AStW 2012/01 EStG – Gesetz zum Abbau der kalten Progression ....................................................................... 2 § 4 EStG – Pflicht zur Abgabe der Anlage EÜR basiert auf wirksamer Rechtsgrundlage .................... 4 §§ 4, 9 EStG – Kürzere Entfernung zählt auch bei kostengünstigerer Alternative ............................ 6 § 5 EStG – Bilanzielle Behandlung für Zulassungskosten eines Pflanzenschutzmittels ...................... 8 § 5 EStG – Standardsoftwareprogramme als materielle oder immaterielle Wirtschaftsgüter ............ 10 § 6 EStG – Schon geringe Kursverluste mit Aktien führen zur Teilwert-AfA................................... 12 § 6 EStG – Rückstellungen für Mietrückzahlungen als ungewisse Verbindlichkeit ........................... 15 § 7 EStG – AfA-Zeitraum bei Mietereinbauten........................................................................... 17 § 9 EStG – Neue Einordnung der regelmäßigen Arbeitsstätte führt häufiger zu Reisekosten............ 19 Anwendung bei nichtselbstständiger Arbeit ....................................................................... 19 Nur eine regelmäßige Betriebsstätte bei den Gewinneinkünften........................................... 20 § 9 EStG – Möglichkeit der Nutzung eines Büroarbeitsplatzes für Fortbildungsmaßnahmen ............ 22 § 15 EStG – Abfärbung auch bei geringfügigen gewerblichen Einnahmen ..................................... 23 § 20 EStG – Steuerpflicht von Erstattungszinsen zweifelhaft ...................................................... 26 § 20 EStG – Steuereinzug bei Anlagebetrug ernstlich zweifelhaft ................................................ 27 § 21 EStG – Einbringung einer privaten Verbindlichkeit in eine Personengesellschaft ..................... 29 § 24b EStG – Wegfall des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende ab dem Monat nach der Heirat .. 31 § 32 EStG – BMF zu den Auswirkungen der weggefallenen Einkommensgrenze ab 2012 ................ 33 § 32 EStG – Keine Bescheidänderung wegen nachträglicher Festsetzung von Kindergeld ............... 37 § 32 EStG – Bemessung der Einkommensgrenze bei volljährigen Kindern .................................... 39 Semestergebühren sind ausbildungsbedingter Mehrbedarf.................................................. 39 Erbe der Eltern ist irrelevant ........................................................................................... 40 § 32b EStG – Teilweise unzutreffende Daten zu bescheinigten Lohnersatzleistungen ..................... 42 § 33 EStG – Zivilprozesskosten bleiben weiterhin nur im Ausnahmefall abzugsfähig ...................... 43 § 35 EStG – Gewerbesteuer-Ermäßigung wird vom Wohnsitzfinanzamt geprüft ............................ 45 § 35a EStG – Ermäßigung für Erd-, Pflanz- und Mauerarbeiten im Garten .................................... 46 SolZG – Ist die fehlende Erstattung des Soli-Guthabens verfassungswidrig? ................................. 47 UStG – Änderung des Anwendungserlasses aufgrund der aktuellen Rechtslage ............................. 50 § 4 UStG – Steuerfreiheit für Arztleistungen gegenüber Krankenhaus und anderen Ärzten ............. 52 §§ 4, 12 UStG – Einordnung der Leistung von Physiotherapeuten und Masseuren ......................... 54 § 15 UStG – Zeitpunkt der Zuordnungsentscheidung bei Mischnutzung von Gebäuden .................. 56 § 17 UStG – Korrektur einer Anzahlung erst bei tatsächlicher Rückgewähr ................................... 58 Steuern kompakt .................................................................................................................. 60 § 4 EStG – Anlage EÜR für die Veranlagung 2011.............................................................. 60 §§ 4, 9 EStG – Neue Pauschalen für Auslandsreisen ab 2012 .............................................. 60 § 4g EStG – Zweifel an Besteuerung bei Übertrag ins Ausland ............................................ 60 § 7g EStG – Ansparabschreibung für Wirtschaftsgüter im Ausland ....................................... 61 § 7i EStG – Vorläufige Gewährung erhöhter AfA bei Baudenkmalen ..................................... 61 § 32 EStG – Bescheinigung über Zeiten der Ausbildungssuche ............................................ 61 § 50a EStG – Abzug von Ausgaben von inländischen Lizenzeinnahmen ................................ 62 § 8 GewStG – Miete für Veranstaltungshaus ist hinzuzurechnen .......................................... 62 UStDV – Übergangsfrist für Nachweise bei Auslandsumsätzen............................................. 63 AStW 2012/02 EStG – Gesetz zum Abbau der kalten Progression Das Kabinett hat am 7.12.2011 den Entwurf eines Gesetzes zum Abbau der kalten Progression beschlossen. Kalte Progression ist die Bezeichnung für eine Steuermehrbelastung, die dann eintritt, wenn Lohnsteigerungen lediglich einen Inflationsausgleich bewirken und der Einkommensteuertarif nicht der Inflationsrate angepasst wird. Das Gesetz soll 2013 und 2014 zur abmildernden Wirkung der kalten Progression führen. Der geplante Ausgleich im Volumen von insgesamt 6 Mrd. EUR pro Jahr erfolgt in den beiden Jahren in zwei Schritten, indem die Progressionstabelle in § 32a EStG entsprechend angepasst wird: Der Grundfreibetrag zur Verschonung des Existenzminimums steigt im Veranlagungszeitraum 2013 um 126 EUR auf 8.130 EUR und ab dem Veranlagungszeitraum 2014 um weitere 224 EUR. Damit steigt der Grundfreibetrag insgesamt im Vergleich zu 2012 um 350 EUR oder 4,4 % auf dann 8.354 EUR. Die Steigung des Tarifverlaufs wird bis 2014 ebenfalls um insgesamt 4,4 % nach rechts verschoben, um zu vermeiden, dass die steuerliche Durchschnittsbelastung steigt. Der Eingangssteuersatz bleibt mit 14 % unverändert und greift oberhalb des Grundfreibetrags. Der Spitzensteuersatz über die sogenannte Reichensteuer von 45 % gilt ab 2013 bereits ab einem zu versteuernden Einkommen von 250.000 EUR je Person. Er sinkt insoweit also von derzeit 250.730 EUR um 730 EUR und bei der Zusammenveranlagung um 1.460 EUR auf dann 500.000 EUR ab. Unverändert wird dieser Aufschlag von 3 % nur auf das die Betragsgrenze übersteigende Einkommen angewendet. Der abgesunkene Schwellenwert hat auch Einfluss auf den Bezug von Elterngeld. Beim Überschreiten entfällt automatisch der Anspruch auf den staatlichen Zuschuss. AStW 2012/03 Alle zwei Jahre soll die Bundesregierung künftig eine Überprüfung vornehmen, wie die kalte Progression wirkt und ob nachgebessert werden muss. Das hätte dann zur Folge, dass Grundfreibetrag und Tarifverlauf daraufhin entsprechend angepasst werden. Fundstelle: Regierungsentwurf eines Gesetzes zum Abbau der kalten Progression, 7.12.11, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120073 AStW 2012/04 § 4 EStG – Pflicht zur Abgabe der Anlage EÜR basiert auf wirksamer Rechtsgrundlage Nach Ansicht des BFH sind Nicht-Bilanzierende verpflichtet, der Einkommensteuererklärung eine Gewinnermittlung auf der amtlich vorgeschriebenen Anlage EÜR beizufügen. Das gilt auch dann, wenn Teile der Rechtsprechung sowie der Literatur eine Aufforderung zur Belegeinreichung verneinen, sollte sich die Pflicht nicht aus dem Gesetz ergeben. Sie kann aber wirksam durch Rechtsverordnung begründet werden. Dafür besteht in § 51 Abs. 1 Nr. 1a EStG eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage. Hiernach können Rechtsverordnungen über die Unterlagen, die den Erklärungen beizufügen sind, erlassen werden, soweit dies der Gleichmäßigkeit der Besteuerung oder der Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens dient. Beide Zwecke sind erfüllt. Die Standardisierung bringt der Finanzverwaltung bessere Kontroll- und Vergleichsmöglichkeiten und trägt damit zur Gleichmäßigkeit der Besteuerung bei. Diese Standardisierung bewirkt zumindest im Bereich der Finanzverwaltung eine Vereinfachung des Verfahrens. Zudem war die Entscheidung zur Einführung der Anlage EÜR nicht so wesentlich, dass sie ausschließlich vom Parlamentsgesetzgeber hätte getroffen werden dürfen. Hierdurch wurde keine neue Form der Gewinnermittlung eingeführt. Die Aufforderung, der Steuererklärung Unterlagen beizufügen, ist ein Verwaltungsakt. Im Unterschied zur bloßen Vorbereitungshandlung greifen die Vorschriften der §§ 328 ff. AO für die Erzwingbarkeit der Maßnahme. Allerdings kann die abstrakte Pflicht zur Abgabe von Steuererklärungen oder zur Beifügung bestimmter Unterlagen nicht bereits mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden. Es bedarf der Konkretisierung und Individualisierung durch Verwaltungsakt als Grundlage für den Einsatz von Zwangsmitteln. Die Erinnerung an eine frühere Aufforderung zur Einreichung von Belegen stellt mangels Regelungsgehalts keinen Verwaltungsakt dar. AStW 2012/05 Praxishinweise: Nach den weiteren Ausführungen des BFH ist dabei auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der Einführung der Anlage EÜR nur um eine Momentaufnahme im Rahmen eines grundlegenden, einen längeren Zeitraum beanspruchenden Umstellungsprozesses in der Arbeitsweise der Finanzverwaltung handelt. Vor 2005 konnten nur die Einzelangaben von Arbeitnehmern zu ihren Werbungskosten durch die entsprechende Aufgliederung der Steuererklärungsvordrucke und die Zuweisung individueller Kennziffern für die maschinelle Verarbeitung einer automatisierten Plausibilitätskontrolle unterzogen werden. Diese Möglichkeit wurde ab 2005 auch auf Steuerpflichtige ausgedehnt, die Gewinneinkünfte erzielen und diese durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln. Durch das Steuerbürokratieabbaugesetz ist die Vorschrift des § 5b EStG eingefügt worden, die auch in Fällen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG die Übermittlung des Inhalts der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz anordnet. Ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung des § 5b EStG wird daher auch bei Bilanzierenden ein maschineller Abgleich möglich sein. Diese Änderung hat wiederum Rückwirkungen auf das Veranlagungsverfahren in Fällen der Einnahmen-Überschuss- Rechnung. Durch das Steuerbürokratieabbaugesetz wurde § 60 Abs. 4 EStDV mit Wirkung ab 2011 nämlich dahingehend geändert, dass die Anlage EÜR grundsätzlich in Form eines amtlich vorgeschriebenen Datensatzes durch Datenfernübertragung zu übermitteln ist. Die vom BVerfG genannten einschränkenden Voraussetzungen sind gegeben, da der Gesetzgeber eine Verordnung ändern darf, wenn es sich um eine Anpassung handelt, die in seinem Sachbereich liegt. Fundstellen: BFH 16.11.11, X R 18/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 114272 BFH 2.7.97, I R 45/96, BFH/NV 98, 14 BVerfG 13.9.05, 2 BvF 2/03, unter C.II.2. AStW 2012/06 §§ 4, 9 EStG – Kürzere Entfernung zählt auch bei kostengünstigerer Alternative Zur Berechnung der Entfernungspauschale ist die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeits- bzw. Betriebsstätte maßgebend. Eine längere Strecke kann jedoch geltend gemacht werden, wenn sie verkehrsgünstiger ist und regelmäßig genutzt wird. Nach einem aktuellen Urteil des FG Rheinland-Pfalz ist für die Berechnung der Entfernungspauschale die kürzeste Straßenverbindung auch dann zugrunde zu legen, wenn sie nicht kostengünstiger ist als die billigere Alternative über die Autobahn. Im zugrunde liegenden Fall dauerte die kürzere Strecke unter Benutzung der Fähre neun Minuten länger als die Fahrt über die Autobahn und sie war teurer. Zudem war die Strecke über die Landstraße aufgrund der Fährkosten teurer. Die