Pädagogik Inhaltsverzeichnis Ferdinand Biermann

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Pädagogik
Inhaltsverzeichnis
Ferdinand Biermann
Inhaltsverzeichnis
Erziehung ................................................................................................................................... 2
Definition Erziehung (Brezinka) ........................................................................................................................ 2
Sozialisation ....................................................................................................................................................... 2
Normen (Definition) ........................................................................................................................................... 2
Werte (Definition) .............................................................................................................................................. 2
Rolle (Definition) ............................................................................................................................................... 2
Rollenkonflikt..................................................................................................................................................... 3
Reifen und Lernen ...................................................................................................................... 5
Lernen (Definition) ............................................................................................................................................ 5
Reifen (Definition) ............................................................................................................................................. 5
Klassische Konditionierung (nach Pawlow) ....................................................................................................... 5
Instrumentelle Konditionierung (nach Thorndike) ............................................................................................. 6
Operante Konditionierung (nach Skinner) ......................................................................................................... 6
Lernen am Modell (nach Bandura)..................................................................................................................... 7
Lernen durch Einsicht (nach Köhler) ................................................................................................................. 8
Faktoren von Anlage und Umwelt ........................................................................................... 10
Gerhard Hammer – eine philosophisch-pädagogische Diskussion ................................................................... 10
Identität und Rolle (nach Rolf Oerter, basierend auf Krappmann) ................................................................... 11
Sigmund Freud ......................................................................................................................... 13
Der psychische Apparat.................................................................................................................................... 13
Der Begriff der Verdrängung in der Tiefenpsychologie ................................................................................... 13
Abwehrmechanismen ....................................................................................................................................... 13
Die Phasenlehre Freuds .................................................................................................................................... 14
Freuds Psychotherapie – Die psychoanalytische Beziehung ............................................................................ 16
Bedeutung des Spiels ............................................................................................................... 18
Verschiedene Typen des Spiels ........................................................................................................................ 18
Das Spiel in der kindlichen Entwicklung ......................................................................................................... 18
Jean Piaget ................................................................................................................................ 20
Grundbegriffe der Theorie................................................................................................................................ 20
Die Stufenlehre ................................................................................................................................................. 20
Aggressionstheorien ................................................................................................................. 22
Frustrations- Aggressionstheorie (FA-Theorie) (nach Dollard, Doob, Miller und Sears) ................................ 22
Instinktbegriff der modernen Verhaltensforschung (nach Paul Leyhausen) .................................................... 22
Die Instinkttheorie (nach Konrad Lorenz): ...................................................................................................... 23
Instinktreduktion beim Menschen (Arnold Gehlen) ......................................................................................... 23
Die Triebtheorie (nach Siegmund Freud) ......................................................................................................... 24
Aggression als erlerntes Verhalten (nach Albert Bandura u. a.) ...................................................................... 24
Medien und Aggression – Ergebnisse der Medienwirkungsforschung ............................................................ 25
Rechtsextremismus................................................................................................................... 27
Selbstverletzendes Verhalten ................................................................................................... 30
Geschichte des Bildungssystems .............................................................................................. 31
Waldorf-Pädagogik .................................................................................................................. 33
Anthroposophie ................................................................................................................................................ 33
Montessori-Pädagogik .............................................................................................................. 37
Theorie ............................................................................................................................................................. 37
Erziehung im Nationalsozialismus ........................................................................................... 40
Weibliche Identitätsfindung im BDM .............................................................................................................. 40
Das Frauenideal des Dritten Reiches ................................................................................................................ 41
Jean-Jacques Rousseau ............................................................................................................. 44
Theorie ............................................................................................................................................................. 44
Negative Erziehung .......................................................................................................................................... 45
Arnold Gehlen .......................................................................................................................... 47
Der Mensch als „unspezialisiertes biologisches Mängelwesen“ ...................................................................... 47
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Pädagogik
Erziehung
11.1, September 2003
Erziehung
Definition Erziehung (Brezinka)
- absichtliches, zweckbestimmtes, zielgerichtetes Handeln, bewusste Zwecktätigkeit
- Der erzieherisch Handelnde (Erzieher) will durch sein Handeln den Menschen, auf
den er die Erziehung richtet (der zu-Erziehende oder Educand), einem für ihn
gesetzten Ideal möglichst ähneln
- soziale (auf Mitmenschen gerichtete) Handlungen, durch die Menschen versuchen, das
Gefüge der psychischen Dispositionen anderer Menschen in irgendeiner Weise
dauerhaft zu verbessern oder seine als wertvoll beurteilten Komponenten zu
erhalten
- Mit dem Begriff der psychische Disposition sind Erlebnis- und
Verhaltensbereitschaften aller Art gemeint, also Fähigkeiten, Fertigkeiten, Haltungen,
Einstellungen, Gesinnungen, Überzeugungen, Tugenden, Wissen, Können usw.
- Die jeweils für den Educanden als Soll-Zustand oder als Ideal gesetzten psychischen
Dispositionen werden als Ziele der Erziehung gesehen
Sozialisation
- eine Gesellschaft kann nur dann überleben, wenn sie ständig neu hinzukommende
Mitglieder (Fremde oder Nachwuchs) integrieren
- Voraussetzung sind essentiellen Gemeinsamkeiten wie eine gemeinsame Sprache
(welche Kommunikation erst ermöglicht) und ein Minimum an Übereinstimmungen in
der Beurteilung von Sachverhalten und in Problemen und Lösungsvorschlägen dieser,
und die Übernahme spezifischer Rollen
- sind diese gegeben, so wirkt die Gesellschaft auf das neue Mitglied, jedoch nicht
intentional (d. h. der Prozess, in welchem Individuen zielgerichtet in eine
Gesellschaft eingegliedert werden), sondern geplant als auch ungeplant, es vollziehen
sich bewusste als auch unbewusste Lernprozesse, dieser Prozess wird Sozialisation
genannt
- sie tritt überall dort auf wo das beobachtbare Verhalten eines einzelnen mit den
Verhaltenserwartungen der Bezugsgruppen nicht übereinstimmt
- ist ein lebenslanger Prozess (vom Kleinkind, welches überhaupt sein ersten
kommunikativen Beziehungen herstellen muss, bis hin zum Erwachsenen, welcher
umzieht, den Arbeitsplatz wechselt etc.)
Normen (Definition)
- sind mehr oder weniger verbindliche Verhaltensvorschriften und –erwartungen, die in
einer Gesellschaft oder Gruppe gelten. Sie regulieren das Verhalten der Mitglieder.
Die Gemeinschaft / Gruppe reagiert auf das Verhalten mit Sanktionen (positiven
Sanktionen, wenn das Verhalten normkonform ist, negative Sanktionen, wenn gegen
Normen verstoßen wird).
- Norman haben einen unterschiedlichen Verbindlichkeitscharakter. Es gibt Muss(Gesetze), Soll- (z.B. Tischmanieren) und Kann- (z.B. Mode) Normen
Werte (Definition)
- sind die Zielvorstellungen in einer Gesellschaft, von denen die Normen abgeleitet
sind.
- (z.B. Wert: „Leben“ → Norm: Du darfst nicht töten!)
Rolle (Definition)
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Pädagogik
-
Erziehung
11.1, September 2003
Bündel von Verhaltenserwartungen (Normen und Werten), die an den Inhaber einer
sozialen Position (Stellung in sozialem Gefüge) gestellt werden
Rollenkonflikt
Intrarollenkonflikt
- Konflikt, der entsteht, weil unterschiedliche Bezugsgruppen verschiedene
Erwartungen an den Inhaber einer Rolle stellen
Interrollenkonflikt
- Konflikt, der entsteht, weil an zwei verschiedene Rollen, die jemand spielt,
unterschiedliche Erwartungen gestellt werden
Arnold Gehlen - Der Mensch als „unspezialisiertes biologisches Mängelwesen“
- siehe Seite 47
Adolf Portmann – Der Mensch, eine „normalisierte Frühgeburt“
- als „Nesthocker“ werden niedere Säugetiere wie Katzen oder Mäuse betrachtet, da
ihre Jungen nach kurzer Tragezeit in völlig hilflosem Zustand zur Welt kommen, ihre
Sinnespforten sind verschlossen und sie sind unfähig zur Fortbewegung
- „Nestflüchter“ sind höhere Säugetiere wie Pferde oder Affen, sie kommen nach
längerer Tragezeit mit funktionsfähigen Sinnesorganen und Bewegungssystemen zur
Welt, sie können sich also gleich nach der Geburt artspezifisch verhalten können
- mit „sekundäre Nesthocker“ bezeichnet Portmann den eigentümlichen menschlichen
Geburtsumstand
- der Mensch ist ein „hilfloser Nestflüchter“, er besitzt zwar bereits funktionierende
Sinnesorgane, jedoch ist er nicht fähig zu den spezifischen menschlichen
Verhaltensweisen (aufrechter Gang, Sprache und einsichtiges (intelligentes) Handeln)
- diese Fähigkeiten erlernt er erst nach der Geburt, in der Regel bis gegen Ende des
ersten Lebensjahres, unter dem Einfluss seiner Umwelt
- wollte man erwarten, dass der Mensch bei seiner Geburt bereits den
Entwicklungsstand eines höheren Säugers hätte, so müsste seine Schwangerschaft 21
Monate dauern
- durch diese „verfrühte“ Geburt jedoch durchlebt der Mensch entscheidende kulturelle
Erfahrungen in hilflosem Jugendalter in der Sozialwelt, das Ergebnis hieraus ist die
„geistige“ Lebensweise
- der Mensch kommt in einem unfertigen, durch natürliche Reifungsprozesse nicht
ausdifferenzierten und deshalb von der Natur nicht festgelegten Zustand zur Welt, als
„normalisierte Frühgeburt“ muss er die menschliche Lebensweise erst im „sozialen
Mutterschoß“ der Familie erlernen, wobei er hier nicht mehr unter den Bedingungen
des Mutterleibes, sondern bereits unter Einfluss seiner Umwelt
- als produktive, soziokulturelle Lebensform, welche immer wieder neue
Lebensmöglichkeiten erschließt, ist eine so frühe Geburt und daraus resultierend lange
Kindheit und Jugendzeit erforderlich
Verwöhnende Erziehung
Kontaktfähigkeit
- wenn ein Kind zu oft und eng an eine einzige Beziehungsperson gebunden ist, hat es
Schwierigkeiten, neue menschliche Bindungen einzugehen
- dies äußert sich dadurch, dass das Kind gehemmt, schüchtern und linkisch wirkt, es
wird im Kreise anderer Kinder in eine Randposition verstoßen
Durchsetzungsvermögen
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Pädagogik
Erziehung
11.1, September 2003
-
oft zeigen verwöhnte Kinder Durchsetzungsschwäche, sie haben geringe Spontaneität,
fehlende Initiative, rasch nachlassende Ausdauer und unbeständige Zielverfolgung
- in Problem- und Belastungssituationen ehernpassive, abwartende, ausweichende
Reaktionsformen
- robustere, verwöhnte Kinder verlieren in solchen Situationen ihre „anerzogene
Fassung“ und gehen waghalsig, kurzschlussartig auf eine Problemlösung los, wirkt
mit diesem Verhalten befremdlich auf seine Erzieher
Selbstbestimmung
- Bedürfnis nach Selbstständigkeit und Selbstbestimmung verwirklicht das Kind kaum
- da das Kind übermäßig mitmenschlich gebunden und abhängig ist und kaum echte
Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten hat, erlebt es eine geschwächte oder gestörte
Ich-Entwicklung (Individuation)
Fazit
- Kinder, deren Verwöhnung mehr überwachende, gängelnde Züge annimmt, dürften
stärker in Gefahr sein, die Rolle des unselbstständigen Dulders zu spielen als solche,
bei denen die Verwöhnung eher mit übermäßiger Nachsicht erfolgt, da diese während
der Nachsichtspassagen ihren Eigenwillen demonstrieren können
- letztlich führen jedoch beide Varianten der Verwöhnung zu einer Beeinträchtigung der
sozialen Eingliederungs- und Umstellungsfähigkeit
- das positive Gegenstück zur Verwöhnung wäre die rechtzeitig und verständig
einsetzende Abnabelung des Kindes
- wenn Eltern ihren Kindern frühzeitig Selbstständigkeit und Entscheidungsfreiheit
gewähren (z.B. bei der Wahl von Freunden, Aus- und Ankleiden, Einkaufen etc.), so
finden sich Kinder leichter im Kreise von Mitschülern zurecht und ordnen sich leichter
in die Unterrichtssituation ein
Erziehungsstile
Autoritärer Stil
- der Erzieher übernimmt alle Entscheidungen des Kindes und lässt ihm keine
Freiheiten, seine Kritik ist persönlich und nicht objektiv, er ist nicht unfreundlich, hält
sich jedoch distanziert und lässt seine Überlegenheit ständig fühlen
Demokratischer Stil
- der Erzieher stellt sich eher als Freund des Zöglings dar, er zeigt seine
Führungsposition nicht, er übernimmt keine Entscheidungen, gibt jedoch
Entscheidungsanstöße, ist in seiner Kritik objektiv und sachbezogen
Laissez-Faire
- der Erzieher verhält sich passiv, er übernimmt weder Entscheidungen noch gibt er
Anstöße
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Pädagogik
Reifen und Lernen
11.2, Februar 2004
Reifen und Lernen
Lernen (Definition)
- Lernen ist ein nicht direkt beobachtbarer Prozess, durch den das Verhalten bzw. das
Verhaltenspotential des Menschen aufgrund von Interaktionen mit der Umwelt
(Übung, Beobachtung) relativ dauerhaft aufgebaut bzw. verändert wird; allerdings
dürfen die Veränderungen nicht durch Reifung oder temporäre Zustände (z.B.
Ermüdung, Rausch) zustande kommen
Sensible Phasen (Definition)
- optimale Phasen zum Erwerb bestimmter Fähigkeiten im Laufe der menschlichen
Entwicklung. Wenn diese Phasen nicht für Lernprozesse genutzt werden können, ist
der Erwerb der Fähigkeit nur schwer oder überhaupt nicht mehr möglich.
Reifen (Definition)
- Reifung ist ein nicht direkt beobachtbarer Prozess, bei dem sich das Verhalten bzw.
das Verhaltenspotential des Menschen ohne äußere Einflüsse, d.h. von innen heraus
(ist also genetisch bedingt) zu einem bestimmten Lebensalter dauerhaft und
unumkehrbar verändert, dieser Prozess tritt universal auf und kann, falls er
unterbrochen wird (z.B. durch Behinderung) später in kurzer Zeit nachgeholt werden
Klassische Konditionierung (nach Pawlow)
- beschrieben von dem russischen Physiologen Iwan Petrowitsch Pawlow
- es liegt ein Unkonditionierter Reiz (UCS) vor, auf den das Lebewesen eine
Unkonditionierte Reaktion (UCR) zeigt. Führt man nun in raumzeitlicher Nähe
(Kontiguität) zu dem UCS einen bisher für das Lebewesen Neutralen Reiz (NS) aus,.
