidivierende Hypoglykämien auffiel. Zudem besteht bei ihm ein ASD und eine Hypospadie. Eine
dünne Oberlippe, ein langes Philtrum, eine Mikrognathie, tief ansetzende und nach hinten rotierte
Ohren, enge Lidspalten, weit auseinanderstehende Brustwarzen und eine auffällige Zehenstellung
kennzeichnen den äußeren Aspekt des Jungen. Mit 6 Monaten trat eine Epilepsie mit asymmetrischen
tonischen Anfällen auf, die mehrmals am Tag in Serien beobachtet wurden;
elektroencephalographisch multiregionale Entladungen in z. T. statusartiger Häufung, in der MRT
deutliche Erweiterung der äußeren (besonders frontalen) Liquorräume.
Die genetische Labordiagnostik einschließlich Einsatz multipler FISH Sonden und Array CGH ergab
eine außergewöhnliche Chromosomenaberration: eine de novo entstandene unbalancierte
perizentrische Inversion auf Chromosom 9 mit Bruchpunkten in den Bereichen 9p22 und 9q12 und
einem Verlust der Region 9pter-p22 (Monosomie 9pter-p22). Dieser Abschnitt umfasst ungefähr 9 Mb
und etwa 60 Gene, von denen bislang für 8 ein Zusammenhang mit dem klinischen Bild angenommen
wird. Aus klinischer Sicht unterscheidet sich der Patient von den in der Literatur aufgeführten Fällen
durch die neonatalen Hypoglykämien und die Epilepsie, die bislang nur bei Patienten mit
unbalancierten Translokationen mit einer distalen Monosomie 9p und einer partiellen Trisomie eines
anderen Chromosoms beschrieben wurden.
P010
Spezifisch atypisch? Die Preserved Speech Variant des Rett Syndroms
Marschik P.B.1, Oberle A.2, Vogrinec G.1, Laccone F.3, Einspieler C.1
1Institute of Physiology, Center for Physiological Medicine, Medical University of Graz, Graz, Austria,
2Olga-Hospital, Stuttgart, Germany, 3Medical University of Vienna, Department for Medical Genetics,
Section Genetic Counseling, Vienna, Austria
Rett Syndrom, das hauptsächlich durch Mutationen im MECP2 Gen verursacht wird, scheint - laut
Definition - das erste Lebensjahr von Kindern nicht zu betreffen. MECP2 Mutationen beeinflussen
jedoch die normale Hirnentwicklung und nicht wie ursprünglich angenommen lediglich den Abbau
neuronaler Strukturen. Bis dato gibt es wenig detailliertes Wissen über den Verlauf in der PräRegression und über potentielle frühe Anzeichen der Preserved Speech Variant (Zappella Variant)
des Rett Syndroms.
Methodik: Eine Patientin mit einer komplexen MECP2 Mutation (c.378-43_964delinsGA) und dem
klinischen Erscheinungsbild der Preserved Speech Variant wurde über den Zeitraum ihrer ersten 10
Lebensjahre untersucht. Die klinische Diagnose wurde im Alter von 4 Jahren durch eine genetische
Testung bestätigt. Daraus ergab sich folgendes Untersuchungsdesign: Retrospektive Videoanalysen
bis zum vierten Lebensjahr; prospektive Anwendung von: Austrian Rett Survey; Austrian
Communicative Development Inventories; Video Analysen; Spontansprachanalysen; Aktiver
Wortschatztest; Sprachentwicklungs- und Grammatiktests.
Ergebnisse: Ein vorerst episodisches Auftreten atypischer und stereotyper motorischer,
prälinguistischer und linguistischer Verhaltensweisen wurde bis zum Alter von zwei Jahren, dem
Beginn der Regression, immer prominenter. Qualitativ abnormal waren General Movements,
Lokomotion, Cooing und Lallen, sowie phonologische und morphosyntaktische Fähigkeiten;
Echolalien sowie ein situationsinadäquates Kommunikationsverhalten wurden beobachtet.
Diskussion: Die umfassenden Analysen zeigen, dass es frühe Anzeichen von atypischem Verhalten
gibt, die die Entwicklung des gesamten neuro-kognitiven Funktionsrepertoires betreffen. Diese
einzigartige Möglichkeit der Retrospektion eröffnet neue Erkenntnisse der funktionellen
Hirnentwicklung und zeigt, dass auch diese milde Rett Variante bereits in den ersten Lebensmonaten
Auffälligkeiten zeigt.
(FWF - P19581-B02; Lanyar Foundation (P325).
P011
Schwere generalisierte Neuropathie bei einem 18-jährigen Patienten mit hereditärer
sensomotorischer Neuropathie (HMSN) Typ 1 im Rahmen einer Behandlung mit Vincristin bei
akuter lymphatischer Leukämie
Johann to Settel E.1, Siegler N.2, Fleischhack G.2
1St. Mauritius Therapieklinik Meerbusch, Neuropädiatrie, Meerbusch, Germany,
2Universitätskinderklinik Bonn, Haematologie und Onkologie, Bonn, Germany
Wir berichten über den 18-jährigen männlichen Patienten mit einer hereditären sensomotorischen
Neuropathie HMSN Typ1. Bei positiver Familienanamnese war der Patient klinisch völlig
unbeeinträchtigt. Freies Gehen, Rennen und Springen war möglich. Die Diagnosestellung erfolgte,
nachdem der Patient im November 2007 an einer akuten lymphatischen Leukämie erkrankte. Im
Rahmen der Chemotherapie, unter anderem mit Vincristin, kam es bereits nach der 3. Gabe des
Zytostatikums zu einer dramatischen neurologischen Verschlechterung des Patienten mit Verlust der
Geh- und Stehfähigkeit, der beidseitigen Handfunktion und einem allgemeinen Kräfteverfall bis hin zur
vollständigen Bettlägerigkeit. Vincristin wurde daraufhin nach der 3. Gabe abgesetzt. Danach wurde
wegen des gehäuften Vorkommens der HSMN Typ1 in der Familie auch bei unserem Patienten die
entsprechende molekulargenetische Diagnostik durchgeführt und die Erkrankung nachgewiesen. Im
Rahmen der stationären Rehabilitationsbehandlung, die parallel zur onkologischen Weiterbehandlung
anberaumt wurde, wurde nicht nur die freie Gehfähigkeit bis zu einer Strecke von 1500m
wiedererlangt, sondern auch die feinmotorische und bimanuelle Geschicklichkeit sowie Inhandfunktion
und Graphomotorik signifikant verbessert, so dass der Patient bei Entlassung in den üblichen
Aktivitäten des täglichen Lebens selbständig war. Obwohl sich der Patient zwischenzeitlich einer
erneuten Chemotherapie-Blockbehandlung unterziehen musste und im Verlauf zunächst eine
Pneumonie und später eine Lungenaspergillose durchmachte, welche eine rechtsseitige Lobektomie
nach sich zog, kam es zu keiner Verschlechterung der motorischen Fähigkeiten.
Schlussfolgerung: Bei Patienten mit positiver Familienanamnese für eine hereditäre
sensomotorische Neuropathie sollte vor Chemotherapie mit Vincristin eine molekulargenetische
Untersuchung veranlasst werden.
P012
Akzessorische Mamille als wegweisendes Symptom bei der Diagnose eines Mowat-Wilson
Syndroms
Leiz S.1, Kraus C.2, Peters J.1, Daumer-Haas C.3
1Klinikum Dritter Orden, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, München, Germany,
2Humangenetisches Institut, Universitätsklinikum, Erlangen, Germany, 3Pränatal-Medizin München,
Humangenetik, München, Germany
Beim Mowat-Wilson Syndrom (MWS) handelt es sich um ein seltenes neurogenetisches Syndrom, das
auf Veränderungen im ZFHX1B (SIP1) Gen auf Chromosom 2q22-q23 beruht. Die klinischen
Merkmale des MWS sind: mäßige bis schwere geistige Behinderung, Epilepsie, typische faciale
Dysmorphiezeichen und variable Organfehlbildungen.
Wir berichten über einen 15 Jahre alten Jungen mit einem zuvor nicht klassifizierten RetardierungsEpilepsie-Dysmorphie Syndrom. Zusätzlich besteht bei dem Jungen ein Ventrikelseptumdefekt und
eine Hypospadie. In der klinischen Untersuchung fiel neben charakteristischen facialen
Dysmorphiezeichen wie große, nach oben gerichtete Ohrläppchen eine akzessorische rechte Mamille
auf. Die Eingabe von Retardierung, Epilepsie und akzessorische Mamille in die OMIM Database ergab
das MWS als einzige mögliche Diagnose.
Die molekulargenetische Untersuchung bestätigte die klinische Diagnose durch den Nachweis einer
bislang nicht beschriebenen heterozygoten Frameshift Mutation im Exon 8 des ZFHX1B Gens, die zu
einem vorzeitigen Stopcodon führt. Die Häufigkeit akzessorischer Mamillen beim MWS ist nicht
bekannt. Das Vorhandensein einer akzessorischen Mamille stellt jedoch ein wegweisendes Symptom
bei der klinischen Diagnose eines MWS innerhalb des breiten Spektrums der Retardierungs-EpilepsieDysmorphie Syndrome dar.
P013
Extremer Erregungszustand als führendes Symptom einer hemiplegischen Migräne mit
ATP1A2-Mutation
Haug V.1, Korinthenberg R.1, Omran H.1, Kirschner J.1
1Universitätskinderklinik Freiburg, Neuropädiatrie, Freiburg, Germany
Wir berichten von einem 14 jährigen Mädchen, welches nach initialer Übelkeit, einmaligem Erbrechen
und Schwächegefühl im rechten Arm durch einen stärksten erretischen Zustand aufgefallen war. Die
Vorgeschichte war hinsichtlich fieberhafter Infekte oder Drogenabusus unauffällig. Es waren zwei
Migräneanfälle mit Paresen der rechten Extremitäten aufgetreten, zuletzt 14 Tage vor Aufnahme. Der
Erregungszustand war so ausgeprägt, dass eine Sedierung mit Neurocil und Propofol auf der
Intensivstation nötig war. Der Untersuchungsbefund war abgesehen vom Erregungszustand bis auf
eine retrograde Amnesie neurologisch und intern-pädiatrisch unauffällig. Es bestanden keine
Kopfschmerzen. Das EEG, CT, MRT und MR-Angio des Schädels war unauffällig. Eine
infektiologische oder vaskulitische Ursache konnte ausgeschlossen werden. Die Anfälle traten noch
mehrmals auf und gingen dann mit starken Kopfschmerzen, Erregung und leichten Hemiplegien
einher. Nach frühzeitiger Medikation mit Sumatriptan verbesserten sich die Symptome rasch.
Aufgrund der Paresen erwogen wir im Verlauf differentialdiagnostisch eine hemiplegische Migräne.
Die genetische Untersuchung des ATP1A2 Gens ergab den Nachweis einer Punktmutation
(c.485T>C/pMEt162Thr).
Diskussion: Die konfusionelle Migräne ist eine seltene Migränevariante, die typischerweise bei
jüngeren Kindern auftritt. Die Diagnose ist meist nur nach Abklingen der Symptome im Verlauf
möglich. In dem hier vorgestellten Fall trat die Konfusion zusammen mit einer Hemiplegie auf. Als
Ursache für die hemiplegische Migräne wurden Ionentransporter Erkrankungen mit Mutationen in den
Genen CACNA 1A, SCNA1 und ATP1A2 identifiziert. Erregungszustände gelten nicht als typisch für
diese Erkrankung, können jedoch im Rahmen des Migräneanfalles auftreten und die Diagnose
zunächst erschweren.
Zusammenfassung: Erregungszustände können unterschiedlichsten Ätiologien entspringen. Neben
psychotischen Erkrankungen und hirnorganischen Veränderungen sollte bei positiver Anamnese und
Hemiparesen Sonderformen der Migräne in Erwägung gezogen werden.
P014
Hennekam-Syndrom mit ungewöhnlichen MRT-Veränderungen und symptomatischer Epilepsie
Makowski C.1, Hempel M.2, Steinborn M.3, Burdach S.1
1Kinderklinik
und Poliklinik der TU München, Kinderklinik Schwabing, StKM, Pädiatrie, München,
Germany, 2TU München, Institut für Humangenetik, München, Germany, 3Kinderklinik Schwabing,
StKM, Pädiatrische Radiologie, München, Germany
Wir beschreiben den Fall eines 10 Jahre alten arabischen Jungen mit bekanntem HennekamSyndrom, ein sehr seltenes, autosomal rezessiv vererbtes Syndrom, das durch Lymphödem,
Lymphangiektasien, Glaukom, Zahnanomalien, Schwerhörigkeit, typische faziale Dysmorphien und
Entwicklungsverzögerung gekennzeichnet ist. Die Eltern sind entfernt verwandt, eine Cousine
mütterlicherseits zeigt große Ähnlichkeit mit dem Jungen. Schwangerschaft und Geburt waren
unauffällig, die motorische Entwicklung regelrecht, die sprachliche nach logopädischer Behandlung
ebenfalls. Der Junge ist normintelligent und besucht die 5.Klasse einer Regelschule. Er hat die für das
Hennekam-Syndrom typischen fazialen Dysmorphien, daneben wurde schon früh eine intestinale
Lymphangiektasie manifest, die sich mit MCT-Diät gut beherrschen lässt. Er hat eine kongenitale
Gehörgangsatresie mit konsekutiver Schalleitungsschwerhörigkeit, was die
Sprachentwicklungsverzögerung erklärt. Er zeigt eine Zahnfehlstellung mit verzögerter Dention bei
vollständig angelegtem Gebiß, daneben eine Schädeldeformität. Epilepsiebeginn mit 10 Jahren mit
Absencen, tonischen, myoklonischen und bilateral tonisch-klonischen Anfällen, die EEGUntersuchungen waren im Wachen und im Schlaf unauffällig, im MRT zeigten sich deutliche bilaterale
bandförmige Heterotopien um die Seitenventrikel einschließlich der Temporalhörner. Während
diskrete MRT-Veränderungen bei Patienten mit Hennekam-Syndrom beobachtet wurden - vor allem
Zysten und Pachygyrien - und die in 33% der Patienten mit Hennekam-Syndrom vorkommenden
epileptischen Anfälle auch durch Hypomagnesiämien, Hypocalciämien oder gestörte
Liquorhomöostase erklärt wurden, sind solche massiven Heterotopien mit symptomatischer Epilepsie
bei diesem Syndrom bisher noch nicht beschrieben worden, sondern eher bei Syndromen aus dem
Lissenzephaliespektrum. Daher sollte bei Vorkommen dieser Heterotopien das Hennekam-Syndrom in
die Differentialdiagnostik einbezogen werden.
P015
Mikrodeletion 4p16.3 einschließlich der für das Wolf-Hirschhorn-Syndrom kritischen Region Ein Fallbericht
Brocke K.S.1, Hackmann K.2, Tinschert S.2, Prokop K.1, Ikonomidou C.1, Tyshchenko N.2
1Uniklinikum Carl Gustav Carus, Kinderklinik, Neuropädiatrie, Dresden, Germany, 2Institut für Klinische
Genetik, TU Dresden, Dresden, Germany
Einleitung: Das Wolf-Hirschhorn-Syndrom (WHS) wird durch Deletionen auf dem Chromosom 4 im
Bereich 4p16.3 verursacht, die Prävalenz liegt bei 1:5000. Das WHS ist charakterisiert durch pränatale
und postnatale Wachstumsretardierung, muskuläre Hypotonie, milde bis schwere mentale
Retardierung und bestimmte faziale Auffälligkeiten. Diese charakteristischen Gesichtsmerkmale sind
häufig in den ersten Lebensjahren noch nicht sehr ausgeprägt. Weitere variable klinische Zeichen
schließen Ernährungsprobleme, Krampfanfälle und andere kongenitale Fehlbildungen ein. Die
klinische Variabilität könnte durch unterschiedlich große Deletionen oder durch unbalanzierte
kryptische Neuanordnungen mit anderen Chromosomen erklärt werden.
Methodik und Patient: Wir stellen eine dreieinhalbjährige Patientein mit globaler
Entwicklungsverzögerung, prä- und postnataler Wachstumsretardierung, Fieberkrämpfen,
Ernährungsproblemen, Tränengangsstenose, Brachyzephalus und multiplen kleineren fazialen
Auffälligkeiten vor. Kernspintomographie des Gehirns sowie selektive Stoffwechseldiagnostik,
Chromosomenanalyse und molekulargenetische Tests bezüglich des Rett- und des Prader-WilliSyndroms zeigten keine Auffälligkeiten. Daraufhin führten wir eine Array-CGH (comparative genome
hybridization)-Analyse als genomweite Suche nach Mikrodeletionen und Mikroduplikationen durch.
Ergebnis: Eine Mikrodeletion von 3,49 Mb in der Chromosomenbande 4p16.3 wurde detektiert und
durch Fluoreszens-in-situ-Hybridisierung bestätigt. Diese Mikrodeletion beinhaltet die für das WHS
kritische Region.
Zusammenfassung: Wir möchten mit diesem Fallbericht das WHS als eine mögliche Ursache
globaler Entwicklungsverzögerung vorstellen. Das WHS sollte vom klinisch tätigen Neuropädiater oder
Kinderarzt bei einem Patienten ohne sichtbare Chromosomenauffälligkeiten differentialdiagnostisch
berücksichtigt werden.
P016
CDKL5 - Mutation bei neonatal beginnender Epilepsie
Panzer A.1, Deuschle K.1, Schell - Apacik C.2, Burfeind P.3, Esser N.1, v. Moers A.1
1DRK Kliniken Westend, Neuropädiatrie, Klinik für Kinder - und Jugendmedizin, Berlin, Germany,
2Praxis für Humangenetik an den DRK Kliniken Westend, Berlin, Germany, 3Institut für Humangenetik
der Universität Göttingen, Göttingen, Germany
Einleitung: Die Diagnostik neonataler Krampfanfälle konzentriert sich zunächst auf den Ausschluss
akuter Ursachen wie Ischämien, cerebraler Blutungen / Fehlbildungen, Infektionen und
Stoffwechselstörungen. Bleibt diese Basisdiagnostik ohne Ergebnis, müssen auch zerebrale
Fehlfunktionen im Rahmen komplexer Syndrome in Betracht gezogen werden.
Kasuistik: Wir berichten über ein 11 Monate altes Mädchen, das mit generalisierten tonisch klonischen Krampfanfällen auffiel, retrospektiv ab dem 2. Lebenstag. Es handelt sich um das erste
Kind nicht - konsanguiner Eltern, unauffällige Familienanamnese. Die Schwangerschaft und Geburt
waren unauffällig. Die Diagnostik bezüglich Stoffwechselerkrankungen und Bildgebung ergaben
keinen pathologischen Befund. Das EEG war initial normal, im Verlauf zeigte sich eine
Reifungsverzögerung. Es entwickelte sich eine therapieresistente Epilepsie mit bis zu 60 Anfällen pro
Monat, mit nur kurzen Phasen der Anfallsfreiheit unter VPA und Brom. Es bestanden diskrete
morphologische Stigmata: Plagiocephalie, spärliches Kopfhaar und schmales Oberlippenrot. Auffällig
waren zudem neonatale Muskelhypotonie, Handstereotypien ab dem 4. Lebensmonat, mikrocephale
Entwicklung ab dem 5. Lebensmonat und psychomotorische Retardierung.
Ergebnis: In der molekulargenetischen Untersuchung fand sich heterozygot die Mutation c.119C>T
(p.A40V) im CDKL5 - Gen als Ursache der Entwicklungsverzögerung / Auffälligkeiten des Kindes.
Schlussfolgerung: In der fortgesetzten Differentialdiagnostik neonatal beginnender Anfallsleiden
weisen das normale interiktale EEG, Muskelhypotonie bei Retardierung und mikrozephaler
Entwicklung sowie Handstereotypien auf ein atypisches Rett - Syndrom hin. Eine gezielte Diagnostik
des CDKL5 - Gens brachte in diesem Fall die Aufklärung.
P017
Begrenztes Ansprechen der Vagusnervstimulatortherapie bei Zwillingen mit Double Cortex
Syndrom
Munk I.1, Merkel H.-J.1, König S.1
1Familienpraxis Oggersheim, Neuropädiatrie, Ludwigshafen, Germany
Wir berichten über mittlerweile 16 Jahre alte Zwillingsschwestern mit bekannten Double Cortex
Syndrom bei Mutation des DCX Gen auf Exon 7. Klassische Symptome sind schwere geistige und
motorische Retardierung, Epilepsien unterschiedlichen Schweregrades und Muskelhypotonien. Die
Schwestern leiden unter primär generalisierten kleinen (Absencen, myoklonische und myoklonischastatische Anfälle) und großen tonisch-klonischen Anfällen. Außerdem kommt es zusätzlich
regelmäßig zu komplex fokalen Anfällen. Während bei einer der Schwestern die Grand mal Anfälle im
Vordergrund stehen, kommt es bei der anderen v.a. zu Absencen und Sturzanfällen. Das
pathologische EEG zeigt eine Allgemeinveränderung im Sinner einer nicht altersentsprechenden
Grundaktivität und generalisierte hypersynchrone Aktivität in Form von zahlreichen Paroxysmen
irregulärer spike wave Aktivität bis maximal 6 bzw. 25 Sekunden Dauer.
Bei therapierefraktärer Epilepsie wurde bei den Zwillingsschwestern 2007 ein Vagusnervstimulator
implantiert. Bei beiden ließ sich bereits in der 2. postoperativen Woche erkennen, dass die
Bedarfsstimulation bei beginnenden Grand mal Anfällen die Ereignisse unterbrechen kann. Die
Frequenz der kleinen Anfälle konnte dadurch nicht beeinflusst werden. Der unmittelbare Effekt war
dann im Verlauf bei einer Schwester rückläufig, so dass eine Erhöhung der Stromstärke erforderlich
wurde. Dennoch ließen sich im weiteren die Anfälle durch die zusätzlichen Stimulationen nicht mehr
immer unterbrechen. Zu erwähnen ist, dass die Bedarfsstimulation bei beiden unmittelbar nach Beginn
des Krampfanfalls durchgeführt werden muss, um eine Unterbrechung desselben zu erzielen.
Erfreulicherweise berichten die Schwestern nach VNS Implantation über eine Verbesserung des
Allgemeinbefindens.
Aktuell erhalten die Mädchen eine zweifach antikonvulsive Therapie mit Phenobarbital und Topiramat
bzw. mit Oxcarbazepin und Stiripentol. VNS Parameter: time on 30 Sekunden, time off 5 Minuten,
output current 1,25 mVolt, magnet current 1,5 mVolt.
P018
Hemiplegische Migräne mit Kleinhirnatrophie: Ein zweiter pädiatrischer Fallbericht
Zeiner F.1, Lütjen S.1, Holthausen H.1, Staudt M.1
1Behandlungszentrum Vogtareuth, Klinik für Neuropädiatrie und Neurologische Rehabilitation,
Epilepsiezentrum für Kinder und Jugendliche, Vogtareuth, Germany
Einleitung: 50% der Patienten mit Familiärer Hemiplegischer Migräne (FHM) und 100% der Patienten
mit FHM und Kleinhirnatrophie weisen Mutationen im CACNA1A Gen auf. Mutationen in diesem Gen,
das für einen Kalziumkanal kodiert, wurden auch für die Episodische Ataxie Typ 2 (EA 2) und die
Spino-Cerebelläre Ataxie Typ 6 (SCA 6) beschrieben, was auf eine genetische Verwandtschaft dieser
drei Erkrankungen hinweist. Wir berichten über die zweite Beobachtung der Kombination von
hemiplegischer Migräne und Kleinhirnatrophie im Kindesalter.
Fallbericht: Ein 14jähriger ehemals frühgeborener (32. SSW) Bub wurde uns nach seinem vierten
Migräneanfall mit mehrwöchiger rechtsseitiger Hemiparese, Aphasie und kognitiven Defiziten zur
Rehabilitation überwiesen. Im MRT sah man initial eine kortikale Schwellung der gesamten linken
Hemisphäre, die sich nach einigen Wochen normalisiert hatte. Daneben zeigte sich eine wurm-betonte
zerebelläre Atrophie ohne eindeutige Progredienz im Verlauf von 8 Jahren. Seit dem zweiten
Lebensjahr traten pro Jahr 2 - 3 rechts- wie linksseitige hemiplegische Episoden auf, die meist nur
wenige Stunden andauerten, oft ausgelöst durch leichte Kontusionen. Im Alter von 6, 8 und 11 Jahren
kam es zu Attacken mit protrahierter Hemiplegie über Wochen. Motorische Meilensteine wurden
verzögert erreicht (Gehen mit 20 Monaten), möglicherweise als Ausdruck einer zerebellären
Dysfunktion; aktuell besteht eine Gang- und Standataxie mit Rumpfhypotonie. Ein Tremor oder
Augenmotilitätsstörungen wurden nie beobachtet. Seine Mutter und die Schwester der Mutter leiden
unter einer Migräne ohne Hemiplegie. Genetische Untersuchungen stehen bislang aus.
Diskussion: Bisher wurde nur ein Fall mit dieser Kombination im Kindesalter beschrieben - ein
Mädchen mit mentaler Retardierung und einer Missense Mutation im CACNA1A Gen. Wir beschreiben
ein zweites Kind mit nur leicht verzögerter motorischer und normaler kognitiver Entwicklung.
Hemiplegische Migräne mit Kleinhirnatrophie kann sich demnach auch im Kindesalter manifestieren,
mit und ohne mentale Retardierung.
P019
Intrakranielle Verkalkungen bei einem Neugeborenen - Nicht immer eine konnatale Infektion
von Stülpnagel C.1, Gehrmann A.1, Roos R.2
1Kinderklinik München-Harlaching, Abteilung für Neuropädiatrie, München, Germany, 2Kinderklinik
München-Harlaching, München, Germany
Hintergrund: Vorstellung eines dystrophen reifen Neugeborenen mit Mikrozephalie und
intrazerebralen Verkalkungen bds. in den Basalganglien
Methodik:
Patient: Geburt nach Risiko-Schwangerschaft in der 36+6 SSW bei V. a. Plazentainsuffizienz und
grünem Fruchtwasser. APGAR 5/7/9, NS-pH 7,21; GG 1890g (< 3. Perc); KL 48 cm (37. Perc.), KU
29,5 cm (< 3. Perc). Neurologischer Status: hypotoner Muskeltonus, Mikrozephalie, V. a. zentrale
Schluckstörung Labor: Thrombozytopenie (88,0 /nl, minimal 55,0/nl); metabolische Azidose; restliche
Werte für Blutbild, Leber- und Nierenwerte, CRP und Elektrolyte unauffällig. Serologie für CMV,
Toxoplasmose, Röteln und Herpesviren negativ (TORCH Screening). Sonographie des Schädels:
intrazerebrale Verkalkungen in den Basalganglien bds. Weitere Diagnostik: normaler männlicher
Chromosomensatz; unauffälliges Stoffwechselscreening. Augenarzt: unauffällig, kein Anhalt für
Retinitis. OAE: nicht auslösbar. FA: älterer Bruder im Alter von 14 Tagen an Klebsiellensepsis
verstorben, Eltern und 2 jährige Schwester gesund.
Ergebnisse: Es wurde die Verdachtsdiagnose einer intrauterinen Infektion trotz negativem TORCHScreening gestellt (vereinbar mit Thrombozytopenie, bei Ausschluss einer Alloimunthrombopenie). Im
weiteren Verlauf zeigte der kleine Patient eine therapieschwierige Epilepsie, dystone Bewegungen,
eine Gedeihstörung, Schlafstörungen, eine retrocochleäre Taubheit und einen Nystagmus bei
Blindheit. Im Rahmen der intensivierten Diagnostik konnte mittels der genetischen Untersuchung die
Diagnose eines Aicardi-Goutières-Syndrom Typ 3 (Punktmutation im RNASEH2C-Gen (homozygot))
gestellt werden.
Schlussfolgerung: Trotz der Seltenheit dieses Syndroms sollte bei intrazerebralen Verkalkungen und
negativer TORCH-Serologie an das Aicardi-Goutières-Syndrom gedacht werden und mittels
genetischer Untersuchung diese autosomal rezessive Erkrankung ausgeschlossen werden.
Danksagung: Dr. A. Zimmermann /Geburtshilfliche Abteilung Klinikum Rechts der Isar, München
sowie Dr. Lee-Kirsch/Dreseden für die genetische Untersuchung.
P020
Die Multiple Epiphysäre Dysplasie als Differentialdiagnose zur L-Dopa-responsiven Dystonie
Opladen T.1, Moog U.2, Hoffmann G.F.1
1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin Heidelberg, Heidelberg, Germany, 2Institut für
Humangenetik, Heidelberg, Germany
Fragestellung: Die L-Dopa-responsive-Dystonie (DRD) ist eine autosomal-dominant vererbte
Bewegungsstörung, die durch heterogene, altersgebundene Symptome (Gangunsicherheit,
progressive Dystonie, Parkinsonsymptomatik) mit tageszeitlicher Schwankung charakterisiert ist. Die
Diagnosesicherung der DRD ist schwierig, Differentialdiagnosen vielfältig. Wir zeigen anhand eines
klinischen Falls die Bedeutung der Multiple Epiphysäre Dysplasie als Differentialdiagnose zur L-Doparesponsiven Dystonie.
Falldarstellung: Wir beschreiben einen ansonsten klinisch unauffälligen 4-jährigen Jungen mit
breitbasigem, teils hinkenden, teils schmerzhaftem, belastungsabhängigen Gangbild seit dem
Kleinkindalter. Die orthopädische und radiologische Abklärung zu diesem Zeitpunkt ergab einen
Normalbefund. Im Alter von 3 Jahren wurde nach auffälliger Neurotransmitteruntersuchung der
Verdacht auf eine DRD gestellt. Eine Therapie mit L-Dopa (bis 3mg/kg/d) wurde begonnen. Trotz
klinischer Besserung konnte kein langfristiger Therapieerfolg erreicht werden. Durch die Bestimmung
der GTPCH Enzymaktivität, die einen Normwert ergab, konnte eine DRD schließlich ausgeschlossen
werden. Die erneute klinische und radiologische Evaluation ergab den Verdacht auf eine Multiple
Epiphysäre Dysplasie (MED). Die Diagnose konnte durch eine Mutation im COMP-Gen
molekulargenetisch bestätigt werden.
Schlussfolgerung: Bewegungsstörungen, insbesondere Gangauffälligkeiten sind im Kindesalter
häufig. Die Multiple Epiphysäre Dysplasie ist eine der häufigsten Skelettdysplasien. Bei
schmerzhaften, belastungsabhängigen Störungen des Gangbildes vor allem in Kombination mit einem
Kleinwuchs sollte die MED als Differentialdiagnose mit bedacht werden.
P021
Polyneuropathie und Hepatopathie als infantile Manifestation eines POLG1-Gen-Defekts
Alber M.1, Bevot A.1, Stötter M.1, Horvath R.2, Krägeloh-Mann I.1
1Universitätsklinikum Tübingen, Klinik für Kinder-und Jugendmedizin, Abteilung III, Neuropädiatrie,
Tübingen, Germany, 2Medizinisch Genetisches Zentrum München, München, Germany
Hintergrund: Mutationen des mitochondrialen POLG1-Gen (Polymerase gamma 1) führen zu
verminderter Replikation und Reparatur der mtDNA. Klinisch können altersabhängig verschiedene
Krankheitsbilder resultieren.
Ergebnis: Dargestellt wird der Krankheitsverlauf eines 2 jährigen Mädchens konsanguiner Eltern mit
nachgewiesener Polymerase-gamma1 Mutation. Ab dem 6. Lebensmonat kam es bei dem Kind zu
einer Gedeihstörung. Im Weiteren zeigte sich eine Muskelschwäche und motorische Retardierung.
Bereits bei Erstvorstellung im Alter von 8 Monaten ließen sich erhöhte Leberwerte nachweisen.
Weiterführenden Stoffwechseluntersuchungen sowie cerebrale Bildgebung mittels MRT erbrachten
unauffällige Befunde. Elektrophysiologisch ergab sich das Bild einer schweren demyelinisierenden
sensomotorischen Neuropathie. Im Liquor zeigte sich eine deutliche Eiweißerhöhung sowie ein
grenzwertig erhöhtes Laktat. Die Nervbiopsie ergab eine verzögerte Myelinisierung und Zeichen eines
Myelinabbaus.
Zunächst relativ stabiler klinischer Verlauf mit regelrechter sprachlicher und kognitiver Entwicklung. Im
Alter von 2½ Jahren kam es dann zu einer akuten hypoglykämischen Entgleisung im Rahmen einer
Gastroenteritis. Im weiteren Verlauf innerhalb weniger Wochen rasch zunehmende Leberinsuffizienz,
Enteropathie und Laktazidose mit Exitus letalis. Die Messung der Atmungskettenenzyme im Muskel
zeigte einen kombinierten Atmungskettendefekt von Komplex I und IV. Molekulargenetisch ließ sich
die bisher nicht beschriebene homozygote missense Mutation c.2292C>A, p.764S>R in Exon 14
nachweisen. Beide Eltern sind heterozygot.
