Newsletter Nr.20 Deutsch - Arp-Schnitger

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Arp Schnitger Gesellschaft
Newsletter
November 2014
Inhalt:
1. Golzwarden: Zu Gast bei Arp Schnitger (Helmut Bahlmann)
2. Oldenburg: Fachgruppentreffen Groningen - Oldenburg – Bremen (Helmut Bahlmann)
3. Orgelexkursion der ASG nach Hamburg – ein exklusives Klangerlebnis (Helmut Bahlmann)
4. Sensationelle Entdeckung im Schnitger-Land (Martin Böcker)
5. Neuer Fund einer bisher unbekannten Schnitger-Orgel (Harald Vogel)
6. Arp Schnitger verehrt in Japan (Tomoko Miyamoto)
7. Eine Luther-Orgel für Groningen (Tim Knigge)
8. Arp Schnitger in Niedersachsen – überarbeitete Neuauflage der Doppel-CD (Christoph
Schönbeck)
9. Arp Schnitger Institut stellt umfangreiche Datensammlung zu Orgeln und Lebenswerk Arp
Schnitgers erstmals online zur Verfügung (Hans Davidsson)
10. Seit Beginn des Jahres arbeitet der Arp-Schnitger-Kulturerbe e. V. (Matina Lohmüller)
11. Schnitger-Festivals im Sommer 2014 (Hans Davidsson)
12. Bericht von dem dritten Preisträger des Schnitger-Wettbewerbs (Mark McDonald)
13. KULTURERBE und KLANGGEDÄCHTNIS: Internationale Konferenz zur Erforschung und
Erhaltung der historischen Orgeln Norddeutschlands (Manfred Cordes)
14. Cappel: Kirchenfotos gesucht! (Dorothea Schröder)
Liebe Schnitger-Freunde,
Herzlich willkommen zu dem Newsletter der Arp Schnitger Gesellschaft in neuer und
erweiterter Form. Ab dieser Ausgabe erscheint unser Newsletter drei Mal pro Jahr
(November, März, Juli), auf Deutsch und auf Englisch. Wir werden Aktuelles zu Arp
Schnitger sowohl in unserer Region als auch international vermitteln. Jede Nummer wird
einen Artikel über ein Orgelbau- oder Orgelrestaurationsprojekt enthalten, ein Interview
über oder einen Beitrag von einer wichtigen Schnitgerpersönlichkeit. In der vorliegenden
Ausgabe können Sie sich über die wiederentdeckte Schnitgerfassade in Deyelsdorf und das
Rekonstruktionsprojekt in Oederquart (Martin Böcker) sowie über die Ehrung von Arp
Schnitger in Japan (Tomoko Miyamoto) informieren. Jede Nummer wird Berichte zur
Schnitgerforschung (hauptsächlich Instrumentenbau, aber auch Musik und Kultur)
beinhalten, und die soeben eingeführte Bestrebung, auf die Anerkennung der
Schnitgerorgeln als Kulturerbe durch die UNESCO hinzuarbeiten. In dieser Ausgabe können
Sie sich über die jährliche Orgelkonferenz des Arp Schnitger Instituts für Orgel und
Orgelbau an der Hochschule für Künste Bremen (Februar 2014) und die Gründung einer
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Gesellschaft für das UNESCO – Projekt in Bremen informieren, ebenso über mehrere
wichtige Ereignisse wie das Arp Schnitger Festival, den Arp Schnitger Wettbewerb im
Musikfest Bremen und die Veröffentlichung der Schnitger Datenbank. Es ist die erste
internationale Forschungsdatenbank, welche die Tradition eines einzelnen Orgelbauers
präsentiert und welche in diesem Sommer in Kraft getreten ist. Sie werden kurze Beiträge
über diese Themen finden und auch einen Beitrag des jungen Organisten Mark McDonald
aus Kanada, der den dritten Preis im Schnitgerwettbewerb gewonnen hat, der von unserer
Gesellschaft gespendet wurde. Ich hoffe, dass Ihnen unser Newsletter gefällt, und möchte
darum bitten, dass Sie Reklame für den Newsletter machen und alle Interessenten dazu
aufmuntern können, Mitglied zu werden. Dies ist ein ausgezeichneter Weg, auch die
UNESCO-Bemühungen zu unterstützen. Wir müssen unser Interesse und unser Engagement
zur Bewahrung und Förderung der einmaligen Tradition Arp Schnitgers bekannt machen
und uns gemeinsam für die Wahrung und Integration als lebendige Kulturtradition in der
globalen Kultur des 21. Jahrhunderts einsetzen.
Ich wünsche Ihnen ein gutes Ende des Jahres 2014 und ein gutes neues Jahr, und ich
wünsche Ihnen Erfolg mit aller Arbeit für Arp Schnitger und sein Kulturerbe.
Hans Davidsson
1. Golzwarden: Zu Gast bei Arp Schnitger
Eingeladen waren mehr als 60 junge und wissbegierige Gäste, die sich im Juli dieses Jahres
in Golzwarden im Arp Schnitger Centrum zur Feier "Des großen Meisters Arp Geburtstag"
einfanden und an einem erlebnisreichen Fest mit vielen Überraschungen teilnahmen. Zu
Gast waren sämtliche Schüler der Golzwarder Theodor-Dirks-Grundschule, die (nach
Jahrgängen aufgeteilt) an vier Vormittagen in Begleitung ihrer Lehrer eintrafen und
gespannt darauf waren, was sie erwartete.
Die Grundschule in Golzwarden, einem dörflich strukturierten Stadtteil der
Kreisstadt Brake an der Unterweser, ist nach einem regionalhistorisch orientierten
Pädagogen und Schriftsteller des 19. Jahrhunderts benannt. Der Schule wurde bewusst
dieser Name gegeben, damit die dörfliche Kultur für die Bewohner Golzwardens auch in
Zukunft lebendig bleibt. Vollkommen unbekannt wird den jungen Gästen der Gastgeber Arp
Schnitger also nicht gewesen sein, gibt es doch in Golzwarden neben dem Arp Schnitger
Centrum auch einen Arp-Schnitger-Weg und ein Arp-Schnitger-Orgelpfeifendenkmal.
Was liegt näher, als einmal im Sommer, wenn sich der Geburtstag Schnitgers nähert,
jede Jahrgangsklasse zur Feier ins Arp Schnitger Centrum einzuladen. Viele ehrenamtlich
tätige Akteure hatten sich dafür ein abwechslungsreiches Programm ausgedacht. Es begann
jeweils mit einem Geburtstagsständchen, für das Kreiskantor Gebhard von Hirschhausen
eigens für diesen Anlass Text und Melodie erschaffen hatte. An der Orgel in der Kirche
vermittelte er den Schülern elementare Kenntnisse über Bauweise und Klangwelt der
Schnitger-Orgeln, und am Funktionsmodell im Arp Schnitger Centrum ließ sich die
Mechanik der Orgel anschaulich darstellen und erproben. Zum anschließenden
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"Geburtstagsfrühstück" gab es Orgelpfeifen-Brötchen, extra hergestellt vom örtlichen
Bäckermeister.
Dann folgte eine bunte Reihe von spielerischen und kreativen Aktionen, die alle auf
die Orgelbaukunst Schnitgers bezogen waren. Auf der Schnitzeljagd rund um die Kirche und
im Pfarrgarten galt es sämtliche Baumaterialien für eine Orgel zu finden. Bei einer
Malaktion wurde der farblich schönste Orgelprospekt gesucht. Mit eigens besorgten
Orgelpfeifenbeständen konnten die Schüler unter Anleitung des Organisten als "lebendige
Orgel" auftreten. Ratespiele, Orgelklang und Orgelbilder vermittelten Leben und Werk des
großen Orgelbauers aus der Barockzeit.
Für den dritten Jahrgang war eine kleine Fahrradtour zum zwei Kilometer
entfernten Pfeifen-Denkmal in Schnitgers Geburtsort Schmalenfleth vorgesehen, verbunden
mit einer Pflanzaktion. Die ältesten Gäste waren eingeladen, in einer örtlichen
Tischlerwerkstatt eigenhändig eine Orgelpfeife nach dem Vorbild Schnitgers herzustellen.
