File - Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika

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Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika [usa2]
Geschichte des Gilded Age I.
Jackson Lears: Rebirth of a Nation. The making of modern America, 1877-1920, New York
2010 (2009),
1
Gliederung zu Jackson Lears Rebirth of a Nation
Einleitung: Streben nach Wiedergeburt (S.8)
(1) Militärischer Heroismus, moralische Regeneration, das Zusammenspiel von privater
und öffentlicher Ebene
(2) Die zentrale Bedeutung von Bürgerkrieg und protestantischer Reform für
das Streben nach rebirth
(3) Die Vermischung von Protestantismus und öffentlicher Politik
(4) Der Ausbruch aus der bürgerlichen Normalität: Militarismus und zivilisatorische Moral (S.9)
(5) Von der frontier zum Überseeimperium: die Verbindung von protestantischer Spiritualität
und Säkularisierung
(6) Die verschiedenen Ebenen der Wiedergeburt und das Machtinteresse der Eliten
(7) Der Bedeutungswandel des Wortes bondage: Von Sklaverei zur moralischen Befreiung
(8) Die Gesellschaft als organisches Ganzes: der Einfluß der individuellen auf die
gesellschaftliche Reform
(9) Die Kritiker des protestantischen Wiedergeburt-Diskurses (S.10)
(10) Die Unausweichbarkeit des zentralen öffentlichen Diskurses von der Wiedergeburt
Kapitel Eins. Der Lange Schatten von Appomattox
I. Nationalismus und das Blutopfer: Erlösung von Korruption und Überzivilisierung, Dekadenz
(1) Die Verwandlung der Tragödie des Bürgerkriegs in ein nationalistisches romantisches Melodram
(2) Der Nationalismus der Konföderierten: Southern Honour und Lost Cause
(3) Die unionistische Ideologie des Blutopfers als Kern der amerikanischen Zivilreligion
(4) Die Verknüpfung von Krieg und Regeneration
(5) Die Opferideologie als Rettung von Korruption - und die fatale Nähe zum Faschismus (S.11)
II. Das Projekt der weißen Vorherrschaft und das Scheitern der Emanzipation der Schwarzen
(1) Scheitern der Transformation des Südens auf Kosten der Wiedervereinigungsideologie
(2) Milleniaristischer Nationalismus, weiße Vorherrschaft, Verknüpfung von Religion und Politik
(3) Die gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen der Südstaaten und der Nordstaaten
III. Sozialdarwinismus und militärisches Ethos: barbarische Tugenden und Revitalisierung
(1) Das therapeut. Konzept der Männlichkeit: lebenslange Suche nach Möglichkeiten
der Selbstprüfung
(2) Der Sozialdarwinismus und seine Anhänger unter Intellektuellen
(3) Die Gefahr der Überzivilisierung: Unfähigkeit der Bedrohung des status quo
begegnen zu können (S.12)
(4) Ritterlichkeit gegen Utilitarismus und kommerzieller, kalkulierender Wirtschaftsphilosophie
(5) Die Nähe zu Nihilsmus und der militärische Heroismus als Mittel gegen Gier und Luxus
2
IV. Verschiedene Stufen des Rassismus: vom Paternalismus bis zum totalen (Ausrottungs-)krieg
(1) Scheinheiligkeit (Vereinbarkeit von Tugenddiskurs und Korruption und Gier)
(2) Der totale Krieg als Erbe des Bürgerkriegs
(3) Vom Paternalismus, über den Vitalismus bis zum Nativismus: Stufen der Radikalisierung des
Rassismus (S.13)
V. Militärisches Ethos als Legitimationsquelle für die herrschende Elite
(1) Die Notwendigkeit barabarischer Tugenden und die ideologische Grundlage des Imperialismus
(2) Der lukrative Mythos vom Wilden Westen
(3) Das militärische Ethos als Legitmitationsquelle für die gewaltätige Bewahrung des status quo
VI. Die Dialektik der Ordnungssuche durch "kreative Zerstörung" - und die Alternativen
(S.14)
(1) Die Ambivalenz der "kreativen Zerstörung": Schaffung von Ordnung wie Unordnung zugleich
(2) Reformbewegungen als Ersatz zum militärischen Ethos und die unregulierte, korrupte Wirtschaft
Kapitel 2. Die mysteriöse Macht des Geldes
I. Vorurteile und mystischer Glaube an die Erlösung durch Geld
(1) Die Faszination durch Geld: Die Regeneration durch Teilhabe am Wirtschaftsgeschehen
(2) Alte Vorurteile und der skeptische Glaube nach einer Selbst-Transformation durch Geld
(3) Der alchimistische Glaube nach quasi-religiösen Regeneration des Menschen durch Geld (S.15)
(4) Die Ablösung des protestantischen Erlösungsglauben durch die neue Konsumreligion
II. Selfmadman und die Zerstörung der traditonellen Moral durch den dynamischen Markt
(1) Das protestantische Ethos des Selfmadman als Bollwerk gegen die zentrifugalen Marktkräfte
(2) Rücksichtsloses Streben nach Erfolg unter dem Deckmantel der moralischen Rechtschaffenheit
(3) Scheinheiligkeit und Selbsttäuschung: Philantrophie und nackte Gier (S.16)
(4) Die Bedrohung des bürgerlichen Heim als Rückzugsort durch die Marktkräfte
(5) Die potentiell das Selbst zerstörende Wirkung der dynamischen Marktkultur
III. Neurastenie und psychische Erschöpfung als bedrohliches Phänomen
(1) Neurasthenie als Bedrohung für die protestantische Konversion [und des Selfmadman überhaupt]
(2) Die Methode der Regulierung des Energiehaushalt und manisch-depressive Erfolgsstreben (S.17)
(3) Neurasthenie als Mittel-und Oberschichtsphänomen und die Analogie von Psychologie
und Ökonomie
IV. Die Kontroverse über und die Realität der Arbeitslosigkeit: Immigration und Rassismus
(1) Die moralische Erklärung für die strukturellen und finanziellen Ursachen der Arbeitslosigkeit
(2) Die Ideologie der Arbeiterklasse: Vorrang der Gemeinschaft, Ideologie der produktiven Arbeit
(3) Immigration und die Probleme der Arbeiterorganisationen mit fremdrassischen Arbeitern
(4) Die verschiedende Bedeutung von Fleiß und Arbeit für die Arbeiter, Mittel,- und Oberschicht
(S.18)
(5) Die ersten Arbeiterorganisationen, Streiks und die Verschärfung des Klassenkonflikts
3
(6) Die Kritik an der Unterdrückung und Ausbeutung der Arbeiter
(7) Die Lösung wirtschlicher und politischer Probleme: die imperiale Perspektive
(8) Die Säkularisierung der religiösen Konversion: das unbegrenzte Selbst (und Wirtschaft) (S.19)
(9) Der Rassismus als Ordnungsfaktor und Garant der bestehenden Vorherrschaft der Weißen
Kapitel 3. Die zunehmende Bedeutung der Rasse
I. Der Sozialdarwinismus und die Bestätigung der eigenen Identität in unsicheren Zeiten
(1) Der wissenschaftliche Rassismus als Quelle der Identitätsfindung - bzw. Vergewisserung
(2) Der Körperkult im Zeichen der Bedrohung der Männlichkeit durch Markt- und Arbeitsprozesse
(3) Der Sozialdarwinismus: Identitätsfindung durch Abgrenzung und Abwertung anderer Rassen
(S.20)
II. Rassenideologie, die amerikanische Identität und die Immigrantenfrage
(1) Die relative Offenheit des Rassendiskurses: Integration und Ausschluß bestimmter Migranten
(2) Die Chancen der Europäer auf Integration und Anerkennung als Amerikaner
(3) Fortlebende Ressentiments gegenüber bestimmten Rassen, Religion und kulturellen Eigenheiten
III. Regeneration und Bestätigung der weißen Vorherrschaft: die Diskriminierung der
Schwarzen
(1) Der Zusammenhang von Reinigung, Regeneration der weißen Rasse und Diskrimierung
der Schwarzen (S.21)
(2) Lynchmorde als Kompensation für die weiße Unterschicht: Verzicht auf soz. Revolution
(3) Sexuelle Fantasien über die Schwarzen und die Bedrohung weißer Männlichkeit
(4) Die ambivalente Haltung der Kirchen zur radikalen Rassentheorie
(5) Das eugenische Utopia einer biologisch und sozial gelenkten Gesellschaft (S.22)
IV. Projekt der Revitalisierung des Mannes im Umbruch durch Rassismus und Säkularisierung
(1) Die Vermischung der Rhetorik von der Revitalisierung mit der Rassentheorie
(2) Die politische und gesellschaftliche Offenheit des Männlichkeitsdiskurses
(3) Die rassistische und xenophobe Dimension der protestantischen Revitalisierung
(4) Die Forderung nach Prohibition als Ausdruck des Willens nach gesellschaftlicher Kontrolle
(5) Die Säkularisierung und rassistische Umdeutung des Modells der Männlichkeit (S.23)
(6) Die überlegene Männlichkeit unzivilisierter Barbaren: Chance und Bedrohung für die Weißen
(7) Reaktion auf die barbarische Bedrohung: Die Kategorien zur Bestimmung des Amerikaners
V. Die Schwäche der Arbeiterbewegung und die ethnische Rivalität unter den Immigranten
(1) Die große Reservearmee von Arbeitern: Einfluß auf das Lohnniveau und die Streikbereitschaft
(2)
Unterminierung
der
Klassensolidarität
durch
ethnische
Rivalität
-
und
ethnisches
Selbstbewußtsein
(3) Die Dialektik von Inklusion und Exklusion: (a) Die Exklusion der Chinesen (S.24)
(b) Die bedingte Assimilation der Iren
(4) Die Diskrimierung der Italiener und der lange Weg zur Assimilation
4
(5) Die Terrororganisation White League: Kontinutiät von Aktionen gegen Schwarze und
Immigranten
(6) Der Spagat zwischen Anpassung und Betonung der Traditonen des Heimatlandes (S.25)
VI. Politische und soziale Segregation und die Regeneration der weißen Rasse in unruhigen
Zeiten
(1) Der Kampf der Schwarzen um ihre Emanzipation angesichts des roll-backs der Weißen
(2) Politische Korruption: Parteiübergreifende Machtabsprachen im Dienste der weißen Vorherrschaft
(3) Die destabilisierenden Folgen der politischen Korruption für die weiße Vorherrschaft
(4) Vermeidung polit. Korruption und Garantie der weißen Vorherrschaft: die Jim CrowGesetzgebung
(5) Die Organisation des Alltagslebens der Schwarzen und die eigene Kultur (S.26)
Kapitel 4. Das Land und die Stadt [The Country and the City]
I. Realitäten und Fantasien über den Gegensatz von Stadt und Land
(1) Die Moralisierung des Gegensatzes von Stadt und Land: Die Stadt als Quelle des Tugendverfalls
(2) Die Aufwertung der Stadt gegenüber des Landes und die Vision der Verbindung beider Vorzüge
(3) Die Mythen von absoluten Stadt-Land-Gegensatzes und deren tatsächliche Interdependenz
(4) Die vielfältigen Formen der Ausbeutung der Farmer im Süden
(5) Die Sinngebung der dramatischen Umbrüche in Wirtschaftl, Gesellschaft und individ. Leben
(S.27)
(6) Jeffersons agrarian virtue als Tagtraum, Sehnsuchtsort der Stabilität und realitätsferne Nostalgie
II.
Die
Südstaatenökonomie:
Zwischen
Rückständigkeit
und
Ort
gigantischer
Investitionsfantasien
(1) Die Rückständigkeit der Ökonomie der Südstaaten und die method. Unterdrückung der
Landbevölk.
(2) Die Fantasie von der Südstaaten: Privater Nutzen bewirkt den Nutzen d. Allgemeinheit (S.28)
Die Reformbewegung der Farmer
III. Der Ursprung der Reformbewegung in den absoluten Machtambitionen der weißen Elite
(1) Die verantwortungslose Fiskalpolitik als Nukleus der Radikalisierung der Reformbewegung
(2) Die Enttäuschung über die etablierten Parteien und die Schaffung einer Interessenvertret. d.
Farmer
(3) Die Politik der Furcht als Mittel der Monopolisierung des politischen Lebens durch die weiße
Elite
IV. Die unterschiedlichen Reformbewegungen und ihre Forderungen (S.29)
(1) Die gemeinsamenen Forderungen der Reformbewegungen und teilw. selbstverschuldete
Zwangslage
(2) Grenzen und Erfolge der Readjusters: Die Einleitung eines Bewußtseinswandels
5
(3) Die Selbstzuschreibung von Attributen der Männlichkeit als Bindeglied von Farmern und
Arbeitern
(4) Kritik und positive Würdigung der Weltsicht der Produzenten
(5) Macunes Reformplan der bundesstaatl. gelenkten Währungspolitik u. Kooperation d. Farmer
(S.30)
(6) Der Zusammenhang von Probhibitionsbewegung und Kampf für das Frauenwahlrecht
(7) Rassismus als Ursache für das Scheitern einer stabilen Allianz zwischen Farmern und Schwarzen
Kapitel 5. Krise und Regeneration [Crisis and Regeneration] (S.31)
Der komplizierte, widersprüchliche Diskurs von Regeneration, Gemeinwohl, weiße Suprematie
I. Die Periode der Reformbewegungen und der bedingten Abkehr vom laissez-faire Prinzip
(1) Die neoklassische Vision der Regeneration als klassen-und rassenübergreifender Diskurs
(2) Abkehr vom laissez-faire Ideal und das progressive Ideal des starken Staats
(3) Begrenzter Erfolg der Reformbewegung und flexible Herrschaftstechnik der Eliten
(4) Die chiliastische Seite der Reformbewegung und deren Einfluß auf die progressive Bewegung
II. Finanz-und wirtschafspolit. Rollback: protestant. Ethik und Konzentration der Wirtschaft
(1) Machterhalt der Eliten durch Kompromisse mit den Reformern
(2) Imperiale Expansion seit 1898 als Quelle der Neudefiniton des Machtanspruchs der Eliten (S.32)
(3) Verkennung der strukturellen Ursachen von Armut durch die protestantische Tugendethik
(4) Die Morganization der Wirtschaft: Reorganisierung u. Finanzierung der Wirtschaft
(5) Der Ausschluß der Farmer und Arbeitslosen aus dem Prozess der Konsolidierung der Wirt.
(6) Farmer und die Arbeiter: unterschiedl. Wertvorstellungen und Intensität ihrer Organisationen
(S.33)
(7) Der Einzug moderner Werbemethoden in den Wahlkampf u. das konservat. Spendenaufkommen
III. Die Politik des big-business: Paradigmenwechsel (nicht nur) in der republikanischen Partei
(1) Erholung der wirtschaftlichen Lage und die trusts als neue Bedrohung des öffentlichen Wohls
(2) Die Übermacht des big-business und der ideologische Richtungswechsel der Republikaner
(3) Demokratische Partei: Egalitäre Ökonomie als Privileg der weißen Rasse
(4) Gemeinsamkeiten in der Rhetorik von der Reinigung bei Weißen unterschiedlicher
politischer Agenda (S.34)
IV. Die progressive Reform: Revitalisierung und Transformation der Gesellschaft
(1) Die religiöse grundierte umfassende Reformforderungen und das Ziel der Revitalisierung
(2) Die Anerkennung der strukt. Ursachen von Armut und Abkehr von protestant. Argumentation
(3) Die Bedeutung der Frauen und der heimsichen Sphäre als Vorbild für gemeinschaftl. Handeln
(4) Die Dialektik: Die Beeinflussung der Politik durch das Heim, wie des Heims durch die Politik
(S.35)
(5) Das gemeinsame Band der unterschiedlichen Richtungen der Progressiven Reformbewegung
V. Das amerikanische Empire: Zwischen idealistischer Rhetorik und Wirklichkeit
6
(1) Die Rhetorik vom Empire: Regeneration - Vorsehung - Heroismus - Wirtschaftliche Expansion
(2) Der Widerspruch des Imperialismus zu republikanischen Traditionen der Volkssouveränität
(3) Das Argument von der Herstellung einer nationalen Einheit durch Imperialismus (S.36)
(4) Die antiimperialistische Empirie: Volkssouveränität für alle und Kritik der Kriegsrhetorik
Kapitel 6. Befreiung und Begrenzung [Liberation and Limitation]
Die Dialektik von Befreiung und Beschränkung
I. Die unbegrenzte Freisetzung wirtschaftl., technischer, psychischer und künsterlicher Energie
(1) Der Dynamo als Symbol der Freisetzung unbegrenzter Energie - und des imperialen Drangs
(2) Die Abkehr vom Positivismus und der viktorianischen Kultur: Freisetzung
okkultisch-psychologischer Energie
(3) Visionen von unbegrenzten wirtschaftlichen und persönlichen Wachstum (S.37)
II. Der moderne Massenkonsum und Arbeitswelt: Befreiung und neue, ungeahnte
Beschränkung
(1) Das neue Paradigma Energie und der Wertewandel: die Mischung von Befreiung u. Beschränkung
(2) Der Ausbruch aus Konventionen und der Beginn des Zeitalters des Massenkonsums
(3) Die Massenproduktion als Ausdruck der Befreiung, wie Beschränkung des modernen Menschen
(4) Die Revolutionierung der Arbeitsprozesse durch Fords wissenschafliches Managment
(5) Die neue Ethik der Effizienz, die neue Ordnung einer rigiden Moral: die unsichtbaren Ketten
(S.38)
III. Der Ausbruch aus der entzauberten Welt
(1) Houdini und die Sehnsucht nach dem "wahren Leben"
(2) Die Abkehr von Banalität und bürgerlichen Konventionen: der Geist des experimentellen Lebens
(3) Der Geist des Experiment und die Erfahrung der Wildniss: Revitalisierung versus Utilitarismus
(4) Die komplexe geistesgeschichtliche Wirkung des Darwinismus: Determinsimus – Vitalismus
(S.39)
(5) Pragmatismus, Utilitarismus und Vitalismus: Lebenspraxis und metaphischer Lebenssinn
(6) Die Entdeckung des Unbewußten in der Religion und der Psychoanalyse
IV. Dialektik von der Befreiung des Menschen und technolog, ökonom. und imperialen Progress
(1) Vom protestant. Ideal der asketischen Selbstkontrolle zur umfassenden Befreiung des Individuums
(2) Übertragung des Diskurs der psychologischen Unbegrenztheit des Menschens auf die Ökonomie
(4) Unterhaltungsindustrie: das komplizierte black-white pas de deuz (Verachtung u. Faszination)
(S.40)
(5) Die neue Arbeitsethik und das Hamsterrad von Produktion und Konsumption
(6) Die restriktive, illiberale und unternehmerfreundliche Dimension des Kampfs für Gesundheit
(S.41)
Kapitel 7. Empire als Lebensweise [Empire as Way of Life]
7
I. Das Empire als Lebensform, als Quelle der Regeneration, Garantie von Wohlstand u.
Sicherheit
(1) Die Kultur des Empire: Selbstwahrnehmung als Exporteur von Moral und Demokratie
(2) Die alternative Form des Empire: das indirekte Empire und die Schaffung eines Klientelsystems
(3) Die Notwendigkeit des Empire für die Befriedung innenpolitischer Probleme - und Träume
(4) Die Legitimierung des militärischen und wirtschaftl. Einflußes durch die Stabiliätsdefinition
(5) Empire als Lebensform als Bedingung v. Massenkonsum und erhöhten allg. Lebensstandard (S.42)
(6) Die Regeneration durch das Empire, Zivilisierung und Stabilisierung fremder Länder
II. Die wirtschaflichen Konzentrationsprozesse, Machterhalt und -zuwachs etablierter Eliten
(1) Die umfasssende Allmacht der Trusts und die Machtlosigkeit der arbeitenden Schichten
(2) Von der republikanischen Vision des Gemeinwohls zum neuen Wert der Meritokratie (S.43)
(3) Der Zusammenhang von ethnischer Differenzierung und Machtanspruch der weißen Eliten
III. Die Agenda der Populisten und deren Einfluß auf die progressive Bewegung
(1) Philanthropie, antimonopolistische Stimmungen und der Einfluß der Populisten auf Progressive
(2) Das soziale Profil und Forderungen der Populisten und die Eigenarten amerikan. Sozialismus
(3) Gemeinsamkeiten und Differenzen innerhalb der progressiven Bewegung (S.44)
(4) Der progressive Egalitarismus: die Forderung nach direkter Demokratie
(5) Die umfassende Agenda der moralischen Erneuerung
(6) Die Durchsetzung zentraler Forderungen und das oberflächl. Bündnis mit Präsident Wilson
(7) Die Gemeinsamkeiten und Differenzen in der Rhetorik im Lager der Imperialisten
Schluß. Das vergebliche Sterben [Dying in Vain] (S.45)
(1) Das Scheitern des Königreichs auf Erden an den Realitäten des amerikanischen Pluralismus
(2) Die Wirkungen der Vision vom Gemeinwohl: (a) die Schaffung eines begrenzten Wohlfahrtstaates
(b) Die Einleitung des Schutzes von bürgerlichen Freiheiten durch den Supreme court
(2) Von der Politik der Regeneration, Militarismus zur liberalen Politik der Einschränkung
Jackson Lears: Rebirth of a Nation. The making of modern America, 1877-1920
Streben nach Wiedergeburt
(1) Militärischer Heroismus, moralische Regeneration, das Zs.spiel von privater und öffentl. Ebene
Während diesem Zeitraum gab ein weitläufiges Verlangen nach Regeneration, Erneuerung bzw.
Wiedergeburt im pysischen, moralischen und spirituellen Sinne.
> Das öffentliche Leben wurde von diesem Streben erfasst, es inspirierte Bewegungen und die Politik,
welche die Grundlage für das Amerika des 20. Jahrhunderts bildete.
