Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Lehr- und Lernskriptum TOMA Für die 4 Klasse HLT Mag. Josef Wanas St. Pölten 2006 1 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas 1. Marktforschung, Informationsbeschaffung Intensiv 1.1. Information und Marketingpolitik 1.1.1. Begriffe Marketing ist ein Unternehmensführungskonzept, das zur Erreichung der Unternehmensziele alle betrieblichen Aktivitäten konsequent auf die Erfordernisse der Absatzmärkte ausrichtet. Marketinginformationen sind alle jene Informationen, die für die Ziel- und Instrumentalplanung im Marketing wichtig bzw. relevant sind. In der Praxis wird die Marktforschung nach den Untersuchungs- bzw. nach den Erhebungsmethoden untergliedert. Qualitative Mafo Quantitative Mafo Ad-hoc Mafo Tracking Forschung Testmarktforschung Weiters werden die Güter oder die Märte zur Beschreibung der Mafo herangezogen Pharmaforschung Finanzmarktforschung Handelsforschung Usw. 1.1.2. Der Marktforschungsprozess Zunächst wir einmal die Aufgabenstellung klar definiert. D.h. welches Informationsproblem habe ich vor mir. Aus diesem definierten Informationsproblem werden Untersuchungsziel und Untersuchungsgegenstand abgeleitet. 2 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Vereinfacht: Wo fehlt es mir an Information, damit ich Entscheidungen treffen kann um meine Ziele zu verwirklichen. Wenn ich weiß welche Informationen mir fehlen kann ich einengen, ich kann mir z.B. einen Problemkatalog erstellen um mir noch klarer zu werden. Wenn der Problemkatalog fertig gestellt ist und ich genau weiß „Was“ ich untersuchen will und in welchem „Ausmaß“ ich es untersuchen will, kann ich die Informationsquellen festlegen. D.h. welche Primärquellen muss ich erschließen und welche Sekundärquellen. Dabei kann ich nun auch festlegen welchen Zeit- und Kostenaufwand ich benötige. Dies legt nun wiederum die Methode fest, die ich auswähle um die Informationen zu gewinnen. Die Methode wird nun wiederum nach den verfügbaren Ressourcen, aber auch durch die Genauigkeit, Art und Umfang der benötigten Daten bestimmt. Danach wird der Erhebungsrahmen bestimmt. D.h. Aufbau und Entwicklung des Fragebogens, Anlage und Ablauf eines Experiments. Dann muss geklärt werden wer die Erhebungen durchführt. Intern oder extern Die Ergebnisse müssen ausgewertet werden, dafür muss ich das Auswertverfahren festlegen. Zum Schluss müssen die Ergebnisse noch interpretiert werden 3 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Marketingproblem Erkennung und Definition Des Informationsbedarfs Präsentation Bestimmung der Infoquellen Aufbereiten und Ausarbeiten Erheben der Information Bestimmung des Mafo - Designs Gestalten des Erhebungsrahmens Abb. Optimaler Ablauf eines Marktforschungsprozesses 1.2. Datenquellen und Datenmessung 1.2.1. Grundgesamtheit und Stichprobenauswahl Um in der „field research“ oder Primärforschung Daten zu erheben, müssen wir die Informationen vor Ort, also direkt am Ort des Geschehens, beim Kunden bekommen. Dafür stehen uns zwei verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung Befragung Beobachtung Die nächste Frage die wir uns nun stellen müssen ist die, wen wollen oder müssen wir befragen oder beobachten, denn uns interessieren ja nicht immer die Informationen von allen. Sehr häufig haben wir natürlich Schwierigkeiten bei der Abgrenzung. 4 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Wenn wir z.B. das Einkaufsverhalten von Sportartikel von Läufern untersuchen. Wer ist aller ein Läufer. Können wir den Hobbyläufer mit dem Marathonläufer und den austrainierten Athleten mit dem bierbäuchigen Otto Normalverbraucher in einen Sack tun? Wer ist denn nun wirklich der Läufer. Allerdings müssen wir wieder beachten wie viele Spitzenathleten gibt es und wie viele Otto´s? Was will ich jetzt wirklich wissen. Untersuchungsergebnisse können durch die Auswahl der Stichprobe massiv beeinträchtigt werden. Orientieren wir uns bei der Auswahl der Stichprobe zu sehr an den Marathonläufer, dann werden wir verallgemeinernd sicherlich völlig falsche Aussagen treffen. Nehmen Sie z.B an, sie befragen Zigarettenraucher nach ihrem Gesundheitszustand. Dabei suchen Sie sich nur jene aus, die nicht krank sind. Das Ergebnis würde zeigen, dass Rauchen nicht krank macht. Nehmen sie aber an, sie führen die Befragung von Zigarettenrauchern in einer Lungenheilanstalt durch, dann würde ebenfalls ein falsches Ergebnis herauskommen, nämlich, dass alle Raucher Lungenkrank sind. Die Grundgesamtheit: Die Grundgesamtheit sind alle Individuen die per Definition einbezogen worden sind. Wenn ich männliche Raucher in St.Pölten untersuche, dann sind es eben alle rauchenden Männer in der Stadt St.Pölten. Es wäre nun interessant, die Größe der Grundgesamtheit zu kennen, denn daraus leiten sich viele statistische und erhebungstechnische Schritte ab. Z.B. die Größe der Stichprobe, oder ob ich überhaupt eine Vollerhebung durchführen werden. Eine wirklich genaue Aussage kann ich nur treffen, wenn ich alle Individuen aus der Grundgesamtheit befrage. Das geht aber nur wenn der Kreis der zu Befragenden sehr klein ist. So genannte Vollerhebungen sind natürlich viel zu 5 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas umfangreich und zu teuer, vor allem bei großen Grundgesamtheiten. Z.B. alle Einwohner Europas. In so einem Fall machen wir eine Teilerhebung, wir beschränken uns auf einen kleinen Kreis, der als „Stichprobe“ bezeichnet wird. Die Stichprobe muss aber so ausgewählt werden, dass aus dem Ergebnis der Teilerhebung so exakt wie möglich auf die Grundgesamtheit geschlossen werden kann, dann ist die Stichprobe „repräsentativ“ Merke: Eine Stichprobe ist dann repräsentativ, wenn sie in der Verteilung aller untersuchungsrelevanten Merkmale der Grundgesamtheit entspricht. Damit kann ein zutreffender Rückschluss auf die Grundgesamtheit erfolgen Wie wählen wir nun eine Stichprobe aus: a. entweder zufällig b. oder bewusst 1.2.2 zufällige Auswahl der Stichprobe rein zufällige Auswahl: jedes Element der Grundgesamtheit muss die gleiche Wahrscheinlichkeit haben in die Stichprobe zu kommen und die Wahrscheinlichkeit muss größer 0 sein. Das ist doch recht kompliziert: Wie sollen wir eine „richtige“ rein zufällige Auswahl aller Männer von St. Pölten durchführen. Denken Sie darüber nach!! Eine Grundgesamtheit ist meist nicht vollständig und nicht zugänglich! In der Praxis nimmt man das in Kauf und ersetzt die Unzugänglichen und die Verweigerer mit Ersatzindividuen (bis zu 30% sind vertretbar) die geschichtete Zufallsauswahl: 6 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Die Grundgesamtheit wird in mehrere Untergruppen aufgeteilt, sie wird geschichtet. Aus den Schichten werden dann jeweils separate Stichproben gebildet. Vor allem dann, wenn die Grundgesamtheit nicht homogen ist!! Versuche diese Aussage mit eigenen Worten zu erklären, was könnte eine nicht homogene, also eine heterogene Grundgesamtheit sein?? Klumpenauswahl (cluster sampling) Die Grundgesamtheit kann in so genannte Klumpen (cluster) unterteilt werden. Z.B. die Einwohner einer Region können in Dörfern „geklumpt“ werden. Nun nimmt man per Zufallsauswahl eine bestimmt Anzahl von Klumpen her und nimmt dort „alle“ Elemente in die Stichprobe auf. D.h. Sie wählen dann im Weinviertel zufällig 10 Dörfer aus und befragen dann alle Einwohner dieser 10 Dörfer. Die Gefahr dabei ist, dass die Cluster recht homogen sind, aber von der Grundgesamtheit stark abweichen. Nehmen Sie z.B. an Sie finden in einem Ort einen extrem hohen Anteil an alten Personen! Dann haben Sie unter Umständen eine Ergebnisverzerrung. 1.2.3 bewusste Auswahl der Stichprobe das Sample (die Stichprobe) wird in diesem Fall bewusst konstruiert. Quota – Verfahren Setzt die Kenntnis der Merkmale und ihrer anteiligen Verteilung in der Grundgesamtheit voraus. Z.B. ich kenne die Merkmale des Geschlechts, es gibt eben nur Männer oder Frauen und ich kenne aus der Volkszählung die Verteilung 45% Männer und 55% Frauen. D.h. Merkmal und Verteilung sind bekannt. Oft ist mir z.B. auch die Verteilung des Alters bekannt. Wir können daher einen Quotierungsplan ausarbeiten. Wir müssen 12 Befragungen durchführen 6 davon im Bezirk St. Pölten Land 7 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas 6 davon in St.Pölten Stadt 7 männliche 5 weibliche 2 Personen zwischen 16 – 25 a 5 Personen zwischen 26 – 35 a 4 Personen zwischen 36 -45 a 1 Person zwischen 46 – 55 a 3 Arbeiter 4 Angestellte 1 Freiberufler 4 Nicht Erwerbstätige Vorteile: Das Quotaverfahren ist kostengünstig und schneller, vor allem dann, wenn die Zufallsauswahl nicht mehr möglich ist, oder zu teuer ist. Nachteile: Statistische Fehlerberechnung ist nicht möglich Keine Testverfahren möglich Viele Quotierungsmerkmale sind uns ja nicht bekannt Praktisch können nur wenige Merkmale quotiert werden, da es sonst zu aufwendig wird Hohe Gefahr durch Verzerrung vom Interviewer. 1.3. Fehler und Genauigkeit In der Marktforschung treten natürlich auch Fehler auf, die das Ergebnis beeinträchtigen. Welche Fehler unterscheiden wir nun 8 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Zufallsfehler: das sind Fehler die gleichmäßig um einen richtigen Wert streuen. Da sie sowohl nach rechts wie nach links streuen, gleichen sie sich aus. Systematische Fehler: das sind Fehler sie nicht um einen wahren Wert streuen, sondern sich in eine bestimmte Richtung konzentrieren. Für uns interessant: Der „Zufallsfehler“, das ist der berechenbare Fehler. D.h. der Stichprobenfehler bei Zufallsauswahl. Zufallsfehler: Wenn man eine Stichprobe nimmt, dann ist klar, dass der Wert auf den geschlossen wird, nie so genau sein kann wie wenn man eine Vollerhebung durchführt. Die Frage die sich stellt ist die, wie muss nun eine Stichprobe ausgewählt werden, damit eine bestimmte Stichprobenabweichung nicht überschritten wird. Für den Marktforscher stellt sich das Problem von folgender Seite: Wie genau muss das Stichprobenergebnis sein (Streuung) Mit welcher Sicherheit soll die Aussage getroffen werden (Wahrscheinlichkeit) n = t2.p.q/e2 n = Stichprobengröße t2 = Sicherheitsfaktor t = 1 dann sind 68,3% der Stichprobenergebnisse im Sicherheitsbereich t = 2 dann sind 95,5% w.o. t = 3 dann sind 99,7% w.o. t = 3,29 dann sind 99,9% wo p = jene Elemente die die Merkmalsausprägung aufweisen 9 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas q = jene Elemente die die Merkmalsausprägung nicht aufweisen da in der Praxis p und q nicht bekannt sind, muss der ungünstigste Fall angenommen werden und das ist je 50% e = der Statistische Fehler, d.h. das Stichprobenergebnis sollte auf +-5% genau sein. Also: Ich möchte einen maximalen statistischen Fehler von 5% Und ich möchte eine 99,7% Sicherheit, d.h. von 1000 Stichproben fallen 997 in den zulässigen Fehlerbereich d.h. t = 3 n = 9 .50. 