geringe tägliche Zeitersparnis von neuen Minuten rechtfertigt es nicht, den Umweg anzusetzen. Dies ist nicht ausreichend, um das Merkmal „offensichtlich verkehrsgünstiger“ als gegeben anzusehen, auch wenn der Berufspendler die Alternative Autobahn aufgrund der Verkehrsumstände als eher zumutbar und weniger lästig empfindet. Es kommt objektiv für den Abzug von Werbungskosten oder Betriebsausgaben nicht darauf an, ob ein Steuerpflichtiger die Benutzung einer Straßenverbindung subjektiv für unzumutbar hält. Für die Zulassung der Umwegstrecke ist zu prüfen, ob die kilometermäßig kürzere, aber zeitlich längere oder andere Nachteile aufweisende Fahrtstrecke noch zugrunde zu legen und zumutbar ist. Hierbei sind die allgemeinen Verkehrsverhältnisse und städtebaulichen Planungen zur Vermeidung innerstädtischer Verkehrsstauungen von Bedeutung. Keine Bedeutung hat, ob eine Umwegstrecke als komfortabler oder stressfreier empfunden wird. Das macht die kürzere Strecke nicht objektiv unzumutbar. Praxishinweis: In der Rechtsprechung wird allgemein eine Zeitersparnis von rund 30 Minuten als „offensichtlich verkehrsgünstiger“ eingeordnet. AStW 2012/07 Fundstelle: FG Rheinland-Pfalz 18.5.11, 1 K 2732/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 114134 BMF 31.8.09, IV C 5 - S 2351/09/10002, BStBl I 09, 891 AStW 2012/08 § 5 EStG – Bilanzielle Behandlung für Zulassungskosten eines Pflanzenschutzmittels In einem Urteil zur Rezeptur eines neu entwickelten Pflanzenschutzmittels hat der BFH folgende Bilanzierungsgrundsätze aufgestellt. Der Aufwand für die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels ist Bestandteil der Herstellungskosten für die Rezeptur und steht mit der Erzeugung im engen wirtschaftlichen Zusammenhang. Die Herstellung endet regelmäßig erst, wenn das Wirtschaftsgut fertiggestellt ist und seine bestimmungsgemäße Nutzung ermöglicht. Kosten zur Herstellung eines selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens dürfen gemäß § 5 Abs. 2 EStG nicht aktiviert werden und sind steuerlich sofort abziehbare Betriebsausgaben. Für die Zulassungskosten würde der Erwerber eines Betriebs etwas aufwenden. Die Rezeptur kann daher als eigenständiges Wirtschaftsgut angesehen werden. Für den Aufwand nicht aktivierungsfähiger immaterieller Güter kann eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet werden, wenn dieser aufgrund öffentlichen Rechts so eng mit dem betrieblichen Geschehen des Wirtschaftsjahres verknüpft ist, dass er wirtschaftlich als Aufwand des jeweiligen Wirtschaftsjahres zu behandeln ist. Die Entstehung der Kostenschuld wird nicht davon berührt, dass bei Antragstellung noch ungewiss war, ob der Antrag aufrechterhalten, positiv beschieden und das Unternehmen fortgeführt wird, weil grundsätzlich eine kostenpflichtige Amtshandlung besteht. Eine im Gewinnermittlungszeitraum entstandene Verbindlichkeit ist auch dann vor dem Bilanzstichtag verursacht, wenn sie unabhängig davon zu erfüllen ist, ob der Unternehmer seine Tätigkeit in Zukunft fortführt oder den Betrieb am Bilanzstichtag beendet. Die Passivierung ist nicht gemäß § 5 Abs. 4b Satz 1 EStG ausgeschlossen, wenn Zah- AStW 2012/09 lungen wegen des Aktivierungsverbots für immaterielle Wirtschaftsgüter abziehbare Betriebsausgaben darstellen. Fundstelle: BFH 8.9.11, IV R 5/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113763 AStW 2012/010 § 5 EStG – Standardsoftwareprogramme als materielle oder immaterielle Wirtschaftsgüter Standardsoftware wie Textverarbeitungs-, Tabellenkalkulations- oder Datenbankprogramme sind immaterielle Wirtschaftsgüter. Die Landesfinanzdirektion (LFD) Thüringen weist darauf hin, dass deshalb keine Begünstigung nach dem InvZulG in Betracht kommt und verweist auf die BFH-Rechtsprechung. Hiernach sind Computerprogramme grundsätzlich unkörperlicher Natur, auch wenn sie auf Datenträgern gespeichert werden. Auch mit Rücksicht auf die EDV-Entwicklung oder die zunehmende Bedeutung von Software ergibt sich nichts anderes. Diese Einstufung hat über die Investitionszulage hinaus in der Praxis große Bedeutung, wenn sich Selbstständige betriebliche PC-Programme anschaffen: Für immaterielle Wirtschaftsgüter dürfen weder Investitionsabzugsbetrag noch Sonder-AfA nach § 7g EStG gebildet werden. Für die Software gibt es keine Sofort-AfA für geringwertige Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 2 EStG. Auch die Einstellung in den Sammelpool bei Preisen bis 1.000 EUR nach § 6 Abs. 2a EStG ist nicht möglich. Die degressive AfA nach § 7 Abs. 2 EStG – soweit sie für das Jahr der Anschaffung oder Herstellung Anwendung findet – ist nicht möglich. Selbst geschaffene immaterielle Anlagegüter können nach BilMoG in der Handelsbilanz aktiviert werden. Dieses Ansatzwahlrecht gilt steuerlich nicht. Dem steht das Aktivierungsverbot nach § 5 Abs. 2 EStG für unentgeltlich erworbene immaterielle Anlagegüter entgegen. Die Übertragung immaterieller Wirtschaftsgüter ist umsatzsteuerlich eine sonstige Leistung und keine Lieferung. Praxishinweis: Die Finanzverwaltung behandelt über R 5.5 EStR aus Vereinfachungsgründen weiterhin Trivialprogramme mit Kosten bis 410 AStW 2012/011 EUR als bewegliche materielle Wirtschaftsgüter und die zuvor erwähnten Steuervergünstigungen können daher Anwendung finden. Fundstellen: LFD Thüringen 25.10.11, InvZ 1210 A - 03 - A 2.14, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120074 BFH 18.5.11, X R 26/09; 25.3.88, III R 99/86; 28.7.94, III R 47/92 AStW 2012/012 § 6 EStG – Schon geringe Kursverluste mit Aktien führen zur Teilwert-AfA Im Betriebsvermögen gehaltene Aktien und Investmentfonds mit einer Aktienquote ab 50,1 % können im Falle einer voraussichtlich dauernden Wertminderung zulasten des Gewinns gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG auf ihren niedrigeren Teilwert abgeschrieben werden. Diese Bedingung sieht der BFH bereits dann als erfüllt an, wenn der Kurs zum Geschäftsjahresende einmalig um mindestens 5 % unter den Kaufkurs plus Anschaffungsnebenkosten gesunken ist. Der Teilwert richtet sich dabei grundsätzlich ausschließlich nach dem Börsenkurs am Bilanzstichtag. Eine spätere Kursentwicklung ist irrelevant. Mit dieser nur minimalen Bagatellgrenze widerspricht der BFH der Verwaltungsauffassung, wonach die Teilwert-AfA bei Bilanzaufstellung nur gelingt, wenn der Börsenkurs am Bilanzstichtag um mehr als 40 % unter dem Kurs bei Erwerb liegt oder an zwei aufeinanderfolgenden Bilanzstichtagen jeweils um mehr als 25 % unter die Anschaffungskosten gesunken ist. Zudem soll eine Kurserholung bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung berücksichtigt werden. Gemäß einem aktuellen Urteil des BFH reichen nunmehr bereits Kursverluste ab der festen Bagatellgrenze aus. Es kommt nicht mehr darauf an, inwieweit sich die Kurse nach dem Bilanzstichtag wieder erholt haben. Die Möglichkeit oder Aussicht einer Wertsteigerung in der Zukunft stellt einen wertbeeinflussenden und damit wertbegründenden Umstand dar, der die Bewertung der Aktien oder Investmentfonds zum Bilanzstichtag nicht berührt. Die 5 %-Grenze gilt nur dann nicht mehr, wenn konkrete und objektiv nachprüfbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Börsenkurs keinen realistischen Wert widerspiegelt, etwa durch Insidergeschäfte beeinflusst war oder über einen längeren Zeitraum kaum Handel stattgefunden hat. Der BFH begründet die Typisierung auf eine feste Prozentgrenze mit dem Interesse an einem möglichst einfachen und gleichheitsgerechten Gesetzesvollzug. Eine einzelfallbezogene Prüfung von Kursdifferenzen würde aufgrund der Vielzahl der Steuerfälle sowie der begrenzten personellen AStW 2012/013 Ressourcen die Finanzbehörden, -gerichte und Steuerpflichtigen überfordern. Praxishinweise: Die Teilwert-AfA bei Aktienfonds gilt für Sondervermögen, die nach ihren Vertragsbedingungen überwiegend direkt oder als Dachfonds indirekt in börsennotierte Aktien investieren. Unerheblich ist, dass sie nicht an der Börse gehandelt werden, da Ausgabe- und Rücknahmepreis nach den Kurswerten der zum Fonds gehörenden börsennotierten Aktien zu bestimmen ist. Im Rahmen der Typisierung ist dabei zu vernachlässigen, dass das Fondsvermögen auch festverzinsliche Wertpapiere aufweisen kann, für die ein Kursverlust regelmäßig nicht zur Teilwert-AfA führt. Bei Anleihen im Betriebsvermögen rechtfertigen allgemeine Kursverluste nicht die Anwendung der Teilwert-AfA, da die Einlösung bei Fälligkeit zum Nennwert erfolgt und der Kurs wieder zu 100 % notiert. Anders kann es aber bei verschlechterter Schuldnerbonität oder einem Zahlungsausfall sein. Bei Gebäuden ermöglicht nur ein Wertverlust, der mindestens während der halben Restnutzungsdauer andauert, die Teilwertabschreibung. Eine Teilwertzuschreibung wegen eines gegenüber dem Euro ansteigenden Wechselkurses scheidet bei länger laufenden Schulden aus, da hier von einer nur vorübergehenden Wertänderung auszugehen ist. Die Teilwert-AfA auf Aktienverluste wirkt sich bei der GmbH nicht auf das Steuereinkommen aus. Bei Personenunternehmen wird sie durch das Teileinkünfteverfahren nur zu 60 % gewinnmindernd angesetzt. Fundstellen: Aktien: BFH 21.9.11, I R 89/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120044 AStW 2012/014 Aktienfonds: BFH 21.9.11, I R 7/11, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120045 Gebäude: BFH 29.4.09, I R 74/08, BStBl II 09, 899 Fremdwährungsverbindlichkeiten: BFH 23.4.09, IV R 62/06, BStBl II 09, 778 Anleihen: BFH 8.6.11, I R 98/10, BFH/NV 11, 1758 BMF 5.7.11, IV C 1 - S 1980-1/10/10011, BStBl I 11, 735 AStW 2012/015 § 6 EStG – Rückstellungen für Mietrückzahlungen als ungewisse Verbindlichkeit Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH entweder das Bestehen einer betragsmäßig ungewissen, dem Grunde nach aber bestehenden Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer ungewissen Verbindlichkeit. Verpflichtet sich der Vermieter von Kfz gegenüber den Kunden, das Fahrzeug zum Ende der Mietzeit zu veräußern und den Erlös insoweit an den bisherigen Nutzer auszuzahlen, als dies den vereinbarten Restwert übersteigt, kann er für diese Pflicht ratierlich eine Rückstellung bilden. Die Rückstellung darf in der Höhe gebildet werden, wie der Restwert unter dem Buchwert der Kfz liegt. Dies stellt nach einem aktuellen Urteil des BFH eine ungewisse Verbindlichkeit dar, da sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit künftig entstehen wird. In solchen Fällen wird die Miethöhe so bemessen, dass die Zahlungen auch den Fall einer außergewöhnlichen Kfz-Abnutzung auf den kalkulierten Restwert abdecken. Bei dem erstatteten Teil des Verkaufspreises handelt es sich dann wirtschaftlich betrachtet um eine Mietrückzahlung, weil der Erlös den abgeschätzten Restwert übersteigt. Hierfür vereinnahmt der Händler die Gegenleistung bereits während der Mietzeit in Form überhöhter Raten, die mit einer Vergütungspflicht zum Vertragsende belastet sind. Insoweit befindet er sich in einem Erfüllungsrückstand. Zur Vermeidung eines überhöhten Gewinnausweises ist dem durch die Rückstellungsbildung bilanziell Rechnung zu tragen. Diese wird in monatlich ansteigender Höhe bis zu dem Betrag gebildet, zu dem der Buchwert bei Mietzeitende für jedes Fahrzeug den kalkulierten Restwert übersteigt. Wird anschließend der Verkaufserlös insoweit an den Kunden überwiesen, erfolgt eine Auflösung des Passivpostens in der Bilanz. Es entstehen keine neuen Betriebsausgaben. AStW 2012/016 Da die Laufzeit der Mietverträge ein Jahr übersteigt, müssen die Rückstellungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG abgezinst werden. Das Risiko der Mietrückzahlung ist kein drohender Verlust aus schwebenden Geschäften, der nach § 5 Abs. 4a EStG nicht ausgewiesen werden darf. Der liegt vor, wenn der Wert der eigenen Verpflichtung aus einem Geschäft den Wert des Anspruchs auf die Gegenleistung übersteigt. Der Verpflichtung, den Erlös aus der Kfz-Veräußerung an die Mieter zu zahlen, steht aber keine gesonderte weitere Gegenleistung gegenüber. Es handelt sich vielmehr um einen unselbstständigen, nicht von der Vermietung der Fahrzeuge zu trennenden einheitlichen Vertrag, aus dem einem Händler keine Verluste entstehen. Praxishinweis: Von der Rückzahlung eines Teils des Veräußerungserlöses zu unterscheiden ist bilanzsteuerrechtlich der Fall, in dem ein Händler die Verpflichtung hat, auf Verlangen seines Kunden Ware wie etwa ein Kfz später wieder zurückzukaufen. In diesem Fall ist nach einem anderen BFH-Urteil eine Verbindlichkeit in Höhe des dafür gesondert vereinnahmten Entgelts auszuweisen, das jetzt von der Verwaltung in allen offenen Fällen angewendet wird (s. AStW 12, 9). Der Käufer hat die beim Händler passivierte Verbindlichkeit deckungsgleich als nichtabnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut zu aktivieren. Gleichzeitig muss er insoweit seine Anschaffungskosten für das erworbene Wirtschaftsgut mindern. Außerdem hat er dieses immaterielle Wirtschaftsgut zum Zeitpunkt der Rückgabe des Gegenstands oder dem Rechtsverfall erfolgswirksam wieder auszubuchen. Fundstellen: Veräußerungserlös: BFH 21.9.11, I R 50/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 114208 BFH 27.1.10, I R 103/08, BStBl II 10, 614 Immaterielles Wirtschaftsgut: BMF 12.10.11, IV C 6 - S 2137/09/10003, BStBl I 11, 967 BFH 17.11.10, I R 83/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 110093 AStW 2012/017 § 7 EStG – AfA-Zeitraum bei Mietereinbauten Erfolgt ein Umbau von technischen Einrichtungen wie Heizungsanlage, Elektroinstallationen oder Fenstern auf Kosten des Mieters, wird dieser wirtschaftlicher Eigentümer. Die Aufwendungen sind von ihm als bewegliche Wirtschaftsgüter zu aktivieren. Die AfA für die technischen Einrichtungen als Mieterein- und umbauten bemisst sich in diesem Fall nach einem aktuellen Urteil des FG Sachsen gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG nach einer gegenüber dem Gebäude kürzeren technischen und wirtschaftlichen Nutzungsdauer, wenn die Verwendung bei Beendigung des Mietverhältnisses ausgeschlossen ist. Mietereinbauten können Scheinbestandteile und Betriebsvorrichtungen sein. Darüber hinaus können bewegliche Wirtschaftsgüter unter dem Gesichtspunkt des besonderen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs oder des wirtschaftlichen Eigentums vorliegen, wenn der Umbau nicht wie etwa beim Ladeneinbau oder bei einer Schaufenstereinrichtung unmittelbar dem Betrieb des Mieters dient. Die Maßnahmen gehören zum Gebäude und die AfA wird dann vom Mieter wie bei Bauten auf fremdem Grund und Boden vorgenommen, sofern er bei Beendigung des Mietverhältnisses Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe des Restwerts der Einbauten hat. Die zu schätzende Nutzungsdauer wird bestimmt durch technischen Verschleiß, wirtschaftliche Entwertung sowie die Umstände des Mietvertrags. Bei Beendigung des Mietverhältnisses ist eine weitere wirtschaftliche Nutzung nicht mehr möglich. Im Urteilsfall sah der Mietvertrag eine Mindestmietdauer von 10 Jahren und eine Verlängerungsoption um jeweils 1 Jahr vor. Das FG ging von einer 20-jährigen Nutzungsdauer aus. Bei Verträgen mit Verlängerungsoption unter Angehörigen oder mit dem Mehrheitsgesellschafter ist anzunehmen, dass diese auch mehrfach ausgeübt werden wird. AStW 2012/018 Fundstellen: FG Sachsen 6.10.11, 6 K 552/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113754 FG Sachsen 18.7.03, 2 K 1912/01 AStW 2012/019 § 9 EStG – Neue Einordnung der regelmäßigen Arbeitsstätte führt häufiger zu Reisekosten Der BFH hatte unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung jüngst entschieden, dass ein Arbeitnehmer nicht mehr als eine regelmäßige Arbeitsstätte haben kann. Nur dann kann er sich nämlich auf die immer gleichen Wege einstellen und so – durch Fahrgemeinschaften, öffentliche Verkehrsmittel oder Wohnsitzwahl – auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken. Nach der neuen Vorgabe ist die regelmäßige Arbeitsstätte maximal eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der das größte Gewicht der Gesamttätigkeit zukommt. Dadurch haben insbesondere Außendienstmitarbeiter und Arbeitnehmer mit Tätigkeiten an verschiedenen Betriebsstätten höchstens noch eine Arbeitsstätte, zu der sie regelmäßig von der Wohnung aus unter Ansatz der Entfernungspauschale pendeln. Anwendung bei nichtselbstständiger Arbeit Die aktuelle Rechtsprechung hat zur Folge, dass in der Praxis häufiger Werbungskosten nach den Grundsätzen einer Auswärtstätigkeit geltend gemacht werden können. In Fällen, in denen bisher mehrere regelmäßige Arbeitsstätten angenommen wurden, ist die Entfernungspauschale nunmehr nur für Fahrten zwischen Wohnung und einer regelmäßigen Arbeitsstätte anzusetzen. Für die übrigen Fahrten können Werbungskosten nach den Grundsätzen einer Auswärtstätigkeit geltend gemacht werden. Die Finanzverwaltung wendet diese Rechtsprechung in allen offenen Fällen allgemein an. Entgegen R 9.4 Abs. 3 LStR ist jetzt in der Regel von einer regelmäßigen Arbeitsstätte auszugehen, wenn der Arbeitnehmer einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers dauerhaft zugeordnet ist oder dort entweder täglich, wöchentlich einen Tag oder mindestens 20 % seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll. Sofern