> In dem Maße, wie das öffentliche Leben mehr und mehr zum Objekt systematischer Forderungen
moderen Körperschaften wurde, wurde das Verlangen nach einer Revitalisierung, nach einer
Befreiung von den Zwängen des Alltags immer stärker." (S. 1)
> Militaristische Fantasien liegen seit dem Ende des Bürgerkriegs bis zum Ersten Weltkrieg unter der
Oberfläche des Wunsches nach Wiedergeburt bzw. Neuschaffung. Es ging um eine Art kreative
Zerstörung. (S. 2)
> Gewalt war aber nicht das einzige Instrument der Revitalisierung, so haben progressive Reformer
die Korruption in allen ihren Formen angegriffen, mit dem Ziel das Individuum, wie auch die
Gesellschaft zu reinigen. (S. 3)
8
> Die meisten Progressiven waren von einer ganz eigenen Art des Christentums motiviert, welches sie
Soziales Chistentum (Social Christianity) nannten. Sie definierten die Wiedergeburt zu einer
selbstlosen Hingabe an das Gemeinwohl um.
> Auch wenn die gesellschaftliche Reform im öffentlichen Melodrama wie militärischer Heroismus
auch, das Blutopfer verlangt, so handelt es sich in Wirklichkeit um eine andere Form von Heroismus,
den man als des alltäglichen Heroismus nennen könnte.
> Die Idee des Gemeinwohl verband die öffentliche mit der privaten Moral und inspirierte die breite
und vielschichtige progessive Bewegung.
> Der Traum der Progessiven nach einem gemeinschaftsorientierten Gemeinwohl bot eine Alternative
zum Traum von einer Regeneration durch militärische Intervention. Dennoch schlossen sich die
beiden Alternativen nicht wechselseitig aus.
> In kaum einer anderen Periode der US-Geschichte spielte die Sehnsucht nach Wiedergeburt
(rebirth) eine prominentere Rolle in der Politik. Es gab ein Zusammenspiel von privaten Sehnsüchten
und öffentlicher Politik. Es war eine Periode der kritischen Transformation.
(2) Die zentrale Bedeutung von Bürgerkrieg und protestantischer Reform für das Streben nach rebirth
Der Bürgerkrieg hatte einen nachhaltigen Einfluß auf das innere Leben der Amerikaner, insofern
Erinnerungen an und Fantasien vom Heroismus den Glauben an eine Regeneration durch den Krieg
ermutigten.(S. 4)
> Der Wunsch nach spiritueller Wiedergeburt, nach der Erfahrung einer persönlichen Regeneration
durch die Vereinigung mit dem Göttlichen ist zwar zeitlos und universell, die frühen Protestanten
jedoch haben dieses Verlangen in einen machtvolle neuartige Form umgegossen: das der
Konversionserfahrung.
> Die Wiedergeburt als eine Art des Erlangens eines reicheren Lebens, die grundlegende persönliche
Transformation wurde in vielen Traditonen zum Schlüssel der Rettung. Der Einfluß des englischen
Puritanismus war nirgends weitreichender als in den Kolonien, welche später die USA bildeten.In der
rigorosen frommen Praxis zeigt sich die Verwirklichung einer wahrhaften Konversion.(S. 5)
(3) Die Vermischung von Protestantismus und öffentlicher Politik
Die Überzeugung, dass das moralische Schicksal der Nation in der Schwebe hing stand im Zentrum
der protestantischen apokalyptischen Glut. Die Verpflichtung für die moralische Gesundheit
Amerikas zu sorgen war protestantischer Konsens von der Revolutionsära bis ins zwanzigste
Jahrhundert.
> Die Geschichte der USA ist größtenteils die Geschichte, wie Spannungen, welche aus einem
religiösen Konflikt herrühren (zwischen Spontanität und Autorität, Freiheit und Kontrolle) zu
verschiedenen Zeiten in säkulare, öffentliche Begriffe übersetzt wurden.(S. 6)
> Während der Mitte des 19. Jh. hat das Sehnen nach einer moralischen Transformation das
öffentliche Leben immer wieder in Brand gesetzt, so z.B durch Reformbewegungen (Abstinenzler,
Frieden, Anti-Sklavereibewegung), welche die Rettung des Einzelnen, wie auch der Nation
versprachen.(S. 7)
(4) Der Ausbruch aus der bürgerlichen Normalität: Militarismus und zivilisatorische Moral
Verteidiger des status quo strebten danach, die Freisetzung moralischer Energie entweder zu
verhindern bzw. in ihrem Sinne zu lenken, mit dem Ziel der Erhaltung bestehender Institutionen.(S. 7)
> Der Aufstieg des totalen Kriegs zwischen dem Bürgerkrieg und dem Ersten Weltkrieg hatte seien
Wurzel in dem Streben nach Befreiung von der bürgerlichen Normalität, hin zu einem Reich des
heroischen Kampfes.
> Es war eine verzweifelte Angst, der Schrei nach Wiedergeburt, welche den offiziellen Ideologien
des romant. Nationalismus, des imperialen Fortschritts, der zivilisatorischen Mission zugrundelag.(S.
8)
(5) Von der frontier zum Überseeimperium:Verbindung von protestant. Spiritualität und Säkularis.
9
Seit der frühen Ära der Kolonisationn durchzog ein Glaube nach Regeneration durch Gewalt den
Mythos von der Amerikanischen Grenze (frontier)
> Mitte dem Schließen der Grenze, wendete sich die Gewalt nach außen, auf das Empire. Amerikaner
haben die protestantischen Träume von einer spirituellen Wiedergeburt mit säkularen Projekten der
Reinigung, bzw. Läuterung (purification).
> Der politische Körper sollte während der Bürgerkriegsphase von sezessionistischen Verrat gereinigt
werden und anschließend von politischer Korruption.(S. 9)
(6) Die verschiedenen Ebenen der Wiedergeburt und das Machtinteresse der Eliten
Dadurch sollte die Macht der Elite gegenüber widerständischen Farmern und Arbeitern von neuem
bekräftigt werden.
> Die Zähmung des Kapitals im Namen des öffentlichen Wohls, die Wiederbelebung der
individuellen, wie nationalen Vitalität durch den Verbot von Alkohol, die Garantie des
Frauenwahlrechts, die Aber-kennung des Wahlrechts der Schwarzen, die Begrenzung des Zuzugs von
Immigranten und die Erlang-ung eines Übersee-Imperiums - all dies waren Elemente der Reinigung
und der Bekräftigung der Macht-position der bestehenden Elite.
(7) Der Bedeutungswandel des Wortes bondage: Von Sklaverei zur moralischen Befreiung
Das Verbot von Alkohol z.B. sollte den Menschen von der Gefangenschaft, Zwang, Sklaverei
(bondage) des Körpers und der Seele befreien.
> Das Wort wandelte seine Bedeutung, es verlor seine politische Konnotation, welches es in der Zeit
der Sklavenbefreiung hatte. Mit ihm sollte der Kampf um Selbst-beherrschung (self-mastery) gehen,
die Befreiung von der Versklavung durch Alkohol und Drogen.
(8) Die Gesellschaft als organisches Ganzes: der Einfluß der individuellen auf die gesell. Reform
Die individuelle Reform wurde von den Progressiven, wie auch die Pazifisten und Feminsten mit der
öffentlichen Reform verbunden, indem sie glaubten, dass die wiedergeborenen Individuen die ganze
Gesellschaft erneuern könnten.(S. 9) Die Gesellschaft wurde als ein organisches Ganzes
betrachtet.(S.10)
(9) Die Kritiker des protestantischen Wiedergeburt-Diskurses
Die Sprache der Wiedergeburt blieb wesentlich auf die Protestanten beschränkt, Katoliken und Juden
haben diese mit Skepsis betrachtet, indem sie richtigerweise der assimilatorischen Agenda hinter dem
Streben nach Wiedergeburt mißtrauten. Zahlreiche progressive Reformer orientierten sich mehr an der
deutschen Sozialdemokratie und bürgerlichem Stolz als einheimischer Visionen einer moralischen
Reformation.(S. 10)
(10) Die Unausweichbarkeit des zentralen öffentlichen Diskurses von der Wiedergeburt
Dennoch wurde evangelikale Protestantismus zum dominanten, unausweichlichen Diskurs im
öffentlichen Leben des Gilded Age. Alle benutzten die evangelikalen Begriffe Korruption und
Regeneration.(S. 10)
> Das Streben nach Regeneration verband sich aber auch mit dem Höhepunkt des wissenschaftlichen
Rassismus, welcher die Überlegenheit der weißen Rasse zu Hause wie auch im auswärtigen
Imperium. Dieser Glaube legitimierte die Diskriminierung der Schwarzen im Süden und die
Beschränkung der Wiedergeburt der Nation auf die Weißen.
10
> Das Scheitern des Kreuzugs von Präsident Wilson bedeutete das Ende des Zeitalters der
Regeneration. Aus der Asche des Kriegs wuchsen wenigstens ein paar gütige Konsequenzen, wie eine
Stärkung der liberalen Jurisprudenz, der Bürgerrechte und der Minderheitenrechte.(S. 11)
Kapitel Eins. Der Lange Schatten von Appomattox
I.Der Nationalismus und das Blutopfer: Erlösung von Korruption und Überzivilisierung, Dekadenz
(1) Die Verwandlung der Tragödie des Bürgerkriegs in ein nationalistisches romantisches Melodram
Seit den 1890er Jahren hat der Anglosächsische Militarismus die Wiedervereinigung des weißen
Nordens mit dem weißen Süden - unter Ausschluß der schwarzen Amerikaner - verfestigt.(S. 13)
> Die tragische Bedeutung des Kriegs wurden von den Zeitgenossen von Lincoln und Lee verdrängt.
Die öffentlichen Moralisten im Norden wie im Süden haben vielmehr mit Erfolg die Tragödie in ein
Melodram verwandelt.(S. 17)
(2) Der Nationalismus der Konföderierten: Southern Honour und Lost Cause
Der Nationalismus der Konföderierten war ambivalenter als derjenige der Yankees. Mit Fortdauer des
Krieges gewann die Ehre des Südens (Southern Honour) und eventuell der Lost Cause die numinose
Qualität, Blutopfer bzw. die Opferung des eigenen Lebens legitimerweise fordern zu können. (S. 17)
(3) Die unionistische Ideologie des Blutopfers als Kern der amerikanischen Zivilreligion
Im Norden verband sich die individuelle mit der kollektiven Identität in einem Massenritual des
Blutopfers. Das Narrativ der Unionisten wurde zum Kern der Zivilreligion, welche in den folgenden
Jahrzehnten das sich herausbildende amerikanische Imperium rechtfertigte.
> Die unionistische Ideologie hat republikanische und demokratische Elemente in einem romantischnationalistischen Eintopf aufgelöst.(S. 19)
(4) Die Verknüpfung von Krieg und Regeneration
Die Heiligkeit der Nation rechtfertigte die Forderungen nach Blut. Indem sie die unaussprechlichen
Verluste als religiöses Opfer umdefinierten, haben die Nordstaaten eine machtvolle Verknüpfung von
Krieg und Regeneration geschmiedet.
> In manchen Formulierungen scheint die Erwartung durch, allein durch die Entscheidung einen
Kampf zu riskierern, zur persönlichen Wiedergeburt zu gelangen. (S. 19)
(5) Die Opferideologie als Rettung von Korruption - und die fatale Nähe zum Faschismus
Die zahlreichen Formen des Opfers, welche der Krieg forderte, boten eine perfekte Gelegenheit für
die Amerikaner, sich von kommerzieller Korruption zu lösen / retten (redeem) und das private
Gewinnstreben in ein Streben nach dem Gemeinwohl zu transzendieren.
> Die Verbindung von millenialristischen Träumen und kollektiver Wiedergeburt und diese Art von
organsichem Nationalismus konnte eventuell in einen Faschismus mutieren. (S. 19)
II.Das Projekt der weißen Vorherrschaft und Scheitern der Emanzipation der Schwarzen
(1) Scheitern der Transformation des Südens auf Kosten der Wiedervereinigungsideologie
Die Hoffnung nach einer wirklichen Emanzipation der Schwarzen und eine tiefgreifende
Transformation des Südens durch die Rekonstruktion erfüllte sich nicht, weil die politsiche
Bedeutung des Siegs des Norden sich zunehmend und ausschließlich auf Wiedervereinigung richtete.
> Die Bedeutung der Emanzipation wurde zunehmend an den Rand gedrängt und weitgehend aus dem
öffentlichen Diskurs verdrängt. (S. 20)
11
> Als sich die politische Agenda der republikanischen Politiker von der Emanzipation auf die
Wirtschaft verlagerte, machten die Yankees und die Konföderierten auf dem Rücken der Schwarzen
Frieden.(S.21)
(2) Milleniaristischer Nationalismus, weiße Vorherrschaft, Verknüpfung von Religion und Politik
Die Ideologie der Wiedervereinigung war milleniaristischer Nationalismus, welcher das Blutopfer
feierte und ihm eine rassische Komponente hinzufügte, die anglosächsiche Vorherrschaft.
> Religion und Rassen vereinigten sich miteinander zu einer Legitimierung des Übersee-Imperiums.
Die Vorsehung bot eine religiöse Rechtfertigung für imperiale Unternehmungen, die Rasse [bzw. der
wissenschaftliche Rassismus] lieferte eine wissenschaftliche Sanktion.(S. 21)
(3) Die gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen der Südstaaten und der Nordstaaten
Die Südstaaten foderten eine Infrastruktur, welche es ihnen ermöglichte an der kommerziellindustriellen Revolution des restlichen Landes teilzuhaben.
> Die Nordstaaten sahen in den Südstaaten einen Juniorpartner großer gemeinsamer Wirtschaftsunternehmungen (joint ventures), vor allem waren sie ein Lieferant billiger Arbeitskräfte und Rohstoffe
(wie es einer klassischen kolonialen Wirtschaft entspricht). (S. 23)
III. Sozialdarwinismus und militärisches Ethos: barbarische Tugenden und Revitalisierung
(1) Therapie der Männlichkeit: lebenslange Suche nach Möglichkeiten der Selbstprüfung
Die Konzeption von Männlichkeit überlebte den Bürgerkrieg, begann sich jedoch ab den 1880er
Jahren in subtiler Weise zu wandeln. Männlichkeit wurde von einem Zustand, den es zu kultivieren
galt, zu einem Ziel, das es anzustreben gilt.(S. 21)
> Das Konzept der Männlichkeit erlangte eine therapheutische Dimension, indem der Wunsch nach
Revitalisierung in ein Lebensprojekt verwandelt wurde.
> Männer wurden losgeschickt um neue Gelegenheiten der Selbstprüfung, neue Grenzen zu finden.
Diese Weltsicht war peferkt für das imperiale Zeitalter geeignet.(S. 22)
(2) Der Sozialdarwinismus und seine Anhänger unter Intellektuellen
Dieser fand unter den Geschäftsleuten, welche nach einer Rechtfertigung des laissez-faire
Kapitalismus suchten weniger Zustimmung als unter den Gesellschaftswissenschaftlern (social
scientists) und anderen Intellektuellen, welche zunehmend von Gewalt um ihrer selbst willen, von der
Energie als Selbstzweck, fasziniert waren. Für Intellektuelle beider Seiten des Atlantiks schien keine
Macht überzeugender als die organisierte Kriegsgewalt. (S. 27)
(3) Die Gefahr der Überzivilisierung: Unfähigkeit der Bedrohung des status quo begegnen zu können
Im Begriff der Überzivlisierung bündelte sich die Angst vor dem schlaffen, neurasthenischen Bürgers,
der unfähig sei, den neuen Herausforderungen seiner Herrschaft seitens wütender Bürger und einer
neuen Welle fremdartiger Einwanderer.
> Sport und Fitness galt Männern und Frauen als ein Mittel dieser Gefahr begegenen zu können. Es
ging den meisten dabei aber nicht um körperliche Stärke, sondern essentiell um den Charakter, was
sie als Anhänger protestantischer Moralität definierte. Körper und Seele würden gemeinsam gerettet
werden. (S. 28)
(4) Ritterlichkeit gegen Utilitarismus und kommerzieller, kalkulierender Wirtschaftsphilosophie
Die schiere Banalität des utilitaristischen Standards der Werte ließ die Ritterlichkeit um so mehr
attrak-tiv erscheinen.
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> Militärischer Heroismus wies die Kalkulation wirtschaflichen Gewinns von sich, vielmehr bestärkte
er den Gedanken an die Unvermeidlichkeit von Verlust - bis zum äußersten Verlust, dem Tod.
> Die Bereitschaft der Soldaten ihr Leben für eine (vermeintlich) edle Sache zu opfern schien als
geeig-nete Gegenmittel zu der vorherrschenden kalkulierenden Handel.(S. 29)
(5) Die Nähe zu Nihilsmus und der militärische Heroismus als Mittel gegen Gier und Luxus
Nicht nur der christliche, sondern auch der nationalistische Rahmen brach weg, als Risiko seine
eigene Belohnung ins sich selbst trug. Mut und Ausdauer wurden zu einem Selbstzweck.
> Das war für sich genommen noch kein Todeskult, wenn sie jedoch mit dem Kult des Opfers
verbun-den wurde, kam es diesem jedoch sehr nahe. Nihilsmus und eventuell Faschismus lauerten am
Rande des militärischen Kultes.
> Die etablierten Eliten, vor allem diejenigen im Nordosten, fürchteten, dass unverantwortlicher
Wohlstand die Firmen von ihrer öffentlichen Verantwortung trennte.
> Die Anrufung der Kriegszeiten sollten das Luxusstreben bekämpfen und zu einer Verpflichtung auf
das größere Wohl der Allgemeinheit führen. (S. 30)
> Der kriegerische Geist wurde in den folgenden Jahrzehnten seines moralischen und politischen
Gehaltes entleert. Es wurde offensichtlich, wie leicht ein apolitischer Militarismus auf
unterschiedliche politische Agendas angewandt werden konnte. (S. 31)
IV.Die Stufen des Rassismus: vom Paternalismus bis zum totalen (Ausrottungs-)krieg
(1) Scheinheiligkeit (Vereinbarkeit von Tugenddiskurs und Korruption und Gier)
Scheinheiligkeit war weit verbreitet, was sich darin zeigte, dass die kriegerische Tugend sich leicht
mit Gier, Korruption und der Bessenheit nach schnellem Geld vereinbaren ließ.
> Sogar diejenigen Imperialisten, die für den Krieg als Antriebsquelle für die amerikanische
wirtschaft-liche Expansion waren, hüllten diesen Prozess in die ätherische Sprache von Fortschritt
und Zivilisation.(S. 32)
(2) Der totale Krieg als Erbe des Bürgerkriegs
Der Wandel von Okkupation zu Intervention markierte die Transformation der USA von einer
Siedlergesellschaft zu einer globalen Macht. Dabei waren große Kontinuitäten zwischen den
Indianerkriegen und den imperialen Kriegen zu verzeichnen.
> Strategien und Taktiken lassen sich auf den Bürgerkrieg zurückführen. Die Behandlung von
Bürgern als Kombatanten, der Versuch eine ganze Lebensweise auszurotten - der Ansatz eines totalen
Krieges dominierte, egal ob es um Konföderierte, Indianer oder Philippinos ging.(S. 33)
(3) Vom Paternalismus,Vitalismus bis zum Nativismus: Stufen der Radikalisierung d Rassismus
Die verschiedenen Stränge des Rassismus unterschieden sich in ihrer Virulenz. Die paternalistische
Erbauung christlicher Missionare wurde häufig von rassistischer Herablassung begleitet, welche mit
imperialer Herrschaft vereinbar war und mittels einer universalistische Hybris eingeflößt wurde.(S.
34)
> Der vitalistische Rassismus war dagegen ambivalenter, insofern er die mysteriöse Macht des
Primitiven anerkannte, jedoch anstrebte, diese in die Agenda von der Revitalisierung der Weißen
einzufügen. Die schiere Stärke und Energie, die exotische Sinnlichkeit, die Faszination von dem
"edlen Wilden" unterminierten mitunter die Annahmen von der Überlegenheit der Weißen.
> Sowohl die Vitalisten und die Paternalisten teilten immerhin die Annahme das sie mit den
unzivilisierten Menschen das Menschsein teilten. Der naturalistische Rassismus trennte dieses Band,
indem er die Eingeboreren mit wilden Tieren gleichsetzte.(S. 35)
> Die Verknüpfung von Negierung und Auslöschung charakterisierte sowohl die Indianerkriege als
auch die späteren imperialistischen Kriege.(S. 37)
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V. Militärisches Ethos als Legitimationsquelle für die herrschende Elite
(1) Die Notwendigkeit barabarischer Tugenden und die ideologische Grundlage des Imperialismus
Roosevelt stellte eine Verbindung von "barabarischen Tugenden" und Zivilsation her. Die Werte Mut,
Stoizismus und Ausdauer - die phyische Seite konventioneller Männlichkeit - können leicht in den
Dienst des Empire gestellt werden. Die Überlegenheit des Westen war in der imperialistischen
Sichtweise unwiderlegbar. (S. 37)
> Trotz der technologischen Überlegenheit der westlichen, weißen Zivilisation war ihre Ausbreitung
nach Westen und die Eroberung eines Übersee-Imperiums nicht unausweichlich, sondern das
Ergebnis bestimmter politischer Entscheidungen und öffentlicher Meinungsklimas.
> Oft waren die Motive wirtschaftlicher Natur. Manifest destiny und Geld harmonierten oft miteinander.(S. 38)
(2) Der lukrative Mythos vom Wilden Westen
Der Mythos vom wilden Westen war nicht mehr als eben das - ein Mythos. Der Wilde Westen, der
z.B. in der Wild-West Show von Buffalo Bill (Cody) glorifiziert wurde, war in Wirklichkeit von der
beginnenden Industrialisierung und Kommerzialisierung gekennzeichnet, von Eisenbahnstrecken,
Revolvern etc. - alles Produkte und Merkmale einer auftstrebenden amerikanischen Produktion.