so verknüpft es nach mehrfachen Durchführungen diesen NS mit der UCR, der NS
wird somit von nun an als Konditionierter Reiz (CS) und die NS als Konditionierte
Reaktion (CR) bezeichnet. Diese Assoziation hat jedoch meistens eine begrenzte
Dauer, bleibt nach dem CS mehrfach die CR aus, so erfolgt eine Extinktion, die
Assoziation von CS und CR verschwindet
Konditionierung
- Vorgang des Bedingens, des Erwerbens von Reaktionen
Reflex
- automatisch ablaufende, unwillkürliche Reaktion auf einen bestimmten Reiz
- bedingter Reflex: erworbene Reaktion des Organismus auf einen bestimmten Reiz
Unkonditionierter Reiz (UCS – unconditioned stimulus)
- jeder Reiz / Stimulus, der regelmäßig und ohne vorausgehendes Lernen eine
bestimmte unkonditionierte Reaktion hervorruft
Unkonditionierte Reaktion (UCR – unconditioned response)
- jede Reaktion, die regelmäßig und ohne vorausgehendes Lernen durch einen
unkonditionierten Reiz ausgelöst wird
Neutraler Reiz (NS)
- ein Reiz, der bei einer Person eine bestimmte Reaktion nicht auslöst, wird in Bezug
auf diese Reaktion neutraler Reiz genannt
Neutrale Reaktion (NR)
- keine spezifische Reaktion
Konditionierter Reiz (CS – conditioned stimulus)
- ein ursprünglich neutraler Reiz, der durch die Kopplung mit einem unkonditionierten
Reiz eine konditionierte Reaktion auslöst
Konditionierte Reaktion (CR)
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Pädagogik
Reifen und Lernen
11.2, Februar 2004
-
eine Reaktion, die nach erfolgter Konditionierung durch den konditionierten Reiz
ausgelöst werden kann
Kontiguität
- zeitliche und räumliche Nähe verschiedener Erlebnisinhalte wie Reize
Reflexkette / Assoziation
- Kette, Verknüpfung von Reflexen
- Verknüpfung oder Verschmelzung mehrerer seelischer Inhalte
assoziieren
- eine gedankliche Vorstellung mit etwas verknüpfen, zwei Reize miteinander
verknüpfen (Konditionierung wird deshalb auch Assoziatives Lernen genannt)
Extinktion
- Prozess der Löschung der konditionierten Reaktion, indem der CS nicht mehr mit dem
UCS präsentiert wird
Spontanerholung
- Die CR tritt nach der vollkommenen Extinktion ohne eine erneute Präsentation des
UCS wieder auf
Reizgeneralisierung
- automatisch ablaufender Prozess, in dem Reize, die dem konditionierten Reiz ähnlich
sind, beim Lebewesen die konditionierte Reaktion auslösen
Reizdiskriminierung
- Vorgang, in dem das Lebewesen verschiedene Reize voneinander unterscheidet und
unterschiedlich reagiert
Therapie
- Heilbehandlung
Verhaltenstherapie / Verhaltensmodifikation
- Nutzbarmachung lernpsychologischer Prinzipien für die Therapie
Phobie
- abnorme, unkontrollierbare Angst vor Objekten und Situationen
aversiver Reiz
- Ereignisse, Gegenstände und Verhalten, die ein Organismus zu vermeiden, zu fliehen
oder beseitigen sucht. Ein Reiz wird dann als aversiv bezeichnet, wenn das Verhalten,
das ihn meidet oder beseitigt, häufiger gezeigt wird
Desensibilisierung
- Vorgang der Schwächung oder des Aufhebens der Reaktionsbereitschaft eines
Organismus auf bestimmte Reize
reziprok
- gegenseitig, wechselseitig, aufeinander bezüglich
Instrumentelle Konditionierung (nach Thorndike)
- laut Thorndike bildet ebenfalls das Assoziationsprinzip die Grundlage des
Lernvorgangs, jedoch wird bei ihm eine Reaktion mit ihren Konsequenzen verknüpft
- in der nach Thorndike typischen Lernsituation probiert das Individuum das verfügbare
Verhaltensrepertoire durch (trial and error), um ans Ziel zu gelangen, bis es dieses
schließlich durch Zufall erreicht. Laut Thorndike werden nur die erfolgreichen
Verhaltensweisen im Organismus fixiert, die Wahrscheinlichkeit einer bestimmten
Reaktion in einer gegebenen Situation wird dann immer größer, wenn diese Reaktion
zu einer Befriedigung führt (law of effect)
- Assoziation zwischen einer zufälligen Reaktionsweise und einer positiven Folge
Operante Konditionierung (nach Skinner)
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Pädagogik
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Reifen und Lernen
11.2, Februar 2004
der Vorgang der operanten Konditionierung entspricht dem der instrumentellen
Konditionierung, mit dem Unterschied, dass laut Skinner der Mensch nicht zur
Aktivität angeregt werden muss, sondern grundsätzlich aktiv ist
entsprechend unterscheidet er zwischen reaktivem und aktivem (operantem) Verhalten
operantes, auf die Umwelt einwirkendes Verhalten wird nachträglich verstärkt, die
Entstehung neuer, komplexer Verhaltensweise beschreibt Skinner als Ausformung
(shaping)
aus der spontanen Variation und der Vielfältigkeit des Verhaltens werden durch
Verstärkung diejenigen ausgelesen und im Sinne einer allmählichen Annäherung
(sukzessive Approximation) zu einem Verhaltensmuster ausgeformt, das Endverhalten
muss jedoch für das Individuum grundsätzlich realisierbar sein
Lernen am Modell (nach Bandura)
- Bandura ist der Ansicht, dass Menschen aufgrund ihrer Intelligenz frei entscheiden
können, ob sie eine Verhaltensweise annehmen oder nicht
- in seinem Experiment 1965 sahen drei Gruppen von Kindern beiden Geschlechts drei
Filme, welche bis auf das Ende ähnlich waren. In den Filmen wurden von einer
Modellperson Aggressionen gegenüber einer lebensgroßen Plastikpuppe vorgeführt.
Im Ende des ersten Films wurden diese positiv bewertet, im Ende des zweiten negativ,
im dritten Film trat keine Bewertung der Aggressionen auf. Hiernach wurde den
Kindern dieselbe Plastikpuppe in einem Spielzimmer vorgeführt, es war zu
beobachten, dass die Kinder, die das erste Ende gesehen hatten, der Figur gegenüber
weit mehr Gewalt anwandten als solche, denen das zweite Ende vorgeführt wurde
Effekte einer Beobachtung am Modell
- Aneignung neuer kognitiver Fähigkeiten
- Hemmung bzw. Enthemmung von bereits gelernten Fähigkeiten (besonders
Einflussreich sind hier die beim Modell wirksamen Konsequenzen)
- Veränderung des emotionalen Erregungsniveaus („arousal“) (bei Beobachtung
emotionaler Inhalte beim Modell)
- Stimulusintensivierung (laut Bandura lenkt das Modell die Aufmerksamkeit auf
spezifische Gegenstände oder Anhaltspunkte (Stimuli), welche vom Beobachter in
Zukunft häufiger verwendet / beachtet werden)
wesentliche Implikation Banduras Theorie
- es besteht laut Bandura ein Unterscheid zwischen Verhaltensaneignung
(„acuisition“) und Verhaltensausführung („performance“)
- Lernen besteht nach Bandura auch in der Aneignung eines bestimmten Verhaltens als
nur in der Ausführung, der Mensch beherrscht mehr Verhalten, als er tatsächlich
ausführt
Prozessvariablen
- der Beobachter muss die zu modellierenden Merkmale des Modells aufmerksam
wahrnehmen und im Gedächtnis abspeichern, zum Ausführen muss er die dafür
notwendigen Fähigkeiten besitzen und in einer bestimmten Situation die Motivation
zur Ausführung haben
- relevant sind also Aufmerksamkeits-, Behaltens-, Ausführungs-, und
Motivationsaspekte
relevant für die Aufmerksamkeit des Beobachters
- Attraktivität des Modells (Prestige, Macht, Kompetenz, Ähnlichkeit mit dem
Beobachter
- das Modellverhalten muss sich von anderen gleichzeitig ablaufenden Reaktionen
deutlich abheben
- es darf den Beobachter nicht überfordern
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Pädagogik
Reifen und Lernen
11.2, Februar 2004
-
das Verhalten muss einen für den Beobachter funktionalen Wert haben (d.h. es muss
Effektivität in der Bewältigung von Problemen aufweisen)
relevante Eigenschaften des Beobachters
- seine physiologischen und kognitiven Fähigkeiten, diese stecken den Rahmen für den
Bereich seiner Aufmerksamkeit ab
- erworbene Wahrnehmungseinstellungen und Vorlieben, entscheiden über
bevorzugte Aspekte der Umwelt des Individuums
- Reichtum der individuellen Erfahrung und Differenziertheit der kognitiven
Fähigkeiten des Beobachters (entscheiden über die Präzision der Aufmerksamkeitsund Wahrnehmungsprozesse)
- das Erregungsniveau (ein mittleres Erregungsniveau ist am günstigsten, ist das
Erregungsniveau zu niedrig, ist das Interesse an der Umwelt reduziert, ist es hingegen
zu hoch, wird die Umwelt infolge der zu starken Beschäftigung mit dem „Innenleben“
verzerrt wahrgenommen)
Lernen durch Einsicht (nach Köhler)
- experimentierte mit einem Affen, welcher durch die Gitterstäbe seines Käfigs eine
Banane erreichen sollte, und dies schließlich durch Nachdenken mithilfe von zwei
Stöcken bewerkstelligte
drei Charakteristika des Lernens durch Einsicht (auch genannt: „Aha-Erlebnis)
- ist abhängig von der Anordnung der Problemsituation (z.B. die Nähe von
potentiellem Werkzeug und dem zu erreichenden Gegenstand)
- ist erst ein Einfall zur Lösung des Problems vorhanden, kann dieser sofort wiederholt
werden, der Lernerfolg stellt sich plötzlich ein, meist nach einer Phase des
Nichthandelns
- eine durch Einsicht erfolgte Lösung kann auch in neuen, veränderten Situationen
wieder angewandt werden, es wird kein Handlungsablauf, sondern eine kognitive
Struktur, ein Zusammenhang gespeichert (z.B. der von einem Hilfsmittel und einem
Handlungsziel)
Ultrakurzzeit-Gedächtnis – Kurzzeit-Gedächtnis – Langzeit-Gedächtnis
Ultrakurzzeit-Gedächtnis
- nimmt tausende von Informationen auf, behält sie jedoch nur eine kurze Zeit
(höchstens 20 Sekunden), nur ein Bruchteil dieser Informationen wird an das
Kurzzeit-Gedächtnis transferiert
Kurzzeit-Gedächtnis
- Behalten bedeutet, einen Eindruck durch Assoziation speichern
- bestehen genügend Motivation oder genügend Anknüpfungspunkte zum Behalten
einer Information, wird sie vom Ultrakurzzeit-Gedächtnis zum Kurzzeit-Gedächtnis
transferiert
Langzeit-Gedächtnis
- durch Assoziationen werden biochemische Prozesse ausgelöst, die Information wird
im Langzeit-Gedächtnis gespeichert
- ist eine Information einmal hier gespeichert, kann sie nicht mehr wirklich vergessen,
sondern höchstens schwer abrufbar werden
Vergessen und Behalten – Faktoren, die das Vergessen bewirken
- tritt auf, wenn Informationen bewusst oder unbewusst nicht von Ultrakurz- oder
Kurzzeit-Gedächtnis ins Langzeit-Gedächtnis transferiert werden
- daneben existieren spezielle Einflüsse, welche das Behalten beeinträchtigen und
Vergessen bewirken, diese werden in der Lernpsychologie als Hemmungen bezeichnet
Affektive Hemmung
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Pädagogik
Reifen und Lernen
11.2, Februar 2004
-
tritt bei emotionaler Erregung ein und beeinträchtigt die Speicherung von
Informationen
Rückwirkend oder retroaktive Hemmung
- tritt auf, wenn sich mehrere Informationen überlagern
Vorauswirkende oder proaktive Hemmung
- hier werden nachfolgende von vorausgehenden Informationen behindert
Ähnlichkeitshemmung oder Interferenz
- tritt als Sonderfall der beiden bereits genannten Hemmungen auf, wenn sich die zu
speichernden Informationen besonders ähnlich sind und so den Prozess des Behaltens
zusätzlich stören
Ekphorische Hemmung
- tritt in der Prüfungsvorbereitung auf, wenn unmittelbar vor der Prüfung neue
Informationen gespeichert werden sollen, die vorher fest im Langzeitgedächtnis
verankerten Informationen sind nicht mehr voll verfügbar, alte und neue
Informationen behindern sich gegenseitig
Intelligenz (Definition von Th. und L. Thurstone (1941)
- Intelligenz zeigt sich in der Kombination von sieben Primärfaktoren
Sprachverständnis
- Verständnis sprachlicher Zusammenhänge
Wortflüssigkeit
- Fähigkeit geeignete Wörter zu finden
Rechengewandtheit
- Fähigkeit rechnerische Probleme aller Art zu lösen
Raumvorstellung
- Fähigkeit räumliche Beziehungen zu erfassen
Gedächtnis
- Fähigkeit Gelerntes zu erinnern
Wahrnehmungsgeschwindigkeit
- Fähigkeit schnell und genau optische Einzelheiten, Ähnlichkeiten und Unterschiede zu
erfassen
schlussfolgerndes Denken
- Fähigkeit zur Auffindung von Regeln
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Pädagogik
Faktoren von Anlage und Umwelt
12.1, September 2004
Faktoren von Anlage und Umwelt
Antoine de Saint-Exupéry
- sieht in jedem Menschen eine genetisch veranlagte Gabe, welche jedoch in den
meisten Fällen nicht gefördert wird und deswegen unerkannt und ungefördert bleibt
- verwendet hierfür als Beispiel einen Gärtner, welcher in seinem Garten die Rose einer
neuen Art sieht und diese pflegt so gut er kann, für Menschen vermisst er einen
solchen „Gärtner“
John Locke
- glaubt, dass man Kinder am besten erzogen werden können, wenn ihre Eltern sie ihre
Ansicht über sein Verhalten in Form von Lob und Abweisung spüren lassen, ist
folglich ein Milieutheoretiker
Jean-Jaques Rousseau
- verlangt gute Beobachtung des Zöglings und völlige Freiheit für die Entfaltung seines
Charakters, ist also ein Anlagetheoretiker oder Nativist
- mehr zu Rousseau ab Seite 44
John B. Watson
- ist der Überzeugung, dass er unabhängig von seiner Anlage ein Kind zu jedem
beliebigen Ziel hin erziehen kann
Gerhard Hammer – eine philosophisch-pädagogische Diskussion
- der Mensch ist nicht nur von seinen Anlagen und seiner Umwelt abhängig, sondern
auch das Ergebnis einer aktiven freien Selbstgestaltung
Freiheit
- bezeichnet den Spielraum, innerhalb dessen der Mensch tun und lassen kann was er
möchte, und dabei durch keinen äußeren Faktor gehindert wird, innerhalb des
Menschen wäre dieser Spielraum seine Spontaneität, die ihn seinem eigenen Impuls
folgen lässt
- M. Schlick beschreibt das Bewusstsein der Freiheit als das Wissen, aus eigenen
Wünschen gehandelt zu haben, jedoch solche Wünsche, die durch das Individuum
selbst und nicht durch äußere Gewalt entstanden sind
- Freiheit bezeichnet die Fähigkeit des Menschen, zwischen vorgegebenen
Möglichkeiten zu wählen, ohne dabei durch innere (Anlage) oder äußere Faktoren
völlig vorausbestimmt zu sein, diese Freiheit setzt bestimmte Bedingungen voraus:
(1) dem Menschen müssen wirkliche Alternativen gegeben sein
(2) der Mensch muss die Offenheit für Sinn und Wert erreicht haben, dies kann auf
zwei Wegen geschehen
(a) die grundlegenden Bedürfnisse des Menschen müssen befriedigt sein, so dass
diese im Wollen und Streben des Menschen nicht mehr dominieren
(b) sollten diese Bedürfnisse nicht befriedigt sein, so muss durch
Selbstbeherrschung Kontrolle über sie erlangt werden
(3) der Mensch muss die ihm zur Wahl stehenden Alternativen bewusst in ihrem Wert
und Unwert, ihrer Begrenztheit erkennen können
- laut der deterministischen These ist eine solche Freiheit jedoch nicht anzutreffen, da
nach ihr der Mensch lediglich ein Resultat aus Vererbung und Umgebung ist,
Empirische Methoden helfen hier also nicht weiter, diese können lediglich Teilfragen
der Gesamtproblematik klären (die Theorie der Handlungsfreiheit oder den Grad
dieser)
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Pädagogik
Faktoren von Anlage und Umwelt
12.1, September 2004
-
entscheidend ist jedoch die Introspektion (Selbstbeobachtung) des Menschen,
Rückbesinnung auf Erfahrung, Offenheit für Sinn und Wert, Erfahrung des Abwägens
in Entscheidungssituationen, Hammer schreibt dem Menschen also ein Ego zu
- steht der Mensch vor einer Entscheidung, kann er zunächst der Entscheidung
ausweichen und andere für sich entscheiden lassen, er kann einen spontan-impulsiven
Zugriff versuchen, hier läge jedoch keine „freie“ Entscheidung vor. Würde er nun
durch vernünftiges Abwägen eine Entscheidung zu treffen versuchen, wäre diese so
lange nicht frei, wie eine eindeutige Zweck-Mittel-Relation vorliegt, wo manche Mittel
„besser“ sind als andere, erst wenn die Entscheidung auf dem Hintergrund einer
„unendlichen Offenheit für Sinn und Wert“ getroffen wird, kann man von einer
„freien“ Entscheidung sprechen
Wie kann diese Offenheit im menschlichen Leben erreicht werden?