abweichend davon eine andere betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers oder keine regelmäßige Arbeitsstätte geltend gemacht wird, verlangt das BMF Nachweis oder Glaubhaftmachung des qualitativen Schwerpunktes der beruflichen Tätigkeit. AStW 2012/020 Die geänderte BFH-Rechtsprechung, wonach es entweder nur eine oder möglicherweise auch keine regelmäßige Arbeitsstätte gibt, bringt in der Praxis eine erhebliche Vereinfachung des steuerlichen Reisekostenrechts für das Lohnbüro mit sich. Denn zusätzlich ermöglicht dies Arbeitnehmern, häufiger einen höheren Werbungskostenabzug über mehr Kilometergeld, Verpflegungspauschalen, eine steuer- und sozialversicherungsfreie Arbeitgebererstattung der Reisekosten und einen geminderten Zuschlag bei Anwendung der Listenpreis-Regel für die Privatnutzung des Firmenwagens in Anspruch nehmen zu können. Für Betriebe kommt es darüber hinaus noch zu weniger Arbeitsaufwand durch entfallende Überwachungs-, Trennungs- und Aufzeichnungspflichten. Dies führt zu einer Reduzierung der Haftungsrisiken. Es kommt nunmehr entscheidend darauf an, welche Arbeiten Angestellte am jeweiligen Ort im Verhältnis zur Tätigkeit an anderen betrieblichen Tätigkeitsstätten wahrnehmen und welches Gewicht ihnen zukommt. Diese Zuordnung kann sich für die Praxis unter Anwendung der bisherigen umfangreichen BFH-Rechtsprechung ergeben. Es bleibt nämlich dabei, dass eine regelmäßige Arbeitsstätte der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers ist, den er aufgrund des Dienstverhältnisses mit einer gewissen Nachhaltigkeit fortdauernd und immer wieder aufsucht. Nur eine regelmäßige Betriebsstätte bei den Gewinneinkünften Zur Besteuerung von Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte hat sich die Rechtsprechung des BFH in erheblicher Weise zugunsten der Arbeitnehmer geändert. Unter Berücksichtigung des objektiven Nettoprinzips ist nach dem Urteil des FG Baden-Württemberg davon auszugehen, dass auch bei Beziehern anderer Einkünfte nur eine Betriebsstätte gerechtfertigt ist. Anderenfalls käme es zu verfassungsrechtlich bedenklichen Ungleichbehandlungen. Aus diesem Grund wird diese AStW 2012/021 Auffassung ausgeweitet auf Tätigkeitsorte, an denen berufliche oder gewerbliche Leistungen erbracht werden. Für eine regelmäßige Betriebsstätte kommt es nur noch darauf an, wo sich der ortsgebundene Mittelpunkt der betrieblichen Tätigkeit des Gewerbetreibenden, Landwirts oder Freiberuflers befindet. Die Fahrtkosten zu den übrigen Einsatzbereichen sind abziehbare Betriebsausgaben. Auf den Umstand, dass es sich bei den übrigen Tätigkeitsorten um Stätten verschiedener Auftraggeber handeln kann, während Arbeitnehmer in mehreren betrieblichen Einrichtungen eines Arbeitgebers tätig sind, kommt es nicht an. Die Zahl der Auftraggeber ist bei Gewinneinkünften kein Kriterium für den ortsgebundenen Mittelpunkt der betrieblichen Tätigkeit und Selbstständige können über Hunderte von Auftraggebern verfügen, ohne dass dies eine entsprechende Vervielfachung der Zahl der regelmäßigen Betriebsstätten zur Folge hätte. Die mittlerweile eingelegte Revision war zugelassen, weil das FG von der Rechtsprechung der für die Besteuerung der Landwirte, Gewerbetreibenden und Selbstständigen zuständigen Ertragsteuersenate des BFH abweicht, indem er die geänderte Rechtsprechung des VI. Senats zu Arbeitnehmern auf die Gewinneinkünfte überträgt. Das FG hält außerdem die Frage, ob und welche Folgen die Rechtsprechungsänderung des BFH im Bereich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf Fahrten zur Betriebsstätte hat, für grundsätzlich bedeutsam. Höchstrichterliche Rechtsprechung dazu existiert noch nicht. Fundstellen: BMF 15.12.11, IV C 5 - S 2353/11/10010, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 114224 BFH 9.6.11, VI R 55/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 112903 BFH VI R 36/10; VI R 58/09 FG Baden-Württemberg 27.10.11, 3 K 1849/09; Revision unter VIII R 47/11 AStW 2012/022 § 9 EStG – Möglichkeit der Nutzung eines Büroarbeitsplatzes für Fortbildungsmaßnahmen Grundsätzlich sind die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nicht abzugsfähig. Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein „anderer“ Arbeitsplatz zur Verfügung, können Aufwendungen begrenzt abgezogen werden. Steht ein Büroarbeitsplatz für berufliche Fortbildungsmaßnahmen grundsätzlich zur Verfügung, hilft das Argument wenig, dass der Arbeitgeber die Installierung der entsprechenden Software für einen interaktiven Sprachkurs auf dem dienstlichen PC nicht zugelassen habe und daher das private Arbeitszimmer genutzt werden musste. Gemäß einem aktuellen Urteil des BFH kommt es bei der Frage, ob ein „anderer Arbeitsplatz” im Betrieb des Arbeitgebers zur Verfügung steht, nicht darauf an, in welchem Umfang der Arbeitnehmer dort die ihm zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel, wie beispielsweise einen Computer, nutzen darf. Insofern ist zwischen Arbeitsplatz (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG) und Arbeitsmittel (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG) zu unterscheiden. Der BFH betont, dass § 4 EStG für die Aufwendungen und den Abzug eines häuslichen Arbeitszimmers Vorrang vor § 9 EStG hat, der die Kosten der Ausstattung betrifft. Fundstellen: BFH 5.10.11, VI R 91/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 114212 BFH 5.3.08, VI B 95/07, BFH/NV 08, 956 AStW 2012/023 § 15 EStG – Abfärbung auch bei geringfügigen gewerblichen Einnahmen Der Begriff Abfärbetheorie bezeichnet im Einkommensteuerrecht die Umqualifizierung einer Einkunftsart in eine andere. Grundsätzlich wird eine von einer Personengesellschaft ausgeübte Tätigkeit insgesamt als gewerblich angesehen, wenn auch nur ein