(Möllenbeck) WS 2013/14

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Versuch einer Ausarbeitung der Fragen zur Theologischen Anthropologie WS 2013/14 Wien
Die Texte sind teilweise aus den Folien herauskopiert. Quellen anderer Texte sind in
Klammer angemerkt. Der Pfeil () verweist auf eigene Überlegungen. Sie sind ein Versuch
heraus zu arbeiten, worauf der Vortragende Professor hinaus wollte.
1. Warum ist die Atheismus-Kampagne der Brights ein Thema der Theologischen
Anthropologie?
Die Brights sind ein internationaler Zusammenschluss von Personen, die ein Weltbild vertreten, das
für sich in Anspruch nimmt, frei vom Glauben an Übernatürliches zu sein. Der Begriff geht auf Paul
Geisert und Mynga Futrell zurück und wurde von ihnen erstmals 2003 auf einer Konferenz der
Atheist Alliance International öffentlich diskutiert, mit folgender Definition:
„Die Brights sind Menschen mit einem naturalistischen Weltbild, das frei von mystischen und
übernatürlichen Elementen ist, und deren Ethik und Handlungen auf diesem Weltbild beruhen.“
(Wikipedia).
 Es wird daraus ersichtlich, dass das Thema eng verbunden ist mit Ethik, was immer auch ein
Thema Theologischer Anthropologie ist. Zudem heißt es auch:
Seid stets bereit, Rede und Antwort zu stehen von der Hoffnung, die euch erfüllt. (1 Petr 3,15)
 wird sind dazu aufgerufen Rede und Antwort zu geben zu dem, was uns Hoffnung gibt. Wir
können daher nicht schweigen zu einer Kampagne, welche den Grund unserer Hoffnung radikal in
Frage stellt. Rede und Antwort ist auf zwei Ebenen zu geben:
1. Logos Gottes: genitivus obiectivus
=> menschlicher Vernunft entsprechen
2. Logos Gottes: genitivus subiectivus => Gottes Selbstmitteilung entsprechen
 Diese beiden Ebenen sind es, die sich auch im Titel dieser Vorlesung wiederspiegeln.
3. Theologische Anthropologie => Menschen helfen, beidem zu entsprechen
Das Gottesbild steht immer in Wechselwirkung zum Menschenbild:
Irenäus von Lyon: „Herrlichkeit Gottes ist der lebendige Mensch“
Die Gott schauen, erhalten Anteil am Leben Gottes.
 Auch zwischen den Glauben an Gott und dem Leben besteht ein Zusammenhang. Wie sieht es
im Atheismus mit dem Verhältnis zum Leben aus?
Es wahrte die Unsichtbarkeit Gottes, damit der Mensch kein Gottverächter werde und
immer ein Ziel vor sich habe, dem er zustreben kann. Und doch machte das Wort Gott
sichtbar, indem es den Menschen durch vielerlei Fügungen seiner Heilsordnung auf ihn
hinwies, damit der Mensch nicht gänzlich von Gott abkomme und aufhöre zu sein.
Selig, die ein reines Herz haben: sie werden Gott schauen
 Es ist wohl nicht so, wie vielleicht die Atheisten denken, dass man Gott „erfunden“ hat, damit
die Menschen nichts böses tun aus Angst vor seinem Gericht, sondern es dürfte vielmehr so sein,
dass der Glaube an Gott an Ansporn ist gut zu sein, damit man erreicht, was der Mensch im
Innersten seines Wesens am meisten begehrt – die Gottesschau.
‚enjoy your life‘ heißt noch nicht ‚joy‘ empfinden
1
2. Die Anthropologie kreist um drei berühmte Fragen. Lassen sie sich gleichermaßen
naturwissenschaftlich, philosophisch oder theologisch stellen?
Anthropologie (altgriechisch ánthrōpos „Mensch“, und -logie: Menschenkunde) ist die
Wissenschaft vom Menschen. Sie wird im deutschen Sprachraum und in vielen europäischen
Ländern vor allem als Naturwissenschaft verstanden. Die naturwissenschaftliche oder physische
Anthropologie betrachtet den Menschen im Anschluss an die Evolutionstheorie von Charles Darwin
als biologisches Wesen.
Dieser naturalistischen Betrachtung des Menschen stehen verschiedene andere Ansätze gegenüber,
beispielsweise die philosophische Anthropologie. Hier wird der Mensch nicht nur als Objekt,
sondern auch als Subjekt wissenschaftlich untersucht. Dabei geht es unter anderem um qualitative
Eigenschaften wie die Personalität, die Entscheidungsfreiheit und die Möglichkeit zur
Selbstbestimmung.
1 Naturwissenschaftlicher Ansatz (z.B. Charles Darwin’s Evolutionstheorie)
2 Geisteswissenschaftlicher Ansatz (auch theologische und philosophische A.)
3 Andere Ansätze und Mischformen (z.B. Psychologische Anthropologie)
(Wikipedia)
(1): Anthropologie – ja! …. theologisch? – nein!
(2): Anthropologie – ja! … religiös – ja! … christlich – nein!
(3): Anthropologie – ja! … aber weder religiös noch geisteswissenschaftlich!
(2): Anthropologie – ja! … religiös – ja! … christlich – nein!
Jürgen Habermas warnt vor anti-religiösem Leichtsinn
„Gott bleibt nur so lange ein ‘Gott freier Menschen’, wie wir die absolute Differenz zwischen
Schöpfer und Geschöpf nicht einebnen.“
(3): Anthropologie – ja! … aber weder religiös noch geisteswissenschaftlich!
Sigmund Freud: Psycho-Analyse
- das ‚Ich’ in Entwicklung zwischen ‚Es’ und ‚Über-Ich’
- das ‚Es’ zwischen pluralen Trieben und Reizen
- das ‚Über-Ich’ zwischen pluralen Werten, Normen und Gewissen
- die Rede von ‚Mit-Geschöpfen’ ist nicht ernst gemeint
=> Mensch erschafft sich in tierischer Seele ein ‚Ich’
=> ‚Gewissen’ ist Über-Fremdung durch andere ‚Ich’
=> Sexual- und andere Triebe sind mächtig
Kopernikus – Darwin – Freud: Drei „Kränkungen der Menschheit“?
2
3. Was besagt und was bezweckt die Rede von den „drei Kränkungen der Menschheit“?
„Nach dieser Einleitung möchte ich ausführen, dass der allgemeine Narzißmus, die Eigenliebe der
Menschheit, bis jetzt drei schwere Kränkungen von seiten der wissenschaftlichen Forschung erfahren hat.“
(Sigmund Freud: Eine Schwierigkeit der Psychoanalyse, in: Imago (1917), 1-7)
a) Kopernikus
Der Mensch glaubte zuerst in den Anfängen seiner Forschung, dass sich sein Wohnsitz, die Erde,
ruhend im Mittelpunkt des Weltalls befinde, während Sonne, Mond und Planeten sich in
kreisförmigen Bahnen um die Erde bewegen. Er folgte dabei in naiver Weise dem Eindruck seiner
Sinneswahrnehmungen, denn eine Bewegung der Erde verspürt er nicht, und wo immer er frei um
sich blicken kann, findet er sich im Mittelpunkt eines Kreises, der die äußere Welt umschließt. Die
zentrale Stellung der Erde war ihm aber eine Gewähr für ihre herrschende Rolle im Weltall und
schien in guter Übereinstimmung mit seiner Neigung, sich als den Herrn dieser Welt zu fühlen.
Die Zerstörung dieser narzißtischen Illusion knüpft sich für uns an den Namen und das Werk des
Nik. Kopernikus im sechzehnten Jahrhundert. Lange vor ihm hatten die Pythagoräer an der
bevorzugten Stellung der Erde gezweifelt, und Aristarch von Samos hatte im dritten vorchristlichen
Jahrhundert ausgesprochen, dass die Erde viel kleiner sei als die Sonne und sich um diesen
Himmelskörper bewege. Auch die große Entdeckung des Kopernikus war also schon vor ihm
gemacht worden. Als sie aber allgemeine Anerkennung fand, hatte die menschliche Eigenliebe ihre
erste, die kosmologische Kränkung erfahren.
b) Darwin (≠ Nietzsche)
Der Mensch warf sich im Laufe seiner Kulturentwicklung zum Herren über seine tierischen
Mitgeschöpfe auf. Aber mit dieser Vorherrschaft nicht zufrieden, begann er eine Kluft zwischen
ihrem und seinem Wesen zu legen. Er sprach ihnen die Vernunft ab und legte sich eine unsterbliche
Seele bei, berief sich auf eine hohe göttliche Abkunft, die das Band der Gemeinschaft mit der
Tierwelt zu zerreißen gestattete. Es ist merkwürdig, dass diese Überhebung dem kleinen Kinde wie
dem primitiven und dem Urmenschen noch ferne liegt. Sie ist das Ergebnis einer späteren
anspruchsvollen Entwicklung. Der Primitive fand es auf der Stufe des Totemismus nicht anstößig,
seinen Stamm auf einen tierischen Ahnherrn zurückzuleiten. Der Mythus, welcher den Niederschlag
jener alten Denkungsart enthält, läßt die Götter Tiergestalt annehmen, und die Kunst der ersten
Zeiten bildet die Götter mit Tierköpfen. Das Kind empfindet keinen Unterschied zwischen dem
eigenen Wesen und dem des Tieres; es läßt die Tiere ohne Verwunderung im Märchen denken und
sprechen; es verschiebt einen Angsteffekt, der dem menschlichen Vater gilt, auf den Hund oder auf
das Pferd, ohne damit eine Herabsetzung des Vaters zu beabsichtigen. Erst wenn es erwachsen ist,
wird es sich dem Tiere soweit entfremdet haben, dass es den Menschen mit dem Namen des Tieres
beschimpfen kann.
Wir wissen es alle, dass die Forschung Ch. Darwins, seiner Mitarbeiter und Vorgänger, vor wenig
mehr als einem halben Jahrhundert dieser Überhebung des Menschen ein Ende bereitet hat. Der
Mensch ist nichts anderes und nichts besseres als die Tiere, er ist selbst aus der Tierreihe
hervorgegangen, einigen Arten näher, anderen ferner verwandt. Seine späteren Erwerbungen
vermochten es nicht, die Zeugnisse der Gleichwertigkeit zu verwischen, die in seinem Körperbau
wie in seinen seelischen Anlagen gegeben sind. Dies ist aber die zweite, die biologische Kränkung
des menschlichen Narzißmus.
3
c) Freud (≠ Wittgenstein)
Am empfindlichsten trifft wohl die dritte Kränkung, die psychologischer Natur ist. Der Mensch, ob
auch draußen erniedrigt, fühlt sich souverän in seiner eigenen Seele. Irgendwo im Kern seines Ichs
hat er sich ein Aufsichtsorgan geschaffen, welches seine eigenen Regungen und Handlungen
überwacht, ob sie mit seinen Anforderungen zusammenstimmen. Tun sie das nicht, so werden sie
unerbittlich gehemmt und zurückgezogen. Seine innere Wahrnehmung, das Bewußtsein, gibt dem
Ich Kunde von allen bedeutungsvollen Vorgängen im seelischen Getriebe, und der durch diese
Nachrichten gelenkte Wille führt aus, was das Ich anordnet, ändert ab, was sich selbständig
vollziehen möchte. Denn diese Seele ist nichts einfaches, vielmehr eine Hierarchie von über- und
untergeordneten Instanzen, ein Gewirre von Impulsen, die unabhängig voneinander zur Ausführung
drängen, entsprechend der Vielheit von Trieben und von Beziehungen zur Außenwelt, viele davon
einander gegensätzlich und miteinander unverträglich. Es ist für die Funktion erforderlich, dass die
oberste Instanz von allem Kenntnis erhalte, was sich vorbereitet, und dass ihr Wille überallhin
dringen könne, um seinen Einfluß zu üben. Aber das Ich fühlt sich sicher sowohl der
Vollständigkeit und Verläßlichkeit der Nachrichten als auch der Wegsamkeit für seine Befehle.
In gewissen Krankheiten, allerdings gerade bei den von uns studierten Neurosen, ist es anders. Das
Ich fühlt sich unbehaglich, es stößt auf Grenzen seiner Macht in seinem eigenen Haus, der Seele. Es
tauchen plötzlich Gedanken auf, von denen man nicht weiß, woher sie kommen; man kann auch
nichts dazu tun, sie zu vertreiben. Diese fremden Gäste scheinen selbst mächtiger zu sein als die
dem Ich unterworfenen; sie widerstehen allen sonst so erprobten Machtmitteln des Willens, bleiben
unbeirrt durch die logische Widerlegung, unangetastet durch die Gegenaussage der Realität. Oder es
kommen Impulse, die wie die eines Fremden sind, so dass das Ich sie verleugnet, aber es muss sich
doch vor ihnen fürchten und Vorsichten gegen sie treffen. Das Ich sagt sich, das ist eine Krankheit,
eine fremde Invasion, es verschärft seine Wachsamkeit, aber es kann nicht verstehen, warum es sich
in so seltsamer Weise gelähmt fühlt. Die Psychiatrie bestreitet zwar für solche Vorfälle, dass sich
böse, fremde Geister ins Seelenleben eingedrängt haben, aber sonst sagt sie nur achselzuckend:
Degeneration, hereditäre Disposition, konstitutionelle Minderwertigkeit!
Die Psychoanalyse unternimmt es, diese unheimlichen Krankheitsfälle aufzuklären, sie stellt
sorgfältige und langwierige Untersuchungen an, schafft sich Hilfsbegriffe und wissenschaftliche
Konstruktionen und kann dem Ich endlich sagen: »Es ist nichts Fremdes in dich gefahren; ein Teil
von deinem eigenen Seelenleben hat sich deiner Kenntnis und der Herrschaft deines Willens
entzogen. Darum bist du auch so schwach in der Abwehr; du kämpfst mit einem Teil deiner Kraft
gegen den anderen Teil, kannst nicht wie gegen einen äußeren Feind deine ganze Kraft
zusammennehmen. Und es ist nicht einmal der schlechteste oder unwichtigste Anteil deiner
seelischen Kräfte, der so in Gegensatz zu dir getreten und unabhängig von dir geworden ist. Die
Schuld, muss ich sagen, liegt an dir selbst. Du hast deine Kraft überschätzt, wenn du geglaubt hast,
du könntest mit deinen Sexualtrieben anstellen, was du willst, und brauchtest auf ihre Absichten
nicht die mindeste Rücksicht zu nehmen. Da haben sie sich denn empört und sind ihre eigenen
dunklen Wege gegangen, um sich der Unterdrückung zu entziehen, haben sich ihr Recht geschaffen
auf eine Weise, die dir nicht mehr recht sein kann.
Wie sie das zustande gebracht haben, und welche Wege sie gewandelt sind, das hast du nicht
erfahren; nur das Ergebnis dieser Arbeit, das Symptom, das du als Leiden empfindest, ist zu deiner
Kenntnis gekommen. Du erkennst es dann nicht als Abkömmling deiner eigenen verstoßenen
Triebe und weißt nicht, dass es deren Ersatzbefriedigung ist.«
4
»Der ganze Vorgang wird aber nur durch den einen Umstand möglich, dass du dich auch in einem
anderen wichtigen Punkte im Irrtum befindest. Du vertraust darauf, dass du alles erfährst, was in
deiner Seele vorgeht, wenn es nur wichtig genug ist, weil dein Bewusstsein es dir dann meldet. Und
wenn du von etwas in deiner Seele keine Nachricht bekommen hast, nimmst du zuversichtlich an,
es sei nicht in ihr enthalten. Ja, du gehst so weit, dass du »seelisch« für identisch hältst mit
»bewusst«, d. h. dir bekannt, trotz der augenscheinlichsten Beweise, dass in deinem Seelenleben
beständig viel mehr vor sich gehen muss, als deinem Bewusstsein bekannt werden kann. Lass dich
doch in diesem einen Punkt belehren! Das Seelische in dir fällt nicht mit dem dir Bewussten
zusammen; es ist etwas anderes, ob etwas in deiner Seele vorgeht und ob du es auch erfährst. Für
gewöhnlich, ich will es zugeben, reicht der Nachrichtendienst an dein Bewusstsein für deine
Bedürfnisse aus.
Du darfst dich in der Illusion wiegen, dass du alles wichtigere erfährst. Aber in manchen Fällen,
z.B. in dem eines solchen Triebkonfliktes, versagt er und dein Wille reicht dann nicht weiter als
dein Wissen. In allen Fällen aber sind diese Nachrichten deines Bewusstseins unvollständig und
häufig unzuverlässig; auch trifft es sich oft genug, dass du von den Geschehnissen erst Kunde
bekommst, wenn sie bereits vollzogen sind und du nichts mehr an ihnen ändern kannst. Wer kann,
selbst wenn du nicht krank bist, ermessen, was sich alles in deiner Seele regt, wovon du nichts
erfährst, oder worüber du falsch berichtet wirst. Du benimmst dich wie ein absoluter Herrscher, der
es sich an den Informationen seiner obersten Hofämter genügen lässt und nicht zum Volk
herabsteigt, um dessen Stimme zu hören. Geh in dich, in deine Tiefen und lerne dich erst kennen,
dann wirst du verstehen, warum du krank werden musst, und vielleicht vermeiden, krank zu
werden.«
So wollte die Psychoanalyse das Ich belehren. Aber die beiden Aufklärungen, dass das Triebleben der Sexualität in uns nicht voll zu bändigen ist, und dass die seelischen Vorgänge an sich
unbewusst sind und nur durch eine unvollständige und unzuverlässige Wahrnehmung dem Ich
zugänglich und ihm unterworfen werden, kommen der Behauptung gleich, dass das Ich nicht Herr
sei in seinem eigenen Haus.