50/25 = 900 Wenn ich den gleichen maximalen statistischen Fehler von 5% akzeptiere aber nur eine 95,5% Sicherheit brauche, d.h. von 1000 Stichproben fallen 955 in den zulässigen Fahlerbereich t = 2 wie groß muss dann die Stichprobe sein? n = 4 . 50 . 50 / 25 = 400 Wir sehen, dass der Umfang der Stichprobe vom Umfang der Grundgesamtheit unabhängig ist!! Achtung wenn Sie die Stichprobe vervierfachen, dann nimmt die Güte nur um das doppelte zu! Merke: In den meisten Fällen reicht eine Stichprobe von 400 bei einer großen Grundgesamtheit aus! Systematische Fehler (BIAS) 10 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Fehler im Befragungssystem, die mit dem Gesetz der großen Zahlen (Statistik) nicht korrigiert oder berechnet werden können. Systematische Fehler werden meist verursacht durch: Marktforscher, z.B. durch falsche Unterlagen, fehlerhafte Erhebungsstrategie, falsche Fragebogengestaltung, Fehler in der Ausarbeitung oder Fehler in der Interpretation der Daten bzw. der Ergebnisse Interviewer: Falsche Auswahlplan, Verzerrung von Antworten, Antworten in den Mund legen etc. Befragten: Antwortverweigerung, gezielte Falschantworten 1.4. Skalierung Es geht bei diesem Messverfahren nicht beobachtbare Sachverhalte, die in der Person wirksam werden (Einstellungen, Bevorzugungen, Wertvorstellungen, Gefühle) zu messen. Es wird also versucht, qualitative Merkmale in quantitative Größen zu transformieren. Wir unterscheiden: Selbsteinstufungsverfahren und Fremdeinstufungsverfahren 1.4.1. Selbsteinstufungsverfahren. Die am häufigsten einsetzte Skala ist die „Ratingskala“. Dabei wird eine numerische, verbale, graphische oder kombinierte Form vorgegeben. Die Antworten werden dann Zahlenwerten zugeordnet. 11 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Achten Sie darauf, dass Sie immer Werte von 4 – max 7 Stufen vorgeben, damit die Unterscheidungsfähigkeit des Kunden (Diskriminationsfähigkeit) nicht überstrapaziert wird. Achtung auf Mittelwertbildung. Wenn Sie 4 oder 6 Skalenwerte haben, dann muss sich der Befragte entweder für positiv oder für negativ entscheiden, wenn Sie eine ungerade Zahl von Skalenwerten wählen, dann kann der Befragte sich auf einen neutralen Wert zurückziehen. 3, 5 oder 7 Werte. Beides ist möglich und hat Vor- und Nachteile. Verschiedene Ratingskalen Gefällt mir sehr gut Gefällt mir gar nicht Reines Kontinuum, Befrager macht irgendwohin ein Kreuzerl Gefällt mir sehr gut Gefällt mir gar nicht Monopolare Skala mit Zahlenvorgabe und Extrembeschreibung 1 2 Stimme ich voll zu Stimme eher zu 3 Ich weiß nicht 4 5 Stimme eher nicht zu Stimme keinesfalls zu Monopolare Skala mit verbaler Beschreibung der Antwortabstufungen Trifft voll zu Trift nicht zu Monopolare Skala mit graphischer Unterstützung preisgünstig Sehr teuer Bipolare Skala -2 -1 Zustimmung 0 +1 +2 Ablehnung Graphische Skala Würde ich kaufen Flächenskala Würde ich kaufen Würde ich kaufen Würde ich kaufen Würde ich kaufen Würde ich kaufen 1.4.2. Fremdeinstufungsverfahren Bei der Selbsteinstufung wird dem Befragten eine einzelne Frage gestellt, anhand deren er sich nun selbst einschätzen kann. 12 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas z.B. Ich bin ein Feinschmecker 0 stimme ich überhaupt nicht zu 1 stimme ich teilweise zu 2 stimme ich eher schon zu 3 trifft auf alle Fälle zu Beim Fremdeinstufungsverfahren werden zu diesem Fragekomplex jetzt verschiedene Fragestellungen angeboten. Aus der Auswertung der verschiedenen Antwortmöglichkeit schätzt nun der Befrager den Befragten ein. z. B. Fragekomplex I Legen Sie Wert auf Lebensmittel regionaler Herkunft 0 lege überhaupt keinen Wert 1 manchmal 2 häufig 3 lege absolut drauf Wert Fragekomplex II Legen Sie Wert auf eine Eintragung in Gastronomieführern A lege keinen Wert B manchmal C eher schon D lege absolut Wert Fragekomplex III Legen Sie Wert auf eine Auszeichnung (Hauben) I lege keinerlei Wert II sehr selten 13 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas III oft IV lege absoluten Wert Aus der Kombination der drei Fragekomplexe kann nun der Befrager nach seinem System eine Positionierung des Befragten durchführen. Z.B. was sagen die Werte: 3, D, IV aus, oder 0, A, I Weiters Beispiel: das Semantische Differenzial Das semantische Differenzial wurde zur Analyse von Wortbedeutungen entwickelt. Es werden Begriffe mit sehr gegensätzlicher Bedeutung gewählt, die durch eine 7 Stufige Skala voneinander getrennt werden. Der Befragte kann nun wählen wie der jeweilige Ausdruck seinem Empfinden nach die Bedeutung trifft. Im deutschen Sprachraum als Polaritätenprofil bekannt. 14 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas 3 2 1 0 1 2 alltäglich 3 festlich gut schlecht fade prickelnd gewöhnlich ungewöhnlich schwach power nüchtern verträumt günstig teuer Semantisches Differential einer Sektmarke 1.5. Gütekriterien einer Befragung Die Güte einer Befragung lässt sich durch folgende 3 Punkte ausdrücken Objektivität Reliabilität Validität 1.5.1. Die Objektivität Eine Befragung ist dann objektiv, wenn die Ergebnisse der Befragung unabhängig vom Marktforscher sind, d.h. also von der Person des Marktforschers nicht beeinflusst werden. Es müsste dasselbe Ergebnis herauskommen wenn ein anderer Marktforscher mit der gleichen Methodik arbeitet. 15 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Sowohl die Durchführung, die Auswertung und die Interpretation muss objektiv sein. Daher muss vor der Befragung die Methodik klar formuliert werden. Vor allem in Hinblick auf Projektarbeiten oder sonstige wissenschaftliche Arbeiten!! Die Methode muss auch für Dritte klar erkennbar sein und auch nachvollziehbar, bzw. muss wiederholt werden können. 1.5.2. Die Reliabilität Reliabilität heißt Verlässlichkeit, d.h. die formale Genauigkeit. Die Messwerte müssen stabil, präzise und bei wiederholter Messung reproduzierbar sein. Messfehler können folgende Ursachen haben: Äußere Einflüsse führen zu schwankenden Ergebnissen Fehlende Merkmalskonstanz: Z.B. die Befragten verändern ihre Einstellung zu einem Produkt. Das ist in der Mafo durchaus üblich. Manchmal ist ein Produkt eben in „Mode“ und die Einstellung dazu sehr positiv. Das kann sich aber auch ändern Mangelnde Präzision der Messinstrumente. Der Marktforscher lernt dazu und verfeinert seine Instrumente Um die Reliabilität zu Messen gibt es verschiedene Testmethoden 1.5.3. Validität Wenn eine Befragung genau das erfasst (misst), was auch erfasst bzw. gemessen werden soll. 16 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Achte darauf: Objektivität ist die Voraussetzung für Reliabilität, Reliabilität ist die Voraussetzung für Validität eines Messinstruments! 1.6. Marktforschungsinstrumente für die Praxis für Ad Hoc Verfahren Ad Hoc Untersuchungen liefern zeitpunktbezogene Ergebnisse. So ist die Situation jetzt zum Zeitpunkt der Erhebung. Es wird lediglich der Status Quo erhoben. 1.6.1. Die Exploration: Dabei handelt es sich um ein freies qualitatives Interview. Die Abläufe und die fragen sind nicht vorformuliert. Diese qualitativen, sehr stark an psychologischen Grundsätzen orientierten Methoden haben im Marketing stark zugenommen. Häufig werden auch Pilotstudien so durchgeführt. Man weiß z.B. gar nicht was und wie man in einem Fall quantitativ Fragen soll, man weiß gar nicht die wichtigsten Teilbereiche, die den Probanden wirklich wichtig sind. So kann unter Umständen nach der Pilotphase in denen offene Interviews gewählt werten erst im Anschluss eine repräsentative quantitative Umfrage getätigt werden. Wir können uns dabei auch auf wenige Interviews beschränken. Z.B. in der Pilotphase 20 Intiverviews und in der Verifizierungsphase (Beweisphase) dann 150 – 200 Interviews, die dann allerdings vorstrukturiert sein können. Die teilweise Strukturierung können wir mit einem Interviewleitfaden durchführen. Problem ist immer die Protokollierung, da diese stark vom Interviewer beeinflusst werden kann. 17 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas 1.6.2. Gruppendiskussionen (Focusgruppen) Währen man in der Exploration einen besonders tiefen Einblick in eine Person haben will, will man mit Focusgruppen einen besonders breiten Einblick gewinnen. Optimal ist: Eine optimale, entspannte Gesprächssituation zu schaffen 6 – 10 Personen nur sehr gering vorstrukturieren mit Video aufzeichnen Aufzeichnungen mit der Videokamera sind deshalb so wichtig, weil bei der Auswertung auf die Nonverbalität (Gestik, Mimik) zugegriffen werden kann. Solche Gruppendiskussionen werden häufig bei Produkttests, bei Werbewirkungstests und bei Ideenfindungen angewendet. 1.6.3. Standardisierte Befragungen Grundsätzlich ist folgendes zu beachten: Fragen wir uns einmal ob wir Menschen wirklich alles befragen können. Die neuen Erkenntnisse der Neurobiologie haben gezeigt, dass alles menschliche Verhalten durch Emotionen gesteuert wird. Das limbische Gehirn ist offensichtlich der wahre Machthaber im menschlichen Gehirn. Wir wissen heute, dass im limbischen Gehirn eine Handlung schon beschlossen ist, bevor der kognitive Teil des Gehirns (der denkende Teil im Großhirn) in Aktion tritt. Sehr häufig werden in Befragungen Ergebnisse erhalten, die dann mit dem Verhalten der Menschen in der Realität nicht übereinstimmen. Dazu ein typisches Beispiel mit dem ich selbst konfrontiert war: 18 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Auf die Frage: Würden Sie Backwaren mit regionaler Getreideherkunft anderen Herkünften bevorzugen, kam die überwältigende Anzahl der Antworten mit „Ja“. Bei einem anschließenden Praxistest konnte jedoch keine signifikante Zunahme des Absatzes von Backwaren mit regionaler Getreideherkünfte beobachtet werden. Oft ist auch die Auskunftsbereitschaft von Befragten nicht immer optimal und beeinträchtigt Ergebnisse beträchtlich. Weiters ist man immer wieder mit menschlichen Unzulänglichkeiten konfrontiert, d.h. mangelndes Verständnisvermögen, Erinnerungsvermögen (man erinnert sich nur an die schönen Dinge, die gute alte Zeit), Urteilsvermögen, Konzentrationsvermögen, Ausdrucksvermögen usw. Übertreibungen, Lügen, Ausweichen, nach dem Mund reden usw. Typische Schwachstellen : Allgemeinverständlichkeit: Sofern es sich nicht um Expertenbefragungen handelt, so einfach wie möglich und so logisch im Ablauf wie möglich Einsicht in die Thematik: Nicht alle Befragten haben den gleichen Zugang zu Themenbereiche. Temperament, Intelligenz, Bildungsstand. Überfragen: Neben zu