Predigt +

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NOVEMBER 2015
ALLERHEILIGEN
1. NOVEMBER 2015
MT 5,1-12A
Allerheiligen: Pilgerweg des Lebens und das Fest der Ankunft
I
„Allerheiligen“ ist das Fest des Weges. Der uns verheißene Weg weist auf das Ziel, das wir heute feiern: Das
Leben in Fülle bei Gott! „Führe uns auf dem Weg der Pilgerschaft zum Fest des Freudenmahles“ (vgl.
Schlussgebet) beten wir an diesem Tag; die Präfation jubelt „auch wir pilgern mit den Frauen und Männer aller
Zeiten dem Ziel unseres Lebens entgegen.“
„Allerheiligen“ feiern wir als ein „Ankommen“ und ein „Erwartet werden“. Das Fest ist keine
Zwischenetappe, kein Etappenziel – es ist das Fest der wirklichen und letzten Ankunft in der Fülle des
Lebens bei Gott. Wir feiern heute ein österliches Fest des Weges und des geglückten Ankommens am Ziel.
Ein Fest mit einer „großen Schar aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen.“ (vgl. Offb 7,9;
Lesung)
II
Ist das zu einfach? Machen wir uns nicht etwas vor – gerade in den Tagen des ‚dunklen‘ Monats
November? Viele unter uns spüren doch in diesen Tagen und sagen: „Das nicht so ist“. Nicht jeder mag in
die Freude des Festes einstimmen. Die Trauer um einen geliebten Menschen und der Besuch auf dem
Friedhof lasen heute nicht alle jubeln. Dabei lädt das Evangelium an diesem Morgen (oder: Abend) mit
einer großen Einladung zur Freude, zum Glück, zum Fest ein: „Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel
wird groß sein“ (Mt 5,12a).
„Freut Euch und jubelt“: Das Angebot Jesu am Ende der acht Seligpreisungen möchte kein billiger Jubel
sein. Es ist auch keine oberflächliche Vertröstung. Nur zu genau kennt Jesus die Stolpersteine des Weges. Er
weiß um die Gefahren des Weges, die uns im Leben begegnen: Armut (Mt 5,3) und Trauer (Mt 5,4), Gewalt
(Mt 5,5) und Ungerechtigkeit (Mt 5,6). Wie könnte man da in eine ungetrübte Freude einstimmen? Nein, die
Verheißungen des Glücks am Beginn der Bergpredigt sind keine Augenwischerei. Sie stellen uns hinein in
die Wirklichkeit unseres Lebens. Das Wort Jesu gilt schon hier, heute, in dieser Stunde: „Selig seid ihr!“.
„Glücklich seid ihr“ wird diese Verheißung in einer anderen Ausgabe des Neuen Testamentes
(Kammermayer) übersetzt.
III
Denn hier startet unser Pilgerweg des Glaubens. Hier, heute: in unserer Zeit beginnt der Weg des
Glaubens, der sein Ziel und seine Erfüllung im lebendigen Gott selbst finden wird. Wenn wir heute die acht
Seligpreisungen aufschlagen, dann deshalb, weil wir uns auf ein Ziel ausrichten: Der Gott des Lebens
schenkt eine Zukunft, die uns den Mut zum Gehen des Weges gibt. Er selbst lädt ein, weiter zu
wandern. Er stellt uns das Ziel der Pilgerschaft vor Augen.
Deshalb sprechen die Seligpreisungen uns an:
Selig seid ihr, wenn ihr Euch nach dem Reich der Gewaltlosigkeit ausrichtet!
Selig seid ihr, wenn ihr Euch nach Gerechtigkeit sehnt und Euch schon heute dafür stark macht!
Glücklich seid ihr, wenn Ihr den Frieden anstrebt!
Glücklich seid ihr, wenn Ihr schon heute gewaltlos lebt und dies mit Euren Leben bezeugt!
Die Seligpreisungen schicken uns auf den Weg. Zu diesem Weg gehören die Anstrengungen der Suche
und des Weitergehens. Gott sei Dank ist noch längst nicht alles „fertig“, alles geplant und hermetisch
abgeriegelt. Nur in dem Geist des Pilgerns geht`s voran. Das „Nicht-Suchen Wollen“ ist nur um den Preis
des Stillstands zu haben, für den all zu billigen Preis der Stagnation oder einer Nostalgie. Jesus preist die
„selig“ („glücklich“), die sich nicht in ein fertiges Konzept eingenistet haben.
Die Seligpreisungen gelten allen, die die Zukunft erspähen und aus ihr die Kraft zum Leben schöpfen.
IV
In der Aachener St. Josef Kirche hat die Künstlerin Rita Lausberg (*1965) ein Triptychon des himmlischen
Jerusalem (2004-2008) geschaffen. Im Mittelteil sind bekannte und unbekannte Christen unserer Zeit im
einladenden Fest des himmlischen Jerusalem vereint. Zu ihnen gehören u.a. Roger Schutz, der Gründer
der Gemeinschaft von Taizé; Edith Stein, die in Auschwitz ermordete Jüdin und Karmelitin; Ruth Pfau, die
als Ärztin in Pakistan lebt; Oscar Romero, der am Pfingstsamstag 2015 in El Salvador selig gesprochene
Märtyrer. Viele weitere Gesichter von Frauen und Männer unserer Tage sind zu entdecken.
Die an diesem Tisch Versammelten kennen die Mühseligen und Beladenen unserer gemeinsamen Erde.
Für sie haben sie gelebt und sich eingesetzt, im Kleinen und Unscheinbaren oder auf der Weltbühne
unserer Zeit. Vom Geist des Evangeliums inspiriert, haben sie ihr Leben gestaltet – trotzt Mühsal oder
mancher Trauer. Die Seligpreisungen waren für sie eine Quelle der Inspiration und der Freude.
Das Aachener Bild ist deshalb eingetaucht in ein zartes Licht, das die Freude der Ankunft am Ziel des
himmlischen Jerusalem deutlich zeigt. Alle sitzen gemeinsam am Tisch des Herrn; angekommen und von
Gott selbst erwartet am Ziel der Pilgerschaft ihres Lebens. Uns, die wir noch pilgernd unterwegs sind,
können sie mit den Worten Jesu am Fest Allerheiligen sagen:
„Freut Euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein!“
Michael Meyer
missio Aachen
Hinweis zum Tryptychon von Rita Lausberg:
www.grabeskirche-aachen.de/triptychon.html
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„Führe uns auf dem Weg
der Pilgerschaft zum Fest
des Freudenmahles.”
Aus der Liturgie am Fest Allerheiligen
Impressum:
missio, Internationales Katholisches Missionswerk e.V., Goethestr. 43, 52064 Aachen.
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