Sie stellen miteinander die dritte Kränkung der Eigenliebe dar, die ich die psychologische
nennen möchte. Kein Wunder daher, dass das Ich der Psychoanalyse nicht seine Gunst zuwendet
und ihr hartnäckig den Glauben verweigert.
Die wenigsten Menschen dürften sich klar gemacht haben, einen wie folgenschweren Schritt die
Annahme unbewusster seelischer Vorgänge für Wissenschaft und Leben bedeuten würde. Beeilen
wir uns aber hinzuzufügen, dass nicht die Psychoanalyse diesen Schritt zuerst gemacht hat. Es sind
namhafte Philosophen als Vorgänger anzuführen, vor allen der große Denker Schopenhauer, dessen
unbewusster »Wille« den seelischen Trieben der Psychoanalyse gleichzusetzen ist. Derselbe Denker
übrigens, der in Worten von unvergesslichem Nachdruck die Menschen an die immer noch
unterschätzte Bedeutung ihres Sexualstrebens gemahnt hat. Die Psychoanalyse hat nur das eine
voraus, dass sie die beiden dem Narzissmus so peinlichen Sätze von der psychischen Bedeutung der
Sexualität und von der Unbewusstheit des Seelenlebens nicht abstrakt behauptet, sondern an einem
Material erweist, welches jeden einzelnen persönlich angeht und seine Stellungnahme zu diesen
Problemen erzwingt. Aber gerade darum lenkt sie die Abneigung und die Widerstände auf sich,
welche den großen Namen des Philosophen noch scheu vermeiden.
Was ist so kränkend an der Vorstellung, vom Affen abzustammen? Nicht die Abstammung
vom Affen ist eine Kränkung, sondern die reduktionistische Erklärung, dass die Beziehung zu
Gott, die Erkenntnis von Wahrheit, Schönheit, Güte, und geistige Freiheit Illusionen seien.
5
4. Die Evolutionstheorie wird als Argument für ein Menschenbild verwendet, das Gott sowie
die Unterscheidung von Gut und Böse ausklammert. Wie funktioniert dieses Argument?
Überzeugend?
Evolution erklärt alles:
= der Mensch ist nicht Gottes Geschöpf
= ‚gut’ + ‚böse’ sind Illusionen
= ‚Sinn’ + ‚Zweck’ sind Illusionen
= ohne Mitleid
=> Darwin-Mechanik ermöglicht neuen Atheismus
„Gut und Böse“ aus naturwissenschaftlicher, speziell biologischer Sicht betrachtet, provoziert
unmittelbar die Frage, ob es sich hier überhaupt um Kategorien handelt, die naturwissenschaftlich
erfassbar sind. Notwendig erscheint es auf jeden Fall, in einem ersten Schritt zu einer
Begriffsklärung zu gelangen, die dem naturwissenschaftlichen terminologischen Anspruch genügt.
Dabei erscheint es zunächst leichter, sich dem „Bösen“ zu nähern, denn zumindest seit Konrad
Lorenz‘ „Das sogenannte Böse“ (1974) ist der Versuch, das „Böse“ verhaltens- und
evolutionsbiologisch zu erfassen, vertraut. Sucht man also hier nach einer terminologischen
Schärfung, gelangt man bei Lorenz bereits in seinem Vorwort schnell zu einer Gleichsetzung von
„böse“ und „aggressiv“, und noch genauer: „Das Buch handelt von der Aggression, das heißt von
dem auf den Artgenossen gerichteten Kampftrieb von Tier und Mensch.“ (Lorenz 1974: 7). Lässt
man Lorenz‘ eigentliches argumentatives Ziel, nämlich der Nachweis eines „Aggressionstriebes“,
hier noch außer Betracht, ergibt sich nach Lorenz die terminologische Klärung, das „Böse“ sei,
biologisch gesprochen, die innerartliche Aggression.
(aus http://www.izpp.de/fileadmin/user_upload/Ausgabe-1-2009/7-LeinhosHeinke_Gut_und_Boese.pdf)
<=> Geistnatur = philosophisches Hauptproblem des ideologischen Naturalismus
 Das Argument, gut und böse wären nur eine Illusion, funktioniert nur durch Ausklammerung der
Geistnatur des Menschen. Das geht Hand in Hand mit dem Atheismus. Schon in Darwin selbst
regten sich hier Zweifel:
Kann man dem menschlichen Bewusstsein, das – davon bin ich fest überzeugt – sich aus einem so
niedrigen Bewusstsein entwickelt hat, wie es das niedrigste Lebewesen besitzt, kann man ihm trauen,
wenn es so anspruchsvolle Schlüsse zieht?
… Das Mysterium vom Anfang aller Dinge können wir nicht aufklären; und ich jedenfalls muß mich
damit zufrieden geben, Agnostiker zu bleiben. (Autobiographie)
C. S. Lewis-Argument: Naturalismus lässt sich nicht als Erkenntnis denken
=> Unfähigkeit zur Erkenntnis aufgrund von Evolution des Geistes
 Wenn Beziehung zu Gott, die Erkenntnis von Wahrheit, Schönheit, Güte, und geistige Freiheit
Illusionen sind, dann wird es auch schwierig eine überzeugende Ethik zu begründen.
 Zur Leugnung der Willensfreiheit des Menschen siehe auch Pariser Verurteilungen von 1277
und Johannes Duns Scotus: synchrone Kontingenz (aus Freiheit), Folie 5.
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Ergänzungen aus der persönlichen Mitschrift
Auch Freiheit ist eine Illusion
Evolutionismus wird verneint, nicht die Evolutionstheorie selbst.
Wie Gott die Welt schafft, sieht man ja daran, was er tut.
1. Punkt
Zwei unterschiedliche Schöpfungsberichte nebeneinander
2. Punkt
Es können ja keine Berichte sein, weil keiner dabei war. Es kann nur Prophetie sein, durch Eingabe
durch den Heiligen Geist.
3. Punkt
Gott kann die Welt wegen der creatio continua nicht verlassen.
Gott wirkt weiter an der Schöpfung. Wenn er nur die Welt geschaffen hätte und dann die Welt sich
alleine überlassen hätte, wäre das halber Deismus.
In der Evolutionstheorie geht es nicht um individuelle Stärken eines Lebewesens, sondern darum,
wie viele Nachkommen er „produziert“. Das ist servival of the fitest. Die Evolutionstheorie
interessiert sich nicht für geistige Fortschritte und dergleichen.
Ein Naturalist kann seine Theorie nicht als wahr bezeichnen.
Eine Theorie besagt, dass die Gottesverehrung im Sinne des servival of the fitest einen Vorteil
verschaffte aber heute zeigt sich die Gottesverehrung als eine sich krankhaft auswirkende. Man geht
von einem Gottgen aus und dieses muss ausgetrieben werden.
Ontokosmologische Anschauung
Darin lassen sich aussagen über das Sein über Aussagen des Kosmos machen.
These 21:
Nichts geschieht zufällig …
Kontingenz = die nicht-Notwendigkeit potenzieller Ereignisse im Gegensatz zu metaphysischer
schicksalhafter Notwendigkeit (Beispiel des Professors mit Elefant und Butterblümchen)
Wesensnotwendigkeit
Der Begriff Notwendigkeit, der naturalistische Notwendigkeit, hat man nur, wenn man den
Schöpfungsglauben hat.
Der Gott des Aristoteles blickt nicht auf das Ganze, sondern nur auf sich selbst.
Die nächste Frage ist, weiß Gott überhaupt, was geschehen wird, die nicht notwendig ist? Davon
hängt auch wieder die Frage der Freiheit ab.
 siehe zudem
„Hoping Evolution-Schöpfung.pdf“ und
„Eine einzige Spezies Mensch Funde in Georgien.pdf“
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5. Kann eine evolutionistische Erkenntnis- oder Moralbegründung gelingen? Gelingt sie
‚freudianisch’?
 Wenn die Evolutionstheorie sagt, dass die Beziehung zu Gott, die Erkenntnis von Wahrheit,
Schönheit, Güte, und geistige Freiheit nur Illusionen sind, dann kann keine Erkenntnis- oder
Moralbegründung gelingen, auch keine evolutionistische. Hilft Freud da weiter?
- Telos der Einzelnatur obsolet => moralische Tugend obsolet
- Moralität entstammt der Autonomie der praktischen Vernunft
=> Erb-/Ur-Sünde undenkbar, Beleidigung des Verstandes
Sigmund Freud: Über-Ich-Theorie
 Die freud‘schen Thesen dürften eher naturalistische Argumenten Auftrieb geben als dass sie
selber zu einer Erkenntnis- oder Moralbegründung beitragen würden.
C. S. Lewis: Die Abschaffung des Menschen
Im Februar 1943 hielt Lewis an der Universität von Durham die Riddell Memorial Lectures, eine
dreiteilige Vorlesungsreihe, die später als The Abolition of Man (dt. Die Abschaffung des
Menschen) herausgegeben wurde und sein wohl bekanntestes fachliterarisches Werk darstellt. Er
kritisierte das angeblich oberflächliche Schulmaterial, das die Schüler zu einer Weltanschauung
ohne jegliche objektive Werte führen würde. Die gesammelten Vorträge von Lewis, die die BBC
ausstrahlte, wurden unter dem Titel Mere Christianity (dt. Christentum schlechthin bzw. Pardon, ich
bin Christ) veröffentlicht.
Lewis hielt es für wichtig, die Existenz einer Hölle konkret ins Auge zu fassen. In Über den
Schmerz schrieb er:
„Bei allen Erörterungen über die Hölle müssen wir uns ständig vor Augen halten, daß sie wahrhaft
möglich ist – nicht für unsere Feinde, nicht für unsere Freunde (beide trüben den klaren Blick der
Vernunft), nein: für uns selbst.“
(Wikipedia)
John Henry Newman: Apologia pro vita sua und Grammar of Assent
Ferner wurde ich zu einer Prüfung der Verkettung der Argumente veranlaßt, die den Geist von den
einfachen bis zu den letzten religiösen Begriffen fortleiten was mich zweifellos schon lange vorher
beschäftigt hatte; und ich kam zu dem Schluß, daß es in der wahren Philosophie kein Mittelding
zwischen Atheismus und Katholizismus gebe, und daß ein vollkommen konsequenter Geist unter
den Umständen, in denen er hienieden lebt, sich entweder zum einen oder zum anderen bekennen
müsse. Und das glaube ich jetzt noch: Ich bin Katholik, kraft meines Glaubens and Gott; und wenn
ich gefragt werde, warum ich an einen Gott glaube, so gebe ich zur Antwort: Weil ich an mich
selbst glaube, denn meinem Empfinden nach ist es unmöglich, an meine eigene Existenz zu glauben
(und dieser Tatsache bin ich ganz sicher), ohne auch an die Existenz dessen zu glauben, der als ein
persönliches, allwissendes und allvergeltendes Wesen in meinem Gewissen lebt. Ich habe mich
allerdings nicht mit philosophischer Korrektheit ausgedrückt, denn ich habe nie studiert, was die
Metaphysiker darüber gesagt haben; aber ich glaube, daß ich mit dem Gesagten eine wichtige und
wahre Meinung ausspreche, die einer Prüfung standhalten wird.
8
Immanuel Kant: Kritik der Praktischen Vernunft
Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmenden Bewunderung und Ehrfurcht, je
öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der bestirnte Himmel über mir,
und das moralische Gesetz in mir. Beide darf ich nicht als in Dunkelheiten verhüllt, oder im
Überschwenglichen, außer meinem Gesichtskreise, suchen und bloß vermuten; ich sehe sie vor mir
und verknüpfe sie unmittelbar mit dem Bewußtsein meiner Existenz. Das erste fängt von dem
Platze an, den ich in der äußern Sinnenwelt ein-nehme, und erweitert die Verknüpfung, darin ich
stehe, ins unabsehlich-Große mit Wel-ten über Welten und Systemen von Systemen, überdem noch
in grenzenlose Zeiten ihrer periodischen Bewegung, deren Anfang und Fortdauer.
Das zweite fängt von meinem unsichtbaren Selbst, meiner Persönlichkeit, an, und stellt mich in
einer Welt dar, die wahre Unendlichkeit hat, aber nur dem Verstande spürbar ist, und mit welcher
(dadurch aber auch zugleich mit allen jenen sichtbaren Welten) ich mich nicht, wie dort, in bloß
zufälliger, sondern allgemeiner und notwendiger Verknüpfung erkenne. …
… Der erstere Anblick einer zahllosen Weltenmenge vernichtet gleichsam meine Wichtigkeit, als
eines tierischen Geschöpfs, das die Materie, daraus es ward, dem Planeten (einem bloßen Punkt im
Weltall) wieder zurückgeben muß, nachdem es eine kurze Zeit (man weiß nicht wie) mit
Lebenskraft versehen gewesen. Der zweite erhebt dagegen meinen Wert, als einer Intelligenz,
unendlich, durch meine Persönlichkeit, in welcher das moralische Gesetz mir ein von der Tierheit
und selbst von der ganzen Sinnenwelt unabhängiges Leben offenbart, wenigstens so viel sich aus
der zweckmäßigen Bestimmung meines Daseins durch dieses Gesetz, welche nicht auf
Bedingungen und Grenzen dieses Lebens einge-schränkt ist, sondern ins Unendliche geht,
abnehmen läßt.
9
6. Die biblische Geschichte vom ‚Sündenfall’ wird unterschiedlich interpretiert. Wie und
warum?
Ursünde oder Erbsünde? – nur drei logische Denkmöglichkeiten
a) unwiderstehliche Naturgeneigtheit zu dieser Disposition
entweder: (unvermeidlicher) Schöpfungsfehler
- endliche Subjektivität => incurvatus in se ipsum
- endliche Freiheit => material bedingt (Leib/Kultur)
- endliche Person => angstbesetzte communio
oder: durch Sündenfall natura totaliter corrupta
(Sünde als Selbstverschluss,
d. i. beziehungslose Egozentrik)
Protest der Aufklärung: (vgl. A. MacIntyre: „After virtue“)
- Telos der Einzelnatur obsolet => moralische Tugend obsolet
- Moralität entstammt der Autonomie der praktischen Vernunft
=> Erb-/Ur-Sünde undenkbar, Beleidigung des Verstandes
 hier wäre wohl die onto-kosmologische Weltanschauung zu nennen (alles ist determiniert; es
gibt keinen freien Willen und damit ist die Rede von der Vernunftfähigkeit des Menschen unnütz)
b) Vererbung erworbener Disposition
= Naturalisierung in Analogie zu Dawkins GodMnem
‚positive’ Vererbung eines ‚geistigen’ Merkmals durch Zeugung
=> Lorenz (Siehe Frage 4; „Das sogenannte Böse“), Wuketits, Jantsch = bad theology
c) Vererbung eines Mangels
= Personalisierung wie in Genesis 3
‚privative’ Vererbung, wirkt auf die nature-nurture-Einheit
=> Auswirkung auf die Gnadenlehre (zu erfüllendes Telos)
Prüfungsfrage: Was ist die katholische Lehrmeinung zur Ursünde? Was ist sie? Ein Mangel? Welche Art Mangel?
Ursünde besser als Erbsünde (vgl. Trient, 17. Juni 1546: De peccato originale )
Der Begriff “Erb-”Sünde ist freilich insofern fatal, als er abwegige Assoziationen auslöst: Er lässt
das Missverständnis aufkommen, als ob es hier um genealogisch bestimmte Vorgänge im Sinne
einer vererbten Krankheit gehe. Damit aber wäre das, was der Begriff meint, gerade in seiner Pointe
verfehlt. Ebenso wie eine Erbkrankheit ein Verhängnis ist, das mich von aussen, von meinen
Vorfahren trifft, an dem ich also ganz unschuldig bin, würde auch die Erbsünde aus einer Schuld in
Schicksal verwandelt und ins Ausserpersönliche abgeschoben.
Doch weil gerade das eben nicht gemeint ist, sollte man lieber die lateineische Vorlage des Begriffs,
peccatum originale, Ursünde, als Bezeichnung wählen. In diesem Sinne meint das Wort einen
Schuldzusammenhang, in dem ich mich immer schon vorfinde. Es meint Prozesse, in die ich mich
verwickelt sehe, die ich aber gleichwohl so mitvollziehe, dass ich mich nicht von ihnen als einem
artfremden Andern distanzieren kann, sondern dass ich sie als Subjekt veranworten und von ihnen
sagen muss: mea culpa, meine Schuld. (aus http://bibelkreis-muenchen.de/?p=1515)
10
7. Es war von der ‚Schöpfungsdifferenz’ und der ‚Persondifferenz’ die Rede. Wozu dienen
die besagten Unterscheidungen in der Theologischen Anthropologie?