Schlussfolgerung: POLG1-Gen Mutationen verursachen im Kindesalter neben dem klassischen
Alpers-Syndrom auch weitere progressive Multi-System Manifestationen. Diese sind häufig
Gedeihstörung, Enteropathien, Hepatopathien, motorische Retardierung, muskuläre Hypotonie und
verschiedene Epilepsien. Bei entsprechender Kombination von Symptomen sollte an eine
molekulargenetische Untersuchung des POLG1-Gens gedacht werden.
P022
Eine neue ACTA- 1 Mutation bei einem Kind mit Nemaliner Myopathie und reduzierter Aktivität
der sauren Alpha-Glukosidase
Schwartz O.1, Denecke J.2, Fiedler B.1, Keyvani K.3, Kress W.4, Kurlemann G.1
1Universitätskinderklinik, Neuropädiatrie, Münster, Germany, 2Universitätskinderklinik, Neuropädiatrie,
Rostock, Germany, 3Institut für Neuropathologie, Münster, Germany, 4Institut für Humangenetik,
Würzburg, Germany
Die initiale Vorstellung eines männlichen Säuglings erfolgte im Alter von vier Monaten mit den
Symptomen eines übermäßigen Gewichtsverlustes aufgrund einer Trinkschwäche, muskulärer
Hypotonie und reduzierten Spontanbewegungen. Ein Prader- Willi- Syndrom, Organo- und
Aminoazidopathien sowie Störungen des Fettsäuremetabolismus konnten ausgeschlossen werden. In
isolierten Lymphozyten und in Fibroblasten wurde eine deutlich reduzierte Aktivität der sauren AlphaGlukosidase gefunden, die bei 10- 15% der Aktivität gesunder Kontrollpersonen lag. Das AlphaGlukosidase- Gen auf 17q25.2-q25.3 wurde sowohl auf Tranksriptionsebene als auch exonisch mit
angrenzenden Intronsequenzen ohne Nachweis einer kausalen Mutation analysiert.
Eine Muskelbiopsie des M. vastus lateralis ergab keinen immunhistochemischen Anhalt für eine
Dystrophinopathie, die Gomortrichromfärbung blieb unauffällig. Elektronenmikroskopisch konnten
Stäbchenkörper (rod bodies) und Z- Bandströme nachgewiesen werden, so dass bei dem Patienten
eine Nemaline Myopathie diagnostiziert wurde. Die Analyse des ACTA- 1- Gens auf 1q42.1 zeigte im
Exon 7 eine heterozygote Mutation c.1076T>C (p.Ile357Thr), die bei keinem der Elternteile gefunden
werden konnte. Diese Mutation ist bis jetzt in der Literatur nicht beschrieben, an identischer
Lokalisation wurde bei einem Patienten mit autosomal- dominanter Nemaliner Myopathie der
Austausch p.Ile357Leu gefunden.
Es sind 59 verschiedene Mutationen im ACTA- 1- Gen bei Patienten mit Stäbchenkörper- Myopathie
identifiziert worden. Eine kausale Therapie steht nicht zur Verfügung.
Unter oraler L- Tyrosin- Supplementierung zeigt unser Patient eine Verbesserung motorischer
Fähigkeiten.
P023
Wernicke Enzephalopathie im Kindesalter
Tacke U.1, Gerecke A.2, Uhl M.3, Korinthenberg R.1
1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Neuropädiatrie, Freiburg, Germany, 2Zentrum für Kinderund Jugendmedizin, Hämatologie und Onkologie, Freiburg, Germany, 3Radiologische
Universitätsklinik, Diagnostische Radiologie, Freiburg, Germany
Einführung: Vitamine katalysieren als Cofaktoren lebenswichtige Prozesse im
Intermediärstoffwechsel. Bei Mangelzuständen, die exogen und/oder endogen-genetisch bedingt sein
können kommt es zu hämatologischen und neurologischen Symptomen, die unerkannt zum Tode
führen können.
Patient: Ein 8-jähriger Jungen mit Williams Beuren Syndrom und Z.n. KMT bei Burkitt Lymphom
entwickelte eine rasch progrediente Ataxie, Sprachstörung, Photophobie, externe Ophthalmoplegie
und Bewusstseinsminderung. Im cMRT zeigten sich progrediente bilaterale Thalamusödeme und
Veränderungen der Corpora amygdala, die radiologisch als Wernicke Enzephalopathie gedeutet
wurden. Unter Thiaminsubstitution besserte sich die Symptomatik innerhalb weniger Tage
eindrucksvoll.
Zusammenfassung und Schlussfolgerung : Die Wernicke Enzephalopathie beruht auf einem
Thiaminmangel, der in den Industrienationen selten auftritt. Er ist als eine mögliche Folge von
Fehlernährung bei Alkoholkranken oder AIDS-Patienten bekannt und im Kindesalter vermutlich
unterdiagnostiziert. Als Risikogruppen gelten fehlernährte Säuglinge und Kinder mit schweren
Ernährungsstörungen wie z.B. onkologischen Patienten unter Chemotherapie. Die Behandlung mit
Thiamin ist lebensnotwendig und führt zu einer raschen Besserung der neurologischen Symptomatik.
P 024
Screeningverfahren zur Analyse der pyridoxinabhängigen Epilepsie (PDE) mittels Tandem
Massen Spectrometrie (HPLC-MS/MS)
Korall H.1
1Zentrum für Stoffwechseldiagnostik Reutlingen GmbH, Metabolic Unit Reutlingen, Reutlingen,
Germany
Einführung: Die pyridoxinabhängige Epilepsie (PDE; MIM: 266100) ist eine seltene, autosomal
rezessiv vererbte, angeborene Stoffwechselerkrankung. Bislang sind mehr als 120 Fälle in der
Literatur beschrieben. Die Krampfanfälle werden durch einen sekundären Vitamin B6 Mangel schon in
der Neugeborenenperiode ausgelöst. Die Krampfanfälle sind Folge einer reduzierten 2-AminoAdipinsäure-Semialdehyd Dehydrogenase-Aktivität (2-AASA, Allysin). Hierbei ist der Lysinabbauweg
gestört. Neben Krampfanfällen, mentaler Retardierung treten in einigen Fällen auch eine
Mikrocephalie und eine gestörte Gehirnentwicklung auf.
Methode: Mittels HPLC und Tandem Massen Spektrometrie entwickelten wir eine neue Methode zur
quantitativen Bestimmung der Pipecolinsäure, von 2-AASA und Lysin im Urin, Plasma und Liquor. Die
einzelnen Bestandteile wurden über eine Mischung aus Wasser (70%), Methanol (30%) und 0,05%
Trifluoressigsäure eluiert. Nach der Butylierung wird das Eluat mittels eines Applied Biosystems
Tandem Massen Spektrometers API 3000 analysiert. Die Analyte werden hierbei über ein Turbo Ion
Spray ionisiert und im Multiple Reaction Modus (MRM) nachgewiesen.
Ergebnisse: Die untere Nachweisgrenze lag sowohl für die Pipecolinsäure und als auch das 2-AASA
bei jeweils bei 1 µmol/L. Patienten, die auf eine Vitamin B6 Gabe ansprachen, zeigten erhöhte 2AASA Konzentrationen in allen Körperflüssigkeiten. Dies ist der direkte Beweis für pyridoxinabhängige
Krampfanfälle. Ergänzend zu diesen Ergebnissen wurden erhöhte Pipecolinsäurewerte ebenfalls in
allen Körperflüssigkeiten gefunden (allerdings nicht bei allen Patienten). Die Ausscheidung von 2AASA scheint damit ein verlässlicherer Parameter für die Diagnose und das Therapiemonitoring
pyridoxinabhängiger Krampfanfälle zu sein. Fallbeispiele werden gezeigt.
Diskussion: Die vorliegende Methode bietet eine nicht-invasive, schnelle und verlässliche Möglichkeit
für die Diagnose und das Therapiemonitoring der PDE. Hierbei ist die Probenaufbereitung einfach. Die
Ergebnisse liegen noch am Tag des Probeneingangs im Labor vor.
P025
Manifestation und Diagnose der NPC-Erkrankung in Deutschland
Mengel E.1, Koch S.2, Das A.3, Ebinger F.4, Hartung R.1, Korenke C.5, Marquardt T.6, Rutsch F.6,
Tsiakas K.7, Harzer K.8
1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin JGU Mainz, Villa Metabolica, Mainz, Germany, 2SPZ
Neukölln, Berlin, Germany, 3Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin MHH Hannover, Hannover,
Germany, 4Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin Heidelberg, Heidelberg, Germany, 5Kinderklinik
Städtisches Klinikum Oldenburg, Oldenburg, Germany, 6Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin
Münster, Münster, Germany, 7Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin UKE Hamburg, Hamburg,
Germany, 8Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin Tübingen, Tübingen, Germany
Fehl- und Spätdiagnosen sind bei Morbus Niemann-Pick Typ C aufgrund schwieriger
Diagnoseverfahren und uneinheitlicher Symptomatik nicht selten. Ziel dieser Erhebung mehrerer
neuropädiatrischer und metabolischer Arbeitsgruppen ist es, Daten zur NPC-Manifestation zu
erlangen, um Risikopatienten einem ein selektiven Screening mit der Chitotriosidase-Bestimmung und
nachfolgender spezifischer Diagnostik zuzuführen.
Zwischen 2003 und 2008 wurden insgesamt 28 Patienten im Alter von 0 - 38 Jahren mit NPC
diagnostiziert. Neben der infantilen Manifestation im ersten Lebensjahr wurden häufig zur Diagnose
führende Manifestationen im Vorschulalter und in der Pubertät (13/14 Jahre) beobachtet. 27 Patienten
hatten erhöhte Chitotriosidase-Aktivitäten von 119 - 1726 nmol/ml/h; Median 538 nmol/ml/h.
Normbereich 20 - 80 nmol/ml/h. Bei einem Patienten war keine Aktivität nachweißbar. 4 Patienten
wurden dem infantilen, 5 dem spätinfantilen,17 dem juvenilen und 2 dem adulten Verlaufstyp
zugeordnet. Bei 50 % der Patienten wurden viszerale Leitbefunde verzeichnet, während
neurologische Erstsymptome bei 27 % beobachtet wurden. Geschwisterdiagnosen wurden in 23%
Fälle gestellt. Bei Kindern mit infantiler oder spätinfantiler Verlaufsformen zeigte sich 3-9 Monate nach
der viszeralen Manifestation eine defizitäre motorische Entwicklung. Bei Patienten mit juvenilem
Verlaufstyp traten vertikale Blickfolgestörung (3x), epileptischer Anfall (2x), Kataplexie (1x),
Gangstörung (5x) und schulischer Leistungsabfall (5x) als erste neurologische Symptome auf.
Patienten mit Splenomegalie werden bereits mit der Chitotriosidase-Bestimmung untersucht, um
Hinweise auf einen Morbus Gaucher oder die Gruppe der Niemann-Pick-Erkrankungen zu bekommen.
Die Suchmethode mit der Chitotriosidase sollte auch bei Patienten mit ätiologisch nicht eingeordneten
neurologischen Auffälligkeiten wie vertikaler Blickfolgestörung, zunehmenden epileptischen Anfällen,
Kataplexie, progredienter Gangstörungen und ausgeprägtem schulischem Leistungsabfall in
Differentialdiagnostik einbezogen werden.
P026
Zentralnervöse und spinale Veränderungen trotz Enzymersatztherapie beim M. Scheie
Illsinger S.1, Lücke T.1, Hartmann H.1, Donnerstag F.2, Das A.M.1
1Medizinische Hochschule Hannover, Abteilung für Pädiatrische Nieren-, Leber- und
Stoffwechselerkrankungen, Hannover, Germany, 2Medizinische Hochschule Hannover, Institut für
Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie, Hannover, Germany
Einleitung: Als Therapieoption bei der MPS I (M. Hurler-Scheie) steht die Enzymersatztherapie (ERT)
mit rekomb. L-Iduronidase zur Verfügung. Sie beeinflusst die kardio- respiratorische Kapazität als
auch Organomegalie positiv. Das intravenös verabreichte Enzym kann jedoch zum einen die BlutHirnschranke nicht passieren; zum anderen wird der Metabolismus von bradytrophem Bindegewebe
kaum beeinflusst. Beim schwer verlaufenden M. Hurler stellt die Knochenmark-Transplantation (KMT)
daher aktuell die Therapie der Wahl dar. Beim milderen M. Scheie ist die ERT zumindest eine
Behandlungsmöglichkeit. Es liegen nur wenige Ergebnisse zu Langzeit- Verläufen bei Patienten mit M.
Scheie unter ERT vor. Wir präsentieren den Verlauf bei einer erwachsenen Patientin mit M. Scheie
unter ERT über 6 Jahre.
Methodik: Wir berichten über eine 37 jährige Frau mit M. Scheie unter ERT mit Laronidase, 100 IU/kg
i.v. pro Woche seit 6 Jahren. Während sich die nicht- neurologischen Beschwerden bis auf die
Hornhauttrübung unter ERT deutlich besserten, traten zuletzt Kribbelparästhesien an Händen und
Füßen sowie Schmerzen in den Beinen auf. SEP’s (N. tibialis) zeigten eine gestörte Funktion der
Hinterstränge im Bereich des Lemniscus med. Im WS-MRT fand sich eine Spinalkanaleinengung in
Höhe HWK 1/2 durch eine ventrale durale Verdickung, bei HWK 2/3 zusätzlich auch von dorsal.
Intramedullär war auf Höhe HWK1/2 ein hyperintenses Signal, vereinbar mit cervikaler Myelopathie,
nachweisbar. In der cMRT zeigten sich winzige zystoide Läsionen im frontalen Marklager mit Bezug
zum Balken; im cMRT 4 Jahre vor ERT stellten sich lediglich periventrikulär als auch im Hirnstamm
punktierte Marklagerläsionen dar. Die Patientin profitierte klinisch von einer dorsalen Dekompression
des Myelons.
Schlussfolgerung: Bei einer Frau mit M. Scheie zeigen wir, dass es zum Progress zentralnervöser
und spinaler Veränderungen unter intravenöser ERT kommen kann. Inwieweit die ZNSVeränderungen klinisch relevant sind, bleibt abzuwarten. Ob eine KMT in der Kindheit die
Veränderungen verhindert hätte, ist unklar.
P027
Homocystein als wichtiger diagnostischer Marker von Remethylierungsdefekten - Ein
Fallbericht
Brunner-Krainz M.1, Achatz E.2, Wendelin G.3, Erwa W.4, Fowler B.5, Plecko B.6
1Uni-Med Graz, Graz, Austria, 2LKH Klagenfurt, Heilpädagogische Abteilung, Klagenfurt, Austria,
3Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, PICU, Graz, Austria, 4Univ.-Klinik für Kinder- und
Jugendheilkunde, Institut für Klinische und Chemische Labordiagnostik, Graz, Austria,
5Universitätskinderspital, Basel, Basel, Switzerland, 6Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde,
Graz, Austria
Einleitung: Bei unklaren neurologischen Erkrankungen steht eine Palette an biochemischen
Untersuchungen zur Verfügung. Homocystein wird in der Abklärung nur selten als
Screeningparameter herangezogen und wird auch im Tandem-MS Neugeborenenscreening nicht
erfasst. Durch die Stellung von Homocystein im Intermediärstoffwechesel kann eine
Hyperhomocysteinämie jedoch als Marker einer Vielzahl angeborener Enzymdefekte im MethioninFolsäure- sowie Vitamin B12 Stoffwechsel dienen. Die Krankheitsbilder sind in Abhängigkeit des
jeweiligen Enzymdefektes sehr variabel und reichen von der klass. Homocystinurie über
Cobalaminsynthesedefekte bis zu den Remethylierungsdefekten.
Fallbericht: 2. Kind gesunder, verwandter, österreichischer Eltern. Gegen Ende des 1. Lebensjahres
fiel ein ataktisches Gangbild auf. Ein cMRT war unauffällig. Im 3. LJ kam es im Rahmen eines banalen
Infekts zu einer subakuten neurologischen Verschlechterung mit Gehunfähigkeit und Muskelschwäche
mit respiratorischer Erschöpfung und Intubation. Im cMRT zeigten sich eine Hirnatrophie sowie eine
nicht rezente Sinusvenenthrombose, das Myelon unauffällig. Im Blutbild zeigte sich eine Panzytopenie
mit ausgeprägter makrozytärer Anämie. Der Folsäure- und Vitamin B12 Spiegel im Serum lag im
Normbereich, die Methylmalonsäure im Harn war negativ. Die Messung des Plasmahomocysteins
erbrachte eine massive Erhöhung auf 188µmol/l. Plasmamethionin war auf 3 µmol/l erniedrigt. Unter
Therapie mit Hydroxycobalamin 1mg/d i.v., peroraler Zufuhr von Folsäure (10mg/d) und Betain
(200mg/kg/d) kam es zu einer raschen Normalisierung der Laborwerte und klinisch Besserung. Die
freie Gehfähigkeit hat das Kind allerdings 6 Wochen nach Therapiebeginn nicht wiedererlangt.
Schlussfolgerung: Aufgrund der klinischen und laborchemischen Befundkonstellation besteht bei
unserem Patienten ein Remethylierungdefekt im Sinne eines Cobalamin E/G Mangels. Der endgültige
Befund aus Fibroblasten steht aus. Trotz der potentiell guten Therapierbarkeit droht bei
Diagnoseverzögerung eine irreversible Myelodegeneration und mentale Retardierung.
P028
Behandlung des gastro-ösophagealen Refluxes durch Gastrostomie und Fundoplicatio bei
Patienten mit infantiler Verlaufsform eines Morbus Pompe
Hahn A.1, Neubauer B.1, Hecker A.2, Hirschburger M.2, Motz R.3, Haase C.4, Marquardt T.5
1Universitätskinderklinik, Neuropädiatrie, Gießen, Germany, 2Universitätsklinik, Chirurgie, Gießen,
Germany, 3Kinderklinik, Kardiologie, Oldenburg, Germany, 4Universitätskinderklinik,
Stoffwechselsprechstunde, Jena, Germany, 5Universitätskinderklinik, Neurometabolische
Erkrankungen, Münster, Germany
Bei Patienten mit infantiler Verlaufsform eines M. Pompe führt die praktisch vollständig fehlende
Aktivität des lysosomalen Enzyms Alpha-1,4-Glukosidase nahezu ausnahmslos zum Tod noch im
ersten Lebensjahr. Durch eine Enzymersatztherapie (EET) kann eine Rückbildung der hypertrophen
Kardiomyopathie, eine Verbesserung der Muskelkraft und eine deutliche Verlängerung der
Überlebenszeit erreicht werden, doch bleibt das Risiko von Aspirationen aufgrund eines gastroösophagealen Refluxes (GÖR) weiterhin bestehen. Wir berichten über fünf Kinder, bei denen es trotz
initialem Ansprechen auf die EET durch einen GÖR zu einer massiven Verschlechterung des
klinischen Status gekommen ist. Bei einem Kind kam es zu mehreren Aspirationen im Alter von 5-8
Monaten. Es erfolgte lediglich eine Gastrostomie, was weitere Aspirationsereignisse nicht verhindern
konnte. Der Junge verstarb mit 10 Monaten. Bei drei weiteren Kindern kam es zu schweren
Aspirationen durch einen GÖR, die dann eine Gastrostomie und Fundoplicatio erforderlich machten.
Bei zwei der Patienten war der im Rahmen dieser Episoden eingetretene Verlust erworbener
motorischer Fähigkeiten irreversibel. Beide verstarben kurze Zeit später. Ein Kind erholte sich
langsam und ist im Alter von jetzt 53 Monaten in einem stabilen Zustand. Bei einer weiteren Patientin
machten Symptome eines ausgeprägten GÖR im Alter von 17 Monaten eine Fundoplicatio
erforderlich. Bei diesem Kind traten keine Aspirationsereignisse auf, doch verstarb es im Alter von 37
Monaten wahrscheinlich aufgrund eines Herzstillstandes. Diese Beobachtungen belegen eindrücklich
die große Gefahr, die ein GÖR für Kinder mit infantiler Verlaufsform eines M. Pompe unter EET
darstellt, und zeigen, dass betroffene Patienten von einer rechtzeitig durchgeführten Fundoplicatio und
Gastrostomie profitieren können.
P029
GM1 Gangliosidose und M. Morquio Typ B: Expression von Missense Mutationen des
katalytischen Zentrums der sauren ß-Galaktosidase
Hofer D.1, Paul K.1, Fantur K.1, Beck M.2, Ledvinova J.3, Michelakakis H.4, Plecko B.5, Paschke E.1
1Univ.-Klinik für Kinder und Jugendheilkunde, Stoffwechsellabor, Graz, Austria, 2Kinderklinik der
Universität Mainz, Arbeitsgruppe für Lysosomale Erkrankungen, Mainz, Germany, 3Karls-Universität
Prag, 1. Medizinische Fakultät, Institut für Angeborene Stofwechselerkrankungen, Prag, Czech
Republic, 4Institute of Child Health, Agia Sophia Children's Hospital, Division of Enzymology and
Cellular Function, Athens, Greece, 5Univ.-Klinik für Kinder und Jugendheilkunde, Ambulanz für
Neuropädiatrie, Graz, Austria
Änderungen im Strukturgen der sauren ß-D-Galaktosidase (ß-Gal) können entweder eine
neurodegenerative Erkrankung, GM1 gangliosidosis (GM1), oder Morbus Morquio Typ B (MBD) mit
typischer Dysostose multiplex ohne Beteiligung des Zentralnervensystems verursachen. Während die
Patienten mit MDB meist eine Mutation im katalytischen Zentrum, p.W273L, tragen, können nur
wenige der 100 bekannten GM1-Allele einem spezifischen Phänotyp zugeordnet werden. Bei
Genotypisierung von 25 Patienten mit GM1 oder MBD waren 13 der 16 neu definierten Allele
Missense-Mutationen. Alle Missense-Allele produzierten normale Mengen an Enzymvorstufen bei
Expression in COS-1 Zellen mit einer Aktivität von <10% des Wildtyps, mit Ausnahme des bekannten
Allels p.R201H (36%) und zweier neuer Allele, p.D198Y und p.P397A (17,4 bzw. 24,0%). Mit Hilfe von
Antikörpern gegen ß-Gal und kultivierten Hautfibroblsten von homozygoten GM1-Patienten konnten
wir zeigen, dass die exprimierten Enzymvorstufen entweder gleichförmig über den Zellkörper also
endosomal-lysosomal verteilt oder in der perinukleären Region konzentriert und somit RER-assoziiert
waren. Verschiedene Mutationen in direkter Nähe der katalytischen Domäne (p.E268, p.W273,
p.D332) wurden gefunden, darunter, p.Y270D, ein neues „häufiges“ GM1-Allel (14% aller GLB1-Allele
dieser Arbeit). Dieses war mit infantiler GM1 assoziiert, exprimierte keine Aktivität in COS-1 Zellen und
war im RER nachzuweisen. p.Y333H, gefunden bei homozygoter spät-infantiler GM1, exprimierte 3%
der Wildtyp-Aktivität in COS-1 Zellen und wurde im lysosomal-endosomalen Kompartiment gefunden.
Ein anderer Fall, heterozygot für p.Y333H und p.R201H, zeigte juvenilen Verlauf mit
psychomotorischer Retardierung. p.R201H das auch bei einem homozygoten, als MBD klassifizierten
Fall gefunden wurde, produziert Enzymvorstufen, die perinucleär lokalisiert sind. Der Phänotyp von
heterozygoten p.R201H-Carriern könnte daher eher von den schwach aktiven, aber korrekt
transportierten p.Y333H-, als von den enzymatisch aktiven, aber falsch lokalisierten p.R201HVorstufen bestimmt werden.
P030
Plötzlicher Herztod bei Glutaracidurie Typ II - Ein Fallbericht
Albrecht U.1, Sergi C.2, Steichen-Gersdorf E.1, Gotwald T.3, Kotzot D.4, Vianey-Saban C.5, Haberlandt
E.1, Karall D.1, Scholl-Bürgi S.1
1Medizinische Universität Innsbruck, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Klinische
Abteilung für Neonatologie, Neuropädiatrie, Entwicklungsneurologie und angeborene
Stoffwechselstörungen, Innsbruck, Austria, 2Medizinische Universität Innsbruck, Institut für Pathologie,
Innsbruck, Austria, 3Medizinische Universität Innsbruck, Universitätsklinik für Radiologie II, Innsbruck,
Austria, 4Medizinische Universität Innsbruck, Sektion für Klinische Genetik, Innsbruck, Austria,
5Hopitale Debrousse, Laboratoire de Biochimie Pediatrique, Lyon, France
Einleitung: Die autosomal rezessiv vererbte Glutaracidurie Typ II bzw. Multiple Acyl-CoA
Dehydrogenase Defizienz (MADD) wird durch einen Defekt des Elektronen Transfer Flavoproteins
(ETF) oder der ETF-Ubiquinon-Oxidoreduktase (= ETF-QO) verursacht und führt zu Störungen des
Fettsäure-, Aminosäure- und Cholin-Stoffwechsels. Bei den neonatalen Verlaufsformen gibt es eine
Variante ohne kongenitale Anomalien mit früher metabolische Entgleisung und im Verlauf Entwicklung
einer progressiven Kardiomyopathie.
Fallbericht: Unsere Patientin wurde von konsanguinen Eltern nach 39 SSW aufgrund von fetalem
Distress und HELLP-Syndrom per Sectio geboren. Am 3. Lebenstag war eine Hypoglykämie (Glucose
14 mg/dl) und metabolischer Azidose nachweisbar, klinisch Lethargie und Muskelhypotonie.
Die Bestimmung der organischen Säuren im Urin zeigte unter anderem eine erhöhte Ausscheidung
von Glutarsäure, Ethylmalonsäure und eine Dicarbonazidurie. In der Abdomensonographie fand sich
eine erhöhte Leberechogenität und unauffällige Nieren. Ein EKG war unauffällig, eine
Echokardiographie (2. LM) ergab keinen Hinweis auf eine Kardiomyopathie. Im zerebralen MRI (5.
LM) zeigte sich eine bilaterale Temporallappenhypoplasie. In der MRS war ein Laktat-Peak
nachweisbar. Die Enzymdiagnostik aus Fibroblasten zeigte eine reduzierte Aktivität der ETF-QO, die
molekulargenetische Sequenzanalyse des ETF-DH-Gens eine homozygote Punktmutation.
Die Patientin erhielt eine Protein- und Fett-definierte Diät, D-,L-3-Hydroxybutyrat, L-Carnitin, Riboflavin
und Natriumbicarbonat. Mit 7. LM verstarb die Patientin an plötzlichem Herzversagen. Autoptisch fand
sich eine vakuolige, fettige Degeneration in der Leber, im Myokardseptum und im Gehirn.
Zusammenfassung: Wir berichten hier über eine neonatale Verlaufsform einer Glutaracidurie Typ II,
der Variante ohne kongenitale Anomalien. Bei früher Diagnosestellung und früh eingeleiteter
Therapien kam es zwar zu keiner weiteren metabolischen Entgleisung, jedoch zum plötzlichen
Herzversagen, möglicherweise durch Alteration des Herzreizleitungssystems.
P031
Rückstau des lysosomalen CLN5 Proteins im endoplasmatischen Retikulum als Ursache
neuronaler Ceroid-Lipofuszinose in Patienten asiatischer Abstammung
Lebrun A.-H.1, Storch S.1, Kyttällä A.2, Mole S.E.3, Kohlschütter A.1, Kruse B.1, Ullrich K.1, Braulke T.1,
Schulz A.1
1Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Kinderklinik, Hamburg, Germany, 2Institute for Molecular
Medicine Finland, Helsinki, Finland, 3University College London, MRC Laboratory for Molecular Cell
Biology, London, United Kingdom
Die neuronalen Ceroid-Lipofuszinosen (NCL) sind eine Gruppe auosomal rezessiv erblicher
neurodegenerativer Erkrankungen des Kindes- und Jugendalters. In dieser Studie wurden erstmals
Patienten asiatischer Herkunft mit der CLN5-Form diagnostiziert: In einer pakistanischen Familie
waren zwei Kinder mit früh-juveniler NCL homozygot für eine neue Mutation im CLN5-Gen, c.10721073delTT (p.Leu358AlafsX4). In einer afghanischen Familie waren zwei Kinder mit Symptomen einer
spätinfantilen NCL homozygot für eine weitere neue Mutation im CLN5-Gen, c.1137G>T
(p.Trp379Cys). Expressionsanalysen zeigten, dass das mutierte p.Leu358AlafsX4 CLN5-Protein
trunkiert ist und eine N-Glykosylierungsstelle am Asn401 fehlt. Die Missense-Mutation p.Trp379Cys
veränderte weder Größe noch Glykosylierung des CLN5-Proteins. Doppel-ImmunofluoreszenzMikroskopie zeigte, dass beide mutierten CLN5-Proteine im endoplasmatischen Retikulum verbleiben,
während das Wildtyp CLN5-Protein im Lysosom lokalisiert ist.
P032
Hydrocephalus als ein seltenes Symptom bei einem Patienten mit Multipler Sulfatase Defizienz
Schlotawa L.1, Huppke P.1, Ludwig H.C.2, Steinfeld R.1, Klepper J.3, Gärtner J.1
1Zentrum Kinderheilkunde Universität Göttingen, Pädiatrie II, Neuropädiatrie, Göttingen, Germany,
2Universität Göttingen, Neurochirurgie, Göttingen, Germany, 3Klinikum Aschaffenburg, Kinderklinik,
Aschaffenburg, Germany
Multiple Sulfatase Defizienz (MSD) ist eine seltene angeborene autosomal rezessiv vererbte
Stoffwechselerkrankung. MSD wird durch Mutationen im Sulfatase- modifying- factor 1 (sumf1) -Gen
verursacht, welches für das Formylglycine-generating enzyme (FGE) codiert. FGE aktiviert
posttranslational sämtliche neu synthetisierte Sulfatasen, eine beeinträchtigte FGE Funktion führt zur
Expression von inaktiven Sulfatasen oder Sulfatasen mit verminderter Aktivität. Eine reduzierte
Sulfataseaktivität ist u.a. Ursache verschiedener lysosomaler Speichererkrankungen. Aus diesem
Grund stellen die klinischen Symptome bei der Multiplen Sulfatase Defizienz eine Kombination aus
Symptomen einzelner Sulfatasedefizienzen dar, u.a. Neurodegeneration und neurologische
Symptome wie bei Metachromatischer Leukodystrophie, dysmorphe Stigmata und
Hepatosplenomegalie, die Mukopolysaccharidosen ähneln, und Hautveränderungen wie bei Xchromosomaler Ichthyose. Klinisch können neonatale von spätinfantilen und juvenilen Verlaufsformen
der MSD unterschieden werden. Wir stellen den Fall eines sechs Monate alten Jungen mit
Entwicklungsretardierung, dezenten dysmorphen Stigmata, Hepatosplenomegalie und Ichthyose vor.
Ein cMRT zeigte einen Hydrocephalus internus und externus, der Kopfumfang war normal. Zunächst
erhielt der Patient eine Ventrikulostomie, im Verlauf war bei progredientem Kopfwachstum die Anlage
eines ventrikuloperitonealen Shunts notwendig. Diagnostik zum Nachweis einer lysosomalen
Stoffwechselerkrankung zeigte reduzierte Aktivitäten mehrerer Sulfatasen in Lymphozyten und
Fibroblasten des Patienten. Eine molekulargenetische Untersuchung ergab den Befund einer
homozygoten Mutation im sumf1- Gen. Die Kombintion aus Hydrozephalus und dysmorphen Stigmata
einer lysosomalen Stoffwechselerkrankung ist für Mukopolysaccharidosen bekannt. Multiple Sulfatase
Defizienz sollte darüberhinaus ebenfalls als wichtige Differentialdiagnose in Betracht gezogen werden.
P033
Kleinkind mit enzymsubstituiertem M. Pompe: Bei fast normaler motorischer Entwicklung
deutliche sprachliche und kognitive Entwicklungsbeeinträchtigung
Klein A.1, Rohrbach M.2, Scheer I.3, Balmer C.4, Baumgartner M.2, Boltshauser E.5
1Universitätskinderspital Zürich, Neuropädiatrie, Zürich, Switzerland, 2Universitätskinderspital Zürich,
Stoffwechsel, Zürich, Switzerland, 3Universitätskinderspital Zürich, Bilddiagnostik, Zürich, Switzerland,
4Universitätskinderspital Zürich, Kardiologie, Zürich, Switzerland, 5Universitätskinderspital Zürich,
Zürich, Switzerland
Fragestellung: Verlauf eines zweieinhalb jährigen Mädchens mit M. Pompe unter früh begonnener
Enzymersatztherapie.
Methode: Fallbericht.