viel, wird auch häufig fremdes oder nur schwer zu beantwortendes gefragt. Dann werden meist irgendwelche Antworten gegeben um sich nicht zu blamieren. Offene oder geschlossene Fragen: Meiden Sie offene Fragen, da Sie nur ein Sammelsurium von Antworten erhalten die dann nicht auszuwerten sind. Allerdings kann es durch geschlossene Fragen zu Beeinflussung der Antwort kommen (Gefahr des Systemfehlers) 19 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Spontane Beantwortungen sollten vermieden werden. Der Befrager soll den Probanden zum Nachdenken anregen. Leiten Sie daher die Frage richtig ein. Fakten aus dem eigenen Persönlichkeitsbereich: Menschen neigen dazu bei Fragen aus dem einen Persönlichkeitsbereich Dinge zu „vergolden“. Bedrohliches wird abgeschwächt, positives Verstärkt, eigene Leistungen zum Teil maßlos überschätzt. Begriffe: Vor allem Anfänger erkennen bald, das Begriffe oft sehr interpretationsbedürftig sind und bei Befragungen rasch zu massiven Fehlern führen können. Legen Sie sich daher schon bei der Fragebogenerstellung eine klare Definition bzw. eine verständliche Umschreibung von Begriffen zurecht. Überfrachtung des Fragebogens. Probanden können sich nicht endlos konzentrieren und haben nicht endlos Zeit. 1.6.4. Die Face to Face Befragung Der Interviewer sucht sich den Probanden aus: Entweder als Passantenbefragung, oder aus einer Kundendatei, oder aus einem Panel. Er tritt in einen persönlichen Kontakt direkt mit dem Probanden. Einfach für Quotenauswahl, bedeutend schwieriger für die Zufallsauwahl. Die Interviewsituation: Sie beeinflusst maßgeblich das Resultat. Die soziale Interaktion zwischen I und P und die situativen Faktoren (das Befragungsumfeld) sind die beiden Hauptfaktoren. Zur Sozialen Interaktion: Wer befragt wen, wie? Meist treffen dabei zwei Unbekannte aufeinander, die Aktion geht vom Befrager aus. Diese Situation ist oft nicht einfach und führt auch zu vielen Zurückweisungen. 20 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Bedenken Sie welches Bild Sie beim Probanden erwecken? Bekleidung, Kaugummi, Rauchen etc. etc. Wie stellen Sie sich dem Probanden vor, haben Sie einen Ausweis mit z.B. Befragung für eine Schule oder für eine Universität. Aussehen, Sprache, Einfühlungsvermögen etc. sind alles maßgebliche Dinge. Das Befragungsumfeld: Oft ist es nicht einfach in einer Fußgängerzone im Stehen Leute zu befragen. Versuchen Sie ein optimales Umfeld zu schaffen. Möglichkeiten: Einen Befragungsstand mit Sitzgelegenheiten aufbauen, direkt an den Wohnort des Probanden zu fahren, ins Kaffeehaus einladen. Wenn Sie einmal auf einen Befragungsstand, einmal beim Probanden und einmal auf der Straße befragen, werden Sie immer abweichende Ergebnisse haben. Legen Sie also gleich am Anfang das Prozedere fest. 1.6.5. Die Telefonbefragung Die Telefonbefragung kommt immer mehr in Mode. Allerdings ist es schwierig auskunftsbereite Personen an den Hörer zu bekommen. Es empfiehlt sich daher folgendes Verfahren: 1. den Probanden schriftlich vorinformieren (Themenbereich mitteilen) 2. das Telefonat ankündigen 3. dann erst Anrufen Das kostet natürlich Zeit, vermindert aber die negativen Reaktionen. Oft ist es allerdings leichter jemanden am Telefon zu befragen, als die kostspielige Version des Besuchs zu wählen. Wer lässt schon gerne einen Unbekannten Befrager in die Wohnung. 21 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Telefonpanel: Viele Institute bauen so genannte Panels auf. Das Ist eine Gruppe von Personen mit denen man im Vorhinein vertraglich vereinbart, dass sie angerufen werden und auch wirklich Auskunft geben. Oft gegen ein geringes Entgelt oder sonstige Leistungen. Die Ausschöpfungsquote (das ist jene Quote von Personen, die nach einem Anruf auch tatsächlich Auskunft geben) liegt oft bei nur 10%!! D.h. von 100 angerufenen Personen antworten nur 10%. Dauer: Das Telefoninterview darf nicht länger wie 10 min dauern! (50% der face to face Befragung) Auswahl der Stichprobe: Während es bei einem f2f Interview leicht ist weibliche Personen im Alter von 50 – 60 Jahren zu finden, ist dies am Telefon deutlich schwieriger. D.h. optimal für eine Zufallsauswahl, nicht optimal für eine Quoten – Befragung Bias: Oft werden nur die „leicht“ erreichbaren Personen interviewt, das sind eben jene die oft zu Hause sind. Hausfrauen, Pensionisten, Arbeitslose. Schwer zu erreichende Personen werden daher oft nicht befragt. Im Vergleich zu f2f Befragungen sind Telefonbefragungen in aller Regel: Kürzer Einfacher Billiger Schneller Qualitativ besser Ein f2f Befrager, der seine Probanden aufsucht schafft am Tag ca. 5 – 10 Interviews, ein Telefonbefrager bis zu 50 Interviews. 22 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas 1.6.6. On Line Befragungen Zeit und Kostengründe liegen auf der Hand, allerdings sind auch die Einsatzgrenzen deutlich. On Line Befragungen sind vor allem dann zu empfehlen wo Web Groups wie bei einem Telefonpanel befragt werden. Eine repräsentative Zufallsbefragung kann jedoch damit noch nicht durchgeführt werden, da viele Bevölkerungsgruppen zu diesem Medium keinen Zugang haben. 40% der Haushalte haben Internetzugang um repräsentativ zu sein müssten es 70% sein. Die Rekrutierung läuft am einfachsten über Internetwerbung. Nach dem Motto wer mitmachen will, der darf. Allerdings ist Selbstrekrutierung höchst problematisch. 1.6.7. Die schriftliche Befragung War eigentlich die ursprüngliche Form der Mafo. Der Befrager fällt weg. Vorteile: Kostengünstig Vor allem bei sehr großen Grundgesamtheiten Nachteile: Geringe Rücklaufquoten 15 – 30% Stichprobenprobleme durch häufige Adressenänderungen Füllt der Befragte auch selbst den Fragebogen aus Keine Kontrolle über den Antwortvorgang – richtige Reihenfolge der Beantwortung Motivation zum Ausfüllen erfolgt nur über den Fragebogen Die Nachteile können jedoch durch eine richtige Fragebogengestaltung abgemildert werden. Allerdings ist die Blütezeit der schriftlichen Befragung vorbei, seitdem die Telefonbefragung bekannt ist. 23 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Damit eine Bereitschaft für eine sorgfältige und rechtzeitige Beantwortung bewirkt wird muss: In der Reihenfolge der Wichtigkeit: Die Thematik möglichst interessant sein Möglichst kurzer Fragebogen, weit kürzer als bei f2f oder Tel Befragung Spannender Fragebogenaufbau Möglichst verständliche Fragen Möglichst nur JA/Nein Antwortkategorien Das Auskunftsverhalten: Kunden wissen genau wofür MAFO durchgeführt wird und haben deswegen bei aller Offenheit ein gesundes Maß an Skepsis und Misstrauen. Insgesamt die die Feldarbeit schwieriger geworden. Heute sind lediglich mehr ca. 50% (Ausschöpfungsquote) der zufällig ausgewählten Personen auskunftsbereit (bei mündlichen Befragungen), bei schriftlichen ist die Ausschöpfungsquoten noch weit geringer.. 1.7. Erhebungsverfahren der Tracking Forschung Oft richtet sich das Interesse des Marktforschers auf die Veränderung im Zeitablauf. D.h. es werden mehrere Erhebungen im Zeitablauf durchgeführt. Es werden in bestimmten Zeitabständen mehr oder weniger regelmäßig Erhebungen zum gleichen Inhalt mit dem gleichen Erhebungsdesign durchgeführt. Wellenerhebung: gleiches Thema, gleiche Stichprobe Panelerhebung: gleiches Thema, identische Stichprobe. 1.7.1. Verbraucherpanels: Sind jene Panels, bei denen sich der Kreis der Befragten aus Letztverbrauchern zusammensetzt. 24 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Es wird eine Summe von Haushalten gemäß natürlicher Verteilung in einem Quotaverfahren ausgesucht. Die Verweigerungsquote an einem Panel mitzuarbeiten liegt über 90%. Daher überlegen sich die Mafo Institute immer wieder, welche Art von Vergütung für die Auskunftsgewährung gegeben wird. Von Warengutscheinen bis hin zur Bezahlung läuft die Bandbreite. Das Panel muss ständig aufgefrischt werden, da einerseits immer wieder Teilnehmer abfallen, aber vor allem weil es den so genannten „Paneleffekt“ gibt. D.h. durch die ständige Befragung verändert sich das Verhalten der Konsumenten. Sie werden z.B. preissensibler, oder schauen auf manche Dinge viel genauer als der Normalkunde (Inhaltsstoffe etc) Abfragemethoden: Z.B. das Einsenden aller Einkaufszette (aller Rechungen aus den Supermärkten). Sehr lange hat man nach dem „Kalendersystem“ abgefragt. D.h. immer der gleiche Fragebogen, nach einzelnen Wochen oder Tagen aufgeteilt. Heute besteht die Möglichkeit des „inhome scannings“ Da die EAN Codes ja überall gleich sind, hat der Kunde die Möglichkeit mit einem eigenen Scanner Gerät alle seine Einkäufe abzuscannen und dann per Telefonleitung direkt an das Mafo Institut zu übermitteln – vollautomatische Auswertung ist möglich. Noch einfacher ist die Direktübertragung auf eine Card beim POS des Einkaufsortes, wenn sich der Käufer als Panel-Teilnehmer ausweist. 1.7.2. Fernsehpanel Hier werden Einschaltquoten mittels apparativer Beobachtung durchgeführt. Z.B. Telecontrol XL von GFK ist in mehreren 1000 Geräten eingebaut und registriert automatisch wann das Gerät auf welchem Kanal in Betrieb genommen wird. Das 25 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas kann sogar mit der Fernbedienung bis auf die einzelnen Haushaltsmitglieder herunter gebrochen werden 1.7.3. Handelspanel Die Teilnehmer beschränken sich auf Einzelhändler, Lebensmittelhändler, Apotheken Foto, Telekommunikation, Elektrokleingeräte, Elektrogroßgeräte usw. Die Stichprobe wird meist geschichtet, disproportionale mit einem Quotaverfahren ausgewählt. D.h. Kleine Schichten sind von einer besonderen Bedeutung (z.B. wenige aber sehr große Outlets) daher wird ein von den Verhältnissen in der Grundgesamtheit abweichender Anteil in die Quote aufgenommen. 