Die Differenz zwischen Schöpfer und Geschöpf ermöglicht die Eigenwirklichkeit des Menschen
und der Schöpfung und „befreit die Welt, ihre Geschichte und damit auch den Menschen von der
Last einer vermeintlichen Göttlichkeit. (http://www.kaththeol.unimuenchen.de/lehrstuehle/christl_sozialethik/personen/1vogt/material/ss08_nachhaltigkeit/nachhaltzsf08_9.pdf)

Schöpfungsdifferenz = Eigenwirklichkeit der Schöpfung; (?)
Persondifferenz = Eigenwirklichkeit des Menschen (?)
Gerade diese Differenz ermöglicht eine freie Beziehung der Geschöpfe zu ihrem Schöpfer.
unwiderstehliche Naturgeneigtheit zu dieser Disposition entweder: (unvermeidlicher)
Schöpfungsfehler
- endliche Subjektivität => incurvatus in se ipsum
- endliche Freiheit => material bedingt (Leib/Kultur)
- endliche Person => angstbesetzte communio
oder: durch Sündenfall natura totaliter corrupta
 Folie 10
„Gott bleibt nur so lange ein ‘Gott freier Menschen’, wie wir die absolute Differenz zwischen
Schöpfer und Geschöpf nicht einebnen.“ (Folie 3)
Tod durch Negieren der Schöpfungsdifferenz in Person (Folie 9)
Schöpfungs- und Persondifferenz kann man …
leugnen – negieren – zementieren – verabsolutieren
naturalistisch – nihilistisch – pluralistisch – relativistisch (Folie 9)
In meinen Überlegungen über die Unlösbarkeit des Gottesproblems
hatte ich diese Möglichkeit nicht vorgesehen:
Christus selbst ist hernieder gestiegen und hat mich ergriffen.
Eine wirkliche Berührung von Person zu Person, hienieden, zwischen menschlichem Wesen und
Gott. (Simone Weil)
Wenn Gott Mensch wird, ist es gut, ein Mensch zu sein. (Joseph Ratzinger)
(Folie 9)
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8. Lassen sich die ‚onto-kosmologische Weltanschauung’ und die Theologische
Anthropologie christlicher Prägung miteinander vereinbaren?
 onto-kosmologische Weltanschauung (R.Söder)
 psycho-physischer Einfluss auf (intelligentes) Leben auf der Erde als Koinzidenz astraler
Konstellationen
 Pariser Verurteilungen von 1277
Karl Rahner
„Denn in einer allgemeinen Ontologie ist vom Sein im allgemeinen ja nicht die Rede bloß im Sinn
der leeren logischen Einheitlichkeit des „Etwas“ (welcher Begriff nie ausreichen würde zu einer
angemessenen Bestimmung des absoluten Seins, die für eine Religionsphilosophie hinreichend ist),
sondern im Sinn eines analogen ontologischen Seinsbegriffes, der einerseits zwar von allem
Seienden ausgesagt werden kann, so jedoch, daß in ihm immer schon mitgewußt wird, was
eigentlich Sein in seiner wachsenden Reinheit und Fülle ist, und so dieser Begriff als nur analog
aussagbar gewußt wird. Das aber ist nur möglich, wenn der philosophische Mensch an einer Stelle
wenigstens ein Seiendes unmittelbar erreicht, das selbst in gewisser Weise diese nach oben
greifende Fülle des Seins selbst ist, den Geist nämlich. Er muß sich selbst, um Ontologie treiben zu
können, als Geist erfaßt haben, Denn nur dann kann er wissen, was Sein eigentlich, analog ist. Nur
dann kann der Mensch wissen, daß Sein in seiner Reinheit und Fülle eigentlich Geist ist, nur dann
kann er einen wenigstens analogen Begriff von Gott bilden, der eine Religion ermöglichen kann.“
HdW 217/264
 siehe dazu auch „Indischer Zukunftshorror.pdf“
12
9. Was versteht man unter der ‚Gretchenfrage’? Welche Antwort legt die Theologische
Anthropologie christlicher Prägung nahe, von welcher muss sie sich distanzieren?
„Nun sag, wie hast du’s mit der Religion? Du bist ein herzlich guter Mann, allein ich glaub, du hältst nicht
viel davon.“
Im engeren Sinne ist mit Gretchenfrage demnach die Frage nach der Religiosität der jeweils
angesprochenen Person oder sozialen Gruppe gemeint. Im weiteren Sinne werden auch andere
Fragen mit der expliziten oder impliziten Fragestruktur: „Wie hast du’s mit…“ als Gretchenfragen
bezeichnet.
Die Gretchenfrage bei Goethe
Margarethe, genannt Gretchen, ist ein sehr junges Mädchen, das von dem älteren, respektablen
Wissenschaftler Faust umworben wird. Nachdem sie sich schon mehrmals getroffen und auch
geküsst, aber noch nicht miteinander geschlafen haben, stellt Gretchen an Faust ihre Frage.
Da Faust ausweicht und zunächst zurückfragt, in welchem Sinne sie denn eine Auskunft begehre,
ob es ihr um die tieferen Inhalte des Glaubens oder das unhinterfragte Befolgen der Traditionen
gehe, gibt Gretchen schließlich das Fragen auf, da sie sich diesem Niveau der Diskussion nicht
gewachsen fühlt. Überzeugen kann er sie indes nicht: obwohl Fausts Rechtfertigungen leidlich
scheinen mögen, kommt sie zum definitiven Schluss, Faust habe kein Christentum, was insofern
zutrifft, als Faust in der Osternacht in einem Monolog zugegeben hat, dass ihm der Glaube (hier: an
die Auferstehung Jesu und die Folgen dieses Vorgangs) fehle. Da Faust (was Gretchen nicht weiß)
einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat, erfasst sie durch ihre Frage Fausts „wunden Punkt“
intuitiv richtig.
Goethe stellt an dieser Stelle mit Gretchen und Faust zwei Entwürfe einander gegenüber: Zum einen
das Mädchen aus einfachen traditionsbestimmten Verhältnissen, das den Glauben an Gott und
kirchliche Religiosität als Zentrum auch des eigenen Selbstverständnisses übernommen hat; zum
anderen der gelehrte Heinrich Faust, der im Sinne neuzeitlicher Subjektivität auch die überlieferte
Religion in Frage stellt und argumentiert, er könne die gleichen Gefühle für das Gute, Schöne und
Anständige haben wie Gretchen. Diese Werte müssten aber nicht unbedingt von der Kanzel
gepredigt werden, um beherzigt zu werden.
Da zur Zeit Goethes die christliche Religion die Sexualmoral definierte, will Gretchen wissen, mit
welcher Haltung Fausts gegenüber der Religion, d.h. gegenüber dem christlichen Glauben, sie
rechnen soll. Ihre Frage nach Fausts Glauben ist auch die Frage nach seiner Lebenspraxis und
gesellschaftlichen Eingebundenheit. (Wikipedia)
Welche Antwort legt die Theologische Anthropologie christlicher Prägung nahe, von welcher
muss sie sich distanzieren?
John Henry Newman, Apologia pro vita sua:
Ferner wurde ich zu einer Prüfung der Verkettung der Argumente veranlaßt, die den Geist von den
einfachen bis zu den letzten religiösen Begriffen fortleiten was mich zweifellos schon lange vorher
beschäftigt hatte; und ich kam zu dem Schluß, dass es in der wahren Philosophie kein Mittelding
zwischen Atheismus und Katholizismus gebe, und dass ein vollkommen konsequenter Geist unter
den Umständen, in denen er hienieden lebt, sich entweder zum einen oder zum anderen bekennen
müsse. Und das glaube ich jetzt noch: Ich bin Katholik, kraft meines Glaubens and Gott; und wenn
13
ich gefragt werde, warum ich an einen Gott glaube, so gebe ich zur Antwort: Weil ich an mich
selbst glaube, denn meinem Empfinden nach ist es unmöglich, an meine eigene Existenz zu glauben
(und dieser Tatsache bin ich ganz sicher), ohne auch an die Existenz dessen zu glauben, der als ein
persönliches, allwissendes und allvergeltendes Wesen in meinem Gewissen lebt. Ich habe mich
allerdings nicht mit philosophischer Korrektheit ausgedrückt, denn ich habe nie studiert, was die
Metaphysiker darüber gesagt haben; aber ich glaube, dass ich mit dem Gesagten eine wichtige und
wahre Meinung ausspreche, die einer Prüfung standhalten wird.
Wilhelm Busch
Sie stritten sich beim Wein herum,
Was das nun wieder wäre,
Das mit dem Darwin wär’ gar zu dumm,
Und wider die menschliche Ehre.
Sie tranken noch manchen Humpen aus,
Sie stolperten aus den Türen,
Sie grunzten vernehmlich und kamen nach Haus
Gekrochen auf allen Vieren.
 Die Vorstellung der Ehre ist hier eine Problematische. Vor allem aber; warum sollte man sich in
der Ehre gekränkt fühlen, weil der Mensch vom Affen abstammt? Mehr dazu bei den drei
Kränkungen der Menschheit.
14
10. Was ist mit ‚synchroner Kontingenz’ gemeint? Welche Bedeutung hat sie für die Theol.
Anthropologie?
Johannes Duns Scotus: synchrone Kontingenz (aus Freiheit)
Die Skizze veranschaulicht den Unterschied der Auffassungen von Parmenides und Aristoteles. Für
Parmenides ist p der einzig mögliche und darum nie wechselnde Zustand einer Sache. Für
Aristoteles ist p nur einer von mehreren möglichen Zuständen, d.h. auch –p ist möglich.
Parmenides
Aristoteles
Diese alternative Möglichkeit (-p) gilt indessen nur für einen anderen Zeitpunkt; zur selben Zeit gibt
es nach Aristoteles nur einen und genau einen möglichen Zustand. Das bedeutet aber, dass die
Zustände zwar wechseln können, dass sie aber in diesem Wechsel notwendig bestimmt sind, weil es
für jeden Zeitpunkt nur immer einen möglichen Zustand gibt. Der Übergang von einem zum
anderen Zustand ist mithin notwendig determiniert und keineswegs frei; er geschieht unvermeidlich.
Als Scotus diese Zusammenhänge studierte, ging ihm auf, dass diese Art von Kontingenz nicht
ausreicht, um die Zukunft offen zu denken und die Freiheit des Willens zu gewährleisten. Denn der
Begriff der Freiheit erfordert die doppelte Möglichkeit, eine Handlung zu tun oder auch zu
unterlassen. Wenn ich jemanden für eine böse Tat tadle, dann setze ich voraus, dass der Getadelte
die Tat auch hätte vermeiden können. Darum verschärft Scotus den Begriff der Kontingenz:
»‘Kontingent‘ nenne ich hier nicht jegliches, was nicht notwendig und nicht von überzeitlicher
Dauer ist, sondern jenes, dessen Gegenteil geschehen könnte eben dann, wenn es geschieht.«
Mit dieser Definition formuliert Scotus die von ihm entdeckte »synchrone Kontingenz«. Sie besagt
das Bestehen von alternativen Möglichkeiten nicht nur nacheinander, sondern in einem Moment. Im
Vergleich zur diachronen Kontingenz, die Aristoteles für zureichend gehalten hat, kann die
synchrone Kontingenz wie folgt veranschaulicht werden:
Scotus
Die schraffierten Kästchen stehen für die verwirklichten Möglichkeiten p oder –p, die leeren, nicht
schraffierten für diejenigen Alternativen, die jeweils unverwirklicht geblieben sind.
Das Neue der scotischen Theorie wird durch die Existenz dieser leeren Felder veranschaulicht:
Zugleich mit den verwirklichten Möglichkeiten sind jeweils Alternativen möglich gewesen. Es hätte
auch anders kommen können, nichts ist schicksalhaft vorherbestimmt! Die Zukunft ist offen, denn
es gibt immer mehr Möglichkeiten, als tatsächlich realisiert werden.
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Scotus erkannte indessen nicht nur, dass die Ereigniswelt synchron kontingent sein muss, wenn es
in der Welt Freiheit geben soll, er begründete darüber hinaus die Einsicht, dass die Kontingenz der
Ereigniswelt zur Bedingung hat, dass schon die erste Ursache, also Gott, auf freie Weise tätig ist
und sich folglich nicht auf naturnotwendige Weise zu den Dingen außerhalb ihrer selbst verhält.
Beide Einsichten zusammengenommen führen zu folgender These: Bedingung der Möglichkeit
menschlicher Freiheit ist die göttliche Freiheit.
Dies muss entschieden gegen das aristotelische Notwendigkeitsdenken festgehalten werden:
»ARISTOTELES hat behauptet und ähnlich auch AVICENNA, dass Gott sich auf notwendige
Weise zu den anderen (Dingen) außerhalb seiner selbst verhält, und daraus folgt, dass sich jedes
andere auf notwendige Weise zu ihm verhält.«
Scotus zeigt, dass aus dieser Prämisse unweigerlich folgt, dass es in der Welt keine
unvermeidlichen, d.h. synchron kontingenten Ereignisse geben kann. Die scheinbar zufälligen
Geschehnisse wären letztlich in einen notwendigen Kausalzusammenhang eingeordnet, denn:
»Jede Zweitursache verursacht insofern, als sie von der ersten bewegt wird; wenn also die erste mit
Notwendigkeit bewegt, so wird jede mit Notwendigkeit bewegt und jegliches wird mit
Notwendigkeit verursacht.«
»Wie sollte das«, erläutert Etienne GILSON, »was aus einer Ursache resultiert, die ihrer eigenen
Notwendigkeit gehorcht, nicht der Notwendigkeit unterworfen sein?« Die Schlußfolgerung gilt
ausnahmslos, auch für den menschlichen Willen, dem keine Sonderstellung zugestanden werden
kann, weil die Notwendigkeit des göttlichen Wirkens auch bis zum menschlichen Wollen
durchschlagen müßte.
So ergibt sich, dass nur eine der beiden Alternativen richtig sein kann:
»Entweder also geschieht nichts in kontingenter Weise, d.h. vermeidlich, oder das Erste verursacht,
und zwar auch unmittelbar, in solcher Weise, dass es auch nicht verursachen könnte.«
Scotus sieht viel deutlicher als seiner Vorgänger, dass der Naturalismus nur abgewehrt werden
kann, wenn zuerst und vor allem der Begriff von Gott und seinem Handeln neu bestimmt wird.
Darum seine Warnung:
»Noli mensurare Deum secundum Averroëm! – Miß Gott nicht mit dem Maße, das Averroës
angelegt hat!«
http://www.pth-muenster.de/view.php?nid=126&page=8
16
11. Was unterscheidet Kreatianismus von Kreationismus? Ist das wichtig für die Theol.
Anthropologie?
Der Kreatianismus (von lateinisch creatio, „das Erschaffen“) ist eine christliche Lehre über die
Entstehung der Seele, die von dem Kirchenvater Laktanz formuliert und begründet wurde. Sie
besagt, dass die Seele dem Menschen nicht von seinen Eltern über die Zeugung vermittelt wird
(Generatianismus) und auch nicht vor der Entstehung des Körpers existiert (Präexistenzlehre),
sondern zum Zeitpunkt der Zeugung von Gott erschaffen und in den sich bildenden Körper
eingefügt wird. Der Kreatianismus hatte aus der Sicht mancher Kirchenväter den Nachteil, dass er
nicht wie der Generatianismus die (damals noch nicht so bezeichnete) Erbsünde erklären konnte,
die Übertragung der Sündhaftigkeit von Adam auf seine Nachkommen, da eine neu geschaffene
Seele nicht von der Erbsünde betroffen zu sein schien. Daher konnte sich Augustinus von Hippo
nicht zwischen Generatianismus und Kreatianismus entscheiden. Später wurde jedoch der
Kreatianismus von der katholischen Kirche zur verbindlichen Lehrmeinung erklärt, die
gegenteiligen Ansichten wurden verurteilt. Basierend auf (Ps 2,7 ELB) wird argumentiert, dass im
Moment der Zeugung die neue Persönlichkeit entstanden ist. (Wikipedia)
Kreationismus (von lat. creatio „Schöpfung”) ist die Auffassung, dass das Universum, das Leben
und der Mensch durch einen unmittelbaren Eingriff eines Schöpfergottes in natürliche Vorgänge
entstanden sind. Er begründet dies mit der wörtlichen Interpretation der Heiligen Schriften der
abrahamitischen Religionen (insbesondere das 1. Buch Mose).
Der Kreationismus entstand im 19. Jahrhundert als Widerstand gegen das Postulat eines hohen
Erdalters und die darwinsche Evolutionstheorie. Heute richtet sich der Widerstand gegen die
moderne Naturwissenschaft und den Atheismus.