Vorgefertigte Bauteile lagen bereit, so dass jeder Schüler unter Anleitung des Orgel- und
Instrumentenbauers Gregor Bergmann aus Leer und den Mitarbeitern der Tischlerei
Klostermann am Ende sein Meisterstück stolz mit nach Hause nehmen konnte. Mitglieder
der Arp Schnitger Gesellschaft, Vertreter der Presse, anwesende Lehrer und Vertreter der
Sponsoren waren erstaunt darüber, mit welchem Geschick die Grundschüler zu Werke
gingen und sich am Ende mit einem vielstimmigen "Konzert" für die Einladung bedankten.
Es handelte sich um die zweite Veranstaltung dieser Art, die in Zusammenarbeit
zwischen Arp Schnitger Gesellschaft und der Grundschule Golzwarden stattfinden konnte.
Das Projekt ist hervorragend geeignet, die in einem Dorf wie Golzwarden vorhandenen
Kulturgüter in Verbindung mit dem Orgelbauer Arp Schnitger und seinem Werk nachhaltig
Jahr für Jahr und umfassend lebendig werden zu lassen. Viermal nacheinander erlebt ein
Grundschüler des Ortes und mit ihm Eltern und Bekannte einen nur in Golzwarden
vermittelbaren Kulturschatz, der in der Region als Alleinstellungsmerkmal angesehen wird.
Die örtliche Identifizierung mit Arp Schnitger und seinem Werk wird erlebnishaft bestärkt,
fachlich vertieft und pädagogisch vermittelt. Am Ende bildet sich vor Ort das Bewusstsein,
Teil und Hüter eines einmaligen und kostbaren Kulturerbes zu sein.
Helmut Bahlmann
2. Oldenburg: Fachgruppentreffen Groningen - Oldenburg – Bremen
Am 30. September 2014 trafen sich in Oldenburg etwa 130 Personen aus verschiedenen
Bereichen des öffentlichen Lebens, um in elf Fachgruppen länderübergreifende Themen zu
Sozialpolitik, Wirtschaft, Tourismus und Kultur zu bearbeiten. Eine Fachgruppe, die aus
Orgelbauern aus den Niederlanden und Ostfriesland, Orgelsachverständigen, Vertretern
von Kirche, Kultur, Verwaltung und Verbänden bestand, widmete sich der Zusammenarbeit
in Sachen Arp Schnitger-Orgeln. Dabei wurde die Orgel des Schnitger-Meisterschülers
Christian Vater in Wiefelstede als Beispiel für ein länderübergreifendes Projekt
hervorgehoben.
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In der Region stehen auf der deutschen Seite 18 gut erhaltene Schnitger-Orgeln, in
Groningen sind es zwölf. In der Sitzung wurde die intensive Kooperation zwischen der Arp
Schnitger Gesellschaft mit Sitz in Brake und der Stichting Groningen Orgelland betont,
ablesbar an dem gemeinsam herausgegebenen Bildband, der demnächst auf Englisch
erscheint. Das Endziel ist die Anerkennung der Arp Schnitger-Orgeln als Weltkulturerbe. Sie
sind ein Alleinstellungsmerkmal der Region und sollen verstärkt im politischen und
öffentlichen Raum verankert werden, z.B. durch die Landschaftsverbände. Dieses Projekt
wird wissenschaftlich begleitet und tatkräftig z.B. von der Metropolregion Nordwest und
anderen Stiftungen gefördert. Die Koordination liegt bei dem Arp SchnitgerWeltkulturerbe-Verein in Bremen. Eine Zusammenarbeit zwischen den Musikhochschulen
in Bremen und Groningen für Studierende im Fach Orgel wurde vereinbart. Das Musikfest
Bremen hat zugesagt, das länderübergreifende Arp Schnitger-Festival fortzuführen,
verbunden mit einem internationalen Orgelwettbewerb für Studierende. Es ist vereinbart
worden, die mediale Präsenz der lebendigen Orgelspielkultur auf Schnitger-Orgeln
effektiver zu vermitteln.
Helmut Bahlmann
3. Orgelexkursion der ASG nach Hamburg - ein exklusives Klangerlebnis
Die Orgelfreunde der Arp Schnitger Gesellschaft hatten in der vergangenen Zeit des Öfteren
die Gelegenheit wahrgenommen, Schnitgers größte uns erhaltene Orgel in der Hamburger
Hauptkirche St. Jacobi (1689-1693, IV/60) kennen zu lernen.
Seitdem in der Hauptkirche St. Katharinen die vergleichbar monumentale Scherer/
Fritzsche-Orgel (1605 resp. 1634, IV/61) nach dem 2013 abgeschlossenen rekonstruktiven
Neubau durch die Orgelwerkstatt Flentrop aus Zaandam (NL) von sich reden macht,
entwickelte sich die reizvolle Idee, einmal beide historisch prägnanten Großorgeln in
Hamburg im Vergleich erklingen und ihre je eigene Klangwelt auf sich wirken zu lassen.
Mit freundlicher Unterstützung der zuständigen Organisten und Kirchenmusiker Rudolf
Kelber und Andreas Fischer war bald ein passender Termin gefunden; und als zudem der
Vorsitzende des ASG-Beirats, Prof. Harald Vogel, zusagte, uns bei der Exkursion nach
Hamburg zu begleiten und im kollegialen Einvernehmen sich bereitfand, uns beide Orgeln
vorzuführen und für uns erklingen zu lassen, konnte die ASG endlich zu einer exklusiven
Orgelexkursion einladen, die am Samstag, dem 11. Oktober 2014, stattfinden sollte und
Orgelfreunde aus der Wesermarsch, der Bremer und Hamburger Region und sogar aus
Essen zusammenführte.
Mit der Bahn und den öffentlichen Verkehrsmitteln fanden sich alle pünktlich in Hamburg
ein und trafen sich nach einem leckeren Mittagsessen im stilvollen Restaurant des
Hamburger Rathauses zunächst in der nahegelegenen Hauptkirche St. Jacobi, um die zuletzt
1989/1993 gründlich und maßgebend durch die Orgelwerkstatt Jürgen Ahrend, Leer-Loga,
restaurierte Schnitger-Orgel kennen zu lernen und hören zu können.
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Prof. Harald Vogel verstand es, die Vielfalt der Schnitger typischen Stimmen zu
präsentieren und im Zusammenspiel miteinander lebendig und eindrücklich erklingen zu
lassen, assistiert durch die Orgelstudentin Juhee Lee.
Als einmaliges Privileg wurde empfunden, ihn auf der Orgelempore an der viermanualigen
Orgel spielen zu sehen, ... als Hinweis auf die effektvolle Variabilität barocker Orgelmusik,
zugleich aber auch als Demonstration der anspruchsvollen Spielweise, mit der man einer
großen Schnitger-Orgel allein gerecht zu werden vermag.
Anschließend nach der Kaffeetafel im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe
gewannen die Teilnehmer mit der dort präsentierten Beurmann-Sammlung an historischen
Tasteninstrumenten (Cembalo, Spinett, Clavichord ) einen authentischen Eindruck von der
zur Zeit Schnitgers in der Hamburger Gesellschaft gepflegten Spielpraxis z.B. bei
Hausmusiken oder anderen festlichen Gelegenheiten. Wiederum erwies sich Prof. Harald
Vogel als intimer Kenner der charaktervollen und unverwechselbaren Klangwelt dieser
Tasteninstrumente. Da die Sammlung zu den größten ihrer Art weltweit gehört,
konzentrierte sich die Vorführung hauptsächlich auf die frühen italienischen Instrumente,
von denen das Cembalo von 1540 (!) besonders eindrücklich war.
Schließlich waren die Teilnehmer gespannt, wie am Ende die zweite Hamburger Großorgel
in St. Katharinen sich erfahren und hören lassen mochte. Nach den fachlichen und
baugeschichtlichen Erläuterungen begab sich die Gruppe, - nicht zuletzt aus akustischen
Gründen - , auf die weit ins Kirchenschiff reichende Orgelempore und konnte anhand
gleicher Orgelliteratur, z.B. mit dem bekannten Praeludium C-Dur (BuxWV 137) von
Dieterich Buxtehude, die im Vergleich zur Schnitger-Orgel je eigene Klangwelt der Scherer/
Fritzsche-Orgel wahrnehmen.