1.8. Erhebungsverfahren mittels Beobachtung Marktforschung heißt nicht nur Befragung. Sehr viel kann man auch durch die Beobachtung des Kunden erfahren. War bisher recht bescheiden im Einsatz, wird aber in Zukunft vor allem mit „eyetracking“ Methoden zweifellos an Einfluss gewinnen. Dabei bekommt der Proband einen Helm aufgesetzt, mit dem alles genau aufgezeichnet wird, was der Kunde betrachtet und dann visuell dargestellt. Elemente der Beobachtung: Offene Situation: Proband weiß dass er beobachtet wird und kennt den Zweck der Beobachtung Nicht-durchschaubare Situation: Der Kunde kennt den Zweck der Beobachtung nicht, weiß allerdings uns seine Aufgabe und dass er Beobachtungsobjekt ist Quasi-biotische Situation: Proband weiß nicht über den Zweck und nicht über seine Aufgabe, weiß jedoch, dass er beobachtet wird. Biotische Situation, Proband weiß weder den Zweck, noch dass er beobachtet wird. 26 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Was wird beobachtet: Kundenlaufstudien Attraktivitätsniveaus von Warenplatzierungen Einkaufsverhalten Handhabungsbeobachtung Ein namhafter Vertreter dieser Methode ist Paco Underhill (Buch. Warum wir kaufen) 1.9. Spezialformen der Marktforschung: 1.9.1. Die Kano Befragung Der Japanische Wirtschaftswissenschaftler N. Kano unterscheidet bei den Merkmalen die ein Produkt hat zwischen folgenden drei Merkmalen: 1. BASISANFORDERUNGEN Basisanforderungen an ein Produkt, an ein Geschäft oder an eine Dienstleistung sind alle jene Leistungskomponenten die der Kunde voraussetzt. Diese Punkte müssen im erwarteten Ausmaß erfüllt werden. Wenn diese nicht erfüllt werden entsteht sehr rasch eine massive Enttäuschung. Das Problem bei Basisanforderungen ist das, dass sie von den Kunden einfach vorausgesetzt werden und daher nicht ausdrücklich verlangt werden. Bei Befragungen wird nie auf Basisanforderungen eingegangen und auch nicht geantwortet. Wenn Sie nach einem Tisch gefragt werden, so geben Sie als Basismerkmal nicht an, dass der Tisch mit vier Beinen gerade steht. Das ist Basis. Wenn der Tisch wackelt, dann werden sie von dem Produkt sehr rasch sehr massiv enttäuscht sein. 27 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Beispiele: Rohr verbinden das dicht ist. Beim Ölwechsel die Ölwanne dicht verschließen. Beim Eintritt in ein Geschäft begrüßt werden, dass die Auslagenscheibe sauber ist, dass Dekorationsgegenstände staubfrei sind, dass keine kaputten Lampen im Geschäft sind usw. usw. Es mag trivial klingen wenn man auf diese Basismerkmale, die „eh klar“ sind eingeht. Aber wenn Sie häufig als Testeinkäufer unterwegs sind, Geschäfte und Städte analysieren, dann bemerken Sie sehr häufig, dass oft die grundlegendsten Basismerkmale nicht erfüllt sind. Gerade wenn Sie die Erwartungen hinsichtlich Basisanforderungen nicht erfüllen vertreiben Sie bewusst die Kunden. 2. DIE LEISTUNGSANFORDERUNGEN Diese vom Kunden bewusst erwarteten Anforderungen sind beim Kunden auch messbar. Leistungsanforderungen werden vom Kunden in der Regel ausdrücklich verlangt. Sie sind in den meisten Fällen mit einer Bezugsgröße verbunden. Wie viel kostet ein Produkt, wie viel habe ich erwartet das es kostet. Wie lange muss ich auf etwas warten, wie lange habe ich erwartet dass ich warten muss etc. Wenn diese Leistungsanforderungen voll erfüllt werden, dann führt dies höchstens zu einer moderaten Kundenzufriedenheit. Die Leistungen werden als austauschbar angesehen, denn ich erwarte mir ja, das diese Leistungsanforderungen auch in anderen Geschäften meine Erwartungen erfüllen. 3. BEGEISTERUNGSANFORDERUNGEN Das sind jene Anforderungen die in der Regel dazu geeignet sind den Kunden zu begeistern. Das sind Leistungsanforderungen, die sich der Kunde nicht erwartet, die aber wenn sie bereitgestellt werden den Wert des Produktes erhöhen und einen überproportional starken Einfluss auf die Zufriedenheit haben. Werden diese Leistungsanforderungen nicht angeboten oder erfüllt, hat das keinen negativen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit. Wenn ich nicht weiß womit ich überrascht werden könnte, dann kann ich auch nicht unzufrieden sein, wenn ich nicht überrascht werde. 28 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Was vom Kunden als Basis, Leistungs- oder Begeisterungsanforderung angesehen wird hängt sehr stark von seiner persönlichen Einstellung und Prädisposition ab. Was heute den Kunden noch begeistert, kann morgen schon explizite Erwartung sein und übermorgen schon Basisanforderung sein. Begeisterungsmerkmale: Nicht artikuliert Individuell zugeschnitten Überraschend, verblüffend Fehlende Begeisterungsmerkmale sorgen nicht für Kundenunzufriedenheit 29 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Leistungsmerkmale: Artikuliert Messbar Technisch Die Erfüllung von Leistungsmerkmalen verläuft proportional zur Kundenzufriedenheit Basismerkmale: Implizit Selbstverständlich Nicht artikuliert Offensichtlich Selbst eine hohe Erfüllung der Basismerkmale sorgt noch nicht für Kundenzufriedenheit. Was bringt die Begeisterung von Kunden? Die Begeisterung von Kunden bringt: 1. Eine hohe Bindung des Kunden an das Unternehmen 1. Aktive, positive Mundpropaganda 2. Cross sellings: D.h. andere Produkte wie das ursprüngliche werden auch gekauft 3. Akzeptanz eines Prämiumpreises. D.h. nicht so extrem ausgeprägte Preissensibilität. In Summe vergrößert sich der Kundenlebenszeitwert CLV (customer lifetime value) Kein Kunde bindet sich freiwillig an einen Lieferanten, wenn er nicht mit ihm zufrieden ist. (Ausnahme Monopolstellungen) 30 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Der Lieferant muss zum Aufbau einer dauerhaften und tragfähigen Kundenbindung einen überragenden Wertbeitrag leisten, der wahrgenommen und erlebt wird. (perceived customer value) Der Kunde ist nur dann bereit sich dauerhaft zu binden, solange ihm der Nutzen der Leistungen eines Lieferanten einen noch höheren Vorteil und eine dauerhafte Bindung bei seinen eigenen Kunden verschafft. Die folgende Abbildung zeigt den Gesamtansatz der Kano-Studie auf einer Graphik Istzustandsanalyse Totale Begeisterung Nur wer Fan bzw. total begeistert ist Was Kunde nicht erwartet und ihn total begeistert (Service bzw. Verblüffungsfall) baut Beziehungen auf wirbt ist nicht so preisempfindlich bleibt, bzw. wird treu FAN 30% zufriedene Kunden (moderat) = Nicht zu teuer, preiswert, freundlich = Nur zufriedene Kunden Erwartungen Erwartungen nicht erfüllt voll erfüllt Nullkunde Leistungskurve Todeszone: „ich komme nie wieder!“ Basiskurve ... wenn Basismerkmal nicht stimmt werden Kunden per Fußtritt vertrieben, KITA-Effekt Totale Enttäuschung 31 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Befragungsmethode nach Noriaki Kano: Für jede Produkteigenschaft werden zwei Fragen formuliert. Zu diesen Fragen kann der Befragte nun jeweils fünf mögliche Antworten geben. Die erste Frage bezieht sich darauf, wie reagiert der Proband, wenn eine bestimmtes Merkmal vorhanden ist. = funktionale Fragestellung Die zweite Frage bezieht sich darauf, wie reagiert der Proband, wenn ein bestimmtes Merkmal nicht vorhanden ist. = Dysfunktionale Fragstellung Kano geht davon aus, dass es für den Kunden weniger wichtig ist „wie“ ein Problem für ihn gelöst wird, sondern „welches“ Problem gelöst wird. Beispiel von funktionaler und disfunktionaler Kano - Fragestellung Funktionale Form der Frage: Wenn die Zutaten zum Hauptgericht von das würde mich sehr freuen das ist für mich regionaler Herkunft sind, wie denken Sie darüber Grundvoraussetzung das ist mir egal das würde ich eventuell akzeptieren das würde mich sehr stören 32 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Dysfunktionale Form der Frage: das würde mich sehr freuen das ist für mich Grundvoraussetzung Wenn die Zutaten zum Hauptgericht NICHT von das ist mir egal regionaler Herkunft sind, wie denken Sie darüber das würde ich eventuell akzeptieren das würde mich sehr stören Der Proband kreuzt nun jeweils eine Antwortmöglichkeit im funktionalen und im dysfunktionalen Bereich an. Aus den beiden Antworten ergibt dies laut u.a. Kano Auswertungstabelle folgende Möglichkeiten A = Begeisterungseigenschaft I = Diese Eigenschaft (Merkmal) ist dem Kunden egal Q = Fragliches Ergebnis (hierunter fallen wenige) R = Eigenschaft ist unerwünscht M = Grundvoraussetzungseigenschaft O = Leistungseigenschaft 33 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Die Kano Auswertungstabelle Produktanforderung 1. Würde mich 2. Das ist für sehr freuen 3. Das ist mich Grund- 4. Das würde 5. Das ich würde mir egal voraussetzung 1. Würde mich eventuell mich sehr akzeptieren stören Q A A A O R I I I M R I I I M R I I I M R R R R Q sehr freuen 2. Das ist für mich Grundvoraussetzung 3. Das ist mir egal 4. Das würde ich eventuell akzeptieren 5. Das würde mich sehr stören 34 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Ergebnistabelle nach Kano Produkteigenschaft A O xxxxxxx 7 yyyyyyy zzzzzzz M I R Q Gesamt Kategorie 32,3 49,3 9,5 0,3 1,5 100% M 10 45,1 30,5 12 1,2 1,2 100% O 64 21,6 2,9 0,7 2,5 100% A 8,5 Demnach wäre die Produkteigenschaft xxxxxx eine Basisanforderung, die der Kunde voraussetzt. Ist sie vorhanden, nimmt sie der Kunde zu Kenntnis, fehlt sie jedoch ist es ein großes Enttäuschungsmerkmal. Basismerkmale werden nicht explizit verlangt, ein Übertreffen führt auch zu keiner steigenden Kundenzufriedenheit Yyyyyyyy ist ein Leistungsmerkmal Ein Leistungsmerkmal wird vom Kunden vorausgesetzt und explizit vom Kunden verlangt! Zzzzzzz ist ein Begeisterungsmerkmal, es wird vom Kunden nicht explizit verlangt, trägt jedoch bei vorhanden sein hohe Begeisterung aus. Aufbauend auf der Ergebnisstabelle von KANO kann nun das Ausmaß an Zufriedenheitsstiftung bzw. Unzufriedenheitsstiftung berechnet werden. 35 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Ausmaß der Zufriedenheitsstiftung (Zufriedenheitskoeffizient) (A+O)/(A+O+M+I) Ausmaß der Unzufriedenheitsstiftung (Unzufriedenheitskoeffizient) (O+M)/(A+O+M+I)*(-1) Ergebnistabelle nach Kano Produkteigenschaft A O M I R Q Kategorie Zufriedenh Unzufriedenh Koeffizient Koeffizient xxxxxxx 7 32,3 49,3 9,5 0,3 1,5 M 0,40 -0,83 yyyyyyy 10 45,1 30,5 12 1,2 1,2 O 0,57 -0,78 zzzzzzz 64 21,6 2,9 A 0,88 -0,25 8,5 0,7 2,5 Zufriedenheitskoeffizient: liegt zwischen 0 und 1. Je näher der Wert bei 1 desto höher ist die Kundenzufriedenheit Unzufriedenheitskoeffizient liegt zwischen -1 und 0. Je näher der Wert bei -1 desto höher ist die Kundenunzufriedenheit. 