Seine größte Bedeutung hat der Kreationismus in den christlich-fundamentalistischen und
evangelikalen Richtungen in den USA. Dort hat er unter Wählern der konservativen Republikaner
viele Anhänger, die sogenannte religiöse Rechte. Sie sprechen sich dafür aus, den Kreationismus
zum Inhalt des Biologieunterrichts an Schulen zu machen. Da die US-amerikanische Verfassung
jedoch ein Verbot religiöser Inhalte im Schulunterricht enthält und auch keinen gesonderten
Religionsunterricht vorsieht, behaupten sie, der Kreationismus lasse sich als wissenschaftliche
Theorie vertreten und könne folglich ohne Konflikt mit der Verfassung unterrichtet werden.
Gerichte haben jedoch in letzter Instanz stets gegen diese Ansicht geurteilt. In seinen verschiedenen
Formen changiert der Kreationismus zwischen Religionslehre und Pseudowissenschaft.
Im Islam vertritt heute u. a. Harun Yahya den Kreationismus, im Judentum sind es vor allem
Anhänger orthodoxer Richtungen. (Wikipedia)
17
12. Kann die Theologische Anthropologie im Intelligent Design eine Hilfe für eine
zeitgenössische Rede vom Menschen als Geschöpf Gottes finden?
Intelligent Design (dt.: ‚intelligenter Entwurf‘, ‚intelligente Gestaltung‘; abgekürzt ID) ist die
kreationistische Auffassung, dass sich bestimmte Eigenschaften des Universums und des Lebens
auf der Erde am besten durch einen intelligenten Urheber erklären lassen und nicht durch einen
Vorgang ohne solche Leitung, wie die natürliche Selektion. Es ist eine moderne Fassung des
traditionellen teleologischen Arguments für die Existenz Gottes, die versucht, sich Aussagen
über das Wesen oder die Identität des Designers vollständig zu enthalten. Diese Idee wurde
von einer Gruppe von US-amerikanischen Neokreationisten entwickelt, die ihre Behauptungen aus
der Kreationismus-Kontroverse abänderten, um gerichtliche Entscheidungen zu umgehen, die es in
den USA verbieten, Kreationismus als Schulfach zu unterrichten. Die führenden Intelligent-DesignVertreter sind alle US-Amerikaner und gehören dem Discovery Institute an, einer konservativen
Denkfabrik. Sie glauben, dass der Designer der christliche Gott ist.
Die Anhänger des Intelligent Designs verstehen Intelligent Design als wissenschaftliche
Theorie und versuchen, den Begriff der Wissenschaft grundlegend umzudefinieren, so dass er
auch übernatürliche Erklärungen zulässt. Sie vertreten den Standpunkt, dass Intelligent
Design mit vorhandenen wissenschaftlichen Theorien zum Ursprung des Lebens auf einer
Stufe steht oder ihnen überlegen ist und dass sich mit Komplexitätskriterien zwingend beweisen
oder sehr wahrscheinlich machen lässt, dass das Leben auf ähnliche Weise entstanden sein muss
wie vom Menschen für einen Zweck geschaffene Nutzgegenstände.
Nach Ansicht der Wissenschaftsgemeinde ist Intelligent Design keine Wissenschaft. Die National
Academy of Sciences führt aus, dass „Kreationismus, Intelligent Design sowie ähnliche Ansichten,
die einen übernatürlichen Eingriff bei der Entstehung des Lebens oder der Arten behaupten, keine
Wissenschaft sind, weil sie mit den Methoden der Wissenschaft nicht überprüft werden können.“
Die U.S. National Science Teachers Association und die American Association for the
Advancement of Science haben Intelligent Design als Pseudowissenschaft bewertet. Dieser
Bewertung haben sich Teile der Wissenschaftsgemeinde ausdrücklich angeschlossen, während
andere der Auffassung sind, dass es eher als ‘Junk Science’ angesehen werden muss.
Intelligent Design entstand als Antwort auf das Urteil des United States Supreme Court im Fall
Edwards vs. Aguillard, bei dem es um die Trennung von Staat und Kirche ging. Erstmals wurde
dieser Standpunkt 1989 in Of Pandas and People, einem Schulbuch für den Biologieunterricht an
weiterführenden Schulen, veröffentlicht. Weitere Bücher darüber erschienen in den 1990er Jahren.
Mitte der 1990er wurden die Vertreter des Intelligent Designs nach und nach im Umfeld des
Discovery Institute aktiv und begannen, für die Aufnahme von Intelligent Design in den Lehrplan
öffentlicher Schulen zu werben. Durch die zentrale Rolle, die das Discovery Institute und sein
Center for Science and Culture bei Organisation und Finanzierung spielte, drang die IntelligentDesign-Bewegung in den späten 1990ern und den frühen 2000ern verstärkt in die Öffentlichkeit.
Die Absicht, im öffentlichen Schulunterricht Intelligent Design als alternative Erklärung für den
Ursprung des Lebens darzustellen, mündete schließlich im Verfahren Kitzmiller vs. Dover Area
School District. Eltern griffen einen Erlass an, gemäß dem Intelligent Design im Biologieunterricht
dargestellt werden sollte. Der vorsitzende Bezirksrichter John E. Jones III entschied, Intelligent
Design sei keine Wissenschaft und könne sich „nicht von seinen kreationistischen und daher
religiösen Wurzeln lösen“. Daher, so sein Urteil, verletze es die Establishment Clause des ersten
Verfassungszusatzes der US-amerikanischen Verfassung, wonach es der Regierung verboten ist,
eine Staatsreligion einzuführen oder Handlungen vorzunehmen, die in unangemessener Weise eine
Religion bzw. Nicht-Religion bevorzugen. (Wikipedia)
18
Intelligent Design als Bewegung
Die Intelligent-Design-Bewegung entstand aus einer Kampagne des Discovery Institute, um durch
den Einsatz von Intelligent-Design-Argumenten in der Öffentlichkeit der USA für weitreichende
soziale, akademische und politische Änderungen einzutreten. Die führenden Vertreter der
Bewegung sagen, dass Intelligent Design die Beschränktheit der Naturwissenschaft und der
weltlichen Philosophie des Naturalismus offenlegt. Intelligent-Design-Befürworter behaupten, dass
die Wissenschaft nicht auf den Naturalismus beschränkt werden sollte und nicht die Übernahme
einer naturalistischen Philosophie fordern sollte, die alle Erklärungen kurzerhand ablehnt, welche
übernatürliche Gründe beinhalten.
Phillip E. Johnson, der als Vater der Bewegung gilt, nannte als Ziel von Intelligent Design, den
Kreationismus zu wissenschaftlicher Anerkennung zu bringen. Alle führenden Intelligent-DesignBefürworter sind Assoziierte oder Angestellte des Discovery Institute und seines Center for Science
and Culture. Nahezu alle Intelligent-Design-Konzepte und die damit verbundene Bewegung sind
das Produkt des Discovery Institute, das die Bewegung führt und seiner wedge strategy nachgeht,
während es die daran angeschlossene Teach the Controversy-Kampagne („Die Kontroverse
unterrichten“) leitet.
Bei führenden Intelligent-Design-Befürwortern finden sich widersprüchliche Aussagen. In
öffentlichen Debatten bezeichnen sie Intelligent Design als nicht religiös, während andererseits auf
die biblische Grundlage von Intelligent Design hingewiesen wird, sobald konservativ-christliche
Unterstützer angesprochen werden.
Barbara Forrest, eine Expertin, die sich ausführlich mit der Bewegung befasst hat, schreibt dies
einer Verschleierungstaktik des Discovery-Institute über seine wirklichen Ansichten zu, was
demnach eine seiner Grundrichtlinien sei. Sie hat zur Bewegung geschrieben: „[the movement’s]
activities betray an aggressive, systematic agenda for promoting not only intelligent design
creationism, but the religious world-view that undergirds it.“ („Die Aktivitäten der Bewegung
geben eine aggressive, systematische Agenda nicht nur zur Förderung des Intelligent-DesignKreationismus preis, sondern auch zur religiösen Weltanschauung, die sie untermauert.“)
Die Religion und die führenden Anhänger
Die Argumente zu Intelligent-Design sind sorgfältig in weltlichen Begriffen formuliert und
vermeiden absichtlich, eine Identität des Designers zu postulieren. Phillip E. Johnson hat gesagt,
dass die Entwicklung einer Mehrdeutigkeit durch den Einsatz einer weltlichen Sprache bei den
Argumenten, die sorgfältig auf die Vermeidung von Beiklängen eines theistischen Kreationismus
hin ausgearbeitet wurden, ein notwendiger erster Schritt ist, um letztendlich das christliche
Gotteskonzept als Designer wieder einzuführen. Johnson betont „the first thing that has to be done
is to get the Bible out of the discussion“ („zuallererst muss die Bibel aus der Diskussion
verschwinden“) und „after we have separated materialist prejudice from scientific fact … only then
can ‚biblical issues‘ be discussed“ („nachdem wir materialistische Vorurteile von
wissenschaftlichen Fakten getrennt haben … erst dann können ‚biblische Angelegenheiten‘
diskutiert werden.“) Johnson ruft Intelligent-Design-Befürworter ausdrücklich dazu auf, ihre
religiösen Absichten zu verschleiern, so dass vermieden wird, dass Intelligent Design lediglich als
eine weitere Verpackung für die evangelikale christliche Nachricht angesehen wird. Die meisten der
Hauptbefürworter von Intelligent Design, einschließlich Michael Behe, William Dembski und
Stephen C. Meyer, sind Christen, die erklärt haben, dass in ihren Augen der Designer des Lebens
Gott ist. Die übergroße Mehrheit der Intelligent-Design-Befürworter sind evangelikale Protestanten.
Phillip E. Johnson, William Dembski und Stephen C. Meyer sind Protestanten, Michael Behe ist
römisch-katholisch und Jonathan Wells, ein anderer Hauptvertreter, ist ein Mitglied der
Vereinigungskirche, die von Sun Myung Moon geleitet wird.
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Die sich widersprechenden Behauptungen von führenden Intelligent-Design-Anhängern dazu, ob
Intelligent Design seine Grundlage in religiösen Überzeugungen hat, sind das Resultat ihrer
Strategie. Zum Beispiel listet William Dembski in seinem Buch The Design Inference einen Gott
oder eine „außerirdische Lebensform“ als zwei Möglichkeiten für die Identität des Designers auf.
Jedoch erklärt Dembski in seinem Buch Intelligent Design: the Bridge Between Science and
Theology „Christ is indispensable to any scientific theory, even if its practitioners don’t have a clue
about him. The pragmatics of a scientific theory can, to be sure, be pursued without recourse to
Christ. But the conceptual soundness of the theory can in the end only be located in Christ.“
(„Christus ist unverzichtbar für jede wissenschaftliche Theorie, selbst wenn ihre Fachleute keine
Ahnung von ihm haben. Der Pragmatik einer wissenschaftlichen Theorie kann selbstverständlich
ohne Rückgriff auf Christus nachgegangen werden. Aber die grundsätzliche Stichhaltigkeit der
Theorie kann am Ende nur in Christus gefunden werden.“) Dembski hat auch gesagt „ID is part of
God’s general revelation…“ („ID ist Teil von Gottes allgemeiner Offenbarung“) „Not only does
intelligent design rid us of this ideology (materialism), which suffocates the human spirit, but, in
my personal experience, I’ve found that it opens the path for people to come to Christ“ („Nicht nur
erlöst uns Intelligent Design von dieser Ideologie, dem Materialismus, die den menschlichen Geist
erstickt, sondern, wie ich persönlich festgestellt habe, öffnet es den Leuten den Weg zu Christus.“)
Zwei führende Intelligent-Design-Anhänger, Phillip Johnson und William Dembski, zitieren das
Evangelium nach Johannes als Grundlage von Intelligent Design. Barbara Forrest sagt, dass diese
Aussagen offenbaren, dass die führenden Anhänger Intelligent Design als grundsätzlich von
religiöser Natur ansehen und nicht als ein wissenschaftliches Konzept, das lediglich ganz zufällig
Schlussfolgerungen zulässt, die mit ihren persönlichen Glaubensauffassungen übereinstimmen.
Europa
In den Niederlanden beschäftigte sich der Niederländer Cees Dekker mit dem Thema, er schrieb
darüber zwei Bücher. Der deutsche Kreationist Siegfried Scherer (Wort und Wissen) war bis 2003
Fellow des Discovery Institute, distanziert sich jedoch inzwischen von dessen politischen Zielen. In
der europäischen Presse wird nur sporadisch über die Vorgänge in den USA berichtet. N-tv
überschrieb einen Bericht über die Entscheidung, in Schulen des US-Bundesstaats Kansas im
Biologieunterricht neben der Evolutionstheorie auch Intelligent Design zu behandeln, mit dem Titel
„Wo die Erde eine Scheibe ist – Kansas zieht Darwin in Zweifel“.
In Deutschland sympathisieren die Zeugen Jehovas im Allgemeinen mit Intelligent Design, ihr
bekanntester Vertreter ist der Genetiker Wolf-Ekkehard Lönnig, Gruppenleiter am Max-PlanckInstitut für Züchtungsforschung. Nach Lönnigs Veröffentlichung von Intelligent-Design-Thesen auf
den Internetseiten des MPI „kämpfte das Institut um seinen guten Ruf“; das MPI hat seinen
Mitarbeitern seitdem die Veröffentlichung persönlicher Ansichten auf der MPI-Site untersagt, wenn
sie nicht als solche klar gekennzeichnet seien. Der geschäftsführende Direktor des MPI, Paul
Schulze-Lefert, erklärte dazu: „Wir hätten uns lächerlich gemacht, würden wir diese Verquickung
von wissenschaftlich abgesicherten Befunden und persönlicher Meinung weiterhin auf unseren Sites
dulden.“
In Großbritannien vertreten der Mathematiker John Lennox und der Philosoph Antony Flew
Positionen des Intelligent Design.
20
13. Welche Aussagen macht das Tridentinum zur Sünde als Kategorie der Theologischen
Anthropologie?
Das Konzil von Trient befasste sich, ausgelöst durch die Reformation, abschließend mit diesem
Thema und stellte im Decretum de Peccato Originali fest, dass alle Menschen in Nachfolge des
Adam, mit Ausnahme von Maria (Mutter Jesu), von der Erbsünde betroffen sind. Dabei wird die
Erbsünde durch die Taufe allerdings „vollkommen“ getilgt. Die Erbsünde ist mithin
definitionsgemäß derjenige Mangel im Menschen, der bereits durch die Taufe (oder eine ihr
entsprechende Zuwendung zu Gott, siehe Begierdetaufe) restlos überwunden wird.
Aus katholischer Sicht zieht der Mensch durch den Sündenfall Adams das Missfallen Gottes auf
sich, da der Mensch die übernatürliche Ausstattung der Gnade verloren hat. Der Mensch kann ohne
Gnade durch seine guten Handlungen keine „übernatürliche Vollkommenheit“ verdienen. So ist er,
von seiner Empfängnis an, schon im Mutterleib im Zustand der Erbsünde, was dazu führt, dass der
Mensch zum Bösen neigt und der Verstand nicht mehr das Gute erkennt. Auch die Sinne verhalten
sich nicht mehr, wie die Übernatur dies verlangt. Die Erbsünde ist in der Auffassung der
katholischen Kirche Sünde in analogem Sinn: „Sie ist eine Sünde, die man ‚miterhalten‘, nicht aber
begangen hat, ein Zustand, keine Tat.“ Der Ausweg aus der Erbsünde wird im Kreuzestod Jesu
Christi und der damit verbundenen Erlösung gesehen.