> Wie so oft in dieser Epoche stellte sich der ritterliche Ethos einer keimfreien Gewalt in den Dienst
eines gewinnträchtigen Geschäfts. (S. 41)
(3) Das militärische Ethos als Legitmitationsquelle für die gewaltätige Bewahrung des status quo
Der militaristische Glaube spielte eine bedeutende Rolle für die Revitalisierung der Hegemonie der
herrschenden Klasse in einer Zeit, in der ihre Macht von rassischen Unruhen im Süden und
Arbeitskämpfen im Norden angegriffen wurde.
> Die ritterliche Haltung diente als Legitimationquelle für die gewaltätige erneute Bekräftigung
bestehender Machtverhältnisse. Dies konnte im einzelnen zu Lynchmorden und anderen Formen
rassischen Terrorismus im Süden, der Tötung streikender Arbeiter im Norden und Westen führen.
> Die Enstehung eines populären Militarismus sanktonierte auch die Verwendung einheimischer
Milizen für Wahrung der Ordnung im eigenen Land, sowie zur Schaffung einer imperialen Navy und
Armee, welche im Ausland für Ordnung sorgen sollte.(S. 44)
VI. Die Dialektik der Ordnungssuche durch "kreative Zerstörung" - und die Alternativen
(1) Die Ambivalenz der "kreativen Zerstörung": Schaffung von Ordnung wie Unordnung zugleich
Der Einsatz von Gewalt diente meist dazu, nicht Ordnung zu bewahren, sondern Rohstoffmärkte und
Absatzmärkte zu gewinnen, was oft zu blutigen Unruhen führte.
> Für die Profiteuer des kapitalistischen Systems, welche auf dem Prinzip der "kreativen Zerstörung"
beruhte, war die Grenze zwischen Ordnung und Unordnung oft nicht leicht zu ziehen.(S. 45)
(2) Reformbewegungen als Ersatz zum militärischen Ethos und die unregulierte, korrupte Wirtschaft
Die gesellschaftliche Reform war für romantische junge professionals eine Alternative zum
militaristischen Heroismus. Sie wollten durch die unmittelbare, authentische Erfahrung zu einer
Regeneration kommen. (S. 46)
> Die Jahrzehnte nach dem Bürgerkrieg sahen die Entstehung einer freien, ungezügelten
Unternehmer-gesellschaft, in welcher Kapital von der Regierung nicht reguliert wurde, vielmehr die
Regierung von Geschäftsleuten für ihre eigenen Ziele manipuliert wurden. (S. 49)
Kapitel 2. Die mysteriöse Macht des Geldes
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I. Vorurteile und mystischer Glaube an die Erlösung durch Geld
(1) Die Faszination durch Geld: Die Regeneration durch Teilhabe am Wirtschaftsgeschehen
Die meisten Menschen hatten eine geteilte Meinung zum Geld. Sie waren einerseits von diesem
fasziniert, fürchteten andererseits dessen korrumpierende Effekte. Dieser Faszination konnte man gar
nicht ausweichen.
> In einem Land, welches auf dem Weg einer rasanten technologischen und wirtschaftlichen Entwicklung war, boten sich für den Ehrgeizigen und Gierigen zahlreiche Gelegenheiten.
> Das Fehlen der Beschränkungen wie sie in der alten Welt gang und gäbe waren, hatte einen
potentiell demokratischen Effekt.
> Das Streben nach den tranfomierenden Möglichkeiten mittels Geld war für viele eine große
Befriedi-gung. Jeder weiße hatte, wenigstens im Prinzip, die Möglichkeit durch Kauf am großen
Versprechen nach Regeneration teilhaben.
> Dies macht im Kern die sich noch in den Kinderschuhen verweilende Konsumkultur aus. Dieser
Glaube hatte Ähnlichkeiten zum älteren Versprechen auf Erlösung.
(2) Alte Vorurteile und der skeptische Glaube nach einer Selbst-Transformation durch Geld
Alte Vorurteile bestanden jedoch weiterhin, so vor allem antisemitische. Geld wurde mit geheimen
Mächten und Verträgen assoziiert. Großer Reichtum konnte demnach nur durch Betrug und Arglist,
und weniger durch ehrliche, produktive Arbeit erlangt werden.
> Etwas im Einzelhandel zu verkaufen, überhaupt etwas zu verkaufen trug demnach in sich den Keim
einer Verführung.
> Die Teilhabe am Wirtschaftsgeschen - indem man z.B. mit Bergbauaktien spekuliert oder nur
einfach im Einzelhandel einkauft - evozierte Träume von einer unmittelbaren Selbst-Transformation,
gleich-zeitig jedoch auch von Ängsten, dass diese Transaktion nichts anderes als eine Täuschung war.
(S. 52)
> Verschuldung galt geradezu als zentrales Kriterium für die Kreditwürdigkeit, so Rockefeller. Die
Versprechungen nach schnellen und hohen Gewinn erwiesen sich oft als Täuschung, Betrug und
Korruption standen an der Wiege der moderen amerikanischen Wirtschaft. (S. 53) Es gab eine
weitverbreitete Bereitschaft zur Spekulation in der Wirtschaft, die Wall Street galt als Tollhaus, als
Hexenkessel.(S. 54)
(3) Der alchimistische Glaube nach einer quasi-religiösen Regeneration des Menschen durch Geld
Die neue Handelsform der "Futures" erlaubte es auf den erwarteten Anstieg oder Abfall von
landwirtschaftlichen und verarbeiteten Produkten zu wetten.
> Das alchimistische Versprechen des Geldes einer plötzlichen Selbst-Transformation machte es zu
einer zentralen - aber auch zerstörerischen - Macht.
> Geld hatte die Macht soziale Bindungen und eingesessenen Gemeindestrukturen zu zerstören,
indem junge Männer auf der Suche nach dem großen Geld und / oder Respektabilität ihre Heimatorte
verliesen.
> Als universaler Wertestandard löste Geld andere Wertestandards wie Gewohnheit, Tradition und
Moral ab - bzw. auf. (S. 55)
> Geld war nicht allein ein Mittel um die Menschen über Wasser zu halten oder ihnen Freude zu
bereiten, sondern es war ein Mechanismus zur Neuerfindung (reinventing) des eigenen Selbsts. Es
ermöglichte einen Neustart.(S. 56)
(4) Die Ablösung der protestantischen Erlösungsglauben durch die neue Konsumreligion
Das Versprechen einer persönlichen Transformation reichte oft tiefer, bis zu einer innereen
alchemistischen Wandel, einer Regeneration. Diese Vorstellung kommt einer materialistischen
Version der protestantischen Konversion nahe.(S. 56)
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> Die Rede von der Wiedergeburt hat ihren Fokus von der Seele auf den Körper verlegt, weg von der
Religion und hin zum Handel. Das eigene Selbst konnte nunmehr nicht allein durch Konversion,
sondern auch durch Konsumption (Verbrauch) revitalisiert werden (das behauptete wenigsten die
Werbeindustrie) (S. 57)
II. Selfmadmen und die Zerstörung der traditionellen Moral durch den dynamischen Markt
(1) Das protestantische Ethos des Selfmadman als Bollwerk gegen die zentrifugalen Marktkräfte
Zur gleichen Zeit fusionierten Zeit, Theologie und Moral in der protestantischen Ethik der
disziplinierten Leistung. Das wahrhaftige, aufrichtige Selbst war ein hart arbeitendes Selbst. Durch
diese Arbeit hat der Mensch seinen eigenen Erfolg geschaffen, seine gesellschaftliche Identität
begrün-det. Kurz, er war ein Selfmadman
> Für Moralisten war die Vorstellung, dass der Einzelne autonom, für sich allein, seine Identität,
seinen Wert begründen könnte, besonders wichtig angesichts der zentrifugelen Marktkräfte.
> Idealerweise sollte die autonom begründete Männlichkeit auf die Gesellschaft insgesamt austrahlen
und den Zauber und Karnevalgeist des Marktplatzes zähmen. (S. 57)
> Langsames Akkumulation war schnellen Gewinnstreben vorzuziehen. Letzteres drohte das Geschäft
in eine Leidenschaft zu transformieren, welche schließlich zu einer Monomanie führen würde. (S. 65)
(2) Rücksichtsloses Streben nach Erfolg unter dem Deckmantel der moralischen Rechtschaffenheit
Rockefeller konnte das Bild von seiner frommen Rechtschaffenheit nur dadurch aufrechterhalten,
indem er die moralische Verantwortung für seine hartherzigen, ausbeuterischen und teilweise
illegalen Hand-lungen auf die Schultern seiner Untergebenen verlagerte.
> Geheimhaltung und Täuschung waren die Quellen seines Erfolgs. Die Begriffe Wahrheit und Unschuld begannen sich zu verwandeln. Sie wurden zu den Begriffen Glaubwürdigkeit und
Verweigerung (deniability).(S. 60)
> Rockefeller verkörperte die Widersprüche des christlichen Kapitalismus im Gilded Age. Der
babtistische Glaube, wie auch andere Formen des Protestantismus feierten die Wahrhaftigkeit und
verdammte die Täuschung, während Rockefellers Erfolg nicht unwesentlich auf bewußter Täuschung
und Manipulation beruhte.(S. 62)
(3) Scheinheiligkeit und Selbsttäuschung: Philantrophie und nackte Gier
Carnegie wie auch Rockefeller haben sich zu Philantropen gewandelt, welche das Gemeinwohl im
Auge hatten, obgleich sie dieses während ihres aktiven Geschäftslebens mißachtet hatten. Sie haben
ihre eigenen Interessen mit denjenigen der Gesellschaft verschmolzen. Sie zeigten ein Talent zur
Selbsttäuschung. Sie lösten ihre moralische Ambivalenz in einem warmen Bad ideologischer
Gewißheit auf.
> Beide predigten ihre Hingabe zu den Prinzipien des freien Marktes, während sie gleichzeitig von
der Unterstützung durch die Regierung abhängig waren, was von Zöllen und anderen Subventionen
bis zu stattlich finanzierte Gewalt [gegen Kritiker, Arbeiter etc.] ging.
> Beide distanzierten sich von den Handlungen ihrer Untergebenen und hatten keine Ahnung von den
elenden Arbeitsbedingungen in ihren Unternehmen. (S. 63)
(4) Die Bedrohung des bürgerlichen Heim als Rückzugsort durch die Marktkräfte
Die Männlichkeit ist aber nicht ohne die Fraulichkeit zu verstehen. Im Kontext zum domianten
viktorianischen Ethos war das Heim der Ort ein Hafen, der frei gehalten werden sollte von der Sphäre
des Geldes, des Markes und des unternehmerischen Gewinnstrebens.
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> Das Heim sollte der Ort des authentischen Gefühls, sowie eine Arena zur Darstellung des eigenen
Status. Entgegen der offiziellen Ansprüche an das bürgerliche Heim, war es nicht möglich es von den
zerstörerischen Wirkungen des Handels und des Geldes zu isolieren. (S. 65)
> Wie das bürgerliche Haus offenbarte sich im Heim der Arbeiterklasse die Komplexität der
Klassenprivilegien in einem Land, das offiziell keine Klassen kannte. Das häusliche Heim war die
Sphäre, in welcher Geld ausgegeben wurde und Geld gespart wurde - das erste war eine Quelle der
Freude, letzteres ein Zeichen des sozialen Aufstiegs. Sparsamkeit war ein moralisches Gebot, das im
Zentrum des säkularisierten Protestantismus lag.(S. 78)
(5) Die potentiell das Selbst zerstörende Wirkung der dynamischen Marktkultur
Es war das eine, über die ausufernden Bedürfnisse der Arbeiterklasse zu lamentieren, etwas anderes
war es, den gleichen Fehler unter der Mittelklasse zu finden, von der doch angenommen wurde, dass
sie sich selbst verbessern, regenerieren, wollte.
>Es stellten sich potentiell subversive Fragen über die Dynamik der systematischen Unbefriedigung
als das Herzstück der Marktkultur. In einer Kultur des fortwährenden Streben nach immer mehr und
neuen Gütern und nach dem persönlichen Vorteil stellt sich die Frage nach dem Selbst. (S. 68)
III. Neurasthenie und psychische Erschöpfung als bedrohliches Phänomen
(1) Neurasthenie als Bedrohung für die protestantische Konversion [und des Selfmadman überhaupt]
Seit den 1880er Jahren war die Vorstellung, die nur begrenzt vorhandenen psychischen Resourcen zu
konservieren bei den reichen und gebildeten allgemein geäußert. Nervosität wurde als die
Hauptursache neben der "modernen Zivilisation" für die Neurasthenie angesehen. [Die emotionale
Energie des Menschen war sehr beansprucht, es mußte sorgsam mit ihr umgegangen werden.]
> Unter dem Begriff Neurasthenie wurden Symptome subsumiert, welche heute als Zeichen einer
chronischen Depression (Angstzustände, Irritierbarkeit, namenlose Ängste, Willensschwäche)
gedeutet werden.
> In einer protestantischen Kultur des selbstbestimmten und erprobten Willens als Schlüssel zur
indivdiuellen Identität, stellte die N. eine Art Anti-Selbst dar - da der Mensch in einem solchen
Zustand nicht fähig ist, die einfachsten Entscheidungen zu treffen.(S. 68)
(2) Die Methode der Regulierung des Energiehaushalt und manisch-depressive Erfolgsstreben
Nervöse Erschöpfung schien der Preis des Fortschritts zu sein, ein Zeichen, dass der Schaltkreis der
Kopfarbeiter mit den Forderungen, den die moderne Zivilisation an diesen stellte, überlastet sei. (S.
68)
> Es galt mit seinen psychischen Energie sparsam umzugehen, den dies versprach Erleichterung bzw.
Erlösung aus dem endlosen Zyklus von Unzufriedenheit und Begierde.
> Diese Haltung machte sich aber nur eine Minderheit zueigen. Diese Einstellung lag auch den
verschiedenen Simple Life- Bewegungen zugrunde.
> Viel verbreiteter hingegen war, soweit man es sich leisten konnte, ein lebenslanges Streben nach
Erfolg, unterbrochen von periodischen "Zusammenbrüchen". Dies kommt einem manisch-depressiven
Zug gleich.(S. 70)
(3) Neurasthenie als Mittel-und Oberschichtsphänomen: die Analogie von Psychologie und Ökonomie
Die neurasthenische Epidemie infizierte einen bedeutsamen Teil der Mittel-und Oberklasse, die es
sich leisten konnte, für Monate auf eine lange Seereise zu gehen, um sich auszukurieren.(S. 69)
Die manisch-depressive Psychologie der Klasse der Geschäftsleute ahmte die Auf-und Abschwünge
des wirtschaftlichen Zyklus nach. (S. 70)
17
IV. Die Kontroverse über die Realität der Arbeitslosigkeit: Immigration und Rassismus
(1) Die moralische Erklärung für die strukturellen und finanziellen Ursachen der Arbeitslosigkeit
Trotz hinlänglich bekannter Gegenbeweise, wurde die massenweise Arbeitslosigkeit nicht mit der
wirt-schaflichen Gesamtlage bzw. der Unternehmenspolitik angelastet, sondern mit den moralischen
Mängeln der Arbeiter erklärt. Die Forderung nach Fleiß war der Dreh-und Angelpunkt der
bürgerlichen Predigt an die Arbeiterklasse.(S. 71)
> Moralisten definierte das "Arbeitsproblem" mit der Faulheit der Arbeiter. Sie fantasierten darüber,
dass der Arbeiter sein eigener Agent sei und blendeten dabei die strukturellen Ursachen der Arbeitslosigkeit aus, besonders von finanziellen Krisen, vor allem der Panik von 1873.(S. 73)
(2) Die Ideologie der Arbeiterklasse: Vorrang der Gemeinschaft, Ideologie der produktiven Arbeit
Die Weltsicht der Arbeiterklasse war der Kontrapunkt zur liberalen und protestantischen Ethik. Die
Migranten brachten einen Sinn von Gemeinschaft, der Bedeutung von Verwandtschaft und gleicher
Hautfarbe mit sich.(S. 73)
> Der entscheidende Punkt ist, dass die Gruppe wichtiger war als das Individuum. Der
Individualismus war die Ideologie für reiche und wohlgeborene.
> Die Facharbeiter waren stolz auf ihre Arbeit, auf ihre Fähigkeit sich selbst und auch die
Gesellschaft im ganzen zu regenerieren. Sie waren stolz auf sich selbst und ihre Teilhabe an der
ehrbaren Armee der produktiven Kräfte - Leute, die ökonomischen Wert durch ihre eigenen
Anstrengungen schufen, anders als die "Parasiten" wie die Anwälte, Bänker und Aktienhändler.
> Wirklicher Wert gründet sich nach dieser Sicht der Produzenten nicht auf der mysteriösen Macht
des Geldes sondern allein auf der schweißtreibenden Arbeit.
> Diese Einstellung spiegelt Jeffersons Republikanismus und sein Mißtrauen gegenüber
konzentrierter Macht wider. Produktive Arbeit war das Abzeichen für Männlichkeit und persönlicher
Würde.(S. 74)
> Damit wurde die Legitimität der Rentier-Kapitalismus (Miet-, Kapitaleinkünfte etc.) in Frage
gestellt.(S. 75)
(3) Immigration und die Probleme der Arbeiterorganisationen mit fremdrassischen Arbeitern
In den 1870er und 1880er Jahren waren die Facharbeiter hauptsächlich Einheimische, während die
Ränge der ungelernten in Nordosten und mittleren Westen von Einwandern aus Süd-und Osteuropa,
wie von schwarzafrikanischen Migranten aus dem Süden gefüllt wurden.
> Im Südwesten und äußersten Westen von Mexikanern und Chinesen. Diese stellten die Außenseiter
der entstehenden Arbeiterbewegung dar. Es erwies sich als äußerst schwierig sie zu organisieren.
> Sie waren nicht allein durch die Sprachbarriere isoliert, sondern wurden von Facharbeitern oft aus
rassistischen Motiven heraus verachtet. Sie waren in einem größeren Ausmaß ungebunden als die
Mehrheit der Arbeiter.
> Die Mobilität der Arbeiter, das "Trampproblem" war kein selbstgewähltes Schicksal der Arbeiter,
sondern die Folge der wirtschaftlichen Konjunktur, sie mussten der Arbeit nachreisen. Die
massenhafte Anzahl von Saisonarbeitern, wurde von Kommentatoren als Problem erörtert. (S. 75)
(4) Die verschiedende Bedeutung von Fleiß und Arbeit für die Arbeiter, Mittel,- und Oberschicht
Fleiß hatte für die Armen und die Arbeiter eine andere Bedeutung als für die Mittel-und Oberschicht.
Von ersteren wurde erwartet, dass sie sich mit ihrem Lebenslos abfinden, während von den
Angehörigen der oberern Schichten erwartet wurde, aufzusteigen. Die Oberklasse sah sich genötigt
große Aufwen-dungen zu tätigen, um ihre gesellschaftliche Position zu behalten. (S. 78)
(5) Die ersten Arbeiterorganisationen, Streiks und die Verschärfung des Klassenkonflikts
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Für die meisten Angehörigen der Arbeiterklasse während der 1870er und 1880er Jahre war eine
stoische Haltung gar nicht möglich. Das Gilded Age sah eine Serie von massiven, gewalttätige
nationsweite Streiks.(S. 79)
> Die Arbeit und die Arbeiter waren ohne Rechte der Gnade des unregulierten Kapitals
ausgeliefert.(S. 81) Da die meisten Unternehmen kaum liquide waren, waren die Einsparungen der
einfachste und erste Weg um die Produktion profitabel zu halten.(S. 82)
> Die Knights of Labor wurden die bedeutenste Arbeiterorganisation welche mit der klassenbewußten
Ideologie von den wertschöpfenden Produzenten versus unproduktiven Kapitalisten die
Wirtschaftskapi-täne herausfoderte. Sie verband sich mit den Farmern und ihren Kampf gegen
Banker, Broker und Eisenbahnbarone.(S. 86)
(6) Die Kritik an der Unterdrückung und Ausbeutung der Arbeiter
Als der Klassenkonflikt sich verschärfte, haben sogar Wirtschaftswissenschaftler begonnen diesem
Aufmerksamkeit zu schenken. Manche argwöhnten, dass big business nicht mit dem Ideal des
minimal government vereinbar sei.
> Es sei auch nicht die Anwendung von naturrechtlichen Prinzipien, wenn man den Arbeitern
drakonische Arbeitsbedingungen auferlegt. Diejenigen, welche christliche Moral wirklich ernst
nahmen, stellten dessen Vereinbarkeit mit laissez-faire in Frage stellten.(S. 87)
(7)Die Lösung wirtschlicher und politischer Probleme: die imperiale Perspektive
Trotz aller Kritik stand die USA vor der Schaffung des Monopolkapitalismus. Das Mantra der Überproduktion verstärkte sich in den 1880er und 1890er Jahren und führte zu der Suche nach Märkten in
Übersee.
> Dies wurde als ein Weg gesehen, zwei Fliegen mit einer Klatsche zu fangen. Die Turbulenzen der
Konjunktur könnten vermieden werden und gleichzeitig die Erhöhung des Arbeitslohns garantiert
werden - und damit öffenliche Unruhen.
> Die Rhetorik des Empire begleitete den Aufstieg des Monopolkapitalismus, indem Fusionen und
ander zentralisierenden Strategien zunehmend erfolgreicher wurden.