Teil der Tätigkeit gewerblich ausgeführt wird. Es genügen geringfügige gewerbliche Einkünfte um auch alle übrigen Einkünfte zu gewerblichen umzuqualifizieren, also auf diese abzufärben. Gibt es etwa durch eine Betriebsaufspaltung oder eine freiberufliche Tätigkeit nur geringfügige originär-gewerbliche Einkünfte im Verhältnis zum Gesamtumsatz, führt das bei einer vermögensverwaltenden oder selbstständig tätigen Personengesellschaft jedoch grundsätzlich noch nicht zum Wegfall der Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG. Davon kann aufgrund der Verhältnismäßigkeit lediglich bei einem äußerst geringen Anteil ausgegangen werden. Anderenfalls gilt der Grundsatz einer Infizierung der übrigen vermögensverwaltenden durch die gewerbliche Tätigkeit. Nach einem Urteil des FG Schleswig-Holstein liegt bei einem originär gewerblichen Umsatz von mehr als 5 % kein äußerst geringer Anteil mehr vor. Nach Vorgabe des BFH reicht grundsätzlich eine gewerbliche Tätigkeit aus, der lediglich geringfügige Bedeutung zukommt. Nur bei einem äußerst geringen Anteil der eigentlich gewerblichen an der gesamten Tätigkeit greift die umqualifizierende Wirkung nicht ein. Hierzu gibt es in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Ansätze. Der BFH sieht bis zu 1,25 % an den Gesamtumsätzen als geringfügig an, teilweise wird ein reiner Bagatellfall noch bei schädlichen Einnahmen von 2 % bis 3 % angenommen. Das Überschreiten der Grenze von 5 % führt aber zur Abfärbewirkung, weil kein äußerst geringer Anteil im Sinne der Rechtsprechung mehr vorliegt. Dabei stellt der gewerbesteuerliche Freibetrag in Höhe von 24.500 EUR keine absolute Geringfügigkeitsgrenze dar. AStW 2012/024 Das FG Schleswig-Holstein hat Revision zugelassen, die mittlerweile eingelegt worden ist, da bislang noch keine Entscheidung des BFH zur Frage vorliegt, bis zu welcher Grenze ein äußerst geringfügiger Anteil der gewerblichen Tätigkeit anzunehmen ist. Da zu dieser Fragestellung bereits zwei weitere Revisionen anhängig sind, können Einsprüche ruhen. Im Gegensatz zum FG Schleswig-Holstein hält das Niedersächsische FG die Höhe des Gewerbesteuer-Freibetrags für die Frage, ab wann eine originär gewerbliche Tätigkeit zu Anwendung der Abfärberegelung führt, für eine geeignete Größe. Ein Gewerbeertrag in Höhe des Betrags von 24.500 EUR wird gewerbesteuerlich bei Kleingewerbetreibenden nicht belastet. Sinn und Zweck der Abfärberegelung soll sein, die Schwierigkeiten zu vermeiden, mit denen die Ermittlung von unterschiedlichen Einkunftsarten ein und desselben Personenunternehmens verbunden wäre. Ist daher die Trennung der selbstständigen oder vermögensverwaltenden von den gewerblichen Einkünften völlig unproblematisch möglich, besteht keine Rechtfertigung die in einem Unternehmen anfallenden Einkünfte steuerlich anders zu behandeln als diejenigen, die in zwei organisatorisch getrennten Betrieben erzielt werden. Es erscheint daher geboten, den Gewerbesteuer-Freibetrag als Orientierung für die Bemessung der Geringfügigkeit der gewerblichen Einkünfte heranzuziehen. Ob neben dem Freibetrag weiterhin eine zusätzliche prozentuale Grenze zur Anwendung kommt, konnte im Urteilsfall des Niedersächsischen FG dahinstehen, da die erzielten gewerblichen Einkünfte den gewerbesteuerlichen Freibetrag nicht überstiegen hatten. Das FG Köln hält einen Umsatzanteil in Höhe von 2,25 % für geringfügig. Fundstellen: FG Schleswig-Holstein 25.8.11, 5 K 38/08, Revision unter IV R 54/11, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120075 Niedersächsisches FG 14.9.11, 3 K 447/10, Revision unter VIII R 41/11, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120076 FG Köln 1.3.11, 8 K 4450/08, EFG 11, 1167, Revision unter VIII R 16/11 FG Münster 19.6.08, 8 K 4272/06 G, EFG 08, 1975 AStW 2012/025 BFH 8.3.04, IV B 212/03; 10.8.94, I R 133/93; 11.8.99, XI R 12/98; 8.3.04, IV B 2 2/03 AStW 2012/026 § 20 EStG – Steuerpflicht von Erstattungszinsen zweifelhaft Laut BFH-Rechtsprechung des vergangenen Jahres gehören Erstattungszinsen beim Empfänger in den nichtsteuerbaren Bereich und daher nicht mehr zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Diese Rechtsauffassung wurde jedoch zügig über das Jahressteuergesetz 2010 rückwirkend in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen wieder ausgehebelt. Das FG Münster hält es für ernstlich zweifelhaft, ob der geänderte § 20 Abs. 1 Nr. 1 auch Erstattungszinsen erfassen darf, weil im Gegenzug Nachzahlungszinsen steuerlich nicht abgezogen werden können und die Kapitaleinnahmen durch § 12 Nr. 3 EStG dem steuerbaren Bereich entzogen bleiben. Im zugrunde liegenden Fall erfasste das FA im Nachhinein Erstattungszinsen für 2001 bis 2003 mangels Bestandskraft der Bescheide. Das FG stellt im Rahmen eines Aussetzungsverfahrens infrage, ob dies gegen das Rückwirkungsverbot verstößt, weil der Gesetzgeber gleichzeitig auf eine umfassende Neuregelung zur steuerlichen Behandlung von Erstattungsund Nachzahlungszinsen verzichtet hat. Angesichts der Grundentscheidung des BFH im Hinblick auf § 12 EStG sind besondere Anforderungen an die folgerichtige Umsetzung eines neuen Regelwerks zu beachten und nicht nur eine isolierte Steuerpflicht für Erstattungszinsen. Der BFH sieht einen sachlichen Gleichlauf zwischen Nachzahlungs- und Erstattungszinsen: entweder beide in den nicht steuerbaren Bereich oder alternativ Einnahmen und Kostenabzug – wie bei der ehemaligen Einführung der Verzinsung mit Sonderausgaben nach § 20 EStG bis 1998. Steuerbescheide sind mit Verweis auf anhängige Revisionen offenzuhalten, in denen der BFH vermutlich seine Auffassung bekräftigen wird. Fundstellen: FG Münster 27.10.11, 2 V 913/11 E, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120077 Revisionen unter