ASG-Vorstandsmitglied Helmut Bahlmann bedankte sich herzlich bei Prof. Harald Vogel für
seine intensive Mühe, den ASG-Mitgliedern die beiden bedeutsamsten Orgeln Hamburgs
nahe gebracht zu haben. Hoch erfreut und beglückt über eine Orgelfahrt, die sich gelohnt
hat, trat man die Heimreise an. Das Fazit eines teilnehmenden Orgelfreundes und Liebhaber
der Schnitger-Orgeln: „Für mich erfüllte sich heute der Traum meines Lebens!“
Helmut Bahlmann
4. Sensationelle Entdeckung im Schnitger-Land
In der Kirche St. Johannis in Oederquart, einem kleinen Ort nordwestlich von Stade, stehen
Reste einer einstmals prächtigen Orgel von Arp Schnitger. Die Gemeinde hat sich bereits
1999 unter der Fachberatung von Martin Böcker entschlossen, die Arp-Schnitger-Orgel von
1682 restaurieren und rekonstruieren zu lassen. Damals konnte ein erster
bemerkenswerter Schritt getan werden, doch dann stockte das Vorhaben.
Aber zurück in das 16. Jahrhundert. 1581 wurde in Oederquart erstmalig eine Orgel
erwähnt. Sie muss wenigstens 10 Register auf Manual und Pedal gehabt haben. 1632 wurde
diese Orgel im 30-jährigen Krieg bei Plünderungen durch die Truppen des Generals
Pappenheim schwer beschädigt.
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1652 wurde Hans Christoph Frietzsch (Fritzsche) aus Hamburg beauftragt, eine
neue Orgel zu bauen. Dazu verwendete er 10 Register aus der alten Orgel. Die neue
Frietzsch-Orgel hatte schon damals drei Manuale und Pedal und war im Chorraum platziert.
Schon kurze Zeit später dachte man an einen Umbau der Orgel und in den Jahren 1678 bis
1682 baute Arp Schnitger (Stade) zeitgleich zur Orgel in Lüdingworth die Oederquarter
Orgel von Hans Christoph Frietzsch um und gibt dem Instrument ein modernes Gepräge.
Mit drei Manualwerken und Pedal wurde diese Orgel auf der Nordempore des Schiffes
aufgestellt.
Dieses war eine seiner ersten, in eigener Verantwortung gebauten Orgelwerke,
nachdem er in Stade zwei große Orgeln in Cosmae und Wilhadi fertiggestellt hatte.
Schnitger legte mit den umfangreichen Orgelbauten in Stade, Lüdingworth und Oederquart
den Grundstein für seine große, internationale Karriere.
1781 führte Johann Daniel Busch (Itzehoe) größere Umbauarbeiten durch, legte
insbesondere das Pedalwerk mit sechs Registern in jetzt zwei Türmen neu an. In diesem
Zustand beschrieb Hinrich Renken (1805-1868) die Orgel. Die Orgel hatte nun 28 Register
auf drei Manualen und dem Pedal.
1864/65 erfolgte jedoch ein Neubau des Orgelwerkes durch Johann Hinrich Röver
(Stade) in dem alten Gehäuse. Dabei wurden die Prospektpfeifen belassen, aber sie klangen
fortan nicht mehr. Röver hatte die Prospektpfeifen von Schnitger und Busch „mit Staniol
überzogen“, also foliiert.
1907 verlegte Fa. Furtwängler&Hammer (Hannover) die Orgel auf die
Westempore. Dabei wurden die Pedaltürme mit dem Hauptwerk in eine Frontlinie
gebracht. Vom Rückpositiv wurde nur das Gehäuse mit den alten Prospektpfeifen wieder
aufgebaut, erhielt aber keine eigenen Register. Dieses im 19. Jahrhundert entstandene
Instrument war nicht von langer Haltbarkeit. Technische Probleme häuften sich und bald
entschied man sich, dass die Röverorgel abgängig sei.
So baute 1971 die Fa. Gebr. Hillebrand (Altwarmbüchen) hinter dem Prospekt von
Schnitger/Busch unter Einbeziehung der Prospektpfeifen eine Orgel im neobarocken Stil
mit 12 Registern im Hauptwerk und Rückpositiv. Das Pedal bleibt nur als Fassade auf der
Orgelempore stehen.
Leider entsprach dieses Werk in keiner Weise dem optischen Eindruck der Orgel. Die
technische und klangliche Gestaltung kam der ursprünglichen qualitätsvollen
Schnitgerschen Orgel in keiner Weise nahe.
Im Jahr 1999 entschloss sich die Kirchengemeinde, die Rekonstruktion der Orgel
von Schnitger/Busch in Angriff zu nehmen. Das Pedal wurde mit der Disposition von Johann
Daniel Busch mit sechs Registern im Jahr 2000 durch Fa. Hillebrand (Altwarmbüchen)
rekonstruiert. Dabei wurden die historischen Pfeifen in der Front wieder spielbar gemacht.
Nachdem dieser erste Schritt getan war, bestand keine Aussicht auf die Finanzierung
weiterer Arbeitsschritte. Erst 2012 plante der Vorstand der Kirchengemeinde Oderquart,
die Restaurierung und Rekonstruktion der Schnitger-Orgel weiter zu verfolgen und zu
realisieren. Anstoß für diese Entscheidung war die Zusage der Förderung des Projektes
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durch die Leader-Mittel aus der EU-Förderung, die evangelisch-lutherischen Landeskirche
Hannovers und der Klosterkammer Hannover.
Das Ziel dieser Entscheidung ist es, die Disposition der Oederquarter Orgel mit 28
Registern auf drei Manualen und Pedal wieder herzustellen. Es konnte der renommierten
Orgelbauer Rowan West (Altenahr/Ahrtal) gewonnen werden, den Auftrag zur
Realisierung einer ersten Baustufe durchzuführen.
In einem ersten Bauabschnitt 2013/14 konnten die technischen Voraussetzungen
geschaffen werden, das Hauptwerk mit zunächst 6 Registern wieder zu aktivieren. Darunter
war auch der Prospektprincipal von Schnitger. Die Voruntersuchungen ergaben die
sensationelle Entdeckung, dass die Prospektprincipale in Hauptwerk, Rückpositiv und
Pedal aus einer hochprozentigen Zinnlegierung bestehen. So sind neben den
Zinnprincipalen in Cappel auch die in Oederquart erhalten geblieben. An nahezu allen
anderen norddeutschen Orten sind die Prospektpfeifen aus Zinn im 1. Weltkrieg eingezogen
und eingeschmolzen worden.
Durch die intensiven Aktivitäten eines in Oederqiuart gegründeten Orgelvereins
konnte inzwischen die Finanzierung der zweiten Baustufe weit voran getrieben werden,
sodass diese voraussichtlich in naher Zukunft realisiert werden kann. Darin enthalten sind
die Rekonstruktion des Brustwerks mit 4 Registern und die Aktivierung des bereits in 2000
erbauten Pedals. Im dritten Bauabschnitt sollen dann das Rückpositiv restauriert und
rekonstruiert und im Hauptwerk und Pedal die noch fehlenden Stimmen gebaut werden.
Danach wird die restaurierte und rekonstruierte Schnitger-Orgel die Disposition haben, wie
sie durch Schnitger und Busch konzipiert war. Die Orgel wird dann insgesamt 1343 Pfeifen
haben.
Spenden für dieses Orgelprojekt zur Restaurierung und Rekonstruktion der
Schnitger-Orgel sind willkommen unter:
Konten:
Kreissparkasse Stade
IBAN DE69 2415 1116 0000 2492 50
BIC NOLADE21STK
Volksbank Kehdingen
IBAN DE56 2006 9786 0070 4989 00
BIC GENODEF1DRO
Martin Böcker
5. Neuer Fund einer bisher unbekannten Schnitger-Orgel
Dem bekannten Organisten und Organologen Jan von Busch ist die Identifizierung von
Teilen einer unbekannten Schnitger-Orgel gelungen. Es handelt sich um die Orgel in der
Kirche zu Deyelsdorf in Vorpommern, einem kleinen Ort in der Nähe von Tribsees an der
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Westgrenze zu Mecklenburg. Damit erweitert sich der Bestand der bekannten Instrumente
Arp Schnitgers um ein seltenes Exemplar: eine luxuriös gestaltete ehemalige Hausorgel. Sie
wurde 1694 für den Hauptpastor der Hamburger Jacobikirche, Dr. Johann Friedrich Mayer,
erbaut.