> Während sich das Kapital immer mehr organisierte, spaltete sich die Arbeiterklasse entlang
ethnischer und anderer Linien. Die Produzenten-Vision macht einem pragmatischem trade unionism
Platz.(S. 88)
(8) Die Säkularisierung der religiösen Konversion: das unbegrenzte Selbst (und Wirtschaft)
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Psychologie des Mangels zunehmend durch die
Vorstellung eines mehr unbestimmten, flüssigen Selbsts, ein Selbst das endlos wachsen könne, genau
wie die Wirtschaft auch, in Frage gestellt.
> Diese Vorstellung war zwar nicht neu, sie gründete in bestimmten enthusiastischen Strängen
liberalen und protestantischen Denkens.
> Das Streben nach Regeneration wurde rationalisiert, in säkulare Kontainer umgepackt - in die
Managerethik von der absoluten wirtschaftlichen Performance und dem militärischen Ethos.(S. 90)
(9) Der Rassismus als Ordnungsfaktor und Garant der bestehenden Vorherrschaft der Weißen
Für manche Amerikaner standen die Barabaren bereits vor den Toren. Sie suchten nach den richtigen
Wegen um Kontrolle, ethnische Rahmenregelungen und allgemein die soziale Ordnung in Zeiten,
wenn alle Gewißheiten zu schwinden scheinen.
> Inmitten der moralischen und intellektuellen Konfusion enstand der wissenschaftliche Rassismus
als die zentrale Legitimation für die bestehende Hierarchie.(S. 90) Alle Arten der Innovation konnten
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vertrauensvoll unternommen werden, solange nur die rassische Hierarchie, die Vorherrschaft der
Weißen, beibehalten würde.(S. 91)
Kapitel 3. Die zunehmende Bedeutung der Rasse
I. Der Sozialdarwinismus und die Bestätigung der eigenen Identität in unsicheren Zeiten
(1) Der wissenschaftliche Rassismus als Quelle der Identitätsfindung - bzw. Vergewisserung
Seit den 1890er Jahren verschärfte sich die Unterdrückung und der politische Ausschluß der
Schwarzen aus dem politischen Entscheidungsprozeß. Der Entzug des Wahlrechts und die
Lynchmorde waren Teil des Programms der Wiederherstellung der weißen Vorherrschaft. Der
politische Körper der Südstaaten sollte gereinigt werden und für den ökonomischen Austieg fit
gemacht werden.
> Der Rassismus des 19. Jahrhundert unterschied sich von demjenigen früherer Zeiten durch seinen
Anspruch auf wissenschaftliche Systematik, das hohe Selbstbewußtsein, kurz, seine wissenschaftliche
Legitimität. Die wachsende Bedeutung der Rasse muß im Kontext eines allgemein verbreiteten
Gefühl der Unsicherheit, dem mit der Schaffung solider Grundlagen begegnet werden sollte.
> Der moderne Rassismus war für viele Amerikaner, deren Identitätsfindung durch die säkulare
Marktgesellschaft unsicher bzw. dem Markt überantwortet wurde, eine solide Grundlage zur
Bestimmung der eigenen Identität.
> Der biologische Rassismus stellte für viele eine widerstandsfähigere, glaubhaftere Grundlage der
eigenen Identität in Zeiten ständigen Wandels dar, als die willkürlichen Versuche durch
oberflächliche Manipulationen, zu einer Stärkung des Selbsts zu kommen.(S. 93)
(2) Der Körperkult im Zeichen der Bedrohung der Männlichkeit durch Markt- und Arbeitsprozesse
Die schiere Körperlichkeit, der Körperkult, wurde zum Gegengewicht zum Marktgeschehen und dem
atherischen Idealismus der späten vikoriansichen Kultur. Die protestantischen Träume von
Regeneration gewannen eine offenkundige, fühlbare, körperliche Form.
> Das Streben nach physischer Vitalität verbreitete sich unter der Mittel-und Oberschicht, besonders
unter Männern. (S. 93)
> In der republikanischen politischen Tradition stellte die Männlichkeit lange das entscheidende
Kriteri-um moralischen Wertes dar, die zunehmende systematische Organisation der Arbeitsprozesse
machte jedoch die Erlangung von Männlichkeit einerseits schwerer fassbar und gleichzeitig um so
dringlicher.
> Der biologische Reduktionismus verkürztete den Menschen auf seine bloße animalische Natur, zu
Tieren, welche sich in einem amoralischen Kampf ums Dasein befanden.
> Dieser bot folglich keine ausreichenden Definitionen, welche bestimmten, was es bedeutete,
Mensch sein und was es bedeutete zivilisiert zu sein.
(3) Der Sozialdarwinismus: Identitätsfindung durch Abgrenzung und Abwertung anderer Rassen
Der Sozialdarwinismus und seine rassischen Kategorien wiederum boten den Amerikaner die
Möglichkeit ihr Selbst angesichts der anarachischen Vielfalt der Natur zu bestimmen.
> In einem Land, in welchem self-making scheinbar der Way of life war, wurde die persönliche
Identität zunehmend durch die Berufung der rassischen Ursprünge bestimmt. Viele Amerikaner
begannen sich als Kaukasier (von kaukasischer Abstammung) zu begreifen.
> Dabei ging es aber nicht allein um die Unterscheidung von Weiß und Schwarz. Die verschiedenen
Rassen machten es notwendig, sie zu sortieren und zu kategorisieren.
> Indianer waren demnach die Überbleibsel von Wilden, welche nach Zivilsation strebten. In der
nostaligischen Mythologie der weißen Amerikaner wurden die Indianer zunehmend sentimentalisiert
und als "die ersten Amerikaner" angesehen.
> Die Zuzug von Immigranten, welche nicht aus der anglo-sächsischen Welt stammten manchten
zuneh-mend komplizierte Bestimmungen deren Rassenzugehörigkeit nötig.
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> Die populäre Ethnologie versorgte die vertrauten Vorurteile mit der Aura einer wissenschaftlichen
Legitimität. (S. 94)
II. Rassenideologie, die amerikanische Identität und die Immigrantenfrage
(1) Die relative Offenheit des Rassendiskurses: Integration und Ausschluß bestimmter Migranten
Die rassischen Kritierien waren aber nicht in Stein gemeißelt, sie waren veränderlich, sie konnten den
jeweilgen Konjunkturen des Rassendiskurses angepasst werden.
> So konnten mitunter die vormalig am miesten verachteten Immigrantengruppen einen Weg finden
Amerikaner zu werden, indem sie einfach als Angehörige der kaukasischen Rasse definiert wurden.
> Kurz, was sie sonst noch alles gewesen sein sollten spielte nunmehr keine Rolle, entscheidend war,
dass sie nicht gelb, braun oder schwarz waren.
> Diese Strategie ware auf die mexikanischen Amerikaner (sie waren allein schon per Definition eine
gemischte Zucht, "mixed breed") weniger anwendbar, überhaupt nicht anwendbar war sie auf die
Asiaten und Afro-Amerikaner.(S. 95)
(2) Die Chancen der Europäer auf Integration und Anerkennung als Amerikaner
Für die Slaven, Kelten, Juden, Italiener und andere europäische Minderheiten jedoch bot die Gleichsetzung von Amerikaner und Kaukasier einen Ausweg aus dem Diskurs von der Anglosächsischen
Vor-herrschaft.
> Mit dem Spanisch-Amerikanischen Krieg von 1898 haben die Iren, die Juden und andere
Immigranten ihr Amerikanertum genauso feurig behauptet wie jeder andere Anglosachse.(S.95)
(3) Fortlebende Ressentiments gegenüber bestimmten Rassen, Religion und kulturellen Eigenheiten
Dennoch braucht die Assimilation der kürzlich eingewanderten Zeit. In den Jahrzehnten nach dem
Bürgerkrieg war die rassische Unterscheidung der Europäer ein emotional sehr aufgeladenes Thema,
welches von vielen Amerikaner verfolgt wurde.(S. 95)
> Religiöse Differenzen konnten eine radikale Form annehmen. Der Antikatholizismus der Zeit vor
dem Bürgerkrieg verstärkte sich durch die protestantischen Ängste vor einer Masse von Immigranten,
die von katholischen Priestern beherrscht würden.(S. 98)
III. Regeneration und Bestätigung der weißen Vorherrschaft: die Diskriminierung der Schwarzen
(1) Zusammenhang von Reinigung, Regeneration der weißen Rasse und Diskrimierung d. Schwarzen
Der Ausschluß der Schwarzen zog von der sozialdarwinistischen Rassenlehre seine besondere
Legitimität. Dieser war auch die Grundlage der Vision von der rassischen Regeneration - eine Vision
welche ihre offensichtlichste Form im Autodafe der Lynchmorde fand.
> Die Schwarzen träumten jedoch gleichermaßen von ihrer eigenen Regeneration, sie kämpften
weiterhin dafür, am politischen Prozeß beteiligt zu bleiben.
> Bis in die 1890er Jahre haben die Schwarzen nicht aufgehört zu wählen, politische Ämter zu
übernehmen und ganz allgemein am politischen Leben im Süden teilzunehmen.(S. 96)
> Sex oder die Fantasie davon wr eine wichtiges Teil des Puzzels, welches die radikale Rassentheorie
mit der anwachsenden Flut von Lynchmorden in Teilen des Südens von 1889 bis ins erste Jahrzehnt
des 20. Jahrhunderts.
> Die Entscheidung des Supreme Court von 1883, dass der Civil Rights Act von 1875 nicht verfassungsgemäß sei, da das 14. Amendment nur auf Staaten, nicht aber auf Individuen oder Firmen
anwendbar sei, legitimierte somit indirkt die faktische Diskrimierung der Schwarzen. (S. 105)
21
(2) Lynchmorde als Kompensation für die weiße Unterschicht: Verzicht auf soziale Revolution
Die Lynchmorde waren mehr als nur ein Ausdruck der Macht der Weißen im Sog der Niederlage der
Schwarzen. Es war eine gewalttätige Bestärkung der weißen Gemeinschaft, ein Ritual, das dazu
diente, sexuelle Ängste zu vertreiben und den Klassenkonflikt hinter sich zu lassen.(S. 105)
> Es war eine Art von öffentlichen und psychologischem Lohn, der den weißen Arbeitern als
Ausgleich für ihre tatsächlich niedrigen Löhne.
> Die fortwährende Bestätigung ihrer rassischen Überlegenheit erlaubte es ihnen, über die partielle
Iden-tität ihrer Interessen mit denjenigen der schwarzen Arbeiter zu übersehen und jede Hoffnung auf
ökono-mische Demokratie im Austausch für die Mitgliedschaft in der Gemeinschaft der weißen
Männer, auf-zugeben.(S. 106)
> Für die weiße Mehrheit wurde die Rasse zu einer soliden Grundlage, zu einer Art ontologischen
Grund angesichts einer sich im Fluß befindenen Kultur.
> Der Rassismus war auch eine Möglichkeit die Klassenkonflikte durch die Wiederbelebung der Vorkriegsvision von einer Demokratie allein für die Weißen abzuschwächen.(S. 132)
(3) Sexuelle Fantasien über die Schwarzen (Vergewaltigung) und die Bedrohung weißer Männlichkeit
Die Lynchmorde waren rhetorisch und oft auch in der Wirklichkeit nicht von der Vergewaltigung
schwarzer Frauen zu trennen. Durch die ganzen Jahrzehnte nach dem Bürgerkriegs zogen sich die
sexuellen Ängste und Fantasien, die sich auf das mytische schwarze wilde Biest fokussierte.
> Angeblich sei eine alarmierende Zunahme von Vergewaltigungen weißer Frauen durch Schwarze zu
verzeichnen - auch wenn es dafür keine empirisch belegbaren Fakten gibt. Die ungezügelte, tierhafte
Natur des Schwarzen stellte eine Herausforderung für die weiße Männlichkeit dar.
> Die Lynchmorde waren eine erneute Bekräftigung der Verbindung von Weißsein und Männlichkeit,
ein Ritual, das zur Regeneration von beiden gehörte.
> Der vermeitliche Schutz der weißen Frauen vor Vergewaltigung rechtfertigte auch die bruten
Methoden gegenüber den Schwarzen, so auch die Lynchmorde.
> Wenn auch wirtschaftliche Interessen eine Rolle spielten ist doch die obsessiv sexuell konontierte
Sprache, welche den weißen Rassendiskurs durchzieht, unverkennbar.(S. 106)
(4) Die ambivalente Haltung der Kirchen zur radikalen Rassentheorie
Auch wenn die Kirchen der Weißen im Süden skandlös schweigsam waren, wenn es um die
Lynchmorde ging, so trugen sie wenig oder nichts zu diese Taten legitimierenden Theorie des
radikalen Rassismus bei.
> Christentum und radikaler Rassismus waren unsichere Bettgenossen, insbesondere, wenn es zu
syste-matischer Gewalt bis zu Morden kam.
> Die christlichen Missionare und die Rassentheoretiker trafen sich hingegen in der Rhetorik des
Empires. Protestantismus und der zivilisatorische Fortschritt gingen Hand in Hand, wenn es darum
ging, die imperiale Vorsehung von anglosächsischen Zivilisation zu erfüllen. (S 107)
(5) Das eugenische Utopia einer biologisch und sozial gelenkten Gesellschaft
Rassische Feindseligkeiten florierten in einer Athmosphäre des Mulitkulturalismus, des
wirtschaftlichen Mangels und der sexuellen Rivalität. Die persönlichen Animositäten gewannen den
Anschein wissen-schaftlicher Objektivität durch die neue wissenschaftliche Rassenlehre. (S. 99)
> Die Eugenik war eine Art säkularer Milleniarismus, die Vision von einer Gesellschaft, in welcher
bio-logische Technik die sozialen Techniken ergänzen würde, mit dem Ziel einer gelenkten Utopie.(S.
100)
IV. Projekt der Revitalisierung des Mannes im Umbruch durch Rassismus und Säkularisierung
(1) Die Vermischung der Rhetorik von der Revitalisierung mit der Rassentheorie
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Die Rhetorik von der Rasse vermischte sich mit der breiteren Agenda von der männlichen Revitalisierung.(S. 100) Als Mann geboren zu werden genügte nicht mehr, es galt die Unterwürfigkeit,
Dienstbarkeit von sich abzuschütteln und die eigene Unabhängigkeit zu erklären.
> Der Diskurs der Unabhängigkeit betraf aber nicht allein den Körper sondern wurde auch auf die
Wirtschaft übertragen, welche von Fesseln, Regulierungen befreit werden müsste. Männlichkeit war
in dieser Sicht untrennbar von einem laissez-faire Individualismus. (S. 101)
(2) Die politische und gesellschaftliche Offenheit des Männlichkeitsdiskurses
Der Männlichkeitsdiskurs wurde jedoch auch von Kommunitariern, den Knights of Labor, als zental
erachtet. Es galt die Solidarität der männlichen Produzenten gegenüber den Angriffen der
verweichlich-ten Parasiten [unproduktive Geldquellen] zu fördern.
> Männlichkeit, egal wie man sie nun definierte, war das entscheidende Kriterium, um am
öffentlichen Leben teilnehmen zu können. (S. 101)
(3)Die rassistische und xenophobe Dimension der protestantischen Revitalisierung
In den 1880er Jahren schwappte eine Welle muskulöser Christen über das Land, welche danach
strebten sprituelle und physische Erneuerung miteinander zu verbinden.
> Für viele Protestanten verband sich das Streben nach physischer Fitness mit einer umfassenden
Vision von der moralischen und kulturellen Revitalitisierung.
> Die Grundlage dafür war die Vergewisserung der protestantischen Selbstkontrolle gegen die
Bedroh-ungen, welche die Immigrantenmassen und die Verlockungen seitens des Massenmarkts
darstellten.
> In dem Maße, wie sich die Träume von der persönlichen Rettung mit einer breitern sozialen Agenda
vermischte, wurde die rassistische und xenophobe Dimension der protestantischen Revitalisierung
deut-licher.(S. 102)
(4) Die Forderung nach Prohibition als Ausdruck des Willens nach gesellschaftlicher Kontrolle
Die Prohibition war ein ansprechendes Instrument gesellschaftlicher Kontrolle für angesehende
Anglosachsen. Sie fühlten sich angegriffen bzw. geängstigt seitens unziehmlicher sportlicher Betätigungen und Unterhaltungen, welche zum Mißbrauch von Alkohol einluden.(S 102)
> In der Forderung nach Prohibition verbanden sich rassistisch beeinflußte Ängste vor
gesellschaftlicher Unordnung mit Forderung an die unteren Klassen der Arbeiter und Immigranten
sich sauber zu halten, fleißig zu sein, ganz allgemein Selbstdisziplin zu üben. (S. 103)
(5) Die Säkularisierung und rassistische Umdeutung des Modells der Männlichkeit
Unter dem Druck der weitverbreiteten Ideen von rassischer "Fitness" wurden die Modelle der
Männlichkeit immer säkularer.
> Entgegen den Versuchen der muskulösen Christen Körper und Geist zu vereinigen, war die ideale
Mann der sich bei allen Klassen entwickelte härter und weniger introspektiv als seine viktorianischer
Vorgänger. Er war auch weniger religiös.
> In der Diskussion über die Revitaliserung dominierten zunehmend Begriffe wie "Energie" und
"Gewalt" (force). Diese Begriffe wurden oft ihres moralische oder spirituellen Gehalts entledigt und
oft mit rassistischen Annahmen verknüpft.(S. 109)
(6) Die überlegene Männlichkeit unzivilisierter Barbaren als Chance und Bedrohung für die Weißen
Diese Umkehrung von Normen hat zwar die rassischen Hierarchien nicht unmittelbar herausgefordert, die diesen Begriffen zugrundeliegenden Annahmen, rührten jedoch beunruhigende Fragen
auf:
> Wenn die rassische Überlegenheit an die körperliche, pysische Überlegenheit geknüpft wurde, was
war dann mit den imposanten Exemplaren von Männlichkeit unter den angeblich niederern Rassen.
23
> War es vielleicht so, dass der an den Schreibtisch gebundene Anglosachse eine Infusion
barbarischen Blutes oder wenigstens barbarischer Tugenden.(S. 109)
> Hinter diesen Fragen stand primitivistisches Model von Regeneration, das durch die Inkorporation
der Vitalität der bezwungenen, dunkelhäutigen Fremden. Die entscheidende Frage war nun, wie dies
zu geschehen habe ohne dass die rassische Reinheit beeinträchtigt würde.
(7) Reaktion auf die barbarische Bedrohung: Die Kategorien zur Bestimmung des Amerikaners
Die Kategorie der Nicht-Weißen schloß sowohl einige europäische Immigranten wie acuh die Asiaten
und Afroamerikaner ein.
> Der entscheidende Unterschied war nun folgender: während die Chinesen schließlich
ausgeschlossen wurden und die Schwarzen graduell abgesondert wurden, hatten die Europäer eine
Chance entsprechende der in Enstehung befindlichen Definition des Amerikaners als Kaukasier
aufgenommen zu werden - was aber Jahrzehnte dauerte.(S. 110)
V. Die Schwäche der Arbeiterbewegung und die ethnische Rivalität unter den Immigranten
(1) Die große Reservearmee von Arbeitern: Einfluß auf das Lohnniveau und die Streikbereitschaft
Die Schwankungen des Marktes, von Angebot und Nachfrage war verantwortlich, dass Immigranten
oft auf Wanderung waren. Assimilation war nicht die einzige, oft sogar nicht die beste Option: oft
kehrten Immigranten in ihr Heimatland zurück oder zogen in andere Länder weiter. (S. 111)
> Die Globalisierung des Kaptialismus war dafür verantwortlich, dass die Migranten und Immigraten
in Bewegung gehalten wurden. Offene Arbeitsmärkte waren der Schlüssel zu der Expansion des
Kapital jenseits nationaler Grenzen.
> Der große Zuzug von Immigranten schuf eine Reservearmee von Arbeitern, die den Interessen der
Arbeitgeber diente, da dadurch die Arbeitslöhne gesenkt werden konnten. Männer, die leicht entlassen
werden konnten, waren weniger geneigt zu streiken.
> Oft wurden Immigranten als Streikbrecher eingesetzt, so wurde mitunter die eine Minderheit gegen
eine andere eingesetzt.(S. 112)
(2) Unterminierung der Klassensolidarität durch ethnische Rivalität - ethnisches Selbstbewußtsein
Bittere ethnische Rivalitäten unterminierten die Aussichten auf eine Solidarität der Arbeiterklasse.
> Damals wie heute, bedeutete über Rasse zu sprechen im gleichen Moment über Klasse zu
schweigen. (S. 112) Die ethnische Rivalität ist eine wichtige Ursache dafür, dass es in den USA
Sozialmus nie machtvoll wurde.
> Im gleichen Maße, wie sich der Rassismus und der Nativismus unter der anglosächsischen Mehrheit
intensivierte, so im gleichen Maße die Betonung der Minderheiten auf ihre eigenen kulturellen und
politischen Besonderheiten.
> Der irische Nationalismus und der Zionismus waren nur zwei der offensichtlichsten Beispiele für
eth-nisches Selbstbewußtsein.(S. 113)
(3) Die Dialektik von Inklusion und Exklusion: (a) Die Exklusion der Chinesen
Jeder Einschluß bedeutete im Umkehrschluß einen Auschluß. Die weiße ethnische Solidarität war
beson-ders hart für die Afroamerikaner zu ertragen, welche sich bei ihrer Suche nach Arbeit weniger
auf ihre Verwandtennetzwerke bei der Suche nach Jobs verlassen konnten und entweder informell
oder syste-matisch von Gewerkschaften ausgeschlossen wurden.
> Gewalt und Vorurteil wirkten zusammen bei der bevorzugten Beschäftigung lokaler Schwarzer
gegen-über europäischer Immigranten.(S. 113)
> Kulturelle, rassiche und ökonomische Ängste fütterten eine tiefsitzende Angst and Animosität,
welche regionale Grenzen überwand und schließlich zu der Chinese Exclusion Act of 1882.