Im Katechismus der Katholischen Kirche (KKK) heißt es u. a.: „Im Anschluß an den hl. Paulus
lehrte die Kirche stets, daß das unermeßliche Elend, das auf den Menschen lastet, und ihr Hang zum
Bösen und zum Tode nicht verständlich sind ohne den Zusammenhang mit der Sünde Adams und
mit dem Umstand, daß dieser uns eine Sünde weitergegeben hat, von der wir alle schon bei der
Geburt betroffen sind und ‚die der Tod der Seele‘ ist [Vgl. K. v. Trient: DS 1512.]. Wegen dieser
Glaubensgewißheit spendet die Kirche die Taufe zur Vergebung der Sünden selbst kleinen Kindern,
die keine persönliche Sünde begangen haben [Vgl. K. v. Trient: DS 1514].“
„Erbsünde“ wird wie folgt definiert: „Adam und Eva haben ihren Nachkommen die durch ihre erste
Sünde verwundete, also der ursprünglichen Heiligkeit und Gerechtigkeit ermangelnde menschliche
Natur weitergegeben. Dieser Mangel wird ‚Erbsünde‘ genannt.“ (Wikipedia/Erbsünde)
Kategorialisierung der Sünde – Ihre Folgen
Kirchliche Definitionen
Trient, 17. Juni 1546: De peccato originale
- Konzilien von Karthago (418) und Orange (529): anti-pelagianisch
=> keine direkte Lehre vom Paradies intendiert
=> gerichtet gegen imitatione non propagatione
- propagatione et non sola imitatione => der autarke Mensch ist (ohne Gnade) niemals im Heil
- gegen Wiedertäufer
- gegen reformatorisches simul iustus et peccator
- Wesen der Erbsünde:
a) origine unum (Sie ist eines Ursprungs)
b) propagatione non imitatione transfusum (Weitergabe nicht durch Nachahmung)
c) omnibus inest unicuique proprium (Alle sind von ihr betroffen)
21
- concupiscentia: Ex peccato est et ad peccatum inclinat (Neigung zur Sünde)
≠ Sünde
= fomes peccatum (Zündstoff zur Sünde)
Konkupiszenz (von lateinisch concupiscentia: heftiges Verlangen, Begierde) ist ein theologischer
Fachbegriff und bezeichnet die Neigung oder innere Tendenz des Menschen zum Bösen oder zur
Sünde. Eng verbunden mit der Frage der Rechtfertigung wurde die Deutung der Konkupiszenz
schon von den Kirchenvätern und in der Scholastik, seit Beginn der Reformation dann zwischen
römisch-katholischen und protestantischen Theologen, aber auch zwischen den
innerkonfessionellen Schulen kontrovers diskutiert. (Wikipedia)
 Folie 12
Urstandslehre:
- indirekte Aussagen, die von Theologie systematisiert
- ursprüngliche Heiligkeit und Gerechtigkeit als Erbausstattung
Praeternatural: donum integritatis/rectitudinis
donum immortalitatis (nicht nur Leib)
vgl. Gen 2,17; 3,2f; 3,19; 3,22; Weisheit 1,13; 2,23ff; Sir 25,24
Röm 5,12; 1 Kor 15,21 (Tod durch Sünde)
vgl. Gen 3,19; Sir 16,27‐ 17,1 (Tod als Folge der Geschöpflichkeit)
vgl. Eph 2,1ff; Kol 2,13; Röm 8,13 (Tod aufgrund von Sünde)
donum impassibilitatis
Implizierte Urstandslehre:
- indirekte Aussagen, die von Theologie systematisiert wurden
- ursprüngliche Heiligkeit und Gerechtigkeit als Erbausstattung (de fide)
Praeternatural:
donum integritatis/rectitudinis (fidei proximum)
donum immortalitatis (nicht nur Leib sterblich) (de fide)
Gen 2,17; 3,2f; 3,19; 3,22; Weisheit 1,13; 2,23ff; Sir 25,24
Röm 5,12; 1 Kor 15,21 (Tod durch Sünde)
Gen 3,19; Sir 16,27‐ 17,1 (Tod Folge der Geschöpflichkeit)
Eph 2,1ff; Kol 2,13; Röm 8,13 (Tod aufgrund von Sünde)
=> Schrift sieht zwischen Sünde und Tod enge Verbindung
donum impassiblitatis (sententia communis)
donum perfecti dominii (sententia communis)
donum scientiae (Theophilus/Irenäus vs. Augustinus/Scholastik)
22
Gen 2 und 3 im Gesamt der Bibel:
- keine Zitation im hebräischen Kanon – erst Weisheitsliteratur
(Prediger 7,29)
Sir 25, 24
Weisheit 10,1 ff; 2,23 ff; 2, 10‐ 20
=> spätjüdische Theologie: Adam Exemplar nicht Kausalursache
=> Urstand und Ursünde nicht alttestamentliches Bekenntnis
- Paulus (Röm 5; 1 Kor 15): nicht neue Details, sondern Deutung
=> von Christus her Licht auf Bilder des AT
- Gen 2 und 3 stehen nicht allein:
Ez 28,2.12‐ 17: Orakel über den Fürsten von Tyrus
Jes 14,13ff: Gerichtsspruch über König von Babel
Hiob 15, 7ff: Urmensch der lauschte im Rate Gottes
- Phil 2,5-11: Umkehrung der Adam-Bewegung
- weitere Sünden‐ Fälle in Gen 1-11:
Kain und Abel
Göttersöhne (Elohim-Wesen/ihr Garten) mit Menschenfrauen
Erdenrund angefüllt mit Gewalt (6,11.13) <=> totale Sintflut
Turmbau zu Babel <=> Berufung Abrahams
- Sündenbewußtsein im AT:
Hiob 14,4: wie könnte aus unreinem Kreis ein Reiner kommen
Ps 51,7: geboren in Schuld, in Sünde empfangen
Gen 8,21: Böses Trachten des Menschen von Jugend an
2 Kön 8,46: Kein Mensch ohne Sünde
Jes 6: unwürdig der Berufung (vgl. Lk 5,8: Petrus bei Berufung)
- Sündenbewußtsein im NT
Röm 3,23 (alle haben gesündigt) Lk 11,13 (die ihr schlecht seid); Mt 10,17ff (nur einer ist gut); Mt
13,24-30 (Unkraut-Weizen); Mt 19,3-9 (im Anfang nicht so); Joh 1 + 3 (als sarx geboren =
gottunwürdige Existenz => zu pneuma werden; vgl. 1 Kor 15, 44)
Verschiedene Grade der Sünde?
lässliche Sünde
schwere Sünde
Tod-Sünde
„strukturelle Sünde“
anthropo-logisch (Nietzsche, Heidegger, Wittgenstein)
öko-logisch/öko-nomisch (Luhmann et alii)
23
14. Was meint Karl Barth damit, dass es keine Theol. Anthropologie vor Christus geben
konnte? Wie verhält sich das zur Imago-Lehre z.B. bei Augustinus?
1951–1954 folgte die Schöpfungslehre (KD III): So wie die Schöpfung der „äußere Grund des
Bundes“ Gottes mit Israel – und darin eingeschlossen der Menschheit – ist, so ist Gottes eigene
Bundeserfüllung in Christus der „innere Grund der Schöpfung“. Dies begründete Barths nun immer
stärkere Hinwendung zur Welt, die nicht aus sich heraus gut werden kann, aber von vornherein
gerechtfertigt und begnadigt als gute Welt erkannt und gestaltet werden kann. Hier entwarf er auch
eine Anthropologie des Dialogs, in der er sowohl Bonhoeffers Ethik des „Menschseins für Andere“
als auch Martin Bubers dialogische Anthropologie (Ich und Du) aufgriff. (Wikipedia)
Barth: keine Anthropologie vor Christus:
- Sinn und Sein der Geschöpfe nur durch Offenbarung des Schöpfers in Christus erkennbar
- imago: Gottebenbildlichkeit ist Beziehungswirklichkeit
=> ≠ Gnaden’stand’
≠ Gnaden’habitus’
≠ potenƟa oboedienƟalis
- imago = analogia relationis
=> Personalität (Buber) des Menschen ist Anknüpfungspunkt
Viele Theologen wollten über Barth „hinausgehen“ und das menschliche Sein so beschreiben, dass
es von sich aus – auch abgesehen von der Offenbarung in Christus – auf Gott hinweise.
In seiner Religionskritik § 17 hat Barth die theoretische Möglichkeit des Menschen, Gott von sich
aus zu erkennen, durchaus zugestanden. Aber da er immer schon vom Christusgeschehen her
dachte, konnte er nur feststellen: Faktisch hat der Mensch Gott eben nicht erkannt, sondern ihn mit
Christus getötet und aus der Welt herausgedrängt. Damit hat er sich dem ewigen Tod ausgeliefert.
Die Härte dieses endgültigen Neins ist nicht zu umgehen. Nur Gott selber konnte in dieser Negation
ein-für-allemal seine unbegreifliche Gnadentat vollziehen. Und nur Gott selbst kann dies in der
Auferweckung seines Sohnes aufdecken und hat das getan. So bleibt menschliches Reden von Gott
die „unmögliche Möglichkeit“, die nur Gottes Geist schaffen kann.
Dabei behauptete Barth Gottes Souveränität nicht abstrakt und steril, sondern beschrieb sie als nach
mehreren Aspekten differenzierten, realen Kampf Jesu Christi mit den „Mächten und Gewalten“,
gegen die er unterliegend siegt, so dass die Dialektik von Kreuz und Auferweckung sich ständig neu
gegen unsere Vereinnahmung Gottes und unsere gesellschaftlich deformierten
Verstehensbedingungen durchsetzen kann. Die Ablehnung der natürlichen Theologie war daher für
Barth nicht mit der Lehre vom Wort Gottes abgeschlossen: Vielmehr muss alle Erkenntnis Gottes,
seiner Schöpfung, der Sünde und des eigenen Selbst immer wieder neu aus dem Christusereignis
errungen werden. (Wikipedia)
24
Seit dem griechischen Kirchenvater Irenäus von Lyon wird scharf zwischen den Begriffen „Abbild“
bzw. „Ebenbild“ (εἰκών eikōn, lateinisch imago) und „Ähnlichkeit“ (ὁμοίωσις homóiōsis, lateinisch
similitudo) unterschieden.[34] Während „Abbild“ eine bleibende und unverlierbare Größe sei, die
zum natürlichen Besitz des Menschen gehöre, sei die „Ähnlichkeit“ verloren gegangen: Der
Stammvater Adam sei zwar zum Abbild und zur Ähnlichkeit Gottes erschaffen. Durch den
Sündenfall jedoch sei der Mensch seiner Ähnlichkeit mit Gott verlustig geworden und habe sich
sehr weit von der göttlichen Vollkommenheit und Unvergänglichkeit entfernt. Dabei sei die
Möglichkeit einer „Rückkehr“ zu Gott allein durch die Gnade Christi möglich. Eine Gottähnlichkeit
könne so schon in der Gegenwart einsetzen, obwohl das endgültige Gottähnlich-Werden erst in der
Zukunft liege.
Nach dem Bild Gottes geschaffen zu sein bedeutet für Irenäus zwar einerseits, dass der Mensch sich
im Zustand der Unreife befindet, dass er aber andererseits auch durch stetes Wachstum zu Gott hin
sich diesem angleichen kann.
Diese Unterscheidung wurde von Clemens von Alexandria und von Origenes übernommen.[34]
Auch der spätere Kirchenvater Augustinus von Hippo unterscheidet zwischen Abbild und
Ähnlichkeit. Während das Abbild sich lediglich auf einen Teil des Menschen, nämlich dessen
trinitarisch strukturierte mens beziehe und immer und unveränderlich darin vorhanden sei, könne
die „Ähnlichkeit“ mit Gott, durch die Lebensführung beeinflusst, entsprechend stark oder weniger
ausgeprägt sein. (Wikipedia/Gottebenbildlichkeit)
Das personalistische Denken der 1930er Jahre – und besonders Karl Barths – bestimmt ausgehend
vom Verhältnis des Menschen zum Mitmenschen das Verhältnis des Menschen zu Gott als ein
Beziehungsverhältnis („analogia relationis“). Dieses Beziehungsverhältnis ist dadurch
charakterisiert, dass es nicht zwei Seinsarten miteinander vergleicht („analogia entis“), sondern
zwei Relationen.
Die entscheidende Stelle zur Gottebenbildlichkeit im Schöpfungsbericht, Gen 1,26 EU, übersetzt
Barth mit:
„Lasset uns Menschen machen, in unserem Urbild nach unserem Vorbild!“
– Karl Barth: Kirchliche Dogmatik III/1, 205
(Wikipedia/Gottebenbildlichkeit)
25
15. Was bedeutet Wittgensteins Rede vom ‚religiösen Sprachspiel’? Ist das ernst zu nehmen?
Das Buch will also dem Denken eine Grenze ziehen oder vielmehr nicht dem Denken sondern
dem Ausdruck der Gedanken. Er stellt sich damit in die Tradition Kants, aber er widmet sich
eben dem Ausdruck! Die Grenze wird also nur innerhalb der Sprache gezogen werden können. Was
jenseits der Grenze liegt ist Unsinn. Das was durch die Sprache aber als unsinnig ausgeschieden
wird, ist aber nicht auch gleich unwichtig.
Das Anliegen ist, die Sinnhaftigkeit von Sätzen zu prüfen oder genauer, die Bedingung der
Möglichkeit von sinnvollen Sätzen. Die Probleme der Sprache entstehen durch das Missverständnis
der Logik unserer Sprache. Sinn des Buches: Was sich überhaupt sagen lässt, lässt sich klar sagen.
Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.
Die Verwirrungen, welche uns beschäftigen, entstehen gleichsam, wenn die Sprache leer läuft. Das
philosophische Sprachspiel ist ein eben solcher Leerlauf. Dennoch hat Wittgenstein die
Sprachspiele auch kulturphilosophisch noch einmal vertieft, mit dem Hinweis, dass im Sprachspiel
immer schon bestimmte Annahmen vorausgesetzt werden müssen. Er wendet sich damit gegen die
cartesianische Vorstellung eines radikalen Zweifels. Man kann nie an allem gleichzeitig zweifeln damit würde man das Sprachspiel des Zweifelns zerstören und nichts mehr sagen können. Das Spiel
des Zweifelns setzt schon Gewissheit voraus.
Wittgenstein weist zurück, dass es hier eine Hierarchie der Sprachspiele gibt - das ist der
Hintergrund der Frankfurter Diskurstheorie. Die Sprachspiele stehen nebeneinander.
Ausgangspunkt der von Ludwig Wittgenstein in den Philosophischen Untersuchungen eingeführten
Sprachspieltheorie ist die Auffassung des Sprechens als eine Aktivität, die sich in einem
nichtsprachlichen Handlungskontext vollzieht und daher erst auf dessen Hintergrund zu verstehen
ist. Eine Sprache ist jeweils Teil einer Lebensform und zu verschiedenen Lebensformen gehören
verschiedene Sprachspiele, d.h. Systeme von Regeln zum Gebrauch der Sprache, aus denen sich die
Bedeutung der sprachlichen Ausdrücke ergibt. Wörter und Sätze können in verschiedenen
Sprachspielen ganz verschiedene Funktionen haben. Zu den unterschiedlichen Lebensformen
gehören auch unterschiedliche Prozeduren der Begründung und Unterscheidung zwischen dem, was
einer Begründung bedarf und was nicht. Wittgenstein sieht Religion als ein eigenständiges
Sprachspiel an und vertritt eine nichtkognitive Deutung religiöser Aussagen. Zum Sprachspiel einer
Religion gehörten spezifische Begriffe und Ausdrucksweisen, die nicht von außen kritisiert werden
können. (Wikipedia/ Religionsphilosophie#Religion_als_Sprachspiel)
Sprachspieltheorie von Wittgenstein
- als ‚Philo-Analyse’ mißverstanden
- ‚Bedeutung’ ist der ‚Gebrauch der Wörter’
- verschiedene ‚Sprachspiele’ gleichzeitig
Was ist zuerst da ‚Wirklichkeit’ oder ‚Sprache’?
Kann man denken / begreifen ohne Sprache?
Kann man fühlen ohne Sprache ?
Sprache: Was ist das?
Eingeborene Grammatik oder „Linguistische Arbeitsteilung“?
26
„Eine religiöse Frage ist nur entweder Lebensfrage oder sie ist (leeres) Geschwätz. Dieses
Sprachspiel – könnte man sagen – wird nur mit Lebensfragen gespielt. Ganz ähnlich wie das Wort
„Au-weh“ keine Bedeutung hat – außer als Schmerzensschrei. Ich will sagen: Wenn eine ewige
Seeligkeit nicht für mein Leben, meine Lebensweise, etwas bedeutet, dann habe ich mir über sie
nicht den Kopf zu zerbrechen; kann ich mit Recht darüber denken, so muß, was ich denke, in
genauer Beziehung zu meinem Leben stehen, sonst ist, was ich denke, Quatsch, oder mein Leben in
Gefahr.“
„Der ganzen Weltanschauung der Modernen liegt diese Täuschung zugrunde, daß die sogenannten
Naturgesetze die Erklärungen der Naturerscheinungen seien. So bleiben sie bei den ‚Naturgesetzen’
als bei etwas Unantastbarem stehen, wie die Älteren bei Gott und dem Schicksal. Und sie haben ja
beide recht und unrecht. Die Alten sind allerdings insofern klarer, als sie einen klaren Abschluß
anerkannten, während es bei dem neuen System scheinen soll, als sei alles begründet.“
An der Sprachspielthese wird kritisiert, dass Religion kein von anderen abgegrenztes Sprachspiel
darstellt. Der Glaubende bewege sich nicht nur in diesem Sprachspiel, sondern daneben in dem des
normalen Alltags, der Wissenschaften, der Technik, des Rechts usw. und verwende dabei im
Prinzip dieselbe Sprache. Dieselben Wörter und Sätze hätten in diesen Sprachspielen nicht
grundsätzlich verschiedene Bedeutungen. Die Bedeutung der Religion für das Leben bestehe gerade
darin, dass sie kein gegenüber dem sonstigen Leben isoliertes Sprachspiel ist. Die Aussagen der
Religion hätten auch für das Tun und Denken der Menschen im Alltag Bedeutung.
(Wikipedia/ Religionsphilosophie#Religion_als_Sprachspiel)
27
16. Maurice Blondels Unterscheidung von zwei Dimensionen des menschlichen Wollens war
von großer Bedeutung für die spätere Theologische Anthropologie. Was hat er sagen
wollen?
Das Prinzip der Immanenz (Rationalismus)
gegenläufig in Dienst nehmen
?=> Was ist das „Tun“, die „Action“?