Ergebnisse: 1. Kind gesunder, konsanguiner Eltern türkischer Abstammung. Unauffällige
Schwangerschaft und Geburt. Diagnose eines infantilen M. Pompe im Alter von 6 Wochen auf Grund
einer hypertrophen Kardiomyopathie (linksventrikuläre Masse (LMV)104 g/m2) und leichter axialer,
proximaler und fazialer Muskelschwäche mit praktisch fehlender Aktivität der Alpha-Glucosidase im
Leukozyten Homogenat. Nachweis einer homozygoten Mutation im -1-4-glucosidase Gens
(c1157insA). Beginn der Enzymersatztherapie im Alter von 8 Wochen mit Myozyme@ 20 mg/kg alle 2
Wochen. Im ersten Jahr unter Therapie Reduktion der LMV um >50%, gute motorische Entwicklung
bis auf leichte axiale und faziale Muskelschwäche, fehlende respiratorische Auffälligkeiten in der
Polysomnographie, hingegen sprachliche Entwicklungsverzögerung und Diagnose einer nicht
sprachrelevanten sensorineuralen Schwerhörigkeit. Im cranialen MRI im Alter von18 Monaten T2
hyperintense Signalalteration der tiefen weissen Substanz mit Aussparung der U Fasern. Im weiteren
Verlauf zunehmende Verhaltensauffälligkeiten mit sehr kurzer Aufmerksamkeitsspanne und kognitive
Beeinträchtigung mit praktisch fehlender Sprachentwicklung bei fast altersgerechter motorischer
Entwicklung und normaler Muskelkraft bis auf die axiale und faziale Muskulatur.
Schlussfolgerungen: Nach früh begonnener Enzymersatztherapie zeigt sich ein sehr erfreuliches
Ansprechen der Skelettmuskulatur und der kardialen Symptomatik im Verlauf treten aber zentrale
Symptome mit Auffälligkeiten der tiefen weissen Substanz, kognitiven-, sprachlichen und
Verhaltensproblemen in den Vordergrund. Regelmässige Entwicklungskontrollen inklusive
Gehörprüfung sind notwendig um die otoneurologischen Mitbeteiligungen bei infantilem M. Pompe
frühzeitig mit der nötigen Förderung angehen zu können. Für eine genauere Beurteilung der
kognitiven Langzeitprognose ist eine gute Dokumentation weiterer früh therapierter Patienten
erforderlich.
P034
Schwere dilatative Kardiomyopathie bei Mucopolysacharidose Typ 1 (Hurler-Typ)
Eichholz S.1, Lorenz N.1, Kreuder J.2, Logeswaran T.2, Schranz D.2, Kabus M.1
1Städt. Krankenhaus Dresden-Neustadt, Zentrum f. Kinder- und Jugendmedizin, Dresden, Germany,
2Kinderherzzentrum der Universität Giessen, Giessen, Germany
Einleitung: Eine dilatative Kardiomyopathie ist selten der wegweisende Befund bei Säuglingen mit
Mucopolysacharidose Typ 1.
Falldarstellung: Wir berichten über einen 8 Monate alten Säugling, der mit zunehmender
Verschlechterung des Allgemeinzustandes mit Dys- und Tachypnoe vorgestellt wurde. In der initial
durchgeführten Echokardiographie zeigte sich eine schwere dilatative Kardiomyopathie (Left
ventricular enddiastolic dimension LVEDd 43mm, fractional shortening FS 14%, aortic velocity time
integral av-VTI 5-6 cm). Unter antikongestiver Therapie besserten sich im Gegensatz zum wenig
veränderten echokardiographischen Befund die klinische Herzinsuffizienz und der Algemeinzustand
rasch.
Retrospektiv wurde eine schlechtere Belastbarkeit seit dem 4. Lebensmonat und eine verzögerte
statomotorische Entwicklung im 5. Monat mit Verlust von Fähigkeiten ab dem 7. Monat beschrieben.
Etwas auffällig war die Facies des Kindes.
Zum Zeitpunkt der Verlegung in das Kinderherzzentrum zur diagnostischen Erweiterung und
Therapieplanung sowie einer eventuellen Herztransplantation lagen die Stoffwechselbefunde noch
nicht vor.
In der erweiterten Stoffwechseldiagnostik zeigte sich eine pathologische Erhöhung der
Glykosaminoglykane im Urin. Der Nachweis einer pathologisch erniedrigten Aktivität der alpha-LIduronidase in Leukozyten war dann beweisend für eine Mucopolysacharidose Typ I. Eine
Enzymersatztherapie mit Laronidase wurde eingeleitet. Eine Blutstammzelltransplantation (HSCT)
wird zum frühestmöglichen Zeitpunkt empfohlen und ist beim Kind nach kardialer Stabilisierung
geplant.
Schlussfolgerungen: Bei jeder DCM sollte eine metabolische Erkrankung ausgeschlossen werden.
Als Ursache der seltenen dilatativen Kardiomyopathie als Symptom der MPS 1 (Hurler-Typ) wird die
endotheliale Einlagerung von Glykosaminoglykanen in den kleinen Arterien der koronaren Strombahn
gesehen.
P035
Klinischer Verlauf zweier Geschwister mit Metachromatischer Leukodystrophie (MLD) mit und
ohne Stammzelltransplantation (SCT)
Kehrer C.1, Opherk K.2, Müller I.2, Wilke M.1, Krägeloh-Mann I.1
1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Tübingen, Abt. Neuropädiatrie, Entwicklungsneurologie,
Sozialpädiatrie, Tübingen, Germany, 2Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Tübingen, Abt. Allgemeine
Pädiatrie, Hämatologie/Onkologie, Tübingen, Germany
Eingreifende Therapien verlangen den Nachweis von Effektivität, z.B. durch den Vergleich mit dem
natürlichen Krankheitsverlauf. Eine Geschwistererkrankung mit gleichförmiger Erstsymptomatik im
selben Alter gibt diese Möglichkeit. Wir berichten über zwei Schwestern mit juveniler MLD, von denen
die ältere nach zunächst unauffälliger Entwicklung mit 5 Jahren (J.) erste grobmotorische
Unsicherheiten entwickelte. Mit 6 J. zeigte sich eine Gangstörung, eine Schwäche sowie
feinmotorische Probleme. Die Diagnose einer MLD wurde mit 8 J. gestellt. Es kam zu einem
nachfolgend raschen Verlust der motorischen Funktion (Gehverlust mit 10 J.,Verlust des Sitzens und
Greifens mit knapp 11 J., Verlust der Kopfkontrolle mit 11 J.), sowie der aktiven Sprache. Die 6 Jahre
jüngere Schwester wurde im Alter von 2 J. in klinisch völlig unauffälligem Zustand diagnostiziert. Auch
sie entwickelte mit 4 9/12 J. grobmotorische Unsicherheiten sowie Schwäche in den Beinen. Im Alter
von knapp 5 J. wurde eine Stammzelltransplantation (SCT) durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt
bestanden kernspintomografisch bereits leukodystrophe Veränderungen sowie eine Verminderung der
Nervenleitgeschwindigkeit (NLG). MRI-Veränderungen wurden mittels des modifizierten Loes-Scores
dokumentiert und zeigten nach SCT einen stabilen Verlauf, ebenso die NLG. Nach SCT waren die
ASA-Spiegel im Peripherblut normwertig, die Sulfatidausscheidung im Urin persistierte. Die kognitive
Entwicklung wurde anhand standardisierter Tests (K-ABC) und der Schulzeugnisse dokumentiert.
Heute (12 J.) nimmt das Mädchen am Sportunterricht teil und besucht die Realschule. Die motorische
Funktion wurde mittels eines grobmotorischen Scores (modifizierter GMFCS) beschrieben und ist seit
der SCT stabil, während sich bei der nicht transplantierten Schwester eine rapide Verschlechterung
zeigte. SCT bei klinisch unauffälligem Stadium oder mit nur milder Symptomatik scheint eine
therapeutische Option bei juveniler MLD zu sein.
P036
Beginn einer Cu2+-Histidintherapie im Kleinkindalter - Therapieoption bei mildem Verlauf eines
Menkes-Syndroms
Böhmer S.1, Vester U.2, Schweiger B.3, Schaper J.4, Schara U.1
1Universitätskinderklinik Essen, Neuropädiatrie, Entwicklungsneurologie und Sozialmedizin, Essen,
Germany, 2Universitätskinderklinik Essen, Nephrologie, Essen, Germany, 3Universitätsklinik Essen,
Radiologie, Essen, Germany, 4Universitätsklinik Düsseldorf, Radiologie, Düsseldorf, Germany
Hintergrund: Das Menkes-Syndrom ist eine seltene, X-chromosomal-rezessiv vererbte Erkrankung
des Cu2+-Stoffwechsels. Mutationen im ATPA7-Gen führen zu Cu2+-Fehlverteilung mit erniedrigten
Konzentrationen in Serum, Gehirn und Leber. Klinisch imponiert eine Kombination neurologischer
Symptome mit Haar-, Knochen-, und Bindegewebsveränderungen. Der Phänotyp variiert von der
schweren neonatalen Form bis zu milderen Varianten. Eine kausale Therapie existiert nicht.
Symptomatisch besteht neben individuellen Fördermaßnahmen die Option der subkutanen Cu2+Histidingabe. Diese ist seit den 70er Jahren bekannt. Durch Bindung an ein Cu2+-Transportprotein
wird die Blut-Hirn-Schranke passiert. Es liegen kontroverse Fallberichte über die Wirkung auf das
neurologische Outcome und den Stütz- und Bewegungsapparat vor.
Fallbericht: Bei einem tiefgreifend entwicklungsgestörten, muskulär hypotonen Jungen wird im 3.
Lebensjahr die Diagnose Menkes-Syndrom molekulargenetisch gesichert. Er weist typische
Symptome (farblose Pili torti, Gefäßelongationen/-konvolute, Blasendivertikel, hyperlaxe Gelenke,
Rumpfataxie) auf. Zur Familienanamnese: Gesunde, nicht-konsanguine Eltern; eine gesunde
Schwester; ein im 10. Lebensmonat ach Gefäßruptur verstorbener Bruder; intrauteriner Fruchttod
eines männlichen Fetus. Eingebunden in mulitmodale Förderung erhält der Junge seit dem 3.
Lebensjahr Kupferhistidin subkutan in einer Dosis von 1mg/ Tag. Nach 18 Therapiemonaten
konstatieren wir Entwicklungsfortschritte im kognitiven und motorischen Bereich bei guter
Verträglichkeit. Beobachtete Nebenwirkungen sind dünne Stühle und ein wundes Gesäß sowie
erhöhte fraktionelle Exkretionen lithogener Elemente im Urin.
Schlussfolgerung: Bei Behandlungsbeginn in der Neonatalzeit werden derzeit positive Effekte von
Cu2+-Histidin bei Menkes-Patienten berichtet. Unsere Kasuistik demonstriert die positive Wirkung auf
die geistige und motorische Entwicklung eines betroffenen Kleinkindes und unterstreicht die
Möglichkeit des späteren Behandlungsbeginns bei milder Symptomatik.
P037
Fallbereicht: Rasch progrediente, schwere Enzephalopathie durch nutritiven Vitamin B-12
Mangel infolge einer unentdeckten mütterlichen perniziösen Anämie
von Rhein M.1, Habermehl P.2, Mengel E.3, Knuf M.1
1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Neuropädiatrie, Mainz, Germany, 2Kinderärztliche
Gemeinschaftspraxis Neue Mainzer Strasse, Mainz, Germany, 3Zentrum für Kinder- und
Jugendmedizin, Villa Metabolica, Arbeitsgruppe für lysosomale Speichererkrankungen, Mainz,
Germany
Tierische Produkte (Fleisch und Milchprodukte) bieten die einzige Quelle des Vitamins B12
(Cobalamin) für den Menschen. Als Kofaktor hat es wichtige Funktionen bei der DNA-Synthese,
besonders bei teilungsaktiven Zellreihen wie denen der Hematopoese. B12-Mangel verursacht eine
charakteristische makrozytäre Anämie, die auch von neurologischen Befunden wie einer peripheren
Neuropathie oder zentralen Demyelinisierung begleitet sein, die bei Erwachsenen allgemein bekannt
ist. Bei Kindern ist ein B12-Mangel selten, kommt aber bei vollgestillten Kindern veganer Mütter vor.
Wir stellen den Fall eines 7 Monate alten Mädchens vor, die uns mit einer akuten Enzephalopathie,
Krampfanfällen und makrozytärer Anämie vorgestellt wurde. Das MRT zeigte eine generalisierte
Atrophie, die MR-Spektoskropie eine Laktaterhöhung und eine Erniedrigung von Cholinmetaboliten als
Ausdruck eines gestörten zerebralen oxidativen Energiestoffwechsels und einer Hypomyelinisierung.
Der B12-Mangel der vollgestillten Patientin war durch die subklinische perniziöse Anämie ihrer Mutter
verursacht worden, die bis dahin unbekannt war. Die Substitutionsbehandlung des Kindes unterbrach
innerhalb kürzester Zeit die Anfälle und führte zu erheblichen Verbesserungen von AZ, Vigilanz,
Muskeltonus und psychomotorischen Befunden.
Schlussfolgerung: Vitamin B12-Mangel kann bei Säuglingen zu dramatischen neurologischen
Beeinträchtigungen mit der Klinik einer akuten Enzephalopathie und einer Hirnatrophie führen. Eine
perniziöse Anämie der Mutter kann neben anderen mütterlichen Erkrankungen auch lange nach der
Neonatalperiode zu ernsthaften Erkrankungen der Kinder führen. Da das Manifestationsalter der
Symptome und eine lange Dauer neurologische Langzeitschäden nach sich ziehen können, ist eine
frühe Diagnose und Therapie für diese Kinder von entscheidender Bedeutung.
P038
Entwicklung einer Epilepsie bei Vitamin B12-Mangel und dessen Substitution im Säuglingsund Kleinkindsalter
Fiedler B.J.1, Schwartz O.1, Abels C.1, Kurlemann G.1
1Universitätskinderklinik Münster, Neuropädiatrie, Münster, Germany
Ein Vitamin B12-Mangel bei Säuglingen und Kleinkindern ist in Mitteleuropa selten. Er führt zu
Gedeihstörungen, psychomotorischer Retardierung, Mikrozephalie und Apathie.
Wir berichten von zwei Kindern, die im Rahmen eines Vitamin B12-Mangels neben den oben
beschriebenen Symptomen auch eine Epilepsie entwickelt haben, dies allerdings erst unter der
eingeleiteten Substitutionstherapie.
Ein 5 Monate altes Mädchen wurde mit der Verdachtsdiagnose einer Enzephalopathie vorstellig. Die
Diagnose des Vitamin B12-Mangels wurde über eine deutlich erhöhte Ausscheidung von
Methylmalonsäure sowie ein erhöhtes Homocystein im Serum gestellt. Ursache war eine atrophische
Gastritis der Mutter bei voll gestilltem Kind. Die Patientin entwickelte innerhalb der ersten 4 Wochen
nach Diagnosestellung unter Vitamin B12-Substitution das Vollbild einer Hypsarrhythmie im EEG.
Unter Vigabatrin konnte das EEG saniert werden, das Mädchen hat sich auch nach Absetzen der
antikonvulsiven Therapie normal entwickelt.
Ein 14,5 Monate alter psychomotorisch retardierter Junge wurde im Rahmen einer Pneumonie
aufgrund einer megaloblastären Anämie diagnostiziert. Das Zufüttern hatte er nahezu komplett
verweigert und wurde daher noch voll gestillt. Die Mutter ernährte sich vegan. Der Patient entwickelte
unter intravenöser Substitution von Cyanocobalamin ab dem 5. Tag einen Tremor und Myoklonien. Im
EEG zeigte sich ein bifrontaler Status epilepticus. Unter repetitiven Clonazepamgaben sowie einer
Dauertherapie mit Phenobarbital und Oxcarbazepin konnte das EEG saniert werden. Nach Absetzen
der Antikonvulsiva ist das EEG anhaltend saniert, der Patient aber weiterhin leicht
entwicklungsverzögert.
Bei Gedeih- und Entwicklungsstörungen sollte an das Vorliegen eines Vitamin B12-Mangels gedacht
werden. Epilepsien unter Vitamin B12-Mangel werden beschrieben, sind aber nicht das führende
Symptom. In unseren Fällen muss auch der Zusammenhang zwischen der Substitutionstherapie und
der Epilepsieentwicklung diskutiert werden, was für das Behandlungsmanagement eines Vitamin B12Mangels nicht unerheblich scheint.
P039
Neurozystizerkose bei einem 10-jährigen Jungen in Deutschland
Haas-Lude K.1, Alber M.1, Lettau M.2, Krägeloh-Mann I.1
1Klinik für Kinder -und Jugendmedizin Universität Tübingen, Neuropädiatrie, Tübingen, Germany,
2Radiologische
Klinik Universität Tübingen, Diagnostik und Interventionelle Neuroradiologie, Tübingen,
Germany
Einleitung: In Entwicklungsländern stellt die Neurozystizerkose als häufigste Parasitose ein großes
Problem dar. Sie ist dort eine der häufigsten Ursachen für einen erworbenen Hydrozephalus sowie die
Hauptursache von im Erwachsenenalter beginnenden Epilepsien.
Die Neurozystizerkose wird durch das Larvenstadium des Schweinebandwurmes (Taenia solium)
verursacht.
In Mitteleuropa sind nur sporadische Fälle beschrieben.
Kasuistik: Wir berichten über den ungewöhnlichen Fall einer Neurozystizerkose bei einem 10 Jahre
alten Jungen in Deutschland.
Er stellte sich wegen Kopfschmerzen und Schwindelgefühl beim Hausarzt vor.
Ein Schädel-CT zeigte eine Raumforderung frontal links. Bei Verdacht auf einen Hirntumor wurde der
Junge zur OP-Planung in unserer Klinik vorgestellt. Hier wurde der Vedacht auf eine
Neurozystizerkose geäußert, was sich durch CT und durch MRT-Verlaufsuntersuchungen bestätigte
(MRT: Solitäre Läsion im Marklager mit Umgebungsödem und mit zentralem punktförmigen KMEnhancement, im Verlauf größenregredient. CT: Nachweis multipler kleiner Verkalkungen). Ein
laborchemischer Nachweis im Liquor und Serum war nicht möglich. Andere Differentialdiagnosen wie
Toxoplasmose und Echinokokkose konnten ausgeschlossen werden. Eine medikamentöse
Behandlung mit Antihelmintika war im Verlauf bei asymptomatischem Patienten und solitärer Läsion
nicht indiziert.
Die Befundbesserung in der Bildgebung ohne Therapie unterstützt den Verdacht auf eine
Neurozystizerkose.
Der Kreislauf der Infektion, Behandlungsoptionen und Differentialdiagnosen werden dargestellt. Die
cerebrale Bildgebung im Verlauf wird demonstriert.
P040
Ungewöhnliche Manifestationen einer Neuroborreliose im Kindesalter
Baumann M.1, Birnbacher R.2, Koch J.3, Strobl R.4, Rostasy K.1
1Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Neuropädiatrie, Innsbruck, Austria, 2LKH,
Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Villach, Austria, 3Universitätsklinik für Kinder- und
Jugendheilkunde, Salzburg, Austria, 4Bezirkskrankenhaus, Pädiatrie, Lienz, Austria
Hintergrund: Die Lyme-Borreliose ist eine durch Zecken übertragene Infektion mit Spirochaeten, die
die Haut, Gelenke, das Herz und das Nervensystem betreffen kann. Kinder mit einer Neuroborreliose
präsentieren sich hauptsächlich mit einer Fazialisparese oder einer aseptischen Meningitis, aber das
Spektrum enthält auch seltene und ungewöhnliche Manifestationen.
Ziele: Präsentation von vier ungewöhnlichen Fällen einer Neuroborreliose im Kindesalter.
Ergebnisse: Cerebrale Anfälle mit regionaler leptomeningealer Kontrastmittelanreicherung, akute
transverse Myelitis, Meningoradikulitis mit Schmerz und Parästhesien, und andere
Hirnnervenlähmungen als eine Fazialisparese können die Leitsymptome bei Kindern mit einer
Neuroborreliose sein. Alle Kinder hatten serologische Befunde einer akuten Infektion mit Borrelia
burgdorferi, eine Liquorpleozytose und zeigten ein vollständiges Ansprechen auf eine antibiotische
Therapie.
Schlussfolgerungen: Die diagnostische Abklärung bei Kindern mit ungewöhnlichen neurologischen
Symptomen sollte Liquoruntersuchungen mit Bestimmung der Zellzahl und Berechnung des
Antikörper-Index für Antikörper gegen Borrelia burgdorferi mit einschliessen.
P041
Bannwarth Syndrom - Eine seltene aber wichtige Manifestation der Neuroborreliose im
Kindesalter
Bigi S.1, Aebi C.2, Steinlin M.1
1University Children`s Hospital, Neuropaediatrics, Inselspital Bern, Switzerland, 2University Children`s
Hospital, Infectiology, Bern, Switzerland
Hintergrund: Das Bannwarth Syndrom ist die häufigste Manifestation der Neuroborreliose im
Erwachsenenalter, im Kindesalter mit 3.6% aller Neuroborreliosefälle aber eher selten. In den meisten
Fällen ist die Prognose der motorischen Radikulopathie aufgrund einer Neuroborreliose gut, adäquate
Antibiotikatherapie beschleunigt die Erholung.
Methode: Wir stellen 2 Kinder (Klinik, Diagnostik und Verlauf) mit einem Bannwarth Syndrom vor.
Ergebnis: 9 Jahre altes, bisher gesundes Mädchen präsentiert sich mit seit 2 Wochen bestehenden
Kopfschmerzen und Schmerzen in der rechten Schulter. In der klinischen Untersuchung zeigt sich
eine motorische Radikulopathie mit bilateraler Areflexie der Bicepsreflexe und asymmetrischer
Muskelschwäche der Schulterelevation und Ellbogenflexion. 4 Monate zuvor Zeckenbiss in der linken
Schulter ohne Erythema migrans, aber mit passageren Schmerzen. 6 Jahre alter Knabe präsentiert
sich mit einer asymmetrischen motorischen Radikulopathie der unteren Extremitäten mit bilateraler
Areflexie der Patellar- und Achillesreflexe sowie Muskelschwäche und Gehschwierigkeiten. Einige
Tage später zusätzliche Areflexie und Muskelschwäche des rechten Armes. Kein Zeckenbiss
erinnerlich. In der Diagnostik beider Kinder findet sich eine Liquorpleozytose von184 (181
Mononukleäre) bzw.193 (190) Zellen/µl, erhöhtes Protein bei beiden und diskret verminderte Glucose
beim Mädchen. Intrathekale Produktion von Borrelien Antikörpern wurde bei beiden nachgewiesen.
Nach14-tägiger i.v. Therapie mit Ceftriaxon bzw. Meropenem (allergische Reaktion auf Ceftriaxon
beim Knaben) komplette Regredienz der klinischen Befunde innert 4 Wochen bei beiden.
Schlussfolgerungen: Das Bannwarth Syndrom ist eine seltene aber wichtige Manifestation der
Neuroborreliose im Kindesalter mit den klinischen Zeichen einer motorischen Radikulopathie der
oberen und/oder unteren Extremitäten. Die Neuroborreliose sollte gesucht und mittels intrathekaler
Antikörperproduktion nachgewiesen werden. Die Prognose ist hervorragend, durch eine adäquate
Therapie kann die Heilungszeit beeinflusst werden.
P042
Citrobacter koseri Meningitis - Eine seltene und schwere Erkrankung im Neugeborenenalter.
Ein Fallbericht
Maier O.1, Jäger G.2, Waibel P.3, Weissert M.1
1Ostschweizer Kinderspital St. Gallen, Neuropädiatrie, St. Gallen, Switzerland, 2Ostschweizer
Kinderspital St. Gallen, Neonatologie und Intensivmedizin, St. Gallen, Switzerland, 3Ostschweizer
Kinderspital St. Gallen, Pädiatrische Radiologie, St. Gallen, Switzerland
Einleitung: Citrobacter koseri ist eine seltene Ursachen von Infektionen bei Neugeborenen und bei
immunsupprimierten Kindern und Erwachsenen. Neugeborene können diese Keime vertikal von der
Mutter während der Geburt oder als nosokomiale Infektion erwerben. Die Ursache dieser Infektion
bleibt oft unklar. Citrobakter koseri hat besonders in den ersten 2 Lebensmonaten eine starke
Prädilektion für das ZNS mit Auftreten von Meningitis und Hirnabszessen.
Fallberichte von 2 Kindern:
1) Ein Frühgeborenes der 36. Schwangerschaftswoche stellt sich im Alter von 2½ Wochen vor mit
Trinkprobleme, Apnoen, Irritabilität und einer Bewusstseinsstörung. Der Liquor war eitrig, Blut-und
Liquorkulturen waren positiv für Citrobacter koseri. Das Kind entwickelte eine schwere
Encephalomalazie mit Epilepsie und einen shuntpflichtigen Hydrocephalus.
2) Ein Frühgeborenes der 33. Schwangerschaftswoche stellt sich im Alter von 3½ Wochen vor mit
Trinkproblemen, Irritabilität und Krampfanfällen. Der Liquor war eitrig, die Blutkultur war steril, die
Liquorkultur war positiv für Citrobacter koseri. Das Kind entwickelte ausgeprägte parenchymatöse
Nekrosen und einen shuntpflichtigen Hydrocephalus.
Beide Kinder erhielten zunächst eine Standard Therapie für eine neonatale Sepsis (Amoxicillin und
Gentamycin). Nach Antibiogramm erhielt das erste Kind Ceftriaxon und Gentamycin , das 2. Kind
Meropenem und Trimethoprim/Sulfamethoxazol. Beide Kinder haben eine schwere
Entwicklungsretardierung und eine Cerebralparese. Die MRI Bilder zeigen die verheerenden Folgen
dieser schweren Infektion.
Diskussion: Wir berichten zwei Fälle einer schweren Citrobacter koseri Meningitis bei frühgeborenen
Kindern. Diese Kinder entwickelten eine schwere Encephalomalazie und einen shuntpflichtigen
Hydrocephalus. Im Verlauf zeigten diese Kinder eine Cerebralparese, eine Entwicklungsretardierung
und Epilepsie. Cephalosporine der 3. Generation und Aminoglykoside sind Standard-Therapien für
diese Infektion, häufig gelingt es jedoch nicht die hohe Rate an Morbität und Mortalität zu vermindern.
P043
Neonatale Encephalitis durch Parechoviren mit ausgeprägten Marklagerveränderungen Fallbericht und Vergleich mit bisher publizierten Fällen
Scheffner T.1, Muckenhaupt T.1, Dütting T.2, Drosten C.3, Trefz F.K.1
1Kreiskliniken Reutlingen, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Reutlingen, Germany, 2Kreiskliniken
Reutlingen, Radiologisches Institut, Reutlingen, Germany, 3Universitätsklinikum Bonn, Institut für
Virologie, Bonn, Germany
Parechoviren sind Enteroviren, die erst in jüngster Zeit mit der PCR nachgewiesen werden können
und als Erreger von neonatalen Encephalitiden beschrieben wurden. Wir berichten über ein
Neugeborenes mit Encephalitis und Marklagerveränderungen, die sehr gut zu den wenigen bislang
publizierten Fällen passen.
Das weibliche Neugeborene wurde spontan nach unkomplizierter Schwangerschaft geboren. Am 4.
Lebenstag fiel eine heisere Stimme auf. Im Alter von 7 Tagen entwickelte das Mädchen kurzzeitig
Fieber bis 39,1°C und therapieresistente klonische Krampfanfälle. Bei zentralen Apnoen musste das
Neugeborene über mehrere Tage beatmet werden.
Das initiale IL-6 war mit 125 pg/ml leicht erhöht, das CRP anhaltend normal. Im Liquor fand sich ein
unauffälliger Befund ohne Pleozytose. Die gesamte Infektionsserologie einschließlich PCR auf
Enteroviren in Stuhl und Liquor waren negativ. Im cerebralen MRT zeigten sich ausgedehnte
symmetrische Signalanhebungen in T2 Wichtung und Diffusionsstörungen im Marklager von frontal bis
occipital reichend sowie Diffusionsstörungen im Balken, Capsula interna und Pyramidenbahn.
Zusätzlich fanden sich kleine fleckförmige Signalveränderungen periventrikulär.
Differentialdiagnostisch wurde in erster Linie an ein parasagittales Schädigungsmuster im Rahmen
einer Ischämie gedacht. Anamnestisch fanden sich jedoch keinerlei Hinweise auf ein entsprechendes
Ereignis.
In Stuhl und Liquor konnten mit der PCR Parechoviren nachgewiesen werden (Virologisches Institut
Bonn, Prof. Drosten). Zwei Monate später zeigt das Kind klinisch und in der Sonographie keine
Auffälligkeiten.
Der Verlauf, wie auch der kernspintomographischen Befund, passt sehr gut zu den wenigen bislang
publizierten Fällen (Malgorzata 2008) von neonatalen Encephaliten durch Parechoviren. Typisch sind
in den ersten 2 Lebenswochen auftretende Krampfanfälle, Irritabilität und Temperaturerhöhung ohne
Nachweis einer Pleozytose sowie Marklagerveränderungen im MRT. Zum Nachweis sollte, neben den
klassischen neurotropen Viren, Stuhl und Liquor auf Parechoviren (PCR) untersucht werden.
P044
Postinfektiöse autoimmune-vermittelte Encephalitis oder Reaktivierung einer HerpesEncephalitis?
Prokop K.1, Smitka M.1, von der Hagen M.1, Hahn G.2, Ikonomidou H.1
1Technische Universität Dresden, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin - Neuropädiatrie, Dresden,
Germany, 2Technische Universität Dresden, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin - Radiologie,
Dresden, Germany
Hintergrund: Es gibt Fallberichte von Reaktivierungen einer Herpes-simplex Encephalitis (HSE) 1-4
Monate nach antiviraler Therapie. Die als ursächlich diskutierten Pathomechanismen sind eine
Inflammation ausgelöst durch eine Virusreaktivierung oder Autoimmunprozess.
Fall: Wir berichten über eine 14jährige Gymnasiastin, die bisher gesund mit Fieber und
Kopfschmerzen im Mai 2008 hospitalisiert wurde. Sie entwickelte eine Agitiert- und Verwirrtheit, hatte
Sprachstörungen und eine Enuresis. Periphere Ödeme und ein Perikarderguß komplizierten den
Verlauf. Im Liquor war die Herpes-PCR negativ bei Pleozytose, erhöhtem Eiweiß und ansteigendem
intrathekalem Herpes-simplex-IgG. Die C-MRT zeigte kortikale hyperintense Läsionen, beide
Temporallappen, basofrontale und Inselregionen (rechtshemispheriell betont) und vorderen Anteil des
Balkens betreffend.
Verlauf: Die iv-Therapie mit Aciclovir über 4 Wochen führte zur Ausheilung der akuten Symptome wie
Fieber, Kopfschmerzen, Ödeme. Die Patientin wurde mit Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen,
Dyskalkulie, Sprachstörungen, Impulsivität, Distanzlosigkeit, Anosmie und Geschmacksdefiziten in die
Rehabilitation entlassen. Dort hatte sie erneut eine Enuresis, entwickelte multifokale Parästhesien und
Schmerzen (Gesicht, Arme, Beine und Bauch) und die Verhaltensauffälligkeiten persistierten. Die 2.
stationäre Aufnahme zeigte eine ansteigende intrathekale Herpes simplex-IgG-Produktion,
fortschreitende Demyelinisierung und die Entwicklung einer atrophen, zystischen Encephalomalazie.
Nach Behandlung mit Immunglobulinen und Methylprednisolon war eine klinische Besserung
erkennbar.
Schlussfolgerung: Nach einer akuten Encephalitis entwickelte die Patientin klinische,
laborchemische und radiologische Zeichen, die mit einer Herpesreaktivierung vereinbar waren.
Ungewöhnlich dabei ist das fehlende symptomfreie Intervall zwischen beiden Phasen ihrer
Erkrankung. Die klinische Wirkung der Immunglobuline und des Methylprednisolons lassen vermuten,
dass ein postinfektiöser autoimmun-vermittelter Prozess nach HSE den Krankheitsverlauf
komplizierte.
P045
Enzephalitis im Kindes und Jugendalter: Eine prospektive Evaluation über einen Zeitraum von
20 Jahren in der Intensivstation
Rödl S.1, Marschitz I.1, Brunner-Krainz M.1, Sorantin E.2, Gruber-Sedlmayr U.1, Zobel G.3
1Universitätsklinik für Kinder und Jugendheilkunde, Graz, Austria, 2Univ.Klinik für Radiologie, Graz,
Austria, 3Universitätsklinik für Kinder und Jugendheilkunde, Pädiatrische Intensivstation, Graz, Austria
Einleitung: Unter den Enzephalitiden ist die Herpesenzephalitis die häufigste sporadisch auftretende
Enzephalitis im Kindesalter. Die präklinische Erkrankungsdauer mit Fieber, Erbrechen, und Paresen
ist oft unspezifisch und kann mehrere Tage dauern bis der Patient durch Krampfanfälle oder
Somnolenz zur stationären Aufnahme kommt.