36 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas 1.9.2. Die Zufriedenheit – Anforderungserhebung Überlegen wir einmal, was sagt denn Kundenzufriedenheit aus? Der Kunde ist mit dem gemessenen Merkmal zufrieden, mit einem anderen weniger. Reicht dieses Wissen überhaupt aus um Verbesserungen bzw. Veränderungen herbeizuführen. Es kann doch durchaus sein, das der Kunde mit 5 Merkmalen sehr zufrieden war und mit 1 Merkmal unzufrieden war und der Kunde kauft nie wieder, genauso kann es umgekehrt sein, dass ein Kunde mit 5 Merkmalen sehr unzufrieden war und mit 1 Merkmal sehr zufrieden ist und ein treuer Stammkunde ist. Was kann die Ursache für dieses auf den ersten Blick eigenartige Verhalten sein? Die „Wichtigkeit“ des Merkmals. Sehr wichtig Kontinuierliche Verbesserungen 1 1 2 6 en u er on i at v no 3 In 5 B e eg ng is t 4 4 Veränderungen 2 Ranges Veränderungen 3 Ranges 7 5 10 6 Nicht wichtig Was ist den Kunden wie wichtig Anforderungs-/Zufriedenheitsportfolio I B S D Sehr dringende Veränderungen e nk e D 7 n en 16 S r pa 8 6 5 4 3 Sehr unzufrieden 2 1 Sehr zufrieden So gut sind wir in dieser Kategorie 37 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Im Bereich Innovationen: Hier haben wir absoluten Handlungsbedarf, es muss sich sofort und tief greifend etwas verändern, da die Kunden mit sehr wichtigen Merkmalen sehr unzufrieden sind. Im Bereich Begeisterung: Die Kunden sind mit diesen Merkmalen sehr zufrieden und diese Merkmale sind den Kunden auch sehr wichtig! Es darf hier keine Verschlechterung passieren und es muss hier kontinuierlich weiterverbessert werden. Im Bereich Sparen: Hier sind die Kunden mit Merkmalen sehr zufrieden, die den Kunden aber unwichtig sind. D.h. es wird unter Umständen zuviel Geld in diese Merkmale zur Qualitätserhaltung investiert. Ressourcen, die u.U. woanders wichtiger wären. Im Bereich Nachdenken: Hier ist der Kunde zwar unzufrieden, aber die Merkmale sind auch nicht wichtig. Trotzdem muss man diese Merkmale im Auge behalten, da sie sich ja jederzeit in den Quadranten rechts daneben oder links oberhalb hineinentwickeln können. Die Erhebungsformen unterscheiden sich jedoch sehr stark voneinander: Zur Frage der Zufriedenheit: 1. Wie zufrieden sind Sie mit der Produktentwicklung: Nicht sehr Zufrieden zufrieden O O O O O O 38 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas 2. Wie zufrieden sind Sie mit der Angebotsentwicklung Nicht sehr Zufrieden zufrieden O O O O O O 3. Wie zufrieden sind Sie mit der Auftragsabwicklung Nicht sehr Zufrieden zufrieden O O O O O O 4. Wie zufrieden sind Sie mit dem Verkaufsangebot Nicht sehr Zufrieden zufrieden O O O O O O 5. Wie zufrieden sind Sie mit dem Kundenservice Nicht sehr Zufrieden zufrieden O O O O O O 39 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Zur Frage nach der Wichtigkeit: Bitte verteilen Sie 100 Punkte auf die 5 Geschäftsbereiche entsprechend ihrer Wichtigkeit. (Je wichtiger eine Komponente ist, umso mehr Punkte von den insgesamt 100 entfallen darauf) Produktentwicklung ……… Angebotsentwicklung ……… Auftragsabwicklung ……… Verkauf ……… Kundenservice ……… Gesamtsumme 100 Wir haben hier das Spezialverfahren einer Konstantsummenskala vor uns. Dafür gibt es spezielle Auswertungsverfahren. Diese sind nicht hier im Skriptum enthalten, werden jedoch u.U. in Fallbeispielen benötigt. 40 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas 1.9.3. Die ZMETMethode Wie schon in früheren Kapiteln beschrieben, zeigen die Ergebnisse der Neurowissenschaften, dass die Annahme vom „rationalen Menschen“ ein Irrglaube ist. Das Zentrum der Macht im menschlichen Gehirn ist das limbische System, welches uns mit Hilfe von Gefühlen in allen Lebenslagen steuert. Wir können davon ausgehen, dass 70 Prozent unseres Verhaltens unbewusst ablaufen. Der Amerikaner Zaltman geht in seinen Forschungsergebnissen noch einen Schritt weiter, denn laut seinen Erkenntnissen finden 95 Prozent des Denkens im Unterbewusstsein statt. Konsumenten haben weit weniger Zugang zu ihren eigenen neuronalen Aktivitäten, als Meinungsforscher glauben. Das Verhalten wird durch Kräfte geformt, die dem Konsumenten nicht bewusst sind bzw. die er nicht artikulieren kann. Das Entscheidungs- und Kaufverhalten ist durch weit mehr unbewusste Gedanken und Gefühle beeinflusst als durch bewusste. Dies ist auch der Grund, warum Zaltman die derzeitige Marktforschung als nicht zielführend bezeichnet. Obwohl sich das Verhalten der Konsumenten verändert hat, arbeiten viele Firmen immer noch mit veralteten Methoden des Marketings, weil Manager nicht wissen, wie ihr Verstand und der der Kunden aufeinander wirken. Aufgrund dieser uneffektiven Methoden werden die Gedanken und Handlungen der Konsumenten konsequent falsch gedeutet. 80 Prozent der eingeführten Produkte oder Dienstleistungen überleben nicht die ersten sechs Monate bzw. die erzielten Gewinne sind weit geringer als prognostiziert. Mit folgendem Bild erklärt Zaltman, dass 2 Menschen ein und dasselbe Datenmaterial zu Verfügung haben können und dieses dennoch auf total unterschiedliche Weise interpretieren. 41 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Abbildung 17: Was sehen Sie? (FREEMAN zit. nach ZALTMAN, 2000, S.4) In diesem Fall sieht man entweder einen Hasen, der am Gras knabbert, oder eine Ente, die am Rücken liegt. Wie dieses Bild beweist, kann es schon bei derartig einfachen Dingen zu enormen Missverständnissen kommen. Laut Zaltman denken Menschen nicht, wie angenommen, auf lineare, rationale Weise. Das Emotionssystem übt die ERSTE Macht aus, wenn es um Denken und Handeln geht. Weiters haben Untersuchen gezeigt, dass Menschen deren rationale als auch emotionale Zentren im Gehirn geschädigt sind, ihre Fähigkeit verlieren Entscheidungen zu treffen. Ein weiterer Beweis, welch wichtige Funktion das limbische System im menschlichen Gehirn innehat. Doch trotz dieser Ergebnisse wollen sich viele Marktforscher nach wie vor nicht mit den Emotionen der Konsumenten einlassen. Ein Grund dafür könnte sein, dass Emotionen per definitionem unbewusst sind, und es somit spezieller Methoden bedarf, um sie zu erforschen. Einen wichtigen Faktor stellt auch die Tatsache dar, dass der Mensch nicht isoliert auf der Erde lebt, sondern eine enorme Verbindung zwischen Gehirn, Körper, Bewusstsein und Umwelt besteht. Diese vier Komponenten sind laut Zaltman zu 42 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas einem nahtlosen, dynamischen System verbunden und beeinflussen sich gegenseitig. Die folgende Abbildung soll dies näher erklären: Abbildung 18: Verbindungspyramide Mind-Brain-Body-Society Brain Society Mind Body (ZALTMAN, 2000, S.29) Jedes Individuum (sowohl Konsument als auch Marktforscher) vereint diese vier Komponenten und verändert sich eine davon, werden auch die anderen unbewusst verändert. Beim derzeitigen Marketing machen aber viele Verantwortliche den Fehler, sich nur auf eine der vier Komponenten zu konzentrieren und die anderen außer Acht zu lassen. Daher werden sehr viele falsche Informationen erhoben bzw. Angaben falsch interpretiert. Mit anderen Worten macht es sich die gegenwärtige Marktforschung zu einfach, in dem sie Dinge abtestet, die die bereits bestehenden Thesen einfach nur bestätigen sollen und nicht versucht neue Möglichkeiten zu testen oder zu entwickeln. Zum anderen unterliegen die meisten Marktforscher immer noch dem Glauben, dass Konsumenten begründet und rational denken und bewusst z.B. Konsumgüter auswählen. Doch Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass der Auswahlprozess relativ automatisch abläuft, also durch Gewohnheiten und unbewusste Kräfte beeinflusst ist und vor allem durch soziale Umgebung des Konsumenten beeinflusst wird. 43 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas „The areas of human brain that involve choice are activated well before we become conciously aware that we have made a choice. (ZALTMAN, 2003, S. 55) Decisions „happen“ before they are seemingly „made“. Unconcious judgments not only happen before concious judgments but they guide them as well.” Ferner haben amerikanische Psychologen herausgefunden, dass die Erwartungen des Meinungsforschers den Befragten beeinflusst. Die Wahrscheinlichkeit KEINEN Einfluss auf die Probanden auszuüben, liegt nur bei 0,0000001! Mit anderen Worten, was der Marktforscher glaubt zu finden, beeinflusst das tatsächlich Herausgefundene, sei es nun bewusst oder unbewusst. Ausschlaggebend für die Wahl der Befragungsmethode in dieser Arbeit war die Erkenntnis, dass Menschen im Allgemeinen NICHT in Wörtern denken. So haben Versuche mit Gehirn-Scannern ergeben, dass der bewussten Kenntnis unserer Gedanken Aktivitäten in den Gehirnzellen oder Neuronen vorausgehen, und diese Aktivitäten gehen auch deren in den verbalen Gehirnzentren voraus. Mit anderen Worten, unser Gehirn ist bereits aktiv, bevor wir überhaupt wissen, dass wir denken und bevor wir den Gedanken in Worte fassen können. Laut Zaltman gibt das Unbewusstsein den Befehl für diverse Handlungen und das Bewusstsein führt diese Befehle aus. Diese Ergebnisse hat Zaltman zum Anlass genommen, eine besondere Befragungsmethode zu entwickeln, die ZMET Methode. ZMET steht für „Zaltman Metaphor Elicitation Technique“ und es geht dabei darum, mit Hilfe von Metaphern den Menschen unbewusste Gedanken zu entlocken. (to elicitate = entlocken, ans Licht bringen) Unter Metapher versteht er „The representation of a thought in terms of another [...] Metaphors are vehicles for transporting unconscious thoughts to conscious awareness when marketers probe for the thinking behind them.” (ZALTMAN, 2003, S. xxi) Indem Menschen nun eingeladen werden mit Hilfe von Metaphern zu sprechen, wenn sie an ein Produkt oder einen Service denken, ist es möglich, unbewusste 44 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Gedanken und Gefühle zu einem bestimmten Level von Kenntnis zu bringen, auf dem sowohl Marktforscher als auch Konsument besser Gefühle erforschen können. (ZALTMAN, 2003, S.76) Metapher können kognitive Prozesse offenbaren, die sich nicht im wortgetreuen Gebrauch einer Sprache zeigen und somit wichtige Gedanken ans Licht bringen, die in der wörtlichen Sprache nicht auftauchen. Der Begriff Metapher ist weitläufig und umfasst unter anderem: Vergleiche, Allegorien, Analogien, Sprichwörter, aber auch Gerüche und Bilder. Vor allem Bilder werden im Sinne einer Metapher als Ausgangspunkt genutzt, um eine Geschichte zu erzählen. Viele Metaphern bestehen aus Anspielungen auf physische Bewegung, körperliche Wahrnehmung und sensorische Erfahrungen. Der Mensch beginnt schon früh in seinem Leben Metaphern zu kreieren, um der Welt einen Sinn zu geben. Die Systeme, die uns am Vertrautesten sind, sind eng mit unseren Körpern verbunden. Deshalb ist die so genannte „verkörperte Wahrnehmung“ auch keine Überraschung, denn viele Metaphern, die ihren Ursprung in unseren sensorischen oder motorischen Systemen haben, verbinden die Umwelt mit unserem Gehirn. Zahlreiche Forschungsdisziplinen beweisen, dass abstrakte Gedanken ihren Ursprung oft im sensorischen oder motorischen System haben. Mit anderen Worten, der Mensch benutzt seine Sinne und seinen Körper als Metapher, die nichts mit dem tatsächlichen Sinn oder dem Körperteil zu tun hat. Laut Zaltman benutzt der Mensch schätzungsweise sechs Metaphern pro Minute der gesprochenen Sprache. Hier einige Beispiele: „Du wirst schon SEHEN“ diese Aussage warnt vor einem zukünftigen Zustand oder sagt ihn voraus „Was für eine BERÜHRENDE Szene“ beschreibt ein besonders Gefühl in einer bestimmten Situation 45 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas „Sie ist wie eine SCHWESTER zu mir“ beschreibt ein Gefühl der Verbundenheit „eine