- nach A. H. Maslow lassen sich verschiedene Bedürfnisse und Interessen unterscheiden
(1) grundlegend und als erste vorhanden sind Bedürfnisse nach Nahrung, Kleidung,
Unterkunft, Gesundheit, Fortpflanzung, Einkommen und Besitz
(2) sind diese primären Bedürfnisse einigermaßen befriedigt, drängen sich als nächstes
Bedürfnisse nach Schutz, Sicherheit und Geborgenheit auf
(3) ist ausreichend Sicherheit vorhanden, strebt der Mensch nach Zugehörigkeit (zu
Familie, Gemeinschaft), Zugehörigkeit und Freundschaft, er sehnt sich danach,
dass andere ihm zugetan sind und ihn lieben
(4) schließlich bedarf der Mensch Ansehen und Geltung, er möchte gesellschaftlich
anerkannt und geachtet werden, erfolgreich und unabhängig sein
(5) schließlich, als letzte Stufe, der Stufe der Entfaltung, strebt der Mensch nach
„Selbstverwirklichung“, auf dieser Stufe sind die übrigen aufgenommen und
aufgehoben
a) vorangehende Stufen sind durch Befriedigung der Bedürfnisse überwunden
b) zeigen sich jedoch Mängel, treten diese Bedürfnisse wieder hervor
c) der Mensch strebt über die bisherigen Stufen hinaus zur Erfüllung des
Lebenssinns, zur Einheit von Denken, Glauben und Handeln, aus dem Streben
nach begrenzten Befriedigungen erwächst der Mensch zu einem Streben nach
Sinn und Wert
- diese Bedürfnisse treten nachfolgend zu einem bestimmten Alter zwischen
Säuglingsalter und Jugendalter auf und verbleiben ab dann
Das Trichter-Modell
- jeder Mensch wird mit einem sehr umfangreichen Fundus an künftigen
Verhaltenspotenzen geboren
- er wächst in einem bestimmten sozialen und kulturellen Umfeld auf, dessen Einfluss
er sich nicht entziehen kann
- durch diese Sozialisation werden bei ihm bestimmte Verhaltensweisen gefestigt, das
umfangreiche Potenzial jedoch geht bei dieser Kanalisation verloren
Identität und Rolle (nach Rolf Oerter, basierend auf Krappmann)
- Identität ist ein lebenslanger Prozess der Herstellung von Gleichgewicht
(Gleichgewicht zwischen verschiedenen Rollenerwartungen; Gleichgewicht zwischen
Anforderungen anderer und eigenen Bedürfnissen; Gleichgewicht zwischen
Individualität und sozialer Integration)
- Somit ist die Persönlichkeitsentwicklung eine Leistung des Individuums, welche nur
in der Interaktion mit anderen möglich ist. Prozesse der Kontaktaufnahme mit anderen
sind also wesentlich, diese Interaktionsprozesse lassen sich in drei Arten gliedern:
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Pädagogik
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Faktoren von Anlage und Umwelt
12.1, September 2004
1. Selbstdarstellung. Das Individuum muss seine Identität anderen verständlich
machen, diese Selbstdarstellung muss sich jedoch in einem bestimmten Rahmen
bewegen, damit der Partner noch Kategorien der Zuordnung besitzt. Verhält das
Individuum sich zu einmalig, wird es für verrückt, asozial oder als Mitglied der
Gesellschaft für nicht geeignet erklärt
2. Interpretation des Gegenüber. Zum anderen muss das Individuum versuchen,
seine eigenen Bedürfnisse und Erwartungen zurückzustellen, um die
Selbstdarstellung des Partners zu erfahren
3. Verhandeln. Da alle Erwartungen, die Menschen voneinander haben nicht jeder
einzelne erfüllen kann oder will, muss über solche Erwartungen oder
Anforderungen verhandelt werden, und zwar durch eine gleichberechtigte
Kommunikation
der Mensch muss also im Laufe des Sozialisationsprozesses bestimmte Fähigkeiten
erwerben, derer Krappmann vier Leistungen betont:
1. Rollendistanz. Erste Voraussetzung für eine Ich-Identität ist die Fähigkeit des
Individuums, eigene Rollen und damit verbundene Erwartungen von außen her zu
sehen und sie kritisch zu durchleuchten
2. Role-taking. Das Individuum muss sich in die Rolle des anderen hineinversetzen
können, um die Handlungsweise des anderen nachvollziehen und abschätzen zu
können
3. Ambiguitätstoleranz. Das Individuum muss in der Lage sein,
Widersprüchlichkeiten in verschiedenen Werteregelungen und Bedürfnissen zu
erfassen und zu tolerieren (d.h. diese Konflikte zu präzisieren und mit ihnen zu
leben lernen)
4. Identitätsdarstellung. Jedes Individuum muss versuchen, seine Identität den
anderen darzustellen und sie durchzusetzen, da die anderen erst, wenn sie das
Individuum kennen, ihm auch vertrauen können
alle diese Leistungen beanspruchen insbesondere die Sprache, sprachliche
Kommunikation ist ein entscheidendes Mittel in der sozialen Integration
diese Sichtweise betrachtet den Menschen nicht mehr als alleinigen Gegenstand,
sondern erfasst größere Einheiten (Familie, Gesellschaft), wodurch wichtige
Beziehungen innerhalb dieser deutlich werden
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Sigmund Freud
Pädagogik
12.1, September 2004
Sigmund Freud
Der psychische Apparat
- das Seelenleben des Menschen gleicht einem Apparat, welcher aus mehreren
Instanzen besteht
- Es: Diese Instanz ist von Geburt an vorhanden, das Es besteht aus den zwei Urkräften
(Eros und Destruktion), aus deren Mischungen alle Triebe entstehen, welche im Es
wirken, das Es handelt nach dem Lustprinzip, es will seine Triebe um jeden Preis
erfüllen
- Ich: Das Ich entsteht in den ersten Lebensjahren (zwischen Geburt und dem 5.
Lebensjahr), es nimmt die Außenwelt wahr und vermittelt zwischen ihr und dem Es,
es verfügt über das Es und entscheidet, wann dessen Triebe zugelassen werden können
und wann sie unangebracht oder sogar gefährlich sind und deswegen unterdrückt
werden müssen (Realitätsprinzip)
- Über-Ich: Entsteht im Alter von etwa 5 Jahren, es enthält das Gewissen, moralische
Grundsätze, welche ihm hauptsächlich von den Eltern vermittelt wurden, es gib
Befehle an das Ich und bestraft es, sollte es sie ignorieren, es nimmt gewissermaßen
die Stelle der Eltern ein, welche zuvor bei Fehlverhalten bestraften, es handelt nach
dem Moralitätsprinzip, Lustgewinn darf nur dann geschehen, wenn er moralisch
vertretbar ist
Der Begriff der Verdrängung in der Tiefenpsychologie
- eine Patientin Freuds, welche nach dem Tod ihrer Schwester für einen kurzen Moment
Liebe für ihren Schwager empfunden hatte, hatte diesen sofort verdrängt, sie erinnerte
sich nicht mehr daran, und erkrankte an hysterischen Symptomen. Bei der Behandlung
gelang es, diese Erinnerung wieder hervorzurufen, die Patientin wurde dadurch gesund
- Freud vergleicht den Vorgang der Verdrängung mit dem Aussperren eines
Störenfriedes aus dem Saal (wobei der Saal hier die bewusste und der Raum außerhalb
die unbewusste Ebene im menschlichen Geistesleben wäre). Dieser stört jedoch von
hier aus weiter, indem er schreit oder an die Türe pocht, und belästigt vielleicht sogar
noch mehr als er es im Saal tat. Erst durch einen Friedensvermittler, welcher den
Störenfried zur Ruhe bringt und veranlasst, dass er wieder in den Saal darf, könnten
die Unruhen beendet werden.
Abwehrmechanismen
Name
Verschiebung
Reaktionsbildung
(Verkehrung ins
Gegenteil)
Rationalisierung
Projektion
Definition
Beispiel
das Beängstigende des angst
auslösenden Objekts wird auf ein
anderes Objekts verschoben
das Beängstigende wird durch
Übersteigerung gegenteiliger Impulse
dem Bewussten ferngehalten
Die Angst vor dem Vater wird
verschoben, eine Angst vor Pferden wird
entwickelt.
Ein Mann, dessen starke Liebe zu einer
Frau nicht erwidert wird, beginnt, diese
zu hassen.
Aggressivität wird in
„Scheißfreundlichkeit“ ausgelebt
Jemand, der aus Höhenangst nicht auf
einen Turm steigen will, gibt den
anderen und sich selbst eine rationale
Erklärung (z.B. keine Zeit, zu teuer etc.)
das Beängstigende kann vorgestellt
werden, jedoch ohne die
dazugehörigen Gefühle, eine
verstandesgemäße Erklärung wird
gesucht
beängstigende Eigenschaften der
eigenen Person werden auf eine
andere Person übertragen (projiziert)
und bei dieser bekämpft
Ein aggressiver Mensch wirft seinem
Gegenüber Aggression vor.
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Pädagogik
Verleugnung
Agieren
Verdrängung
Isolierung
Konversion /
Somatisierung
Sublimierung
Identifikation
(mit dem
Angreifer)
Regression
Kompensation
Introjektion
Fixierung
Sigmund Freud
eine fehlende oder nur schwach
ausgebildete Fähigkeit wird als
besonders stark eingeredet
eine Konfliktsituation wird immer
wieder herbeigeführt, um zu gutem
Ausgang gebracht zu werden. Diese
nimmt jedoch immer wieder den
gleichen unlösbaren Ausgang und
führt zu neuen Wiederholungen
eine unangenehme Erinnerung wird
aus dem Gedächtnis gelöscht, zurück
bleibt eine Erinnerungslücke
die Emotion, welche mit einer
schmerzhaften Erinnerung verbunden
ist, wird von dieser gelöst, an ihre
Stelle tritt evtl. ein erdachtes Gefühl
ein psychischer Konflikt wird in ein
somatisches, motorisches (z.B.
Lähmung) oder sensibles (z.B.
Schmerzen) umgesetzt
ein primitiver Trieb wird in Form
einer kulturell wertvollen Betätigung
ausgelebt
12.1, September 2004
Ein Kind, welches nicht schwimmen
kann, redet sich ein, es könne dies
besonders gut.
Ein Patient, der sich in Gegenwart seiner
Mutter immer nervend vorkam, führt die
gleiche Situation mit anderen Frauen
herbei, wobei er auch hier anfängt zu
„nerven“ und abgewiesen wird.
Ein Mensch, der seine anale Phase nicht
ausleben konnte, besucht, anstatt sich
mit Fäkalien zu beschäftigen, einen
Töpferkurs
das Selbstwertgefühl wird mit
Identifikation mit einer Person oder
Institution höheren Ranges erhöht
eine Person fällt von einem höheren
auf einen niedrigeren
Entwicklungsstand zurück, da äußere
oder innere Verhältnisse eine
Befriedigung der Bedürfnisse nicht
zulassen
eine Schwäche und Frustration auf
einem Gebiet wird durch
Überbetonung und Befriedigung auf
einem anderen Gebiet verhüllt
äußere Werte und Standarts werden
in die Ich-Struktur einverleibt, um sie
nicht mehr als Bedrohung empfinden
zu müssen
unnormal langes Verharren in einer
Phase / einem Entwicklungsstand
Die Phasenlehre Freuds
orale Phase (etwa bis zur Mitte des 2. Lebensjahres)
- der Mund ist der Ort des Lustgewinns, da zum einen das Hauptinteresse des
Säuglings in der Nahrungsaufnahme liegt, welcher eine Befriedigung auslöst, und zum
anderen Reizungen der Mundschleimhaut eine zusätzliche Befriedigung liefern, auch
hat diese Empfindlichkeit der Mundschleimhaut für den Säugling eine Bedeutung für
die Erkundung von Gegenständen, welche er in den Mund nimmt
- da der Säugling zuvor noch Geborgenheit im Mutterleib hatte, braucht er als Ersatz
nun mütterliche Zuwendung (affektive Zuwendung) oder diese einer anderen
Bezugsperson, eine gleichmäßige und ausreichende Befriedigung dieser Bedürfnisse
führt zu einem Urvertrauen
- ein Kind, welches dieses erworben hat ,wird weltoffen, während es ohne unter
dauerhaften Störungen zu leiden hat (Hospitalismus, anaklitische Depressionen)
anale Phase (2. und 3. Lebensjahr)
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Sigmund Freud
12.1, September 2004
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das Kind lernt, seine Enddarm- und Schließmuskulatur zu beherrschen, die erogenen
Schleimhautzonen werden nun zum Lustzentrum, so empfindet der Säugling nun
einen Lustgewinn bei der Entleerung von Harn- und Darminhalt
- das Kleinkind empfindet keinen Ekel vor seinem Kot, es schätzt ihn als Teil seines
Körpers, von welchem er sich ungern trennt. Das Kind sieht seinen Kot als sein erstes
eigenes Produkt
- eine zu strenge und zu früh einsetzende Sauberkeitserziehung kann das gerade
erworbene Urvertrauen zerstören und Scham und Zweifel im Kind hervorrufen,
Regression und Verlust der Kontrolle über den Schließmuskel sind die Folgen,
außerdem kann ein solches Kind später die Merkmale des analen Zwangscharakters
annehmen (Waschzwang und Projektion der eigenen unterdrückten Wünsche auf
andere, auch Geiz kann ein Merkmal hierfür sein)
phallische Phase (3. – 5. Lebensjahr)
- das Lustzentrum wandern zu den Geschlechtsteilen, der Penis ist für Kinder beiden
Geschlechts das Hauptobjekt des Interesses
- wird auch als infantil-genitale Phase bezeichnet (infantil deshalb, weil ein Orgasmus
bei Kindern noch nicht möglich ist)
- als äußeres Zeichen gilt das Spielen des Kindes an seinen Genitalien (Onanieren)
- auch erwachen im Kind heterosexuelle Wünsche, die, da es sich immer noch im
Familienrahmen bewegt, beim Jungen auf die Mutter und beim Mädchen auf den
Vater gerichtet sind
- das Ich ist entwickelt und der Bewegungsapparat ist voll herausgebildet, das Kind
kann sich frei bewegen und sprechen
- die sexuellen Wünsche des Jungen nach der Mutter lösen den so genannten
Ödipuskomplex aus, da der Junge nach der Mutter trachtet und sich seinen Vater im
Weg sieht, deswegen ist sein Verhältnis zum Vater ambivalent (zwiespältig)
- das Inzesttabu jedoch verbietet Beziehungen zwischen Blutsverwandten, so werden
die sexuellen Wünsche bei Junge und Mädchen auf unterschiedliche Weise
aufgegeben:
- der Junge macht die Erfahrung, dass der Erwachsenen mit seinem Onanieren nicht
einverstanden sind und befürchtet, dass er kastriert wird, besonders dann, wenn er die
Penislosigkeit des Mädchens feststellt und glaubt, das dieses bereits kastriert sei
- das Mädchen besitzt keine Kastrationsangst, da es glaubt, bereits kastriert zu sein.
Dies führt erst zu seinem Ödipuskomplex, da es vom Vater ein Kind als Gegenleistung
erwartet. Weil diese Wünsche sich nie erfüllen, wird der Komplex langsam verlassen,
die Wünsche bleiben jedoch im Unterbewussten bereiten das Mädchen auf seine
spätere geschlechtliche Rolle vor (Freud sieht jedoch selber seine Kenntnisse über die
Entwicklungsvorgänge beim Mädchen als lückenhaft an)
- die Abwendung des Ichs vom Ödipuskomplex sieht Freud als Verdrängung an, diese
ist jedoch spezifisch, da durch diese das Über-Ich (welches ansonsten für
Verdrängungen verantwortlich ist) überhaupt erst entsteht
- dies geschieht beim Jungen insofern, als dass er das Liebesobjekt Mutter aufgibt und
sich stattdessen dem Vater zuwendet und sich mit ihm identifiziert, dadurch kann er
über den Umweg des Vaters, welcher die Mutter „besitzt“, an der ihm selbst
verbotenen Liebe zu ihr teilhaben
- der Vater bildet somit den Kern des Über-Ichs des Jungen, ebenfalls findet dieser
durch ihn seine Geschlechtsrolle
- das Mädchen hingegen bleibt lange in der ödipalen Situation, nach und nach erfährt es
die Vergeblichkeit einer Liebesbeziehung mit dem Vater und wendet sich wieder
seiner Mutter zu, deren Über-Ich und Geschlechtsrolle es übernimmt
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Sigmund Freud
12.1, September 2004
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da bei ihm also das mächtige Motiv der Kastrationsangst fehlt, hat das Mädchen laut
Freud ein schwächeres Über-Ich als der Junge, diese Auffassung stellte sich jedoch
später als falsch heraus, Mädchen haben aufgrund der psychischen Strafe des
Liebesentzuges ein stärkeres Über-Ich als Jungen, welchen nur physische Strafen
drohten
Latenzphase (5. – 11. Lebensjahr)
- nach der stürmischen phallischen Phase folgt eine Phase verminderter sexueller
Aktivität
- diese ist jedoch kulturspezifisch, da sie nur in Kulturen bestehen kann, in welchen
infantile Sexualität unterdrückt wird
- in dieser Phase lernt das Kind erste soziale Verhaltensweisen, auch
Reaktionsbildungen wie Moral, Scham und Ekel
Adoleszenzphase
- hier knüpft der Jugendliche wieder an die phallische Phase an, jedoch richten sich
seine heterosexuellen Wünsche nun auf andere gegengeschlechtliche Mitmenschen als
die Eltern
- hiermit ist nach Freud die psychosexuelle Entwicklung abgeschlossen
Freuds Psychotherapie – Die psychoanalytische Beziehung
Von der Katharsis zur freien Assoziation
- zunächst waren bei der Psychotherapie Fremdbeeinflussungen durch den Arzt (in
Form von Hypnose, Suggestion (Überredung sich zu bessern), Katharsis (Abreaktion))
üblich, Freud entwickelte aus diesen die freie Assoziation, mit welcher man nun den
Zugang zum unbewussten, also zu verborgenen infantilen Konflikten fand
- bei dieser Behandlungsmethode musste der Patient alles sagen, was ihm gerade einfiel,
egal wie nebensächlich, sinnlos, erotisch oder aggressiv es sein mochte
- laut Freud waren die meisten psychischen Erkrankungen mit sexueller Unterdrückung
verbunden und Fehlentwicklung in der Kindheit verbunden, jedoch war die
Erinnerung an diese meistens verdrängt, diese Hysterien /Neurasthenien nannte Freud
in der Folgezeit Angstneurosen, da die Patienten unter Ängsten, Zwängen und
Fehlhandlungen litten
- verantwortlich war laut Freud ein frühkindliches Erlebnis, ein unterdrückter
Triebwunsch, über diese frühkindliche Sexualität war man sich zu Freuds Zeiten noch
nicht bewusst, laut Freud kehrte diese unterdrückte frühkindliche Sexualität im
Erwachsenenalter in anderer Form wieder, deren Symptome Zwangshandlungen,
Ohnmacht, Depression oder Konversion sind, deren Ursachen ist der Patient sich
jedoch nicht mehr bewusst, er hat sie abgewehrt
Die Übertragung
- in der Übertragung wird allgemein eine bestimmte kindliche (Konflikt-) Situation
wiederbelebt
- hierfür führte Freud seine Couch-Therapie ein, bei welcher der Analytiker schräg
hinter dem auf der Couch liegenden Patienten saß, damit dieser in seinem Gesicht
keine Reaktion ablesen konnte. Der Patient glaubte nun, in dem Therapeuten seine
Eltern, Geschwister oder Partner wieder zu erkennen
- der Analytiker muss die Abstinenzregel strikt einhalten, d.h. er muss sich neutral und
wohlwollend verhalten und muss außerhalb der Therapie persönliche Distanz zum
Patienten wahren, nur so kann er Übertragung von Realität unterscheiden
Der Widerstand
- da dieses seelische Durcharbeiten von Konflikten für den Patienten mit großer Angst
verbunden ist, setzt er ihm oft einen unbewussten Widerstand entgegen
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Pädagogik
Sigmund Freud
12.1, September 2004
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während seiner Analysestunden entdeckte Freud eine unbewusste Kraft der
Verdrängung, welche sich in Schweigen, Stocken, Zuspätkommen oder„Vergessen“
von Sitzungen, ablenkenden Erzählungen, Vergessen von Phantasien und Träumen,
Einschlafen, Vermeiden bestimmter Themen oder Isolierung ausdrückten
- vom Widerstand gibt es eine fließende Grenze zum Agieren außerhalb der Sitzungen
(z.B. Nebentherapie mit Bekannten, verschweigen wichtiger Lebensereignisse)
- auch kann es sein, dass der Patient unbewusst nicht geheilt werden will, da ihm seine
Krankheit und die damit verbundene Versorgung wichtig ist
- der Analytiker muss dem Patienten seinen Widerstand nachweisen und untersuchen,