Dynamik des menschlichen Wollens
„Es gibt ein Missverhältnis zwischen dem, was der Menschen zu wollen glaubt, und dem, was er
in einer tieferen Schicht seiner Seele tatsächlich will, zwischen dem gewollten Willen (volonté
voulue) und dem wollenden Willen (volonté voulante).“
<=> Ungläubigen ist es unbewusst, sie setzen es implizit im Tun
Das Tun, die action, ist unser Weg, eine Synthese von Denken und Wirklichkeit anzustreben. Diese
bleibt aber immer partiell, man wird der Wirklichkeit, dem Sein, niemals gerecht. Der Dilletant
versucht sich einzuigeln in eine vermeintliche Autarkie, indem er jedes Wollen verneint. Blondel
stellt dem ästhetischen Dilletanten den „homme de sacrifice“ gegenüber, der sich der Tatsache
beugt, dass er unendlich viel mehr will, als er in seinen einzelnen Willensakten erstreben kann.
Die Unendlichkeit des Wollens, die hier ausgesprochen wird, zielt auf einen unbedingten Sinn,
nach dem alles Wollen und Tun des Menschen sich ausstreckt und der vom handelnden und
wollenden Menschen selbst nicht erreichbar ist, ihm aber in Jesus Christus als in Raum und Zeit
geschichtlich anschauliche Verheißung vor Augen steht. (Menke)
Lassons positiver Deutung in Deutschland stand in Frankreich eine doppelte kritische Front
gegenüber. Zum einen sah die laizistische Universitätsphilosophie hier ihr Grundprinzip verletzt,
wie es Léon Brunschvicg in seiner Rezension in der Revue de métaphysique et de morale
ausdrückte:
„Der moderne Rationalismus ist durch die Analyse des Denken dahin gelangt, den Begriff der
Immanenz zur Grundlage und sogar zur Bedingung jeglicher philosophischen Lehre zu machen. Sich im
Gegenteil dazu an das Tun (action) zu halten, um in jeder Tat (acte) eine unvermeidliche Transzendenz
zu sehen; vom Nichts, ja der Verneinung des ethischen Problems auszugehen und zu allem hinzuführen,
zur buchstäblichen Praxis des Katholizismus, […]; schließlich zu zeigen, dass dadurch das Gesamt der
philosophischen Probleme in den Raum der Praxis transponiert und dank dieser Transposition gelöst ist,
dies ist das Ziel Blondels. […] Man muß hinzufügen, indem man seine Aufrichtigkeit, die Breite seiner
Konzeption und die dialektische Subtilität anerkennt, dass er unter den Verteidigern der Rechtes der
Vernunft höfliche, aber entschlossene Gegner finden wird.“
(Wikipedia)
28
17. Karl Rahner hat, ausgehend von der Erkenntnismetaphysik die Anthropologie zur
zentralen theologischen Disziplin erklärt. Wie hat er das begründet? Inwiefern meint er
‚Kant mit Kant überwinden’ zu können?
Karl Rahner
Geist in Welt
Hörer des Wortes
- „mit Kant Kant widerlegen“
=> transzendental
=> Möglichkeitsbedingung
- intellectus agens
Urteils-Wahrheit (Thomas)
‚est’ ist mehr als ‚copula’
=> Sein überhaupt / Woraufhin unseres Geistes = Bed. d. Möglichkeit von GiW
=> HdW = Dasein = Vorgriff
= Kontingenz (im Sinne von Geworfenheit)
= potentia oboedientialis
= übernatürliches Existenzial
=> Anthropologie = Theologie = Theologie
Hörer des Wortes:
Unsere Absicht geht demnach auf eine metaphysische Analytik des menschlichen Seins. Eine
solche Frage, so wurde eben gesagt, schließt sachlich das Ganze einer Metaphysik in sich.
Metaphysik ist aber die Frage nach dem Sein des Seienden als eines solchen, die Frage, welches der
Sinn von „Sein“ sei. So ist Metaphysik immer aufgefaßt worden und so wird sie auch heute noch,
wenn auch unter vielfacher Verkleidung verstanden. …
„Denn diese metaphysische Anthropologie, die wir trieben, und zwar mit rein philosophischen
Mitteln, zeigte eben den Menschen als das Seiende, das in Freiheit notwendig vor dem Gott einer
möglichen Offenbarung steht....“ HdW 218-219/266e
… Der Mensch kann nie bloß bei diesem oder jenem allein denkend oder handelnd sich aufhalten.
Er will wissen, was alles zumal in seiner Einheit, in der ihm alles schon immer begegnet, sei; er
fragt nach den letzten Hintergründen, nach dem einen Grund aller Dinge, und insofern er alles
einzelne als seiend erkennt, nach dem Sein alles Seienden; er treibt Metaphysik. Und selbst wenn er
es unterläßt oder sogar ausdrücklich ablehnt, so zu fragen, gibt er auf diese Frage doch eine
Antwort: Er erklärt die Frage als gleichgültig oder als sinnlos und hat damit schon eine Antwort
gegeben: Das Seiende (HdW2: Das Sein des Seienden) ist jenes Etwas, das uns gleichgültig, dunkel
und sinnleer aus jedem Seienden heraus anblickt. Oder der Mensch macht unausgesprochen ein
bestimmten Seiendes zum Sein: den Stoff oder die Wirtschaft, den Lebensdrang oder den Tod und
das Nichts. ... Er sagt so, was er unter Sein versteht und verstehen will; er treibt Metaphysik. Wir
müssen also Metaphysik treiben, weil wir es immer schon tun. Wir müssen also fragen, was das
Sein des Seienden ist.......
Jede Frage aber hat ein Woher, ein principium für einer mögliche Antwort auf sie. Denn eine Frage,
die schlechterdings keine Antwort will, gibt sich selbst auf. Will sie aber eine Antwort, so sucht und
29
bringt sie schon notwendig einen bestimmten Boden, einen eindeutigen Grund mit, auf den sie
gestellt werden kann und muß, von dem aus die Antwort ausgehen muß, weil sonst jede Antwort
richtig wäre, auch die willkürlichste. ... Das Woher der Antwort darf doch nicht selbst in Frage
stehen, wenn es der Grund sein soll, auf dem die Antwort feststehen kann. .... Ausgangspunkt der
Metaphysik ist somit die Frage, was das Sein des Seienden selbst sei; diese Frage selbst in der
Notwendigkeit, mit der sie vom Menschen gefragt wird ... ,weil sie in jedem Satz mitenthalten ist,
den der Mensch denkt oder spricht, ohne welches Denken und Sprechen er überhaupt nicht
menschlich zu sein vermag.Die metaphysische Frage nach dem Sein des Seienden als eines solchen
ist der einzig mögliche Ausgangspunkt aller Metaphysik. Aus der Analyse dieser Frage also muß
sich ergeben, was das Wesen des Seienden im allgemeinen sei, und was das Wesen des Seienden im
besonderen sei, das diese Seinsfrage in seinem Dasein notwendig stellt. ....
Diese Frage hat nun drei Aspekte:
1.Es ist nach allem Sein überhaupt (HdW2 nach Sein überhaupt) gefragt. Nach „allem“ (HdW2
„Sein überhaupt“) nicht im Sinn einer Summierung alles Seienden in seiner Vielheit und
Verschiedenheit, sondern in dem Sinne, daß nach dem Sein gefragt wird, das als eines und
(wenigstens analog) selbst jedem Seienden zukommt.
2.Es muß nach ihm gefragt werden.
3.Es muß nach dem Sein derart gefragt werden, daß nach dem Sein eines Seienden als solchen
gefragt wird, also in Unterscheidung zwischen Sein und Seienden (im Sinn von vielen selbigen
Seienden, denen gemeinsam dasselbe „Sein“ zukommt) (in HdW2 fehlt die Klammer). Daß diese
drei Aspekte der Seinsfrage zukommen, bedarf wohl keiner langen Erörterung. .... Und diese Frage
ist wirklich eine echte Frage. Das will sagen: Was Sein sei, ist wohl immer schon offenbar und
bekannt, aber nicht erkannt. Es wird trotz seiner Bekanntheit nicht bloß in einer rhetorischen Frage
nach dem Sein gefragt, sondern die Frage ist gestellt, weil wir noch nicht schlechthin wissend im
Besitz dessen sind, was wir erfragen.
Und es wird schließlich immer Sein und Seiendes in unserer Frage unterschieden. Das gerade
ermöglicht uns, nach Sein zu fragen. Seiendes ist uns immer schon bekannt und von uns erkannt,
weil wir immer mit ihm zu tun haben und uns immer schon wissend bei ihm aufhalten. Aber was
das Sein des Seienden sei, das wissen wir nicht. Und darum fragen wir. Die Fragenotwendigkeit
zeigt aber wieder umgekehrt, daß wir Sein und Seiendes notwendig unterscheiden. ....
In der metaphysischen Seinsfrage ist somit erstens nach allem Sein überhaupt gefragt. Das aber
heißt: Das Wesen des Seins ist Erkennen und Erkanntsein in einer ursprünglichen Einheit, die wir
das Beisichsein oder die Gelichtetheit des Seins nennen wollen. ....
Zunächst ist mit der Frage, was das Sein alles Seienden sei, schon ein vorläufiges Wissen um das
Sein im allgemeinen ausgesprochen. Denn nach dem in jeder Hinsicht und schlechthin
Unbekannten kann gar nicht gefragt werden. Somit ist irgendein Wissen mit der Frage nach dem
Sinn des Seins schon behauptet und ausgesprochen. Und da die Frage nach dem Sein überhaupt
alles in Frage stellt, kann das in der Frage enthaltene Wissen das Gewußte als solches nicht als
etwas vom Gefragten Verschiedenes wissen. Das gefragte Sein ist in all seiner Fraglichkeit immer
auch schon ein gewußtes Sein. Das Sein ist für die Metaphysik Wohin und Woher, Anfang und
Ende alles Fragens zumal. ....
„Denn in einer allgemeinen Ontologie ist vom Sein im allgemeinen ja nicht die Rede bloß im Sinn
der leeren logischen Einheitlichkeit des „Etwas“ (welcher Begriff nie ausreichen würde zu einer
angemessenen Bestimmung des absoluten Seins, die für eine Religionsphilosophie hinreichend ist),
sondern im Sinn eines analogen ontologischen Seinsbegriffes, der einerseits zwar von allem
Seienden ausgesagt werden kann, so jedoch, daß in ihm immer schon mitgewußt wird, was
eigentlich Sein in seiner wachsenden Reinheit und Fülle ist, und so dieser Begriff als nur analog
aussagbar gewußt wird. Das aber ist nur möglich, wenn der philosophische Mensch an einer Stelle
wenigstens ein Seiendes unmittelbar erreicht, das selbst in gewisser Weise diese nach oben
30
greifende Fülle des Seins selbst ist, den Geist nämlich. Er muß sich selbst, um Ontologie treiben zu
können, als Geist erfaßt haben, Denn nur dann kann er wissen, was Sein eigentlich, analog ist. Nur
dann kann der Mensch wissen, daß Sein in seiner Reinheit und Fülle eigentlich Geist ist, nur dann
kann er einen wenigstens analogen Begriff von Gott bilden, der eine Religion ermöglichen kann.“
HdW 217/264
„ Geheimnis der faktisch geschehenen Selbstkonstitution des Horchenden als konkrete freie Tat des
Menschen bei all seiner Autonomie noch unter der freien Gnade Gottes, so daß selbst die faktisch
vollzogene Konstitution der Bedingung des Hörens der Theologie noch frei Tat Gottes war, bevor
sie die des Menschen wurde. Und da somit Gott selbst die Bereitschaft des Horchens als Bedingung
des Hörens seines eigenen Wortes wirkt, ist die Theologie schlechthin in sich selbst gegründet:
Wort des lebendigen Gottes selbst. Religionsphilosophie geht ihr nur als Bedingung voraus und
auch als solche bloß, indem sie selbst wieder gewirkt ist vom redenden Gott, also Bedingung der
gehörten Theologie ist, aber als selbst durch das Wort Gottes bedingte.“ HdW 221-222/270
Karl Rahner versuchte im 20. Jahrhundert zu begründen, dass die Transzendentalität des Menschen
doch Transzendenz besitzt und somit auf dem Boden der Erfahrung Gott als wirklich existierend zu
erreichen vermag. (abgewandelter Text aus http://www.hoye.de/atheismus/ath-7.pdf)
Kant hat in seiner „Kritik der reinen Vernunft“ einen neue Denkweg eröffnet, nämlich nicht die
Ergebnisse des Denkens in den Blick zu nehmen, sondern zu fragen: Wenn der Mensch das und das
erkennen bzw. denken kann, was sind die Bedingungen dafür, daß er das überhaupt kann?
Aus der Analyse der Dynamik des Denkens kann Karl Rahner in „Hörer des Wortes“ ableiten, daß
in seinem Streben nach Wahrheit und Erfüllung der Mensch schon die Wirklichkeit bejaht. Er kann
nur etwas erkennen, wenn er aktiv auf das zu Erkennende zugeht. Weil er in seinem
Wahrheitsstreben auf das Ganze der Wirklichkeit zielt und sein Verlangen nur durch das höchste
Gute erfüllt werden kann, bejaht der Mensch in seinem Erkennen und Streben bereits die ganze
Wirklichkeit. Das ist dem Menschen nicht direkt bewußt, da sein Geist auf das in der Welt
Erkennbare ausgerichtet ist. Aber in der Dynamik des Erkennens und Wollens überschreitet der
Mensch bereits alles Endliche und bejaht somit das Absolute.
Indem Rahner das Bild des Horizonts nutzt, in dem alles, was wir erkennen, auftaucht, kann er
zugleich zeigen, daß dieser Horizont in jedem Erkennen präsent ist. Der Erkennende muß sich
diesen Horizont nicht ausdrücklich bewußt machen, trotzdem ist der Horizont immer da. Der dem
Menschen in seinem Erkenntnisvermögen mitgegebene Horizont ist immer da. Da der Mensch, um
einzelnes zu erkennen, immer auch den Horizont mit erkennt, erkennt er Gott, aber in besonderer
Weise:
Es ist ein Vorgriff auf das an sich unbegrenzte Sein ... Mit der Notwendigkeit, mit der dieser
Vorgriff gesetzt wird, ist auch das unendliche Sein Gottes mitbejaht. Zwar stellt der Vorgriff nicht
unmittelbar Gott als Gegenstand dem Geist vor, weil der Vorgriff als Bedingung der Möglichkeit
der gegenständlichen Erkenntnis von sich überhaupt keinen Gegenstand in seinem Sein vorstellt.
Aber in diesem Vorgriff als notwendiger und immer schon vollzogener Bedingung jeder
menschlichen Erkenntnis und jedes menschlichen Handelns ist doch auch schon die Existenz eines
absoluten Seins, also Gottes, mitbejaht.
(aus http://www.kath.de/lexikon/philosophie_theologie/ontologischer_gottesbeweis.php)
31
18. Karl Rahner spricht von der ‚transzendentalen Erfahrung’ des Menschen. Was meint er
damit?
Transzendentale Erfahrung ist ein von Karl Rahner in die Theologie eingeführter Begriff, der die
Grundlage jedweder Metaphysik und rationalen Rede über Gott darstellen soll. Der Ausdruck
knüpft an Immanuel Kants Begriff transzendentaler Möglichkeitsbedingungen an - bei Kant v.a. für
Erfahrungsurteile, bei Rahner insb. für religiösen Glauben.
Berührt wird hier das bekannte Problem der synthetischen Urteile a priori. Aussagen über die
Inhalte der transzendentalen Erfahrung sind a priori, da sie die Bedingungen der Möglichkeit
jedweder Erfahrung darstellen. Zum anderen aber sind sie synthetisch, da sie keine analytischen
Urteile sind.
Die transzendentale Erfahrung zeigt sich nicht nur im Erkennen, sondern auch im Handeln. Ihr
Inhalt ist letztlich das, was in der philosophischen Tradition unter „Sein“ verstanden wird. Die
Explikation dieses Wissens, die niemals an ein Ende kommt, ist Aufgabe der Metaphysik.
Der Begriff und sein theoretischer Kontext nimmt Anleihen und Modifikationen u. a. an Immanuel
Kant, Maurice Blondel und Edmund Husserl. (Wikipedia/ Transzendentale_Erfahrung)
„Der Mensch ist Geist und somit absolute Offenheit „nach oben“, d. h. für alles Sein, und so auch
Raum für eine mögliche Offenbarung. Aber gerade als Geist durch bloße Transzendenz ist die echte
Unendlichkeit nie als eingeholte, sondern immer nur als das immer größere Jenseits seines
Begreifens in bloßem Vorgriff ihm gegeben, und zugleich steht er als endlicher Geist vor dem
persönlichen, freien, absoluten Gott. Und insofern der Mensch seine Transzendenz immer nur als
die jede erfüllte Erkenntnis übersteigende hat (so sehr, daß nicht einmal vom Menschen her
einzusehen ist, wie Vorgriff und besessene erfüllte Erkenntnis einmal zur Deckung kommen
könnten), .....“ HdW 223/270-272
„Immer ist so für menschliche Philosophie konstitutiv und wesentlich ihrer Bereitschaft, ihren
existentiellen, daseinsbegründenden Charakter selbst zugunsten einer Theologie aufzugeben und
sich in dem früher genannten Sinn „aufzuheben“. Philosophie, richtig verstanden, ist immer
adventistisch, ist praeparatio evangelii, ist so von sich aus christlich, nicht im Sinne einer
nachträglichen Taufe, sondern dadurch, daß sie einen Menschen bildet, der die Botschaft Gottes
hören kann, soweit nur ein solches Hörenkönnen vom Menschen selbst erwirkt werden kann.“ HdW
224/272
32
19. Wie sieht die Immanenzapologetik die ‚potentia oboedientialis’ mit dem ‚desiderium
naturale’ verbunden?