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> Nach Unruhen unter den Chinesen kam es zu ethnischen Säuberungen durch weiße Bürger, in
welcher Chinesen aus einer Stadt vertrieben wurden. Es kam auch zur Tötung von chinesischen
Eisenbahn-arbeitern und zu einer Welle von ähnlichen Mobaktionen.(S. 116)
(b) Die bedingte Assimilation der Iren
Mit ihrer Agitation für den Ausschluß der Chinesen haben die Iren einen bedeutenden Schritt auf eine
vollständige Aufnahme in die amerikanische Gemeinschaft.
> Wirkliche Assimilation war jedoch noch nicht erlangt. Immigranten sahen sich nicht allein
Unsicher-heiten des Arbeitsmarkts, sondern auch den Perversitäten des anglosächsischen Rassismus
ausgesetzt. (S. 116) Verdächtigungen über die papistischen katholischen Iren war weiterhin unter
protestantischen Amerikanern verbreitet.(S. 117)
> Angesichts von drohenden Arbeitskräften waren die katholische Kirche mit ihrem traditionellen
Hierarchie-und Ordnungsdenken nicht mehr der Hauptfeind.
> Als der Konflikt zwischen Arbeit und Kapital in offen gewalttätige Auseinandersetzungen überging,
hat der Radikalismus die Religion als die zentrale Quelle nativistischer Ängste ersetzt.(S. 117)
(c) Die Diskrimierung der Italiener und der lange Weg zur Assimilation
Vorstellungen von ungeeigneten Immigranten"rassen", welche die Grundlagen der Republik unterminieren könnten lagen der Agitation der Patrizier für eine Begrenzung des Zuzugs von Immigranten zugrunde.(S. 118)
> Die Italiener sahen sich einer Diskrimierung als die "Nigger der europäischen Immigranten" ausgesetzt. Sie wurden als von dem Ideal des Weißseins am meisten unter allen Europäern entfernt stehend
abgewertet.(S. 119)
> Da die Italiener nicht eindeutig als weiß oder schwarz zu klassifizieren waren, stellten sie die
Hautfarben kodierten Kategorien vor große Herausforderungen.
> Es dauerte noch mehrere Jahrzehnte bis die Italiener als weiß genug zur Assimilation angesehen
wur-den. Im Gilded Age wurde die Überlegenheit der nordeuropäischen Immigranten postuliert. (S.
119)
(4) Terrororganisation White League: Kontinutiät von Aktionen gegen Schwarze und Immigranten
Die White League war eine terroristische Organisation, die ihren Ursprung in dem Widerstand gegen
die Rekonstruktion hatte.
> Die Lynchmorde unterstrichen die Kontinuität zwischen anti-schwarzen und anti-ImmigrantenRassis-mus, wie auch die Ambivalenz der Einstellung gegenüber dunkelhäutigen Sizilianern.(S. 119)
(5) Der Spagat zwischen Anpassung und Betonung der Traditonen des Heimatlandes
Viele Immigranten versuchten einen prekären Spagat zwischen widerstreitenden Wünschen - dem
Verlangen, Teil des Mainstream zu sein, andererseits aber auch den Rassenstolz im angesichts des
wissenschaftlichen Rassismus, des erneuerten Nativismus und der Konkurrenz mit anderen ethnischen
Minderheiten zu bekräftigen.(S. 122)
VI. Politische und soziale Segregation und die Regeneration der weißen Rasse in unruhigen Zeiten
(1) Der Kampf der Schwarzen um ihre Emanzipation angesichts des roll-backs der Weißen
Während die Immigranten begannen in der Wirtschaft mitzumischen, wurden die Schwarzen immer
systematischer abgesondernt und von der Teilnahme am öffentlichen Leben ausgeschlossen. Es wäre
jedodch ein Fehler den Jim Crow South als eine unvermeidliche Entwicklung anzusehen.
> In den ersten Jahrzehnten nach dem Bürgerkrieg waren die Schwarzen in vieler Hinsicht in gleicher
Weise wie die Weißen in der Politik beteiligt.
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> Es ist wichtig zu erkennen, dass die geschichtliche der Schwarzen nach der Rekonstruktion kein
unmittelbarer und unausweichlicher Abstieg zu einem Tiefpunkt war, sondern eine Periode, in
welcher befreite Menschen, manchmal erfolgreich, versuchten, die wahre Bedeutung von
Emanzipation der Schwarzen gegen die rücksichtlose erneute Bestätigung der weißen Vorherrschaft
zu erhalten.(S. 123)
(2)Politische Korruption:
Vorherrschaft
Parteiübergreifende
Machtabsprachen
im
Dienste
der
weißen
Das öffentliche Leben in den Südstaaten der 1880er Jahre war von Korruption gekennzeichnet. Das
Kaufen und Verkaufen von Wählerstimmen war ein normales Geschäft bei beiden Parteien und
beiden Rassen geworden.
> Auch nach der Restaurationn der Herrschaft der Weißen haben die Republikaner im Süden ihre
Machtstellung unter den Weißen in den uplands und den Schwaren im low country behalten.
> Eine Hand wäscht die andere: In Distrikten mit einer schwarzen Mehrheit war es üblich geworden,
dass weiße Demokraten Ämter übernahmen, im Gegenzug haben sie die lokale Patronage den mehrheitlich schwarzen Republikanern überlassen.
> Die weißen Eliten haben die Kontrolle wiedergewonnen, aber nur auf Kosten einer zügellosen
Korruption und beinahe anarchischen Zuständen.(S. 127)
(3) Die destabilisierenden Folgen der politischen Korruption für die weiße Vorherrschaft
Der weißen Vorherrschaft mangelte es an Legitimität, und die triumphalen Behauptungen von einer
Erlösung wurden überschattet von einer anschwellenden öffentlichen Vorstellung von der Politik als
etwas, das nichts mit dem wirklichen Leben zu tun habe. (S. 127)
> Die Debatte über die Staatsschulden konnten die Vorherrschaft der weißen ins Wanken bringen. Die
meisten Weißen und Schwarzen hatten keine Staatsanleihen und hatten auch kein Interesse daran,
dass die Politik den Interessen einer kleinen Minderheit nachkommen sollte, indem sie den Verfall der
Staatsfonds deckte.
> Das war genau das Szenario, welches konservative Demokraten fürchteten: eine Massenbewegung
welche in der Unzufriedenheit mit einer Politik, welche nur einer kleinen weißen Elite diente, konnte
leicht den durchschnittlichen Weißen mit den Schwarzen zusammenführen.(S. 128)
(4) Vermeidung polit. Korruption und Garantie der weißen Vorherrschaft: die Jim Crow-Gesetze
Die Jim Crow- Gesetzgebung stellten einen Weg zur keimfreien Ratioalisierung des Traums einer
rassischen Erneuerung durch Gewalt dar. Während den 1880er Jahren begann die weiße Mittel- und
Oberschicht die politische Korruption zu verabscheuen, welche in der Notwendigkeit politischer
Absprachen aufgrund des schwarzen Machtfaktors bei Wahlen ihren Ursprung hatte.
> Einige sahen in der Aberkennung des Wahlrechts für Schwarze einen Weg zur Legitimierung der
weißen Vorherrschaft, welcher dem Einsatz roher Gewalt vorzuziehen sei.(S. 129)
(5) Die Organisation des Alltagslebens der Schwarzen und die eigene Kultur
Immerhin konnten die Schwarzen auch auf dem Tiefpunkt ihres Schicksals noch Land erwerben, vor
alleim im oberen und äußeren Süden.
> Ihr gemeinschaftliches und vereinsmäßiges Leben verdichtete sich in dem Maße, wie schwarze
Schulen, Kirchen, Hilfsorganisationen und religiöse Zeitschriften sich stark vermehrten.
> Zu dieser Zeit entwickelte sich eine Klasse gut ausgebildeter Schwarzer. Die Afroamerikanische
Musik florierte, eine Mischung von Kirchenliedern und hybrider säkularer Formen, welche
schließlich in den Blues mündete.(S. 129)
> Booker T. Washington und das Ethos der Selbshilfe: Sein Evangelium, sein Ethos der Selbsthilfe
gründete auf geistigen und moralischen Forschritt im materiellen Leben und in den Gewohnheiten.
Weniges sei wichtiger als die persönliche Hygiene.(S. 131)
26
Kapitel 4. Das Land und die Stadt [The Country and the City]
I. Realitäten und Fantasien über den Gegensatz von Stadt und Land
(1) Die Moralisierung des Gegensatzes von Stadt und Land: Die Stadt als Quelle des Tugendverfalls
Die Differenz zwischen der imagnierten Traumfarm und der harten Realität war nur eine der
zahlreichen Differenzen des archetypischen Gegensatzes von Land und Stadt. In der angloamerikanischen literarischen Imagnination wurden diese zwei Pole mit moralischen Standpunkten
verbunden.
> Die Linie in der Tradition von Jefferson stellte die agrarische Tugend gegen die Laster der Stadt.
Generationen von Rederner betrachteten die Stadt mit Mißtrauen, als eine Quelle unmännlichen
Luxus, der die republikanische Tugend unterminieren würde.(S. 134)
(2) Die Aufwertung der Stadt gegenüber des Landes und die Vision der Verbindung beider Vorzüge
Diese stereotypische Perspektive konnte aber auch umgekehrt werden. Seit den 1880er Jahren was
gleichermaßen möglich das städtische Leben zu sentimentalisieren, während die ländliche Perspektive
verworfen wurde.(S. 134)
> Es gab aber auch die Perspektive der wenigen Privilegierten, welche sich vorstellten die Vorzüge
der Stadt mit denjenigen des Landes zu verbinden: Die Begeisterung über den städtischen Handel und
die Ruhe eines ländlichen Rückzugsortes.(S. 134)
(3) Die Mythen von absoluten Stadt-Land-Gegensatzes und deren tatsächliche Interdependenz
So mächtig diese Fantasien auch gewesen sein mögen, so teilten sie einen fundamentalen Fehler.(S.
134) Gleich ob das Land oder die Stadt, oder auch beide, sentimentalisiert wurden, die Antithese von
Stadt und Land verbarg die Komplexität ihrer Abhängigkeit.
> Durch die Revolution der Wirtschaft und des Kapitals wurden die Städte zu Magneten für
Migranten, vor allem Landarbeiter. Der "Great West", die endlosen Prärien, behielten gleichzeitig
ihre Anziehungs-kraft.
> Notwendigkeit und Fantasie hielt die Menschen in Bewegung. Migranten waren gleichermaßen von
aktueller Verzweiflung und Träumen von einer Wiedergeburt motiviert.(S. 135)
(4) Die vielfältigen Formen der Ausbeutung der Farmer im Süden
Die Situation für die Farmern war am schlimmsten im Süden, wo die Baumwollplanzer sich
gleichermaßen dem Monopol lokaler Händler als auch Eisenbahnen und Banken stellen mußten.
> Die Tatsache, dass die wirtschaftlichen Transaktionen viele und auch weit entfernte Stellen
miteinbezog ist aber nicht für die wirtschaftliche Misere an sich verantwortlich zu machen.
> Auch der unmittelbare wirtschaftliche Beziehung von Mensch zu Mensch ist kein Garant für
Gemein-schaft und Tugend im Handel.
> Die Ausbeutung nahm viele Formen an. Ein kompliziertes Netz von Geld und Macht verband Großstädte (cities), kleine Städte (towns) und Ortschaften mit den Menschen, welche auf dem Land arbeiteten. (S. 135)
(5) Die Sinngebung der dramatischen Umbrüche in Wirtschaftl, Gesellschaft und individuellen Leben
Die Betonung des Gegensatzes von Stadt und Land waren aber nicht blose Ausreden. Die Träume von
bukolischer Stille oder städtischer Energie gründeten in komplexeren Motiven als einem
ausschließlich eskapistischen Gefühl. (S. 135)
> Stadt und Land waren eine Art von Metapher, Quellen um der städtisch-industriellen Revolution,
welche das ländliche Amerika transformierte und bei vielen Amerikanern ein Gefühl der
Diskontinuität ihres Lebens schuf, Sinn zu geben.
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> Wenn die Stadt die Hoffnung auf die Zukunft verkörperte, so das Land die Anziehungskraft der
Vergangenheit.
> Für alle, welche in die Stadt aus Gründen der Begeisterung oder der Gelegenheit zogen, assoziierten
das ländliche Leben unauslöschlich mit Kindheit und Erinnerung. Der Gegensatz Stadt - Land bezog
sich auf persönliche Erfahrung, wie auch auf politische Ökonomie.(S. 136)
(6) Jeffersons agrarian virtue als Tagtraum, Sehnsuchtsort der Stabilität und realitätsferne Nostalgie
Jeffersons Konzeption des unabhängigen Kleinbauers (yeomanry) beinhaltete fundamentale Widersprüche. Außerhalb gewisser abgelegener Gebiete in Neuengland waren die wenigsten
amerikanischen Farmer autark, noch wollten sie es sein.
> Viele waren eifrige Teilnehmer der landwirtschaftlichen Marktökonomie. Das Bild des
unabhängigen Kleinbauern war eine Art Ikone, in welcher sich die Sehnsüchte nach Stabilität inmitten
eines Mahlstroms der Migration verkörperte.(S. 137)
> Die Migration vom Land in die Stadt wurde oft als ein Krankheitssymptom des politischen Körpers
beurteilt. Nichtsdestotrotz ging die Stadtwanderung weiter.
> Die Nostalgie von den ländlichen Wurzeln war selbst ein Produkt der Wurzellosigkeit. Ein
ruheloser Geist, der in Notwendigkeit und Begierde seinen Ursprung hatte, hat die Amerikaner in die
untschied-lichsten Richtungen gelenkt, vor allem jedoch westwärts.
> Die Vision von einer stabilen Kleinbauernschaft (yeomanry) wurde vom herrschenden Typ des nach
Westen ziehenden Pionier untergraben. (S. 138)
II. Die Südstaatenökonomie: Zwischen Rückständigkeit und Ort gigantischer Investitionsfantasien
(1) Rückständigkeit der Ökonomie der Südstaaten und die method. Unterdrückung der Landbevölk.
Die ganze Region war dem Kapital aus dem Norden hörig, gefangen in den typischen Muster einer
kolonialen Ökonomie (dem Verkauf billiger Rohstoffe auf dem Weltmark und dem Kauf teurer
verarbeiteter Güter aus geschützten Industrien der Heimatländer).
> Die Landwirtschaft litt unter der Plage der Landmonopole, der Abwesenheit der Eigentümer, die
Übernutzung des Bodens und der Unterentwicklung des Kapitalverkehrs (jenseits des blosen
Austausch von landwirtschaftlicher Ernte gegen Geld).
> Alle diese Probleme hatten ihren Ursprung unter der Sklaverei und verstärkten sich nach der Abschaffung derselben.
> Der Schlüssel zu dem neuen System der Dominanz einer Elite war die Einbehaltung eines Teils der
Ernte, wodurch die ländliche Bevölkerung, sowohl die weiße wie auch die schwarze, auf einen Status
von Tagelöhnern gehalten wurde.(S. 144)
(2) Die Fantasie von der Südstaatenökonomie: Privater Nutzen bewirkt den Nutzen der Allgemeinheit
Die Politik des Handels wurde von Gradys New South Creed, einer Fusion von Jeffersons Vorstellung
von einer minimalen Regierung mit der Religion des Gilded Age, der Anbetung des Geldes,
kombiniert. > Von dieser Perspektive aus gesehen diente der öffentliche Dienst allein der Förderung
der privaten Investmentinteressen. Würden sie das ganze Land durchdringen, würde der Wohlstand
aller gesichert sein. Die meisten Investoren in die Wirtschaft des Südens kamen aus dem Norden. (S.
149)
Die Reformbewegung der Farmer
III. Der Ursprung der Reformbewegung in den absoluten Machtambitionen der weißen Elite
(1) Die verantwortungslose Fiskalpolitik als Nukleus der Radikalisierung der Reformbewegung
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Die Forderungen nach free silver stellten eine knackige Parole dar, lenkte jedoch nur von der entscheidenden Frage der Geldpolitik, die das Zentrum der Währungsdebatte ausmachte, ab, nämlich wer
über die Geldmenge entscheiden sollte, und mit welchem Ziel.(S. 152)
> Die sozialen Kosten der fiskalischen Orthodoxie der Fonds der Einzelstaaten waren verherrend. Um
allein die Zinsforderungen bedienen zu können, musste Virginia drakonische Maßnahmen ergreifen.
> Die Steuer auf Grundgüter und persönliches Eigentum wurden erhöht, die öffentlichen
Dienstleistung-en, vor allem bei den Schulen, wurden zusammengestrichen.
> Diese Maßnahmen provozierten rassenübegreifende Opposition, sowohl von Pflanzern, Kleinbauern
und Afroamerikanern im ganzen Staat.(S. 152)
(2) Enttäuschung über die etablierten Parteien und die Schaffung einer Interessenvertret. d. Farmer
Die Demokraten waren im gleichen Maße wie die Republikaner der Deflation, dem harten Geld, der
Schaffung privater Banken und der Beibehaltung des Schutzzolls verpflichtet.
> Während die städtischen Facharbeiter zumindest die Forderung nach Schutzzoll geteilt haben
mögen, haben die Farmer nichts in dieser parteiübergreifenden Agenda gefunden, was ihren
Interessen ent-sprochen hätte.
> Als der größten Interessengruppe innerhalb der Klasse der Verschuldeten, war es den Farmern ein
Anliegen, ihre abweichenden Vorstellungen in den öffentlichen Diskurs einzubringen. Es ist nicht
verwunderlich, daß die agrarsichen Radikalen sich zu einer Politik das Aufstands zuwendeten.
> Vor allen ihnen ist es zu verdanken, dass die Dekaden nach der Rekonstruktion das goldene
Zeitalter einer aufständischen dritten Partei in der amerikanischen Politik markierten.(S. 152)
(3) Politik der Furcht als Mittel der Monopolisierung des politischen Lebens durch die weiße Elite
Rassische Ängste verbanden sich mit regionalen Feindseligkeiten. Die wirtschaftlichen und
politischen Eliten auf beiden Seiten der Mason-Dixon Linie zielten darauf, die öffentliche
Aufmerksamkeit von ökonomischen Fragen ab und auf den Krieg und seine Nachwirkungen zu
konzentrieren.
> Im Süden bedeutete das die Politik der Furcht - vor der Rückkehr der bundesstaatlichen Truppen,
vor der Herrschaft der Schwarzen. Diese Furcht sollte die Massen des Südens in die Arme
konservativer Demokraten treiben.
> Im Norden diente die Politik der Furcht dazu, die Feindschaft gegen die alte Konföderation unter
den Wählern aus dem mittleren Westen aus der Kriegszeit beizubehalten, um eine Allianz zwischen
dem Süden und dem Westen zu verhindern.
> Wo Rhetorik versagte, blieb noch der Betrug. Im Süden wurde die Kopfsteuer zur Aberkennung des
Wahlrechts der Armen unter Weißen wie Schwarzen verwandt. Der durchschnittliche Demokrat
(Partei) unternahm alles, um das öffentliche, politische Leben in einen Männerklub zu verwandeln.
(S. 153)
> Egal ob es um die Aberkennung des Wahlrechts, der Zerschlagung von Gewerkschaften, der Knebelung von abweichenden Meinungen ging - das Recht erwies sich als biegsam, es gab der Einschüchterung, dem Betrug oder der Gewalt nach, wenn die existierenden Machtverhältnisse herausgefordert
wurden.
> Die agrarischen Radikalen waren aber nicht bereit dazu, ihren Ausschluß vom öffentlichen Leben
zu akzeptieren. In den frühen 1880er Jarhen wurde Virginia zum zentralen Schlachtfeld der
Auseinander-setzung zwischen den Aufständischen und der etablierten Elte - ein Streit, der die
Vorlage für das, was in den nachfolgenden Jahrzehnten noch alles folgen sollte, abgab.(S. 154)
IV. Die unterschiedlichen Reformbewegungen und ihre Forderungen
(1) Gemeinsame Forderungen der Reformbewegungen und teilw. selbstverschuldete Zwangslage
Bewegungen wie die Farmer Alliance, Populisten und anderer teilten die Beschäftigung mit dem
Thema Glaubwürdigkeit (credit). Sie wollten die Kontrolle über die Geldmeng von privaten Bänkern
zurückgewinnen.
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> Diese sollte in den Händen der Menschen liegen und von deren gewählten Repräsentaten verwaltet
werden. Sie wollten eine demokratisch kontrollierte Währung, welche flexibel genug sein müsse, um
den Interessen der expandierenden Wirtschaft, wie der Farmer sein müsse.
> Der erregte Schrei der Farmer wurde für einen Moment ein Glaubensbekenntnis von einer
erlösenden Transformation.(S. 136)
> Die Farmer waren aber nich allein passive Opfer. Wenigstens zum Teil wurde ihre Zwangslage
durch ihre eigenes Verhalten, ihre Beteiligung an der Spekulationsblase, verursacht.
> Die Spekulationsfantasie wurde von den Eisenbahnunternehmen und lokalen Hilftruppen, welche
die Farmer dazu verführte, Geld zu leihen, um Land zu inflationär niedrigen Preisen zu kaufen. (S.
143)
(2) Grenzen und Erfolge der Readjusters: Die Einleitung eines Bewußtseinswandels
Die Readjuster haben es immerhin geschaffte die Geldreform mit einer große Bandbreite egalitärer
und Anti-Monopol Politik zu verbinden.
> Sie schafften es die Annahme von der Regierung als privater Herrenklub herauszufordern. Sie
schufen eine öffentliche Spähre indem sie eine gemeinsame politische Plattform der verschuldeten
Klassen bildeten, welche Farmer mit Arbeiter, sowohl weißen wie schwarzen verband.