gute Gesprächs-Atmosphäre“ diese Metaphern kommt aus der Sprache des Wetters 1.9.3.1.Beispiel ZMET Methode Im Folgenden sehen Sie ein Beispiel wie die ZMET Methode in etwas abgewandelter Form in einem touristischen Fallbeispiel angewendet wurde. Die Entscheidung, nicht die gängige Erhebungsmethode mittels eines Fragebogens zu wählen, beruht auf der Lektüre von Zaltman. Dieser beschreibt in seinem Buch „How customers think“, die von ihm entwickelte ZMET Methode. Dabei soll mit Hilfe von Metaphern, die Barriere zum Unbewussten überwunden werden. Der Begriff Metapher ist weitläufig und umfasst unter anderem: Vergleiche, Allegorien, Analogien, Sprichwörter, aber auch Gerüche und Bilder. (ZALTMAN, 2003, S. 76f) Durch Metaphern können kognitive Prozesse in Gang gebracht werden, die sich nicht im wortgetreuen Gebrauch einer Sprache zeigen und somit wichtige Gedanken ans Licht bringen, die bei der wörtlichen Sprache nicht auftauchen. Bei der ZMET-Methode findet die Befragung in Einzelinterviews statt, wobei die Teilnehmer eine Woche zuvor das Thema erfahren und gebeten werden, Bilder mitzubringen, die ihre Gefühle zum jeweiligen Thema widerspiegeln. (ZALTMAN, 2003. S. 101) In diversen Sitzungen wird dann jeweils ein Bild besprochen. In diesem Fall sind die Bilder die Metapher, die den Weg ins Unbewusste öffnen soll. In Anlehnung an diese Methode wurde 20 Probanden die Aufgabe gestellt, Bildmaterial zu suchen, welches ihre Gefühle zum Thema „Perfektes Reisen“ zeigt. Diese Bilder sollten dann während der Untersuchung zu einer Bildcollage zusammengestellt werden. Sonst gab es keine Vorgaben. 46 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Um die diversen Bilder aufzukleben, wurde den Testpersonen weißes Papier in A4 und A3 Format, Uhu und Scheren zur Verfügung gestellt. Alle Probanden haben das A4 Format gewählt. Anhand der fertigen Collage wurde jede Testperson gebeten, zu erklären, warum sie jedes einzelne Bild ausgesucht hat, bzw. welche Emotionen sie damit verbindet. Den Befragten fiel es allgemein sehr schwer, sich auf die Bilder zu konzentrieren, sie wollten viel lieber über das Thema sprechen und es nicht in Bildern ausdrücken. Auch war es kaum einer Testperson möglich, die Emotionen in Worte zu fassen, da oftmalig die Gründe des Handelns nicht bewusst waren. Dennoch war die Beteiligung gut und es hat den Personen mit der Zeit sichtlich Spaß bereitet, diese Bildcollage anzufertigen, auch wenn bei der darauf folgenden Besprechung oft die Konzentration nicht mehr vollständig vorhanden war. Im folgenden Kapitel sollen nun die einzelnen Bildcollagen und ihre Auswertung nach den drei Limbischen Instruktionen nach Häusel dargestellt werden. Trotz der Emanzipation wird im Folgenden getrennt auf die Bildcollagen von Männern und die von Frauen eingegangen, um deutlich herausstellen zu können, wie unterschiedlich die Gehirne der beiden Geschlechter arbeiten. Proband 1 Jahrgang: 1927 Geschlecht: männlich Erlernter Beruf: Handelsagentur (Bodenbeläge und Küchen) Wohnort: 8055 Graz Einkommen (Pension): 700.- Euro netto/Monat 47 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Reiseverhalten: 1 Reise/Jahr Bucht im Reisebüro: selten Betrachtet man die Collage ganzheitlich zieht sich durch die Mitte ein Streifen, der sehr viel Dominanz beinhaltet. Ganz oben sieht man einen Bungalow, der laut Aussage des Probanden die bevorzugte Wohnform darstellt. Das Bild sagt aber auch, dass der Proband sein eigenes Reich haben möchte, Bungalows sind meist größer als einfache Hotelzimmer und steht dieses Foto auch für ein Statussymbol. Der abgebildete Bungalow steht allein für sich, was darauf deuten lässt, dass der Proband abgeschieden und unabhängig von anderen Urlaubern sein möchte, ein weiteres Verhalten, das der Dominanzinstruktion zuzuordnen ist. Gleich darunter sieht man einen jungen, sehr sportlichen Bogenschützen. Dieses Bild bringt zum Ausdruck, dass der Proband „noch zu den Jungen dazugehören“ möchte und sich nicht zum „alten Eisen“ zählt. Hier spielt auch die Sexualität eine entscheidende Rolle. Schon unsere Vorfahren haben Pfeil und Bogen benutzt, um Nahrung zu besorgen und somit in den Augen der Frauen als potenzielle Ernährer und geeignete Partner Ansehen zu gewinnen. Es kann durchaus sein, dass der Proband dieses Bild, wie berichtet, ausgesucht hat, weil es für sportliche Unterhaltung steht. Aber auch Sport hat im Allgemeinen etwas mit Wettbewerb und somit mit Siegern und Verlieren zu tun. Der Wille besser als andere zu sein und diese zu besiegen, ist erneut Teil der Dominanzinstruktion. Das Bild darunter, die abendliche Tanzszene, zeigt wiederum sehr viele Menschen und vor allem zeigt es junge Frauen, die ihren Körper betonen. Auch hier zeigt sich die Sexualität. Die Evolutionstheorie hat gezeigt, dass es Ziel jedes Lebewesens ist, möglichst viele Nachkommen zu zeugen. Auch das Gehirn des Mannes ist nach wie vor darauf programmiert, mit möglichst vielen Frauen möglichst viele Kinder zu zeugen. Da eine „Frau aber nur beschränkte Fortpflanzungskapazitäten hat, ist der männliche Wettkampf um das Ei Teil des männlichen genetischen Programms.“ (HÄUSEL, 2000, S. 71) 48 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Das heißt, auch bei der Sexualität geht es darum, den Mitbewerber zu verdrängen. Und anscheinend läuft dieses Programm auch bei älteren Menschen unbewusst noch immer ohne Einschränkung ab. Andererseits könnte die Tatsache, dass dieses Bild viele verschiedene Menschen zeigt, auch auf das Bindungs-Modul schließen lassen, welches Teil der Balanceinstruktion ist. Denn eine Bindung mit anderen Menschen bzw. Teil deiner Gruppe zu sein, gibt ein gewisses Sicherheitsgefühl. Betrachtet man den rechten Teil der Bildcollage, findet man ganz oben ein kleines Foto, das einen Strandabschnitt mit vielen Sonnenschirmen zeigt. Auffallend daran ist die Perspektive. Denn der Proband sieht sich hier nicht als Teil des Ganzen, sondern als „erhobenen Betrachter“, der über den Dingen steht und die anderen in ihrem Treiben beobachtet. Nicht Teil der Masse sein, sondern sich von anderen anzuheben, ist das Verhalten eines stark „dominanz-gesteuerten“ Menschen. Die beiden letzten Bilder auf der rechten Seite stehen auf den ersten Blick für die Grundbedürfnisse Essen und Trinken. Doch hier steht eindeutig der Genuss- und Lustfaktor im Vordergrund und somit die Stimulanzinstruktion. Hier geht es dem Probanden darum, Lust zu verspüren. Die Erfüllung der Stimulanzinstruktion ist nämlich immer mit einem direkten Lustgefühl berunden. Vor allem das Essensbild zeigt für den „Durchschnitts-Österreicher“ relativ ungewohnte Speisen und erfüllt somit die Befehle der Stimulanzinstruktion nach neuen, unbekannten Reizen und nach Abwechslung zu suchen. Weiters stellt ein frisches Bier an heißen Urlaubstagen einen Erlebnisreiz dar, und die enthaltenen Inhaltsstoffe verstärken Gefühle und Empfindungen. Bleibt zuletzt das Bild auf der linken Seite oben. Dieses Foto bringt das Bedürfnis nach Bequemlichkeit zum Ausdruck und steht somit für die Balance. Der Proband zeigt mit diesem Bild, dass er erstens einen kurzen Anreiseweg bevorzugt und zweitens ist der Flughafen Graz relativ klein und somit überschaubar. So werden eventuelle Unsicherheitsfaktoren von vornherein ausgeschaltet und der Wunsch nach Sicherheit und Stabilität ist gewährleistet. 49 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Anhand dieser Bildcollage verteilen sich die der drei limbischen Instruktionen wie folgt: Abbildung 19: Verteilung der limbischen Instruktionen bei Proband 1: Verteilung der limbischen Instruktionen Balance 10% Stimulanz 30% Dominanz 60% Proband 2 Jahrgang: 1940 Geschlecht: männlich Erlernter Beruf: Installateur Wohnort: 8055 Graz Einkommen (Pension): 800.- Euro netto/Monat 50 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Reiseverhalten: 1-2 Reisen/Jahr Bucht im Reisebüro: selten Auch der zweite Proband zeigt vorwiegend seine Dominanzinstruktion. Das vorherrschende Bild dieser Collage ist mit Sicherheit das Motorrad, welches für sich spricht, denn dadurch wird Schnelligkeit und Freiheit ausgedrückt. Auffallend ist, dass es sich nicht um eine Marke handelt, die gemütliche Ausflugsfahrten propagiert, sondern dieses Foto bringt eindeutig das Machtgefühl des Fahrers zum Ausdruck, der es ein bisschen gefährlich liebt. Auch dieser Proband zeigt, dass er sich noch nicht so alt fühlt, wie er ist, sondern sein Leben noch aktiv gestalten möchte, die Zügel fest in der Hand hat und den Wettkampf mit anderen nicht scheut. Durch das Bild der Radfahrer drückt der Proband seinen Wunsch nach Kraft aus, denn hier handelt es sich nicht um normale Räder, die man für Ausflüge benutzt. Diese Räder signalisieren Anstrengung, Kraft und Leistung und die jungen Männer bestätigen, dass sie vital sind und einen gesunden Körper haben. Hier steht nicht der Spaß am Radfahren im Vordergrund, sondern der Wille, an seine Grenzen zu gehen. Auch das Bild des Wohnwagens unterstreicht diese Annahmen. Ein Wohnmobil bedeutet sein eigenes Reich zu haben, nicht auf andere angewiesen zu sein und die Freiheit zu haben, stehen zu bleiben, wo und wann immer man will. Außerdem steht dieses Wohnmobil allein in der Landschaft, abgeschieden von der Zivilisation. Dadurch fällt es einem natürlich auch leichter, Unbekanntes und Neues zu entdecken, Abenteuer zu erleben, was wieder um für die Stimulanzinstruktion und die Dominanz spricht. Weitere Hinweise für die Dominanz sind erstens das Bild mit der Burg, bei dem wieder die Perspektive entscheidend ist. Der Betrachter steht hier an der höchsten Stelle und es ist ihm möglich über das gesamte Tal zu blicken, als ob es sein eigenes Reich wäre. 51 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Zweitens das Bild links unten, bei dem ein Schaf allein im Vordergrund steht. Hier kommt der Wunsch nach Individualität zum Ausdruck, nicht Teil der Masse sein, sondern machen zu können, was man will. Und drittens das Bild rechts oben in der Sauna, bei dem ein Mann von zwei jungen Frauen umgeben wird und auch ein bisschen „angehimmelt“ wird. Ganz klar wird hier wieder die Sexualität dargestellt. Sogar in hohem Grade, denn einem Mann, dem gleich zwei Frauen zur Verfügung stehen, fällt es umso leichter sein genetisches Programm umzusetzen. Betrachtete man diese Bildcollage ganzheitlich fällt auf, dass der überwiegende Farbton grün ist und die Farbe des dominantesten Bildes, des Motorrades, braun. Untersuchungen haben gezeigt, dass in unserem Gehirn diese beiden Farben für Balance stehen. Zusammenfassend betrachtet, möchte sich dieser Proband durchsetzen, sich selbst beweisen und trotzdem etwas (neue Reize/Abenteuer) erleben. Abbildung 20: Verteilung der limbischen Instruktionen bei Proband 2: Verteilung der limbischen Instruktionen Balance 5% Stimulanz 15% Dominanz 80% 52 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Proband 3 Geschlecht: männlich Erlernter Beruf: Bauingenieur, Landesbeamter Wohnort: 8010 Graz Einkommen (Pension): ca. 2600.