Potentia oboedientialis
(lat. = gehorsame Empfangsfähigkeit), ein Begriff der kath. Gnadenlehre, die über die
Voraussetzungen für das Ankommen der Gnade Gottes beim Menschen nachdenkt u. begrifflich
eine ”Offenheit “ oder das Fehlen eines Widerstands denkt. Die P. o. wurde seit Thomas von Aquin
(† 1274) in der Theologie reflektiert u. bei E. Przywara († 1972) weitergedacht. Bei K. Rahner (†
1984) gehört sie als ”Offenheit“ für die übernatürliche Gnade zumWesen des Menschen,
”insofern es kraft der geistigen Transzendenz auf alles Sein offen ist für die Selbstmitteilung
Gottes, die ohne Aufhebung dieses Wesens nur einem Seienden zuteil werden kann, das nicht
schon durch seinWesen auf einen begrenzten Daseinsraum eingeengt ist“ (Rahner-Vorgrimler 1961,
294). Die nähere Bestimmung als ”gehorsame“ Empfangsfähigkeit soll besagen, daß diese
”Offenheit“ als Ermöglichung eines geistig-personalen Daseins (Person) auch dann noch sinnvoll
wäre, wenn Gott sich nicht selber mitteilen würde. Trotz der bestehenden ”Offenheit“ bliebe die
Selbstmitteilung Gottes ungeschuldet u. frei; die ”Offenheit“ kann nach dieser Auffassung also vor
Gott keine Ansprüche stellen (sie bleibt ”gehorsam“ Gott zur Verfügung). Bei Rahner gilt die
menschliche Natur als P. o. für eine radikale Selbstaussage Gottes, die in Jesus Christus
”aktualisiert“ ist.
(http://theologie_de.deacademic.com/606/Potentia_oboedientialis)
Desiderium naturale
(lat. = natürliches Verlangen), ein Wort der kath. Anthropologie u. Gnadentheologie, das seit
Thomas von Aquin († 1274) das Hingeordnetsein des menschlichen Geistes auf die Anschauung
Gottes bezeichnet. Diese Betonung des Geistes unterscheidet sich z. B. von der Auffassung des
Augustinus († 430), daß das Gottverlangen des Menschen auf dessen Glücksstreben beruht.
Philosophische Überlegungen weisen darauf hin, daß der menschliche geschaffene Geist auf
Unendliches hin unbegrenzt offen ist. Die Offenbarung Gottes besagt, daß das Angebot der
Selbstmitteilung Gottes an den Menschen weit über alles hinausgeht, was von diesem erhofft u.
ersehnt werden kann. Die Rede vom D. n. soll nicht eine natürliche Erwartungshaltung
kennzeichnen, auf die Gottes Gnade ”antwortet“. Vielmehr sucht sie aufzuzeigen, was genau am
Menschen es ist, in das hinein rein gnadenhaft u. ungeschuldet Gott selber als konkrete Gegenwart
u. als faktisches Ziel kommen kann. In dieser Hinsicht analysiert sie die Struktur des Menschen als
dynamische Öffnung u. Offenheit. – Übernatürliches Existential, Gnade .
(http://theologie_de.deacademic.com/144/Desiderium_naturale)
Immanenzapologetik
ist eine Sammelbezeichnung für Bemühungen der theol. Apologetik Ende des 19. u. zu Anfang
des 20. Jh. vor allem in Frankreich, bei einer vernunftgemäßen Darlegung der Glaubensbegründung
an die im Menschen selber angelegten Tendenzen u. an diejenigen Gehalte der göttlichen
Offenbarung, die diesen Tendenzen wegen deren gnadenhafter Erhebung besonders
”entgegenkommen“, anzuknüpfen. Naturgemäß wurden bei diesem Vorgehen die in der
herkömmlichen Apologetik hochgeschätzten äußeren Kriterien, Wunder u. Erfüllung von
Prophezeiungen, in den Hintergrund gedrängt. Die römische Lehrinstanz verdächtigte die I., das
Gefühl u. das religiöse Bedürfnis überzubewerten u. den Verstand abzuwerten, u. nannte die I. mit
bei der Verurteilung des Modernismus, doch wurde der Hauptvertreter der I., M. Blondel †1949,
ausdrücklich von der Verurteilung ausgenommen. Blondel hatte auch nie die Absicht, das
Übernatürliche philosophisch zu ”beweisen“ (I. in seinem Sinn vertrat z.B. auch J. H. Newman
†1890). – Praeambula fidei , Potentia oboedientialis .
(http://theologie_de.deacademic.com/351/Immanenzapologetik)
33
20. Wie erklärt Hans Urs von Balthasar, dass der Mensch ‚capax Dei' ist?
frei (für Gott: capax Dei) aus der Ungegrenztheit des Seinshorizontes ?
- das ‚Sein als Gleichnis Gottes’ Folge der Realdistinktion (esse-essentia)
,,So kann einerseits die Freiheit des nichtsubsistierenden Seins gegenüber allen Seienden in seiner
,Herrlichkeit‘ nur dann gewahrt bleiben, wenn es in einer subsistierenden Freiheit des absoluten
Seins, das Gott ist, eingründet; so wird andererseits die Würde der Wesensgestalt nur dann nicht
von dem umgreifenden Seinsakt bedroht und als hinfällige ,Seinsstufe‘ verschlungen und
aufgezehrt, wenn ihr gültiger Umriss auf eine souveräne absolute Ein- oder Ausbildungskraft
zurückbezogen werden kann.“ (Herrlichkeit III/1, 955)
- von der Armut und Fülle des Seins der Seienden als Gleichnis Gottes her …
„im notwendigen Formalobjekt die Anzeige (phaneron) des absoluten schöpferischen und
personalen Grundes, also Gottes zu sehen und damit die eigene Freiheit als immanent nicht nur im
umgreifenden Sein, sondern in der unendlichen Freiheit anzuerkennen (doxazein), und damit auch
die Immanenz der göttlichen Freiheit und des unendlichen Wollens im eigenen Freisein und Wollen
als den letzten Grund des faktischen eigenen Freigegebenseins zu betrachten.“
- personal eröffnet
,,Das Kind an der Mutterbrust ist zunächst wie eine Wiederholung der Verbundenheit im Schoß.
Und doch hält sich diese Liebeseinheit auch durch, wenn das Antlitz der Mutter das Kind aus einer
Distanz anlächelt: Hier ereignet sich das Wunder, daß das Kind eines Tages im Antlitz der Mutter
ihre bergende Liebe erkennt und mit einem ersten Lächeln beantwortet; über die vollkommene,
unvermittelte Intuition, die hier - jedem Urteil und Schluß vorweg - waltet, gilt es wie über ein
Wunder zu staunen: Die Liebe als das Ursprünglichste wird verstanden, dadurch öffnet sich im
Kind die schlummernde Knospe des Selbstbewußtseins; Liebe zwischen Du und Ich wird zur
Eröffnung von Welt, tiefer von Sein überhaupt in seiner absoluten Unbegrenztheit und Fülle. Und
weil diese Öffnung aufgrund der Liebe erfolgt, zeigt sich das unbegrenzte Sein als das Stimmige,
Richtige, kurz als Wahrheit, die mit dem Guten identisch ist. [...] Diese Intuition, obschon an der
konkreten Begegnung erfolgend (und deshalb keineswegs einen abstrakten Seinsbegriff
vermittelnd), ist völlig unbegrenzt und reicht bis ins Letzte, bis ins Göttliche, weshalb für das Kind
die konkrete Liebe der Eltern zunächst von Gott gar nicht trennbar ist [...] Die Liebe, so wird ihm
klar, verwirklicht sich nur in einem Gegenüber, das in der Differenz durch den Geist der Liebe
zusammengehalten, nicht gefährdet, sondern gestärkt wird.“ (Kind, 13-14)
- Die Eröffnung des Seinshorizontes im Lichte der Transzendentalien:
,,Der Mensch aber existiert nur im Dialog mit seinem Nächsten. Ein Kind wird durch die Liebe, das
Lächeln seiner Mutter, ins Bewusstsein gerufen. In dieser Begegnung eröffnet sich ihm der
Horizont des gesamten unendlichen Seins und zeigt ihm vier Dinge:
1) Daß es eins ist in der Liebe mit seiner Mutter, obwohl ihr gegenübergestellt, also daß alles Sein
eins ist.
2) Daß diese Liebe gut ist: also alles Sein gut ist.
3) Daß diese Liebe wahr ist, also alles Sein wahr ist.
4) Daß diese Liebe Freude weckt, also alles Sein schön ist [...]. Fügen wir bei, daß diese Epiphanie
des Seins nur sinnvoll ist, wenn wir in der Erscheinung das Wesen, das sich anzeigt - das Ding an
sich - erfassen. Das Kind erkennt nicht eine bloße Erscheinung, sondern seine Mutter an sich. Das
schließt nicht aus, daß wir das Wesen nur durch seine Kundgabe hindurch und nicht in sich selbst
erfassen (hl. Thomas).“
Prüfungsfrage: Man erklärt einer gerade gewordenen Mutter, dass sie im Blick auf ihr Neugeborenes etwas von dieser
Liebe, Wahrheit und Sein erblickt und damit etwas von Gott. Sie ist aber Anhängerin der Barth-Theologie; Die Kluft
zwischen Mensch und Gott ist zu groß, als dass der Mensch irgendwie in diesem Beziehungserlebnis Anteil am Sein
Gottes (Analogie des Seins) haben könnte. Wie entgegnen Sie ihrer theologischen Überzeugung?
34
21. Was meint Hans Urs von Balthasar mit der ‚Urerfahrung’ des Menschen? In welchem
Verhältnis steht sie zu den transzendentalen Bestimmungen des Seins?
„die vorösterliche Wucht seines Anspruchs und seiner Vollmacht, wovon die ganze Überlieferung
einhellig zeugt, ist anders überhaupt nicht deutbar als so, dass Jesus sich bewusst war, das letzte
Heilswort Gottes an die Menschheit zu sein“  Vgl. dazu auch H. Heinz , Der Gott des Je-mehr,
177. Er schreibt Folgendes: „Dieses Bewusstsein Jesu versteht Balthasar nicht psychologisch,
sondern theologisch. Ein Vergleich legt sich nahe: Erinnern wir uns an die Urerfahrung des Geistes
(Anm. 34), in der das sich in seiner ontologischen Differenz lichtende Sein aufgeht; diese
ontologische Urerfahrung des Geistes ist früher als der spätere Augenaufschlag des Bewusstseins,
solche Erfahrung gründet tiefer als im Psychologischen: ihre Priorität ist nicht psychologisch,
sondern ontologisch zu verstehen. Jesu Bewusstsein aber ist theologisch zu verstehen; denn sein
kenotischer Sendungsgehorsam dem Auftrag gegenüber, die totale Überlassung an den seine
Sendung und damit ihn selber konstituierenden Vater offenbart sein eigenes Wesen als Sohnsein,
als reine Relationalität zum Vater (Amn.35)“.
(http://othes.univie.ac.at/3966/1/2009-01-16_0004508.pdf)
Transzendentale Urerfahrung des Geistes
,,daß mein Subjekt dieses (geschenkte) Sein nicht erschöpft, ich vielmehr dieses Sein für andere,
unzählbare Subjekte freilassen muß, was mir bestätigt wird von der ersten Urerfahrung des Ich-Du
her. Ich besitze meine inkommunikable Subjektivität nur, indem ich in meinem Wesen Raum
freigebe für andere Subjekte; und da ich hiermit eine Erfahrung der Struktur des Seins als solchen
mache, liegt darin ein Bild der trinitarischen Verfaßtheit des absoluten Seins." (Theodramatik II/2,
421)
35
22. Wie kommt Hans Urs von Balthasar zu der Behauptung: ‚Sein und Liebe sind
koextensiv’? Welche Bedeutung hat diese Feststellung für die Theologische
Anthropologie?
=> ‚Sein und Liebe sind koextensiv’/ Sein als Gleichnis der Liebe Gottes
,,Das kleine Kind schlägt große Augen zur Welt auf. Was es erblickt - Formen, Farben, Laute [...]
versteht es nicht. Die Phänomene sind ihm weder heimisch noch fremd, weil es sie noch gar nicht
auf sich selbst beziehen kann. Sein Ich ist ihm noch nicht erschlossen, was es an Bewusstsein hat,
liegt auf halben Weg zwischen Subjekt und Objekt. Das eigentlich Wunderbare unter all diesen
Wundern des Anbeginns aber ist dies: daß eines Tages das Lächeln der Mutter vom Kind als ein
Zeichen seines Angenommenseins in der Welt erkannt wird und daß sich ihm, da es zurücklächelt,
die Mitte seines eigenen Ichs erschließt. Es findet sich selbst, weil es gefunden worden ist. Und weil
ein Du es gefunden hat, kann das viele Es, das es sonst noch umgibt, mit in das Verhältnis der
Vertrautheit einbezogen werden.“ (Leben aus dem Tod, 11)
Es geht von Balthasar vielmehr doch um ein Eines, und das Viele, das er sagt und schreibt,
hat nur den Sinn, dieses Eine immer neu zur Sprache zu bringen. Man kann dieses Eine in
knappster Form in den Satz fassen: »Sein und Liebe sind koextensiv« [...]. Die Konvertibilität,
also die Austauschbarkeit von Sein und Liebe zu behaupten, ist - so wird man sofort versucht sein
einzuwenden - eine reine Provokation; und in der Geschichte des Denkens ist diese Aussage nicht
ohne Grund nicht sehr geläufig. Zwingt uns die Wirklichkeit, die wir wahrnehmen, nicht dazu, das
Sein auf etwas ganz anderes als auf Liebe hin auszulegen, etwa auf Wissen oder auf Macht oder auf
Lust oder auf Nutzen oder auf sonst etwas hin? Freilich, dies wird jeder sogleich empfinden: wenn
der Satz von der Koextensivität von Sein und Liebe wahr wäre, dann würde das tiefste menschliche
Hoffen und Sehnen auf eine Erfüllung zulaufen und also nicht im Leeren enden. In seltenen
Augenblicken mag dem Menschen die Wahrheit dieser Aussage immerhin von weitem ahnbar
werden, vielleicht im Ereignis ungetrübter Liebe zu einem anderen Menschen.
(https://www.kath.de/akademie/rahner/Download/Vortraege/inhalt-online/_loeser-posi.html)
„‚Und könnte es nicht sein (wie Ferdinand Ulrich es zu erweisen sucht), dass das Endgeheimnis der
Kenosis Gottes in Christo analogisch angelegt ist im metaphysischen Geheimnis des Seins: das
lichtet nur, indem es nichtet, das den Glanz des Göttlichen nur vermittelt, indem es vorausweist auf
die äußerste Demut des Kreuzes?‘
Was erreicht Balthasar mit dieser Philosophie? Er kann zeigen, dass und inwiefern Sein und Liebe
‚koextensiv‘ sind, wie Werner Löser in einem schönen Aufsatz formuliert hat. Er kann zeigen, dass
der Gabecharakter des innersten Wesens des Geschaffenen ausmacht. Das ist eine ökumenische
Herausforderung, weil Balthasar von hier aus das Gespräch mit den Wissenschaften sowie mit
Weltanschauungen und Religionen ganz neu führen kann. Das hat er nur ansatzweise getan. Es wird
deshalb eine Aufgabe zukünftiger Theologie sein, hier den Faden aufzunehmen.“1
„Wenn das Kind in der konkreten Wesensgestalt der Mutter das Sein erfaßt, so taucht heir erstmals
‚die Idee der konkreten Universalität auf, die ... im Christusereignis ... kulminiert‘“2
1
2
Müller. W., Wolfgang: Karl Barth - Hans Urs von Balthasar. Eine theologische Zwiesprache. Zürich 2006. S. 114.
Greiner, Michael: Drama der Freiheiten. Eine Denkformanalyse zu Hans Urs von Balthasars trinitarischer
Soteriologie. Münster 2000. S. 151.
36
23. Was verbindet (bei H.U.v.B.) die Seinsfrage mit der Erfahrung von Individualität und
Gemeinschaft?