> Selbstverständlich waren diese Allianzen brüchig Sie haben jedoch politischen Außenseitern - Menschen, die sich nicht vorstellen konnten, jemals in der Öffentlichkeit zu agieren - schließlich eine Vorstellung davon vermittelt, was ein auständisches Verhalten bewirken könne. (S. 155)
> Der republikanische Traum einer erneuerten Verpflichtung auf das öffentliche Gute, wie die
millina-ristische Hoffnung auf kooperatives commonwealth, wurde von den Delegierten der People's
Party als dringliche Verpflichtung wahrgenommen, da die Nation am Rand einer Katastrophe stehe.
(S. 165)
(3) Selbstzuschreibung von Attributen der Männlichkeit als Bindeglied von Farmern und Arbeitern
Die Sprache der Männlichkeit vermischte ländliche und städtische Unzufriedenheit in einer Weltsicht
der Produzenten.
> Damit wurden die Verbindungen zwischen Farmern und Arbeitern erneut bestärkt, die geteilte Neigung zu männlichen Idealen der ökonomischen Unabhängigkeit hervorgehoben, wie auch die gemeinsame Abneigung gegen Banker, Spekulatoren und geldgieriger Händler.
> Diese waren für sie nichts anderes als Parasiten, welche nichts produzierten, sondern allein durch
Manipulation zu Geld kamen. Sie hätten der ehrlichen Arbeit der Farmer, Mechaniker und kleinen
Eigentümern (den produktiven Klassen) das Lebensblut ausgesaugt.(S. 156)
(4) Kritik und positive Würdigung der Weltsicht der Produzenten
Skeptische Liberale wie zynische Kapitalisten haben diese Weltsicht der Produzenten - besonders in
seiner agrarischen Version - als eine Einstellung einfältiger Bauerntölpel, welche schließlich von der
Moderne überrollt würden, gefangen in nostalgischen Fantasien über ein ländliches Utopia, welches
eng mit provinzieller Xenophobie verknüpft sei.
> Gelegentlich verband sich die Produzenten-Kritik am Geldverleih mit Antisemitismus, primitiver
Ökonomie und enger Moral.
> Immerhin war diese Weltsicht, wie schlicht auch immer sie in ihren Ursprüngen war, gesäuert durch
egalitäre Impulse, welche schließlich eine anspruchsvolle Herausforderung der laissez-faire
Orthodoxie förderte.(S. 156)
(5) Macunes Reformplan der bundesstaatl. gelenkten Währungspolitik und Kooperation der Farmer
C.W. Macune wollte eine flexible staatlich gelenkte Währungspolitik, welche den kooperativen
Markt-arangements der Farmer dienlich sei und diese von der Abhängigkeit durch Händler und Trusts
befreien sollte. (S. 157)
30
> Nach diesem Plan sollten ausbeuterische Händler, kommerziell orientierte Banken und Hypothekenfirmen von der amerikanischen Landwirtschaft ausgeschlossen werden.
> Im gleichen Zuge sollten die Bürger zu Krediten zu vernüftigen Konditionen kommen, indem die
Kon-trolle über die umlaufende Geldmenge von kommerziellen Banken auf das Schatzamt der
Vereinigten Staaten übergehen sollte.
> Dieser Plan gründete auf einer zentralen Annahme der republikanischen Tradition, nämlich, dass
die Verwaltung nationaler Resourcen dem öffentlichen Wohl dienen müsse.(S. 158)
(6) Der Zusammenhang von Probhibitionsbewegung und Kampf für das Frauenwahlrecht
Im Norden wie im Süden bot die Prohibitionsbewegung Frauen die erste wirkliche Chance der
Beteiligung am öffentlichen Leben. Es wurde ein Zusammenhang zwischen der Abstinenzbewegung
und dem Kampf für das Frauenwahlrecht gesehen.
> Durch die Unterstützung der Forderung nach gesetzlicher Regelung der Abstinenz würde das
Frauenwahlrecht zur Befreiung der Alkohliker von ihrer Versklavung führen, zur Reinigung des
Heims vom Schrecken der Alkoholiker befreien.
> Die Frauen würden schließlich mit ihrem reinigenden, erlösenden Einfluß die ganze Gesellschaft
über-ziehen.(S. 160)
(7) Rassismus als Ursache für das Scheitern einer stabilen Allianz zwischen Farmern und Schwarzen
Die Schwarzen waren verständlicherweiße mißtrauisch was die Interesengemeinschaft mit den
Farmern betraf. Deren wirtschaftlichen Nöte und Forderungen waren weniger existentiell bedrohlich
wie die Bedrohung durch systematischen Wahlentzug und Terror. (S. 161)
> Rassistische Bräuche und Gesetze verwehrten es den Schwarzen sich in der Öffentlichkeit zu versammeln, sichtbare kollektive Aktionen zu unternehmen, welche Antrieb für demokratische
Bewegungen wären.
> Paranoia und die weiße Macht blockierten die Versuche der Populisten eine rassenübergreifende
Koa-lition zu bilden. (S. 165) Die Rassenfrage blieb die Achillesferse des Südstaatenpopulismus.(S.
185)
Kapitel 5. Krise und Regeneration [Crisis and Regeneration]
Der komplizierte, widersprüchliche Diskurs von Regeneration, Gemeinwohl, weiße Suprematie
I. Die Periode der Reformbewegungen und der bedingten Abkehr vom laissez-faire Prinzip
(1) Die neoklassische Vision der Regeneration als klassen-und rassenübergreifender Diskurs
Es gab die Vorstellung, die furiosen, expanisven Energien des amerikanischen Kapitalismus mit der
kühlen Idealität neoklassischer Hierarchien, Werte und Geschmacksvorstellungen zu disziplinieren.
> Der Klassen- wie der Rassenkonflikt löste sich in der neoklassischen Vision der Regeneration durch
Kunst und Kultur - einem Traum von universeller Einheit, der den sich herausbildenden Diskurs vo
Empire verstärkte - auf.(S. 167)
31
(2) Abkehr vom laissez-faire und das progressive Ideal des starken, gemeinwohlorientieren Staats
Die Periode von der Chicagoer Weltausstellung bis zur Fusionswelle von 1897-1903 markierte einen
Schlüsselmoment in dem Wechsel vom chaotischen laissez-faire Kaptialismus des Gilded Age hin zu
dem kooperativen (cooperate) Unternehmenskapitalismus der Progressiven Ära und darüberhinaus.
> Das laissez-faire Ideal war für Jahrzehnte weg diskreditiert durch die Abhängigkeit von
Unternehmen von staatlichen Subventionen. Populisten und später die Progressiven zielten darauf, die
Kompetenzen und damit die Macht der Bundesregierung zu stärken und diese auf den Kampf gegen
Monopole und die Verfolgung des öffentlichen Wohls zu verpflichten.(S. 168)
(3) Begrenzter Erfolg der Reformbewegung: flexible, anpassungsfähige Herrschaftstechnik der Eliten
Ihr Erfolg war unbeständig und nur graduell. Sie haben es jedenfalls nicht geschafft, die Woge des
Revival des Gemeinwohls dauerhaft in reale Politk umzusetzen, sie brach sich vielmehr an der
Plutokratie, welche verfeinert, jedoch nicht zerstört wurde.
> Meritokratische Ideale machten die Klassenhierarchien flexibler, damit aber auch unverwüstlicher.
Die etablierten Eliten entwickelten ihren eigenen erfolgreiche Strategie der Selbsterneuerung, indem
sie selektiv mit der neuen Welt ehrgeiziger Immigranten, parvenühafter Aufsteiger, imperialen
Abenteurern und progressiven Reformern kollaborierten.(S. 138)
(4) Die chiliastische Seite der Reformbewegung und deren Einfluß auf die progressive Bewegung
Die Bewegung hin zu einer Erneuerung durch das Empire lag dieser kulturellen Transformation
zugrunde, wiewohl auch andere Bewegungen eine Rolle spielten.
> Die Sehnsüchte der Populisten nach der Schaffung eines kooperativen Gemeinwesens verband sich
mit der Sehnsucht der sozialen Christen (Social Christians) das Königreich Gottes auf Erden zu erlangen. Die Folge war eine stetig aufrührerische Gefühlslage, welche die Wahlniederlagen von 1896 und
1900 überlebte und die progressive Reform nach dem Jahrhundertwechsel forwährend anregte.
II. Finanz-und wirtschafspolitischer Rollback: protestant. Ethik und Konzentration der Wirtschaft
(1) Machterhalt der Eliten durch Kompromisse mit den Reformern
Legislative Kompromisse, das wechselseitige Geben und Nehmen, haben die radikale Kritik graduell
gemildert und die Reformer zu einer eher regulativen statt konfrontativen Konfliktregelung veranlasst.
> Milleniaristische Träume, utopische Visionen wurden in praktische Politik, in
Unternehmenstechniken übersetzt. Progressive Reformer haben die Grundlagen für den
Wohlfahrtsstaat gelegt und die Rolle der Regierung beim Schutz des Gemeinwohls gegenüber privater
Habgier gestärkt.(S. 169)
(2) Die imperiale Expansion seit 1898 als Quelle der Neudefiniton des Machtanspruchs der Eliten
Dennoch schafften es die wohlhabensten Amerikaner die ernsthaftesten Herausforderungen ihrer
Privile-gien durch Kompromisse mit den Reformern in wichtigen Punkten abzuwehren.
> Die schafften es, den aufrührerischen Geist durch eine umfassende Agenda von der
Selbsterneuerung, welche Psyche und Gesellschaft, das private und politische verband, zu zerstreuen.
> Die imperiale Expanison seit 1898 führte zu einer beispiellosen Revitalisierung der etablierten
Eliten in einem globalen Feld der Möglichkeiten für physische und moralische Prüfungen, nicht zu
vergessen der Gelegenheiten für profitable Investitionen.
> Die sich selbst erneuernden Reichen haben für sich eine neue Rolle als Direktoren und Manager des
sich herausbildenden amerikanischen Empire geschaffen. Dies war 1893 jedoch noch nicht vorauszusehen.(S. 169)
32
(3) Verkennung der strukturellen Ursachen von Armut durch die protestantische Tugendethik
Die karitativen Organisationen versuchten eine scharfe Unterscheidung zwischen berechtigt
Hilfsbedürftigen und solchen, welche durch Faulheit, Lüsternheit und Trunkenheit selbst für ihr Elend
verantwortlich seien, einzuführen.
> Die unbedingte Vergabe von Almosen erschien für die Hilfsorganisationen als so degradierend für
die Hilfsempfänger, dass diese Hilfe durch die Arbeit in schlichten Formen öffentlicher
Arbeitsprojekten, gebunden wurde.(S. 173)
> Dennoch waren eine große Anzahl von Menschen ohne ihr Zutun notleidend, wodurch die protestantische Ethik der individuellen Verantwortung für jemandes ökonomisches Schicksal, nurmehr
schwer aufrechtzuerhalten war.(S. 173/174)
> Auch wenn zahlreiche Moralisten fortgesetzt die Armen für ihr Schicksal verantwortlich machten,
hatte die Massenarmut der 1890er Jahre nichts mit Moral oder Unmoral des Arbeitslosen zu tun, sondern mit den strukturellen Schwächen der Ökonomie des Gilded Age.(S. 174)
> Als sich die wirtschaftliche Depression verstärkte, waren die Industriearbeiter in der Defensive, sie
kämpften verzweifelt gegen die Versuche der Arbeitgeber die Arbeitskosten zu minimieren, die
Produktion zu steigern und die Gewerkschaften zu zerschlagen.(S. 182)
(4) Morganization der Wirtschaft: Reorganisierung u. Finanzierung der Wirt. durch die Wall Street
Aus der Sicht der Banker war die unstabile Währung, verursacht durch die Monetarisierung des
Silbers, verantwortlich für den wirtschaftlichen Kollaps der 1890er Jahre, dem durch eine laissez-faire
Finanz-politik (die Marktkräfte sind verantwortlich für die Festlegung des Wertes einer Währung)
abgeholfen werden könne.(S. 175)
> Die Morganization der Eisenbahnen in den 1890er Jahren ebnete den Weg zu einer weitergehenden
Morganization der amerikanischen Wirtschaft.
> Immer mehr Unternehmen wurden reorganisiert und unter der Kontrolle der Wall Street Banken
kon-solidiert, die Trickspielereien des Kapitalmarkts begann sich zu stabilisieren.
> Die Wall Street begann den Kapitalbedürfnissen von Unternehmen zu dienen. Sie kultivierten
dabei ein Image von Nüchternheit und Verantworlichkeit.(S. 180)
(5) Der Ausschluß der Farmer und Arbeitslosen aus dem Prozess der Konsolidierung der Wirtschaft
Die verschuldeten Farmer und arbeitslosen Arbeiter jedoch waren in diesen Vorgang nicht eingeschlossen worden. Sie mußten die volle Härte der deflationären Politik tragen. Die Armut führte
einige zu politischen Protest.
> Ob sie die Wall Street Spekulatoren, die Eisenbahnbarone oder die Geldpolitik Washingtons für den
wirtschaftlichen Kollaps verantwortlich machten - gemeinsam war ihnen, dass sie erschreckt und verärgert waren über die Konsequenzen.(S. 180)
(6)Farmer und die Arbeiter: unterschiedliche Wertvorstellungen und Intensität ihrer Organisationen
Trotz der Rhetorik von der Produzentenklasse hatten Farmer, Arbeiter unterschiedliche Interessen,
und in dem Masse wie die Einwanderung zu einem Massenphänomen wurde, auch unterschiedliche
Wertvor-stellungen.
> Der Arbeiterradikalismus und die Gewerkschaften verströmten ein Aroma der Fremdartigkeit,
welches mitunter die alteingessene ländliche Bevölkerung beunruhigte. Vor allem jedoch waren die
Farmer besser organisiert als die Arbeiter.(S. 182)
(7)Einzug moderner Werbemethoden in den Wahlkampf u. das große konservat. Spendenaufkommen
Als die Gefahr eines Wahlsiegs der Populisten bei der Präsidenschaftswahl realistisch schien, haben
führende Banker und Großunternehmer den Wahlkampf von McKinley massiv finanziell
unterstützt.(S. 188). Eine beliebte Wahlkampfstrategie war es, dem Gegner mangelnden Patriotismus
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vorzuwerfen. McKinley war der erste, der die Methoden moderner Werbung für den politischen
Wahlkampf einsetzte.(S.189)
III. Die Politik des big-business: der Paradigmenwechsel (nicht nur) in der republikanischen
Partei
(1)Erholung der wirtschaftlichen Lage und die trusts als neue Bedrohung des öffentlichen Wohls
Innherhalb von wenigen Jahren nach der Wahlkampagne von 1896 verlor die Geldfrage an
Bedeutung. Die Free silver Kampagne verlor an Resonanz, als die Preise für landwirtschaftliche
Produkte zu steigen begann und im gleichen Zug die Verschuldung der Farmer zurückging.
> Die Entdeckung von Gold in Alaska nahm Druck von dem Problem der Geldmenge, woraufhin der
republikanische Kongreß seine Verpflichtung gegenüber dem Goldstandard erneuerte.
> Die große Klassenfrage war nicht mehr die Geldfrage, sondern die Furcht vor den trusts und der
weitgehend unkontrollierte Macht in monopolistisch organisierten Kooperationen.(S. 189)
(2) Die Übermacht des big-business und der ideologische Richtungswechsel der Republikaner
Die Beeinflussung der Geldmenge schien eine armselige Waffe gegen diese behemoths und die
Radikalen wurden immer ungeduldiger mit den Allheilmittel der Populisten. In einigen Zirkel wurde
schon über die Sozialisierung von Eigentum geredet.
> Die Republikaner wiederum bewegten sich in die entgegengesetzte Richtung. Der Sieg McKinleys
und die Niederlage Bryans signalisierten eine ideologische Wende.
> Die republikanische Partei wurde zu der Partei der Zentralisierung des Kapitals und des
expandieren-den Empire. McKinleys Sieg bestätigte die Konsolidierung des Einflußes des bigbusiness auf das amerikanische politische Leben.(S. 189)
> Die Unterstützung des big-business für den Wahlkampf McKinleys begründete die Allianz von
Wirt-schaft und Republikanischer Partei.(S. 189)
> Die Ideologie des unabhängigen Farmers erfuhr seinen Niedergang und fand seinen Platz nurmehr
in einer Wolke apolitischer Sentimentalität.(S. 191)
(3) Demokratische Partei: Egalitäre Ökonomie als Privileg der weißen Rasse
Die Demokratische Partei tastete sich auf der Ebene des Bundesstaats hin zu einer mehr egalitären
Politik, während der Südstaatenflügel der Partei den Entzug des Wahlrechts der Schwarzen besiegelte.
Dort waren die Vorstellungen von ökonomischer Demokratie allein auf die Weißen beschränkt. (S.
191)
(4) Gemeinsamkeiten in der Rhetorik von der Reinigung bei Weißen unterschiedl. politischer Agenda
Progressive und weiße Suprematisten einte der Glauben an die wissenschaftlich verbürgte
Minderwertigkeit der Schwarzen. Beide einte die Vorstellung von einem gemeinsamen Projekt der
gesellschaftlichen und individuellen Reinigung.
> Die Begriffe, welche sie verwendeten stammten aus der christlichen Sprache wie auch aus dem
sozialistischem Diskurs eines kooperativen Gemeinwesens bis hin zum Diskurs der Unternehmer von
einer effizienten Ökonomie.
> Diese Entwicklung war am Anfang der 1890er Jahre, als die Krise noch virulent war nicht absehbar.
Das einigende Band des Empire war noch nicht gegegben.(S. 195)
IV. Die progressive Reform: Revitalisierung und Transformation der Gesellschaft
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(1) Die religiöse grundierte umfassende Reformforderungen und das Ziel der Revitalisierung
Die progressive Reformbewegung hat die nationale Politik erst nach 1900 beeinflußt, deren
Ursprünge lagen aber in der Sehnsucht nach Revitalisierung, welche ein grundlegendes Element der
amerikanischen Kultur des späten 19. Jahr-hunderts ausmachte.
> In den 1890er Jahren verwendeten die meisten Reformer ein gemeinsame Sprache der persönlichen
wie gesellschaftlichen Transformation. Sie wollten die Regierung darauf verpflichten, eine bisher
unge-kannte Veränderung des menschlichen Verhaltens zu bewirken.(S. 195)
> Der Klassenkonflikt sollte beendet werden, big business kontrolliert werden und die Gesellschaft
nüchtern werden. Schließlich wendeten sich die Progressiven von lokalen Themen, zu denjenigen der
einzelnen Staaten bis zu nationalen Angelegenheiten.
> Die machtvollste Vision einer politischen Erneuerung hatte ihren Ursprung in dem protestantischen
Christentum. Tatsächlich war es die religiöse Dimension von Reform, welche die Intensität und
poten-tiell unbegrenzte Reichweite der Reform unterstrich.(S. 196)
(2) Anerkennung der strukturellen Ursachen von Armut und Abkehr von protestant. Argumentation
Die Progressiven haben sich unter dem Eindruck der strukturellen Wirtschaftskrise und der Massenarmut von der protestantischen Tugendlehre von den moralischen Defekten als Urasche der Armut
allmählich abgewandt und zu einer komplexeren Moral gefunden.
> Die Saloons waren für viele Menschen ein Ort der sozialen Wärme, der Gemeinschaftlichkeit in
harten, rauen Zeiten. Der industrial way of life war nicht auf alle Umstände anzuwenden.(S. 197)
(3) Die Bedeutung der Frauen und der Sphäre des Heims als Vorbild für gemeinschaftliches Handeln
Die soziale Christentum (Social Christianity) hatten eine bedeutende Rolle bei der Auflösung der
erstarrten laissez-faire Ideologie, insbesondere der moralischen Annahme, dass die Armen für ihr
Schicksal selbst verantwortlich seien.
> Es gab aber noch andere wichtige Quellen der Reform.(S. 197) Vor allem Frauen spielten eine
wichtige Rolle als Lehre, Krankenschwester und Sozialarbeitern. Sie alle halfen bei der Verbreitung
der Kultur der Reform.
> Die Werte, welche mit der weiblichen Sphäre verbunden wurden, das bürgerliche Heim, sollten in
öffentlichen Bereich übertragen werden.
> Die Welt sollte so heimelig wie das eigene Heim sein. Das war eine wichtige und machtvolle
Agenda. Obwohl der häusliche Bereich mit dem Markt verbunden war, verkörperte er doch eine Reihe
alter-nativer Werte.
> Die familären Beziehungen, wie immer sie auch durch patriachalische Machtverhältnisse
überkrustet waren, so waren sie doch nicht auf den Geldzusammenhang zu reduzieren.
> Progressive Reformer betonten die Wichtigkeit eines öffentlichen Interesses, welches das
opportunisti-sche Privatinteresse transzendiert. Diese Formulierung offenbart seine Wurzeln im
Denken der republi-kanischen Tradition, darüberhinaus standen sie in der Schuld der Populisten.(S.
198)
(4) Die Dialektik: Die Beeinflussung der Politik durch das Heim, wie des Heims durch die Politik
Die Ironie dabei liegt darin, dass im selben Zug, wie die Reformer die familiären Werte auf die
Regier-ungspolitik bezogen, sie damit endeten, dass des Heim zunehmend verletzlich gegenüber
Interventionen der Regierung wurde.