wie und warum diese Abwehrung erfolgt
Die Regression
- bezeichnet in der Psychoanalyse die Rückkehr zu kindlichen Formen des Erlebens und
Verhaltens unter bedrohlich scheinenden Situationen
- in der Analyse soll die regressive Situation durch das liegen auf der Couch gefördert
werden, da diese Bewegungseinschränkung dem Kleinkindzustand ähnelt, so treten
infantile Gefühle und Phantasien deutlicher hervor
Die Deutung und das Durcharbeiten
- der Analytiker greift in die Erzählungen des Patienten deutend, aber nicht wertend ein
- den größten Veränderungsfaktor bildet das Durcharbeiten der infantilen Konflikte,
wobei hier oft Widerstände von Seiten des Patienten auftreten, da ihm Veränderung
seiner Verhaltensweisen, mit denen er Konflikte bewältigen soll, Unbehagen bereitet
- das theoretische Wissen des Patienten reicht nicht aus, er muss die Konfliktsituationen
wiedererleben
- das Ich des Patienten soll vereinheitlicht und gestärkt werden
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Pädagogik
Bedeutung des Spiels
12.1, Januar 2005
Bedeutung des Spiels
Verschiedene Typen des Spiels
Spiel als Trieb-, Phantasie und Alternativbefriedigung
- laut einem älteren Erklärungsansatz ist eine Sorte Spiel eine halluzinatorische
Wunschbefriedigung, laut welcher das Spiel aus Triebimpulsen und Wünschen des
Kindes resultiert, das Kind gibt vor, eine Person zu sein, die es in Wirklichkeit nicht
ist, um für eine begrenzte Zeit eine Respektsposition zu genießen, welche es im
normalen Leben nicht einnimmt
Spiel als Verarbeitung unbewältigter Erfahrungen und als Angstabwehr
- in einer anderen Sorte von Spielen bewältigen Kinder wiederholt bestimmte
Erfahrungen (vergleichbar mit einem Erwachsenen, welcher immer wieder von einem
schweren Erlebnis spricht)
- ein Kind, welches oft eine passive Rolle innehat, kann im Spiel eine aktive Rolle
übernehmen
- ein für ein Kind in Wirklichkeit enttäuschender Handlungsausgang kann im Spiel zu
einem Erfolg umgewandelt werden
- das Kind kann im Spiel durch seine motorische Bewegen angestaute Emotionen
abbauen
Spiel als Regression, Tarnung, Flucht vor der Wirklichkeit
- in manchen Spielen fallen Kinder hinter den von ihnen erreichten Entwicklungsstand
zurück (z.B. beim Nachahmen von Babys oder Tieren), sie können so einem zu
starken Realitätsdruck für begrenzte Zeit ausweichen, sie können Verbotenes in
erlaubter Form erleben
- in so genannten Clownereien tarnen Kinder vielfach gar nicht bemerkte Reaktionen
(wie Erschrecken, Verlegenheit, Versprecher, Stottern) durch Übertreibung oder
Parodie, so wandeln sie, was ihnen ansonsten Spott eingebracht hätte, in eine
gelungene Darbietung, welche sie in den positiven Mittelpunkt rückt
- die Kinder demonstrieren hier Verhaltensformen, mit denen sie sich nicht
identifizieren möchten, Elemente einer negativen Identität
Spiel-Wirklichkeit
- das Kind ahmt die Wirklichkeit der Erwachsenenwelt nach, schafft sich jedoch hierbei
Teilweise eigene Gesetze, es ahmt Modellsituationen nach und überwindet
Enttäuschungsursachen
- diese Art von Spiel stellt die infantile Form menschliche Fähigkeit des Schaffens von
Modellsituationen dar, in welchem Erfahrungen verarbeitet werden können, um die
Realität durch Erfahrung und Experiment zu beherrschen
- das Kind muss hierfür flexibel sein, es muss einen fließenden Übergang zwischen
Phantasie und Realität empfinden (ein Spielzeug ist Realität und nicht nur ein Ersatz
für diese), es bedarf einer bestimmten Form von Magievorstellung (es hat Einfluss auf
Geschehnisabläufe der Wirklichkeit) und es muss eine gewisse Objektverschiebung
anwenden (z.B. Verschiebung der Aggression auf eine andere Person oder einen
anderen Gegenstand als den Verursacher)
Das Spiel in der kindlichen Entwicklung
- im ersten Lebensjahr liegt das Hauptinteresse des Kindes in seiner Motorik, es
manipuliert und betastet vorwiegend den eigenen Körper, ab dem 5. Monat mehr und
mehr auch Fremdobjekte, von denen es ab dem 8. Monat die variantenreichsten
Objekte bevorzugt
- das Funktionsspiel des kleinen Kindes entwickelt sich dann in zwei Richtungen
weiter, zum einen benutzt es Objekte in realistischer Weise (in dem es baut, formt,
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Pädagogik
Bedeutung des Spiels
12.1, Januar 2005
zeichnet, konstruiert), andererseits deutet es Gegenstände anders, beraubt sie ihres
unmittelbaren Dingcharakters
Konstruktionsspiele
- das Kind kritzelt, knetet, formt und schraubt zusammen, kann jedoch erst mit 6 Jahren
beabsichtigt herstellen
Illusions- / Fiktionsspiele
- das Kind deutet Objekte um (z.B. einen Klotz in ein Auto oder einen Menschen),
hierbei können Deutungen rasch wechseln und plötzlich aufgegeben werden
- Illusionsspiele beginnen im zweiten Lebensjahr und haben ihren Höhepunkt im 5.
Lebensjahr, bis sie mehr und mehr zu Rollenspielen werden
Rollenspiele
- Rollenspiele stellen die höchste Form des Illusionsspiels dar
- sie werden zunächst nur mit fiktiven Partnerrollen gespielt, dann jedoch zunehmend
mit realen Partnern, mit der Zeit werden immer mehr Rollenträger notwendig, es
entstehen Gemeinschaftsspiele und schließlich Regelspiele
Regelspiele
- beinhalten mehr oder minder spezifische Richtlinien, welche zunächst starr
angewendet und dann flexibler und unabhängiger eingesetzt werden
- andererseits entwickeln sich auch immer komplizierte Vereinbarungen (Fußball,
Handball etc.)
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Pädagogik
Jean Piaget
12.1, Januar 2005
Jean Piaget
-
Piaget (1896 . 1980), Biologe, Erkenntnistheoretiker, gilt als der bedeutendste
Erforscher der kindlichen Intelligenz
seine Theorien sind insofern bedeutend, als sie ein „aktives“ Erziehungskonzept
liefern, dass sich an der Welt des Kindes und nicht an der des Erwachsenen orientiert
Grundbegriffe der Theorie
- Kinder streben im Allgemeinen ein Gleichgewicht zwischen dem, was sie gegenwärtig
wahrnehmen, wissen und verstehen an und dem, was ihnen aus einem neuen
Phänomen ersichtlich wird
- wenn also für eine neue Situation die vorhanden Bedingungen des Kindes ausreichen,
bleibt das Gleichgewicht ungestört, reichen sie nicht aus, so ist intellektueller
Aufwand irgendeiner Form notwendig, um das Gleichgewicht wieder herzustellen,
eine gewisse Anpassung des Organismus an seine Umwelt muss stattfinden
- diese Anpassung tritt simultan in zwei Formen auf
Assimilation
- das, was wahrgenommen wird, wird so verändert, dass es zu den gegenwärtig
vorhandenen kognitiven Strukturen passt
- Assimilation kann mit dem Vorgang des Kauens und Verdauens von Nahrung
verglichen werden, bei welchem die Nahrung zu etwas verwandelt wird, das für den
Körper von Nutzen ist
Akkommodation
- die kognitiven Strukturen werden so geändert, dass das, was wahrgenommen wird, zu
ihnen passt
- vergleichbar mit den Vorkehrungen des Körpers zum Essen und Verwerten von
Nahrung, wie z.B. dem Öffnen des Mundes, Produktion von Verdauungssäften etc.
Die Stufenlehre
- Piaget unterschied in der intellektuellen Entwicklung vier Hauptstufen: die
sensomotorische, die präoperationale (die er in eine präoperationale und eine
intuitive unterteilte), die konkret-operationale und die formal.operationale
- die Zuordnung dieser Stufen zu einem bestimmten Lebensalter ist nicht streng,
sondern als Annäherung zu sehen
- die Übergänge zwischen den Stufen sind fließend
sensomotorische Stufe (etwa 1. und 2. Lebensjahr)
- in dieser Stufe lernt das Kind, sich selbst von den Objekten seiner Umwelt getrennt
wahrzunehmen, auf Stimulationen von Licht und Geräuschen zu reagieren, zu
versuchen, interessante Erfahrungen auszudehnen, Dinge durch Manipulation zu
bestimmen, ein Objekt trotz Ortsveränderung oder Änderung des eigenen Blickwinkels
als konstant zu betrachten
präoperationale Stufe (etwa 3. – 5- Lebensjahr)
- das Kind spricht viel und verhilft sich so selbst zur Entwicklung von eigenen
Konzepten, diese sind jedoch häufig falsch und müssen überprüft werden
- das Kind ist selbstbezogen, den Standpunkt eines anderen Menschen kann es noch
nicht einnehmen
- es kann ein Objekt anhand eines einzelnen, deutlich sichtbaren Merkmals einordnen
- es kann nicht feststellen, dass gewisse Objekte sich einerseits ähneln, andererseits
jedoch auch unterscheiden können
- es kann Dinge nach einem Kriterium, sogar nach einem, welches sich auf
Veränderung bezieht, einander zuordnen
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Pädagogik
Jean Piaget
12.1, Januar 2005
- es kann Dinge in unmittelbarer Nähe in eine Reihenfolge bringen
intuitive Stufe (etwa 5. – 8. Lebensjahr)
- das Kind ist nun zu Schlussfolgerungen in der Lage, welche auf vage Eindrücke und
Beurteilungen basieren und sich eng an die Wahrnehmung anlehnen
- das Kind kann (jedoch noch unbewusst) Klassen und Kategorien von Objekten bilden
- es kann logische Beziehungen mit zunehmender Komplexität verstehen
- es eignet sich das Prinzip der Erhaltung an (mit 5 Jahren begreift es die Erhaltung der
Masse unabhängig von Form oder Stückzahl, in die ein Objekt verformt und aufgeteilt
wird; mit 6 Jahren die Erhaltung des Gewichts und mit 7 Jahren die Erhaltung des
Volumens)
Stufe der konkreten Operationen (etwa 8. – 12- Lebensjahr)
- das Kind kann nun verschiedene logische Operationen durchführen, jedoch nur mit
konkreten Dingen
- Komposition: Es begreift, dass aus der Kombination von zwei Elementen eines
Systems ein weiteres Element resultiert (A + B = C)
- Austauschbarkeit: Für die Summe ist die Reihenfolge unwichtig (A + B = C und B +
A = C)
- Reversibilität: Zieht man von der Summe ein Element ab, erhält man das andere (C –
B = A)
Stufe der formalen Operation
- das Kind kann nun logisches Denken mit Abstraktionen durchführen, es kann, was es
aufnimmt, in eine abstrakte, allgemeine Ebene übertragen
- es kann alle logischen Möglichkeiten erarbeiten, ohne sich Gedanken darüber amchen
zu müssen, welche Möglichkeit realistisch sei
- es kann eine Kombinationsanalyse von Möglichkeiten durchführen (wenn C1, C2 und
ein Ergebnis R gegeben sind kann es analysieren, inwiefern C1 und C2 auf R
einwirkten)
- es kann in logischen Sätzen denken
- es kann die Inhalte dieser Sätze generalisieren
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Pädagogik
Aggressionstheorien
12.2, Februar 2005
Aggressionstheorien
Frustrations- Aggressionstheorie (FA-Theorie) (nach Dollard, Doob, Miller und Sears)
- als Frustration gilt die Störung einer bestehenden zielgerichteten Aktivität
- als Aggression gilt jede Verhaltenssequenz, welche auf die Verletzung eines
Organismus oder eines Organismusersatzes abzielt
- Aggression ist immer eine Folge von Frustration
- Frustration führt immer zu einer Form von Aggression
- die Stärke der Aggression hängt von der Stärke der Frustration ab
- bei Bestrafung kann es zu einer Hemmung der Aggression kommen
- die durch eine Frustration hervorgerufene Aggression ist am stärksten gegen den
Frustrierenden
- jedoch sind Strafen ein ungeeignetes Mittel, da bei starker Hemmung entweder eine
Verschiebung der Aggression auf ein anderes Objekt als den Frustrierenden auftritt
oder weniger direkte Form der Aggression gegen den Frustrierenden erfolgt oder es
erfolgt Selbstaggression als besondere Variante der Verschiebung
- Katharsis Hypothese: Das Ausführen einer Aggression reduziert die Neigung zu
weiteren Aggressionen (Katharsis = Reinigung)
- Kurzzeitmodell: Eine Frustration führt unmittelbar zu einer Aggression
- Langzeitmodell: Eine Frustration führt nach längerer Zeit zu einer Aggression
Instinktbegriff der modernen Verhaltensforschung (nach Paul Leyhausen)
- „Instinktbewegung“ sind für die jeweilige Tierart typische, ererbte
Bewegungsweisen, sie sind durch individuelle Erfahrungen unbeeinflussbar, diese
sind auf die Erreichung äußerer, biologisch bedeutsamer Ziele gerichtet
- weniger jene Ziele, als der zentralnervöse Erregungsprozess motivieren das
Lebewesen hierzu, dieser läuft unabhängig von äußeren Reizen in seiner eigenen
Rhythmik ab
- die Bereitschaft zur Ausführung einer Instinktbewegung steigert sich bei längerem
Nichtausführen, bei längerer Stauung kann die Instinktbewegung auch in anderen als
den „biologisch richtigen“ Situationen hervorbrechen
- die verschiedenen Instinktbewegungen bilden ein wechselseitig ausbalanciertes
System, es besteht eine Instinkthierarchie
- bei den meisten Instinktbewegungen besteht eine Überlagerung mehrerer Instinkte
- wegen diesen „endogenen Erregungsprozessen“ ist das Instinktsystem relativ
unabhängig von Außenreizen, jedoch ist es auf die äußere Situation abgestimmt,
sodass es unter natürlichen Lebensbedingungen nur selten zu einer so hohen
Instinktstauung kommt, welche zu „Reaktion am Ersatzobjekt“ oder „Leerlauf“
führt
- durch zentralnervöse Enthemmungsapparate geschieht die betreffende
Instinktbewegung im richtigen Moment, diese sind ebenfalls angeboren (angeborenes
Schema = angeborener auslösender Mechanismus = AAM)
- diese sprechen auf bestimmte Einzelheiten der Umwelt an, so genannte
Schlüsselreize, dies sind stets Merkmale, welche unter normalen Umständen die
betreffende Situation des Tieres eindeutig kennzeichnen
- Prägungen sind Aneignungen verschiedener einzelner Reize, welche eine Reaktion
auslösen sollen
- sie erfolgen auch häufig weit vor jenem Zeitpunkt, zu dem die betreffende Reaktion
erstmalig ausgelöst werden
- ihnen ist durch die AAMs bereits ein gewisser Rahmen gegeben
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Pädagogik
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-
Aggressionstheorien
12.2, Februar 2005
für die Einwirkung des betreffenden Reizes ist eine Frist gegeben, dieser Vorgang ist
nach Ablauf der Frist irreversibel, sie unterscheiden sich somit deutlich von der
Bildung bedingter Reflexe und vom Lernen
es gibt ebenfalls Instinktbewegungen, welche nicht durch AAMs, sondern
ausschließlich durch äußere Einflüsse ausgelöst werden
Die Instinkttheorie (nach Konrad Lorenz):
- intraspezifische Aggression: Tiere einer Art stoßen einander ab
- z.B. geschlechtliche Rivalität kann innerhalb einer Tierart ohne Beziehung zur
Außenwelt zu bizarren Bildungen führen (z.B. das Hirschgeweih, es ist nur zum
Rivalenkampf gut, zur Verteidigung gegen Raubfeinde benutzen Hirsche ihre
Vorderhufen)
- die Selektion, welche unzweckmäßige Bildungen einer Tierart ausmerzt, verirrt sich
hier selbst in Sackgassen, dies geschieht immer dann, wenn der Wettbewerb der
Artgenossen ohne Beziehung zur außer-artlichen Umwelt allein Zuchtwahl betreibt
- diesen Wirkungen der intraspezifischen Selektion ist der Mensch besonders
ausgesetzt; er hat alle seine Feinde bezwungen oder ausgerottet und ist nun sein
eigener Feind (Homo homini lupus), die Vorfahren des Menschen führten nach dem
Bezwingen der Gefahren des Verhungerns, Erfrierens und Gefressenwerdens
gegeneinander Krieg, über die Jahrtausende bildeten sich durch Selektion besonders
die kriegerischen Tugenden heraus, weswegen der Mensch noch heute ein großes Maß
an Aggressionstrieb in sich trägt
- diese angeborenen Verhaltensweisen können durch geringfügige Veränderungen der
Umwelt aus dem Gleichgewicht geraten und unter ungünstigen Umständen eine Art
zugrunde gehen lassen
- laut Lorenz ist der Mensch, welcher die Wasserstoffbombe erfand und trotzdem noch
einen Aggressionstrieb in sich birgt gefährdet, vor allem weil dieser Aggressionstrieb
eben nicht auf Umweltfaktoren beruht und sich deshalb durch Änderung dieser
ausschalten lässt, sondern von Geburt an tief in ihm sitzt und spontan und
unberechenbar ausbricht
Dampfkesseltheorie
- laut der Dampfkesseltheorie stauen sich diese Aggressionen so lange auf, bis sie
durch einen bestimmten Anlass (dem Menschen widerfährt etwas Ärgerliches)
entladen werden, hiernach herrscht wieder so lange ruhe, bis wieder ein bestimmtes
Maß an Aggression erreicht ist. Je höher dieser „Druck“, desto geringer muss der
Anlass zur Entladung sein, im Extremfall kann sich die Aggression sogar ohne Anlass
abreagieren
- Lorenz lehnt also die FA-Theorie entschieden ab
Möglichkeiten zur Verminderung von aggressiven Handlungen
- Katharsis (Abreaktion am Ersatzobjekt), Kanalisierung, Sublimierung
- ritualisierte Sonderformen des Kampfes: Sport
- kollektive Unternehmungen der Menschheit (Kunst, Kultur, Wissenschaft)
- persönliche Bekanntschaft / Freundschaft
- Lachen (schafft brüderliche Zusammengehörigkeit, ist Voraussetzung für
Freundschaft
Instinktreduktion beim Menschen (Arnold Gehlen)
- Nur wenige Handlungen des Menschen basieren tatsächlich auf Instinkten
- Da beim Menschen die Instinktreduktion eingetreten ist, basieren die meisten
Handlungsweisen auf von Mitmenschen und Kultur antrainierten Verhaltensweisen,
jedes Verhalten ist sozial bedingt
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Pädagogik
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Aggressionstheorien
12.2, Februar 2005
Trieb, Drang: spezifischer, zentralnervöser Erregungsprozess, innere Dynamik einer
Instinkthandlung
Besetzung: „Inbesitznahme“ eines Objekts oder einer Handlungsweise durch einen
Trieb
potentielle Antriebsbesetzung: Eine Verhaltensweise, welche einem Individuum durch
seine Kultur vermittelt wurde, hinter der jedoch ein Instinktresiduum, ein Drang steckt
Entdifferenzierung der Antriebsstruktur / Instinktentdifferenzierung: Zuordnung
zwischen angeborenem Schlüsselreiz und Auslösemechanismus (AAM) ist zerfallen
Instinktreduktion: Die Verkümmerung der Instinkte beim Menschen
Instinktresiduum: Instinktreste des Menschen
mehr zu Gehlen ab Seite 47
Die Triebtheorie (nach Siegmund Freud)
- das Es, welches für die Triebe steht, repräsentiert die körperlichen Anforderungen and
das Seelenleben
- es besteht aus zwei Grundtrieben: Eros und Destruktionstrieb
- der Eros will immer größere Einheiten herstellen und erhalten, der Destruktionstrieb
will Zusammenhänge auflösen und Dinge zerstören, darum heißt er auch Todestrieb
- diese beiden Grundtriebe wirken gegeneinander oder kombinieren sich (z. B. beim
Essen oder beim Sexualakt)
- Veränderungen in diesem Mischverhältnis hätten greifbare Folgen (z.B. beim
Sexualakt, ein Mensch mit erhöhtem Destruktionstrieb würde zum Lustmörder, einer
mit erhöhtem Eros scheu oder impotent)
- Destruktionstrieb ist Notwendig für die Erhaltung des Individuums
- Zurückhaltung von Aggression ist ungesund und krankmachend
- mehr zu Freud ab Seite 13
Aggression als erlerntes Verhalten (nach Albert Bandura u. a.)