Patienten: Prospektive Studie von 1987 bis 2007; 40 Patienten mit klinischem, laborchemischem,
infektiologischem, oder morphologischem Nachweis einer Enzephalitis und Aufnahme an der 12
Betten umfassenden Intensivstation.. Erheben der präklinischen Erkrankung, physiologische Scores
bei Aufnahme, Liquordiagnostik. Bildgebung und EEG.
Ergebnisse: Die behandelten Patienten hatten ein mittleres Alter von 7,1±5,7 Jahren. Bei Aufnahme
war die Erkrankung unspezifisch in Form von Fieber (n=19), Erbrechen (n=9), Bewusstseinstrübung
(n=18) und Krampfanfällen (n=20). Die Erstsymptome bestanden zwischen wenigen Stunden und 7
Tagen und waren primär nicht mit der Diagnose „Enzephalitis“ in Verbindung gebracht worden. Bei der
Liquoruntersuchung hatten insgesamt 28 Patienten einen pathologischen Befund, bei der
Virusdiagnostik hatten 19 Patienten einen positiver Herpesnachweis. 14 Patienten hatten einen GCS
8, 11 waren 13. Bei MR Untersuchungen hatten 17 von 32 Patienten innerhalb der ersten 24 h nach
Aufnahme einen positiven Befund. Das EEG zeigte immer einen pathologischen Befund, jedoch nur
bei 6 Patienten spezifische Veränderungen.
Mit Herpesnachweis erholten sich 9 Pat. vollständig, 6 hatten eine Defektheilung und 4 verstarben.
Ohne Herpesnachweis hatten sich 15 vollständig erholt, 5 zeigten eine Defektheilung und 1 Patient
verstarb.
Diskussion und Schlussfolgerung: Bewußtseinstrübung im Kindesalter erfordert eine rasche
Klärung der Äthiologie um möglichst früh eine adäquate Therapie durchzuführen.
Die Patienten mit nachgewiesener Herpesinfektion hatten eine deutlich schlechtere Prognose.
Keine Einzeluntersuchung hatte eine Spezifität über 60%.
P046
Hashimoto-Enzephalopathie mit „stroke-like episodes” und Optikusneuritis bei einer 19jährigen Patientin
Sengupta D.1, Bertsche A.1, Bast T.1, Vater D.1, Ebinger F.1
1Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik Kinderheilkunde V (Schwerpunkt: Pädiatrische Neurologie,
Epilepsiezentrum, Sozialpädiatrisches Zentrum), Heidelberg, Germany
Einleitung: Die Hashimoto-Enzephalopathie ist eine steroidresponsive Enzephalopathie,
charakteristiert durch hohe Anti-Thyreoperoxidase-Antikörper-Titer (Anti-TPO), die nicht obligat mit
einer Autoimmunthyreoiditis assoziert ist. Klinisch kann sie sich als progressive Enzephalopathie oder
als rezidivierende Erkrankung mit „stroke like episodes“, Krampfanfällen und kognitiven
Veränderungen zeigen.
Fallbericht: Bei einem 16-jährigen Mädchen wurde initial eine Optikusneurits (ON) erfolgreich mit
Prednison behandelt. Schädel-MRT und Lumbalpunktion waren unauffällig. 4 Monate später besserte
sich eine erneute ON unter Steroiden. Ein Jahr später hatte das Mädchen eine Episode mit
Hypersalivation, Grimassieren, Bewußtseinsverlust und nachfolgender Aphasie. Das MRT zeigte eine
kortikale Hyperintensität links parieto-occipital. Das MRT 5 Tage später war unauffällig. Im Liquor
fanden sich 52 Zellen/µL. 3 Monate später berichtete das Mädchen, dass sie „neben sich selbst
stehe“. EEG und MR-Angiographie waren unauffällig. Einige Monate später traten Parästhesien der
linken Hand und Kopfschmerzen auf. Das MRT zeigte Hyperintensitäten entlang der Sulci der rechten
Parietalregion. Im Liquor fanden sich 70 Zellen/µL. Die BKS war erhöht bei normalem CRP. Die
Symptomatik und ein erneuter ON-Schub einige Wochen später besserten sich unter einer
Methylprednisolonstoßtherapie (20 mg/kg/d über je 3 Tage). Einige Monate später entwickelte das
Mädchen Kopfschmerzen, Krampfanfälle, Lethargie und Verwirrtheit. Die Symptome besserten sich
unter Methylprednisolon. Im MRT zeigte sich ein kortikales Ödem links occipital.
Thrombophiliescreening, Standardautoantikörper, Aquaporin-4-Antikörper, Diagnostik auf MELAS und
Erregersuche waren unauffällig. Die Anti-TPO-AK waren wiederholt erhöht. Auf der Basis dieser
Befunde, des klinischen Verlaufs und des Ansprechens auf die Steroidtherapie stellten wir die
Diagnose einer Hashimoto-Enzephalopathie.
Fazit: Bei rezidivierenden „stroke like episodes“ und rezidivierenden steroidresponsiven ON sollte an
eine Hashimoto-Enzephalopathie gedacht werden.
P047
Ist eine isolierte Neuritis N. optici im Kindesalter ein Prädiktor für eine Multiple Sklerose im
Erwachsenenalter?
Elpers C.1, Stupp N.2, Grenzebach U.2, Niederstadt T.3, Allkemper T.3, Fiedler B.1, Schwartz O.1,
Taeuber A.1, Kurlemann G.1
1Universitätsklinikum Münster, Klinik für Kinderheilkunde, Bereich Neuropädiatrie, Münster, Germany,
2Universitätsklinikum Münster, Institut für Augenheilkunde, Münster, Germany, 3Universitätsklinikum
Münster, Klinik für Radiologie, Münster, Germany
Die Inzidenz der akuten N. nervi optici (ON) im Kindesalter beträgt 4/100.000/a. Die ON ist generell
der häufigste Risikofaktor für die Entwicklung einer Multiplen Sklerose [MS]. Während dieser
Zusammenhang für das Auftreten der ON im Erwachsenenalter empirisch bestätigt wurde, konnte
dieser Zusammenhang im Falle einer Erkrankung im Kindesalter bisher nicht nachgewiesen werden.
Ziel dieser Studie ist die Identifikation von Hinweisen und die darauf aufbauende Bestimmung
wichtiger Risikofaktoren für eine zukünftige MS-Erkrankung.
Studiendesign:
• 42 Patienten [27♀ , 15♂ ]
• im Alter von 11 bis 50 Jahren; Durchschnittsalter: 28,12 Jahre
• Erkrankungsalter zw. 2 und 17 Jahren; Durchschnittsalter: 9,98 Jahre
• ON in beiden Augen [16 Patienten], ON in einem Auge [26 Patienten, 12rechts/14links]
• durchschnittliche Nachbeobachtungszeit: 18,14 Jahre
• Studie beinhaltet ophthalmologische u. neurologische Untersuchung+cMRT.
Ergebnisse:
• 14,3% [6 von 42] der Patienten zeigen radiologisch sichere Pathologika einer MS
• 23,8% [10 von 42] Patienten zeigen radiologisch suspekte Zeichen einer MS
• 61,9% [26 von 42] Patienten zeigen radiologisch keine MS-typischen Läsionen; zusätzlich haben
46,2% [12 von 26] dieser Patienten keine neurologischen Dysfunktionen
• frühes Erkrankungsalter, ON beider Augen und zusätzliche neurologische Symptome scheinen das
Risiko der Entwicklung einer MS zu erhöhen
• ein initial positiver Liquorbefund, weibliches Geschlecht sowie eine hohe Anzahl an Rezidiven
korreliert nach unseren Daten negativ mit dem Auftreten einer MS-Erkrankung
• Kortisontherapie [p.o u/o i.v.] hat einen positiven Effekt; 67,7% [21 von 31] der behandelten
Patienten zeigen keine krankheitstypischen Veränderungen im MRT, dagegen sind 54,5% [6 von 11]
nicht mit Kortison therapierten Patienten in den Gruppen „Sicher-MS“ oder „Suspekt-MS“.
Schlussfolgerung: Im Vergleich zu der Erkrankung im Erwachsenenalter ist die Manifestation einer
MS nach juveniler ON gering. Einige Risikofaktoren, teilweise korrespondierend zu Daten aus der
Literatur konnten im Rahmen der Studie bestätigt werden.
P048
Anti-N-methyl-D-aspartat (NMDA) Rezeptor Enzephalitis eines 12 Jahre alten Mädchens:
Typische Symptome führen zur Diagnose dieser behandelbaren Erkrankung
Schimmel M.1, Bien C.G.2, Vincent A.3, Schenk W.1, Walden U.1, Penzien J.1
1Klinikum Augsburg, Department of Paediatrics, Augsburg, Germany, 2University of Bonn, Department
of Epileptology, Bonn, Germany, 3University of Oxford, John Radcliffe Hospital, Weatherall Institute of
Molecular Medicine, Neurosciences Group, Oxford, United Kingdom
Enzephalitiden sind in der Regel infektiös oder immunologisch bedingt. Eine neue Form einer
Autoimmunenzephalitis mit Antikörpern gegen NMDA-Rezeptoren wurde kürzlich bei jungen Frauen
im Alter von 14-44 Jahren beschrieben, selten auch bei Männern. In 2/3 der Fälle tritt sie
paraneoplastisch, meist bei ovariellen Tumoren auf.
Wir stellen ein 12 Jahre altes Mädchen vor, die innerhalb von 6 Wochen die typische klinische
Symptomatik entwickelte, was zunächst zur Diagnose einer perniziösen Katatonie führte: fokale
cerebrale Anfälle, psychiatrische Symptome mit Katatonie (Video 1), Erregungszuständen und Stupor,
Schluckstörung und autonome Dysfunktion mit Hyperthermie, Tachykardie und arterieller
Hypertension sowie beginnender Ateminsuffizienz. Schädel-MRI und Liquor (Zellzahl, Glucose,
Protein, Laktat) waren mehrmals normal und eine Infektion konnte ausgeschlossen werden. Das initial
normale EEG zeigte nun rhythmische Verlangsamungen.
Durch den Nachweis von Antikörperreaktivität gegen hippocampales Neuropil im Liquor und AntiNMDA-Rezeptor-Antikörpern im Serum konnte die Diagnose gesichert werden. Nachdem hohe Dosen
Prednisolon keine klinische Verbesserung brachten, führte eine 8-malige Plasmapherese zu einer
raschen Besserung (Video 2) und Monate später auch zur Erholung des Kurzzeitgedächtnisses mit
völliger sozialer und schulischer Reintegration. Ein Tumor konnte bei unserer Patientin auch bei
Verlaufskontrollen (aktuell 10 Monate) nicht gefunden werden. Weitere Kontrollen sind nötig.
Schlussfolgerung: Das Wissen um die einzigartige Klinik mit schweren neuropsychiatrischen,
vegetativen und bulbären Symptomen war hilfreich für die frühe Diagnosestellung und Einleitung der
(erfolgreichen) Immuntherapie. Auch im Kindes- und Jugendalter ist die Anti-NMDA Rezeptor
Enzephalitis in Betracht zu ziehen, die mit dem Nachweis von spezifischen Antikörpern bestätigt
werden kann. Weiter kann in paraneoplastischen Fällen ein Tumor frühzeitig entdeckt und therapiert
werden.
P049
Reversibles Posteriores Leukoenzephalopathiesyndrom
Schlachter K.1, Ausserer B.2
1LKH-Bregenz, Bregenz, Austria, 2KH-Dornbirn, Dornbirn, Austria
Die Diagnose einer schweren reversiblen posterioren Leukenzephalopathie im Kindesalter wird selten
gestellt. Die Literatur hierzu liefert Kasuistiken zum Verlauf bei Erwachsenen.
Der Begriff wurde erstmals 1996 von Hinchey anlässlich einer Serie von 15 Fällen verwendet. Diese
Patienten boten mit akutem bis subakutem Beginn ein reversibles Syndrom aus Kopfschmerz,
neuropsychologischen Auffälligkeiten, Sehstörungen (Verschwommensehen, visuelle Halluzinationen,
visueller Neglekt, Hemianopsie, kortikale Blindheit) und epileptischen Anfällen.
Das Reversibele Posteriore Leukenzepahlopathiesyndrom ist unter verschiedenen Bezeichnungen
bekannt und von der Namensgebung etwas missverständlich. Es ist nicht immer reversibel, nicht
immer nur auf die hintere Hirnregion beschränkt und es kann die graue Substanz mitbetroffen sein.
Die Ursachen sind vielfältig. Auslöser sind in erster Linie Chemotherapeutika und Immunsuppressiva,
Nierenerkrankungen sowie Bluthochdruck mit hypertensiven Krisen. Diese sind für Entstehung eines
vasogenen Ödems verantwortlich.
Diagnostisch führend ist die Bildgebung mittels Kernspintomographie des Neuro-craniums. Sie zeigen
charakteristische Veränderungen in der T2- und FLAIR-Gewichtung. Der „apparent diffusion
coefficient“ (ADC) erlaubt zudem die Unterscheid-ung zwischen reversiblem vasogenem und
irreversiblem zytotoxischem Ödem.
Prognostisch entscheidend ist der rasche Beginn einer adäquaten Therapie (u.a. Blutdrucksenkung,
Absetzen der verantwortlichen Medikamente).
Wir berichten von einem 14 jährigen Jungen mit PRES im Rahmen einer bis dahin unbekannten
Hypertonie und geben einen Überblick über die Literatur mit besonderem Augenmerk auf die
Publikationen zu PRES bei Kindern.
P050
Komplizierter Fieberkrampf - Initiales Symptom einer Rasmussenenzephalitis
Brunner-Krainz M.1, Pilhatsch A.2, Wendelin G.3, Eder H.G.4, Feichtinger M.5, Plecko B.1
1Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Graz, Austria, 2Univ.-Klinik für Kinder- und
Jugendheilkunde, Klinische Abteilung für Kinderradiologie, Graz, Austria, 3Univ.-Klinik für Kinder- und
Jugendheilkunde, PICU, Graz, Austria, 4Univ. Klinik für Radiologie, Neurochirurgie, Graz, Austria,
5Univ. Klinik für Radiologie, Neurologie, Graz, Austria
Einleitung: Rasmussenenzephalitis (RE) ist eine sehr seltene immunmediierte Enzephalitis. Die
Ätiologie dieses Krankheitsbildes ist noch unklar. Zur definitiven Diagnose einer RE sind daher sowohl
klinische Symptome (fokale epileptische Anfälle) als auch elektrophysiologische Kriterien (einseitige
Verlangsamung mit/ohne SW-Aktivität) und radiologische Kriterien (MRI: unihemispherielle Atrophie)
gefordert. Ein mikrobiologisches Agens konnte bislang nicht gefunden werden.Therapeutisch wird
versucht mit Immunmodulation bzw. Immunsuppression die Hirnatrophie zu stoppen. Die epileptischen
Anfälle sind kaum zu beherrschen und zeigen eine hohe Statusneigung.
Fallbericht: 3. Kind gesunder, unverwandter, österreichischer Eltern. Schwangerschaft und Geburt
unauffällig. Die psychomotorische Entwicklung verlief bis zum 2. Lebensjahr problemlos. Impfungen
wurden entsprechend den österreichischen Empfehlungen durchgeführt. Keine gravierenden Infekte.
Am 2. Geburtstag trat ein erster komplizierter Fieberkrampf auf. Weder im Blut noch im Liquor waren
entzündliche Veränderungen nachzuweisen. Das EEG zeigte einen Deltaherd rechts temporal mit
epileptischer Aktivität. Das cerebrale MRI zeigte ein diffuses Ödem rechts frontal sowie im Marklager
rechts. Zwei Wochen später traten epileptische Anfälle mit minimalen motorischen Äußerungen und
Bewußtseinstrübung statusartig gehäuft auf. Zum Tumorausschluss erfolgte eine Hirnbiopsie, welche
eine lymphozytäre Infiltration zeigte. Im Verlauf von 3 Monaten war eine Atrophie der rechten
Hemisphere evident. Die Krampfanfälle konnten schließlich mit einer Kombination vom Phenytoin,
Levetiracetam und Clobazam stabilisiert werden, sodass nur wenige Sekunden dauernde Anfälle
auftraten.
Schlussfolgerung: Rasmussenenzephalitis ist eine seltene Erkrankung mit limitierten
therapeutischen Möglichkeiten, welche sich schon in den ersten Lebensjahren manifestieren kann.
Die rasche exakte Diagnose mit frühen immunmodulatorischen Interventionen könnte die Prognose
dieser Erkrankung verbessern.
P051
Miller Fisher Syndrom und Guillain Barré Syndrom mit Ophtalmoplegie: Überlappende
Phänotypen
Syrbe S.1, Bernhard M.K.1, Schulz M.1, Pernice W.2, Merkenschlager A.1
1Universitätsklinik für Kinder und Jugendliche Leipzig, Neuropädiatrie, Leipzig, Germany,
2Kreiskrankenhaus Torgau 'Johann Kenntmann gGmbH', Torgau, Germany
Guillain-Barré Syndrom (GBS) und assoziierte Krankheiten mit Antikörpern (AK) gegen
Gangliosidbestandteile peripherer Nerven sind in der Praxis schwierig zu klassifizieren.
Patient 1: Ein 12 Jahre altes Mädchen fiel mit Doppelbildern, nasaler Sprache und Schluckstörungen
auf. Klinisch zeigte sich eine Occulomotoriusparese, eine Parese des N. glossopharyngeus und eine
leichte Gangataxie. Bei sonst unauffälligen diagnostischen Befunden wurde ab Tag 2 bei Verdacht auf
Miller-Fisher Syndrom (MFS) die initial begonnene antibiotische und antivirale Therapie auf
Immunglobulingaben umgestellt. Im Serum fand sich im Verlauf ein erhöhter Titer für GQ1b-AK. Nach
10 Tagen konnte die Patientin beschwerdefrei entlassen werden.
Patient 2: Ein 11 Jahre alter Junge wurde bei schlaffer Tetraparese, Okkulomotoriusparese und
Abduzensparese überwiesen. Bereits im überweisenden Krankenhaus war eine Therapie mit
Immunglobulinen begonnen worden. Lumbalpunktion und ENG erbrachten Befunde vereinbar mit
GBS. Im Serum fanden sich GM1-AK, GD1b-AK und GQ1b-AK. Nach 27 Tagen wurde der Patient bei
rückläufigen neurologischen Symptomen in ein Rehabilitationszentrum verlegt.
Zusammenfassung: Wir berichten über einen Fall eines MFS und einen Fall eines GBS mit
assoziierter Opthalmoplegie. Die spezifischen klinischen, laborchemischen und neurophysiologischen
Befunde werden neben möglichen Differentialdiagnosen diskutiert. Beim MFS steht im Gegensatz
zum GBS die bulbäre Symptomatik sowie eine Ataxie und Areflexie im Vordergrund, in etwa 90% der
Fälle finden sich GQ1b-AK. Beim GBS finden sich u.a. AK gegen GM1. Das Gemeinsame unserer
überlappenden Fälle sehen wir in den AK gegen GQ1b, wobei dieses Gangliosid vor allem in den
Nerven der Augenmuskeln exprimiert wird. Die Prognose im Kindesalter ist für beide Krankheitsbilder
gut. Neben Physiotherapie besteht eine Evidenz der Therapie mit Immunglobulinen (400mg/kg/dies
über 5 Tage) oder Plasmapherese beim GBS, in unserem Fall eines MFS wurde trotz fehlender
Evidenz bei progredienter Symptomatik eine identische Therapie mit Erfolg durchgeführt.
P052
Acute Disseminated Encephalomyelitis Review bei acht pädiatrischen Patienten
Frey S.G.1, Weber P.1, Datta A.N.1
1Univ.-Klinik für Kinder und Jugendheilkunde beider Basel, Neuropädiatrie, Basel, Switzerland
Fragestellung: Die Acute Disseminated Encephalitis (ADEM) ist eine seltene immunvermittelte
entzündliche ZNS Erkrankung. Untersucht wurden retrospektiv die klinische Präsentation, Bildgebung
und neurophysiologische Parameter von Patienten mit ADEM im Zusammenhang mit Therapie und
Outcome.
Methodik: Eine retrospektive (2001-2007) single Center, multi-case report Studie wurde durchgeführt.
Klinische, laborchemische, neurophysiologische Parameter sowie MRI Bilder von 8 Patienten (5 bis 15
Jahre alt) mit ADEM wurden evaluiert.
Ergebnis: Höhere Prävalenz für männliches Geschlecht (6/8). Vier Patienten zeigte neurologische
Symptome, vier zusätzlich Fieber und Infektionszeichen. Neurologische Symptome variierten
zwischen Ataxie, einseitigem sensorischem Defizit, Bewusstseinstrübung, Dysarthrie, Hemiparese,
fokalen Paresen, epileptischen Anfällen und Diplopie. Im Liquor konnte keine Infektion nachgewiesen
werden, oligoklonale Banden waren bei einem Patienten nachweisbar. Bei fünf Patienten fand sich ein
serologischer Erregernachweis (Mycoplasma IgM, Enterovirus, Parainfluenza III, HSV IgM, Influenza
A). Läsionen im MRT zeigten sich in beiden Hemisphären, im Corpus callosum, Thalamus,
Basalganglien, Pons, Cerebellum und Myelon. Zwei Patienten präsentierten im MRI nur 2-3 Läsionen,
die übrigen multiple Läsionen. Vier Patienten erhielten hochdosierte Steroide parenteral über 3-5
Tage, im Anschluss orale Steroide. Eine komplette Remission trat bei fünf Patienten ein, die übrigen
zeigten diskrete neurologische Defizite. Die Zahl der Läsionen im MRI korrelierte nicht mit der
Schwere der akuten Symptome.
Schlussfolgerung: ADEM präsentiert sich mit einem breitem Spektrum an Symptomen. Keine
Korrelation zwischen Anzahl und Lokalisation der MRI Läsionen und der Schwere der akuten
Manifestation nachweisbar. Es zeigte sich kein Unterschied im Outcome bei erfolgter oder nicht
erfolgter Therapie mit Steroiden . Tendenziell zeigte sich eine höhere Wahrscheinlichkeit zur
kompletten Remission wenn ZNS Läsionen nicht in Pons, Thalamus oder den Basalganglien lokalisiert
sind.
P053
Epilepsiechirurgie bei schwer therapierbarer Epilepsie im frühen Kindesalter - Eine prospektive
Studie
Gröppel G.1, Dressler A.1, Freilinger M.1, Mayer H.1, Pahs G.1, Porsche B.1, Reiter E.1, Urak L.1, Czech
T.2, Hainfellner J.3, Prayer D.4, Feucht M.1
1Universitätsklinik für Kinder und Jugendheilkunde, Wien, Austria, 2Universitätsklinik für
Neurochirurgie, Wien, Austria, 3Institut für Neurologie, Wien, Austria, 4Universitätsklinik für Radiologie,
Wien, Austria
Einleitung und Zielsetzung: Medikamentös unzureichend einstellbare Epilepsien mit Beginn in der
frühen Kindheit nehmen oft einen katastrophalen Verlauf mit deutlicher Beeinträchtigung der
Entwicklung. Frühzeitig durchgeführte epilepsiechirurgische Eingriffe stellen in ausgewählten Fällen
eine hervorragende Therapieoption dar.
Methodik: 24 Kinder (10 Mädchen und 14 Jungen) welche zum Zeitpunkt der prächirurgischen
Abklärung jünger als 5 Jahre waren wurden eingeschlossen. Das Alter bei Anfallsbeginn zeigte eine
Spanne von wenigen Lebenstagen bis hin zum 3.5. Lebensjahr (median: 1.0). Das Alter zum Zeitpunkt
des epilepsiechirurgischen Eingriffes betrug 0.5 bis 5.0 Jahre (Median 3.5 Jahre). Somit betrug die
Dauer der Erkrankung 0.5 bis 4.0 Jahre (Median 1.5 Jahre). Die mediane präoperartive
Anfallsfrequenz war mit mehr als 10 Anfällen/pro Tag (Spanne: 4 bis 11/Jahr bis zu mehr als 10
Anfälle/Tag) sehr hoch. Zusätzlich zum postoperativen Anfalls-Outcome und dem Verlauf der weiteren
Entwicklung wurden sämtliche präoperativ erhobene klinische und EEG-Daten, die Operationstechnik
und das Ergebnis der histologische Untersuchung in Hinblick auf ihre Wertigkeit als OutcomePrädiktoren analysiert.
Ergebnis: Ein Jahr nach der Operation waren 77.3% der Patienten anfallsfrei. 2 Jahre postoperativ
waren 90.9% von 11 Patienten anfallsfrei, 3 Jahre postoperativ 75% von 4 Patienten, 4 bis 7 Jahre
postoperativ war einer von 2 Patienten anfallsfrei. Ein Patient konnte bis zum 8. postoperativen Jahr
verfolgt werden (Anfallsfreiheit seit der Operation).Bei einem Großteil der Patienten (am
eindrucksvollsten bei jenen mit BNS) wurde eine deutliche Verbesserung der weiteren Entwicklung
verzeichnet.
Diskussion: Ein früher epilepsiechirurgischer Eingriff bei Kindern mit therapierefraktärer Epilepsie
kann katastrophale Epilepsieverläufe unterbrechen und Entwicklungsstillstände vermeiden. Die
genannte Patientengruppe sollte daher so früh und so jung wie möglich einer prächirurgischen
Abklärung zugeführt werden.
P054
Oxcarbazepin beschleunigt die Steroidelimination durch Cytochrom P450 3A4 Induktion
Högler W.1, Wudy S.2, Luef G.3, Hartmann M.2, Rauchenzauner M.4
1Birmingham Children´s Hospital, Department of Endocrinology, Birmingham, United Kingdom, 2Justus
Liebling Universität Giessen, Steroid Research and Mass Spectrometry Unit, Centre of Child and
Adolescent Medicine, Giessen, Germany, 3Medizinische Universität Innsbruck, Department of
Neurology, Innsbruck, Austria, 4Medizinische Universität Innsbruck, Department für Pädiatrie IV,
Innsbruck, Austria
Fragestellung: Ziel dieser Studie war der Vergleich des Steroidprofils und der CYP3A4-Induktion bei
Patienten unter OXC-Monotherapie im Vergleich zu einer gesunden Kontrollgruppe.
Methodik: 6 junge Männer (14-25 Jahre) mit kryptogener Temporallappenepilepsie unter OXCMonotherapie (900-1500mg/d) und 6 gesunde männliche Kontrollpersonen nahmen an dieser Studie
teil. Eine morgendliche Nüchternblutabnahme wurde durchgeführt und 24h-Urin wurde gesammelt .
Bestimmt wurden die relative 24h 6-Hydroxycortisol (6-OHF) Ausscheidung (als Marker der CYP3A4
Aktivität) sowie Serum & 24h Harnsteroide.
Ergebnis: Eine vermehrte CYP3A4 Induction wurde durch eine erhöhte 24h-Urin 6-OHF/Kortisol
Ausscheidung bei Patienten unter OXC-Monotherapie im Vergleich zur Kontrollgruppe nachgewiesen.
Die Ausscheidung der C19 und C21 Steroide zeigte keinen Unterschied zwischen den Gruppen.
Schlussfolgerung: OXC induziert die CYP3A4 Aktivität und führt zu einem vermehrten Abbau von
Kortisol zu 6-OHF. Die Effekte auf den Steroidmetabolismus sind bei Gesunden minimal, Vorsicht ist
jedoch bei Patienten mit Addison-Krankheit unter OXC-Therapie geboten. Weiters ist darauf zu
achten, dass insbesondere bei Patienten unter OXC-Therapie die zusätzlich mit Kortison behandelt
werden möglicherweise höhere Kortisondosen zum Erreichen des Therapieziels vonnöten sein
können.
P055
Rufinamid bei 18 Patienten mit Lennox-Gastaut-Syndrom - Dokumentation mit dem
elektronischen Patiententagebuch Epivista®
Reutlinger C.1, Baudhuin J.A.2, Dreiwes C.2, Stephani U.1, Boor R.2
1Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Klinik für Neuropädiatrie, Kiel, Germany,
2Norddeutsches Epilepsiezentrum für Kinder und Jugendliche, Schwentinental/Raisdorf, Germany
Das Lennox-Gastaut-Syndrom (LGS) gehört zu den therapieschwierigen Epilepsien des Kindesalters.
Mit Rufinamid ist seit Juni 2007 ein neues Medikament zur Zusatztherapie bei Kindern > 4 Jahren mit
LGS zugelassen.
Wir haben seitdem 18 Patienten mit LGS mit Rufinamid (add-on) behandelt. Die Dokumentation von
Baseline, Verlauf und unerwünschten Wirkungen erfolgte mit dem elektronischen Patiententagebuch
Epivista®. Betrachtet man die Verläufe getrennt nach verschiedenen Anfallsformen, zeigen sich die
besten Ergebnisse bei tonischen Anfällen. Bei 6 Patienten mit Serien tonischer Anfälle traten nach
Eindosierung von Rufinamid keine Anfallsserien auf; bei 13 Patienten mit tonischen Anfällen, kam es
bei 9 Patienten (69%) zu einer Anfallsreduktion > 90%. Eine teilweise Anfallsreduktion konnte auch
bei generalisiert tonisch-klonischen und komplex-fokalen Anfällen sowie atypischen Absencen erreicht
werden. Die gegebene Enddosis lag zwischen 14 und 40 mg/kg und Tag mit einer Ausnahme, bei der
eine Dosis von 5 mg/kg schon zu einer deutlichen Anfallsreduktion führte und eine weitere Steigerung
auf Grund von UEW nicht möglich war. An UEW ist regelhaft Übelkeit, z.T. auch Erbrechen und
teilweise eine Gewichtsabnahme zu beobachten. Teilweise trat die Übelkeit nur bei Eindosierung auf
und besserte sich im Verlauf. Dies ließ sich durch eine langsamere Eindosierung meist vermeiden. Bei
2 Patienten musste auf Grund von Erbrechen die Therapie abgebrochen werden, einmalig führte ein
Hautausschlag zum Abbruch der Therapie.
Insgesamt bietet Rufinamid eine weitere Therapieoption beim Lennox-Gastaut-Syndrom,
insbesondere bei Patienten mit tonischen Anfällen und typischen EEG-Veränderungen. Dies konnte
insbesondere im Langzeitverlauf durch die Anfallsdokumentation im elektronischen Patiententagebuch
Epivista® gezeigt werden
P056
Erste Erfahrungen in der Anwendung eines (modifizierten) UKISS (United Kingdom Infantile
Spasms Study) Protokolls bei der Behandlung des West Syndroms
Koch J.1, Rauscher C.1
1Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Salzburg, Austria
Einleitung: Es gibt kein einheitliches Therapieprotokoll zur Behandlung des Westsydroms (WS). Die
Wirksamkeit der Hormontherapie (ACTH) ist etabliert, aufgrund der schweren Nebenwirkungen bei
hoher Rezidivrate wird diese an unserer Klinik nicht mehr angewendet. Die UKISS (2004) verglich in
einer prospektiv randomisierten Multicenterstudie Steroide (Prednisolon/PDN, ACTH) mit Vigabatrin
(VGB) zur Behandlung des WS und zeigte signifikant raschere Anfallsfreiheit bei Behandlung mit
Steroiden (kein Unterschied zwischen ACTH und PDN). Nach 6 Monaten bestand hinsichtlich
Anfallsfreiheit (40%) kein Unterschied zwischen den zwei Gruppen. Wir modifizierten daraufhin unser
Therapieprotokoll (1. Vitamin B6, 2. VGB, 3. VGB+Nitrazepam/NZP) mit PDN (Dosierung
entsprechend der UKISS).
Methodik: Anwendungsbeobachtung.
Ergebnisse: Wir behandelten 3 Säuglinge (1 männlich, 2 weiblich) mit WS (2 kryptogen, 1
idiopathisch), Alter bei Beginn der Erkrankung war 4/6/7 Monate. Die Kinder waren nach 14/23/1
Tagen anfallsfrei, die Hypsarrhythmie unterdrückt nach 17/10/3 Tagen, das EEG normal nach 9
Monaten/4 Monaten /2 Wochen. 2/3 Kindern wurden unter der Kombination VGB+NZP+PDN bzw.
VGB+PDN anfallsfrei. VGB wurde /wird aufgrund der beschriebenen ophtalmologischen
Nebenwirkungen nach 6 Monaten abgesetzt. Im Verlauf sind nach 10/10/4 Monaten alle Kinder
anfallsfrei, sie werden behandelt mit Valproinsäure+NZP/ Topiramat+NZP/ VGB. Die Kinder sind in
ihrer Entwicklung deutlich retardiert/leicht auffällig/normal. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind
nicht aufgetreten.
Schlussfolgerung: Die ersten Erfahrungen in der Behandlung des WS mit VGB und PDN in der
Dosis der UKISS sind positiv. Alle drei Patienten sind anfallsfrei. Wir diskutieren die primäre
Kombination einer kurzfristigen PDN Therapie (4 Wochen, entsprechend UKISS) mit einer
mittelfristigen VGB Therapie, die nach 6 Monaten nach Krankheitsverlauf beendet oder umgestellt
wird. Zu fordern sind prospektive randomisiert kontrollierte Studien, um die zu oft katastrophal
verlaufende Erkrankung besser behandeln zu können.