> Selbstkontrolle führte zu sozialer Kontrolle, persönliche Verantwortlichkeit zu öffentlicher Verantwortung. Die Regierung hatte damit einen Fuß in der Tür privaten Lebens.(S. 198)
(5) Das gemeinsame Band der unterschiedlichen Richtungen der Progressiven Reformbewegung
Was die einzelnen Reformbewegungen über alle Differenzen hinweg verband und sie von den
Populisten trennte, war die Sorge um die persönliche wie nationale Reinigung / Läuterung. Diese zwei
Punkte waren in ihren Reformvorstellungen miteinander verbunden.
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> Ob diese Sorge in religiösen, moralischen oder medizinischen Begriffen Ausdruck fand, es war
jeden-falls der gemeinsame Faden, der weiße Suprematisten aus dem Süden mit Anhängern der purefood-and-drug-Bewegung mit Prohibitionisten und Krieger für das Empire miteinander verband.(S.
200)
V. Das amerikanische Empire: Zwischen idealistischer Rhetorik und Wirklichkeit
(1) Die Rhetorik vom Empire: Regeneration - Vorsehung - Heroismus - Wirtschaftliche Expansion
Das amerikanische Empire sollte nur in Teilen auf formalen Kolonialbesitz gründen, sondern gewöhnlicherweise verband es sich mit periodischen militärischen Interventionen (eher als dauerhafter
Besatz-ung) und der Ünterstützungen von Regierungen, welche eine den Amerikanern freundlich
gesonnene Politik betrieben.(S. 200)
> Dieser indirekte Ansatz machte es den amerikanischen Imperialisten leichter, sich in eine
außerordentliche Rhetorik zu hüllen und den Anspruch auf moralische Überlegenheit gegenüber den
Europäern zu beanspruchen.
> Die Ziele des amerikanischen Empire waren jedoch die selben wie die der Europäer - freien Zugang
zu den fremden Märkten, Rostoffen und Investitionsmöglichkeiten - alles im Namen einer
zivilisatorischen Mission, welche (so wurde angenommen) sowohl den Kolonisatoren wie den
Kolonisierten Regeneration bringen werde.(201)
> Die Forderung nach Regeneration durch das Empire modelte alte protestantische Träume von
Wiedergeburt in eine säkulare militaristische Agenda um.
> Die Rufe nach Rückkehr zum Heroismus des aus Bürgerkriegszeiten verband sich mit anglosächsischen Rassismus, Ängste vor einer überzivilisierten Dekadenz, und den Glauben, dass die
ameri-kanische Mission von der göttlichen Vorsehung bestimmt sei.(S. 204)
(2) Der Widerspruch des Imperialismus zu republikanischen Traditionen der Volkssouveränität
Dennoch stellte der Krieg für die Erlangung eines Übersee-Imperiums eine Abkehr von wichtigen
repu-blikanischen Traditionen dar. Die Gründerväter mißtrauten einer starken Exekutive, einer
zentralisierten Regierung im allgemeinen und einer stehenden Armee.
> Vor allem sahen sie sich der Volkssouveränität und dem Konsens als Grundlage der Regierung verpflichtet. In Hinsicht auf die Ureinwohner Nordamerikas wurden diese Ideal mehr in Worten vertreten
als in Taten umgesetzt.
> Jedoch waren diese Ideale angesichts von explizit um ihre nationale Unabhängigkeit kämpfenden
Bewegungen in den Kolonien nicht so einfach zu übersehen. Die Imperialisten konnten ihren Weg
folg-lich nicht gehen, ohne sich einer kritischen Debatte aussetzen zu müssen.(S. 210)
(3) Das Argument von der Herstellung einer nationalen Einheit durch Imperialismus
Kein Argument wurde von den Apologeten des Empire öfter ins Feld geführt, als dass durch Krieg die
nationale Einheit hergestellt würde. Der Übersee-Konflikt würde die Konfliktlinien des Bürgerkriegs
hinter sich lassen.
> Außerdem würde den Immigranten die Möglichkeit gegeben werden sich ihrer Identität als Amerikaner zu demonstrieren, indem sie sich der Überlegenheit gegenüber den nichtweißen "Wilden" in der
Fremde vergewissern.Vor allem bot der Imperialismus eine Alternative zum Klassenkonflikt in den
USA.(S. 211)
(4) Die antiimperialistische Empirie: Volkssouveränität für alle und Kritik der Kriegsrhetorik
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Manche teilten die rassistischen Überzeugungen ihrer Gegner, wendeten sie aber gegen die imperialistische Vision einer weltumspannenden Demokratisierung. Die minderwertigen Rassen seien
vielmehr unfähig zur Übernahme der amerikanischen Demokratie.
> Typischer für die Anti-Imperialisten war, dass ihr Denken auf konkreter Erfahrung und spezifischer
Anschauung realer Verhältnisse gründete, im Unterschied zur Vorsehungsrhetorik und rassischen
Deter-minismus der Imperialisten.
> Im öffentlichen Diskurs bedeutete der Anti-Imperialismus eine Abkehr von der grandiosen Spekulation und Hinwendung zu einer offenen, direkten Sprache, einer Sprache in der republikanischen und
liberalen Tradition.
> Sie mißtrauten der konzentrierten Macht, der Täuschung durch die Exekutive und der Vereitlung
der Volkssouveränität zuhause wie im Ausland. Vor allem mißtrauten sie der leichtfertigen
Hinwendung zur Gewalt, da sie sich schmerzlich der Konsequenzen eines Krieges bewußt waren.(S.
215)
Kapitel 6. Befreiung und Begrenzung [Liberation and Limitation]
Die Dialektik von Befreiung und Beschränkung
I. Die unbegrenzte Freisetzung wirtschaftl., technischer, psychischer und künsterlicher Energie
(1) Der Dynamo als Symbol der Freisetzung unbegrenzter Energie - und des imperialen Drangs
Henry Adams hat mit dem Dynamo ein geeignetes Symbol für den Übergang von der Republik zum
Empire gefunden. Indem er die mechanische Energie in die unsichtbare Elektrizität verwandelte,
drückte sich in ihm das imperiale Streben nach einer neuen kooperativen Ökonomie aus.
> Adams erkannte, dass die Anziehungskraft der Monopole in ihrer Fähigkeit, die neuen Energien
nutzen, welche zur Konstruktion von Lokomotiven und dem Bau von Wolkenkratzern eingesetzt
wurde.(S. 223)
(2) Abkehr vom Positivismus und der viktorianischen Kultur: Freisetzung okkult.-psycholog. Energie
Dennoch hatten die X-Strahlen und der Dynomo kaum etwas mit dem Kreuz gemeinsam, viel eher mit
den modernen Quellen okkulter Energie - die unbewußten Triebe (drives), das verborgene Selbst - zu
tun, welche nicht einfach in die positivistische Konzeption eines vollständig meßbaren Universums
passte.
> Es herrschte ein post-positivistisches Klima. Auf beiden Seiten des Atlantiks haben Psychologen
und Physiker den Kosmos und das Selbst umdefiniert und dabei die statischen Gewißheiten des
viktoria-nischen Zeitalters hinter sich gelassen.
> Avantgardistische Künstler und Literaten haben neben diesen Gewißheiten vor allem die enge,
kleingeistige bürgerliche Kultur hinter sich gelassen.(S. 225)
(3) Visionen von unbegrenzten wirtschaftlichen und persönlichen Wachstum
Ein Geist des Experiments durchdrang die meisten akademischen Disziplinen, sowohl Philosophen
wie William James, Henri Bergson wie andere Denker haben die Wahrheit revidiert, sie in flüssigere
und dynamischere Formen neugeformt.
> Im gleichen Maße, wie Ökonomen eine Aufwärtspirale der Produktion und der Konsumption hin zu
einem unbegrenzten wirtschaftlichen Wachstum wahrnahmen, so imaginierten Psychologen ein
fluides, vitales Selbst, welches seinen Weg hin zu unbegrenzten persönlichen Wachstums verfolgt.
Psyche und Ökonomie waren Zwillinge.(S. 225)
II. Der moderne Massenkonsum und Arbeitswelt: Befreiung und neue, ungeahnte Beschränkung
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(1) Das neue Paradigma Energie und der Wertewandel: die Mischung von Befreiung u.
Beschränkung
Das neue Paradigma force (Energie) sorgte für eine komplexe Umbildung von Normen, welche bisher
alle Bereiche des menschlichen Lebens der Amerikaner berührten, vom Arbeitsrhythmus bis
Verhalten im Bett.
> Die Veränderungen waren zu komplex und zu verschieden um sie kategorisch als Fortschritt oder
als Niedergang zu bezeichnen, sie können jedoch sinnvollerweise und vereinfacht als eine Mischung
von Befreiung und Begrenzung / Einschränkung analysiert werden.(S. 226)
(2) Der Ausbruch aus Konventionen und der Beginn des Zeitalters des Massenkonsums
Der Ausbruch aus der positivistischen Welt war mit dem Bewußtsein verbunden, dass das Leben mehr
Überraschungen und Möglichkeiten bereithält, als man sich bisher vorstellen konnte.
> Diese Sichtweise ist plausibel für die Mittel - wie die Oberklasse, insbesondere für Frauen, welche
für neue Möglichkeiten der Arbeit und des Spiels außerhalb der häuslichen Sphäre entdeckten.
> Trotz gelegentlicher ökonomischer Turbulenzen, bedeutete die Dauerhaftigkeit des Wohlstands
nach der Depression der 1890er Jahre, dass Amerikaner aller Klassen mehr Zeit und mehr Geld für
neue Formen kommerzieller Unterhaltung erübrigen konnten.(226)
(3) Die Massenproduktion als Ausdruck der Befreiung, wie Beschränkung des modernen Menschen
Diese Güter des Massenkonsums, welche für wenig Geld erworben werden konnten, verkörperten
aber nicht allein das Moment der Befreiung, sondern auch der Einschränkung.
> Hinter der Fasade der Reichhaltigkeit, der unendlichen Verfügbarkeit von Gütern, stand die
Standardi-sierung der Arbeit durch wissenschaftlich gemanagte Arbeitsprozesse. Arbeitsteilung und
Standardi-sierung des gesamte Arbeitsablaufs setzten die Arbeiter unter Druck, schränkten seine
Freiheit ein.
> Im gleichen Maße, wie der Arbeitstag kürzer wurde, wurde er auch langweiliger, sich immer
wiederholender, sowie fordernder.
> Auf der einen Seite wurden die vertrauten Maßeinheiten Zeit und Raum außer Kraft gesetzt, auf der
anderen Seite haben die Unternehmerstrategien das tägliche Leben einer rigoriosen quantitativen
Kon-trolle unterzogen.(S. 226)
(4) Die Revolutionierung der Arbeitsprozesse durch Fords wissenschafliches Managment
Das wissenschaftliche Managment, die Arbeitsteilung und die Fließbandarbeit, stürzten den Arbeiterrepublikanismus und seine Vorstellung von der Würde des Arbeiters, in eine existentielle Krise.
> Gewerkschaften haben oft die Kontrolle über den Arbeitsprozess dem Managment zugebilligt und
im Gegenzug höhere Löhne und kürzere Arbeitszeit eingefordert.
> Dieser Handel basierte auf der stillschweigenden Annahme, dass die Arbeiter jenseits ihrer Arbeit
in den Unterhaltungen und dem Trost, den man mit Geld sich kaufen könne, Befriedigung finden
würden.
> Henry Ford revolutionierte die Vorstellung von der Fließbandarbeit, indem die Anzahl
ausgebildeter Arbeiter reduzierte und die Arbeit nach den Maßgaben des wissenschaftlichen
Managments in kleine Zeiteinheiten unterteilte.(S. 262)
> Die ungelernten Arbeiter mussten nurmehr einfache, wenige Handgriffe machen und wurden einer
strengen Überwachung unterzogen.(S.263)
(5) Die neue Ethik der Effizienz und die neue Ordnung einer rigiden Moral: die unsichtbaren Ketten
Jenseits des Arbeitsplatzes lauerten aber noch andere, diffuse Grenzen - zum einen legale Beschränkungen gewohnter Freizeitaktivitäten wie dem Genuß von Alkohol und Drogen, sowie einer strengen
Definition von sexueller, psychologischer und physischer Normalität.
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> In einer neuen Ethik wurden sowohl die Arbeit, wie auch die Freizeit unter dem Gesichtspunkt der
persönlichen Effizienz gestellt. Moderne Visionen von Befreiung und Gefühle von Klaustrophobie
lagen dicht beieinander.
> Die Visionen von einer Befreiung von allen Begrenzungen war die eine Seite der Waage, auf der
anderen lag das Gefühl, das Selbst sei in Ketten gelegt, welche machmal leicht zu ertragen seien, aber
größer und dauerhafter seien, als man es sich jemals vorstellen konnte.(S. 226)
III. Der Ausbruch aus der entzauberten Welt
(1) Houdini und die Sehnsucht nach dem "wahren Leben"
Houdini war zugleich ein faustischer Held in einem klaustrophobischen Zeitalter und ein
widerwilliges Wahrzeichen des übernatürlichen in einem Zeitalter des religiösen Zweifels. (S. 231)
> In seinen Aktionen drückte sich das weit verbreitete Sehnen nach Flucht vor den Zwängen der
Routine und der Normalität aus, aber auch ein Bewußtsein darüber, dass der Mensch den Kontakt zum
"wahren Leben" verloren habe.
> Das Streben nach einem intensiven Experimenten belebte sowohl die Welle romantischer
Abenteuer-literatur, bis hin zu den zunehmend populären Vorstellung sich in der Wildnis zu
regenerieren.(S. 232)
(2) Die Abkehr von Banalität und bürgerlichen Konventionen: der Geist des experimentellen Lebens
Die Abkehr von der Banalität wurde nunmehr jenseits des Schlachtfeldes des Krieges gesucht,
nämlich in neuen literarischen und künstlerischen Richtungen, wie auch in philosophischem und
religiösem Den-ken.
> Diese Erkundungen, wie verschieden sie auch immer waren, gründeten in der gemeinsamen
Sehnsucht die Ausreden [falschen Idealismus] des späten viktorianischen Realismus zu zerstören und
sich selbst in eine Flut unvermittelten, intensiven Experiment zu versenken.(S. 232)
> In der Sprache, der Phototgraphie, Architektur und im Design, haben die Protagonisten des "wahren
Lebens" die ausschmückende, verschönernde Geste, das nutzlose Ornament, die banale Ausrede /
Ausweichen attackiert.(S. 233)
> Die Kritik an der bürgerlichen Vornehmheit gründete auf dem Glauben, dass kreative Leidenschaft
nur jenseits der häuslichen, vertrauten Sphäre existieren könne.
(3) Der Geist des Experiment und die Erfahrung der Wildniss: Revitalisierung versus Utilitarismus
Die Agenda von der Ganzheit definierte Regeneration als die Wiedererlangung verlorener Energie.
Die Prediger des Experiments dachten, dass eine Rückkehr zur Natur dem erschöpften Bürgertum
neue Kraft geben werde.
> Tausenden kraftlosen, nervlich zerrütteten, überzivilisierten Menschen könnte nur durch die
Begegnung, dem sich Aussetzen der Wildniss geholfen werden.(S. 234)
> Im besten Fall stellte die Religion der Erfahrung der Wildnis eine fundamentale Herausforderung
des tief verankerten Utilitarismus der dominierenden Kultur dar, welche in der anthropologischen
Überzeugung wurzelte, dass die Natur für den Menschen gemacht worden sei.(S. 236)
(4) Die komplexe geistesgeschichtliche Wirkung des Darwinismus: Determinsimus - und - Vitalismus
Ein breiter Strom des amerikanischen Denkens des frühen 20. Jahrhunderts verband die mit der darwinschen Theorie verbundenen Täuschung vom lineraren Fortschritt des Menschen mit einem vagen
technologischen Determinismus.(S. 236)
> Aus dieser implizit reformistischen Sicht, hatten sich die gesellschaftlichen Werte, wie auch die
politi-schen und ökonomischen Institutionen noch nicht genug entwickelt, um mit den Realitäten der
mensch-lichen Erfahrung im Gleichklang zu sein.
> Entgegen des weitverbreiteten progressiven Cliches, führte die vitalistische Feier der Spontanität zu
einem neuen, mehr flüchtigen Denkstil, welcher durch ein Mißtrauen gegenüber statistischen Formeln
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und unveränderlichen Traditionen, einer Faszination von Energie, Wachstum und Fortschritt, gekennzeichnet war.(S. 237)
(5) Pragmatismus, Utilitarismus und Vitalismus: Lebenspraxis und metaphischer Lebenssinn
Begründet von Charles Pierce, weiterentwickelt zu einer höheren Stufe von Williams James, wurde
der Pragmatismus von Dewey auf Gesellschaft und Politik angewendet. Er war die einflussreichste
philo-sophische Konsequenz der Forderung nach einer unmittelbaren Erfahrung.
> Die Langzeitwirkung war jedoch eine gegensätzliche. Unter Deweys Epigonen entkam der
Pragmatis-mus niemals vollständig der utilitaristischen Geistehaltung. Was funktioniert und die
Ausbildung für die Lebenspraxis wurden zum Wahrheitskriterium
> Dennoch hatte der vitalistische Impuls weitreichendere Implikationen als den Utilitarismus. Sowohl
seiner Bedeutung, wie Ursprünge waren religös. Religion war das Herz einer breiten Revolte gegen
den Positivismus und der Zurückweisung der Vorstellung eines unfruchtbaren, von unerbittlichen
Gesetzen gelenkten Universums, in welche alles messbar und nichts mehr geheimnisvoll war.
> Das zentrale Problem für vile Vitalisten war das Gespenst eines Lebens und eines Todes ohne Sinn
und Bedeutung. Die vitalistische Gärung war eine genuiner Versuch neue Bedeutungen für die
menschliche Existenz inmitten der Trümmer kollabierender Dualitäten wie Körper und Seele, Materie
und Geist, diese und die nächste Welt, zu finden.(S. 237)
(6) Die Entdeckung des Unbewußten in der Religion und der Psychoanalyse
Geistliche und Therapeuten begannen auf parallelen Pfaden zu arbeiten. Geistliche des urbanen Nordostens begannen die heilenden Kräfte des Unbewußten, der Kräfte, welche durch Hypnose freigesetzt
werden könnten, der Psychoanalyse oder anderer Formen der "Autosuggestion" entdeckten.(S. 244)
IV. Dialektik von der Befreiung des Menschen und technolog, ökonom. und imperialen Progress
(1) Vom protestant. Ideal der asketischen Selbstkontrolle zur umfassenden Befreiung des Individuums
Ob Energie von innen oder von außen kam, sie war unbegrenzt wie es die Elektizität offensichtlich
war. Die Hindernisse zur Gewinnung von Energie waren nicht materieller Natur wie das Einkommen,
son-dern mentaler und emotionaler Natur.
> Die Emotion, welche die Energie am meisten beinträchtigte war demnach die Angst, welche als
Kern der Neurasthenie ausgemacht wurde.
> Die Sorge um die Befreiung des Individuums (seines Selbsts) von inneren Zwängen unterminierte
die psychologische Grundlage des alten, statischen Ideals der ökonomischen Selbstkontrolle.(S. 246)
(2) Übertragung des Diskurs der psychologischen Unbegrenztheit des Menschens auf die Ökonomie
Ökonomische Metaphern von Gesundheit begannen sich mehr auf Wachstum und Fortschritt als auf
Stabiltät, mehr auf Konsum und Investitionen als auf Ersparnis zu beziehen.
> Indem die Psychologie der Reichhaltigkeit (abundance) sich verbreitete, wurden in einer neuen
dyna-mischen Athmosphäre alte Erfolgsrezepte eingehüllt.
> Nach der Jahrhundertwende wurde Geld immer weniger als untätige Ware, welche schrittweise
akku-muliert werden konnte und zu einem stetigen Wachstum neigte, betrachtet. Geld wurde
zunehmend als eine flüssige, fluide und dynamische Kraft gesehen. (S. 246)
> Die neue Betonung auf das Kapital als Kraft (force) übersetzte die Psychologie des Überflusses
(abundance) in ökonomische Begriffe
> Die Vision unbegrenzter Aussichten bezog seine Stärke aus den technologischen Wunder, Kino,
Autos, vor allem Flugzeuge, welche der Eroberung der Natur durch die Erfüllung des alten Traums
vom Fliegen Ausdruck gaben.(S. 247)
(3) Die Unterhaltungsindustrie: das komplizierte black-white pas de deuz (Verachtung u.
Faszination)
40
Der Aufstieg der Unterhaltungsindustrie rührt von sich ändernden ökonomischen Bedingungen her.
Zwischen 1870 und 1900 wuchsen die Löhne der nichtagrarischen Arbeiter um mehr als 50 Prozent.
> Die Löhne der Industriearbeiter (manufacturing) stiegen um 25 Prozent. Allgemein ging die
Wochen-arbeitszeit zurück. Arbeiter hatten nun mehr Zeit für sich selbst zur Verfügung [Freizeit]. (S.
248)
> In der Unterhaltungsindustrie der Weißen, in der Populärkultur, fungierte der Schwarze als Objekt
des rassistischen Amusement.
> Das Idiom des Amerikaners, die Kohärenz der Vereinigung unterschiedlicher ethnischer Gruppen in
einer Massenkultur hing vom Ausschluß der Afroamerikaner bzw. ihrer rituellen Demütigung, wenn
sie überhaupt öffentlich auftraten.
> Das black-white pas de deux offenbarte aber nicht nur Verachtung sondern auf Anziehung. In den
Tänzen der Schwarzen, den "coon songs" verkörperte sich eine Schlichtheit und Freiheit, welche für
das weiße Bürgertum unerreichbar war. Es wurden verbotene Fantasien von interrassischen Sex. (S.