Lernen am Modell (Lernen durch Beobachtung):
- durch Beobachten können neue Verhaltensweisen sehr schnell erlernt werden, unter
anderem auch Aggressionen
- außerdem bewirkt ein aggressives Modell eine enthemmende Wirkung oder einen
Auslöseeffekt von Verhaltensweisen, welche zwar schon vorhanden waren, jedoch nie
ausgeführt wurden
- das Auftreten und Erscheinungsbild des Modells scheint von niederer Bedeutung zu
sein, es kann real oder symbolisch (z. B. im Film) oder nicht einmal direkt
beobachtbar (z. B. in erzählten Geschichten), nicht einmal menschlich oder auch eine
Zeichentrickfigur sein
- beeinflusst werden können sowohl Kinder als auch Erwachsene, wobei Kinder leichter
beeinflussbar sind
- emotionale Erregung unterstützt die Nachahmungsbereitschaft der Aggressionen
- wichtig für die Nachahmungsbereitschaft sind Macht und Prestige des Modells,
moralische Rechtfertigung und Konsequenzen seiner Aggressionen (Verbindung mit
Lernen am Erfolg / Misserfolg), jedoch werden auch Aggressionen mit negativen
Konsequenzen behalten
- jeder kennt und beherrscht weit mehr Aggressive Verhaltensweisen, als er jemals
anwendet
- auch Frustrationen spielen bei der Nachahmungsbereitschaft eine wichtige Rolle
- das aggressive Verhalten anderer enthemmt das eigene aggressive Verhalten
Lernen am Erfolg (Lernen durch Bekräftigung):
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Pädagogik
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Aggressionstheorien
12.2, Februar 2005
Aggression ist ein Mittel der Selbstdurchsetzung, deswegen kann man es auch ohne
Modell in bestimmten Situationen erwerben und als nützliche Durchsetzungsmethode
beibehalten
das Verhalten wird maßgeblich bestimmt durch seine Konsequenzen
Bezeichnungen hierfür lauten Lernen am Erfolg, Lernen durch Bekräftigung (oder:
Verstärkung), operante oder instrumentelle Konditionierung
Medien und Aggression – Ergebnisse der Medienwirkungsforschung
Die Medienkinder (Ulrich Eicke, Wolfram Eicke):
- Die Tatsache das immer mehr Kinder einen Fernseher und sogar einen eigenen
Videorekorder auf dem Zimmer haben, ermöglicht ihnen, Gewaltsendungen alleine
und mithilfe des Rekorders sogar unabhängig des Sendetermins zu sehen, sie können
hiermit sogar bestimmte Szenen mehrmals und verlangsamt betrachten
- Maskenbildner und Trickspezialisten werden immer perfekter und können brutale
Szenen immer „lebensechter“ darstellen
- Hinter Gewaltfilmen verbirgt sich bereits eine gesamte Gewaltindustrie
- Die meisten Gewaltfilme enthalten kaum oder überhaupt keine sinnvolle Handlung
und sind meist eine schlichte Aneinanderreihung von Gewaltszenen, welche sich in
typischen Schauplätzen des Alltags ereignen und so die Lebenswelt des Betrachter
bedrohlich erscheinen lassen
- Die Gewaltindustrie hat bereits auf Video- und Computerspiele übergegriffen
Ergebnisse der Medienwirkungsforschung (Bründel, Hurrelmann)
- Die Auswirkung von Gewaltdarstellungen auf den Betrachter ist abhängig vom Inhalt,
der Art und Weise der Gewaltdarstellung, der Persönlichkeit des Zuschauers (Alter,
Geschlecht, Intelligenz, soziale Position und Integration) und der Situation, in der
gesehen wird (allein, mit Freunden, mit den Eltern)
- Gewalt wird meist als positives Modell gezeigt, als lohnenswert und erfolgreich
- Viele verschiedene Hypothesen beschreiben die Wirkung der Gewalt auf den
Zuschauer:
Katharsisthese: Gewaltdarstellungen bauen Aggressionen beim Zuschauer ab
Inhibitionsthese: Gewaltdarstellungen hemmen die eigene Aggression aus
Angstgefühlen
Habitualisierungsthese: Fernsehgewalt bewirkt Abstunpfung gegenüber realer
Gewalt
Suggestionsthese: Mediengewalt führt zu Nachahmungstaten
Erregungsthese: Fernsehgewalt erhöht die emotionale Erregung und damit auch
die Aggressionsbereitschaft
Rechtfertigungsthese: Mediengewalt führt zur individuellen Legitimation von
Aggression und Verbrechen
- Das Kumulationsmodell geht von ungünstigen psychischen und sozialen
Bedingungen der Person und ihrer Übernahme- und Nachahmungsbereitschaft von
Gewaltmodellen aus
- Die Faszination Jugendlicher an Gewaltdarstellungen hängt von bestimmten
Persönlichkeitsmerkmalen und Situationen ab
- Zum Beispiel sind diejenigen Jugendlichen, welche im eigenen Umfeld (Familie,
Nachbarschaft, Freundeskreis, Freizeitbereich) Aggression und Gewalt real erfahren,
für Mediengewalt besonders aufnahmeempfindlich, da sie modellbildend wirken und
Problemlösungen zeigen, außerdem haben diese Jugendlichen aufgrund ihrer sozialen
Lage auch bereits ein hohes Maß an Frustrations- und Versagungserfahrungen und
deswegen ein hohes Aggressionspotential, weswegen ihnen Gewaltsendungen
besonders attraktiv erscheinen, eine unausgeglichene Lebensperspektive, ein niedriges
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Pädagogik
Aggressionstheorien
12.2, Februar 2005
Selbstwertgefühl und eine soziale Isolation in Familie und Freundeskreis erhöhen
diese Bevorzugung von Gewaltsendungen
„Verwahrlosungsstruktur“ der „Neurosenstruktur“:
- Verwahrlosungsstruktur: Antisoziale Einstellung gegenüber geschriebenen oder
ungeschriebenen Sittengesetzen, steht zu den Wertnormen der in seiner Umwelt
herrschenden Gruppe in Opposition, ist jedoch grundsätzlich fähig, in einer
Gemeinschaft zu leben, lässt sein Leben durch sein Es, seine Triebe bestimmen,
schwaches Über-Ich
- Neurosenstruktur: Im Gegensatz zum Verwahrlosten überstrenges Über-Ich,
deswegen von Zeit zu Zeit unvermeidbarer Ausbruch der Triebe
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Pädagogik
Rechtsextremismus
12.2, Mai 2005
Rechtsextremismus
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Rechtsradikalismus: agiert im Rahmen des Verfassungsschutzes und ist von daher
nicht Beobachtungsobjekt desselben, auch wenn die Übergänge zwischen
Radikalismus und Extremismus fließend sind
Rechtsextremismus: ist verfassungsschutzrelevant, da er sich gegen wesentliche
Elemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung richtet
Wesentliche Elemente des Rechtsextremismus
- Ablehnung des Gleichheitsgrundsatzes und der Vorstellung der Gleichwertigkeit aller
Menschen mit gleicher Menschenwürde
- fremdenfeindliche bis rassistische Vorstellung
- die Vorstellung, dass die Zugehörigkeit zu einer Nation oder Rasse den Wert eines
Menschen ausmache (wobei man sich selbst in der Regel als einer höherwertigen
Nation oder Rasse zugehörig sieht)
- Bevorzugung eines autoritären politischen Systems
- Vorstellung, dass der Staat und ein ethisch homogenes Volk als angeblich natürliche
Ordnung zu einer Einheit verschmelzen (Ideologie der Volksgemeinschaft) und die
staatlichen Führer nach dem einheitlichen Willen des Volkes handeln, in einem
solchen Staat würden sich die wesentlichen Kontrollelemente der Demokratie
erübrigen
- betonter Antisemitismus
- revisionistische Tendenzen, welche auf Relativierung, Verharmlosung und im
Extremfall auch eine Leugnung des Holocausts sowie auf eine Leugnung der
deutschen Kriegsschuld abzielen
- übersteigerter Nationalsozialismus, in welchem die Wahrung und Stärkung der
eigenen Nation oberste Priorität hat und andere Nationen tendenziell abgewertet
werden
- dezidierte (gezielte) Fremdenfeindlichkeit, die Eigenschaften der eigenen
Völkergruppe werden als besonders hoch gewertet, fremde Volksgruppen sollen
benachteiligt oder ausgegrenzt werden
- Eliteprinzip, besonderen Eliten, zu denen sich die rechtsextremistische Szene gerne
selber zählt, sollen Rechte und Privilegien ohne demokratische Legitimation
zugebilligt werden
- „Autoritarismus“, die Bereitschaft, sich freiwillig dem „Stärkeren“ bzw. einer nicht
legitimierten Herrschaft zu unterwerfen und Schwächere zu beherrschen
Ursachen fremdenfeindlicher Gewalt
- ein Großteil stammt aus sog. „broken home“-Familien, geschiedenen Familien oder
Familien, welche mangelnde sicherheitsgebende Unterstützungen und
Verlässlichkeiten gaben, unter psychisch-emotionale Beziehungen litten etc.)
- vorwiegend Schüler aus Milieus mit niedrigem sozialem Status sind vertreten, zum
einen wird diesen Milieus eine tendenziell höhere Akzeptanz auch körperlicher
Gewalt beigemessen, außerdem müssen Personen mit niedriger oder fehlender
Qualifikation am ehesten um einen Arbeitsplatz fürchten und Migranten viel
unmittelbarer als Konkurrenten um Arbeit und Wohnungen erleben
- vorhandene Vorurteile gegenüber Ausländern oder anderen als fremd oder bedrohlich
empfundenen Gruppen
- Reaktion auf selbst erfahrene Provokation
- Suche nach Anerkennung in und Zugehörigkeit zu einer Gruppe
- grundsätzliche Gewaltbereitschaft oder Lust auf Gewalt
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Pädagogik
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Rechtsextremismus
12.2, Mai 2005
oft erheblicher Alkoholkonsum
Ein Mann zu werden ist anstrengend und gefährlich für sich und andere
Ein Mann zu werden ist anstrengend und gefährlich für sich selbst
- Jungen müssen sich anstrengen, um später als typischer Mann zu gelten, welcher aktiv
ist, seine Emotionen beherrscht und keine Schwächen zeigt
- ihnen wird ein gewisser Entfaltungsraum zugestanden, jedoch wird ihnen Disziplin,
Selbstkontrolle und Verzicht abverlangt, außerdem dürfen sie keinesfalls
mädchentypisch wirken
- als Gewinn wird Herrschaft in Form von sozial vererbtem Sexismus versprochen
- die Kehrseite ist, dass sowohl erfolgreiche als auch erfolglose Männer gefangen in
ihrem Männlichkeitspanzer oft nicht mehr in der Lage sind, entstressende
Verhaltensweisen zu erleben (Genießen, sich entspannen, Schwächen zeigen, sich
jemandem anvertrauen, zum Arzt gehen)
Ein Mann zu werden, ist anstrengend und auch gefährlich für andere
- als Junge wächst man in eine gesellschaftliche Position herein, welche in Relation zu
Mädchen und Frauen Macht und Ansehen verspricht
- da die herrschende Männerideologie besagt, dass Männer die Macht in unserer
Gesellschaft haben, versuchen Jungen diese machtvolle Rolle zu übernehmen
- wenn Jungen feststellen, dass Mädchen in irgendeinem Bereich (z.B. sprachlich,
sozial, kognitiv), reagieren sie meist abwertend bis aggressiv, sie stören
Mädchencliquen besonders dann, wenn sie sich von ihnen unbeachtet fühlen, auch
emanzipative Veränderungen bei Mädchen oder Frauen werden mit Unverständnis
oder Aggression aufgefasst
- wenn die gespürte Herrschaft über Frauen ausbleibt, verspüren Jungen einen Zwang
zur Veränderung. Da Jungen keine reflektierte und erfolgreiche Jungensozialisation
kennen, führt diese Veränderung nicht selten zu anomischen (nicht normgerechten)
oder gewaltsamen Reaktionen
- diese Veränderung der Geschlechterverhältnisse kann zu gewissen Formen des
Fundamentalismus und anderen reaktionären Konfliktlösungsmustern führen:
- Rudelgehabe in Cliquen, Männerbünden, neofaschistischen Gemeinschaften, welche
ihre Stärken zelebrieren jedoch in Wirklichkeit nur aus ich-schwachen Individuen
bestehen
- Ergattern von Zuwendung durch negativ auffälliges Verhalten: Gewalt gegen
Schwächere (vor allem gegen Frauen und Kinder), vor allem in dem empfindlichsten
Bereich aller Menschen, ihrer Sexualität
Arbeit und Instrumentalisierung
- entscheidend für rechtsextreme Orientierungen eines Jugendlichen ist nicht die
Arbeitslosigkeit, sondern die Arbeitsorientierung
- eine Arbeitsorientierung, welche auf Kompetenzerfahrung, Spaß an der
Arbeitstätigkeit und Befriedigung sozialer Kontakte basieren, nehmen einen positiven
Einfluss auf die politische Orientierung
- negative Auswirkungen hat eine instrumentelle Arbeitsorientierung (wie Geld,
Karriere, Sicherheit), da in solchen oft die Motivation deswegen verloren geht, weil
oft Geld, Karriere und Sicherheit nicht den erhofften Grad erreichen, so wird die
Arbeitstätigkeit inhaltsleer
- das Verhalten gegenüber anderen Personen wird unter instrumentalistischer
Perspektive betrachtet, welche die Verfügung über andere beinhaltet: Verfügung über
Konkurrenten in Sachen Geld, Kariere und Sicherheit
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Pädagogik
-
Rechtsextremismus
12.2, Mai 2005
auch innerhalb der Familien spielt weniger der Familienzustand eine Rolle als die Art
der Beziehungen der einzelnen Familienmitglieder untereinander. Sind diese
instrumentalistisch geprägt, d. h. fehlende emotionale Beziehungen werden mit
materiellen Leistungen ausgeglichen, kann beim Jugendlichen ebenfalls die politische
Orientierung in Richtung des Rechtsextremismus umschwenken
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Pädagogik
Selbstverletzendes Verhalten
12.2, Juni 2005
Selbstverletzendes Verhalten
Ursachen der Selbstverletzung
- schwere Kindheitstraumata
- extrem widersprüchliches Familienklima (Widerspruch zwischen Gesagtem und
Verhalten, z.B. eine Mutter sagt „Wir lieben dich“, zeigt dies jedoch in keiner Weise),
diese Widersprüche lösen Verwirrungen aus, diese wecken unerträgliche Gefühle von
Hilflosigkeit, Verständnislosigkeit und Ausgeliefertsein
- sämtliche Ereignisse, welche zu Traumata führen: extrem gestörte Eltern-KindBindung, alle Formen körperlicher und seelischer Gewalt
Anfällige Bevölkerungsgruppen
Kinder / Jugendliche
- die Symptomatik ist unter Jugendlichen inzwischen sehr weit verbreitet
- außerdem hat selbstverletzendes Verhalten einen hohen Ansteckungscharakter
Verhältnis zwischen Frauen und Männern
- das Verhältnis zwischen Frauen und Männern, welche selbstverletzendes Verhalten
zeigen, liegt bei 6 (Frauen) : 1 (Männer)
- dies stimmt mit den bekannten Zahlen über sexuellen Missbrauch an Frauen und
Männern überein
- Männer gehen anders mit Aggressionen um, sie richten diese eher gegen Fremdkörper,
während Frauen Aggressionen eher gegen sich selbst richten
Warum steigt die Anzahl der Betroffenen?