- Euro netto/Monat Reiseverhalten: 5 – 7 Reisen/Jahr Bucht im Reisebüro: oft Betrachtet man die Bildcollage dieses Probanden, sieht man auf den ersten Blick, dass es kaum Menschen zu sehen gibt, und wenn dann nur ganz klein und unbedeutend. Dieser Faktor lässt darauf schließen, dass ihm die Gesellschaft anderer nicht so wichtig ist, sondern er sich als Individualisten sieht, der sich nicht mit der Masse identifiziert. Dieses Verhalten gibt Rückschlüsse auf die Dominanzinstruktion. Bild eins zeigt eine relativ abgeschiedene Hotelanlage, die umgeben ist von Pflanzen und Meer. Dieses Bild strahlt sehr viel Ruhe aus. Außerdem sind sowohl die direkte Zufahrt und die Nähe zum Wasser signifikant. Diese beiden Tatsachen sprechen für die Bequemlichkeit und somit für die Balance. Denn durch kurze Wege ist die Wahrscheinlichkeit von Sicherheit erhöht. Trotzdem ist auffällig, dass dieses Bild weder Autos noch Menschen zeigt. Wer hier nächtigt, muss auf niemanden 53 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Rücksicht nehmen, kann tun und lassen, was er will und hat seine Ruhe vor diversen Störenfrieden. Dies drückt einen gewissen Egoismus und somit die Dominanzinstruktion aus. Bild zwei, der Sonnenuntergang über dem Meer, steht für die Stimulanz. Hier möchte der Proband etwas nicht Alltägliches sehen und neue Reize erleben. Außerdem strahlt dieses Bild das Gefühl von Freiheit aus. Das kleine Boot hingegen, welches alleine übers Meer segelt und als einziges Zeuge dieses Schauspiels wird, kann mit Dominanz in Verbindung gebracht werden. Bild drei, die Kreuzfahrt, mischt alle drei Instruktionen. Zum einen zeigt es das Rettungsboot, unter dem die Gäste schlummern, dieser Aspekt steht für Sicherheit und Balance. Zweitens bedeuten Kreuzfahrten aber auch Freiheit und vor allem werden viele Länder und Sehenswürdigkeiten und somit unbekannte und neue Reize auf einer Reise vereint, was die Stimulanzinstruktion befriedigt. Und drittens sind Kreuzfahrten nach wie vor ein Statussymbol, da sich die Schiffe durch Luxus auszeichnen. Dies spricht eindeutig für die Dominanz. Bild vier und fünf verkörpern ebenso den Luxusfaktor. Bild vier vermittelt, sein eigenes Reich zu haben und den Luxus ungestört genießen zu können. Bild fünf zeigt ein hochwertiges Hotel, welches durch eine Bauform besticht, die es bei uns nicht gibt (Stimulanz) und die darauf schließen lässt, dass sich nicht jeder einen Urlaub hier leisten kann (Dominanz). Bild sechs, die Klimatabelle, hingegen zeigt, dass der Proband seine Urlaubsplanung nicht dem Zufall überlässt und sich gerne vorbereitet. Darin findet man den Wunsch nach Sicherheit und Stabilität, Überraschungen sind unerwünscht. Bei Bild sieben ist die Perspektive auffallend. Die Welt wird von oben betrachtet, man steht über den Dingen und hat ein gewisse Machtstellung inne (Dominanz). Zusätzlich vermittelt dieses Bild Freiheit und Abenteuer, ausgedrückt durch die winzigen Boote, die um die großen, mächtigen Felsen fahren. (Stimulanz) 54 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Die letzten drei Bilder stehen wieder eindeutig für die Stimulanz, so unterschiedlich sie auch sind. Das islamische Bauwerk, das für einen Österreicher relativ unbekannt ist und neue Reize liefert. Das futuristische Glashaus, welches für Innovation und Moderne steht und die Löwenbabys, die man auf einer abenteuerlichen Safari beobachten kann. Alle drei stehen für nicht Alltägliches, sondern erlauben Einblicke in fremde Welten. Abbildung 21: Verteilung der limbischen Instruktionen bei Proband 3: Verteilung der limbischen Instruktionen Balance 10% Stimulanz 40% Dominanz 50% Proband 4 Jahrgang: 1931 Geschlecht: männlich Erlernter Beruf: Baukaufmann Wohnort: 8301 Laßnitzhöhe Einkommen (Pension): 1200.- Euro netto/Monat 55 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Reiseverhalten: 2-3 Reisen/Jahr Bucht im Reisebüro: hin und wieder Auf den ersten Blick fällt auf, dass diese Collage sehr übersichtlich und geordnet gestaltet ist, was ein Hinweis für eine Mischung aus Balance und Dominanz ist. Die Balance verlangt, dass alles seine Ordnung hat und somit stabil ist, die Dominanz möchte das Geschehen regeln und alles unter Kontrolle haben. Doch schon beim ersten Bild, der Segelyacht, tritt die Dominanzinstruktion in den Vordergrund. Die Yacht sieht sehr teuer aus und ist daher eindeutig ein Statussymbol. Der Proband hat kein riesiges Schiff ausgewählt, bei dem es auch sehr viel Personal gibt und man sich als Gast um nichts kümmern muss. Dieses Bild drückt aus, dass er selbst Hand anlegen möchte, sich beweisen möchte, zeigen will, dass er noch nicht zu alt dafür ist und natürlich möchte er auf so einer Schiffsfahrt auch ein Abenteuer erleben. Denn allein auf dem weiten Meer, weiß man nie, was auf einen zukommt. Dieses Bild ist also eindeutig der Dominanzinstruktion und teilweise auch der Stimulanzinstruktion (Abenteuer, neues Erleben) zuzuordnen. Auch das Bild rechts darunter zeigt ein Schiff, was wieder auf den starken Wunsch nach Freiheit und Grenzenlosigkeit schließen lässt. Diesmal finden wir neben dem Dominanzfaktor, der sich zusätzlich durch das Spiel, also einen Wettbewerb auszeichnet, aber auch einen großen Anteil an Balance, der durch die Gemeinsamkeit ausgedrückt wird. Hier zeigt uns der Proband das gesteigerte Bindungs-Modul. Denn schon im Laufe der Entwicklung hat sich der Mensch anderen angeschlossen, um das Überleben der Nachkommen zu sichern. Gesellschaft bedeutet also Sicherheit und somit wir ein Befehl der Balanceinstruktion erfüllt. Das Bild darunter zeigt jedoch keine Spuren von Balance. Hier stehen wieder Dominanz, aber auch Stimulanz im Vordergrund. Signifikant sind zum einen die Personen. Es handelt sich um zwei JUNGE Frauen, die zwei junge Männer an ihrer Seite haben. Hier zeigt sich die Sexualität des Probanden und somit seine 56 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Dominanzinstruktion. Außerdem besticht dieses Bild aber auch noch durch die Auswahl an Speisen. Der Tisch ist voll von verschiedenen Gemüsearten oder Salaten. Viel Auswahl bedeutet viel Abwechslung und steht für viele neue Reize und somit für die Stimulanzinstruktion. Bei dem kleine Bild auf der rechten Seite könnte man zuerst fälschlicherweise auf Natur und Entspannen in der frischen Luft denken. Doch dieses Foto zeigt keinen bei uns zu findenden Baum sondern wurde in der Savanne aufgenommen. Hier drückt der Proband ebenfalls seinen Wunsch nach Abenteuer und Entdeckung aus. Die Savanne, ein Ort den man noch sehen will, um neue Eindrücke zu sammeln, unbekannte Dinge zu erforschen und somit die Langeweile zu vermeiden. Laut Aussage des Probanden steht dieses Bild für eine Safari in Afrika, die er noch machen möchte. Der Wunsch die Wildnis und einzigartige Landschaft von Afrika erleben zu wollen, ist eindeutig geleitet durch die Stimulanzinstruktion, der Wille nach Abenteuer zeichnet sich durch eine Mischung aus Stimulanz und Dominanz aus. Das letzte Bild sprüht vor Dominanz. Hier handelt es sich um Rennräder und nicht um eine Sonntagstour. Der Aspekt der Bewegung und der Schnelligkeit wird verstärkt durch den verschwommenen Hintergrund. Für diese Fahrer steht nicht der Spaß im Vordergrund, hier handelt es sich um harte Arbeit, um körperliche Ertüchtigung und Macht. Der Proband zeigt in diesem Fall sein Bedürfnis noch kräftig und gut in Form zu sein und jederzeit mit anderen, auch Jüngeren mithalten zu können. Bei diesem Probanden sind die limbischen Instruktionen nach Auswertung seiner Bildcollage wie folgt verteilt: Abbildung 22: Verteilung der limbischen Instruktionen bei Proband 4: 57 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Verteilung der limbischen Instruktionen Balance 10% Stimulanz 30% Dominanz 60% Proband 5 Jahrgang: 1941 Geschlecht: männlich Erlernter Beruf: Rauchfangkehrermeister Wohnort: 8280 Fürstenfeld Einkommen (Pension): keine Angabe Reiseverhalten: 2 Reisen/Jahr Bucht im Reisebüro: oft Bild eins zeigt ein abgeschiedenes Haus, welches für die bevorzugte Wohnform im Urlaub steht. Hier zeigt sich die Dominanzinstruktion, denn der Proband möchte nicht 58 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas mit anderen Urlaubern in einer Hotelanlage „eingesperrt“ sein, sondern sein eigenes Reich haben, wo er der Herr im Haus ist und somit die Entscheidungen trifft. Bild zwei steht für Freiheit und Abenteuer und ist somit eine Mischung aus Stimulanz und Dominanz. Kamelreiten ist eine nicht alltägliche Tätigkeit und liefert somit neue und unbekannte Reize. Außerdem ist die Landschaft konträr zu dem, was wir in Österreich kennen. Die Wüste auf einem Kamel zu durchqueren, bedeutet für den Probanden aber auch, etwas zu unternehmen, das nicht jeder macht und somit nimmt er eine Vorrangstellung ein. (Dominanz) Bild drei zeigt zahlreiche Sehenswürdigkeiten, die der Form und dem Design nach traditionell gestaltet sind. Diese Traditionalität spricht für die Balance, denn alte, herkömmliche Formen stehen für wenig Veränderung, für Stabilität und geben dem Probanden somit eine gewisse Sicherheit. Auffallend ist auch die Farbe des Kamins, denn wie bereits oben erwähnt, ist die Farbe grün der Balanceinstruktion zuzuordnen. Die Bilder vier, fünf und sechs verdeutlichen alle den Sportaspekt, doch alle drei Bilder strahlen eine gewisse Gemütlichkeit aus. Diese Sportbilder stehen nicht für Wettkämpfe, verbunden mit dem Siegeswillen. Der Proband drückt durch die ausgewählten Bilder eine Mischung aus Balance und Stimulanz aus. Hier steht der Genuss im Vordergrund. Zum einen möchte er zwar neue Reize entdecken, aber gepaart mit Sicherheit und Stabilität, hier ausgedrückt durch eine bekannte Pflanzenund Tierwelt und sogar die Häuser erinnern an das vertraute Österreich. Bild sieben hingegen hat nichts mit Sicherheit zu tun, hier steht die Stimulanz im Vordergrund. Die zwei Menschen, die auf den schroffen Stein klettern, erforschen ihre Umwelt und brechen aus dem Gewohnten aus. Hier geht es um ein Abenteuer und dieses Bild drückt somit eine Mischung aus Stimulanz (Neues entdecken) aber auch Dominanz, indem man sich selbst beweist und es schafft den übermächtigen Felsen zu bezwingen. Bild acht ist völlig konträr zu Bild drei. Zwar sieht man auch hier eine Sehenswürdigkeit, in Form eines Bauwerks, aber hier ist keine Spur von Tradition. 