In den Aufzeichnungen Schnitgers heißt es "1694. [...] Een werkje, groot 8 registers,
voor Dr. Meijer (hiervoor niets ontfangen)." Es handelt sich um ein Instrument, das
Schnitger offenbar Hauptpastor Mayer zum Geschenk machte, als er den großen Orgelbau
in St. Jacobi 1693 beendet hatte. Bisher war nichts bekannt über den Verbleib des kleinen
Werkes. Johann Friedrich Mayer gehörte zu den schillernden Figuren unter den Theologen
seiner Zeit, der sich über die Verhaltensnormen durch die Scheidung von seiner Frau
hinwegsetzte und eine der damals größten privaten Bibliotheken anlegte. Die SchnitgerOrgel war im großen Repräsentations-Saal der Bibliothek aufgestellt und wurde
wahrscheinlich auch bei konzertähnlichen Veranstaltungen eingesetzt. Das Äußere des
Instruments ist ein Beispiel für den hochentwickelten Hamburger Möbelstil, der hier mit
hochqualitativem Schnitzwerk geziert ist.
Im Jahre 1701 folgte Mayer der Berufung zum Generalsuperintendenten in
Vorpommern, das damals zu Schweden gehörte. Gleichzeitig wurde er der erste
Theologieprofessor an der Universität Greifswald und Pastor an der dortigen St.
Nikolaikirche. Mayer erweiterte seine Bibliothek in Greifswald und richtete für seine
Studenten eine Lehrsynagoge ein. Nach seinem Tod 1712 wurde die Bibliothek einige Jahre
später in Berlin verauktioniert und die Orgel an einen unbekannten Platz verbracht.
Die Spur der Schnitger-Orgel ist 1742 wieder zu finden, als der Orgelbauer Christian
Weldt aus Grimmen eine Orgel in der kleinen Renaissancekirche in Deyelsdorf aufstellte.
Hier amtierte von 1709 bis 1743 Johann Schnabel als Pastor, der bei Mayer studiert hatte
und von ihm persönlich ordiniert und instituiert wurde. Auf diese Weise lässt sich die
Verbindung zwischen der Familie Mayer und Deyelsdorf rekonstruieren.
Nach einer Renovierung und Umgestaltung der Kirche baute Friedrich Albert Daniel
Mehmel 1878 ein neues Instrument, wobei er das bestehende Gehäuse und zwei Register
von Schnitger wieder verwendete. Es handelt sich hier um die für Schnitger typischen
Holzregister Gedackt 8' und Flöte 4'. Die Flöte 4' hat in der untersten Oktave gedackte und
ab cis° offene Pfeifen aus Eichenholz. Der obere Teil des Gehäuses ist ebenfalls aus
Eichenholz und besticht durch die exquisite Gestaltung und handwerkliche Ausführung.
Die Mehmel-Orgel ist gut erhalten und lässt die Gehäusemaße Schnitgers noch gut
erkennen. Wir haben es hier mit einem weiteren Beispiel von "Recycling" einer SchnitgerOrgel durch einen Orgelbauer des 19. Jahrhunderts zu tun und gleichzeitig mit einem
Beispiel des repräsentativen Hausorgelstils Arp Schnitgers von höchsten Ansprüchen.
(Die Angaben zur Geschichte der Orgel und ihrers ersten Besitzers, Dr. Johann Friedrich
Mayer, finden sich in dem Artikel von Jan von Busch mit dem Titel "Arp Schnitgers
Hausorgel für Dr. Johann Friedrich Mayer", in: ARS ORGANI, 62. Jahrgang, Heft 3, September
2014, S.141–147)
Harald Vogel
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6. Arp Schnitger verehrt in Japan
Die japanische Organistin und Orgelprofessorin Tomoko Akatsu Miyamoto ist der ASG seit
langem verbunden. Im Sommer 2014 wird sie als Dozentin bei der Norddeutschen
Orgelakademie mitwirken (17.-24.August) und am 21. August einen speziellen
Clavichordkurs geben. Im folgenden Text berichtet sie darüber, wie stark die Begegnung
mit den Schnitger-Orgeln ihr Leben prägt:
'Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um mich für die Einladung zum Schnitger-Mahl im
Sommer 2013 zu bedanken. Bei dieser festlichen Zusammenkunft im Oldenburger Schloss
erfuhr ich, dass ein Projekt im Gang ist, um die Schnitger-Orgeln in die Liste des UNESCOWeltkulturerbes aufzunehmen. Prof. Harald Vogel nannte in seiner Rede drei spezifische
Begründungen für diese Anerkennung von Schnitgers Werk:
1. Die Langlebigkeit der Instrumente, d.h. die Nachhaltigkeit seiner Arbeit.
2. Die Bautechnik, an der nichts zu verbessern ist, d.h. die absolute Spitzenleistung der
Orgelbaukunst.
3. Sein weiter, internationaler Einfluss, d.h. die heute weltweite Verbreitung.
Zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass ich in Japan seit über 20 Jahren an der globalen
Ausbreitung von Schnitgers Kunst mitarbeite. Das Musik-College der Ferris University in
Yokohama, wo ich als Dozentin tätig bin, ist nämlich stolzer Besitzer eine Taylor & BoodyOrgel im norddeutschen Stil mit 44 Registern ist (op. 17, 1989 erbaut). Daneben verbringe
ich viele Stunden an der Orgel im Bach Grove, Tsukuba*. Sie wurde von Jürgen Ahrend
gebaut, dem wir so viele Restaurierungen von Schnitger-Orgeln und Instrumenten aus
seinem Umkreis verdanken.
Vor kurzem konnte ich mir ein Haus in Tsukuba bauen lassen, 7 km vom Bach Grove
entfernt. Möglich war dies nur, weil meine Berufslaufbahn als Organistin und Orgeldozentin
bis heute andauert. Ich glaube, dass der Grund dafür meine Begegnung mit der SchnitgerOrgelkultur in meinen frühen Zwanzigern liegt, und auch in meiner Beschäftigung mit
authentischer Spielpraxis. Mit anderen Worten: Die Kunst der Schnitger-Orgeln aus dem 17.
und frühen 18. Jahrhundert war und ist der wichtigste Grundstein meiner Karriere, ebenso
für mein Leben im Japan des 20. und 21. Jahrhunderts. Als ich dies erkannte, fühlte ich, dass
ich meine Dankbarkeit dafür zeigen sollte - dass ich mit meinen bescheidenen Mitteln das
Werk Schnitgers in Japan präsentieren sollte, um die globale Bedeutung seiner Kunst zu
dokumentieren. Deshalb nannte ich den Musiksaal meines Hauses 'Gakkyo Tsukuba' (Ein
Ort mit dem Geist der Musik) und ehrte Schnitger durch das Motto 'Musica Praeludium
Vitae Aeternae' (Musik ist das Vorspiel zum ewigen Leben), welches Prof. Vogel ausgewählt
hatte. Prof. Davidsson schlug das zweite Motto vor: 'Alles was Odem hat, lobe den Herrn'
(Psalm 150). Die Widmungszeremonie wurde von Dr. Tomoo Ishida geleitet, dem Direktor
des Bach Grove. Auch zwei Orgelbauer der Firma Taylor & Boody und einige Organisten
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vom Bach Grove nahmen daran teil. Möge Gakkyo Tsukuba als kleiner Schritt zur
Anerkennung von Schnitgers Werk als Weltkulturerbe beitragen!'
*Anm.: Tsukuba, eine junge Stadt mit vielen Forschungs- und Bildungseinrichtungen, liegt
etwa 50 km nordöstlich von Tokio. 'Bach Grove' ist eine private, 1985 von der Organistin
Kazuo Ishida (1929-2008) und dem Musikhistoriker Dr. Tomoo Ishida gegründete
akademische Institution, die sich vor allem der choralbasierten Musik widmet. Die Akustik
ihres Musiksaals ist ideal für die 1989 erbaute Ahrend-Orgel (19 Register). - Tomoko
Akatsu Miyamotos Text wurde auf Englisch übermittelt; Übersetzung/Bearbeitung:
Redaktion.
Tomoko Miyamoto (Übersetzung von Dorothea Schröder)
7. Eine Luther-Orgel für Groningen
2013 wurde die Stiftung zur Rekonstruktion der Arp Schnitger Orgel der Lutherischen
Kirche in Groningen gegründet. Ihr Ziel ist die Wiederherstellung der vorherigen Orgel in
möglichst authentischer Weise. Die Einweihung ist vorgesehen für den 31. Oktober des
Reformationjahres 2017, genau 500 Jahre nachdem Martin Luther seine 95 Thesen an der
Tür der Schlosskirche zu Wittenberg angeschlagen haben soll und 300 Jahre nach dem
Umbau der ehemaligen Orgel.