P057
IV Levetiracetam in Behandlung eines refraktären komplex-partiellen status epilepticus
Nomayo H.O.1
1Klinikum Weiden, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Weiden, Germany
Einführung: Obwohl Antiepileptika(AED) der älteren Generation einen status epilepticus(SE) in den
meisten Fällen beenden können, entwickelt sich ein pharmakorefraktärer Status epilepticus(RSE) bei
einer Minderheit der pediatrischen Patienten mit SE. Die Behandlungsalgorhythmen des RSE
basieren nur auf Konsenz-Empfehlungen oder Expertenmeinungen. Die pharmakologische
Termination eines RSE durch intravenöse Infusionen(ciV) von Benzodiazepin(MDZ),
Barbiturate(PB,THIO), (Fos)Phenytoin(PHT), Valproat(VPA) oder Anästhetika(PRO, KET) birgt das
Risiko potentiell lebensbedrohlicher Komplikationen. Neue Publikationen, die wirksame und sichere
Kontrolle der Anfälle bei Kindern mit RSE durch intravenöse Applikation von Levetiracetam(LEV) und
durch LEV-Applikation über nasogastrale Sonden beschreiben, weisen auf eine mögliche Rolle für
LEV in der Behandlung des RSE.
Fallbericht: Wir berichten über einen 4 Monate alten männlichen Säugling mit epileptischer
Encephalopathie(MMPS) der wegen eines komplex-partiellen Status epilepticus, nach erfolgter
rektaler Diazepamgabe in einer Kinderarztpraxis, in unserer Intensivstation(ICU) aufgenommen
wurde. Er zeigte stundenlange, rasch sich wiederholende autonome und vegetative Anfälle mit
konstanter Bewußtseinsstörung auch im Intervall, die mit ivBZP, ivVPA, ivPB and ciVPHT nicht
beeinflußt werden konnte, die aber nach intravenöser LEV-Kurzinfusion sistierten, mit sofortigem
Wiedererlangen des vollen Bewußtseins danach. Unerwünschte Nebenwirkungen traten nicht auf und
nach Beendigung der ivLEV-Kurzinfusionen blieb der Säugling, unter oraler VPA-LEV Komedikation,
anfallsfrei über einige Tage.
Diskussion: Dieser Fall zeigt, daß ivLEV eine nützliche und sichere Option für die Behandlung des
RSE auch bei Säuglinge ist. Die juristische Fragen des bis dato off-label Einsatzes Säuglingen
müssen Beachtung finden. Randomisierte kontrollierte Studien(RCTs) mit LEV and anderen AEDs der
neuen Generation bei SE sind notwendig.
Abkürzung: MMPSI maligne migrierende partialepilepsie des Säuglingsalter.
P058
Screening auf 15q13.3 Mikrodeletionen in Patienten mit Benigner Rolandoepilepsie und
verwandten Syndromen
Obermeier T.1, Helbig I.1, von Spiczak S.1, Boor R.2, Weber Y.3, Lerche H.3, Neubauer B.4, Franke A.5,
Schreiber S.5, Stephani U.1, Muhle H.1
1Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Klinik für Neuropädiatrie, Kiel, Germany,
2Norddeutsches Epilepsiezentrum für Kinder und Jugendliche, Raisdorf, Germany, 3Universität Ulm,
Klinik für Neurologie, Ulm, Germany, 4Universitätsklinikum Giessen und Marburg, Abteilung
Neuropädiatrie und Sozialpädiatrie, Giessen, Germany, 5Universitätsklinikum Schleswig-Holstein,
Campus Kiel, Institut für Klinische Molekularbiologie, Kiel, Germany
Fragestellung: Zentrotemporale Spikes stellen das elektographische Hauptmerkmal der Benignen
Rolando-Epilepsien (BRE) und verwandter Syndrome dar. Ein Kopplungsbefund von
zentrotemporalen Spikes zu der chromosomalen Region 15q14 ist beschrieben, die zugrunde
liegende genetische Variation ist allerdings bislang unbekannt. Kürzlich wurde eine rekurrente
Mikrodeletion der genomischen Region 15q13.3 gefunden. Diese Mikrodeletion umfasst CHRNA7, das
Gen für die alpha-7 Untereinheit des nikotinergen Acetylcholinrezeptors, ein Kandidatengen für
Epilepsien. Ziel dieser Untersuchung war es, die Frequenz dieser Mikrodeletion in den benignen
Partialepilepsien zu bestimmen.
Methodik: 71 Patienten mit BRE und verwandten Syndromen wurden mittels eines qPCR-Assays
(TaqMan, ABI) auf 15q13.3 Mikrodeletionen untersucht. Die Patientengruppe umfasste 49 Patienten
mit BRE, 12 Patienten mit Pseudo-Lennox-Syndrom (PLS), 7 Patienten mit Electrical Status
Epilepticus in Sleep (ESES) und 3 Patienten mit Landau-Kleffner-Syndom (LKS).
Ergebnis: In keinem der Patienten mit BRE und verwandten Syndromen konnte eine 15q13.3
Mikrodeletion nachgewiesen werden. Dagegen wurden zwei 15q13.3 Duplikationen bei einem
Patienten mit BRE und einem Patienten mit PLS gefunden, deren Bedeutung derzeit unklar ist.
Schlussfolgerung: In unserem Kollektiv ergeben sich keine Hinweise, dass 15q13.3 Mikrodeletionen
einen Risikofaktor für Rolando-Epilepsien und verwandte Syndrome darstellen, allerdings sollte dies in
einem größeren Kollektiv überprüft werden.
P059
Toxische Effekte akzidenteller Ingestion von Lamotrigin im Kindesalter
Syrbe S.1, Landgraf M.1, Bernhard M.K.1, Merkenschlager A.1
1Universitätsklinik für Kinder und Jugendliche Leipzig, Neuropädiatrie, Leipzig, Germany
Lamotrigin (LTG) ist ein neueres Antiepileptikum. Über toxische Effekte im Kindesalter gibt es kaum
Berichte.
Patient 1: Ein 2 5/12 Jahre altes Mädchen wurde etwa drei Stunden nach Einnahme einer 200mg
Tablette LTG aufgenommen. Auffällig war wiederholtes Erbrechen, eine Wesensveränderung, Unruhe
und Müdigkeit. Bei Aufnahme zeigte sich ein agitiertes Kleinkind mit ataktisch athetotischen
Bewegungsmustern, Termor und aggressivem Verhalten. Die initial bestimmten Laborparameter
waren bis auf eine leichte Erhöhung der Transaminasen unauffällig. Der LTG-Spiegel lag bei 27,7mg/l
(therapeutischer Bereich 3-14mg/l). Bezüglich der Bewegungsstörung und der Agitiertheit mit
aggressivem Verhalten wurde nach frustranen Midazolamgaben Levomepromazin eingesetzt. Unter
symptomatischer Therapie normalisierten sich klinische und paraklinische Parameter bis zum
Folgetag.
Patient 2: Ein 1 11/12 Jahre alter Junge wurde uns nach zwei generalisiertem Krampfanfällen
vorgestellt. Bei Aufnahme zeigte sich ein somnolentes Kleinkind mit ataktischen Bewegungen, Tremor
und Nystagmus. 24 Stunden nach Aufnahme normalisierte sich der klinische Zustand. Nach
spezifischer Anamnese ergab sich der Verdacht auf Einnahme von LTG. Der aus dem Serum
bestimmte Plasmaspiegel von LTG lag bei 14,7mg/l am oberen therapeutischen Bereich.
Zusammenfassung: LTG-Inintoxikationen im Kindesalter sind sehr selten. Wir präsentieren den
Verlauf zweier Fälle bei sonst gesunden Kleinkindern. Als Hauptsymptome fanden sich
Wesensveränderung, extrapyramidalmotorische Bewegungsstörungen und Krampfanfälle. Die
gefundenen Plasmaspiegel ließen keinen Schluss auf die Symptomschwere zu. Eine symptomatische
Therapie mit Kreislaufmonitoring steht im Vordergrund. Die Gabe von Aktivkohle und Magenspülung
können im Einzelfall erwogen werden. Wir beobachteten in einem Fall eine deutliche Besserung der
Symptome unter neuroleptischer Therapie mit Levomepromazin, was neben den antipsychotischen
Effekten mit der anticholinergen Wirkung auf das extrapyramidalmotorische System erklärbar sein
könnte.
P060
Krampfanfälle nach akzidenteller Dimenhydrinat-Überdosierung
Bernhard M.K.1, Uhlig H.2, Mütze U.1, Syrbe S.1, Miehe U.1, Merkenschlager A.1
1Universitätskinderklinik, Neuropädiatrie, Leipzig, Germany, 2Universitätskinderklinik,
Gastroenterologie, Leipzig, Germany
Dimenhydrinat gilt als relativ sicheres Medikament, das überwiegend sedierende und anticholinerge
Nebenwirkungen hat. Ein 13 Monate altes Mädchen erlitt innerhalb von neun Stunden drei
mehrminütige, generalisiert tonisch-klonische Anfälle. Anamnestisch zeigte sich, dass das Kind an den
beiden Vortagen aufgrund einer Enteritis mit Erbrechen insgesamt 5 Vomex®-Zäpfchen à 40 mg
erhalten hatte (entsprechend 23 mg Dimenhydrinat/kg KG). Der erste Anfall trat 10 Stunden nach der
letzten Gabe auf. Der Plasmaspiegel lag eine Stunde nach dem ersten Anfall bei 210 µg/l. Im EEG
waren keine Hinweise auf erhöhte Anfallsbereitschaft zu sehen, ein MRT Schädel war bis auf kleine
Marklagergliosen unauffällig. In den nachfolgenden 12 Monaten traten keine erneuten
Anfallsereignisse mehr auf.
Bei Säuglingen und Kleinkindern besteht die Gefahr einer Dimenhydrinat-Überdosierung, wenn
Zäpfchen aufgrund von intermittierenden Stuhlgang nachgegeben werden.
P061
Therapieresistente Anfälle bei maligner Osteopetrose durch homozygote ClCN7 Mutation:
lysosomale Aspekte
Rittinger O.1, Kornak U.2
1Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Universitätskinderklinik Salzburg, Salzburg, Austria,
2Charite Universitätsmedizin Berlin, Institut für Medizinische Genetik, Berlin, Germany
Thematik: Osteopetrosen entstehen durch Funktionsverlust der Osteoklasten, wodurch abnorm
brüchige Knochen und unterschiedlich schwere neurologische Störungen resultieren. Von zentraler
Bedeutung sind Mutationen in Proteinen, die eine elektroneutrale Azidifikation der Resorptionslakunen
der Osteoklasten sicherstellen. Unter den autosomal-rezessiven Formen der Osteopetrose (ARO)
zeigen Mutationen im Chlorid Kanal 7 (CLCN7) gehäuft eine schwere Neuronopathie mit klinischer
Ähnlichkeit zu lysosomalen Speicherkrankheiten.
Kasuistik: 2. Kind konsanguiner türkischer Eltern, das erste Kind verstarb mit 10 Monaten unter dem
Bild einer progredienten neurodegenerativen Erkrankung mit unbeherrschbaren Krämpfen und
schwerer Anämie. Auch beim zweiten Kind bereits in der Neonatalperiode transfusionsbedürftiges
Knochenmarksversagen, Entwicklungsstillstand, Hypotonie, therapieresistente zerebrale Anfälle,
fortschreitender Sehverlust. Aus hämatologischen Detailbefunden Verdacht auf Osteomyelofibrose,
schließlich Diagnose der malignen Osteopetrose aus radiologischen Untersuchungen. Nachweis einer
homozygoten Mutation p.Pro249Arg im Exon 9 des Gens CLCN7. Keine Stammzelltransplantation
wegen der weit fortgeschrittenen Neurodegeneration. Tod im Alter von 3 Jahren.
Lysosomale Aspekte: Clcn7-/- Mäuse entwickeln ebenso wie Menschen eine rasch tödlich
verlaufende Osteopetrose mit Neurodegeneration durch massive Anhäufung lysosomalem
Speichermaterials (Kasper,2005). Das Speichermaterial weist große ultrastrukturelle Ähnlichkeit mit
der neuronalen Lipofuszinose auf einschließlich der Autofluoreszenz. Diese lysosomale Speicherung
wurde auch beim Menschen (Steward, 2003) gefunden, allerdings ohne Nachweis einer
Funktionsstörung der Lysosomen. Bei der häufigeren, durch Mutationen in TCIG1 verursachten
malignen Osteopetrose finden sich diese neuronalen Veränderungen ebenso wenig wie in der
entsprechenden Mausmutante oc. Dies spricht für eine spezielle retinale und epileptogene
Neuropathogenität von CLCN7 Mutationen, die auch durch eine Stammzelltherapie nicht kurabel ist.
P062
Wertigkeit der EEG-Untersuchung nach leichtem Schädelhirntrauma (SHT) im Kindesalter
Oster I.1, Meyer S.2, Shamdeen M.G.2, Gortner L.3
1Universitätsklinik des Saarlandes, Sektion Neuropädiatrie, Homburg, Germany, 2Universitätsklinik des
Saarlandes, Sektion Neuropädiatrie, Klinik für Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie, Homburg,
Germany, 3Universitätsklinik des Saarlandes, Klinik für Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie,
Homburg, Germany
Einleitung: Das SHT ist eine der häufigsten Ursachen für Krankenhauseinweisungen im Kindesalter.
Aufgrund divergierender Leitlinien zum diagnostischen Vorgehen beim leichten SHT im Kindesalter ist
das diagnostische Vorgehen uneinheitlich. Neben bildgebenden Verfahren (cCT; cMRT; Sonografie)
wird häufig eine elektoencephalografische Untersuchung (EEG) durchgeführt, wobei die Wertigkeit
des EEGs bisher nicht geklärt ist.
Methode: Retrospektive Analyse von 150 pädiatrischen Patienten im Alter von 0-16 Jahren, die von
01/2006 - 12/2007 in der Kinderklinik der Universität des Saarlandes mit der Diagnose eines leichten
SHT stationär aufgenommen wurden.
Ergebnis: Das Durchschnittsalter betrug 4,3 ± 3,6 Jahre ( =0,05): 55,3% waren männlich. Die 5
häufigsten Unfallmechanismen waren: Sturz aus der Ebene (30%), Sturz aus < 1m Höhe (30%), Sturz
aus > 1,5m (10%),Sturz aus 1-1,5m (7,3%), Anpralltrauma (6%).
Die 5 häufigsten Symptome waren: Rezidivierendes Erbrechen (31.3%), einmaliges Erbrechen
(28.7%), reduzierter Allgemeinzustand (26%), Kopfschmerzen (12.7%), und kurz dauernde
Bewusstlosigkeit (11.3%).
Bei 118 der 150 Patienten wurde eine EEG-Untersuchung durchgeführt; davon waren 106 (89,8%)
unauffällig, 11 (9.3%) pathologisch und 1 (0,9%) aufgrund von Artefakten nicht beurteilbar.
Die pathologischen EEGs ergaben in 9 Fällen Herdbefunde mit lokalisierter Verlangsamung, in 1 Fall
epilepsietypische Potenziale (Spike-wave Komplexe) und in 1 Fall eine generalisierte Verlangsamung
im Sinne einer Allgemeinstörung.
Von den 11 Patienten mit pathologischem EEG erhielten 2 Patienten eine cCCT, 2 eine cMRT und 2
eine Schädelsonografie, welche alle einen unauffälligen Befund lieferten. Bei keinem der Kinder war
eine neurochirurgische Intervention nötig und bei keinem der Kinder wurden anhaltende Symptome
beobachtet.
Schlussfolgerung: Die routinemäßige EEG-Untersuchung nach leichtem SHT ist bei Kindern nicht
sinnvoll, da sie zumeist einen unauffälligen Befund zeigt und zudem zu unnötiger, weiterführender
Diagnostik führt.
P063
Kopfschmerztherapie mit TENS (Transkutane Elektrische Nervenstimulation) bei Kindern und
Jugendlichen - Eine Verlaufsstudie der Universitätskinderklinik Leipzig
Bernhard M.K.1, Himpel M.1, Landgraf M.1, Syrbe S.1, Merkenschlager A.1
1Universitätskinderklinik, Neuropädiatrie, Leipzig, Germany
Hintergrund: Die Therapie chronischer Kopfschmerzen in der Pädiatrie ist durch den limitierten
Einsatz von Pharmakotherapie schwierig. Eine nicht-medikamentöse Alternative stellt die TENSBehandlung dar.
Methode: Kinder und Jugendliche, die zwischen 2005 und 2008 bei Spannungskopfschmerzen,
Migräne oder kombiniertem Spannungskopfschmerz mit Migräne eine TENS-Therapie über
mindestens 6 Monate erhielten. Die empfohlene Anwendungshäufigkeit lag bei 3 x täglich je 30 min.
Die TENS-Geräte speicherten die Anwendungszahl und -dauer, ohne dass die Patienten auf diese
Daten Zugriff hatten.
Ergebnisse: 75 Patienten zwischen 7 und 18 Jahren wurden mit TENS behandelt (Median 13,5
Jahre, 72 % Mädchen, 28% Jungen). 58 der Patienten hatten Spannungskopfschmerzen, 6 Migräne
und 11 kombinierte Kopfschmerzen. Bei 35% der Patienten gab es Hinweise auf psychosoziale
Hintergründe der Kopfschmerzen. Die durchschnittliche Kopfschmerzfrequenz vor Therapie betrug
10mal pro Monat (von 1 bis 30). Die TENS-Therapie wurde durchschnittlich über 6 Monate
durchgeführt. Bei 3 Patienten (4%) wurde die Therapie wegen Nebenwirkungen abgebrochen, bei 2
Patienten (3%) kam es zu angeblichen Geräte- oder Bedienungsfehlern. Die durchschnittliche
Kopfschmerzfrequenz nahm auf 4mal pro Monat ab (von 0 bis 30). Subjektiv beschrieben 41,5% der
Patienten eine deutliche Besserung der Beschwerden, weitere 34% beschrieben eine geringe (12%)
bis gute (22%) Besserung. Diese Besserung war in 61% der Fälle objektiv nach dem
Kopfschmerzprotokoll verifizierbar. Die Anwendungshäufigkeit des TENS-Gerätes betrug im
Durchschnitt nur 20mal pro Monat (empfohlen 90mal!), die durchschnittliche Dauer je Anwendung 24
min.
Diskussion: In 75 % der Fälle kam es zu einem subjektiven Rückgang der Beschwerden trotz
geringer Compliance. Die subjektive Beschwerdelinderung unter TENS-Therapie ist deutlich höher als
der an der Kopfschmerzfrequenz objektivierbare Erfolg. Insgesamt sollte TENS-Therapie als eine
primäre Dauertherapie von Spannungskopfschmerzen und von Migräne im Kindesalter etabliert
werden.
P064
Ophthalmoplegische Migräne (OM) mit frühzeitiger, rezidivierender Okulomotorius-Parese des
linken Auges bei einem 6 Jahre alten Jungen
Grønborg S.1, Huppke P.1, Schramm P.2, Gärtner J.1, Brockmann K.1
1Zentrum Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Pädiatrie II mit Schwerpunkt Neuropädiatrie, GeorgAugust-Universität, Göttingen, Germany, 2Abteilung Neuroradiologie, Georg-August-Universität,
Göttingen, Germany
OM ist eine seltene Erkrankung mit einseitigen migräneartigen Kopfschmerzen, ipsilateraler
Ophthalmoplegie und Beginn in der Kindheit. Die Hirnnerven III, IV oder VI können betroffen sein,
wobei die Lähmung des N. okulomotorius (HNIII) am häufigsten ist. Die Ophthalmoplegie besteht
Stunden, Wochen oder Monate, die Kopfschmerzen meist mehrere Tage. Nach wiederholten
Episoden ist die Rückbildung der Lähmung möglicherweise unvollständig. In der akuten Phase zeigt
das MRT häufig eine Verdickung und reversible Kontrastmittelaufnahme des betroffenen Nerven.
Läsionen in benachbarten Strukturen müssen ausgeschlossen werden. Die Pathogenese der
Erkrankung ist unklar, eine entzündliche Genese wurde vorgeschlagen. Die Differentialdiagnose
umfasst Tumoren, Traumen, Aneurysmen und entzündliche Geschehen wie Tolosa-Hunt-Syndrom
oder Sarkoidose.
Wir berichten über einen 6 Jahre alten Jungen, der mit 13 Monaten plötzlich und ohne
Begleitsymptome eine Lähmung des HNIII erlitt. Im MRT zeigte sich eine Verdickung und
Kontrastmittelaufnahme des HNIII beim Verlassen des Mittelhirns. Differentialdiagnostisch wurden ein
entzündliches Geschehen und ein Neurinom in Betracht gezogen. Der Patient erhielt Steroide und die
Lähmung bildete sich über mehrere Wochen langsam zurück. In den folgenden fünf Jahren traten
insgesamt acht weitere Episoden auf. Die Behandlung mit Steroiden wurde nicht wiederholt.
Migräneartige Kopfschmerzen wurden das erste Mal bei der fünften Episode, im Alter von vier Jahren,
angegeben, dauerten eine Woche an und begleiteten jede weitere HNIII-Lähmung. In der Anamnese
ist kein Trigger der HNIII-Lähmung ersichtlich. Da es im Rahmen der letzten Episoden nicht mehr zu
einer vollständigen Erholung der Symptome kam, zeigt der Patient jetzt mit 6 Jahren eine partielle
HNIII-Lähmung mit einer erweiterten und areaktiven Pupille links. Im Verlauf kam es nicht zu einer
Zunahme der HNIII-Verdickung und ein aktuelles MRT vier Monate nach der letzten Episode zeigt jetzt
nur noch eine sehr geringe Kontrastmittelaufnahme, so dass die Diagnose OM bestätigt werden
konnte.
P065
Verringert navigierte transkranielle Magnetstimulation (TMS) die Variabilität der MEP-Amplitude
und erhöht sie die Reproduzierbarkeit?
Jung N.H.1, Kuhnke N.1, Hauschke D.2, Stolle S.1, Delvendahl I.1, Mall V.1
1Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde Freiburg, Neuropädiatrie, Freiburg, Germany, 2Institut
für Biometrie und Statistik, Freiburg, Germany
Einleitung: Eine bedeutende Eigenschaft der transkraniellen Magnetstimulation (TMS) ist die
Variabilität der motorisch evozierten Potenziale (MEP). Das Ziel dieser Studie war es, die Variabilität
und Reproduzierbarkeit der MEP-Amplituden mit und ohne navigierter TMS zu einem Zeitpunkt, und
die Reproduzierbarkeit zwischen verschiedenen Zeitpunkten zu untersuchen.
Methoden: Es nahmen n=8 gesunde Probanden (w: n=4, m: n=4) im Alter von 22-25 Jahren
(durchschnittliches Alter: 23,8 ± 1,24 Jahre) an jeweils 3 Untersuchungsterminen mit und ohne optisch
unterstützter navigierter TMS teil. Aufgezeichnet wurden Dosis-Wirkungskurven (von +5% bis +30%
der max. Stimulatorleistung über der motorischen Schwelle) und MEP-Amplituden im Zielbereich von
1 mV (SI1mV). Statistische Kenngröße der Variabilität war der Variationskoeffizient. Die
Reproduzierbarkeit wurde anhand der MEP-Amplitude untersucht.
Ergebnisse: Der Variationskoeffizient der MEP-Amplituden wies keinen signifikanten Unterschied
zwischen der navigierten und der nicht navigierten TMS bei der Aufzeichnung von DosisWirkungskurven auf. Signifikante Unterschiede zeigten sich sowohl für Untersuchungen mit navigierter
TMS, als auch für nicht-navigierte TMS. Ein Trend in Richtung einer reduzierten Variabilität der MEPAmplitude in Untersuchungen mit navigierter TMS konnte nicht beobachtet werden. Es wurden
ebenfalls keine signifikanten Unterschiede in der MEP-Amplitude im 1mV Zielbereich, als Ausdruck
der Reproduzierbarkeit, zwischen navigierter und nicht-navigierter TMS festgestellt.
Diskussion: Unsere Ergebnisse unterstützen die Hypothese nicht, dass lokale Genauigkeit die
Variabilität der MEP-Amplituden senkt. Sie sind im Einklang mit den Ergebnissen eines ähnlichen
Versuchsaufbaus (Gugino et al., 2001). Navigierte TMS erhöht auch nicht die Reproduzierbarkeit der
TMS zwischen verschiedenen Messzeitpunkten. Andere Faktoren, wie zum Beispiel die spinale
Desynchronisation (Rösler et al., 2008), scheinen daher hauptsächlich für die Variabilität der MEP
Amplituden verantwortlich zu sein.
P066
Pontine tegmental cap dysplasia: Zwei zusätzliche Fälle
Poretti A.1, Rauscher C.2, Neuhann T.3, Forstner R.4, Hahn G.5, Koch J.2, Tinschert S.3, Boltshauser
E.1
1University Children’s Hospital, Department of Pediatric Neurology, Zürich, Switzerland, 2Paracelsus
Medical University, Department of Pediatrics, Salzburg, Austria, 3Institute of Clinical Genetics, Medical
Faculty Carl Gustav Carus, University of Technology, Dresden, Germany, 4Paracelsus Medical
University, Department of Radiology, Salzburg, Austria, 5Children's Hospital, Medical Faculty Carl
Gustav Carus, University of Technology, Department of Pediatric Radiology, Dresden, Germany
Die Pontine Tegmental Cap Dysplasia (PTCD) ist eine kürzlich beschriebene Malformation des
Rhombencephalons mit folgenden neuroradiologischen Befunden: flaches Profil der ventralen Pons,
vorgewölbtes Tegmentum der Pons, Dysplasie und Hypoplasie des Kleinhirnwurms, Verkürzung des
mesenzephalen Isthmus, seitlich verlagerte obere Kleinhirnschenkel, deren Form und Verlauf an einen
molar tooth erinnern, Fehlen der unteren Olivenkerne und unvollständiges Fehlen der mittleren
Kleinhirnschenkel. Bisher wurden nur 12 Fälle publiziert, die alle sporadisch auftraten. Wir
beschreiben zwei zusätzliche Patienten. Beide Kinder hatten postnatal Trinkschwierigkeiten aufgrund
einer Kiefersperre. Multiple Hirnnervenausfälle (VII, VIII, IX) waren bei beiden Kindern dominierend
und verursachten eine beidseitige sensorische Taubheit und eine schwere, gastrostomiebedürftige
Schluckstörung. Bei einem Kind bestand auch ein sensorischer Trigeminusausfall mit schweren
Hornhauttrübungen. Beide Kinder machten lediglich geringe Entwicklungsfortschritte. Bei beiden
Kindern lagen Anomalien der Rippen und Wirbelkörper vor, bei einem Kind ein hämodynamisch
relevanter Vorhofseptumdefekt. Die Kinder starben im Alter von 15 bzw. 32 Monaten aufgrund von
interkurrenten Infektionen. Die früher beschriebenen Patienten waren deutlich weniger stark betroffen.
Vergleichbare neuroradiologische Befunde können mit unterschiedlich ausgeprägter Klinik
einhergehen. Unsere Patienten könnten die schwerwiegendste Seite dieses Spektrums darstellen.
P067
Leben mit nur einer Kleinhirnhälfte: Outcome von Kindern mit einer schweren einseitigen
Kleinhirnhypoplasie
Poretti A.1, Limperopoulos C.2, Wolf N.I.3, Roulet-Perez E.4, Rauscher C.5, Prayer D.6, Müller A.7,
Weissert M.8, Kotzaeridou U.3, du Plessis A.J.9, Huisman T.A.10, Boltshauser E.1
1University Children’s Hospital, Pediatric Neurology, Zürich, Switzerland, 2McGill University, Neurology
and Neurosurgery, Montreal, Canada, 3University Children’s Hospital, Pediatric Neurology,
Heidelberg, Germany, 4University Children’s Hospital, Pediatric Neurology, Lausanne, Switzerland,
5University Children's Hospital, Pediatric Neurology, Salzburg, Austria, 6Medical University,
Neuroradiology, Vienna, Austria, 7Children’s Hospital, Pediatrics, Münsterlingen, Switzerland,
8Children's Hospital, Pediatric Neurology, St. Gallen, Switzerland, 9Harvard Medical School, Pediatric
Neurology, Boston, United States, 10The Johns Hopkins Hospital, Pediatric Radiology, Baltimore,
United States
Fragestellung: Vollständiges oder subtotales Fehlen einer Kleinhirnhemisphäre ist selten, nur wenige
Patienten wurden bis jetzt beschrieben. Wir berichten über klinische und neuroradiologische Befunde
sowie kognitive Fähigkeiten einer großen Patientenserie.
Methodik: Wir haben die MR-Bilder und die klinischen Daten von 8 bzw. 7 Kindern mit einer schweren
einseitigen Kleinhirnhypoplasie ausgewertet. Bei zwei Patienten hatten wir eine foetale MRIUntersuchung der 21. Schwangerschaftswoche zur Verfügung, in einem Fall wurde die
Schwangerschaft unterbrochen. Das Durchschnittsalter der Kinder beim letztem Follow-up betrug 7.3
Jahre (2.3 bis 14.9 Jahre).
Ergebnis: Die linke Kleinhirnhemisphäre war bei sechs Kindern betroffen, die rechte bei zwei. Die
Hypoplasie wurde bei fünf Patienten als schwer eingestuft, in drei Fällen lag eine subtotale Aplasie
vor. Der Kleinhirnwurm war in fünf Fällen betroffen, und bei allen Kindern lag eine kontralaterale
Hirnstammasymmetrie vor. Das Volumen der hinteren Schädelgrube war bei vier Patienten ipsilateral
zur Hypoplasie vermindert, bei drei Patienten normal und bei einem vergrößert. Beide foetale MRIUntersuchungen zeigten bereits in der 21. Schwangerschaftswoche die einseitige Kleinhirnhypoplasie.
Drei Patienten zeigten eine leichte Rumpfataxie, fünf eine leichte Extremitätenataxie (in drei Fällen nur
ipsilateral zur Kleinhirnhypoplasie). Muskuläre Hypotonie und Torticollis waren andere Befunde bei
vier Patienten. Drei Kinder wiesen einen globalen Entwicklungsrückstand (moderat in zwei Fällen,
leicht in einem Fall) auf und waren auf eine Sonderschulung angewiesen. Vier Kinder zeigten eine v.a.
expressive Sprachstörung, ein Patient schwere Verhaltensauffälligkeiten im Sinne einer obsessiven
kompulsiven Störung.
Schlussfolgerung: Eine schwere einseitige Kleinhirnhypoplasie stellt eine residuelle Veränderung
nach einer pränatalen Kleinhirnblutung dar. Die Prognose variiert zwischen praktisch normaler
Entwicklung und kognitiver Beeinträchtigung. Risikofaktoren für eine ungünstige Entwicklung konnten
nicht gefunden werden.
P068
Stellenwert der Kernspindiagnostik und Morphometrie des Balkens bei Kindern mit isolierten
kognitiven Störungen
Sanchez-Albisua I.1, Merten A.1, Mayrhofer H.1, Grodd W.2, Krägeloh-Mann I.1
1Universiätsklinikum Tübingen, Klinik für Kinder-und Jugendmedizin, Neuropädiatrie, Tübingen,
Germany, 2Universitätsklinikum, Neuroradiologie, Tübingen, Germany
Es gibt wenig Daten zum diagnostischen Stellenwert der Kernspintomographie (KST) bei Kindern mit
isolierter kognitiver Störung (IKS). Fragestellung unserer retrospektiven Studie war:
1) Wie häufig werden pathogenetisch/ätiologisch weiterführende Befunde erhoben? und
2) Besteht eine Korrelation zwischen der Größe des Balkens und der kognitiven Entwicklung eines
Kindes?
Methoden: Wir evaluierten die KST von 64 Kindern mit IKS und von 18 normalen Kontrollen.
Einschlusskriterien der IKS-Kinder waren: Alter > 3 Jahre, freies Gehen mit < 3 Jahren, keine
neurologisch definierten Zeichen, keine Progredienz der Erkrankung, keine Epilepsie, keine perinatale
Belastung, keine Dysmorphie-Syndrome. Die KST-Befunde wurden als „normal“, „fraglich
pathologisch“ und sicher „pathologisch“ bewertet. Die charakteristischen Kennwerte des Balkens
(Länge, Fläche, Umfang, Flächen und Umfänge der Balkenabschnitte) wurden bestimmt. Anamnese,
Befunde und Diagnosen wurden erfasst.
Ergebnisse: Bei der KST-Befundung wurden 54,7% der Patienten und 61,1% der Kontrollen als
unauffällig eingestuft. Eine fast gleiche Anzahl an fraglich pathologischen Befunden (37,5% Patienten
und 38,9% Kontrollen) wurde diagnostiziert. Sicher pathologische Befunde fanden sich bei 5 Patienten
(7,8%), wobei 2 (3,1%) die Entwicklungsstörung nicht erklärten und 3 (4,7%) die Entwicklungsstörung
erklärten. Pathologische Befunde lagen anteilig mehr bei den mikrozephalen als bei den
normocephalen Patienten vor, bei kleiner Patientenzahl ohne Signifikanz des Unterschieds. Bezüglich
der Kennwerten des Balkens fanden sich, mit Ausnahme der Balkenlänge, keine statistisch
signifikanten Unterschiede zwischen den Untersuchungsgruppen.