,,Wie komme gerade ich hier hinein? Eine nicht aufhebbare Zufälligkeit haftet dem Einzelnen an
und hebt ihn zunächst gegenüber dem Allgemeinen ab; er kann diese Zufälligkeit nicht mit der
Zufälligkeit aller andern Weltwesen zusammen in eine allgemeine ausgleichende Notwendigkeit
verrechnen. Er findet die gleiche Gestimmtheit auf dem Herzensgrund auch der übrigen wieder. Sie
ist - obwohl die jemeinige Frage und Verwunderung - doch zugleich die gemeinsame Frage und
Verwunderung aller: warum es überhaupt eine Welt gibt, und nicht lieber keine.“ (Zugang, 19)
,,daß mein Subjekt dieses (geschenkte) Sein nicht erschöpft, ich vielmehr dieses Sein für
andere, unzählbare Subjekte freilassen muß, was mir bestätigt wird von der ersten
Urerfahrung des Ich-Du her. Ich besitze meine inkommunikable Subjektivität nur, indem ich
in meinem Wesen Raum freigebe für andere Subjekte; und da ich hiermit eine Erfahrung der
Struktur des Seins als solchen mache, liegt darin ein Bild der trinitarischen Verfaßtheit des
absoluten Seins." (Theodramatik II/2, 421)
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24. Wie verbindet Thomas von Aquin das christliche Menschenbild mit dem aristotelischen
Ethikmodell?
-> Thomas von Aquin:
Evas besondere geschöpfliche Würde ?!
Differenz zw. Thomas und Chambers !
- Monismus versus Dualismus
Aristoteles und Thomas von Aquin betonten [...], dass Gerechtigkeit nicht nur eine Tugend, sondern
stets in Bezug auf andere zu denken sei (Intersubjektivität). Handlungen wie Wohltätigkeit,
Barmherzigkeit, Dankbarkeit oder Karitas gehen über den Bereich der Gerechtigkeit hinaus
(Supererogation). (http://www.cosmiq.de/qa/show/3270331/Was-versteht-man-unterEthikmodellen-Beispiele-waeren-toll/)
 Ergänzend:
„Dieses Modell, das seine Wurzeln in der Lehre des Aristoteles (Naturrecht) oder des Thomas von
Aquin bzw. Kant hat, wird im 20. Jahrhundert zu einer ‚Verantwortungsethik‘ umdefiniert. Sie
‚verbindet die Frage nach dem Subjekt, dem Träger von Verantwortung, mit der Wahrnehmung von
Aufgaben, Aufträgen von Verantwortung wie Friede oder Beseitigung von Welthunger [...]‘
(Honecker 2001, S. 407ff). Als Beispiel für eine solche Verantwortung gilt die Friedensbewegung;
auch die Beseitigung von Welthunger und Armut, wie von sozialen Institutionen forciert, kann als
Konsequenz dieses Modells betrachtet werden.“3
3
Setudegan, Morris: Sozial Management und Ethik: Sozialmanagement im Spannungsfeld zwischen Ethik der Sozialen
Arbeit und wirtschaftlichem Handlen. Hamburg 2014. S. 20.
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25. Das Analogie-Prinzip wird häufig gebraucht. In welchem Sinn hat das vierte
Laterankonzil es verwendet?
 Thomas von Aquin:
Ein Kernelement der thomistischen Ontologie ist die Lehre von der Analogia entis. Sie besagt, dass
der Begriff des Seins nicht eindeutig, sondern analog ist, also das Wort „Sein“ einen
unterschiedlichen Sinn besitzt, je nachdem, auf welche Gegenstände es bezogen wird. Danach hat
alles, was ist, das Sein und ist durch das Sein, aber es hat das Sein in verschiedener Weise. In
höchster und eigentlicher Weise kommt es nur Gott zu: Nur er ist Sein. Alles andere Sein hat nur
Teil am Sein und zwar entsprechend seinem Wesen. In allen geschaffenen Dingen muss also
Wesen (essentia) und Existenz (esse) unterschieden werden; einzig bei Gott fallen diese
zusammen. (Wikipedia)
„Denn in einer allgemeinen Ontologie ist vom Sein im allgemeinen ja nicht die Rede bloß im Sinn
der leeren logischen Einheitlichkeit des „Etwas“ (welcher Begriff nie ausreichen würde zu einer
angemessenen Bestimmung des absoluten Seins, die für eine Religionsphilosophie hinreichend ist),
sondern im Sinn eines analogen ontologischen Seinsbegriffes, der einerseits zwar von allem
Seienden ausgesagt werden kann, so jedoch, daß in ihm immer schon mitgewußt wird, was
eigentlich Sein in seiner wachsenden Reinheit und Fülle ist, und so dieser Begriff als nur analog
aussagbar gewußt wird. Das aber ist nur möglich, wenn der philosophische Mensch an einer Stelle
wenigstens ein Seiendes unmittelbar erreicht, das selbst in gewisser Weise diese nach oben
greifende Fülle des Seins selbst ist, den Geist nämlich. Er muß sich selbst, um Ontologie treiben zu
können, als Geist erfaßt haben, Denn nur dann kann er wissen, was Sein eigentlich, analog ist. Nur
dann kann der Mensch wissen, daß Sein in seiner Reinheit und Fülle eigentlich Geist ist, nur dann
kann er einen wenigstens analogen Begriff von Gott bilden, der eine Religion ermöglichen kann.“
HdW 217/264
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26. Welche ist die erste unter den sog. Kardinaltugenden? Warum?
Die erste unter den Kardinaltugenden ist die Tugend der Klugheit. Ja, die Klugheit ist nicht nur die
erste unter im übrigen gleichrangigen Tugenden: sie »gebiert« alle sittliche Tugend überhaupt.
Dieser Satz vom Vorrang der Klugheit, den wir kaum noch in seiner wahren Bedeutung zu erfassen
vermögen, spricht mehr aus als eine mehr oder minder zufällige Reihenfolge unter den
Kardinaltugenden. Er spricht, bezogen auf den Bezirk des Ethischen, die Grundverfassung der
Wirklichkeit überhaupt aus: das Gute setzt die Wahrheit voraus, und die Wahrheit setzt das
Sein voraus. Was nämlich bedeutet inhaltlich der Vorrang der Klugheit? Er bedeutet nichts
anderes, als daß die Verwirklichung des Guten das Wissen um die Wirklichkeit voraussetzt.
Das erste, das von einem Wirkenden gefordert wird, ist, daß er wissend sei, sagt Thomas. Wer
nicht weiß, wie die Dinge wirklich sind und liegen, der kann auch nicht das Gute tun; denn das Gute
ist das Wirklichkeitsgemäße. »Wissen« ist dabei natürlich nicht [...] im szientistischen Sinne der
modernen Erfahrungswissenschaften zu verstehen. Gemeint ist der wirkliche Kontakt mit der
objektiven Wirklichkeit. Dieser Kontakt wird zum Beispiel durch die Offenbarung auf eine höhere
als »wissenschaftliche« Weise begründet; und zur Klugheit gehört auch die »Gelehrigkeit«, das ist
die hörende Verbundenheit mit dem echten Wirklichkeitswissen eines überlegenen Geistes. In der
Klugheit wird die sachliche Erkenntnis der Wirklichkeit maßgebend für das Tun. Der Kluge blickt
also einerseits auf die objektive Wirklichkeit der Dinge und anderseits auf das Wollen und Tun.
Aber er blickt zuerst auf die Wirklichkeit; und kraft und auf Grund der Wirklichkeitserkenntnis
bestimmt er, was zu tun ist und was nicht, und wie es getan werden soll und wie nicht. So ist in
Wahrheit alle Tugend abhängig von der Klugheit. Und jede Sünde ist irgendwie ein Widerspruch
gegen die Klugheit, omne peccatum opponitur prudentiae. [...]
In dieser Lehre vom Vorrang der Klugheit wohnt eine ungeheure »praktische« Bedeutung. –
Sie schließt zum Beispiel den pädagogischen Grundsatz in sich: daß die Erziehung und
Selbsterziehung zur sittlichen Mündigkeit ihre Wurzel haben muß in der Erziehung und
Selbsterziehung zur Tugend der Klugheit, das heißt, zu der Fähigkeit, die Wirklichkeiten, die
unser Tun umstehen, sachlich zu sehen und sie, je nach Art und Gewicht, maßgebend werden
zu lassen für die Tat. –
In der klassischen Lehre von der Tugend der Klugheit liegt zweitens die einzige Möglichkeit, die
widrige Erscheinung des Moralismus innerlich zu überwinden. Das Wesen des Moralismus, der von
vielen für etwas besonders Christliches gehalten zu werden scheint, liegt darin, daß er Sein und
Sollen auseinanderreißt, daß er ein Sollen verkündet, ohne die Rückverbundenheit dieses Sollens
zum Sein hin zu bemerken und sichtbar zu machen. Der Kern und das eigentliche Anliegen der
Lehre von der Klugheit liegt anderseits gerade darin: den Zusammenhang des Sollens mit dem Sein
als notwendig zu erweisen; im Akt der Klugheit wird ja das Sollen bestimmt durch das Sein. Der
Moralismus sagt: das Gute ist das Gesollte, weil es gesollt ist. Die Lehre von der Klugheit sagt: das
Gute ist das Wirklichkeitsgemäße; es ist gesollt, weil es so der Wirklichkeit entspricht. [...] –
Noch ein dritter »praktischer« und »aktueller« Zusammenhang muß hier andeutungsweise
aufgewiesen werden. Die Grundhaltung der Seinsgerechtheit, der Sachlichkeit, der Objektivität, die
in der klassischen Lehre von der Klugheit zum Ausdruck kommt, wurde im Mittelalter
zusammengefaßt in dem großartig-einfachen Satz: Weise ist der Mensch, wenn ihm alle Dinge so
schmecken, wie sie wirklich sind. Es ist nun eine, wie mir scheint, kaum wichtig genug zu
nehmende Erfahrung der modernen Seelenkunde, genauer gesagt, der modernen
»Seelenheilkunde«: daß ein Mensch, dem die Dinge nicht so schmecken, wie sie sind, sondern der
in allen Dingen nur sich selber schmeckt, weil er nur auf sich selber hinblickt – daß dieser Mensch
nicht nur die reale Möglichkeit der Gerechtigkeit (und aller sittlichen Tugend überhaupt) verloren
hat, sondern daß er auch die seelische Gesundheit verloren hat; ja, daß eine ganze Kategorie
seelischer Erkrankungen wesentlich in dieser ichhaften »Unsachlichkeit« besteht. Von diesen
Erfahrungen her fällt ein bestätigendes und verdeutlichendes Licht auf den ethischen Realismus der
Lehre vom Vorrang der Klugheit. Die Klugheit ist einer der geistigen »Orte«, an denen die
geheimnisvolle Verknüpfung von Gesundheit und Heiligkeit, von Krankheit und Sünde sichtbar
wird. [...]
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27. Wie ist das Verhältnis von ‚philosophischen’ und ‚theologischen’ Tugenden zu denken?
Damit soll die Reihe der Bemerkungen über die Kardinaltugenden abgeschlossen sein. Alle vier –
Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, Maß – sind erstlich dem natürlichen Bereich der
Menschenwirklichkeit zugeordnet. Aber als christliche Tugenden wachsen sie aus dem Fruchtboden
von Glaube, Hoffnung und Liebe.
Glaube, Hoffnung und Liebe sind die Antwort auf die Wirklichkeit des dreieinigen Gottes, die dem
Christen auf übernatürliche Weise sich enthüllt hat durch die Offenbarung Jesu Christi. Und noch
mehr: die drei theologischen Tugenden sind nicht nur die Antwort auf diese Wirklichkeit, sondern
sie sind zugleich das Vermögen und die Kraftquelle dieser Antwort
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28. Was ist mit dem klassischen Prinzip ‚gratia praesupponit naturam’ gemeint? Wer
widerspricht? Warum?
"Die Gnade setzt die Natur voraus, erhebt sie und vollendet sie"
Mit Natur ist hier die menschliche Natur gemeint.
„Gratia supponit naturam“, bedeutet bei Thomas von Aquin: Die menschliche Natur ist nicht
abgeschlossen in sich und unabhängig von Gott. (http://www.wer-weisswas.de/religionswissenschaft/gnade-setzt-die-natur-voraus-oder-so-aehnlich)
Durch die Verwurzelung der Kardinaltugenden in den theologischen Tugenden unterscheidet sich
das übernatürliche Ethos des Christen vom natürlichen Ethos des gentleman, des natürlich edlen
Menschen.
Diese Verwurzelung selbst, die Art und Weise des Zusammenhangs von natürlicher und
übernatürlicher Tugend, wird ausgesprochen in dem bekannten Satze, wonach die Gnade die Natur
nicht zerstört, sondern voraussetzt und vollendet. Dieser Satz scheint sehr klar, und er ist es auch.
Aber seine Klarheit hebt nicht die Unmöglichkeit auf, ein Geheimnis durch eine Aussage begreifbar
zu machen. Und nichts ist geheimnisreicher als die Weise, wie Gott im Menschen und der Mensch
in Gott wirkend ist.
Trotzdem erweist sich der Unterschied zwischen Christ und gentleman auf vielfache Weise
handgreiflich genug.
Der Christ etwa kann der natürlichen Klugheit zuwiderzuhandeln scheinen, weil er in seinem Tun
einer Wirklichkeit gerecht werden muß, die nur der Glaube gewahrt. – Über diese »übernatürliche
Klugheit« hat übrigens Thomas von Aquin etwas geschrieben, das mir gerade für den Christen von
heute außerordentlich wichtig zu sein scheint. Die natürliche Tugend der Klugheit, so etwa sagt
Thomas, ist offenbar gebunden an ein nicht geringes Maß von erworbenem Wirklichkeitswissen.
Wenn nun die göttlichen Tugenden die Kardinaltugenden auf übernatürliche Weise erhöhen: wie ist
es dann mit der Klugheit? Ersetzt die Gnade das natürliche Wissen um die natürlichen Dinge?
Macht der Glaube die sachliche Abschätzung der konkreten Situation des konkreten Tuns
überflüssig oder ersetzt er sie? Was nutzt hier etwa dem »einfachen Menschen«, der dies
gelegentlich immerhin schwierige Tat-Wissen nicht besitzt, die Gnade und der Glaube? Auf diese
Fragen gibt nun Thomas eine, wie ich meine, ganz großartige und übrigens auch sehr tröstliche
Antwort: »Die Menschen, die fremder Führung und Beratung bedürfen, wissen, wenn sie in der
Gnade sind, wenigstens darin sich selber zu raten, daß sie einen guten Rat von einem schlechten Rat
zu unterscheiden vermögen.« Wenn sie in der Gnade sind! Wieso diese Antwort in der
gegenwärtigen Situation des »einfachen Christenmenschen« tröstlich ist, bedarf keines weiteren
Wortes.
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29. Thomas Pröpper unterscheidet die formale Unbedingtheit von der materialen Bedingtheit
menschlicher Freiheit. Wozu ist das hilfreich?
Pröpper versucht, eine transzendentale Analyse der Freiheit als Denkmodell des christlichen
Glaubens auszuwerten. Sein Interesse gilt besonders der Soteriologie (Theologie der Erlösung), der
Gnadenlehre, der Christologie und der theologischen Anthropologie. Sein theologischer Ansatz
versucht, die anthropologische Wende, die Karl Rahner in der katholischen Theologie begonnen
hat, konsequent zu Ende zu denken. Dabei vertritt er die These, dass in der menschlichen Freiheit
jenes unbedingte Moment auszumachen sei, das den Menschen gott-fähig sein lässt. (Wikipedia)
Freiheit wird bestimmt als etwas formal Unbedingtes, das gleichzeitig real bedingt, also begrenzt
ist. Und nur so erfahren wir unsere Freiheit: Als ein Vermögen, etwas zu wollen, also zu bejahen,
ohne das unbedingt zu können, z.B. das Gewollte aus dem Nichts ins Dasein zu rufen und ihm sein
definitives Im-Dasein-Bleiben zu garantieren. Damit ist eine Vermittlungsaufgabe gestellt, deren
Nicht-Einlösung eine letzte Aporie aller Vernunft bedeutete. Die Vermittlungsaufgabe lautet: Wie
kann Freiheit in Entsprechung zu ihrer Wesensverfassung der Unbedingtheit, die aus ihrem
Bestimmtwerden durch sich selbst resultiert, unbeschadet ihrer realen Bedingtheit verwirklicht
werden? Antwort: Freiheit muss rein philosophisch ihrem Wesen nach als unbedingte
Fähigkeit zur Selbstbestimmung gedacht werden. Sie bestimmt sich selbst dadurch, dass sie
einen Inhalt affirmiert, also bejaht und sich durch ihn bestimmen lässt. Weil sie selbst aber
unbedingt ist, kommt es zu wirklicher Selbstbestimmung erst dadurch, dass ein Inhalt, den Freiheit
affirmiert, seinerseits unbedingt ist. Solcherart aber kann kein Gegenstand, kein Ding, sondern nur
andere Freiheit sein. Da aber menschliche Freiheit unbeschadet ihrer Unbedingtheit ihre Inhalte –
und selbst unbedingte – nur bedingt bejahen kann, kann sie auch andere Freiheit als unbedingten
Inhalt ihrer Affirmation nur bedingt oder anders gesagt symbolisch bejahen. Freiheit ist ganz und
gar darauf gerichtet, anderes als sie selbst als unbedingt sein sollend zu nehmen, ohne diese Absicht
real einlösen zu können. (http://www.theologie-und-kirche.de/laudatio-thomas-proepper.pdf)
Es gibt auch die Möglichkeit um eine Ersatzliteratur zu bitten, um für die Prüfung zu lernen.
Dazu am Besten Prof. Möllenbeck oder das Sekretariat kontaktieren.
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