Die verschwundene Orgel
Arp Schnitger schenkte 1699 ”seiner” Lutherischen Kirchengemeinde in Groningen eine
zweimanualige Orgel (Haupt- und Brustwerk). 1717 wurde sie – nach einem Plan von
Schnitger – um ein freies Pedalwerk erweitert von seinen Gesellen Jannes Radeker und
Rudolf Garrels. Dieses Instrument wurde leider am Ende des 19. Jahrhunderts entfernt von
der Orgelbaufirma Petrus van Oeckelen und Söhnen.
2001 wurden Kantatendienste wieder eingeführt in der Lutherischen Kirche zu Groningen.
Daraus folgte 2006 die Formierung des Lutherischen Bach Ensembles. Es hat die Absicht
(Bach-)Kantaten laut Einsichten der historischen Praxis aufzuführen. Dabei ist eine
passende Orgel für die Begleitung absolut erforderlich. Die Musikforschung hat ja
klargestellt, dass Johann Sebastian Bach gewöhnlich eine große Orgel mit mindestens zwei
Manualen und freiem Pedal vorausgesetzt und auch genutzt hat als er seine Werke
vorführte.
Rekonstruktion
Nach sorgfältigen Überlegungen hat die Stiftung die Orgelbaufirma von Bernhardt H. Edskes
(Wohlen, Schweiz) auserkoren um die Rekonstruktion durchzuführen. Ausgangspunkt des
Projekts ist die Situation von 1717, aus praktischen Gründen aber mit einem Principal 8' als
Klangbasis der Orgel anstatt des ursprünglichen Principals 4'. Untersuchungen im Archiv
lieferten die Dimensionen und der Klavierumfang der alten Orgel und die überraschend
niedrige Tonlage (Kammerton). Die Disposition war schon aus verschiedenen Quellen
bekannt. Das Gehäuse soll aus massivem Eichenholz angefertigt und versehen werden mit
10
Schnitzereien im Stil vom Groninger Meister Jan de Rijk. Die Untertasten werden mit
Buchsbaum belegt und die Obertasten mit Ebenholz. Die Stiftung versucht die benötigten
Gelder durch Spenden und Fördermittel einzusammeln und durch das 'Adoptieren' von
Orgelpfeifen durch begeisterte Förderer. Weitere Informationen finden Sie auf
http://www.schnitgerorgel2017.nl.
Werk: Praestant 8'; Holpijp 8'; Octaaf 4'; Siffluit 4'; Nasat 3'; Octaaf 2'; Sesquialter II;
Mixtuur IV; Trompet 8'; Vox Humana 8'
Positif: Gedekt 8'; Blokfluit 4'; Octaaf 2'; Woudfluit 2'; Quint 1 1/2'; Scherp; Kromhoorn 8'
Pedal: Praestant 8'; Bourdon 16'; Octaaf 4'; Mixtuur V-VI; Bazuin 16'; Trompet 8'; Cornet 2'
Tremulant, Schiebekoppel, a1 = 415 Hz
Tim Knigge, Groningen
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Zeichnung gehört an diese Stelle
8. Arp Schnitger in Niedersachsen – Doppel-CD mit 64-seitigem Booklet –
Überarbeitete Neuauflage erschien am 16.5.2014
Steinkirchen, Hollern, Ganderkesee und Oederquart - diese Namen stehen für die jüngsten,
sehr gelungenen Restaurierungen von Arp Schnitger-Orgeln in Niedersachsen. Mit
Neueinspielungen an diesen Instrumenten wurde die längst vergriffene Doppel-CD mit
Aufnahmen an den Schnitger-Orgeln Niedersachsens aktualisiert. In neuem Design und mit
12
überarbeitetem 64-seitigem Booklet wurde das CD-Set der Öffentlichkeit am 16. Mai im
Rahmen der Mitgliederversammlung der Arp Schnitger-Gesellschaft präsentiert.
Shinon Nakagawa, Eudalt Danti, Juhee Lee und Tomoko Kitamura spielten die neuen
Aufnahmen ein, vielversprechende Nachwuchstalente, die uns in Zukunft sicherlich
häufiger begegnen werden.
Professor Harald Vogel übernahm wieder die künstlerische Leitung sowie die
Aktualisierung der Texte. Weitere Garanten für Qualität sind Prof. Hans Davidsson und Prof.
Roland Dopfer, alle gemeinsam bürgen für die Qualität der Interpreten, Wahl der Stücke
und Registrierung. Peter Golon ergänzte Texte und redigierte Dispositionen. Die
Projektkoordination lag dieses Mal bei Christoph Schönbeck vom Verein NOMINE.
Als Tonmeister konnte erneut Holger Schlegel vom renommierten Label MDG,
Dabringhaus und Grimm, verpflichtet werden, dadurch wird ein einheitliches Klangbild in
gewohnter MDG-Referenzqualität gewährleistet.
Die Doppel-CD "Arp Schnitger in Niedersachsen" bietet auf 150 Minuten Spielzeit
Aufnahmen der Orgeln in Cappel, Stade, Lüdingworth, Oederquart, Steinkirchen, Hollern,
Mittelnkirchen, Norden, Grasberg, Dedesdorf, Ganderkesee, Weener. Eine Auflistung der
Stücke ist in der anhängenden Trackliste zu finden. Das 64-seitige Booklet enthält Details zu
den Orgeln, Dispositionen, Registrierungen, Farbfotos und mehr. Die Texte sind auf Deutsch
und Englisch verfasst.
Erstmalig arbeiteten bei diesem CD-Projekt die Arp Schnitger-Gesellschaft als
Initiator, die Hochschule für Musik Bremen als künstlerische Quelle und der Verein
NOMINE e.V. als koordinierende Stelle zusammen.
Die CD wurde am 16. Mai auf der Mitgliederversammlung der Arp SchnitgerGesellschaft in Golzwarden der Öffentlichkeit präsentiert. Mitglieder konnten sie dort an
diesem Tag für 10 Euro erwerben. Zum unverbindlich empfohlenen Preis von 14,90 Euro
(zzgl. Porto) ist "Arp Schnitger in Niedersachsen" bei der Arp Schnitger-Gesellschaft (Email:
[email protected]) und bei NOMINE e.V. (T: 04141-77 83 86) erhältlich.
Interessenten aus dem Ausland beachten wegen der guten Versandkonditionen bitte auch
das Angebot von jpc (www.jpc.de).
Christoph Schönbeck
9. Arp Schnitger Institut stellt umfangreiche Datensammlung zu Orgeln und
Lebenswerk Arp Schnitgers erstmals online zur Verfügung
Als Projekt des Arp Schnitger Instituts für Orgel und Orgelbau (ASIOO) ist seit Mitte
September im Internet die Arp-Schnitger-Orgel-Datenbank verfügbar und für eine breite
Öffentlichkeit wie für Forscher, Orgelbauer und -liebhaber kostenlos nutzbar. Erstmals
werden auch Messungen von Orgeln Arp Schnitger’s digital präsentiert, die bereits in den
1930er und 1940er Jahren gemacht wurden.
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Die Arp Schnitger Datenbank enthält alle Informationen der erhaltenen
Schnitger-Orgeln, Beschreibungen, Fotos, Entwürfe usw. auf Deutsch und Englisch, und
auch kurze Klangbeispiele. Es ist eine Web-basierte Datenbank, mit einfachen und
erweiterten Such-Funktionen, die für jeden ohne Kosten zugänglich ist. Die Schnitger
Datenbank wurde im Rahmen des Projektes „Kulturerbe Orgellandschaft Nordwest –
Erhaltung und Pflege der Orgelbaukunst von Arp Schnitger“ von dem Arp Schnitger Institut
für Orgel und Orgelbau an der Hochschule für Künste Bremen herstellt (Laufzeit: 20122014). Das Projekt wurde von der Metropolregion Bremen-Oldenburg finanziert. Eine
Kooperation mit der Universität Göteborg, Göteborg Organ Art Center, ermöglichte den
Aufbau einer Forschungs-Datenbank. Als Teil dieses Projektes wurde die Inventarisierung
der Orgel-Dokumentationen von Gustav Fock (vor 1940) und Rudolf von Beckerath
(1946/47) ausgeführt. Diese Arbeit umfasste auch die Digitalisierung von den Quellen,
sowie die Systematisierung, Transkription und Implementierung in die Datenbank. Texte
aus dem Buch „Arp Schnitger und sein Werk“ (Edskes/Vogel; Hausschildts Verlag, Bremen:
2013) einschließlich Entwürfe und Fotos wurden selektiv eingefügt. Kurze Klangbeispiele
von den Tonaufnahmen aus der Doppel-CD „Arp Schnitger in Niedersachsen (NOMINE/ASG
2014) wurden auch eingefügt.