Schlussfolgerung: Die Indikation einer KST-Bildgebung bei IKS ohne Progredienz ist gegeben.
Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit des Auffindens eines spezifischen pathologischen und
erklärenden Befundes niedrig (bei 8%). Es besteht keine Korrelation zwischen der Größe des Balkens
und der kognitiven Entwicklung eines Kindes.
P069
MRT der Skelett-Muskulatur in der Differentialdiagnostik der -Dystroglykanopathie - Verläufe
von zwei Patienten mit Muskeldystrophie vom Gliedergürteltyp (LGMD) Typ 2I und Typ 2M
Smitka M.1, Hahn G.2, Morris-Rosendahl D.J.3, Ikonomidou C.1, von der Hagen M.1
1Universitätskinderklinik Dresden, Neuropädiatrie, Dresden, Germany, 2Universitätsklinikum Carl G.
Carus, Institut und Poliklinik für Radiologisch Diagnostik, Dresden, Germany, 3Universitätsklinikum
Freiburg, Institut für Humangenetik, Freiburg, Germany
Einführung: -Dystroglykanopathien sind eine heterogene Gruppe an Erkrankungen, die durch eine
Störung der O-Glykosilierung des Membranproteins -Dystroglykans (DAG1) verursacht werden.
Mutationen in den Genen FKRP, FCMD, POMT1, POMT2, POMGnT1 oder LARGE führen zu einer
abnormen Glykosylierung des DAG1 und ähnlichen, sich überlappenden Phänotypen. Das
Krankheitsspektrum reicht von schweren, kongenitalen Verlaufsformen mit ZNS-Beteiligung bis hin zu
milderen Verläufen im Sinne einer Muskeldystrophie vom Gliedergürteltyp (LGMD). Viele heterogene
LGMD manifestieren mit überlappenden und ähnlichen Phänotypen. Differentialdiagnostisch kann
eine Magnetresonanztomographie des Skelett-Muskels (M-MRT) hilfreich sein zur Darstellung
selektiver Befallsmuster der Muskulatur. Wir vergleichen die M-MRT Befunde von zwei jugendlichen
Patienten mit einer LGMD2I und Nachweis einer compound heterozygoten Mutation im FKRP-Gen
und einer LGMD2M mit Nachweis einer Mutation im FCMD-Gen.
Kasuistik: Der beim M-MRT 17 jährige Patient mit einer LGMD2I bewältigt eine Gehstrecke von ca.
300 Metern. Die M-MRT im Oberschenkelbereich ergab dorsal betonte Muskelveränderungen, mit
relativ gut erhaltenem M. gracilis und M. sartorius. Auch am Unterschenkel zeigt sich v.a. ein
ausgeprägter Befall der dorsalen Muskelgruppen. Der kaukasische, bei M-MRT 16 jährige Patient mit
einer LGMD2M bewältigt eine Gehstrecke von ca. 1 km. Im M-MRT war eine fettige Degeneration der
Glutealmuskulatur, des Musculus adductor brevis, des M. vastus lateralis und intermedius sowie des
M. gastrocnemius und M. peroneus longus nachweisbar.
Diskussion: Bei dem Patienten mit einer LGMD2I zeigt sich im Einklang mit der publizierten Literatur
ein selektives Befallsmuster. Ob das hier dargestellte Muster des Muskelbefalls bei dem Patienten mit
LGMD2M auch bei anderen Patienten mit dieser Entität gezeigt werden kann, muß an weiteren
Patienten überprüft werden. In der Differentialdiagnostik der alpha-Dystroglykanopathien kann die MMRT zur weiteren Einengung der in Frage kommenden Kandidatengene beitragen.
P070
Korrelation der Dosierung von Botulinumtoxin und GMFCS-Level bei Kindern mit bilateral
spastischer Cerebralparese - Eine explorative Kohortenstudie
Schröder S.A.1, Berweck S.1, Huß K.1, Borggraefe I.1, Heinen F.1
1Dr. von Haunersches Kinderspital, Ludwig-Maximilians-Universität München, Abteilung für
Neuropädiatrie und Entwicklungsneurologie, München, Germany
Fragestellung: Die multi-level Behandlung mit Botulinumtoxin A (BoNT/A, Botox®) bei Kindern mit
Cerebralparese (CP) hat sich als wesentlicher Bestandteil eines integrativen Therapiekonzeptes
etabliert. Ziel dieser Studie war es, die Dosierung von BoNT/A pro kg Körpergewicht (KG) pro
Behandlung bei Kindern mit bilateraler spastischer CP in Abhängigkeit des klinischen Schweregrades
nach GMFCS Level zu evaluieren und die Hypothese zu überprüfen, dass die Dosierung nicht vom
Schweregrad abhängt sondern von der Anzahl der zu behandelnden Muskeln.
Methodik: Retrospektive Datenerfassung von Januar 2000 - März 2003 (Kohorte A: Duisburg, Wedau
Kliniken), Prospektive Datenerfassung April 2003 - November 2005 (Kohorte B: München, Dr. von
Haunersche Kinderklinik der LMU München). Ausgewertet wurden demographische Daten
(Geschlecht, Alter, Gewicht), krankheitsspezifische Daten (Ätiologie, Schweregrad, Verteilungsmuster)
und BoNT/A - spezifische Parameter (Dosis/Session, -/Muskel, -/kg Körpergewicht, Anzahl der
behandelten Muskeln). Es erfolgte eine getrennte Auswertung der zwei Kohorten und nach GMFCS
Grad.
Ergebnis: Untersucht wurden 466 Behandlungen in Kohorte A und 151 Behandlungen in Kohorte B.
In Kohorte A zeigte sich eine mittlere Dosierung von 16,1 Units/kg Körpergewicht (KG) versus 18,1
Units/kg KG in Kohorte B. In beiden Kohorten zeigte sich die höchste Dosierung bei Patienten mit
GMFCS Level III und IV (Kohorte A: GMFCS I: 11,4 U/kg KG, GMFCS II: 13,6 U/kg KG, GMFCS III:
17,6 U/kg KG, GMFCS IV: 18,7 U/kg KG, GMFCS V: 16,4 U/kg KG; Kohorte B GMFCS I:15,9 U/kg
KG, GMFCS II: 19,7 U/kg KG, GMFCS III: 21,4 U/kg KG, GMFCS IV: 21,4 U/kg KG, GMFCS V:16,0
U/kg KG).
Schlussfolgerung: Die Aufschlüsselung der Dosis/kg Körpergewicht bestätigt die These, dass die
Dosierung nicht vom Schweregrad abhängt, sondern dass Patienten mit GMFCS Level III - IV die
höchsten Dosierungen benötigen, um eine adäquate multi-level Behandlung zu erhalten.
P071
Sicherheit der Behandlung mit Botulinumtoxin bei Kindern mit bilateral spastischer
Cerebralparese in Abhängigkeit des GMFCS Levels
Berweck S.1, Schröder S.A.1, Huß K.1, Borggraefe I.1, Heinen F.1
1Dr. von Haunersches Kinderspital, Ludwig-Maximilians-Universität München, Abteilung für
Neuropädiatrie und Entwicklungsneurologie, München, Germany
Fragestellung: Die Behandlung mit Botulinumtoxin (BoNT/A, Botox®) bei Kindern mit Cerebralparese
(CP) hat sich als wesentlicher Bestandteil eines multi-modalen Therapiekonzeptes etabliert. Trotz
guter Verträglichkeit bleibt die Frage nach den Risikofaktoren für das Auftreten von Nebenwirkungen
(UAW) bisher unbeantwortet. Ziel dieser Untersuchung war, das Auftreten von UAW in Abhängigkeit
des Schweregrades der CP nach GMFCS aufzuschlüsseln und nach Risikofaktoren für das Auftreten
von UAW zu untersuchen.
Methodik: Retrospektive Datenerfassung von Januar 2000 - März 2003 (Kohorte A: Duisburg, Wedau
Kliniken), Prospektive Datenerfassung April 2003 - November 2005 (Kohorte B München, Dr. von
Haunersche Kinderklinik der LMU München). Ausgewertet wurden demographische Daten
(Geschlecht, Alter, Gewicht), krankheitsspezifische Daten (Ätiologie, Schweregrad, Verteilungsmuster)
und UAW-spezifische Parameter (Art, Dauer, Schweregrad). Es erfolgte eine getrennte Auswertung
der zwei Kohorten nach GMFCS Grad. Behandlungen mit Nebenwirkungen wurden zusätzlich
ausgewertet.
Ergebnis: untersucht wurden 466 Behandlungen in Kohorte A versus 151 Behandlungen in Kohorte
B. In A traten 33 (7,1%) UAW versus 21 (13,9%) UAW in Gruppe B auf. In Kohorte A zeigte sich das
größte Risiko für das Auftreten von UAW bei Patienten mit GMFCS III mit 11/110 (10%)
Behandlungen [GMFCS I: 3/81 (3,7%), GMFCS II: 7/110 (6,4%), GMFCS IV: 9/110 (8,2%), GMFCS V:
3/55 (5,5%)]. Innerhalb der Kohorte B zeigten sich UAW bei Kindern mit GMFCS I in 8/37 (21,6%)
Behandlungen [GMFCS II: 4/31 (12%), GMFCS III: 6/42 (14,3%), GMFCS IV: 2/25 (8,0%), GMFCS V:
1/13 (7,7%]. Innerhalb beider Kohorten war das Alter niedriger in den Untergruppen mit UAW im
Vergleich zur Behandlungsgruppe (A mit UAW: 70 vs. 91 Monate; B mit UAW: 66 vs. 78 Monate).
Schlussfolgerung: das Auftreten von UAW in der Behandlung von Kindern mit CP scheint bei
jüngeren Patienten höher zu sein. In Summe beider Kohorten ist die Wahrscheinlichkeit für das
Auftreten von UAW bei Kindern mit GMFCS III mit 11,2% am größten.
P072
Behandlung der spastischen Cerebralparese: Einsatz von komplexproteinfreiem
Botulinumtoxin A (Xeomin®) bei Kindern
Sprinz A.1, Dercks M.2, Weglage J.2, Nagel A.1
1Haus Walstedde - Gesundheitszentrum, Ganglabor Walstedde, Drensteinfurt, Germany, 2Haus
Walstedde - Gesundheitszentrum, Drensteinfurt, Germany
Fragestellung: Botulinum Neurotoxin Typ A (BoNT A) ist seit langem in der Therapie der CP (CP)
etabliert1. Zuletzt kam ein neues Präparat ohne Komplexproteine (Xeomin®) auf den Markt, derzeit
besteht jedoch noch keine Zulassung für die Behandlung der Spastik.
Methodik: Fallbericht. Wir zeigen vorläufige Daten von 6 Kindern zwischen 4 und 17 Jahren mit einer
ein- bzw. beidseitigen CP (GMFCS Level 1-5°). Die Patienten hatten zuvor BoNT in anderer
Zubereitung bekommen und wurden wegen Wirkabschwächung bzw. -verlust umgestellt auf einen
sog. off-label-use mit BoNT A Xeomin®.
Ergebnis: Die Gesamtdosis betrug 10-76 MU/kg (max. 1.020 MU total), es wurde die multi-muscleoption angewendet. Alle Injektionen wurden am analgosedierten Kind durchgeführt, zur
Analgosedierung gaben wir S-Ketamin and Midazolam (i.v. bzw. rectal). Alle Patienten haben
deutliche Verbesserungen erfahren, sowohl im Bereich der Spastik als auch in bezug auf die
Schmerzsituation, unerwünschte Wirkungen traten nicht auf.
Schlussfolgerung: In verschiedenen Situationen im Rahmen der Behandlung von Kindern mit
spastischen Syndromen benötigen wir Alternativen zur Behandlung mit BoNT (Botox®). Xeomin kann
als komplexprotein-freie Zubereitung hier eine Alternative bieten, wenn es sich nicht um einen strikten
on-label-use handeln muss. Xeomin® ist sicher, und die hier benutzten Dosen sind äquivalent zu
denen von Botox®.
1 Heinen, F. eta al.: Botulinumtoxin für Kinder mit Zerebralparesen: 10-Punkte-Tabelle, 2007. Ein
interdisziplinärer deutscher Konsensus. Monatsschr Kinderheilkd 2007; 155: 537-543.
P073
Veränderungen des Gangbildes nach multimodaler Behandlung der infantilen Cerebralparese
(CP) mit Physiotherapie, Botulinumtoxin und Lokomat-Training: Ein Fallbeispiel
Sprinz A.1, Nagel A.1
1Ganglabor Walstedde - Zentrum für Bewegungsanalyse und -therapie, Drensteinfurt-Walstedde,
Germany
Einleitung: Die multimodale Behandlung der infantilen CP umfasst viele Maßnahmen zur
Verbesserung der Gelenkbewegung und des Gangbildes. Dabei werden physiotherapeutische
Behandlungen [1], Botulinumtoxin A [2,3] und robotergestütztes Gangtraining im Lokomaten [4,5]
eingesetzt.
Patientendaten und Methoden: Die neunjährige Patientin leidet an einer bilateralen spastischen CP
mit GMFCS-Level 1 mit Pes equinovalgus. Die Behandlung umfasste Physiotherapie, die Behandlung
mit Botulinumtoxin A und Gangtraining im Lokomaten (Hocoma, Schweiz). Die Veränderungen im
Gangbild wurden durch dreidimensionale Ganganalysen erfasst (Vicon, Oxford Metrics).
Ergebnisse: Vor der Therapie zeigte sich eine eingeschränkte Knie- und Hüftbeugung (45,8 bzw.
56,2°). Nach der Therapie konnte eine Verbesserung der Beugefähigkeit im Knie- (54,6°) und
Hüftgelenk (59,0°) nachgewiesen werden. Zusätzlich verbesserte sich die Kniestreckung um 7°. Der
Bewegungsrahmen nahm in beiden Gelenken zu (+15,9 bzw. +6,5°). Duskussion: Die
Verbesserungen des Gangbildes zeigen sich vor allem in der besseren Beweglichkeit in Knie und
Hüftgelenken. Dies wird durch die Abschwächung der Spastik in den mit Botulinumtoxin A
behandelten Muskeln sowie das Gangtraining im Lokomaten erreicht, in dem physiologische
Bewegungsmuster trainiert werden.
Schlussfolgerungen: Die Therapie mit intensiver Physiotherapie, Botulinumtoxin A und dem
Gangtraining im Lokomaten zeigte bei dieser Patientin eine gute Wirkung auf die Knie- und
Hüftbeweglichkeit, was zu einem deutlich physiologischeren Gangbild führte.
Literatur:
[1] Lohse-Busch et al., Manuelle Medizin 2003.
[2] Molenaers et al., Orthopäde 2004.
[3] Heinen et al., Monatsschr Kinderheilkd 2007.
[4] Meyer-Heim et al., Developmental Medicine & Child Neurology 2007.
[5] Borggräfe et al., Movement Disorders, 2008.
P074
Fokale Dystonie der dominanten Hand bei einer 13-Jährigen: erfolgreiche Behandlung des
Schreibkrampfes mit Botulinumtoxin A (Xeomin®)
Sprinz A.1, Nagel A.1, Dercks M.2, Illerhaus M.2, Weglage J.2
1Haus Walstedde - Gesundheitszentrum, Ganglabor Walstedde, Drensteinfurt, Germany, 2Haus
Walstedde - Gesundheitszentrum, Drensteinfurt, Germany
Fragestellung: Berichtet wird der Fall einer 13-Jährigen mit einer fokalen Dystonie der dominanten
Unterarm-Muskulatur. Mehrere frustrane Therapien wurden durchgeführt.
Methodik: Fallbericht. Im Alter von 11 J. erstmalig schmerzhafte Dystonie in der rechten (dominanten)
Unterarm- und Handmuskulatur, besonders beim Schreiben. Hauptsymptomatik: hochfrequente,
repetitive Flexion im Hand- und im Ellenbogengelenk mit Hyperaktivität v.a. des M. brachioradialis.
Extern: u.a. MRT- und Neurografie-Befunde unauffällig, orale Medikation mit L-Dopa (1 mg/kg KG).
Erstvorstellung 4/07: fast vollständige Unfähigkeit zu Schreiben, extrem schmerzhafte
aktionsgebundene Dystonie, ansonsten klinisch-neurologisch unauffällig. Erhöhung der oralen LDopa-Therapie bis zur Verträglichkeitsgrenze (3,3 mg/kg KG) ohne Erfolg. In 8/07 Injektion von
Botulinumtoxin (BoNT) A (Botox®) i.m. (40 MU M. brachioradialis, 30 MU M. flexor carpi radialis).
Zunächst nur befriediegender Symptomrückgang, Verbesserung des Schriftbildes. 11/07
Wiederholung der Injektion, zusätzl. Zielmuskel M. flexor carpi ulnaris (Dosis: je 40 MU): kein
besseres Ergebnis. In 2/08 erstmalige injektion mit komplexproteinfreiem BoNT A (Xeomin®) in
gleicher Dosierung. Deutlich verbesserter klinischer Effekt, gute Schmerzreduktion. Bei länger
anhaltendem Therapieeffekt Re-Injektionen in gleicher Dosierung in 6/08 und 10/08. Begleitende
Ergotherapie.
Ergebnis: Mit BoNT A, besonders mit komplexfreiem Xeomin® konnte die fokale Dystonie der
Patientin erfolgreich behandelt werden.
Schlussfolgerung: Botulinumtoxin A wird in der Behandlung der fokalen Dystonie eingesetzt1. Die
Therapie mit Botulinumtoxin A stellt als individueller Heilversuch eine gut steuerbare Therapieoption
für das seltene Bild des Schreibkrampfes im Kindesalter dar, in unserem Fall hat das komplexfreie
BoNT A bessere Ergebnisse erzielt als Botox®.
1 Jankovic J: Botulinum toxin therapy for cervical dystonia. Neurotox Res. 2006; 9: 145-8
P075
Die Hüftentwicklung bei Kindern mit Cerebralparese und Adduktorenspasmus unter der
Therapie mit Botulinum Toxin A: 2-Jahres follow-up
Jung N.H.1, Heinen F.2, Reissig A.3, Westhoff B.4, Berweck S.2, Mall V.1
1Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde Freiburg, Neuropädiatrie, Freiburg, Germany, 2LMU
München, Neuropädiatrie, München, Germany, 3IPSEN Pharma, Ettlingen, Germany,
4Universitätsklinik Düsseldorf, Orthopädie, Düsseldorf, Germany
Einleitung: Die Lateralisation der Hüfte durch die Spastik der funktionellen Adduktorenmuskulatur und
die konsekutive Luxation ist das zweithäufigste fokal-motorische Problem bei Kindern mit
Cerebralparese (CP). Die Inzidenz (Gesamtinzidenz 35%) schwankt, abhängig von der Schwere der
neurologischen Beteiligung. Ist die Wirkung von Botulinum Toxin A (BTX/A) bei Kindern mit CP
hinsichtlich lokaler und funktioneller Parameter gut untersucht, so fehlen Langzeitdaten, insbesondere
unter dem Aspekt der Hüftentwicklung/Hüftluxation.
Methoden: Es wurden die Röntgenbilder von n=27 Kindern (w: n=9, m: n=18, durchschnittliches Alter
5,2 ± 1,93 Jahre) hinsichtlich des Migrationsindex nach Reimers (MI) zu 3 Zeitpunkten
(Ausgangsbefund, 1 Jahr, 2 Jahre) ausgewertet. Die Schwere der neurologischen Beteiligung verteilte
sich folgendermaßen: GMFCS I: n=1, GMFCS II: n=3, GMFCS III: n=3, GMFCS IV: n=12, GMFCS V:
n=8. BTX/A (Dysport®) wurde in die mediale ischiokrurale Muskulatur und die Adduktorenmuskulatur
injiziert (30 U Dysport®/kg KG).
Ergebnisse: Der mittlere MI der rechten Hüfte betrug zu Beginn der Studie 25,5% (0%-48%) und der
der linken Hüfte 28,0% (0%-40%). Nach einem Jahr war der MI rechts 25,6% (+0,1%; Range: 0%53,0%) und links 30,0% (+2,0%; Range: 6%-47%), nach 2 Jahren rechts 26,7% (+1,2%; Range: 0%79%) und links 30,6% (+2,6%; Range: 3%-84%). Bei einem Patienten luxierte die Hüfte (MI>70%)
beidseits im Laufe der Behandlung.
Diskussion: Die Ergebnisse dieser Studie zeigen einen stabilen Mittelwert des Migrationsindex über 2
Jahre, obwohl es sich mehrheitlich um ein Risikokollektiv handelt (GMFCS > oder = III: n=23). Bei
einem vergleichbaren, unbehandelten Kollektiv betrug die Zunahme durchschnittlich 7% pro Jahr
(Terjesen, 2006).
Zusammenfassung: Die Hüfte kann bei Patienten, die einem Risikokollektiv angehören, hinsichtlich
des MI unter der Therapie mit BTX/A stabil gehalten werden. Einzelne Hüften können dennoch
luxieren. Es gilt Strategien zu einem GMFCS-bezogenen Monitoring und Management bezogen auch
auf das „Schlüsselgelenk Hüfte“ zu entwicken und zu etablieren.
P076
ITB-Pumpentherapie beendet pseudoepileptische spinale Spasmen, bei einer jugendlichen
Patientin mit schwerer, spastisch-dystoner, tetraplegischer CP und cervikaler Dystonie
Nomayo H.O.1, Hahn J.2
1Klinikum Weiden, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Weiden i. d. OPf., Germany, 2Klinikum
Weiden, Neurologische Klinik, Weiden i. d. OPf., Germany
Einführung: Infantile Cerebralparese(CP) nach Hirnläsion ist mit Bewegungsstörungen
unterschiedlichen Schwerengrades und dehnungsgeschwindigkeitsabhängiger
Muskeltonuserhöhungen assoziert. Kontinuierliche intrathekale Baclofen(cITB) über einer
implantierten Pumpe ist etabliert for CP aber die Implantation ist für schwere Fälle, die nicht auf orale
Medikation ansprechen, oder bei denen schwere unerwünschte Nebenwirkungen(UNW) auf hohe
Baclofendosen auftreten, reserviert. Eine präoperative Evaluation, nach einer ITB Bolus-Injektion oder
Baclofen-Titrierung mittels externer Pumpe, ist vorgeschrieben. Die Vorteile des ITB-Therapie sind
niedrige effektive Dosen, niedrige Nebenwirkungsrate und verbesserte Muskelentspannung.
Fallbeschreibung: Wir berichten über einer 17-jährigen Patientin mit spastisch-dystoner CP nach
perinataler Hirnläsion, die wegen paroxysmaler spinaler Spasmen, die wie tonische cerebrale
Krampanfälle imponierten, hospitalisiert und mehrmals mit intravenösen Benzodiazepine(BZP)
behandelt wurde. Wegen der schweren Spastizität und Dystonie hatte sie zuletzt keine Kopfkontrolle
und konnte sich nicht mehr sitzend in ihrem motorisierten Rollstuhl bewegen. Nach klinischer und
präoperativer Evaluation mit ITB-Bolus in unserem Klinikum erfolgte die neurochirurgische ITBPumpen-Implantation in der Universitätsklinik in Regensburg. Im Verlauf zeigte sich eine signifikante
Verbesserung der motorischen Funktionen nach Ashworth, und ein vollständiges Verschwinden der
Muskelspasmen, ohne UNW. Die orale Medikation konnte allmählich reduziert werden. Die cervikale
Dystonie wird ohne UNW mit BTX-Injektionen in die Halsmuskulatur behandelt.
Zusammenfassung: Bei unserer Patientin hat sich die cITB-Pumpentherapie bisher als sicher und
effektiv erwiesen,nicht nur bezüglich Muskelentspannung und Verbesserung der Mobilität und
Lebensqualität sondern sie hat auch zur Vereinfachung der Physiotherapie und Pflege sowie zur
Remission der paroxysmalen Muskelspasmen geführt, die zur Hospitalisation und antikonvulsive
Akutmedikationen geführt hatten.
P077
Interventionell-neuropädiatrisches Behandlungsspektrum mit komplexproteinfreiem Botulinum
Neurotoxin Typ A: Wirksame und sichere Anwendung - Drei exemplarische Fälle
Huß K.1, Berweck S.1, Schröder A.S.1, Mall V.2, Borggräfe I.1, Heinen F.1
1Dr. von Haunersches Kinderspital LMU München, Universität München, Abteilung für Pädiatrische
Neurologie, Entwicklungsneurologie und Sozialpädiatrie, München, Germany, 2Universitätskinderklinik
Freiburg, Klinik für Neuropädiatrie und Muskelerkrankungen, Freiburg, Germany
Fragestellung: Behandlung mit dem komplexproteinfreien Botulinum Neurotoxin Typ A (BoNT/A),
Präparation Xeomin®, bei (1) bilateraler spastischer Cerebralparese (BS-CP), (2) beinbetonter
Dystonie und (3) Speichelfluss: Wirksamkeit und Sicherheit der Anwendung bei drei exemplarischen
Patienten in komplexen neuropädiatrischen Versorgungssituationen.
Methodik und Ergebnisse : Klinischer Verlauf dreier Patienten, die aufgrund exemplarischer
Indikationen mit BoNT/A, Präparation Xeomin®, behandelt wurden: Patientin 1 (17 Jahre, BS-CP,
GMFCS Level 1, Gesamtdosis/Behandlung: 6 MU/kg KG, 2 Behandlungen der Mm. rectus femores
und Laufbandtraining über einen Beobachtungszeitraum von 17 Monaten): Die
pharmakotherapeutische Modulation von zum Bewegungsziel antagonistisch wirkenden Muskeln
durch BoNT/A und die zielgerichtete Aktivität durch robotic medicine (Driven Gait Orthosis, Lokomat®)
führen bei bilateraler spastischer CP zu einer Verbesserung des Gross Motor Function Measure
(GMFM-66) um 7,9 %. Patient 2 (17 Jahre, beinbetonte Dystonie, Gesamtdosis/Behandlung 4 MU/kg
KG, 5 Behandlungen der Zehen- und Großzehenbeuger): Der additive fokale Einsatz von BoNT/A zur
Optimierung der übergeordneten Therapie mit tiefer Hirnstimulation bei Dystonie ermöglicht
Gehfähigkeit. Patientin 3 (24 Jahre, BS-CP, GMFCS Level 5, intraglanduläre Injektion einer
Gesamtdosis von 3,25 MU/kg KG, 1 Behandlung mit Xeomin® bei nachlassendem Effekt der
vorherigen Therapie mit BoNT/B): erfolgreiche Reduktion von vermehrtem Speichelfluss bei
psychomotorischer Retardierung mit Schluckkoordinationsstörung aufgrund einer schweren bilateralen
Cerebralparese. Als mögliche Fernwirkung wird Obstipation diskutiert, systemische oder lokale
Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet.
Schlussfolgerung: Xeomin® zeigt sich als wirksame und sichere BoNT/A Präparation im Rahmen
multimodaler neuropädiatrischer Therapiekonzepte und scheint die positiven Erfahrungen aus der
Erwachsenenneurologie zu bestätigen.
P078
Die Entwicklung der Hirndurchblutung in den ersten drei Lebensjahren: Langzeitstudie zur
Messung der Gesamthirndurchblutung bei zwei gesunden Kindern
Kehrer M.1, Schöning M.1
1Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Tübingen, Abt. Neuropädiatrie,
Entwicklungsneurologie, Sozialpädiatrie, Tübingen, Germany
Mittels sonographischer Flowmetrie der extrakraniellen hirnversorgenden Halsarterien kann die
Gesamthirndurchblutung (in ml/min) sowohl bei Früh- und Neugeborenen als auch bei Kindern und
Erwachsenen zuverlässig gemessen werden. Für Früh- und Neugeborene mit einem Gestationsalter
von 32 bis 42 Wochen sowie für Kinder ab dem Alter von 3 Jahren existieren Normwerte für die
Gesamthirndurchblutung. Die Entwicklung der Hirndurchblutung in den ersten drei Lebensjahren ist
dagegen bisher noch unklar. Während die normale Höhe der Hirndurchblutung von reifen
Neugeborenen ca. 70 ml/min beträgt, liegt sie bei Kindern ab 3 Jahren bereits um das 10fache höher
(bei ca. 700 ml/min). Mit dem Ziel, die Entwicklung der Hirndurchblutung in den ersten 3 Lebensjahren
zu beschreiben, wurden zwei gesunde, reife Neugeborene 2½ Jahre lang mit Hilfe serieller
Messungen der Gesamthirndurchblutung untersucht. Es wurden jeweils 28 Messungen durchgeführt.
Bei beiden Kindern zeigte sich zunächst ein extremer Anstieg der Hirndurchblutung in den ersten 6
Lebensmonaten, daran anschließend ein flacherer Anstieg bis zum Alter von 2 ½ Jahren. Wie konnten
zeigen, dass sich die Hälfte der zu erwartenden Steigerung der Hirndurchblutung zwischen der Geburt
und dem 3. Lebensjahr bereits in den ersten 6 Lebensmonaten abspielt, was den erhöhten
metabolischen Bedarf in dieser Phase der starken synaptischen Proliferation widerspiegelt. Der
Anstieg der Hirndurchblutung ab dem 6. Lebensmonat entspricht dann weitgehend dem
Gehirnwachstum. Mit den hier gezeigten Ergebnissen bzgl. der zerebralen Perfusion liegen erstmals
quantitative Daten über die Hirndurchblutung für die Zeitspanne der ersten drei Lebensjahre vor.
P079
Fallvorstellung - Vollständige Rekonvaleszenz nach Erkrankung an akutem hämolytisch
urämischen Syndrom (HUS) mit Basalganglienbeteiligung und klinisch ausgeprägten Dystonie
Kim K.-S.1, Kotzaeridou U.2, Seitz A.3, Schmitt C.P.4, Wolf N.1, Pietz J.1
1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Neuropädiatrie, Heidelberg, Germany, 2Zentrum für Kinderund Jugendmedizin, Heidelberg, Germany, 3Uniklinik Heidelberg -Zentrum der Neuroradiologie,
Heidelberg, Germany, 4Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Allgemeinpädiatrie, Heidelberg,
Germany
Einleitung: Das zentrale Nervensystem ZNS zählt mit 20-30% zu den häufigsten extrarenalen
Komplikationen des HUS. Pathologische Veränderungen in den Basalganglien werden häufig
beschrieben. Dennoch besteht eine breite Variation im klinischen Verlauf und Outcome.
Methoden und Patienten: Klinischer Verlauf und Magnetresonanztomographien (MRT) und Outcome
eines sechs Jahre alten, türkischen Jungen, welcher an einem akuten hämolytisch urämischen
Syndrom mit ZNS-Beteiligung erkrankte, werden dargestellt. Demonstration der MRTs als auch
charakteristischer Videosequenzen.
Ergebnisse: Aufgrund einer Anurie war eine Hämolyse über vier Wochen notwendig. Klinisch
imponierten Opisthotonie und ausgeprägte Dystonie mit muskulärer Hypertonie in wechselhafter
Ausprägung am Rumpf und Extremitäten. Schutzreflexe und Muskeleigenreflexe konnten nicht
ausgelöst werden und es bestand eine Dysphagie. Weder zielgerichtete Bewegungen noch
koordinierte Augenbewegungen wurden ausgeführt.
Die Diagnostik ergab generalisierte Verlangsamung im Standard-EEG, in der kranialen
Computertomographie/MRT ein generalisiertes Hirnödem mit Ödemen im Bereich des Putamens,
Pallidum und Caudatus nucleus, welche sich bis in die weiße Substanz der Capsula interna und
externa ausweiteten. Kein Hinweis auf eine cerebrale Blutung.
Unter intensiven Rehabilitationsmaßnahmen waren die neurologischen Defizite regredient. Zunächst
Verbesserung der Augenmotilität mit Augenkontakt, jedoch unverändert ausgeprägte Dystonie. Im
Verlauf vollständige Regredienz der Symptomem.
In der letzten MRT kamen ein volumenreduziertes Putamen und persistierende Gliosen
bihemisphärisch zur Darstellung.
Schlussfolgerung: Trotz schwerster neurologischer Beteiligung, ausgedehnten pathologischen
Veränderungen im Bereich der Basalganglien und der weißen Substanz ist bei in der MRI weiterhin
nachweislichen Residualbefunden eine vollständige klinische Rekonvaleszenz bei Kindern möglich,
die an einem HUS mit ZNS-Beteiligung erkrankt sind.