- die Dunkelziffer ist geringer als in früheren Zeiten da Missbrauch, Misshandlung und
Traumatisierung heute öffentlich behandelt werden
- Auslöserreize haben zugenommen
Varianten selbstverletzenden Verhaltens
- es gibt gesellschaftlich anerkannte Formen wie Piercing oder Tätowieren
- es gibt jedoch Formen, welche den Charakter der Verstümmelung haben und sich als
wiederholendes Verhalten zeigen (z.B. den Kopf gegen Türen, Wände oder Schränke
schlagen, sich selbst beißen oder wund kratzen, sich schwere Stich-,
Schnittverletzungen oder Verbrennungen zuziehen, sich mithilfe von Laugen und
Säuren verätzen, Heilungen von Verletzungen verhindern, sich willentlich
Knochenbrüche zuziehen)
- selbstverletzendes Handeln wird meist als eine Art Ritual vollzogen, der Betroffene
überlegt die Art und Abfolge seiner Verletzungen, breitet die Hilfsinstrumente vor
sich aus und vollzieht dann den eigentlichen Akt der Selbstverletzung
Therapiemöglichkeiten bei selbstverletzendem Verhalten
- es gibt verschiedene Therapiemöglichkeiten, jedoch ist eine vollständige Heilung
ausgeschlossen
- es gibt drei unterschiedliche Kategorien der Therapie, den medizinischen Zugang,
therapeutische Ansätze (Psychotherapie, Familientherapie, lerntheoretische Ansätze)
und Selbsthilfegruppen
- „Bonding“, ein in den 70er Jahren von Dr. Daniel Casriel entwickelter
emotionsorientierter Lernprozess, welcher die Ich-Identität des Einzelnen fördert, neue
Verhaltensweisen einübt, das zeigen von Gefühlen und eine Auseinandersetzung mit
sich selbst fördert
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Pädagogik
Geschichte des Bildungssystems
13.1, August 2005
Geschichte des Bildungssystems
Historischer Wandel des Bildungssystems
- in den 50er Jahren, in welchen andere östliche und westliche Industriestaaten bereits
eine Entwicklung des Bildungssystem in Richtung „Demokratisierung“ und Erhöhung
der Anzahl an Sekundär- und Hochschul-Absolventen anstrebten, wurde in der
Bundesrepublik Deutschland ein eher traditionelles und sozial selektives
Bildungssystem wiederaufgebaut
- dies lag daran, dass man zu jener Zeit sämtliche Reformansätze des NS-Regimes
wieder rückgängig machte (auch jene, welche in Richtung der internationalen
Standards gingen)
- zugleich hatte man zu jener Zeit eine große Reserve an qualifizierten Arbeitern, zum
einen aufgrund von Einwanderern aus der Deutschen Demokratischen Republik und
zum anderen aus den ehemaligen Ostgebieten des Deutschen Reiches und der
sowjetischen Besatzungszone
- auch das politische Klima dieser Zeit aufgrund Erfahrungen mit der
nationalsozialistischen Vergangenheit und der kommunistischen Gegenwart hielt
Reformen auf
- in der DDR hingegen vollzog sich eine andere Entwicklung, da eine Reformation des
Bildungssystems einer der Schwerpunkte war
- so wurden mit einer sozialen Einheitsschule Diskriminierungen von Geschlechtern
und Klassen ausgeschaltet, mit Arbeiter- und Bauernfakultäten sollte der
Hochschulbesuch der zuvor benachteiligten Schichten gewährleistet werden, ein
Quotensystem sollte Chancengleichheit für Frauen und untere Sozialschichten
schaffen
- das Curriculum wurde reformiert um die Naturwissenschaften zu fördern
- das Bildungssystem stand unter zentralstaatlicher Leitung
- es wurden zwei Drittel der Lehrerschaft durch Neulehrer ersetzt
- viele Intellektuelle zogen aus Gründen des Bildungssystems aus dem Ausland in die
DDR
Was bis heute in der BRD erreicht wurde
- Abschaffung der Noten in den ersten Schuljahren
- Abbau der traditionell-autoritären Lehrerrolle
- Aufbau beruflicher Vollzeitschulen
- Einführung von Orientierungsstufen und Gesamtschulen als Alternativen
- Abbau geschlechtsspezifischer Benachteiligung
- wissenschaftlicher Ausbildung für alle Lehrämter
- Steigerung des Anteils von Schülern, welche länger zur Schule gehen und einen
qualifizierten Abschluss erwerben
Das Problem bei gleichen Bildungschancen
- niemand darf bei der Zuteilung von Chancen aus Gründen benachteiligt werden, die er
nicht selbst zu verantworten hat
- weder die soziale Herkunft (z.B. Stand und Rasse) noch die ökonomische Lage (z.B.
Einkommen und Besitz), sondern allein die „Begabung“, oder eher die erwiesene
Leistung für den Erfolg soll entscheidend sein, wobei die Entfaltung dieser Leistung
wiederum chancengleich sein muss
- das deutsche Grundgesetzbuch besagt, dass das Recht auf Bildung für jeden
chancengleich einlösbar sein muss
- das Prinzip der Chancengleichheit und das Leistungsprinzip fordern sich gegenseitig
und lassen sich nur miteinander sinnvoll verwirklichen, da die Bildungschancen nach
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Pädagogik
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Geschichte des Bildungssystems
13.1, August 2005
dem Leistungsprinzip zugewiesen werden müssen, was wiederum Chancengleichheit
für die Leistungserbringung erfordert
wenn bestimmte attraktive Ziele in der Gesellschaft (z.B. Güter, Laufbahnen,
Positionen) nicht jedem beliebig zugängig gemacht werden können, so gilt das
Leistungsprinzip hier als die fairste Verteilungsmethode, trotz aller mit ihm
verbundenen Probleme (wie z.B. sozialer Herkunft, Geschlecht, Alter), jedoch muss
Rücksicht auf die Leistungsunfähigen genommen werden, dies geschieht durch das
Sozialprinzip (jedem Menschen werden die Grundbedingungen für ein humanes Leben
garantiert)
unter Leistung versteht man in diesem Zusammenhang eine erzielbare bzw. erzielte
als Aufgabe empfundene selbst zustande gebrachte Handlung, welche nach
bestimmten Maßstäben bestimmbar ist, dabei spielen Fähigkeit und Anstrengung eine
Rolle
Leistungsprinzip meint die Zuteilung nach dem Kriterium erwiesener (oder dafür
gehaltener) Leistung
eine Leistungsgesellschaft ist eine Gesellschaft, welche vom Leistungsprinzip
bestimmt ist, in der also jeder die gleiche Chance hat, diese Leistungen zu erbringen
und die ihr entsprechende soziale Position einzunehmen, für die er befähigt und sie zu
erreichen gewillt ist hierfür sind brauchbare und gerechtfertigte Maßstäbe von Nöten
sowie eine leistungsgerechte Zuteilung
neuerdings wird die Berechtigung dieser Annahmen bestritten, ihnen wird soziale
Ungleichheit unterstellt, jedoch gibt es keine akzeptable Alternative
da nicht allein das Kind und seine Eltern für das Erreichen einer Leistung
verantwortlich sind, sondern auch deren soziales Umfeld, an der sie keine Schuld
tragen, ist bei einem Leistungsprinzip im Bildungswesen keine Chancengleichheit
gegeben
wer diese mit der sozialen Herkunft verbundenen „Bildungsbarrieren“ abbauen will,
muss eine Entwicklungs- und Förderungschancengleichheit anstreben
das heißt, dass benachteiligte Kinder mit Materialien und anderen Fördermitteln
versorgt werden sollen, um vor der Einschulung einen bestimmten Bildungsstand zu
erreichen. Das Problem ist jedoch, dass hier die Kinder übersehen werden, welche
nicht benachteiligt oder sogar hochbegabt sind
Sockelchancengleichheit: Jeder Bürger wird auf ein gewisses Minimum an Bildung
gebracht, um seine individuelle oder gesellschaftliche Lebenschance verwirklichen zu
können
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Pädagogik
Waldorf-Pädagogik
13.1, Dezember 2005
Waldorf-Pädagogik
Anthroposophie
Im Gegensatz zu den Empirischen Wissenschaften, welche nur den Körper erforschen,
behandelt die Anthroposophie die Seele und den Geist und liefert laut Rudolf Steiner
genauere Kenntnisse des menschlichen Wesens. Sie besagt im Wesentlichen, dass der
Mensch aus vier Wesensgliedern besteht, welche zum Zeitpunkt der Geburt von
schützenden Hüllen umgeben sind. Diese Hüllen streifen sich im SiebenjahresIntervallen nacheinander ab. Jedoch sind die Übergänge von einem Wesensglied zum
anderen fließend. Die vier Wesensglieder sind:
- der physischen Leib
- Ist von Geburt an vorhanden.
- Stellt den aus leblosen Stoffen bestehenden menschlichen Körper dar, diesen Leib
besitzen auch alle Tiere, Pflanzen und Mineralien.
- In dieser Phase werden die Organe in ihre natürliche und gesunde Form gebracht,
so auch das Gehirn. Deswegen muss es mit natürlichen (da alle toten laut Steiner
„verödend und ertötend auf die Bildungskräfte“ wirken) und nicht detailgetreuen
(damit das Kind mit seiner Phantasie Details ergänzen muss, um sein Gehirn zu
trainieren) Spielgegenständen spielen. Basteln, Malen etc. erzieht den kindlichen
Willen, da diese nur über den physischen Leib erfolgen kann.
- Dem Kind müssen vor allem harmonische, wohltuende Sinneseindrücke vermittelt
werden (gesunde Formen, sanfte Farben, rhythmische Bewegungen).
- Da das Kind vorwiegend nachahmt, muss es viel beobachten. Der Erzieher als
Vorbild muss tadellos handeln.
- der Ätherleib
- Wird im zweiten Jahrsiebt geboren, zur Zeit des Zahnwechsels.
- Trägt Wachstums- und Fortpflanzungskräfte, der Mensch hat diesen nur noch mit
dem Tier- und dem Pflanzenreich gemein.
- Das Kind benötigt in dieser Lebensphase die Autorität des Erziehers, einen
Menschen, dem es nahe steht und zu dem es aufschauen kann. Diese Autorität
muss echt und natürlich sein und darf keineswegs missbraucht werden.
- Auch braucht das Kind geistige Autoritäten, Vorbilder aus der Vergangenheit, zum
Beispiel Helden, welche dem Kind durch Erzählungen nahe gebracht werden.
- Der physische Leib hat nun die Kräfte, um sich selber weiter zu entwickeln. Die
Wachstumskräfte des Ätherleibes, welche zuvor den Aufbau des physischen
Leibes gewährleisteten, wandeln sich nun in seelische Kräfte um und äußern sich
in Form von Denk-, Lern-, und Gedächtnisfähigkeiten.
- Otto J. Hartmann vergleicht den Ätherleib mit den bleibenden Zähnen, welche sich
in den ersten 6 – 7 Lebensjahren „in aller Stille und Verborgenheit“ entwickeln
und erst mit Beginn der Schulzeit nach außen brechen und „für äußere Leistungen
verfügbar“ sind.
- Aufgrund der Autorität die das Kind verlangt steht seine Erziehung unter dem
Prinzip von Autorität und Nachfolge
- Da das Kind noch nicht begrifflich denken kann, muss der Erzieher durch
sprachliche Bilder und Beispiele auf es einwirken (Gleichnisse und Vergleiche)
- Auch wichtig ist die Schulung des Gedächtnisses. Da das Kind viele Dinge noch
nicht begreifen kann, soll es sich ein großes Gedächtnisvermögen aneignen, viele
Dinge lernen, die es erst später begreifen kann. Rudolf Steiner schrieb: „... Je mehr
der junge Mensch schon gedächtnismäßig weiß, bevor es ans begriffliche gehr,
desto besser...“.
- der Astralleib
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Pädagogik
Waldorf-Pädagogik
13.1, Dezember 2005
-
-
Wird im dritten Jahrsiebt geboren, mit dem allmählichen Eintreten der
Geschlechtsreife
- Mit dieser Schicht hebt der Mensch sich vom Tierreich ab.