Kooperations-Partner:
Arp Schnitger Institut für Orgel und Orgelbau, Hochshule für Künste Bremen
Göteborg Organ Art Center, Göteborg Universität, Schweden
Arp Schnitger Gesellschaft e. V.
Stichting Groningen Orgelland, Niederlande
NOMINE (Norddeutsche Orgelmusikkultur in Niedersachsen und Europa)
Finanzierung:
Metropolregion Bremen-Oldenburg
Arp Schnitger Gesellschaft e. V. und Stichting Groningen Orgelland (Übersetzung)
Arbeitsgruppe:
Hans Davidsson, Projektleitung, Hochschule für Künste (HfK) Bremen
Carl-Johan Bergsten, Datenbank-Aubau, GOArt, Schweden
Alf Åslund, Datenbank-Aubau, GOArt, Schweden
Koos van de Linde, Digitalisierung, Forschung und Transkription von den Quellen, HfK
Bremen
Harald Vogel, Digitalisierung von Quellen, Forschung etc
Thomas Ihlenfeldt, Transkription von Quellen, HfK Bremen
Joel Speerstra, Übersetzung auf Englisch, GOArt, Schweden
http://goart-vas-1.it.gu.se/Webgoart/goart/schnitger.php
Hans Davidsson
10. Seit Beginn des Jahres arbeitet der Arp-Schnitger-Kulturerbe e. V.
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Der Verein stellt das Werk des großen Orgelbaumeisters Arp Schnitger und seine Aktualität
bis in die Zukunft in das Zentrum der Aufmerksamkeit.
Der Verein fördert Maßnahmen zur Sicherung und Bewahrung der aus den
Werkstätten Arp Schnitgers erhaltenen Orgelinstrumente. Dazu gehört auch die Förderung
der wissenschaftlichen Aufbereitung, Sammlung und Dokumentation der über die
Schnitger-Orgeln vorhandenen Pläne und Unterlagen sowie des bereits vorhandenen
Schrifttums. Genau so wichtig ist es aber, für das Werk von Arp Schnitger allgemeines
Interesse und Verständnis in einer breiteren Öffentlichkeit zu wecken, denn das
Bewusstsein darüber, welche gewaltige Bedeutung Arp Schnitger als Kulturträger hat, muss
noch stärker in der Gesellschaft verankert werden. Das große Ziel des Vereins ist die
Anerkennung der erhaltenen Schnitger-Orgeln als UNESCO-Weltkulturerbe.
Die Vorbereitung und die Strategieentwicklung für dieses Projekt stehen im
Mittelpunkt der Aktivitäten des Vereins. Somit sind alle Maßnahmen, die geeignet sind, um
die Ernennung des Werkes von Arp Schnitger mit seiner Werkstatt und seiner Schule sowie
der noch vorhandenen Arp-Schnitger-Orgeln als Weltkulturerbe zu erreichen, Zweck des
Vereins. Wichtig ist hier besonders die Einbindung der Orgelzentren in
Nordwestdeutschland und der Provinz Groningen sowie der bestehenden regionalen ArpSchnitger-Gesellschaften und Orgelstiftungen. Der Arp-Schnitger-Gesellschaft in
Golzwarden kommt als Zentrum für die Erschließung des Erbes des Orgelbauers für die
Gegenwart besondere Bedeutung zu. Enge Zusammenarbeit besteht mit der Hochschule für
Künste Bremen, besonders mit der Akademie für Alte Musik und dem Arp-SchnitgerInstitut für Orgel und Orgelbau sowie mit dem Musikfest Bremen, welches mit der
Durchführung des jährlichen Arp-Schnitger-Festivals und des alle zwei Jahre stattfindenden
Arp-Schnitger-Orgelwettbewerbes bereits einen entscheidenden Beitrag zur angemessenen
Würdigung des Werkes von Arp Schnitger in einer breiteren Öffentlichkeit geleistet hat.
Wer repräsentiert den Verein? Als Vorstandsmitglieder wirken Prof. Monika Harms,
Generalbundesanwältin a. D., Walter Theuerkauf, Landrat a. D., Prof. Thomas Albert,
Intendant des Musikfest Bremen und Dr. Matthias Strässner, Leiter Hauptabteilung Kultur
Deutschlandfunk.
Außerdem zeichneten bei der Gründungsversammlung mit: Prof. Dr. Harald Vogel,
Prof. Dr. Manfred Cordes, Annabel Brown und Pastor Helmut Bahlmann.
Die Geschäftsstelle ist in Bremen in neben den Räumen vom Musikfest Bremen eingerichtet
worden.
Der Verein Arp-Schnitger-Kulturerbe e. V. wird regelmäßig im Newsletter der ArpSchnitger-Gesellschaft über seine Aktivitäten berichten.
Kontakt über Matina Lohmüller (Geschäftsführerin), Arp-Schnitger-Kulturerbe e. V.Tel +49
(0) 421-33 66-789, Fax +49 (0) 421-33 66-880; [email protected]
Arp-Schnitger-Kulturerbe e.V. I c/o Musikfest Bremen I Domsheide 3 I D 28195 Bremen
Matina Lohmüller
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11. Schnitger-Festivals und Wettbewerb im Sommer 2014
Das Arp-Schnitger-Festival im Rahmen vom Musikfest Bremen hat sich als das führende
Orgelfestival in Norddeutschland etabliert und hat durch die Präsenz in den Programmen
vom Deutschlandradio einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht.
In diesem Jahr fand zum dritten Mal der Arp-Schnitger-Orgelwettbewerb statt, der
wieder eine international besetzte Jury und hochbegabte junge Organisten aus aller Welt zu
den Schnitger-Orgeln führte. Die Jury bestand aus Bine Katrine Bryndorf (Dänemark), HansOla Ericsson (Schweden/Kanada), David Higgs (USA), Stephan Leuthold (dem neuen
Bremer Domorganisten), Ludger Lohmann (Stuttgart), Tomoko Miyamoto (Japan), Jacques
van Oortmerssen (Niederlande), Jakyung Oh (Südkorea) und William Porter (Kanada). Der
Wettbewerb stand unter dem Vorsitz von Hans Davidsson (Schweden). Die Teilnehmer
stammten aus Deutschland, Japan, Kanada, den Niederlanden, Russland, Südkorea, Ungarn
und den USA. Zusammen mit einem Team von Registranten aus vier Kontinenten entstand
ein intensiver künstlerischer Erfahrungsaustausch mit den Orgeln in Lüdingworth,
Altenbruch, Hamburg-St. Jacobi und -St. Katharinen, Hollern und Steinkirchen. Der
Wettbewerb dauerte mit einer angemessenen Vorbereitungszeit insgesamt zwei Wochen
vom 18. bis zum 31. August. Die Vision einer musikalischen Erfahrung "aus erster Hand"
mit den einigen der besten historischen Orgeln Norddeutschlands wurde voll umgesetzt.
Die hohen Preisgelder waren sehr attraktiv und haben den Wettbewerb in die erste Reihe
der internationalen Nachwuchsförderung gebracht. Der erste Preis mit € 10.000,- ging an
Hee Jin Kim aus Südkorea.
Das Arp-Schnitger-Festival war - wie in den Vorjahren - vom Intendanten des
Bremer Musikfestes, Thomas Albert, initiiert und vorbereitet worden. Es begann am 7.
September mit einem Konzert in Ganderkesee, das dem 90-jährigen Klaus Huber, einem der
bedeutendsten heutigen Komponisten gewidmet war. Hier wurde eine wichtige Brücke
zwischen der norddeutschen Tradition und der Gegenwartskunst geschlagen.
Hervorzuheben ist die Orgelexkursion nach Groningen, wo die drei Schnitger-Orgeln in der
Martinikerk, der Aa-kerk und der Pelstergasthuiskerk im Vergleich zu hören waren. Es
spielten die kürzlich berufenen Titularorganisten der Martiniorgel: Leo van Doeselaar und
Erwin Wiersinga. Sven-Ingvart Mikkelsen (Organist der berühmten Compenius-Orgel im
dänischen Schloss Frederiksborg) konzertierte in Grasberg, Edoardo Bellotti an "Schnitgers
Königin" in Cappel und Hans Davidsson stellte die gerade restaurierte Orgel des SchnitgerSchülers Christian Vater in Wiefelstede vor.