252)
(4) Die Eingliederung der sportlichen Freizeitunternehmungen in das utilitaristische Werteschema
Die Freizeitunternehmungen passten sich den gewohnten Geschlechterrollen an. Schwimmen, Golf
und Tennis boten Möglichkeiten einen stromlinienförmigen, athletischen Körper zu präsentieren,
welcher den stämmigen Mann und die wohlbeleibte Frau als Ikonen des Erfolgs, ersetzte. (S. 269)
> Die moderne Unterhaltungs-und Freizeitindustrie boten kaum mehr Möglichkeiten für mehr als nur
eine lauenhafte, unbeständige Spontanität.
> Die sportlichen Freizeitunternehmungen wurden utilitaristischen Werten zugeordnet. Es wurde
betont, dass Sort der Charakterbildung zuträglich sei. Er diene der Sozialisierung von Kindern zu
Erwachsenen [und ihren Werten und Verpflichtungen], die Revitalisierung der Erwachsenen dient
wiederum ihrer höheren, effizienteren Arbeitsleistung. Dies war die Verbürgerlichung der Freizeit.
Das Spiel, welches vormals seinen Zweck in sich selbst hatte, wurde zu etwas Nützlichem.
> Das Konzept eines perfekten Körpers, welcher sich ostentativ in Oppositon zur modernen
Industriegesellschaft wähnte, kapitulierte faktisch der Annahme / Anmaßung, dass Perfektion in
materiell defnierten, standardisierten und wiederholbaren Prozessen und Produkten lag.(S. 270)
> Die neue Unterhaltungsform der Revue präsentierte standardisierte Bilder der "all-American"
beauty in Tanznummern, welche Ähnlichkeiten mit militärischen Drill hatten.(S. 270/271)
> Der Mensch als sein eigener Agent (well-managed self) wurde das neue gesellschaftliche Ideal der
Mittel-und Oberklasse.(S. 271)
(5) Die neue Arbeitsethik und das Hamsterrad von Produktion und Konsumption
Das Statusstreben stellte nunmehr die Arbeitsethik nicht mehr in Frage, sie wurde durch diesen neuen,
säkularen Weg von neuem untermauert. Der stetige Konsum demoralisierte den Arbeiter nicht mehr,
sondern hielt ihn auf der Spur stetigen Austiegs.
> Die sogenannte Ökonomie des Überflusses sollte besser als Hamsterrad von Verdienen und
Ausgeben genannt werden. Die fortwährende Produktion und Konsum machten neue Standards von
Nüchternheit und Rationalität erforderlich.(S. 267)
(6) Die restriktive, illiberale und unternehmerfreundliche Dimension des Kampfs für Gesundheit
Der Krieg gegen den Alkohol wurde zur einer Massenbewegung für eine moralische Revitalisierung.
Beim Krieg gegen Drogen ging es zunächst einmal hauptsächlich um die Schaffung von Sicherheitsstandards in der Nahrungsindustrie und der Medizinindustrie.
> Kommerzielle Patente und soft drinks, unter ihnen Coca-Cola, beinhalteten oft geringe Dosen von
Kokain oder andere süchtig machende Drogen, darunter Alkohol.(S. 267)
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> Seit den 1890er Jahren haben die USA begonnen mehr Menschen für zahlreichere Vergehen als je
zuvor einzusperren. Vormals private Angelegenheiten wurden in einem beispiellosen Ausmaße zu
einer Angelegenheit des Staates, oder einer Firma.(S. 267)
> In der Rhetorik der Prohibitionisten von der Regeneration mischten sich moralischen mit
unternehmer-ischen Themen. Arbeitgeber waren von der Vorstellung nüchterner Arbeiter
fasziniert.(S. 269)
Kapitel 7. Empire als Lebensweise [Empire as Way of Life]
I. Das Empire als Lebensform, als Quelle der Regeneration, Garantie von Wohlstand u. Sicherheit
(1) Die Kultur des Empire: Selbstwahrnehmung als Exporteur von Moral und Demokratie
Die wenigsten Amerikaner haben sich offen als Imperalisten, als Föderer der Architektur eines
Empire bezeichnen lassen wollen. Viel eher haben sie beansprucht, Demokratie und Moral zu
exportieren.
> Die weniger reichen, einflußreichen Amerikaner verharrten viel eher in ihrem Glauben an die
republi-kanische Tradition, welche sie als Waffe gegen die Plutokratie einsetzten.
> Auch wenn die wenigsten Amerikaner die Formulierung von einer Architektur des Empire übernommen haben, ist sie doch von Wert, da sie suggeriert, wie imperiale Einflüsse mit dem alltäglichen
Leben verwoben waren und eine Kultur des Empire geschaffen wurde.(S. 278)
(2) Die alternative Form des Empire: das indirekte Empire und die Schaffung eines Klientelsystems
Das amerikanische Empire unterschied sich von dem europäischen Modell nicht nur was die äußere
Form, sondern auch dessen Wesen betrifft. (S. 278)
> Anstellle dass ausländische Territorien offen besetzt und eingegliedert worden wären, haben die
amerikanischen Politiker nach einem Zugang zu Rohstoffen, Investmentmöglichkeiten und Märkten
auf eine indirekte Art und Weise gestrebt.(S. 278/279)
> Dieses indirekte Empire sollte durch die Schaffung eines Klientelsystems, die Einschüchterung von
Kritikern, falls das Klientelregime scheiterte, periodische militärische Interventionen und gelegentlich
verlängerte Besatzung, installiert werden.
(3) Die Notwendigkeit des Empire für die Befriedung innenpolitischer Probleme - und Träume
Was die Amerikaner auf die imperiale Politik festlegte, gleich ob sie sich dessen bewußt waren oder
nicht, war ihre Abhängigkeit vom Empire für die Sicherstellung ihres Wohlstandes, für ihre rassische,
gesellschaftliche und sogar moralische Identität als ein Volk, und für die Realisierung ihrer
machtvollen Träume von persönlicher und nationaler Regeneration.
> Progressive und Populisten verbanden mit ihren Träumen von einer Regeneration durch das Empire
vor allem die Schaffung eines Königreichs Gottes auf Erden - ein kooperatives Gemeinwesen,
welches der habgierigen Gewalt des Monopolkapitals Parolie bieten könnte.(S. 279)
(4) Die Legitimierung des militärischen und wirtschaftl. Einflußes durch die Stabiliätsdefinition
Die enge Definition von Stabilität in Cuba (die Garantie von US-Investitionen in der Landwirtschaft
und anderen Unternehmungen) lag der Kultur des Empire zugrunde.
> Diese Defnition erlaubte der US-Regierung bedeutende territoriale Ansprüche zu erheben, welche
die Legitimation für den Anspruch auf kleine Landpartien als Stützpunkte und Basen dienen sollten,
welche wiederum der wirtschaftlichen Durchdringung des Landes dienen sollten.(S. 279)
> Die Monroe-Doktrin, welche allein den Schutz Lateinamerikas vor europäischen Interventionen forderte, wurde von Roosevelt, der die mangelnde demokratische politische Ordnung bzw. die
Instabilität eines Landes als legitimen Grund zur Intervention erklärte.(S. 285)
(5) Das Empire als Lebensform als Bedingung von Massenkonsum und erhöhten allg. Lebensstandard
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Der Zugang zu Rohstoffen und die Investmentmöglichkeiten waren vor allem im Sog der
Fusionswelle von 1897-1903, als die Wall Street neue Kapitalpools schuf, während Washington neue
Investitions-plätze zur Verfügung stellte.
> Das Spekulationsfieber war nicht allein auf die Mittelklasse beschränkt, sondern ergriff auch die
Arbeiterklasse.(S. 282)
> Der Imperialismus wurde als Mittel gesehen, das Massenkonsum und Erhöhung des
Lebensstandards des gewöhnlichen Volks garantieren könne.
> Aus dieser Perspektive aus gesehen war das Verhältnis zwischen Empire und Konsum ein
wechselsei-tiges: falls die imperialistische Politik half, den Konsum zu stimulieren, haben im
Gegenzug die gestie-genen Konsumerwartungen die imperiale Expansion befördert.
> Für eine Gesellschaft, die sich auf immer größeren Massenkonsum eingestellt hat, schien das
Empire als Lebensform unerlässlich.
> Nach der Schließung der Grenze und damit der Westwanderung fiel diese Möglichkeit der Verbreitung eines weißen Klassenbewußtseins weg.(S. 283)
(6) Die Regeneration durch das Empire, Zivilisierung und Stabilisierung fremder Länder
Die US-Macht würde zur Verbreitung von Demokratie und Moral, zur Stabilisierung chaotischer politischer Verhältnisse, allgemein zur Zivilisierung der Fremden führen. Das war nicht der alte, korrupte
europäische Imperialismus, sondern eine neue, moralisch belebte amerikanische Version.(S. 286)
> Die Überreste des alten ritterlichen Kodes vom Fair play unter gleichrangigen verschwand inmitten
des imperialen Rassenkriegs [vor allem im Philippienienkrieg]. Auf die Rhetorik der hohen Moral
wurde jedoch meist nicht verzichtet.(S. 291)
II. Die wirtschaflichen Konzentrationsprozesse, Machterhalt und -zuwachs etablierter Eliten
(1) Die umfasssende Allmacht der Trusts und die Machtlosigkeit der arbeitenden Schichten
Die aristokratische Abneigung gegen blosen Handel durchzog T. Roosevelts Militarismus, hat aber
auch im gleichen Zug sein Bestreben, die Macht unverantwortlichen Reichtums zu sichern
animiert.(S. 291)
> Spekulation wurde zwar nicht zu einem Massenphänomen, sie blieb auf die Klasse der Angestellen
(white-collar classes) beschränkt.
> Die großen Unternehmer, die trusts vor allem kontrollierten nicht allein die wirtschaftliche Landschaft, sondern auch die Legislatur und das lokale Geschäft gleichermaßen. Die alten laissez-faire
Frömmigkeiten wurden bei der rücksichtslosen Auschaltung von Konkurrenten ignoriert.
> Rockefeller, Morgan und andere Trust-Chefs zielten auf Dominanz, nicht auf Wettbewerb. Indem
sie sich allein auf ihre eigenen Ratschläge verliesen transformierten sie den freien Markt in unfreie
Mono-pole. (S. 291)
> Die Angestellenklasse, wie auch die Facharbeiter, Farmer und kleine Eigentümer - sie alle fühlten
ihre ganze Lebensweise durch die neue, präzidenzlose Konzentration wirtschaftlicher Macht bedroht..
> Was ihre Lage umso bedrohlicher werden lies, war die Tatsache, dass sie scheinbar auf gesetzlichen
Wege keine Zuflucht finden konnten.(S. 292)
> Nach seiner Wiederwahl hat Roosevelt eine anti-trust-Prozesse gegen mehrere trusts eingeleitet,
was seinen Ruf als trust buster begründete.(S. 293)
(2) Von der republikanischen Vision des Gemeinwohls zum neuen Wert der Meritokratie
Die alte republikanische Vision des Gemeinwohls wurde in unternehmerische und technokratische
Begriffe übersetzt.(S. 296)
> Das neue Ideal einer neutralen Expertise hat allmählich die alten Vorstellungen von bürgerlicher
Tu-gend, vor allem bei Fachmännern die in Unternehmen, Regierungsagenturen und Universitäten
wie auch im Managerflügel der progressiven Reform ersetzt.
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> Diese incorporation of America machte eine breite Neuorientierung der Werte der herrschenden
Klasse erforderlich. Die Begriffe der Selbstrechtfertigung verschoben sich von der Moral hin zur
Meri-tokratie (dem Verdienstadel).
(3) Der Zusammenhang von ethnischer Differenzierung und Machtanspruch der weißen Eliten
Das Streben nach ethnischer Differenzierung diente der Revitalisierung der weißen Eliten und
gleichzeitige deren Machterhalt. Sie schufen eine herrschende meritokratische Klasse. Die Sehnsucht
nach Erneuerung der Klasse hat nicht allein die höhere Bildungsinstitutionen verändert.
> So wurden auch die Vorbereitungschulen, welche die Heranbildung einer golden Jugend garantieren
sollte. Die alten Betonungen auf den Charakter mischten sich mit einer neuen Betonung auf
apprentice meritocracy (Lehrlings,- Praktikantenmeritokratie)
> Die etablierten Eliten waren entschlossen zu zeigen, dass sie es verdienten, die entstehende Unternehmergesellschaft zu leiten. (S. 297)
III. Die Agenda der Populisten und deren Einfluß auf die progressive Bewegung
(1) Philanthropie, antimonopolistische Stimmungen und der Einfluß der Populisten auf Progressive
Rockefeller und Carnegie waren die auffälligsten unter den Philanthropisten, bei weitem aber nicht
die einzigsten. Seit dem 20. Jahrhundert haben die herrschenden städtischen Klassen hatten begonnen
ein neugefundenes bürgerliches Bewußtsein an den Tag zu legen.(S. 298)
> Antimonopolistische Stimmungen verbreiteten sich von ländlichen Regionen zu den Städten und
Vor-orten und schufen neue Bindungen zwischen agrarian radicals und white-collar professionals.
> Was als eine Bewegung wütender Populisten in den 1890er Jahren begann, wurde innerhalb von
zwei Jahrzehnten zu einem breiten Konsens der Progressiven, welche moralische und
gesellschaftliche Regen-eration forderten.(S. 299)
(2) Das soziale Profil und Forderungen der Populisten und die Eigenarten amerikan. Sozialismus
Wie die Knights haben die Farmers' Union ein weites Netz gezogen, mit dem Ziel einen umfassenden
Teil der produktiven Klassen zu repräsentieren.
> Neben Farmern gehörten zu ihren Mitgliedern Schullehrer, Mechaniker, Geistlicher und Ärzte.(S.
300) Ausgeschlossen wurden hingegen Banker, Kaufleute, Anwälte und Spekulatoren.
> Ihre Ideologie verband Mißtrauen gegenüber Geldmanipulationen mit republikanischen Mißtrauen
gegenüber konzentrierter Macht mit Forderungen nach direkten Wahlen und demokratisch geregelter
Währung.
> Sie forderten die Verabschiedung von anti-trust Gesetzen, die Regulierung der Eisenbahnen, öffentliche Kontrolle der Banken und der Währung, von der Regierung gedeckte Kredite an die Farmer, niedrigere Zölle, Hilfe für die landwirtschaftliche und industrielle Ausbildung, die öffentliche Wahl der
Senatoren wie auch des Präsidenten (verbunden mit der Abschaffung des Wahlkollegiums) und des
Supreme Court, wie auch das gesetzliche Verbot der Spekulation mit landwirtschaftlichen Gütern.
> Mit Ausnahme der letzten paar Forderungen, wurden sie alle Teil der progressiven Agenda. Das
auf-fälligste an diesem eigentümlich amerikanischen Sozialismus war, dass er immer im
Landesinneren stär-ker als im industrialisierten Nordosten war.(S. 301)
(3) Gemeinsamkeiten und Differenzen innerhalb der progressiven Bewegung
Es gab aber unter den Progressiven wichtige Unterschiede, so mißtrauten die einen dem Expertenkult
bzw. dem Kult der Expertise, andere wiederum akzeptierten diesen.
> Die einen forderten eine gesetzliche Regulierung von Unternehmen und das gesetzliche Verbot
unsitt-lichen Geschäftsgebarens.
> Andere wiederum waren bereit die Regulierung dem Ermessen der bürokratischen Administration
zu überlassen.(S. 299)
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> Auf der nationalen Ebene haben die progressiven Reformer zunehmend verschiedene Sprachen gesprochen. Die progressive Weltsicht war von Spannungen zerrissen - Populismus versus Expertise,
Pro-duktion versus Konsum, gesetzliche versus administrative Regulation.
> Schließlich waren die populistischen Progressiven gezwungen Kompromisse zwischen ihren Prinzipien zu treffen, um die gewünschte Gesetzgebung zu erreichen.(S. 310)
(4) Der progressive Egalitarismus: die Forderung nach direkter Demokratie
Die meisten Progressiven sprachen jedoch eine ähnliche Sprache, welche ihre ursprünglichen Impulse
gegenüber der Politik belebte.
> Egalitäre Ideen durchzogen progressive Diskurse und waren die Grundlage für die Forderungen
nach Referenden, dem Rückruf (recall) und anderer Wahlreformen, welche auf direkte Demokratie
zielten.
> Der Antrieb das Frauenwahlrecht durchzusetzten wurde beibehalten, welche die erfolgreichste
Bewe-gung zur Erweiterung der Wählerbasis in der US-Geschichte gewesen ist.
> Die Beschäftigung mit der direkten Demokratie florierte vor allem auf der lokalen Ebene. Vor allem
progressive Bürgermeister haben die Demokratie revitalisiert, zum Teil durch die Innovation von
home rule, welche die Stadtregierungen von konservativer und oft korrupter Gesetzgebung befreite,
und teilweise durch die Ermutigung der Bürger sich in der Politik zu engagieren.(S. 309)
(5) Die umfassende Agenda der moralischen Erneuerung
Die progressive Reform war aber niemals blos auf die Politik beschränkt, sondern hat sich immer
auch die breitere Agenda moralischer Regeneration bezogen.
> Frauen spielten bei diesem Verschiebung der Reformagenda von der persönlichen hin zur gesellschaftlichen Erneuerung, bzw. der Verbindung beider Ebenen in der Prohibitionsbewegung, gekennzeichnet. (S. 310)
(6) Die Durchsetzung zentraler Forderungen und das oberflächliche Bündnis mit Präsident Wilson
Mit Wilson als Präsident haben die Vertreter der Farmer im Kongress zentrale Punkte ihrer Agenda
durchsetzen können, wie die Senkung der Zölle, eine Ausweitung des Sherman Antitrust Act, und
öffent-liche Währungskontrolle.
> Die Notwendigkeit der Kompromißbildung bei der Gesetzgebung machte eine Abschwächung der
populistischen Forderungen unumgänglich.(S. 318)
> Die Allianz zwischen den Farmern und Wilson war aber nicht nicht von Dauer. Farmer und ihre
Verbündeten waren im unternehmerfeindlicher und antiimperialistischer eingestellt als Wilson.(S.
320)
(7) Die Gemeinsamkeiten und Differenzen in der Rhetorik im Lager der Imperialisten
Je länger er im Amt blieb, desto mehr realisierte er seine Distanz zu den agrarian democrats, die ihn
gewählt haben.(S. 320/321)
> Nirgendwo war dies deutlicher als in der Außenpolitik, in welcher Wilson die imperialen Interventionen seines Vorgängers fortsetzte, obgleich er dies in eine noch umfassendere Rhetorik der Regeneration bettete.(S. 321)
> Die harten und die weichen Imperialisten teilten eine gemeinsame Verpflichtung gegenüber
globaler wirtschaftlicher Vorherrschaft. Während Roosevelt und Beveridge begierig nach
militärischer Erober-ung waren, predigte Wilson das Evangelium der kulturellen Erbauung durch
Konsum.(S. 321)
Schluß. Das vergebliche Sterben [Dying in Vain]
(1) Das Scheitern des Königreichs auf Erden an den Realitäten des amerikanischen Pluralismus
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Beunruhigt über den endlosen Krieg [Erster Weltkrieg], eifrig auf einen dauerhaften Frieden bedacht,
hat Wilson jedoch versagt, als es darum ging, seine eigenen militaristischen Konventionen und
diejeni-gen seines Milieus zu transzendieren - vor allem den Glauben an moralische Wiedergeburt
durch Krieg.
> Er allein, so glaubte er, könnte dem Blutopfer etwas gutes abgewinnen (to redeem), indem er eine
neue Weltordnung schuf.(S. 329)
> Das Königreich Gottes auf Erden, wie auch ein genossenschaftliches, kooperatives Gemeinwesen,
wa-ren unzweifelhaft unerreichbar. Die amerikanische Gesellschaft war zu pluralistisch um sich den
protestantischen Visionen von Revitalisierung, zu unternehmerfreundlich, um ihre privaten
Ambitionen dem öffentlichen Wohl unterzuordnen.(S. 352)
(2) Die Wirkungen der Vision vom Gemeinwohl: (a) die Schaffung eines begrenzten Wohlfahrtstaates
Aber ohne diese Vision hätte wahrscheinlich nicht einmal ein begrenzter Wohlfahrtsstaat eine Chance
gehabt. Die Social Gospel agenda war trotz deren provinziellen Moralismus zumeist wohltätig und
not-wendig.
> Indem sie die Herrschaft des Geldes zurückwiesen, haben die Social Christians einen Präzedenzfall
für spätere Politik geschaffen, welche den katastrophalen Wirkungen der kreativen Zerstörung auf das
Alltagsleben entgegenwirken wollten
> Auch wenn der Krieg die progressive Reform zeitweise zum Stillstand brachte, hatte er doch auch
unbeabsichtigte heilsame Wirkungen.(S. 352)
(b) Die Einleitung des Schutzes von bürgerlichen Freiheiten durch den Supreme court
Die Unterdrückung der bürgerlichen Freiheiten während des Krieges haben eine neue liberale Rechtsprechung provoziert, welche den Minderheitenrechten größeres Gewicht beimaß (auch wenn der
Schutz der Rechte der Schwarzen noch beinahe fünfzig Jahre dauern sollte).(S. 352)
(3) Von der Politik der Regeneration, Militarismus zur liberalen Politik der Einschränkung
Dies war Teil der breiten Wandels von der Politik der Regeneration zu etwas, was man als Politik der
Einschränkung beschreiben könnte, welche jedoch von ihren Befürwortern öfter als Liberlismus statt
Progressivismus charakterisiert wurde.(S. 352)
> Im Zuge der Krise der 1930er Jahre wurden die progressiven Ideen zunehmend gedämpft und
säkular und haben ihre transformative Macht verloren.
> Die Abkehr von Träumen von Regeneration waren im militärischen und außenpolitischen Bereich
sogar noch offensichtlicher. Mit dem großen Schlachten des Ersten Weltkriegs ist die Idee von
Regeneration durch Krieg in Mißgunst gefallen.(S. 353)
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