- Trägt Gewohnheiten und Neigungen des Gedächtnisses, Empfindungen wie Lust,
Unlust, Begierden, diese hat er nur noch mit dem Tierreich gemein
- Empfunden wird jedoch laut der Anthroposophie nur dann, wenn auf einen
äußeren Reiz eine innere Reaktion sein, eine äußere Veränderung genügt nicht
- Der Jugendliche ist zu intensivem seelischen Erleben fähig
- Er strebt danach, Sinn und Zweck der Dinge und seines Daseins zu erforschen
- Er setzt dabei vermehrt seine geistigen Fähigkeiten ein und ersetzt nun den
Erzieher durch seine eigenen Ideale und strebt ihnen nach
- Der Erzieher muss Verstand und Urteilskraft des Jugendlichen schulen, der
Mensch kann nun über die vorher gelernten Dinge selbst urteilen, deswegen darf
der Erzieher ihm keine Meinung aufdrängen
- Anstatt Autorität ist nun Sachlichkeit wichtig, der Unterricht kann nun zunehmend
wissenschaftlich gestaltet sein
der Ich-Leib
- Diese Schicht steht für das Selbstbewusstsein des Menschen, für sein Erfassen
seiner Individualität, seines unsterblichen Wesenskerns, diese stellt ihn über das
Tierreich
- Tritt im vierten Jahrsiebt bei Eintritt der Mündigkeit und Persönlichkeitsreife an
die Oberfläche
- Der Mensch ist nun vollständig entwickelt, er kann einen Beruf ausüben und eine
Familie gründen
- Er ist nun zu Selbstreflexion und –bestimmung fähig
Der Waldorfkindergarten
- ist auf der ganzen Welt verbreitet, ⅓ davon in Deutschland
- Erscheinungsformen: „Klassischer“ Kindergarten, Tagesstätte, Mutter-Kind-Gruppen,
Spiel- und Krabbelgruppen, sonderpädagogische Einrichtungen
- Alle Erzieher sind stets bereit zur Selbsterziehung und Weiterentwicklung in ihrer
Begegnung mit Kindern
- Spielen im Waldorf-Kindergarten:
- Freies Spiel (Spiel ohne Spielanweisungen mit natürlichen Elementen, dem Kind
soll seine Umwelt durch Nachahmen nahe gebracht werden)
- Sicherheit (Die Kinder müssen nicht aufräumen, die Erwachsenen halten den
Raum stets im gleichen, aufgeräumten Zustand)
- Die Spielgegenstände bestehen ausschließlich aus Naturmaterialien (Holz, Kork
etc.) und sind nicht detailgetreu (z.B. kein detailliertes Polizeiauto, nur ein grobes
Holzauto)
- Aufteilung der Zeit: Der Tag besteht etwa aus: Gemeinsamen Essen – Beten –
Singen – Freispielzeit – Anderen Beschäftigungen, die Wochentage sind ebenfalls
geregelt (z.B. Sonntag für Familie...), das Jahr ist fest in die Jahreszeiten
gegliedert, hierzu werden auch Jahreszeiten gefeiert
- Alter und Lernphasen werden genau beobachtet
- Wichtig sind stete „Heiterkeit“ und „Freude am Leben“ für die optimale Aufnahme
der Reize (für die Motivation des Kindes laut Rudolph Steiner entscheidend)
- Integration der Eltern (Wöchentliche Foren, Hausbesuche der Erzieher und viele
Feste)
Die Waldorfschule
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Pädagogik
Waldorf-Pädagogik
13.1, Dezember 2005
Eurythmie
- eu = wohl, schön, gut, rythmus = gleichmäßig gegliederte Bewegung
- Stellt eine neue Ausdrucksweise körperlicher Bewegung dar, eine neue Kunstrichtung
- nutzt Goethes Metamorphosenlehre
- Durch Sprech- und Gesangsorgane erzeugten Bewegungen und Formen in Luft und
Äther (hypothetisch: das All ausführendes Medium, gilt als Träger der Lichtwellen)
beeinflussen durch ganzkörperliche Bewegung den gesamten Menschen
- Laute und Musik stellen keine Kommunikationsmittel dar, drücken nichts aus, stellen
innere Vorgänge dar
- Vokale verkünden innerseelisches Erleben (Emotionen), Konsonanten äußere
Geschehnisse (Reize)
- Lauteurythmie: Sprachliches eurythmisieren, Toneurythmie: Musikalisches
eurythmisieren
- Subjektive Beurteilung des Autors Adolf Baumann: Zweifel an Eurythmie kann nur
hegen, wer sie nie versucht hat, Eurythmistinnen werden in der Regel alt und bleiben
körperlich jung, der Körper verbraucht sich nicht wie beim Tanz, er verjüngt sich
Epochenunterricht
- Über vier Wochen wird morgens zu beginn eindreiviertel bis zwei Stunden ohne Pause
dasselbe Unterrichtsfach behandelt
- so wird innerhalb dieser Zeit ein großes Stoffgebiet oder der Stoff des gesamten Jahres
durchgenommen
- Das Aufeinanderfolgen von Hauptunterricht (Epochenunterricht), Übungsunterricht
(in Einzelstunden) und handwerklich-praktischer Epoche entspricht den über den Tag
wechselnden Arbeitsmöglichkeiten des Menschen (morgens große Konzentration,
mittags handwerkliche Motivation)
Rolle des Klassenlehrers
- Lernt seine Schüler schon vor der ersten Klasse kennen
- Führt seine Klasse von der 1. bis zur 8. Klasse, macht den Hauptunterricht
(Epochenunterricht)
- Soll sich in der langen Zeit auf die Kinder spezialisieren, sich mit ihnen verbinden, gilt
als schwere Aufgabe
Fremdsprachenunterricht
- Keine Epochenfächer
- beginnt ab der ersten Klasse in zwei modernen Sprachen (Englisch/Französisch oder
Englisch/Russisch)
- Die Kinder sollen Sprechen und rhythmische Bewegungen lernen
- Durch die Klassengemeinschaft finden auch konzentrationsschwache Kinder in das
Tun hinein und werden gestärkt
Die anthroposophische Temperamentlehre
- Temperament = lat. mischen, bedeutet u.a. „richtige Mischung“
- Temperamentlehre von Hippokrates gegründet
- baut auf Humoralpathologie (humores = Säfte)
- Von diesen Körpersäften leiten sich die Temperamente ab: cholerisch, phlegmatisch,
sanguinisch, melancholisch
Cholerisches Temperament
- Breite Gestalt, schwarze Haare und Augen, präzise, entschlossene Bewegungen,
kraftvoll, eindruckerweckend
- Erwartet aus den tiefen seines Wesens Widerstand, Korrektur, Maßstäbe
- Temperament weder gut noch schlecht
- Lehrer muss kraftvoll und sicher sein, darf keine Blöße zeigen, muss klare
Entscheidungen geben
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Pädagogik
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Waldorf-Pädagogik
13.1, Dezember 2005
Darf es bei Zornausbrüchen nicht schlagen oder beschimpfen sondern soll warten bis
der Ausbruch abgeklungen ist
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Pädagogik
Montessori-Pädagogik
13.1, Januar 2006
Montessori-Pädagogik
Theorie
- so wie er einen „äußeren Bauplan“ in seinen Genen hat, so hat der Mensch von Geburt
an auch einen inneren Bauplan, einen Bauplan für seine Seele, welcher die seelische
Entwicklung des Kindes weitgehend mitbestimmt
- dieser ist jedoch sehr empfindlich gegenüber Umwelteinflüssen, so kann ein falsches
Einwirken eines Erwachsenen auf das Kind diesen Bauplan zerstören oder in
Unordnung bringen
- um dies zu vermeiden, und damit sich die Psyche des Kindes gesund entwickeln kann,
bedarf es einer Umgebung (= Umwelt), die seinen seelischen Bedürfnissen gerecht
wird, dies zu bewerkstelligen ist Aufgabe des Erwachsenen
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da der Mensch im Gegensatz zum Tier keine Instinkte besitzt, sondern alle
Verhaltensweisen selbst erlernen muss, besitzt er laut Montessori einen
absorbierenden Geist, welcher jedoch nur während der ersten Lebensjahre vorhanden
ist
das Kind lernt hierbei nicht bewusst, der Erwachsene kann dieses Lernen also nicht
direkt beeinflussen sondern nur mit einer anregenden Umwelt begünstigen
erst etwa ab dem 3. Lebensjahr lernt das Kind bewusst
das Kind durchlebt während seiner Entwicklung so genannte sensible Perioden, in
welchen es für bestimmte Reize seiner Umwelt besonders empfänglich ist
sie ermöglichen ihm, innerhalb dieses Zeitraums bestimmte Fähigkeiten zu erwerben
es gibt drei sensible Perioden, eine für die Bewegung, eine für die Ordnung und eine
für die Sprache
ist eine solche Phase vorüber, können Lernprozesse auf diesem Gebiet nur noch mit
großer Mühe vollzogen werden
das Kind ist abhängig vom Erwachsenen, es kann ohne ihn nicht überleben
es braucht eine konstante Bezugsperson
jedoch baut das Kind seine Seele selbst auf, Montessori bezeichnet es deswegen als
Baumeister des Menschen
es wird hierbei von seinem inneren Bauplan geleitet
zwingt ein Erwachsener ihm seinen Willen auf, fordert unbedingten Gehorsam, so
missachtet der diesen Bauplan, er hemmt seine Auseinandersetzung mit der Umwelt,
dies verhindert eine normale Entwicklung des Kindes
Montessori fordert eine neue Erziehung
diese muss das Wesen des Kindes erforschen, um wichtige Erkenntnisse über seine
sensiblen Perioden, seine kindlichen Bedürfnisse und seinen inneren Bauplan zu
erhalten
da dies alles bereits mit der Geburt beginnt, muss auch die Erziehung hier bereits
ansetzen
dem Kind wird hauptsächlich die zu seiner Entwicklung nötige Hilfe gegeben,
Montessori betrachtet Erziehung als Hilfe zum Leben, nach dem Motto Hilf mir, es
selbst zu tun
hierfür benötigt das Kind geeignete Arbeitsmaterialien
diese passen laut Montessori die Umwelt den kindlichen Bedürfnissen an
diese lassen sich in vier große Bereiche einteilen
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Montessori-Pädagogik
Pädagogik
13.1, Januar 2006
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Übungen des praktischen Lebens (z.B. Schnürrahmen, Wasser tragen)
Sprachmaterialien (z.B. Sandpapierbuchstaben)
Mathematisches Material (z.B. Perlenketten, blau-rote Stangen)
Sinnesmaterialien (z.B. Farbtäfelchen, Einsatzzylinder, Tastbrettchen,
Geräuschdosen)
in der Regel unterscheiden sich solche Materialien nur in einer Eigenschaft (z.B.
Farbe, Geruch, Form, Oberfläche), so dass jede dieser Eigenschaften hervorgehoben
wird
wichtig ist die Möglichkeit zur Fehlerkontrolle, das Kind merkt selbst, wenn es einen
Fehler gemacht hat und kann ihn korrigieren
die Materialien besitzen laut Montessori eine starke Anziehungskraft, sie lassen die
Kinder von sich aus aktiv werden, auch wichtig ist das Prinzip der Selbsttätigkeit
das Material gilt laut Montessori als Schlüssel, die Welt zu erschließen
wenn der empfindliche innere Bauplan des Kindes durch falsche Einwirkungen von
außen durcheinander kommt, kommt es laut Montessori zur psychischen Deviation
als Abweichung von der normalen Entwicklung
negative Folgen sind Persönlichkeitsmerkmale wie Unehrlichkeit, Faulheit,
Schüchternheit, Ungehorsam
um hier wieder zu einer normalen Entwicklung zu gelangen, bedarf es einer
Normalisierung (= Normalisation)
hierfür muss das Kind konzentrierte Arbeit leisten, eine anregende, vorbereitende
Umwelt muss es aktiv werden lassen
hierdurch verschwinden die negativen Persönlichkeitsmerkmale und führen zu einem
sozialen Verhalten, es wird freundlich, hilfsbereit, voller Verlangen, Gutes zu tun
Aufgaben des Erziehers im Kinderhaus (= Kindergarten)
- muss das Kinderhaus anziehend gestalten, für Sauberkeit und Ordnung sorgen
- soll die Heranwachsenden mit dem Material vertraut machen
- dies schafft wesentliche Voraussetzungen für ihre konzentrierte Arbeit, da sich beim
Arbeiten die Aufmerksamkeit des Kindes sammelt (Polarisation der
Aufmerksamkeit)
- diese kann jedoch vom Erzieher nicht erzwungen werden, er muss geduldig darauf
warten, und darf das Kind, wenn es mit einer solchen Arbeit beginnt, nicht stören
(weder Lob noch Tadel), er muss lediglich dem Kind die konzentrierte Arbeit
ermöglichen, indem er störende Kinder davon abhält
- er muss unerwünschte Verhaltensweisen von noch nicht normalisierten Kindern
unterbinden
- indem er ihre Umgebung vorbereitet, hilft der Lehrer dem Kind bei seiner
Entwicklung, „Der Lehrer in unserer Arbeit ist nicht der Bildner und Belehrter des
Kindes, sondern der Gehilfe.“ (Montessori)
Schule
- keine Aufnahmeprüfung, sondern vorbereitender Probeunterricht, im Idealfall hat
das Kind vorher einen Montessori-Kindergarten besucht
- es werden keine Noten vergeben, diese widersprechen Montessoris pädagogischem
Prinzip, da sie die Individualität des Kindes missachten, außerdem stehen sie meistens
in einem Verhältnis zum klasseninternen Leistungsdurchschnitt, ein bestimmtes Kind
hätte in einer anderen Klasse bessere bzw. schlechtere Noten
- eine Leistungsbeurteilung ist jedoch trotzdem notwendig, die Kinder wünschen
diese, jedoch soll die Leistung nicht aufgrund von Druck sondern aus Motivation
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Pädagogik
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Montessori-Pädagogik
13.1, Januar 2006
geschehen, der Lehrer soll die Arbeit anerkennen, sie jedoch weder positiv noch
negativ bewerten, wichtig ist keine Korrektur der Arbeit durch einen Lehrer, sondern
eine Fehlerkontrolle des Schülers am Montessori-Material
laut Montessori ist ausschließlich individueller Lernerfolg und Zufriedenheit beim
Schüler wichtig
da jedoch Montessori Schulen in Deutschland auch den staatlichen Anforderungen
unterliegen, müssen Kompromisse geschlossen werden: Lehrpläne müssen
eingehalten werden und Zeugnisse werden in Form von Pensenbüchern
ausgehändigt, in welche eine individuelle Leistungsbeurteilung eingetragen wird,
überdies bieten diese einen guten Überblick über den im Jahr behandelten Stoff
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Pädagogik
Erziehung im Nationalsozialismus
13.2, Februar 2006
Erziehung im Nationalsozialismus
Jungmädelbund
- Mädchen konnten diesem ab dem 10. Lebensjahr beitreten
- recht einfache Aufnahmeprobe (60m Lauf in 14 sek., zwei Rollen vorwärts, Teilnahme
an einer Fahrt etc.), dieses vermeintliche Erfolgserlebnis stärkt bereits
Zugehörigkeitsgefühl des Mädchens
- die Mädchen tragen Rangzeichen an ihrem Halstuch, sie unterliegen somit bereits
einer hierarchischen, militärischen Ordnung
- die Mädchen müssen die bedeutendsten Details über Hitler und einiges über ihre
nähere Heimat wissen
Bund Deutscher Mädchen (BDM)
- beim so genannten Heimnachmittag wird vor allem die geistige Beschäftigung der
Mädchen mit diesem und somit der NS-Ideologie gefördert, nicht nur während der
Veranstaltung werden spezielle Lieder gesungen, sondern auch außerhalb des
Nachmittages sollen die Mädchen im Alltag Verbindungen zum Heimnachmittag
suchen
Weibliche Identitätsfindung im BDM
- für die Identitätsbestimmung ist für die Mädchen der Kontakt zu anderen Mädchen
- eine Auseinandersetzung der eigenen Person mit der Umwelt
- im BDM hingegen sollte das nachgezeichnete Identitätsgefühl mit Auflösen des
eigenen Selbst erreicht werden
- durch das Gefühl der Geborgenheit werden verschwinden Unsicherheiten und
Orientierungslosigkeit, durch die Unterordnung schienen die Mädchen an den
Erfolgen und der Macht der Gemeinschaft teilzuhaben
- die Mädchen sahen die Leistungen des BDM als eigene Leistungen und sahen seine
Macht als eigene Macht, die reale Machtlosigkeit ermöglichte scheinbare
Machtbefugnisse
- von daher fühlten sich die Mädchen, trotz dass sie fremdbestimmt waren, wohl
- die Mädchen opferten sich selbst zum Wohle der Gemeinschaft auf, die lehnten den
eigenen Lebenswert zugunsten der Anerkennung durch die Gemeinschaft ab
- M. Waschmann beschrieb dies mit folgenden Worten: „Für dich selbst bist du jetzt tot.