Der krönende Abschluss war die "Große Hamburgische Kirchenmusik" in HamburgSt. Jacobi zum Tag des offenen Denkmals am 14. September. Hier musizierten das Gesualdo
Consort Amsterdam, das Bläserensemble Oltromontano, das Arp-Schnitger-Ensemble und
Harald Vogel an der Schnitger-Orgel. Bei großbesetzten mehrchörigen Werken von Gabrieli,
Schütz und dem Hamburger Kantor Thomas Selle waren die Musiker an vier verschiedenen
Orten im Raum aufgestellt. Einen Kontrast bildete die feingliedrige Polyphonie des
Amsterdamer Meisters Jan Pieterszoon Sweelinck. Höhepunkt war die Aufführung des
doppelchörigen Magnificats im 2. Ton von Hieronymus Praetorius mit den Orgelversen von
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Heinrich Scheidemann. Praetorius wirkte um 1600 an St. Jacobi in Hamburg und erhielt
bereits zu Lebzeiten eine gedruckte Gesamtausgabe seiner Vokalwerke - eine Rarität in
Europa. Der Sweelinckschüler Heinrich Scheidemann war Organist an St. Katharinen in
Hamburg und pflegte den "mehrchörigen" Orgelstil, der die norddeutsche Orgelkunst zu
einen ersten Höhepunkt brachte. Das vokal-instrumental ausgeführte doppelchörige
Magnificat mit den kunstvollen Orgelversen ist ein Werk von fast halbstündiger Dauer und
war nach einer Aufführung vor fast 40 Jahren in Stade zum ersten Mal wieder zu hören. Die
Aufnahme der Großen Hamburgischen Kirchenmusik wird demnächst als CD
herauskommen.
Vom 16. bis zum 19. Oktober fand in Groningen zum ersten Mal ein SchnitgerFestival statt. Dabei wurde der Reichtum der Orgelstadt Groningen mit mehreren
Konzerten pro Tag präsentiert. Hervorgehoben werden kann das Konzert mit Werken von
Johann Sebastian Bach in der Martinikerk mit dem Luthers Bach Ensemble aus Groningen
und Wolfgang Zerer an der Schnitger-Orgel. Im Mittelpunkt des Abschlusskonzerts am 19.
Oktober stand der Jubilar Franz Tunder, der vor 400 Jahren geboren wurde. Ein Höhepunkt
war die Aufführung des Magnificats im 8. Ton mit den doppelchörigen Versen von
Hieronymus Praetorius und den Orgelversen von Heinrich Scheidemann. Hier ergab sich
ein interessanter Vergleich mit der Aufführung des Magnificats im 2. Ton in Hamburg-St.
Jacobi einen Monat zuvor. Die Ausführenden waren das vorzügliche belgische
Vokalensemble Vox Luminis und Harald Vogel an der Schnitger-Orgel.
Hans Davidsson
12. Bericht von dem dritten Preisträger des Schnitger-Wettbewerbs (Mark
McDonald)
Im vergangenen August hatte ich die Gelegenheit, den Arp-Schnitger-Orgelwettbewerb als
Teilnehmer mitzuerleben. Für die 15 Konkurrenten bedeutete es zwei Wochen intensiver
Arbeit, ein großes Programm mit norddeutscher Orgelmusik auf fünf schönen Instrumenten
der Schnitger-Tradition vorzubereiten. Die erste Runde konzentrierte sich auf die drei
hervorragenden Orgeln von Schnitger und Klapmeyer in Cappel, Lüdingworth und
Altenbruch. Unsere bunte Gruppe von Teilnehmern aus aller Welt wurde dabei von einem
engagierten Team von Gastfamilien, Fahrern und Registranten unterstützt, die uns während
der anstrengenden Woche des Übens und Vorbereitens vielfältige Hilfe leisteten. Für mich,
der ich das Glück hatte, schon vorher in Bremen studiert zu haben, wurde diese Woche zu
einer Art Heimkehr: Ich machte mich wieder mit den wunderbaren Klängen und
Klangfarben vertraut, die ich seit meiner Zeit als Student an der HfK Bremen so liebe.
Diejenigen von uns, die an der Endrunde in Hamburg teilnehmen durften, sahen sich
vor die Herausforderung gestellt, Konzertprogramme auf den monumentalen Orgeln von St.
Katharinen und St. Jacobi auszuarbeiten. Für mich war es ein besonderer Höhepunkt, meine
Interpretation der Werke von drei der großen Hamburger Organisten, nämlich Heinrich
Scheidemann, Johann Adam Reincken und Mathias Weckmann, in Räumen zu spielen, in
denen sie lebten und wirkten. Ich war auch stolz darauf, ein spezielles Werk des
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schwedisch-kanadischen Komponisten Bengt Hambraeus vorzustellen, quasi als kleiner
Hinweis auf meine eigenen Wurzeln in Montreal.
Den von der Arp Schnitger-Gesellschaft vergebenen 3. Preis gewonnen zu haben,
bedeutet mir sehr viel. Als Interpret danke ich der Gesellschaft für ihre aktiven
Bemühungen um die Erhaltung dieser außergewöhnlichen Instrumente und die Förderung
des Interesses an ihnen. So können Menschen aus aller Welt zu ihnen kommen und von
ihren einzigartigen Stimmen lernen. Ich werde die Erfahrungen, die ich bei dem
Wettbewerb machen konnte, immer in bester Erinnerung behalten und freue mich darauf,
bald wieder die wunderbaren Schnitger-Klänge zu genießen
Marc McDonald
13. KULTURERBE und KLANGGEDÄCHTNIS: Internationale Konferenz zur
Erforschung und Erhaltung der historischen Orgeln Norddeutschlands (23.02.2014)
Die o.g. vom ASIOO der HfK ausgerichtete Tagung hatte mit ca. 50 Teilnehmern eine
erstaunlich gute Resonanz. Unter den Gästen und Vortragenden befanden sich
Orgelsachverständige, Orgelbauer, Wissenschaftler, Organisten, Enthusiasten und
Liebhaber der Orgelkunst aus ganz Deutschland, den Niederlanden und Schweden. Die
Konferenz beleuchtete die derzeitigen Arbeitsfelder des Arp-Schnitger-Instituts an der
Hochschule für Künste Bremen und stellte diese vor einer großen Zahl von Orgelexperten
zur Diskussion, was der Vorsitzende des Instituts, Prof. Dr. Hans Davidsson, als „offene
Küche“ bezeichnete.
Im ersten Programmteil der Konferenz (Dokumentation historischer Orgeln) stellten
Reinhard Böllmann (München) und Koos van de Linde (ASIOO Bremen) verschiedene
Aspekte der Dokumentation einzelner Instrumente vor: Die Orgel von Buttforde wurde aus
der Kirche in die Werkstatt des mit der Restaurierung beauftragten Orgelbauers Hendrik
Ahrend transportiert und konnte dort unter ausgezeichneten Bedingungen ausgiebig
vermessen werden, auch der Vergleich des Zustandes vor und nach der Restaurierung ist
weitgehend dokumentiert (Reinhard Böllmann) und damit für folgende Generationen
nachvollziehbar. Eine internationale Referenzgruppe hat dieses Projekt begleitet, die
Publikation soll noch im 2015 erscheinen.
Anders verhält es sich mit der Arbeit, die Koos van de Linde derzeit in Langwarden
durchführt. Hier bleibt das Instrument in der Kirche und soll sogar während der
Restaurierung (eingeschränkt) benutzbar bleiben. Dieses erschwert natürlich die
Dokumentation. Van de Linde beschrieb verschiedene Techniken (u.a. 3 D-Zeichnungen),
um dennoch ein möglichst vollständiges Bild von der Konstruktion des Instrumentes
gewinnen zu können.
Dr. Erkin Atsutay von der Chalmers University of Technologie (Göteborg) lenkte den Blick
anschließend auf einen bisher wenig beachteten Aspekt der Orgelforschung: die Sensorik
des Tastenanschlags und dem damit verbundenen – freilich individuell empfundenen –
Spielgefühl des Organisten. Er erläuterte eine Versuchsreihe, um die verschiedenen
Parameter (Tastendruck, und -weg, Anschlagsgeschwindigkeit etc.) zu objektivieren.