P080
Ergebnisse der neuroendoskopischen Therapie des komplexen Hydrozephalus
Gudegast C.1, Niesytto C.1, Fritsch M.J.2, Schröder H.W.S.2, Weigel C.3, Stenger R.-D.1
1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald, Neonatologie und
Pädiatrische Intensivmedizin, Greifswald, Germany, 2Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie,
Greifswald, Germany, 3Institut für Diagnostische Radiologie und Neuroradiologie, Greifswald,
Germany
Einleitung: Hauptkomplikation ventrikulo-peritonealer Ableitungsoperationen des Hydrozephalus von
Früh-und Neugeborenen sind Infektionen und Shuntinsuffizienz. Durch entzündliche
Wandverklebungen und Membranbildungen kann es zur druckwirksamen Kompartmentbildung im
Ventrikelsystem kommen. Erst die externe Liquordrainage, antibiotische Liquorsanierung und die MRT
- navigierte neuroendoskopische Kompartmentbeseitigung erlauben die erneute Implantation eines
funktionierenden ventrikulo-peritonealen Liquorshuntsystems. An einem kleinen Patientengut wird die
Bedeutung der Neuroendoskopie bei der Behandlung des komplexen Hydrozephalus dargestellt.
Methoden und Patienten: Nach primärer ventrikulo-peritonealer Liquorshuntversorgung eines
Hydrozephalus kam es bei 5 Patienten (2 Knaben und 3 Mädchen) im Alter von 4 Monaten - 1,2
Jahren zu Infektionen (Staph. epidermidis) und mehrfachen Shuntrevisionen. Darunter entwickelte
sich ein komplexer Hydrozephalus mit multiplen Kompartimenten und lokaler Druckwirkung. Nach
Liquorsanierung wurde die Neuroendoskopie zur Reanastomosierung der isolierten
Ventrikelabschnitte eingesetzt und umfasste die intraventrikuläre Septenentfernung, Lösung von
Verklebungen, Drainierung eines Cavum vergae, die Aquaeductoplastie und Stentimplantation.
Resultate: Wegen Reinfektionen und erneuter ventrikulärer Kompartmentbildung mussten bei 4
Patienten die neuroendoskopischen Eingriffe wiederholt werden. Nach endgültiger Liquorsanierung
konnten dann die ventrikulo-peritonealen Liquorshuntsysteme problemlos implantiert werden. Bei
nachfolgender Rückbildung der aufgeweiteten Ventrikelanteile gestaltete sich der weitere
postoperative Verlauf unkompliziert.
Schlussfolgerungen: Die Neuroendoskopie ist ein unverzichtbares Verfahren in der Behandlung des
komplexen Hydrozephalus. Nach Liquorsanierung ermöglicht sie die endoskopische Verbindung der
isolierten Ventrikelkompartmente und die Ableitung über ein gemeinsames ventrikulo-peritoneales
Shuntsystem. Die Ergebnisse müssen durch kurzfristige Bildgebung kontrolliert und gesichert werden.
P081
Einblicke in die Regulation des Essverhaltens: fMRI, periphere Physiologie und Multikanal-EEG
bei Kindern und Jugendlichen mit Adipositas
Utzig N.1, Davids S.1, Thoms K.1, Jagdhuhn M.1, Hirschfeld H.1, Domin M.2, Hamm A.3, Lotze M.2,
Lauffer H.1
1Universitätskinderklinik Greifswald, Neuropädiatrie und Stoffwechsel, Greifswald, Germany,
2Universität Greifswald, Institut für Diagnostische Radiologie und Neuroradiologie, Greifswald,
Germany, 3Universität Greifswald, Institut für Physiologische und Klinische Psychologie, Greifswald,
Germany
Fragestellung: Übergewicht stellt weltweit eines der größten Gesundheitsprobleme dar und gewinnt
auch in der Pädiatrie zunehmend an Bedeutung. Auf der Suche nach individuellen Faktoren der
Adipositasgenese führten wir innerhalb einer Studie an normal- und übergewichtigen Kindern und
Jugendlichen neurophysiologische Untersuchungen mittels ereigniskorrelierten Potenzialen (EKP),
funktionellem MRT (fMRI) sowie peripher-physiologischen Parametern wie Hautleitfähigkeit und
Herzratenvariabilität durch und erhoben psychologische Untersuchungsdaten.
Methodik: Vorgestellt werden fMRI-Daten von 22 normalgewichtigen und 22 adipösen Kindern und
Jugendlichen im Alter von 9 bis 18 Jahren. Aufgenommen wurden die Daten während Präsentation
von Fotoserien folgender 4 Kategorien: Nahrungsmittel, bewegungsintensive Sportarten,
diesbezüglich neutrale Bilder sowie emotional freundlich ansprechende Bilder. Die Messungen
erfolgten mit einem 1,5 Tesla-Scanner, ausgestattet mit einer 8-Kanal-Kopfspule. EKP-Daten sowie
peripher-physiologische Messungen wurden separat ebenfalls während der Präsentation dieser
Bildreize erhoben. Zur Ableitung der EKP diente ein 128-Kanal-EEG-System.
Ergebnisse: Die Untersuchungen zeigen sowohl Unterschiede in der Reaktion auf die verschiedenen
Stimuli als auch Unterschiede zwischen normalgewichtigen und übergewichtigen Probanden.
Nahrungsmittelbilder hinterlassen bei adipösen Probanden eine signifikant stärkere fMRI-Aktivierung
im linken dorsolateralen präfrontalen Kortex (DLPFC). Dagegen reagieren normalgewichtige
Probanden beim Anblick von Nahrung mit einer stärkeren Herzratendezeleration. Korrespondierende
Ergebnisse konnten mittels EKP gewonnen werden.
Schlussfolgerungen: Die dargestellten Aktivierungen des frontalen Kortex liegen in Arealen, die
Kontrollfunktionen im Sinne einer Downregulation appetitiver Reflexmechanismen innehaben. In
Zusammenhang mit der geringeren Herzratendezeleration adipöser Kinder ist die stärkere Aktivierung
des DLPFC beim Anblick von Nahrungsreizen möglicherweise Ausdruck eines unbewussten
Vermeidungsverhaltens.
P082
Meningiome im Kindes- und Jugendalter - Multizentrische Querschnittuntersuchung von 42
Patienten
Müller H.L.1, Schröder S.1, Gebhardt U.1, Zwiener I.2, Faldum A.2, Warmuth-Metz M.3, Pietsch T.4, Kolb
R.1, Wiegand C.5, Sörensen N.5, für die Studienkommissionen KRANIOPHARYNGEOM 2000 / 2007
und HIT-Endo
1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Klinikum Oldenburg gGmbH, Klinik für Allgemeine
Kinderheilkunde, Hämatologie / Onkologie, Oldenburg, Germany, 2Institut für Medizinische Biostatistik,
Epidemiologie und Informatik, Universität Mainz, Mainz, Germany, 3Universitätsklinikum Würzburg,
Abteilung für Neuroradiologie, Würzburg, Germany, 4Institut für Neuropathologie, Universitätsklinikum
Bonn, Bonn, Germany, 5Neurochirurgische Klinik, Evangelisches Krankenhaus, Oldenburg, Germany
Meningeome (MG) sind selten im Kindes- und Jugendalter. Im Rahmen einer multizentrischen
Querschnittstudie wurden 42 pädiatrische MG-Patienten erfasst und hinsichtlich diagnostischer
Merkmale, Therapie und Prognose untersucht. Patienten mit Neurofibromatose oder einem MG als
Zweittumor wurden ausgeschlossen.
MG wurden diagnostiziert im medianen Alter von 8.4 Jahren (0.1-17.6). Die histologische Diagnose
wurde in 80% der Fälle referenzpathologisch bestätigt (18 WHO Io; 16 IIo; 3 IIIo; 2 IVo). Lokalisation
der MG: 26 hemisphärisch; 6 Nervus und Tractus Optikus; 5 parsellär; 2 zerebellär, 3 spinal. Eine
komplette Resektion (KR) wurde bei 24 Patienten (57%) erzielt (19 WHO Io/IIo, 4 IIIo/IVo).
Progressionen und Rezidive traten bei 10 von 18 Patienten nach inkompletter Resektion (IR) (9
Patienten WHO Io/IIo; und 1 Patient IIIo/IVo) bzw. 10 von 24 Patienten nach KR (7 Patienten WHO
Io/IIo; 3 Patienten IIIo/IVo) auf. Eine lokale externe Strahlentherapie (XRT) wurde bei 16 Patienten
durchgeführt (38% nach KR; 62% nach IR). Chemotherapie (XCH) nach den HIT-Therapieprotokollen
erhielten 6 Patienten (1 WHO Io/IIo nach KR, 3 IIIo/IVo nach KR, 2 III°/IV° nach IR). Es fand sich keine
signifikante Response auf die XCH bei 3 (alle WHO° IIIo/IVo) von 6 Patienten, die diesbezüglich
auswertbar waren. Die Gesamtüberlebens- (OS) und ereignisfreie Überlebensrate (EFS) nach 5
Jahren waren niedriger (p0.001 / p0.05) bei WHO IIIo/IVo (n=5; OS:0.27, EFS:0.40) im Vergleich zu
WHO Io/IIo (n=34; OS:0.97, EFS:0.48). Für MG Io/IIo war die 5-Jahre-EFS abhängig vom operativen
Resektionsgrad (KR: n=19, EFS: 0.69; IR: n=15, EFS: 0.34; p<0.05). Eine XRT hatte Einfluss auf die
EFS bei MG Io/IIo nach IR (XRT nach IR: n=8, 3-J-EFS: 0.83; keine XRT nach IR: n=7, 3-J-EFS:
0.33).
MG niedrigen Malignitätsgrades (Io/IIo) sollten chirurgisch und strahlentherapeutisch behandelt
werden. MG IIIo/IVo hatten eine schlechte Prognose und erschienen therapierefraktär trotz OP, XRT
und XCH. Insofern bedarf es innovativer Therapiestrategien bei MG IIIo/IVo.
P083
Tumorinduzierte Hemichorea
Geis T.1, Schilling S.1
1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin St. Hedwig, Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg,
Lehrstuhl für Kinder- und Jugendmedizin der Universität Regensburg, Neuropädiatrie, Regensburg,
Germany
Hintergrund: Die Chorea ist eine extrapyramidal-motorische Bewegungsstörung mit unwillkürlichen,
regellos und schnell ablaufenden Bewegungen vorwiegend der proximalen Extremitäten. Die häufigste
Ursache der erworbenen Form ist im Kindesalter die Poststreptokokkenerkrankung Chorea Sydenham
mit einer Inzidenz von ca. 0,5:100 000. Differentialdiagnostisch müssen andere Störungen der
Stammganglienfunktion bedacht werden. Tumoren im Bereich der Basalganglien sind aus einzelnen
Fallberichten als sehr seltene Ursache der erworbenen Chorea bei Kindern bekannt.
Falldarstellung: Eine 12-jährige Jugendliche mit Ullrich-Turner-Syndrom stellte sich mit zappeligem
Verhalten, nachlassenden Schulleistungen und Symptomatik eines Diabetes insipidus vor. Klinischneurologisch zeigte sich eine rechtsbetonte choreatische Bewegungsstörung sowie eine generelle
Muskelhypotonie mit überlebhaften Muskeleigenreflexen. Im MRT des Cerebrums fand sich ein
inhomogen Kontrastmittel anreichernder Tumor mit Lokalisation vorwiegend im linken Nucleus
caudatus, der periventrikulär bis zur Gegenseite sowie nach subthalamisch in den Hypophysenstiel
reichte. Histologisch handelte es sich um ein Germinom. Neben Radiochemotherapie nach MAKEIProtokoll und Desmopressin-Applikation wurde eine Behandlung mit Valproinsäure begonnen.
Diskussion: Für die betroffene Familie wurde die klinische Situation bestimmt durch unspezifische
Symptome wie Verhaltensauffälligkeiten, Störung der Konzentrationsfähigkeit und Einbußen der
Schulleistungen. Erst die klinische Untersuchung offenbarte zusätzlich das Bild einer choreatischen
Bewegungsstörung. Durch eine cerebrale Kernspintomographie konnte die seltene Diagnose einer
tumorinduzierten Hemichorea gestellt und eine adäquate Therapie eingeleitet werden.
P084
Peripheres Alpha-Melanozyten-Stimulierendes-Hormon (-MSH) bei adipösen Kindern und
Patienten mit Kraniopharyngeom
Müller H.L.1, Gebhardt U.1, Reinehr T.2, Enrion P.J.3, Cowley M.A.3, Roth C.L.4, für die
Studienkommissionen KRANIOPHARYNGEOM 2000 / 2007
1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Klinikum Oldenburg gGmbH, Klinik für Allgemeine
Kinderheilkunde, Hämatologie / Onkologie, Oldenburg, Germany, 2University of Witten / Herdecke,
Vestische Children Hospital, Witten / Herdecke, Germany, 3Oregon Health and Science University,
Division of Neuroscience, National Primate Research Center, Beaverton, Oregon, United States,
4University of Washington, Seattle Children`s Hospital Research Institute, Seattle, United States
Im Gegensatz zu den zentralen sind die peripheren Effekte des Melanocortins und die sie
vermittelnden Rezeptoren nur wenig erforscht. Das Alpha-Melanozyten-Stimulierende-Hormon (MSH) ist ein posttranslationales Produkt des POMC-Prohormons. -MSH wird von den
melanotrophen Zellen in der Pars intermedia der Hypophyse produziert. Neuere Untersuchungen
belegen eine Rolle des -MSH in der Thermoregulation durch Stimulation der Oxydation freier
Fettsäuren und der Glukoseaufnahme im Skelettmuskel durch die Aktivierung von MC5R via PKAAMPK-Pathway.
Wir untersuchten die periphere -MSH-Konzentration im Serum von 52 adipösen Kindern, 27
normalgewichtigen Kindern, Kindern mit Hypopituitarismus und 12 Kindern mit Kraniopharyngeom mit
der Frage, welche Rolle peripheres -MSH in der Entstehung einer Adipositas und bei
Kraniopharyngeompatienten spielt. -MSH, Leptin, Insulin und Glukose wurden im Nüchternserum
gemessen. Patienten mit Hypopituitarismus oder Kraniopharyngeom boten ein deutlich erniedrigtes
Serum--MSH (normalgewichtige Kinder: 26.6 fmol/ml versus Hypopituitarismus: 8.4 fmol/ml versus
Kraniopharyngeom 7.7 fmol/ml). Kraniopharyngeompatienten hatten niedrigere (p<0.001) -MSHSerumkonzentrationen im Vergleich zu adipösen Kindern. -MSH-Unterschiede zwischen
normalgewichtigen und adipösen Kindern waren nicht feststellbar. Die niedrigen -MSHKonzentrationen zeigten bei Kraniopharyngeompatienten keinen Anstieg nach Einnahme einer 500
kcal Mahlzeit. Kraniopharyngeompatienten boten höhere Insulinwerte, Insulin-Resistance-Indices
(HOMA) und Leptinkonzentrationen im Vergleich zu adipösen Probanden mit vergleichbarem BodyMass-Index.
Erniedrigte -MSH-Konzentrationen bei Patienten mit hypophysärer Dysfunktion belegen die
Bedeutung der Hypophyse als -MSH produzierende Drüse. Die extrem erniedrigten -MSHKonzentrationen im Serum von Kraniopharyngeompatienten können durch hypothalamischhypophysäre Läsionen erklärt werden und sollten als relevanter pathogenetischer Faktor für die
Adipositas und eine erniedrigte Thermogenese in Betracht gezogen werden.
P085
Neue Therapiestrategien für Kinder und Jugendliche mit Kraniopharyngeom - Aktueller
Zwischenstand der multizentrischen, randomisierten Studie KRANIOPHARYNGEOM 2007 nach
12 Monaten Rekrutierung
Gebhardt U.1, Schröder S.1, Pohl F.2, Kortmann R.-D.3, Zwiener I.4, Faldum A.4, Warmuth-Metz M.5,
Pietsch T.6, Calaminus G.7, Kolb R.1, Wiegand C.8, Sörensen N.8, Müller H.L.1
1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Klinikum Oldenburg gGmbH, Klinik für Allgemeine
Kinderheilkunde, Hämatologie / Onkologie, Oldenburg, Germany, 2Universitätsklinikum Regensburg,
Klinik für Strahlentherapie, Regensburg, Germany, 3Universitätsklinikum Leipzig, Klinik für
Radioonkologie, Leipzig, Germany, 4Institut für Medizinische Biostatistik, Epidemiologie und
Informatik, Universität Mainz, Mainz, Germany, 5Universitätsklinikum Würzburg, Abteilung für
Neuroradiologie, Würzburg, Germany, 6Institut für Neuropathologie, Universitätsklinikum Bonn, Bonn,
Germany, 7Universitätsklinikum Münster, Klinik für Päfdiatrische Onkologie, Münster, Germany,
8Neurochirurgische Klinik, Evangelisches Krankenhaus, Oldenburg, Germany
Bei hoher Überlebensrate (92%) wird die Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen nach
Kraniopharyngeom durch Spätfolgen wie die hypothalamisch bedingte Adipositas beeinträchtigt.
KRANIOPHARYNGEOM 2000 zeigte, dass eine radikale Resektion bei hypothalamischer Beteiligung
in Anbetracht der Spätfolgen nicht empfehlenswert ist. Progressionen und Rückfälle sind häufige
Ereignisse in den ersten 3 Jahren nach Diagnose (3-J-EFS nach kompletter Resektion:0.63±0.09; 3-JEFS nach inkompletter Resektion:0.31±0.07). Insofern besteht Bedarf für innovative
Therapiestrategien zur Behandlung von Patienten mit Hypothalamusbeteiligung nach inkompletter
Tumorresektion.
In der randomisierten Folgestudie KRANIOPARYNGEOM 2007 wird für die Untergruppe der Patienten
eines Alters 5 Jahre bei Diagnose postoperativ nach inkompletter Resektion eine Randomisation in
zwei Behandlungsarme durchgeführt (direkte postoperative Strahlentherapie versus MRTKontrollen+XRT bei Progression des Tumorvolumens). Anhand der Endpunkte Lebensqualität und
EFS wird untersucht, welcher Bestrahlungszeitpunkt günstiger ist. Alle anderen Patienten werden in
einer Beobachtungsstudie erfasst und ausgewertet. Zwischen 10/07 und 11/08 wurden 27 Patienten in
der Studie KRANIOPHARYNGEOM 2007 rekrutiert (15 Patienten in der randomisierten Studie; 6
Patienten in der Beobachtungsstudie; bei 6 Patienten stand der Review der Bildgebung zZ. der
Zwischenauswertung aus). 5 von 15 Patienten wurden randomisiert. 10 Patienten konnten nicht
randomisiert werden (3 Elternentscheidungen, 4 organisatorische Probleme, 3 Entscheidung der
behandelnden Ärzte).
KRANIOPHARYNGEOM 2007 ist die erste randomisierte Studie, die die Lebensqualität als Endpunkt
der Behandlung pädiatrischer Hirntumorpatienten untersucht. Studienfrage ist der adäquate Zeitpunkt
der XRT nach inkompletter Resektion. Die Rekrutierungscompliance ist erfreulich hoch, die
Randomisationscompliance erscheint verbesserungsbedürftig. Anfängliche organisatorische Probleme
im Randomisierungsprozess konnten während der ersten 12 Rekrutierungsmonate gelöst werden.
P086
Mitbewegungen bei 5 bis 10 Jahre alten Kindern
Pansy J.1, Marschik P.B.1, Einspieler C.1
1Institut für Physiologie, Zentrum für Physiologische Medizin, Medizinische Universität Graz, Graz,
Austria
Fragestellung: Mitbewegungen sind unwillkürliche synchrone Bewegungen einer Extremität während
einer willkürlich durchgeführten Bewegung der kontralateralen Extremität. Ziel der Studie war es, die
Entwicklung der Mitbewegungen bei reif geborenen Kindern zu beschreiben, sowie den
Zusammenhang zwischen Mitbewegungen und Minor Neurological Dysfunction (MND) zu
untersuchen.
Methodik: 28 Kinder (17 Mädchen und 11 Buben) wurden von der Geburt bis zum 10. Lebensjahr
entwicklungsneurologisch (motorische, sprachliche und kognitive Tests) untersucht. Im Alter von 5, 6
,7 und 10 Jahren wurde eine neurologische Untersuchung nach Touwen durchgeführt. Die
Mitbewegungen wurden retrospektiv anhand von Videoaufzeichnungen während der Finger-DaumenOpposition, Diadochokinese, dem Zehenspitzengang sowie dem Fersengang analysiert. Nach
Hadders-Algra (2002) wird das Vorkommen von markanten Mitbewegungen in 3 von 4 dieser
Aufgaben als Dysfunktion des Clusters Mitbewegungen gezählt.
Resultate: Eine Dysfunktion im Cluster Mitbewegungen wurde bei 3 Kindern mit 5 Jahren, bei 6
Kindern mit 6 Jahren, bei 3 Kindern mit 7 Jahren und bei 3 Kindern im Alter von 10 Jahren gefunden.
Interessanterweise, fanden wir eine große altersabhängige intra-individuelle Variabilität. Nur 3 Kinder
zeigten eine Dysfunktion der Mitbewegungen in zwei aufeinanderfolgenden Untersuchungen: zwei
Kinder im Alter von 5 und 6 Jahren, und 1 Kind im Alter von 7 und 10 Jahren. Folglich fanden wir
weder einen altersabhängigen Trend im Auftreten von Mitbewegungen (Wilcoxon test, n.s.), noch
einen Zusammenhang zwischen Geschlecht und dem Auftreten von Mitbewegungen (Chi-square test,
n.s.). Während sich im Alter von 6 Jahren ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Auftreten
von ausgeprägten Mitbewegungen und MND (Pearson Chi-Square, p < 0.001) ergab, zeigte sich mit 7
und 10 Jahren zwar ein nicht signifikantes Ergebnis, aber dennoch ein ähnlicher Trend.
Schlussfolgerung: Das Vorkommen von Mitbewegungen unterliegt einer großen intra-und
interindividuellen Variabilität und korreliert mit dem Auftreten von MND.
FWF P19581-B02; Lanyar Foundation P325
P087
Gibt es eine Beziehung zwischen Touwen’s neurologischer Untersuchung und der Zürcher
Neuromotorik?
Rapp E.M.1, Marschik P.B.2, Pansy J.2, Einspieler C.2
1Schwarzwald-Baar Klinikum, Klinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin Villingen, VillingenSchwenningen, Germany, 2Institut für Physiologie, Zentrum für Physiologische Medizin, Medizinische
Universität Graz, Graz, Austria
Die Zürcher Neuromotorik (ZNM) ist eine standardisierte Untersuchung, die quantifizierte Angaben
über die neuromotorischen Fähigkeiten eines Kindes ermöglicht. Anhand einfacher und komplexer
Bewegungsabfolgen sowie adaptiver Aufgaben werden die zeitlich gemessene motorische
Leistungsfähigkeit (Geschwindigkeit der Bewegungsabfolgen) und die Bewegungsqualität (Dauer und
Ausmaß der Mitbewegungen) beurteilt. Ziel der Studie war, die Beziehung zwischen der ZNM und
Touwens neurologischer Untersuchung herauszufinden.
Teilnehmer: 30 Kinder (19 Mädchen, 11 Buben), die an einer nun zehnjährigen Langzeitstudie über
die motorische, sprachliche und kognitive Entwicklung teilnehmen. 19 Kinder sind neurologisch
unauffällig, 6 Kinder haben eine einfache neurologische Dysfunktion und 5 Kinder eine komplexe
neurologische Dysfunktion.
Methode: Im Alter von 10 Jahren wurden die Kinder wieder nach Touwen neurologisch untersucht.
Nach einer 15 minütigen Pause wurde die ZNM durchgeführt.
Ergebnisse: Es gab keine Korrelation zwischen der neurologischen Untersuchung und der ZNM
(motorische, adaptive, dynamische und statische Leistungen sowie Qualität der Mitbewegungen).
Schlussfolgerung: Die ZNM sollte komplementär zur traditionellen neurologischen Untersuchung
verwendet werden, diese jedoch nicht ersetzen.
(FWF P19581-B02; Lanyar Foundation 325)
P088
Beurteilung der Spontanmotorik bei einem Kind mit Peters Anomalie
Pansy J.1, Einspieler C.1
1Medizinische Universität Graz, Institut für Physiologie, Graz, Austria
Einleitung: Peters Anomalie ist eine seltene Form einer segmentalen Dysgenesie der vorderen
Augenkammer, die zu einem bilateralen Glaukom, Hornhauttrübung oder Katarakt führen kann.
Weiters ist die Assoziation mit anderen oculären oder systemischen Störungen möglich.
Fallbeschreibung: Bei der Patientin fiel unmittelbar postpartal eine beidseitige Hornhauttrübung auf.
Schwangerschaft und Geburt verliefen anamnestisch komplikationslos. Bei einer augenärztlichen
Untersuchung in Narkose wurde eine schwere mesodermale Entwicklungsstörung/Peters Anomalie
festgestellt. Da bekannt ist, dass Säuglinge mit einer peripheren Sehstörung auch eine qualitativ
andere Spontanmotorik haben, wurde die Patientin im Alter von 6 und 14 Wochen gefilmt. Ihre
Spontanbewegungen wurden mit besonderem Augenmerk auf die für dieses Alter typischen „fidgety
movements“ (FMs) analysiert.
Ergebnisse: Mit 6 Wochen waren die Spontanbewegungen überwiegend ruckartig, monoton und steif.
„Fidgety-like movements“ waren zu langsam in ihrer Geschwindigkeit und kamen hauptsächlich am
Rumpf vor. Die Patientin zeigte die für blinde Kinder typischen „roving eye movements“. Mit 14
Wochen war das Bewegungsrepertoire unverändert steif und monoton. Wieder wurden „fidgety-like
movements“ beobachtet, wobei diese nun auch distal vorkamen. Es fehlte ihnen jedoch wieder der für
normale FMs typisch fließende, elegante Charakter und sie waren zu langsam im Vergleich zu
normalen FMs. Weiters fielen eine asymmetrische Körperhaltung, das Fehlen der zentrierten
Kopfhaltung, häufig auftretende Kopfanteflexionen, häufige und monotone Zungen -und
Mundbewegungen sowie „roving eye movements“ auf. Die für das Alter typischen Bewegungen von
Armen und Beinen zur Mittellinie waren sehr selten bzw. flüchtig.
Schlussfolgerung: Die Beeinträchtigung des visuellen Systems bei Peters Anomalie geht mit
abnormalen „fidgety-like movements" sowie einem wenig optimalen Bewegungsrepertoire einher.
P089
Selbstregulatorische Fähigkeiten bei Frühgeborenen - erste Ergebnisse zu einer Testbatterie
zur Untersuchung der „Effortful Control“
Reuner G.1, Voigt B.1, Pauen S.2, Pietz J.1
1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin Heidelberg, Klinik für Neuropädiatrie, Heidelberg, Germany,
2Universität Heidelberg, Entwicklungs- und Biopsychologie, Heidelberg, Germany
„Effortful Control“ meint die Fähigkeit, eine dominante Reaktion zu unterdrücken und eine
subdominante Reaktion zu zeigen. Das Konzept ist an der Schnittstelle kognitiver und sozialemotionaler Aspekte der Selbstregulation lokalisiert und liegt in inhaltlicher Nähe zum Konzept der
„Exekutiven Funktionen“. Für den sehr jungen Altersbereich liegen bislang kaum validierte
Untersuchungsverfahren vor. Das deutlich erhöhte Risiko von ehemaligen Frühgeborenen für spätere
Auffälligkeiten in der Selbstregulation und Verhaltenssteuerung ist vielfach beschrieben und muss
deshalb ebenso in die differenzielle Frühdiagnostik bei Risikokindern einbezogen werden, wie die
kognitive Entwicklung.
In Anlehnung an Kochanska et al. (2000, 2003) wurde eine Verhaltensbatterie für Kinder im Alter von
24 Monaten entwickelt, mit der wesentliche Aspekte der „Effortful Control“ erfasst werden sollen:
Motorische Verlangsamung der Fein- und Grobmotorik, Reaktionsverzögerung in motivationalen
Situationen, exekutive Aufmerksamkeitssteuerung, Kognitive Flexibilität und Reaktionsaktivierung
bzw. -unterdrückung auf ein Signal hin.
Wir berichten über erste Ergebnisse an einer Stichprobe von 30 Frühgeborenen im Alter von korr. 24
Monaten mit unterschiedlichen perinatalen Risiken. Es zeigen sich deutliche inter- und intraindividuelle
Unterschiede in der Verhaltenssteuerung bei der Selbstregulation in motivationalen versus neutralen
Aufgabenkontexten.
Die Praktikabilität der Batterie, Auswertung und Interpretation werden insbesondere mit Hinblick auf
verschiedene perinatale Risikokonstellationen sowie konfundierende Variablen (z. B. Motorische
Koordinationsstörungen, Sprachentwicklungsstörungen) diskutiert.
P090
Modulation vasoaktiver und cytotropher Faktoren im unreifen Gehirn der Maus durch
pharmakologische Stabilisation Hypoxie-induzierbarer Transkriptionsfaktoren (HIFs)
Schneider C.1, Krischke G.1, Walkinshaw G.2, Arend M.2, Rascher W.1, Trollmann R.1
1Universitätsklinikum Erlangen, Klinik für Kinder und Jugendliche, Erlangen, Germany, 2Fibrogen Inc.,
South San Francisco, United States
Hintergrund: Hypoxie-induzierbare Transkriptionsfaktoren (HIFs) gelten als wichtigste Regulatoren
der Adaptation an Hypoxie. Während der Gehirnentwicklung modulieren spezifische HIF-Zielgene
wichtige Prozesse wie Vaskulogenese, zelluläre Migration und Differenzierung. Ziel der Studie war es,
in vivo Effekte der HIF-Stabilisation durch Prolyl-Hydroxylase-Inhibitor (PHI) auf HIF-regulierte
Faktoren im unreifen Gehirn der Maus zu untersuchen.
Methodik: Adulte (n=5) und neonatale (P7, n=15) C57/BL6 Mäuse wurden mit PHI FG-4497 in der
Dosis 30-100 mg/kg (i.p.) behandelt. Nach 6 h wurden die Gehirne im Vergleich zu 0.9%NaCl- (VT)
und unbehandelten Kontrollen (NT) analysiert. Die Genexpression (VEGF, vascular endothelial growth
factor; ADM, Adrenomedullin; EPO, Erythropoetin; CXCR4, Chemokinrezeptor 4) wurde mittels
TaqMan RT-PCR quantifiziert. Proteinbestimmungen erfolgten mittels ELISA.
Ergebnisse: Dosis-Wirkungs-Analysen zeigten systemische Effekte des PHI bei 60 mg/kg, die sich
mit Verdopplung der VEGF-Serumkonzentrationen und signifikantem Anstieg der VEGF mRNAKonzentrationen im ZNS (p<0.05) der adulten Tiere im Vergleich zu Kontrollen darstellten (MW±SEM).
Nach Dosisoptimierungsanalysen waren bei den neonatalen Mäusen maximale Effekte des PHI in der
Dosis von 100 mg/kg zu beobachten. Es fand sich ein Anstieg der mRNA-Konzentrationen von VEGF
(PHI, 1.25±0.14, n=4; VT, 0.48±0.02, n=5; NT, 0.52±0.05, n=5; p<0.05) und ADM (PHI, 0.69±0.21,
n=4; VT, 0.20±0.03, n=5; NT, 0.13±0.02, n=5; p<0.05). PHI induzierte einen Anstieg der mRNAKonzentrationen cytotropher Faktoren wie EPO (PHI, 0.62±0.27; VT, 0.07±0.03; NT, 0.05±0.01;
p<0.05) und CXCR4 (PHI, 1.05±0.24; VT, 0.27±0.05; NT, 0.39±0.07; p<0.05).
Schlussfolgerungen: PHI passiert die Blut-Hirn-Schranke im unreifen Gehirn der Maus. Vorliegende
Ergebnisse lassen vermuten, dass die HIF-Stabilisation mittels PHI vasoaktive und neurotrophe
Mechanismen im unreifen ZNS der Maus in vivo moduliert, die in der frühen ZNS-Entwicklung und bei
hypoxisch-ischämischer Schädigung des unreifen Gehirns von essentieller Bedeutung sind.
P091
Kombination von früher endotrachealer Surfactant-Gabe und nasalem kontinuierlichem
positiven Atemwegsdruck (nCPAP): 15-32-Monats-Outcome von Frühgeborenen mit extrem
niedrigem Geburtsgewicht (ELBW)
Hoffmann L.1, Kribs A.1, Jopp-Petzinna G.1
1Klinik und Poliklinik für allgemeine Kinderheilkunde der Universität zu Köln, Perinatalzentrum und
Sozialpädiatrisches Zentrum, Köln, Germany
Hintergrund: Sowohl frühe Anwendung von nCPAP als auch Intubation und Beatmung mit früher
Surfactantgabe sind effiziente Therapien des ANS. Wir kombinierten beide Therapieprinzipien, indem
Surfactant über einen endotrachealen Katheter unter nCPAP appliziert wurde. Die im Rahmen einer
Machbarkeitsstudie behandelten ELBW- Kinder (n= 42) wurden mit einer historischen Kontrollgruppe
(KG) (n=34) verglichen. Mortalität und Kurzzeitmorbidität waren in der Interventionsgruppe (IG)
niedriger, so dass eine prospektive randomisierte kontrollierte Studie gerechtfertigt erscheint.