Alles, was einmal ich war, ist aufgegangen im Ganzen.“
- die einfachen Erklärungen die die Nazis lieferten (Leben – Tod, Ja – Nein, Gut –
Böse), nahmen die Mädchen anstelle komplizierter Weltansichten gerne auf, obschon
diese vollkommen wirklichkeitsfern waren
- da diese Erklärungen Endgültigkeit und Ewigkeitscharakter übermittelten, entzogen
sie sich menschlichen Maßstäben, die Gegebenheiten waren nicht durch Menschen
verursacht und waren somit unumstößlich, die Mädchen waren deswegen
unempfindlich gegen Grausamkeiten, sie hatten ein subjektiv „ruhiges Gewissen“
- diese Orientierungen verankerten sich weniger bewusst als gefühlsmäßig in den
Mädchen
- da die Mädchen ihr Leben für den Staat lebten, war Hitler für sie die „Größe
Deutschlands“, er personifizierte Deutschland, in ihn konnte man seine Hoffnungen
und sein Vertrauen besser setzen als in eine abstrakte Instanz wie die Gesellschaft oder
den Staat
- diese Werte, welche beispielsweise den Wunsch, sich selbstlos für Deutschland
aufzuopfern, enthielten, wurden von außen an die Mädchen herangetragen
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Pädagogik
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Erziehung im Nationalsozialismus
13.2, Februar 2006
das Ziel war eine äußere Charakterhaltung, der eigene Körper des Mädchens war
nur noch eine Fassade, etwas fremdes, der denen der anderen möglichst gleich war
Körperbedürfnisse wurden zurückgeschraubt, Liebe bezog sich ausschließlich auf
Äußerlichkeiten („Liebst du mich?“ „Ja!“ „Wie?“ „Wie deinen ganzen Jahrgang.“),
deswegen liebten viele Mädchen Soldaten, da er für sie den gesamten Soldatenstand
repräsentierte, welchen sie so verehrten
diese Ordnungsstrukturen, welcher der BDM übermittelte, gab dem Mädchen
Sicherheit vor äußeren Bedrohungen und vor inneren Ängsten und Befürchtungen,
ihr so genannter „arischer Mädchenkörper“ gab ihnen Bestimmung und subjektive
Orientierung
in dieser heilen, irrealen Welt, in welcher Ewigkeitswerte und Gottesnähe
übermittelt wurden, wurden alles menschliche Leid und alle Alltagssorgen in den
Hintergrund geschoben, das Leben wurde als Rausch empfunden, und je größer die
Existenznot wurde, als desto schöner wirkte der Rausch, diese nationalsozialistische
Besinnlichkeit mobilisierte neue Kräfte und „frische“ Einsatzbereitschaft
eine weitere Komponente, welche zum Identitätsgefühl im BDM beitrug, war
Aktivismus und Einsatzfreudigkeit, die Mädchen erwarben innerhalb ihrer Arbeitswelt
durchaus Qualifikationen und mussten anspruchsvolle Aufgaben erfüllen, in welchen
auch selbstständige Entscheidungen gefordert waren, politische Kompetenz erwarben
sie jedoch nicht, man fragte sich nicht nach dem Zweck seiner Arbeit, die Antwort
„für die Volksgemeinschaft“ genügte, man hinterfragte nichts
die Mädchen erfüllten ihre Arbeit gerne, sie hatten das Gefühl gebraucht zu werden
und unersetzlich zu sein, in Wirklichkeit waren sie beliebig ersetzbar, die
Anerkennung ihrer Arbeit gab ihnen Sicherheit, das Arbeiten in der Gruppe ein
Solidaritätsgefühl
Das Frauenideal des Dritten Reiches
- bereits 1933 wurde bereits eine freie, natürliche, geisteswache, familiär und beruflich
engagierte Frauengeneration herangebildet
- Frauen waren für die NSDAP zunächst nur als Gefährtinnen der Männer wichtig
- den BDM gab es bereits seit 1929, jedoch wurde er erst ab 1933 wirklich populär
- bereits 1932 halfen Frauen beim Reichsjugendtag bei Aufmärschen und
Kundgebungen der NSDAP vielseitig mit
- Hitler verstand es, Massen für sich zu begeistern, viele Frauen hingen ihm kritiklos an
- viele junge Mädchen stimmten der auf „Führertum“ gestellten, betont männeraktivistischen NSDAP zu
- Frauen zeigten sich in wilder Hitler-Begeisterung, sie wollten nur einmal in ihrer
Nähe sein, sie schickten ihre Kinder für ihn in den Tod, sie wussten nicht, dass Hitler
verächtlich von ihnen dachte
- nach Hitlers Ansicht ist die Frau passiv, ein Mittel zum Zweck
- sowie der Mann seinen Kampf auf dem Schlachtfeld auszutragen hatte, wurde der
Kampf der Frau im Gebären von Nachkommen gesehen, keine Kinder zu bekommen
galt als minderwertig
- bereits mit vierzehn Jahren besagten verschiedene populäre Bücher bestimmte Regeln
für Eheschließung und Familienbildung („erbgesunde Frauen“ sollten sich ebenfalls
erbgesunde Männer suchen und viele Kinder zur Welt bringen), auch sollten sie nur
aus Liebe heiraten, obwohl ihnen gleichzeitig viele äußerliche Vorgaben gemacht
wurden
- als die typische deutsche Frau galt die stämmige, deutsche Hausmutter, immer
lächelnd, blond, blauäugig, hellhäutig, von vielen blonden Kindern umringt, die
typischen deutschen Menschen wurden meist stehend dargestellt, „Haltung“ zeigend,
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Pädagogik
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Erziehung im Nationalsozialismus
13.2, Februar 2006
heroisch, die zahlreichen Mutter-Kind Szenen zeigten Würde und
Sommerwiesenidyllik
die Familien waren meist bäuerlich, spartanisch hart, kernig, kinderreich und barfuß
die kleinen Mädchen trugen Zöpfe, Gretchenkranz oder die Olympiarolle, erwachsene
Frauen trugen den sog. deutsche Dutt
Frauen sollten sich nicht schminken
viele NS-Politiker selbst lehnten insgeheim dieses Frauenideal ab, eine Frau, welche
sich gegen die Modischen vorgaben stellte, wurde durchaus von einigen angesehen
viele Mädchen gingen gerne zum Jungmädeldienst, um dem strengen Elternhaus zu
entfliehen
die Parolen des BDM riefen zum einen gemeinschaftsgebundene Identitätsbildung und
zum anderen „Du bist nichts, dein Volk ist alles!“ aus, dieses Paradoxon machte auf
die Bevölkerung weniger Eindruck als die kernigen Phrasen an sich
Erziehung im Nationalsozialismus
Frühe Kindheit
- Die Ärztin Johanna Haarers (1900 – 1988) besagte, dass bei der Erziehung mit Härte
vorgegangen werden müsste
- Die Kindeserziehung obliege selbstverständlich der Mutter
Schule
- Die Schule war ein Hauptziel der Nazis zum Verbreiten ihrer rassistischen Ideologien
- Erstes Ziel war die körperliche Abhärtung des Kindes und seine Erziehung zum
„rassenbewussten Volksgenossen“
- An zweiter Stelle stand die geistige Erziehung, wobei sich die Nazis vor allem auf
Willens- und Entschlusskraft, Verschwiegenheit, Verantwortungsfreudigkeit und
Aushalten von Strapazen konzentrierten
- Die wissenschaftliche Bildung wurde sehr vernachlässigt, sie fand auch von Hitler in
„Mein Kampf“ nur Geringschätzung
- Sprachliche Fächer oder das Fach Geschichte wurden nur noch an sehr wenigen
Schulen unterrichtet
- Die Nazis schafften die gemeinsame Beschulung von Jungen und Mädchen
(Koedukation) ab
- Ihnen war auch die Erfassung der Jugend in außerschulischen Organisationen der
Hitler-Jugend besonders wichtig, da sie sich hier mit stärker erlebnispädagogischen
Ansätzen einen emotionaleren Zugang zu den Jugendlichen erhofften, um eine direkte
ideologische Kontrolle über sie zu erreichen
Minderheiten
- Mit dem ‚Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums’ vom 7. April 1933
wurden vor allem jüdische Lehrer und Professoren aus dem Staatsdienst entlassen
- Außerdem begrenzten die Nazis den Anteil von „fremden“ (vor allem jüdischen)
Schülern in deutschen klassen auf 1,5 %. Später wurde ihnen dann die Teilnahme an
Schulveranstaltungen, Klassenfahrten und Besuchen in Schullandheimen verboten,
nach den November-Pogromen 1938 wurde ihnen der Besuch an Schulen und
Universitäten gänzlich untersagt
- Diese ausgeschlossenen Schüler sollten dann in Schulen der Sinti (Synonym für
Zigeunergruppen in Deutschland) oder der Juden unterrichtet werden. Jedoch
verfügten die Sinti oft nicht über die Mittel dafür. Die jüdischen Einrichtungen
bereiteten die Schüler vor allem auf die Emigration vor, des weiteren boten sie den
Schülern einen Schutzraum vor Diskriminierungen und vermittelten ihre jüdische
Identität als positiven Wert und steigerten so ihre Selbstachtung
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Pädagogik
Erziehung im Nationalsozialismus
13.2, Februar 2006
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Andererseits jedoch boten sie den Machthabern eine Kontrollmöglichkeit und
erleichterten die Deportation und Ermordung
- Auch im Ausland, in Polen beispielsweise, richteten die Deutschen ein Schulsystem
ein, welches auf die Germanisierung der „deutschstämmigen“ Kinder abzielte
Widerstand
- Es gab häufige Formen des Jugendwiderstandes gegen die ideologische
Vereinnahmung durch die Hitler-Jugend, z.B. die Weiße Rose, die Gruppen um
Herbert Baum und um Helmuth Hübener und die Edelweißpiraten
Erziehungswissenschaften zu NS-Zeiten
- Unterlagen verschiedenen Tendenzen
- Sollten zum einen den Machthabern dienen und Konzepte für die Umsetzung ihrer
rassistischen Weltanschauung geben
- Andere wollten die Autonomie von Pädagogik und Wissenschaft bewahren und waren
gegen die Ansätze der HJ
Hitlerjugend
- Bestand seit 1926, blieb jedoch bis zur NS Machtübernahme 1933 recht unbedeutend
- Die Jugendlichen wurde mit gewaltigen Werbekampagnen gelockt, man bot Fahrten
und Zeltlager an
- Sowohl technisch und sportlich begabte Jugendliche wurden angesprochen (für die
Reiter-, Motor-, Flieger-, Marine-, und Nachrichten-HJ) als auch die künstlerisch
Begabten (für Fanfarenzüge und Theaterspielscharen)
- Nicht Beigetretene zählten als Außenseiter
- Beamte waren verpflichtet, ihre Kinder zur HJ zu schicken
- Seit dem 01.12.1936 wurde der Beitritt Jugendlicher zur HJ gesetzlich verpflichtet,
der Großteil aller Jugendlichen war nun in der HJ erfasst
- Die Aufgabe der HJ bestand darin, die Jugendlichen zu erziehen und zu beeinflussen
- War militärisch organisiert, täglich absolviert wurden Sport- und Schießübungen,
Fahnenappelle, Geländemärsche und Zeltlager, auch Fahrten durch Deutschland
wurden des Öfteren unternommen
- Allein die körperliche Tüchtigkeit und die soldatische Disziplin war Ziel der HJ,
gemeinsame Ausflüge sollten ein Gemeinschaftsgefühl vermitteln
- Hilfsdienst leisteten Angehörige der HJ, indem sie Spendengelder sammelten, auch
gab es einen freiwilligen Reichsarbeitsdienst (RAD), welcher jedoch ab 1935 für
Jungen und ab 1939 auch für Mädchen Pflicht wurde, ab 1943 war auch Kriegsdienst
als Luftwaffenhelfer gefordert
- Die für Jugendliche attraktivsten Programmpunkte waren die Jugendfilmstunden,
welche ab 1934 einmal monatlich stattfanden. Hier zeigte die HJ z. T. eigene Filme,
derer sie bis Kriegsende rund 15 produzierte (z. B. „Die Stadt der weißen Zelte“), auch
eine sechsteilige Reihe von Wochenschaubeiträgen mit dem Titel „Jugend Europa“
lief in den Kinos
- Im März 1945, gegen Ende des Zweiten Weltkrieges, starben Tausende jugendlicher
Mitglieder der HJ, da sie als letzte Reserve von den Russen eingenommene Stadtteile
zurückerobern sollten
- Formationen: das Deutsche Jungvolk (10 – 14-jährige Jungen), Hitler-Jugend (14 –
18-jährige Jungen, Jungmädelbund (10 – 14 jährige Mädchen), Bund Deutscher Mädel
(BDM) (14 – 18-jährige Mädchen), das Werk Glaube und Schönheit (17 – 21-jährige
Mädchen
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Pädagogik
Jean-Jacques Rousseau
13.2, Februar 2006
Jean-Jacques Rousseau
Theorie
- „Alles ist gut, wie es aus den Händen des Schöpfers kommt; alles entartet unter den
Händen des Menschen“ → Anlagetheoretiker
- ein Mensch, den man von Geburt an sich selbst überlässt, ist laut Rousseau „völlig
verbildet“
- der Mensch wird von Natur (seinen Anlagen, entwickelt Fähigkeiten und Kräfte des
Menschen), Mensch (lehrt den Gebrauch dieser Fähigkeiten) und Dingen (seiner
Umwelt, erziehen durch Erfahrung) erzogen, widersprechen diese sich, wird der
Schüler schlecht erzogen und ist uneins mit sich selber
- Die einzige Art der Erziehung, die wir beeinflussen können, ist die der Menschen
- man muss sein Kind selbst erziehen, ein anderer kann dies nicht, im Notfall kann ein
Freund dies übernehmen, auf keinen Fall jedoch ein bezahlter Lehrer (unwürdiger
Beruf)
- der Erzieher muss selbst gut erzogen sein, muss Vater oder Übermensch sein, sollte
jung, idealer weise im Alter des Zöglings, da dies jedoch nicht möglich, sollte er „so
jung, wie ein weiser Mann eben jung sein kann“ sein, er soll Gefährte seines Zöglings
sein, er soll im Idealfall bereits ein Kind erzogen haben, dies ist jedoch ebenfalls kaum
möglich
- die Erziehung beginnt bei der Geburt und darf von nur einem Erzieher durchgeführt
werden, vom Kind müssen alle negativen Eindrücke möglichst ferngehalten werden
- Erziehung zur Selbstentfaltung (Personalisation), Sozialisation ist schädlich
- wichtig ist nur die Lehre der „Pflichten des Menschen“, er darf dem Kind keine
Vorschriften geben sondern muss es sie finden lassen
- Voraussetzungen für den Zögling: Muss Durchschnittsgeist besitzen, darf weder aus
dem Stand der Armen noch aus dem der Reichen stammen, muss glücklich entbunden,
stark und gesund sein, darf weder kränklich noch schwächlich sein
- Man darf Zögling und Erzieher niemals gegen ihre Einwilligung trennen
- Erzieher und Zögling müssen sich als fürs Leben verbunden betrachten, damit „jedem
an der Liebe des anderen gelegen“ ist
- Rousseau formulierte vier Leitsätze zur Erziehung
- Erster Leitsatz: Kinder haben keine überschüssigen Kräfte, sie haben nicht einmal
genug Kräfte für alles, was die Natur ihnen abverlangt, man muss ihnen im Gebrauch
ihrer Kräfte freien Lauf lassen
- Zweiter Leitsatz: Bei allem, wo ihnen körperlich oder geistig die Kräfte fehlen, muss
man ihnen helfen und beistehen
- Dritter Leitsatz: In dieser Hilfe muss man sich jedoch auf das Nützliche beschränken
- Vierter Leitsatz: Man muss den Zögling von Geburt an studieren, um seine Sprache
und sein Verhalten zu kennen und ihn einschätzen zu können
- Diese Regeln sollen dem Zögling mehr wirkliche Freiheit und gleichzeitig weniger
Macht geben, sie sollen mehr selbst tun, sich daran gewöhnen, ihre Wünsche ihren
Kräften anzupassen
Leben Rousseaus
- wurde 1712 in Genf geboren, seine Mutter starb direkt nach der Geburt
- als sein Vater Genf verlassen musste, wurde er von Fremden lieblos erzogen
- er floh aus Genf und kam zu einer Frau v. Warens, diese schickte ihn ins Kloster nach
Turin, wo er zum katholischen Glauben bekehrt wurde, diese legte er jedoch später
wieder ab
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Pädagogik
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Jean-Jacques Rousseau
13.2, Februar 2006
trieb sich in der Welt umher, bis er 1732 zu Frau v. Warens zurückkam, und sich hier
Musik und seine geistige Ausbildung widmete
trat 1741 in Paris dem kreis der Enzyklopädisten bei
wurde 1750 durch die einzigartige Bearbeitung Preisaufgabe über Kunst und
Wissenschaft berühmt (diese verdarben seiner Ansicht nach den ursprünglich guten
Menschen)
wurde aufgrund seines letzten Werkes „Emil oder über die Erziehung“ jahrelang
verfolgt
heiratete 1768 die ungebildete Therese Levasseur
lebte 1770 wieder in Paris, in ärmlichen Verhältnissen
gab alle fünf Kinder aus diesem Verhältnis ins Findelhaus
starb 1778
er hat die erste Pädagogik „vom Kindes aus“ entworfen, mit dieser Erziehung will er
eine neue Menschheit heraufführen
„Emile“
- die natürlichen Anlagen des Kindes müssen sich ungestört entwickeln können,
deswegen soll das Kind nicht gewickelt werden
- lernt zunächst viel durch Erfahrung und Gewöhnung, da er nicht abhängig werden
soll, sind Essens- und Schlafzeiten unregelmäßig
- das Furchtgefühl muss unterdrückt werden, dem Begehren aus Bedürfnis soll man
nachkommen, dem Verlangen hingegen nicht
- man soll dem Kind nicht viel sagen, das wenige jedoch oft und deutlich
- in der Lebensphase vom zweiten bis zum zwölften Lebensjahr soll er Leiden lernen,
ohne zu weinen, natürliche Hindernisse sollen ihn die Grenzen seines Könnens und
Wollens lehren
- Strafen sollen stets als natürliche Folgen der schlechten Handlung erfolgen (z.B.
Langeweile bei zerbrochenen Spielsachen, Kälte bei zerbrochener Fensterscheibe etc.)
- Emile ist von Natur aus gut, man muss ihn keine Tugenden lehren sondern ihn nur
von Lastern und Irrtümern bewahren
- der Körper des Kindes soll abgehärtet werden durch Leibesübungen, Schlaf auf
hartem Untergrund und Baden mit kaltem Wasser
- die Sinne sollen ausgebildet werden (die Fähigkeiten des Messens, Zählens, Wägens,
Vergleichens, Zeichnens und deutlichen Sprechens sollen geschult werden), sollen
jedoch zwanglos und nicht schulmäßig erfolgen
- das Alter von 12 – 15 Jahren (als Jüngling) ist die beste Zeit des Lernens, da der
Wissenstrieb in Form von Neugierde auftritt, die Erziehung erfolgt durch Erfahrungen
mit der Umwelt; Emile muss alles Wissenswerte selbst finden
- das Kind ließt unter allen Büchern zunächst nur Robinson Crusoe, weil dieser sich
alles selber schaffen musste
- bei der Geburt des Mannes erwachen Leidenschaften und geschlechtliche Neugierde;
geschlechtliche Entwicklung soll möglichst lange unterdrückt werden; zu dieser Zeit
wird Geschichte und Religion gelehrt
- nach der Pubertät führt der Erzieher Emile schöngeistige Schriftwerke vor und
besonders die alten Sprachen
- Emile heiratet Sophie, ein Mädchen welches nicht fern von der Gesellschaft, sondern
im Elternhaus erzogen wurde; sie soll ihrem Mann gefallen, ihm das Leben
angenehm machen (Rousseau ist nicht für Gleichberechtigung)
Negative Erziehung
- wichtigste Regel der Erziehung ist sich Zeit zu lassen
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Pädagogik
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Jean-Jacques Rousseau
13.2, Februar 2006
erste Erziehung soll rein negativ sein
sämtliche Irrtümer und Laster sollen ferngehalten werden
seelische Kräfte so lange wie möglich in Ruhe lassen
„Lasst die Kindheit im Kinde reifen!“
sich genug Zeit lassen, um den Zögling genau beobachten zu können
Erzieher muss Kontrolle über die ganze Umwelt haben, damit er Kontrolle über den
Zögling hat (z.B. stellt der Erzieher Lernsituationen her)
Neugierde soll bei der natürlichen Erziehung genutzt werden
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Pädagogik
Arnold Gehlen
13.2, Februar 2006
Arnold Gehlen
Der Mensch als „unspezialisiertes biologisches Mängelwesen“
- dieser Begriff hat nur annähernde Gültigkeit
- da er einen Mangel an spezialisierten Organen hat, ist der Mensch in jeder natürlichen
Umgebung lebensunfähig
- er besitzt keine artspezifische Umwelt, in die er eingepasst ist, er ist waffenlos, nackt,
instinktunsicher
- der Mensch ist auf „Handlung“ gestellt, auf die intelligente Veränderung der
Naturumstände
- Hände und Gehirn mögen als spezialisierte Organe des Menschen angesehen
werden, sind dies jedoch in anderem Sinne als die tierischen
- im Grunde kann der Mensch sich nur durch Kompensation seiner
Mängelausstattung am Leben erhalten, hierfür schafft er sich lebensnotwendige
Werkzeuge
- der Mensch ist weltoffen, durch Außenereignisse bestimmbar, deswegen ist er
verführbar
- die Instanz, welche Direktiven und Stabilisationskerne im Menschen setzt, ist die
Moral, sie sichert das Verhalten auf einer gegenseitigen Vertrauensbasis
- hierbei sind vor allem die Institutionen der Gesellschaft Außenstützen der Moral
- genau auf diesem „Mängeln“ basiert die Sonderstellung des Menschen (er kann sich
selbst erfassen)
- der Mensch ist ein handelndes Wesen, er ist „nicht festgestellt“, er „macht sich zu
etwas“, er ist also ein Wesen der Zucht (Selbstzucht, Erziehung, Züchtigung)
Instinkte
- sind ererbte Verhaltensweisen, die durch Schlüsselreize ausgelöst werden, sie sind
stets gleichförmig und automatisch
- der Mensch besitzt nur noch Instinktreste, auf welche er sich nicht verlassen kann
Erziehung
- Gehlen ist Milieutheoretiker
- da der Mensch ein hilfloser Nestflüchter ist (d.h. er kommt weder vollkommen hilflos
(Nesthocker) noch voll entwickelt (Nestflüchter) zur Welt wie normale Säugetiere),
muss er die menschliche Lebensweise erlernen
- im ersten Lebensjahr erlernt er eine Schlüsselrolle, Grundlage hierfür sind
emotionale Zuwendung und ausreichende Reizvermittlung
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