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Der zweite Programmteil der Konferenz thematisierte Aktivitäten um das Erbe des
berühmten Orgelbaumeisters Arp Schnitger. Anstelle des erkrankten Carl Johan Bergsten
(Göteborg) stellten Hans Davidsson und Koos van de Linde gemeinsam den Stand der
Datenbank vor, die im Zuge eines Drittmittelprojektes (Metropolregion Bremen-Oldenburg)
eingerichtet und installiert wurde. Die Implantation der historischen Archivbestände von
Gustav Fock und Rudolf von Beckerath wurde präsentiert, ebenso die lückenlose für den
Laien informative wie für den Spezialisten in immer weitere Verästelungen (Gravuren,
Mensurverläufe, Bearbeitungsspuren etc.) vordringende Dokumentation aller Instrumente,
die mit dem Namen Arp Schnitger in Verbindung stehen.
Martin Böcker präsentierte in der Folge eine Wiederentdeckung: im Zuge von
Restaurierungsarbeiten durch den Orgelbauer Rowan West an der Orgel in Oederquart
konnte ein Register (Principal 8‘) im Prospekt des Instrumentes als von Schnitger
stammend identifiziert werden, es handelt sich um zinnreiches Pfeifenmaterial.
Prof. Dr. Harald Vogel weist in seinem Vortrag anhand von 20 Thesen auf die Bedeutung
der Klangdokumentation hin. Durch die moderne Technik sei es seit Jahrzehnten möglich
Klangvergleiche vom Zustand vor und nach der Restaurierung, in einigen Fällen sogar nach
der Re-restaurierung herzustellen. Er verweist dabei auf das Beispiel der Schnitger-Orgel in
Der Aa-Kerk zu Groningen. Es müsse eine Systematik entwickelt werden, die diese
Klangvergleiche objektiviere, indem sie für alle Tonaufzeichnungen vergleichbare
Bedingungen herstelle. In jedem Fall sei die Registrierung immer zu dokumentieren.
Der Leiter des Musikfestes, Prof. Thomas Albert, berichtet über die Aktivitäten des vor
wenigen Monaten gegründeten Vereins „Weltkulturerbe Arp Schnitger e.V.“ Innerhalb sehr
kurzer Zeit sei es gelungen politische und wirtschaftliche Kräfte zu bündeln, die allesamt
das Thema Arp Schnitger als für die Identität der nordwestdeutschen Kulturlandschaft sehr
bedeutend einstuften. Im Verbund mit den weiteren Aktivitäten des Musikfestes (ArpSchnitger-Festival mit Konzerten an den bedeutenden Orgeln, Arp-SchnitgerOrgelwettbewerb mit einer international besetzten Jury) strebe man mittelfristig an, das
Erbe des bedeutendsten norddeutschen Orgelbaumeisters – mit europäischer (Niederlande,
Portugal) und sogar internationaler Dimension (Brasilien) – mit dem UNESCO Welterbe –
Sigel anerkennen zu lassen.
Der dritte Programmteil war dem Bericht über und der Diskussion von Phänomenen
gewidmet, die in jüngster Zeit an vielen historischen Orgeln beobachtet werden:
Metallkorrosion und Schimmelbefall. Zunächst stellte Dr. Herbert Juling
(Materialprüfungsanstalt Bremen) erste Ergebnisse aus einem Pilotprojekt vor, das den
Befall an den im Gebiet der Metropolregion Nordwest befindlichen Instrumenten in Belum
(Nähe Cuxhaven) und Marienhafe (bei Diepholz) wissenschaftlich untersucht. Mithilfe
spezieller Messinstrumente und Sensoren werde das Klima in den Kirchen, insbesondere
aber an und auch in den Orgeln einer genauen Untersuchung unterzogen. Dabei spielen die
Übergangsjahreszeiten sowie die Heizungs- und Lüftungsgewohnheiten eine große Rolle
und werden minutiös dokumentiert. In diesem Zusammenhang werden auch erste
Materialbefunde korrodierter Pfeifen vorgestellt, die dazu erforderlichen Untersuchungen
werden durch das Bremer IFAM Fraunhofer mithilfe modernster Messtechniken
durchgeführt.
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Der Vortrag von Burkhard Goethe, Orgelsachverständiger der Evangelischen Landeskirche
Württemberg zeigt, dass die Probleme mit Schimmelbefall keineswegs auf den
Norddeutschen Raum beschränkt sind. Goethe zeigt eindrucksvolle Fotos von befallenen
Instrumenten und verweist auf in den letzten Jahrzehnten veränderte
Nutzungsbedingungen der Kirchenräume (Frequenz und Besuch der Gottesdienste,
Heizungsanlagen, Isolierungen) vor allem aber auch auf die kontinuierlich ansteigende
Luftfeuchtigkeit, auf warme Winter und feuchte Sommer, wie sie letztlich dem Klimawandel
zuzuschreiben sind. Diese Ausführungen und Beobachtungen werden durch Heiko Seidel,
Baubeauftragter der Evangelischen Kirche Norddeutschlands, ergänzt und bestätigt.
Unter lebhafter Beteiligung insbesondere der anwesenden Orgelbauer werden zum
Abschluss der Konferenz die Aufgaben und Themenstellungen der zukünftigen Forschung
angesprochen. Zunächst skizziert Prof. Dr. Hans Davidsson ein EU-Projekt (horizon 2020),
an dem das Bremer Institut sich beteiligen wird. Hier geht es insbesondere um die
Erforschung von Schutzmaßnahmen für die Metallpfeifen (Korrosion von Blei und Zinn)
und für das Holz (Schimmel) , auch um die Frage, inwieweit sich Materialien, die in der
jüngsten Vergangenheit entwickelt wurden (Plasma-, Nanotechnologie) für die wertvollen
historischen Instrumente anwendbar sind.
Prof. Dr. Manfred Cordes, der maßgeblich das oben beschriebene regionale ForschungsPilotprojekt initiierte, sammelte zum Abschluss der Konferenz die die anwesenden
Orgelrevisoren, -sachverständigen und Orgelbauer besonders interessierenden Fragen, um
diese in einem weiteren, den norddeutschen Raum betreffenden Forschungsprojekt (Antrag
VW-Stiftung) in Absprache mit den verantwortlichen Denkmalschutzbehörden und den
Kirchen bündeln zu können.Dabei wurden insbesondere genannt:
 Aufstellung eines „Katasters“, um einen Überblick über die Schäden zu erhalten
 Anhand von ausgewählten Fallbeispielen (10-15 Instrumente) Untersuchungen
über:
 Auswirkungen der Außenluft (Seeklima / landwirtschaftl. Nutzung (Ammoniak) auf
das Klima in der Kirche und die in ihr aufgestellten Kulturgüter
 Auswirkungen des Klimawandels (erhöhte Luftfeuchtigkeit s.o.)
 Auftrag von Farbanstrichen in den Kirchenräumen (chemisches Klima)
 Holzuntersuchungen („Halbwertszeit“ der Essigsäure-Ausdünstungen, möglicher
Einfluss des Proteingehalts, Schutzwirkung von - historischen – Kreidemischungen,
Ausstreichen der Windladen)
 Einbeziehung laufender Versuche mit temporärer Änderung der Motorlaufrichtung
(Saugfunktion, Beispiel Marienhafe)
 Einbeziehung positiver Beispiele, bei denen durch intelligente Lüftungssysteme
Korrosions- und Schimmelbildung gestoppt werden konnte.
Manfred Cordes
14. Cappel: Kirchenfotos gesucht!
Im Jahr 2016 feiert die Schnitger-Orgel in Cappel ein besonderes Jubiläum: Dann steht das
Instrument 200 Jahre in der St.-Peter-und-Paul-Kirche. 1816 wurde sie als Ersatz für eine
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bei einem Brand vernichtete Orgel in Hamburg gekauft, wo sie ursprünglich 1680 für die St.
Johannis-Kirche gebaut worden war.
Der Förderverein der Arp-Schnitger-Orgel und der Kirchenvorstand werde aus diesem
Anlass eine Festschrift veröffentlichen. Für die Bilddokumentation werden noch alte Fotos
gesucht (Außen- und Innenansichten der Kirche, speziell Orgelfotos). Wer interessantes
Bildmaterial besitzt, möge sich bitte an die Kirchenvorsteherin Frau Almut Harrs wenden
(Tel. (0)4741-1314, Mail [email protected]). Nach dem Einscannen werden die Fotos
sofort an die Eigentümer zurückgeschickt.
Dorothea Schröder
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