Fragestellung: Finden sich im Alter von 15-32 Monaten sicherheitsrelevante Unterschiede zwischen
beiden Gruppen?
Methoden und Patienten: Alle Kinder wurden nach Entlassung zu regelmäßigen
Routineuntersuchungen einbestellt. Ausgewertet wurden Befunde der Kinder, die zwischen dem 15.32.Lebensmonat zur Nachuntersuchung kamen. Erhoben wurden Körpergewicht, Körperlänge,
Kopfumfang sowie mentaler und motorischer Entwicklungsquotient (Einschätzung eines
Neuropädiaters und Münchener funktionelle Entwicklungsdiagnostik) und Vorhandensein von
zentraler Tonus- und Koordinationsstörung, Cerebralparese, Sprachentwicklungsverzögerung, Sehoder Hörstörung.
Ergebnisse: Nachuntersucht wurden 21 Patienten aus der KG und 28 aus der IG. Die
nachuntersuchten Patienten der IG hatten bei Geburt signifikant niedrigeres Gewicht und signifikant
kleineren Kopfumfang als Patienten der KG. Die übrigen neonatologischen Ausgangsparameter
unterschieden sich nicht. 4 (19%) der Patienten der KG und 4 (14,3%) der Patienten der IG waren
zum Nachuntersuchungstermin in den untersuchten Merkmalen unauffällig. Es fanden sich keine
statistisch signifikanten Unterschiede des funktionellen und somatischen Outcomes mit 15-32
Monaten.
Schlussfolgerung: Trotz niedrigeren Gewichtes und Kopfumfanges bei Geburt zeigten Kinder der IG
kein schlechteres Outcome mit 15-32 Monaten als Kinder der KG, so dass auch unter diesem
sicherheitsrelevanten Gesichtspunkt die erforderliche prospektiv randomisierte kontrollierte Studie
gerechtfertigt erscheint.
P092
Entwicklungsneurologische Nachuntersuchung von Schulkindern nach konnataler
Nierenerkrankung und konsekutiver chronischer Niereninsuffizienz
Hawellek N.1, Hartmann H.1, Hoy L.2, Wedekin M.1, Lücke T.1, Das A.M.1, Illsinger S.1, Ehrich J.H.H.1,
Pape L.1
1Medizinische Hochschule Hannover, Kinderheilkunde II, Hannover, Germany, 2Medizinische
Hochschule Hannover, Biometrie, Hannover, Germany
Hintergrund: Beim Nierenversagen im Säuglingsalter ist die Nierenersatztherapie mit Dialyse und
Organtransplantation heute Standardtherapie. Zum Langzeiterfolg der Rehabilitation bezüglich der
mentalen Entwicklung liegen wenig Daten vor.
Methoden: 17 Kinder (13 m, 4 w) mit kongenitaler Nierenerkrankung und konsekutiver chronischer
Niereninsuffizienz wurden im Alter von 6,2-10,8 (Mittel 8,3) Jahren entwicklungsneurologisch
nachuntersucht. Grunddiagnosen waren Dysplasien (9/17), obstruktive Uropathie (5/17), kongenitales
nephrotisches Syndrom (3/17). Neun der 17 Kinder waren frühgeboren, 7/17 mussten in der
Neonatalperiode beatmet werden, 15/17 wurden im Alter von 0,9-4,7 Jahren (Mittel 2,3)
nierentransplantiert. Die Nachuntersuchung umfasste die Erhebung des sozio-ökonomischen Status
(17/17), neurologische Untersuchung und neuromotorische Untersuchung mit „items“ der Zürcher
Neuromotorik (15/17), sowie eine psychometrische Testung mit HAWIK III (16/17) und dem
kulturfairen CFT (17/17).
Ergebnisse: Neun der 15 Kinder zeigten eine motorische Dysfunktion, 3/15 neurologisch auffällige
Befunde (1 x Tremor, 1 x Hemiparese, 1 x gesteigerte Eigenreflexe), Der Gesamt-IQ im HAWIK III war
im Mittel im Vergleich zur Altersnorm leicht reduziert (74-116, Mittel 93, p=0,02) aufgrund eines
schlechten Ergebnisses im Handlungs-IQ (68-109,Mittel 89, p=0,002) bei altersgemäßem Verbal-IQ
(82-126, Mittel 98, p=0,48). Vier Kinder zeigten eine klinisch relevante Erniedrigung des Gesamt-IQ <
85. Kinder mit motorischer Dysfunktion zeigten einen tendenziell niedrigeren Gesamt-IQ (Mittel 88 vs
98, p=0,1) bei schwächerem Handlungs-IQ (Mittel 83 vs 97, p=0,02). Für den Verbal-IQ zeigte sich
kein Unterschied (Mittel 96 vs 101). Die Ergebnisse des CFT bestätigten die Daten des HAWIK III.
Schlussfolgerung: Kinder, die an einer kongenitalen Nierenerkrankung und konsekutiven
chronischen Niereninsuffizienz litten, wiesen aufgrund der Schwächen im Handlungs-IQ als
Schulkinder einen erniedrigten Gesamt-IQ auf, der mit einer motorischen Dysfunktion korrelierte.
P093
Computerbasierte dreidimensionale Bewegungserfassung der Spontanmotorik von Säuglingen
zur Frühdiagnose der infantilen Cerebralparese (ICP): Ergebnisse einer Pilotstudie
Kim K.-S.1, Wochner K.1, Karch D.2, Philippi H.3, Hadders-Algra M.4, Dickhaus H.2, Pietz J.1
1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Neuropädiatrie, Heidelberg, Germany, 2Universität
Heidelberg - Institut für Medizinische Biometrie und Informatik, Heidelberg, Germany,
3Sozialpädiatrisches Zentrum Frankfurt Mitte, Frankfurt am Main, Germany, 4University Medical Center
Groningen, Groningen, Netherlands
Einleitung: Die Frühdiagnose der ICP ist auch heute noch eine große Herausforderung der
Kinderneurologie. Die General Movements (GM) Analyse kann mit hohem prädiktiven Wert die
Entwicklung einer ICP bereits beim jungen Säugling voraussagen (Hadders-Algra et al, Dev Med Child
Neurol, 1999). Zur objektiven Erfassung und Beurteilung der Spontanmotorik wählten wir ein
computerbasiertes System in Form des elektromagnetischen Trackingsystems (ETS).
Methoden und Patienten: In die Studie wurden Hochrisiko-Frühgeborene mit der Diagnose einer
periventrikulären Leukomalazie oder einer drittgradigen intracerebralen Blutung, NiedrigrisikoFrühgeborene und Neugeborene eingeschlossen. Sie wurden in der 38.- 46.
Schwangerschaftswoche, jeweils korrigiert für die Frühgeburtlichkeit, untersucht. Die klassische
videobasierte GM-Aufnahmen wurden zeitgleich mit der Bewegungserfassung mittels ETS
durchgeführt. Dazu wurden vier kleine Sensoren jeweils an den oberen und unteren Extremitäten
angebracht, welche sechs Freiheitsgrade berücksichtigen. Mittels ETS erhobene Daten wurden auf
ein 3D Modell übertragen und zur Berechnung der segmentalen Kinematik herangezogen. Dadurch
war eine Darstellung der Spontanbewegung in Form von Bewegungsspuren und die quantitative
dreidimensionale Kalkulation möglich. Beide Methoden wurden mit den Ergebnissen der klassischen
GM Analyse verglichen.
Ergebnisse: Im ersten Schritt verglichen wir Bewegungsspuren abnormaler mit normalen
Säuglingsbewegungen. Die Bewegungsspuren unterschieden sich deutlich voneinander bei visuellem
Vergleich (Diese werden demonstriert). Zur Validierung dieser Resultate berechneten wir quantitativ
die dreidimensionale Audehnung der Bewegungsspuren.
Diskussion: Die quantitative and qualitative, computerbasierte dreidimensione Bewegungserfassung
der Spontanmotorik mittels ETS scheint eine reliable und praktikable Methode neben der klassischen
GM Analyse zu sein. Es bedarf jedoch noch weiterer Analysen der umfangreichen ETS-Daten, um
eine computerunterstützte Diskriminierung der Spontanbewegung zu erreichen.
P094
Langzeit-Antikoagulation bei einem Neugeborenen mit Sinusvenenthrombose und zerebralem
Insult. Fallbereicht und Literatur-Überblick
von Rhein M.1, Habermehl P.2, Schlee-Böckh K.3, Knuf M.3
1Universitätskinderklinik Mainz, Neuropädiatrie, Mainz, Germany, 2Kinderärztliche
Gemeinschaftspraxis Neue Mainzer Strasse, Mainz, Germany, 3Zentrum für Kinder- und
Jugendmedizin, Neuropädiatrie, Mainz, Germany
Zerebrale Insulte durch SVT sind häufig Ursache einer akuten neonataler Enzephalopathie. Klinisch
sind Bewusstseinseinschränkungen, Krampfanfälle und sensorische/motorische Ausfälle typisch. Oft
verbleiben neurologische Defizite. Das neonatale Risiko einer SVT wird geprägt durch pränatale und
postnatale Besonderheiten der Hämostase, neonatale Komplikationen und Risikofaktoren aus
medizinischen Interventionen, sowie durch angeborene prothrombotische Erkrankungen. Moderne
Bildgebung erlaubt heute die leichte Diagnose einer neonatalen SVT, doch das therapeutische
Vorgehen ist weiter strittig. Trotz eines verbesserten pathophysiologischen Verständnisses bleiben
doch erhebliche Unsicherheiten im Bezug auf die optimale Therapiestrategie für diese Kinder.
Wir präsentieren den Fall eines NG mit SVT (S. rectus, Teile d. inneren Hirnvenen, S. sag. sup.) und
sekundärer Einblutung in beide Thalami und Stammganglien bei LP (a)-Hyperlipoproteinämie. Klinisch
fiel das Kind am 10. LT mit akutem Bewusstseinsverlust, Krampfanfällen und generalisierter
Tonuszunahme auf. Nach initialer Stabilisierung und supportiver Therapie begannen wir eine
Antikoagulation mit niedermolekularem Heparin, die bis heute andauert. Im Verlauf entwickelte das
Kind eine einseitig betonte spastische Tetraparese, ein West-Syndrom and einen kombinierten
Entwicklungsrückstand. Aktuell ist sie fast anfallsfrei, läuft und zeigt einen mäßigen mentalen
Entwicklungsrückstand.
Diskussion: Behandlungsoptionen für symptomatische Kinder mit Infarkt und Hirnblutung bei SVT
sind weiterhin Gegenstand der Diskussion. Bei vielen Kindern lässt sich trotz erheblicher Bemühungen
keine sichere, individuelle Abschätzung für das zu erwartende Risiko eines erneuten Insults angeben.
Das Fehlen pädiatrischer Normwerte spezifischer Gerinnungsuntersuchungen vergrößert dabei
zusätzlich die bestehende Unsicherheit, so dass die individuelle Entscheidung, eine
Antikoagulationstherapie zu beenden, schwer fällt. Empfehlungen zu Therapieregimen bei Kindern mit
prothombotischen Risikofaktoren und einer stattgehabten SVT sind rar.
P095
Akute Arteria basilaris Thrombose im Kindesalter: Ein therapeutisches Dilemma
Juenemann S.1, Knecht B.1, Greiner J.2, Weissert M.3
1Kinderspital, Universität Zürich, Rehabilitation, Affoltern am Albis, Switzerland, 2Kinderspital, St.
Gallen, Hämatologie und Onkologie, St. Gallen, Switzerland, 3Kinderspital, St. Gallen, Neuropädiatrie,
St. Gallen, Switzerland
Einleitung: Die akute Arteria basilaris Thrombose im Kindesalter ist eine seltene Erkrankung mit einer
hohen Morbiditäts- und Mortalitätsrate. Die therapeutischen Optionen sind vielfältig, klare Richtlinien
mit evidenzbasierten Daten gibt es nicht.
Fallvorstellung: Wir möchten den Fall eines 5-jährigen Knaben vorstellen, welcher mit einem
inkompletten locked-in Syndrom auf dem Notfall vorstellig wurde. Die Diagnose eines
Basilarisverschlusses wurde mittels MRI gestellt.
Zunächst wurde systemisch lysiert. Nach Auftreten von Komplikationen wurde eine Therapie mit
Heparin begonnen, welche nach 2 Monaten durch eine Therapie mit Aspirin ersetzt wurde. Nach der
Akutversorgung und Stabilisierung des Patienten, erfolgte die Verlegung in eine Rehabilitationsklinik
für Kinder. Nach 6 Monaten konnte der Patient entlassen werden als householdwalker, bereit zum
Besuch der ersten Klasse zusammen mit seinem Zwillingsbruder.
Diskussion: Es gibt keine klaren Therapierichtlinien für die Behandlung einer akuten
Basilaristhrombose im Kindesalter. Es ist eine seltene Erkrankung, und es gibt keine klinischen
Studien, welche evidenzbasierte Daten zur Behandlung bereitstellen würden. Die Bandbreite der
durchgeführten Therapien der in der Literatur vorgestellten Fälle ist gross, von Zuwarten bis zu
chirurgischen Interventionen.
Risikofaktoren für einen Hirninfarkt im Kindesalter sind multipel. Es ist daher nicht immer klar, welches
der Hauptfaktor und welches nur ein Co-Faktor ist, mitunter werden auch gar keine Risikofaktoren
gefunden.
Die stationäre Rehabilitation ist ein wichtiger Bestandteil der Behandlung, ebenso die Planung der
poststationären Zeit mit Organisation der ambulanten Therapien und der Integration in das vor/schulische Umfeld.
Konklusion: Es ist wichtig, die Kinder mit einer akuten Basilaristhrombose zu registrieren, die
angewandten Therapien zu dokumentieren und dementsprechend klare Richtlinien zur Behandlung zu
erarbeiten.
P096
Therapie der Sinusvenenthrombose im Kindesalter - Eein standardisiertes Therapieprotokoll Aufruf zur Mitarbeit!
Bigi S.1, Wehrli E.1, Steinlin M.1
1University Children`s Hospital, Neuropaediatrics, Inselspital Bern, Switzerland
Hintergrund: Die Sinusvenenthrombose (SVT) ist eine potenziell lebensbedrohliche Erkrankung,
verantwortlich für 13-22% aller Schlaganfälle im Kindesalter, in 2/3 der Fälle durch Infektionen (vor
allem HNO-Infektionen) verursacht. Die klinischen Manifestationen können sehr mannigfaltig sein, was
zu Diagnoseverzögerungen führen kann. Antikoagulation - iv Heparin oder LMWH - ist Therapie der
Wahl im Erwachsenenalter, basierend auf kontrollierten Studien. Es existieren keine randomisierten,
kontrollierten Studien zur Therapie der SVT im Kindesalter. Die Therapieempfehlungen betreffend
Antikoagulation sind aufgrund von Literaturanalysen (basierend auf Studienresultaten bei
Erwachsenen).
Studiendesign: Wir stellen ein standardisiertes Therapieprotokoll für die Behandlung der SVT im
Kindesalter vor mit der Frage nach erforderlicher Behandlungsdauer.
Protokoll: Einschlusskriterien: alle Kinder (> 1 Mo bis 16 Jahre) mit nachgewiesener SVT aufgrund
einer innert 4 Wochen behandelbaren Ursache (z.B. HNO-Infektion).
Die primären Abklärungen verlaufen standardisiert wie im SNPSR vorgeschlagen. Therapiebeginn
entweder mit Heparin iv mit nachfolgendem Wechsel auf LMWH oder direkt mit LMWH. Das erste
Verlaufs-MRI erfolgt nach 6 Wochen, im Falle einer Rekanalisierung wird die Behandlung beendet. Bei
persistierendem Verschluss erfolgen die nächsten MRIs nach 3 Monaten (Ende der Behandlung im
Falle einer Rekanalisierung) bzw 6 Monaten (Therapieende in jedem Fall). Im Falle eines frühen
Therapiestops (6 Wochen und 3 Monate) Kontroll-MRI nach 6 Monaten zum Ausschluss einer
erneuten Thrombose. Neurologische Verlaufskontrollen nach 6 Wochen, 3, 6 und 12 Monaten,
augenärztliche Gesichtsfeldkontrolle nach 6 Monaten.
Ziel: Festlegung der adäquaten Behandlungsdauer bei Kindern mit SVT aufgrund einer innert 4
Wochen behandelbaren Ursache.
Studienzentrale ist Bern, weitere Informationen erhalten Sie via [email protected] oder direkt bei
einer der Autorinnen.
Vielen Dank für Ihre Mitarbeit!!!
P097
Fraktionierte stereotaktische Radiotherapie einer großen arteriovenösen Malformation (AVM) Ein Fallbericht
Lorenz I.1, Gratzki N.1, Wenzel D.1, Fahrig A.2, Ganslandt O.3, Trollmann R.1
1Univ.-Klinik für Kinder und Jugendliche, Neuropädiatrie, Erlangen, Germany, 2Univ.-Strahlenklinik,
Erlangen, Germany, 3Neurochirurgische Univ.-Klinik, Erlangen, Germany
Eine intracranielle arteriovenöse Malformation (AVM) ist eine seltene Fehlbildung, die sich häufig
durch eine akute intracerebrale Blutung, in einigen Fällen auch durch cerebrale Krampfanfälle oder
andere neurologische Symptome manifestiert. Aufgrund des hohen Blutungsrisikos wird nach
Möglichkeit eine operative Resektion angestrebt. Wir berichten über eine 14-jährige Patientin, die über
anfallsartige Schwäche und Parästhesien des rechten Armes und Beines klagte. Im EEGs zeigten sich
bifronto-temporale ETPs, die Symptomatik wurde als fokale Anfallsäquivalente gedeutet. In der MRT
des ZNS fand sich eine vaskuläre Malformation im rechten Frontallappen. Diese konnte durch eine
DSA als 3x 4 cm große arteriovenöse Malformation Spetzler/Martin Grad III klassifiziert werden, die
aus Ästen der rechten Aa. cerebri anterior, media et posterior gespeist wurde. Bei ungüstiger
Lokalisation im motorischen Kortex kam eine operative Therapie nicht in Frage. Daher wurde die
Indikation zur Radiotherapie gestellt. Aufgrund des großen Zielvolumens der Bestrahlung wäre bei
einer einmaligen Radiochirurgie ein erhebliches Risiko für Strahlenschäden zu erwarten gewesen.
Daher entschlossen wir uns zu einer fraktionierten stereotaktischen Radiotherapie (SRT) mit einem
dedizierten Linearbeschleuniger (Novalis, Fa. BrainLab). Es erfolgte die Bestrahlung in 5 GyFraktionen bis zu einer Gesamtdosis von 35 Gy. In den MRT-Verlaufskontrollen zeigten sich weder
Ödem- noch Blutungsareale. Bisher kam es nach 2½ Jahren Nachbeobachtung zu keiner Obliteration
des Gefäßprozesses, die üblicherweise in 3-5 Jahren zu erwarten ist. In der Literatur gibt es nur relativ
wenige Berichte über eine fraktionierte SRT als Therapieoption bei inoperablen arteriovenösen
Malformationen. Im vorliegenden Fall wurde die Behandlung gut vertragen. Der Behandlungserfolg
kann noch nicht abschließend beurteilt werden.
P098
Schnelles Erwachen nach 5 Monaten apallischem Syndrom
Herbertz S.1, Kudernatsch M.2, Lehner K.3, Kluger G.1
1Behandlungszentrum Vogtareuth, Neuropädiatrie, Vogtareuth, Germany, 2Behandlungszentrum
Vogtareuth, Neurochirurgie, Vogtareuth, Germany, 3Behandlungszentrum Vogtareuth, Radiologie,
Vogtareuth, Germany
Hintergrund: Ein wichtiger Prognosefaktor bei Patienten im apallischen Syndrom ist die Dauer im
Wachkoma. Wir berichten über das eindrucksvoll rasche Aufwachen bei einem 12 Jahre alten
Mädchen nach 5 Monaten Wachkoma infolge einer Kleinhirnblutung.
Fallbericht: Unsere Patientin erlitt eine spontane Kleinhirnblutung aus einem AV-Angiom der Arteria
cerebelli superior links. Sie klagte über Kopfschmerzen und trübte zunehmend ein. Aufgrund der
Blutung kam es zu einem Hydrozephalus occlusus und infratentorieller Einklemmung. Es erfolgte eine
notfallmäßige Ausräumung der Blutung und Entfernung des Angioms. Im Verlauf Entwicklung eines
shuntpflichtigen Hydrozephalus. Es erfolgte eine maschinelle Beatmung und Anlage eines
Tracheostomas, das nach 6 Wochen bei suffizienter Spontanatmung entfernt wurde, Ernährung per
PEG. Auffällig war, dass die Patientin keinerlei Motorik oder Wahrnehmungs- oder
Aufmerksamkeitsreaktionen zeigte. Das EEG zeigte einen normalen Grundrhythmus bei allgemeiner
Amplitudensuppression, normale VEP, AEP, SEP. Ein MRT des Schädels zeigte neben den
linksbetonten Parenchymdefekten in den mittleren Abschnitten der Kleinhirnhemisphäre ischämische
Läsionen im Bereich des Mittelhirns beidseits. In den darauffolgenden Monaten Entwicklung einer
Tetraspastik, intermittierend Tremor der rechten Körperhälfte, ansonsten keine Änderung des
Zustandes, Koma Remissions Skala unverändert 0 Punkte. Nach 5 Monaten zunächst Beginn von
Schluckaktivität, dann gerichtetes Öffnen und Schließen der Augen und eine Woche später bereits
adäquates Kopfnicken und -schütteln. Nach weiteren 4 Monaten zeigt die Patientin eine ataktische
Spontanmotorik aller Extremitäten, kann lesen, leise sprechen, hat eine gute Erinnerung an die Zeit
vor dem Ereignis und erreicht ein unterstütztes Gehen.
Diskussion: Unsere Kasuistik zeigt, dass im Unterschied zu Wachkoma-Patienten nach Hypoxämien
bei Patienten mit vorwiegender Schädigung im Bereich des Hirnstamms ein rasches Aufwachen und
erstaunlich gutes neurologisches Outcome auch nach mehreren Monaten im Wachkoma möglich sein
kann.
P099
Chronisches Erschöpfungs- und Schmerzsyndrom durch persistierende Wolfsmilch-KaktusIntoxikation bei einer 12jährigen Patientin
Bernhard M.K.1, Syrbe S.1, Landgraf M.1, Merkenschlager A.1
1Universitätskinderklinik, Neuropädiatrie, Leipzig, Germany
Einleitung: Die Diagnostik von unspezifischen Erschöpfungs- und Schmerzsyndromen ist sehr
vielfältig. Eine psychosomatische Genese kann bei primär unauffälligen organischen Befunden rasch
fälschlicherweise vermutet werden.
Fallbericht: Eine 12jährige Patientin wurde aufgrund seit zwei Wochen bestehenden Erbrechens,
Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Müdigkeit, subfebrilen Temperaturen,
Gelenkschmerzen und Atemnot stationär aufgenommen. Unauffällige Befunde für: rheumatische
Laborwerte (außer ANA 1:640), Serologie (Borrelien, Yersinien, Bartonellen) einschließlich Liquor,
Virologie (HSV, EBV). Normalbefunde für: MRT Schädel, EEG, Herzecho, EKG, Sonographie
Lymphknoten und Abdomen. Augenärztlicherseits Nachweis von unspezifischen Drusenpapillen. Bei
Verdacht auf eine nicht serologisch erfasste Borrelieninfektion über 14 Tage Cefotaxim i.v. Bei
persistierenden Erschöpfungszustand und unspezifischen Schmerzen bei Verdacht auf
psychosomatische Beschwerden über 9 Monate teilstationäre jugendpsychiatrische Therapie zunächst
ohne Erfolg. Per Zufall wurde schließlich festgestellt, dass die Patientin in parasuizidaler Intention
regelmäßig selbstbereitete Extrakte aus einem Wolfsmilch-Kaktus trank, was die chronische
Symptomatik verursachte.
Diskussion: Wolfsmilch-Gewächse (Euphorbiae) sind als Zimmerpflanzen oder Ziergartengewächse
auch in Deutschland weit verbreitet. Der Milchsaft der Pflanzen (Latex) enthält Diterpene, die als akute
Intoxikation vor allem Schleimhautreizungen, Erbrechen, Schmerzen, Unruhe und Kreislaufstörungen
verursachen. Es sollte nicht übersehen werden, dass parasuizidale Handlungen bereits im frühen
Jugendalter vorkommen.
P100
Akute motorische und sensorische axonale Neuropathie (AMSAN) bei einem 7- jährigen
Patienten. Ein Fallbericht
Kotzaeridou U.1, Vater D.1, Ebinger F.1, Pietz J.1
1Universität Heidelberg, Zentrum fuer Kinder und Jugendmedizin, Heidelberg, Germany
Die akute motorische und sensorische Neuropathie ist eine in den letzten Jahren beschriebene
Variante des Guillain- Barre Syndroms. Charakteristisch ist der akute Beginn mit distaler Schwäche,
Areflexie und sensorischer Symptomatik. Wir beschreiben den Fall eines 7 jährigen Patienten mit
AMSAN. Nach einer Infektion der unteren Luftwege kam es akut zur einer dramatischen
Verschlechterung mit vegetativer Dysregulation, Somnolenz, Tetraplegie mit Areflexie und
beatmungspflichtiger respiratorischer Insuffizienz. In der beginnenden respiratorischen Insuffizienz
ereignete sich ein Grandmal Anfall. Die Lumbalpunktion ergab 14 Zellen mit minimal erhöhtem Eiweiß
und deutlich positiven oligoklonalen Banden. Die motorische Neurographie zeigte das typische Bild
einer axonalen Neuropathie. Zunächst wurde der Patient mit hochdosierten Immunglobulinen
behandelt. Im weiteren Verlauf wurden bei Herzfrequenzschwankungen im Sinne einer autonomen
Dysregulation zusätzlich wiederholte Plasmapheresen mit jeweils anschließender Immunglobulingabe
durchgeführt. Bei erhöhtem Mykoplasma-Antikörpertiter Beginn einer Antibiose mit Erythromycin. Im
Verlauf zeigte der Patient eine langsame diskrete Besserung der Symptomatik mit Rückgang der
Sensibilitätsstörung und der Kommunikationsfähigkeiten. Im Weiteren kam es zu einer neurologischen
Verbesserung mit wieder nachweisbaren Bizepssehnen-Reflexen und beginnenden Bewegungen der
Extremitäten. Zum Zeitpunkt der Entlassung und Verlegung in eine Reha-Klinik konnte der Patient
seine Extremitäten im Liegen frei bewegen, freies Sitzen oder Stehen war nicht möglich.
Das Guillain-Barré Syndrom manifestiert sich auf verschiedene Arten: als akute entzündliche
demyelinisierende Polyneuropathie, als akute motorisch-axonale Neuropathie und als akute
motorisch-sensorische axonale Neuropathie (AMSAN). Die AMSAN hat im Vergleich zum typischen
Guillain-Barré Syndrom eine schlechtere Prognose. Bei unseren Patienten kam es unter intensiver
Behandlung (Immunglobulin, Plasmapherese) erfreulicherweise zu einer raschen Verbesserung der
Symptomatik.
P101
KCNQ-Kaliumkanäle sind wichtige Regulatoren der neuronalen Netzwerkaktivität in
neugeborenen Mäusen.
Neu A.1, Le Q.2, Hanganu I.2, Isbrandt D.2
1Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Kinderklinik, Hamburg, Germany, 2Universitätsklinikum
Hamburg-Eppendorf, ZMNH, Hamburg, Germany
Fragestellung: KCNQ/M-Kaliumkanaldefizienz ist mit benignen familiären Krampfanfällen in
Neugeborenen (BFNC) assoziiert. Durch transgene Überexpression einer dominant-negativen
KCNQ2-Kanaluntereinheit haben wir ein konditionales Mausmodell ohne funktionelle KCNQ/M-Kanäle
generiert. Die Tiere zeigen motorische Hyperaktivität, spontane Krampfanfälle und eine gestörte
hippokampale Anatomie. Regulierung der Transgenexpression mit Hilfe des Tet-off-Systems
identifizierte die erste Lebenswoche als kritische Phase für die Entwicklung des Phänotyps. Da
synchrone Aktivität vermutlich eine kritische Rolle bei der Netzwerkentwicklung im unreifen Kortex
spielt, untersuchten wir nun, ob eine gestörte kortikale Netzwerkaktivität in KCNQ/M-kanaldefizienten
neonatalen Mäusen zum neuronalen Phänotyp beiträgt.
Methodik: Die KCNQ/M-Kanaldefizienz wurde an akuten Hirnschnitten von transgenen Mäusen
mittels Patch-clamp-Ableitungen untersucht. Die kortikale Netzwerkaktivität in Neonaten in vivo wurde
mit extrazellulären Feldableitungen gemessen. Für Behandlungsversuche wurden neugeborene
Mäuse über 2 Wochen mit Bumetanide therapiert und als adulte Tiere hinsichtlich Anatomie, Verhalten
und Krampfaktivität untersucht.
Ergebnis: In der transgenen KCNQ/M-defizienten Mauslinie sind die hippokampalen Pyramidenzellen
bereits in der ersten Lebenswoche übererregbar. In-vivo-Ableitungen in Neonaten zeigten eine
gesteigerte kortikale Netzwerkaktivität, die durch Senken der intrazellulären Chloridkonzentration
mittels Gabe des NKCC1-Blockers Bumetanide reduziert werden konnte. Chronische Gabe von
Bumetanide über die ersten beiden Lebenswochen führte zu einer Normalisierung von hippokampaler
Anatomie und Hyperaktivität und verhinderte die Entwicklung einer Epilepsie.
Schlussfolgerung: In Übereinstimmung mit anderen Studien bestätigen unsere Ergebnisse, dass
Bumetanide ein vielversprechendes Medikament zur Therapie neonataler Krampfanfälle ist.
Ausserdem kann diese Therapie möglicherweise chronische Umbauvorgänge und
Entwicklungsstörungen durch gestörte neonatale Netzwerkaktivität verhindern.
P102
Videosession: Dystone Bewegungen bei Tonusregulationsstörung - Erfolgreiche Behandlung
mit Methylphenidat
Becher T.1, Weise S.1
1Sana Kliniken Düsseldorf, Kinderneurologisches Zentrum Gerresheim, Düsseldorf, Germany
Ein 6;3 Jahre altes Mädchen wird mit auffälligen Bewegungen der Hände und des Mundes vorgestellt,
die erstmals im Alter von 4;9 Jahren aufgetreten seien und verstärkt, aber nicht ausschließlich bei
Aufregung, Freude und lautem Beten auftraten, sie bewege dann beide Hände, falte und reibe diese
und zeige schraubende Bewegungen der Arme, oft begleitet von Mundbewegungen. Kein motorischer
Arrest, Bewusstsein ungetrübt. Dauer ca. 1 bis 2 Minuten, keine Serien, Zustände mehrfach pro Tag.
Eine Behandlung mit Oxcarbazepin unter der Diagnose einer kinesiogenen Dyskinesie habe initial
eine Reduktion auf ca. 50% ohne dauerhaften Effekt erbracht. Ein MRT des Hirns und
Labordiagnostik mit Untersuchung der Neurotransmitter erbrachte unauffällige Ergebnisse. Aufgrund
einer recht ausgeprägten (familiären) expressiven Sprachentwicklungsstörung seit dem 3 Lj.
Logopädie, aufgrund motorischer Entwicklungsprobleme Motopädie und Ergotherapie.
Untersuchungsbefund: Haltungshintergrund schwach, hypotoner Rumpf, kurzfristige gute
Tonisierung bei Aufforderung. Bewegungsübergänge unrund. Bei komplexen Bewegungsaufgaben
ausgeprägte Mitbewegungen. Dysdiadochokinese. Keine Ataxie, kein Tremor, keine Spastik.
Video einer Spielsituation: Ausgeprägt hypotoner Haltungshintergrund, wechselnde
Aufmerksamkeit, gelegentlich auftretende Bewegungen der Hände, drehend, flatternd, reibend, oft
Überkreuzen der Finger, ulnare Abduktion der Hand, begleitet von Bewegungen des Mundes.
In der multidisziplinären Diagnostik zeigte sich eine deutliche Beziehung zwischen
Bewegungsmustern, muskulärer Hypotonie, Koordinationsstörung und Störung der (Dauer-)
Aufmerksamkeitsfunktionen i.S. eines gemeinsamen Pathomechanismus, a.e. im DopaminStoffwechsel.
Wir begannen eine Behandlung mit Methylphenidat mit erheblicher Wirkung auf Stimmung, Sprache
und Motorik, die Bewegungsmuster traten nicht mehr auf. Nach Absetzen des Oxcarbazepins kam es
zu einer deutlich nachlassenden Wirkung von MPH, die eine Dosiserhöhung erforderlich machte. Eine
Interaktion zwischen Oxcarbazepin und MPH wurde bisher nicht berichtet.
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