59 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Dieses Bild zeichnet sich durch Moderne und Innovation aus und ist somit eindeutig der Stimulanz zuzuordnen. Auch das Wort „Berlin“ lässt darauf schließen, dass der Proband seine gewohnte Umgebung verlassen möchte, um Unbekanntes zu erleben. Nach Auswertung der Bildcollage soll die Verteilung der drei limbischen Instruktionen bei Proband 5 nun graphisch dargestellt werden. Abbildung 23: Verteilung der limbischen Instruktionen bei Proband 5: Verteilung der limbischen Instruktionen Balance 20% Dominanz 35% Stimulanz 45% Proband 6 Jahrgang: 1941 Geschlecht: männlich Erlernter Beruf: Handelsangestellter bzw. Kaufmann Wohnort: 8280 Fürstenfeld 60 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Einkommen (Pension): zw. 1500.- und 2000.- Euro netto/Monat Reiseverhalten: 5 – 8 Reisen/Jahr Bucht im Reisebüro: selten Bild eins und elf scheint vordergründig für den Badeurlaub zu stehen. Doch auffallend sind auf beiden Bildern die Damen im Bikini, die sich genussvoll in der Sonne rekeln. Dies spricht eindeutig für die Sexualität und ist somit der Dominanzinstruktion zuzuordnen. Bild zwei, drei und neun stehen nicht nur für die Grundbedürfnisse Essen und Trinken, sondern drücken anschaulich den Genuss- und Lustfaktor aus und sind daher stark mit der Stimulanzinstruktion verbunden. Wobei Bild zwei und neun eher herkömmliche Genussmittel sind, und somit auch den Wunsch der Balanceinstruktion nach Stabilität erfüllen, gehen die Meerestiere auf Bild neun schon eher in die Abenteuerrichtung, da es sich um Exotisches handelt. Die Bilder vier, fünf, sechs, sieben und acht erklären den Willen, aus dem Alltag zu entfliehen und neue Dinge kennen zu lernen. Hier steht die Stimulanz im Vordergrund, denn der Proband sucht nach Abwechslung. Eine Spur von Dominanz findet man bei Bild sechs, denn dies zeigt nicht nur ein Konzert, sondern es besticht durch den beeindruckenden Veranstaltungsort. Das heißt der Proband möchte nicht nur die Musik genießen, sondern er will auch etwas erleben, das nicht für Jedermann erschwinglich ist. Somit steht dieses Bild für einen gewissen Status. Bild neun drückt, nach Aussagen des Probanden, die bevorzugte Urlaubsart aus, unterwegs mit dem Wohnmobil. Auch hier zeigt sich stark die Dominanzinstruktion, denn diese Art zu reisen, bedeutet sein eigenes Reich zu sein, keine Rücksicht nehmen zu müssen, sich nicht anpassen zu müssen, einfach gesagt, sein eigener Herr zu sein. 61 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Bild zwölf und dreizehn strahlen sehr viel Ruhe und Geborgenheit aus. Es sind keine Bilder mit fremdartiger Natur, sondern zeigen eine dem Probanden vertraute Landschaft, hier genießt er seine Ruhe. Dies spricht für die Balanceinstruktion. Bild vierzehn zeigt ebenfalls die Balance, denn auf Märkten werden meist frische und qualitativ hochwertige Produkte verkauft und dies gibt ihm Sicherheit. Die Häuser auf dem Bild lassen jedoch darauf schließen, dass sich der abgebildete Markt eher in einer unbekannten Umgebung befindet, somit besteht auch eine Verbindung zur Stimulanzinstruktion. Hier vereint der Proband den Wunsch etwas Neues zu erleben mit dem Verlangen nach Stabilität. Fasst man die Ergebnisse der Bilderauswertung graphisch zusammen, ergibt sich folgende Abbildung. Abbildung 24: Verteilung der limbischen Instruktionen bei Proband 6: Verteilung der limbischen Instruktionen Balance 30% Dominanz 20% Stimulanz 50% Proband 7 Jahrgang: 1935 Geschlecht: männlich Erlernter Beruf: Lehrer 62 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Wohnort: 8280 Fürstenfeld Einkommen (Pension): über 2000.- Euro netto/Monat Reiseverhalten: 2-3 Reisen/Jahr Bucht im Reisebüro: hin und wieder Bild eins zeigt eine für Österreich untypische Prozession und steht somit für die Stimulanz. Der Proband bringt zum Ausdruck, dass er dem Bekannten entfliehen möchte, um Unbekanntes zu erleben. Dieses Bild steht aber nicht für Abenteuer, weil es nicht darum geht, sich selbst zu beweisen, sondern hier sucht der Proband rein nach Abwechslung. Ebenso von der Stimulanzinstruktion geleitet ist das Bild vier, die relativ neuwertigen Bauwerke auf der rechten Seite. Hier spielt aber auch ein bisschen der Dominanzfaktor hinein, denn Größe wird meist mit Macht assoziiert. Auch die fernöstlichen Bauwerke auf Bild acht links unten stehen für das Entdecken unbekannter Welten, ebenso wie der Bazar. Das ungewohnte Treiben zu beobachten, bedeuten für viele Menschen in eine ganz neue Welt einzutauchen. Einen Bazar verbindet man aber auch immer mit dem Handeln, eine Tätigkeit, die eindeutig für die Dominanzinstruktion spricht. Handeln bedeutet sich zu beweisen, denn man muss konsequenter und somit besser sein als sein Gegenüber. Die Bauwerke auf Bild fünf sind klassisch und alt und daher ist dieses Bild der Balance zuzuordnen. Auf Bild sechs findet man ebenso die Balanceinstruktion, ausgedrückt durch das Bindungs-Modul. Hier wird gemeinsam in der Gruppe etwas unternommen, um mehr Sicherheit und Stabilität zu erreichen. Dieses Bild erweckt nicht den Eindruck, dass es hier vordergründig um körperliche Ertüchtigung geht. Hier spielt der sichere Genuss eine zentrale Rolle. 63 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Signifikant für Bild zwei ist die Frau und das Wort Flamenco. Der Flamenco selbst ist ein sehr erotischer Tanz, bei dem jeder Körperteil gezielt eingesetzt wird. Bei diesem Bild kommt wieder die Sexualität des Mannes zum Vorschein (Dominanz), gepaart mit dem relativ unbekannten, nicht vertrauten Tanz (Stimulanz) Bei Bild drei, dem Felsen, ist wiederum die Perspektive auffallend. Der Betrachter blickt von ganz oben auf den Rest der Welt hinunter und fühlt sich frei. Somit fühlt er sich mächtig und als Beherrscher der Natur. Dieses Machtgefühl spiegelt eindeutig die Dominanz wider. Bild neun, rechts unten, steht unverkennbar für das Abenteuer. Hier möchte der Proband etwas erleben und sich gleichzeitig beweisen, dass er es noch schaffen kann, mit einem so kleinen Boot gegen die übermächtige Natur anzutreten. (Stimulanz und Dominanz) Nach Auswertung der Bildcollage soll die Verteilung der drei limbischen Instruktionen bei Proband 5 nun graphisch dargestellt werden. Abbildung 25: Verteilung der limbischen Instruktionen bei Proband 7: Verteilung der limbischen Instruktionen Balance 10% Dominanz 30% Stimulanz 60% 64 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Proband 8 Jahrgang: 1927 Geschlecht: männlich Erlernter Beruf: Landarbeiter Wohnort: 8361 Hatzendorf Einkommen (Pension): ca. 2000.- Euro netto/Monat Reiseverhalten: 1 Reise/Jahr Bucht im Reisebüro: selten Bei der Betrachtung dieser Collage fällt auf, dass sie sehr übersichtlich und geordnet gestaltet ist. Ein Anzeichen für eine Mischung aus Balance- und Dominanzinstruktion. Die Balance verlangt, dass alles seine Ordnung hat und somit stabil ist, die Dominanz möchte das Geschehen regeln und alles unter Kontrolle haben. Bild eins zeigt sehr stark, das Bindungsmodul, welches der Balanceinstruktion zuzuordnen ist. Sich in einer Gruppe zu befinden gibt Sicherheit. Bei diesem Foto kommt aber auch die Stimulanz ein bisschen zum Ausdruck, dargestellt durch das Glas Rotwein, das man genießen möchte. Allgemein drückt dieses Bild eine offene, 65 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas bejahende Lebenseinstellung aus, bei der man sich zwischendurch auch etwas gönnt. Bild zwei und drei stehen für die Stimulanz. Etwas sehen wollen, dass es bei uns nicht gibt. Gerade die Häuser auf Bild zwei sind untypisch und stehen somit für Unbekanntes und neue Reize. Hier steht aber weniger das Abenteuer im Vordergrund, denn der Proband möchte sich nicht selbst beweisen, sondern er möchte aus dem Gewohnten ausbrechen und noch etwas erleben. Natürlich ist bei Reisen von älteren Menschen immer die Dominanzinstruktion involviert, denn schließlich möchte man, vor allem bei weiten Reisen, demonstrieren, dass man noch nicht zu den Alten gehört, sondern noch immer aktiv ist und sich selbst gegenüber Jüngeren durchsetzen kann. Auch das Bild vier spricht hauptsächlich für die Stimulanz. Es zeigt ein fernöstliches Bauwerk und steht somit für Neues, Ungewohntes. Vor allem die asiatischen Schriftzeichen bzw. die englische Sprache zeigen, wie groß der Wunsch ist, aus dem Alltag auszubrechen und seinen Horizont zu erweitern. Dennoch ist dieses Bild untermauert von dem Streben nach Sicherheit, denn es zeigt viele Touristen, die sich diese Sehenswürdigkeit ansehen. Das heißt, der Proband möchte zwar Neues erleben, aber er will dabei keine Gefahr eingehen, indem er z.B. etwas auf eigene Faust unternimmt. Er will sich in Sicherheit fühlen und das tut er innerhalb einer Gruppe. Bild fünf hingegen spricht weit mehr für die Abenteuerkomponente. Laut eigener Aussage hat der Proband dieses Bild gewählt, weil er gerne im Zug sitzt und die Landschaft bestaunt. Doch es handelt sich hier um keine Luxuseisenbahn oder eine Touristenbahn. Dieses Bild erinnert eher an einsame Landschaft fernab der Zivilisation. Zusätzlich strahlt die Lokomotive eine enorme Kraft und Macht aus. Von Sicherheit ist hier keine Rede mehr. Nach Auswertung der Bildcollage soll die Verteilung der drei limbischen Instruktionen bei Proband 8 nun graphisch dargestellt werden. Abbildung 26: Verteilung der limbischen Instruktionen bei Proband 8: 66 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Verteilung der limbischen Instruktionen Balance 30% Dominanz 10% Stimulanz 60% Fasst man die Ergebnisse der männlichen Probanden nun zusammen, ergibt sich eine durchschnittliche Aufteilung der drei limbischen Instruktionen. BALANCE: 16% STIMULANZ: 41% DOMINANZ: 43% Dies soll in der nachstehenden Abbildung noch einmal graphisch dargestellt werden. Abbildung 27: Verteilung der limbischen Instruktionen bei den untersuchten Männern zwischen 60 und 79 Jahren: 67 Lehr- Und Lernskriptum 4 Jahrgang HLT St. Pölten – Mag Josef Wanas Verteilung der limbischen Instruktionen Balance 16% Dominanz 43% Stimulanz 41% Mit anderen Worten macht das Streben nach Balance beim älteren Mann nur 16 Prozent aus, d.h. nicht einmal ein Fünftel. Hingegen liegen Stimulanz bei 41 Prozent und Dominanz sogar bei 43 Prozent. Dieses Ergebnis zeigt, dass nicht wie angenommen, Reize, die der Balanceinstruktion entsprechen beim älteren Mann positive Gefühle auslösen, sondern Reize, die der Dominanz- und Stimulanzinstruktion angehören. Aus diese Auswertungen können nun Rückschlüsse über das Kaufverhalten gezogen werden Stand 25.9.06 68