VIII R 1/11, VIII R 36/10; Beschwerde unter VIII B 95/11 BFH 15.6.10, VIII R 33/07, BStBl II 11, 503 AStW 2012/027 § 20 EStG – Steuereinzug bei Anlagebetrug ernstlich zweifelhaft Nach einem Beschluss des FG Saarland im Verfahren über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zweifelhaft, ob Gutschriften und Zahlungen an den Anleger in einem Fall von Anlagebetrug als Kapitalrückzahlung oder als Zufluss einkommensteuerbarer Erträge anzusehen sind. Dabei verweist das FG auf die BFH-Rechtsprechung zu Anlagebetrugsfällen. Diese basiert auf der Überlegung, dass gegen Entgelt überlassenes Kapital bei Zufluss von Gutschriften oder Zahlungen vom Betrüger zu Einkünften nach § 20 EStG führt. Anzusetzen ist jede Vermögensmehrung, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für die Kapitalnutzung ist. Dabei ist unerheblich, ob die Beträge tatsächlich erwirtschaftet waren und ob Anleger einen zivilrechtlich durchsetzbaren Anspruch besaßen. Auch wenn beim Schneeballsystem aus dem Kapital anderer Betrogener oder dem selbst einbezahlten Geld Scheinrenditen gezahlt werden, liegen Einkünfte vor. Zufluss gutgeschriebener Beträge setzt voraus, dass der Betrüger aus der Anlegersicht zu diesem Zeitpunkt leistungsbereit und -fähig ist. Daher führt eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten bereits zur Steuerpflicht, wenn dadurch zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag von nun an zur Verwendung ohne weiteres Zutun zur Verfügung steht. Erst wenn sich ergibt, dass Anleger nicht die komplette Kapitalrückzahlung verlangen konnten oder insoweit Unsicherheiten bestehen, ist dies wertmindernd zu berücksichtigen. Stundung oder Erlass der hierauf geschuldeten Steuer stehen außer Zweifel, wenn es anderenfalls zur Insolvenz kommt. Sind Zweifel an der Besteuerung nicht auszuschließen, stellt ein sofortiger Vollzug eine unbillige Härte dar, die durch das Interesse der Allgemeinheit an der alsbaldigen Steuerzahlung nicht aufgewogen wird. Ist es dem Steuerpflichtigen unmöglich, die an sich erforderliche Sicherheitsleistung zu erbringen, darf die nicht verlangt werden. AStW 2012/028 Fundstellen: FG Saarland 12.10.11, 1 V 1266/11, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120078 BFH 16.3.10, VIII R 4/07, BFH/NV 10, 1527, 22.9.10, II R 62/08, BFH/NV 11, 7 AStW 2012/029 § 21 EStG – Einbringung einer privaten Verbindlichkeit in eine Personengesellschaft Wird eine Immobilie gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine vermögensverwaltende Grundstücksgemeinschaft mit Vermietungseinkünften eingebracht, so liegen Anschaffungsvorgänge auch insoweit vor, als sich die zuzurechnenden Anteile der Gesellschafter am Grundstück erhöht haben. Das gilt auch für eine Kreditverbindlichkeit, die als Gegenleistung für die Einbringung übernommen wird. Das stellt nach einem Urteil des BFH und gegen die Ansicht von FA und FG auch dann keinen Gestaltungsmissbrauch dar, wenn das Darlehen ursprünglich aufgenommen wurde, um ein privat genutztes Gebäude damit zu finanzieren. Im zugrunde liegenden Fall gründeten Eheleute eine GbR. Der Ehemann brachte sein vermietetes Mehrfamilienhaus ein und die GbR übernahm im Gegenzug die weiteren Zins- und Tilgungsverpflichtungen, die er zuvor zur Finanzierung des selbstgenutzten Einfamilienhauses aufgenommen hatte. Damit können die Kreditzinsen von der GbR als Werbungskosten abgezogen werden, obwohl zunächst privat veranlasste Aufwendungen in den steuerlichen Bereich verlagert worden sind. Den Beteiligten werden Grundstück und Darlehen anteilig nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zugerechnet und der neue Hausbesitzer schafft das Vermietungsobjekt gegen Übernahme einer fremden Schuld in gleicher Höhe an. Der Grund liegt hier im steuerlich bedeutsamen Bereich der Erzielung von Vermietungseinkünften. Dieser Vorgang ist keine Verlagerung von privat veranlassten Aufwendungen, sondern eine Überlagerung der vorherigen Gründe durch eine neue einkommensrelevante Verwendung des Kredits und der Schuldzinsen. Bei der Übernahme von Verbindlichkeiten des Veräußerers handelt es sich um einen teilentgeltlichen Erwerb. In Höhe der Schuld kommt es zu Anschaffungskosten mit nachfolgender AfA. AStW 2012/030 Fundstellen: BFH 18.10.11, IX R 15/11, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 114096 BFH 26.1.11, IX R 24/10, BFH/NV 11, 1480 AStW 2012/031 § 24b EStG – Wegfall des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende ab dem Monat nach der Heirat Heiratet die allein mit einem Kind in einem Haushalt lebende Mutter und wohnt diese noch nicht mit dem Ehemann zusammen, steht ihr im Jahr der Heirat der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zeitanteilig bis einschließlich des Monats der Heirat zu. Ab dem Folgemonat entfällt dieser. Das FG Berlin-Brandenburg hält dies für verfassungskonform, weil der Gesetzgeber einen Einschätzungsspielraum hinsichtlich der Fallgruppen hat, die von dessen Gewährung ausgeschlossen werden. Das BVerfG sieht im Ausschluss des Entlastungsbetrags für Ehegatten keine Verletzung von Grundrechten, weil er gezielt den echten Alleinerziehenden gewährt werden soll. Der BFH hatte bei der Haushaltsgemeinschaft mit einem volljährigen Sohn darauf hingewiesen, dass § 24b EStG keine verfassungsrechtlich gebotene Begünstigung und damit keine Sozialzwecknorm erfüllen muss. Der Abzug des elterlichen Betreuungsaufwands ist nämlich durch den Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungsund Ausbildungsbedarf sowie den Abzug von Kinderbetreuungskosten geregelt. Diese Rechtsprechung ist auch auf den Sonderfall der Eheschließung eines Alleinerziehenden anzuwenden. Da er ab diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für das Splittingverfahren erfüllt, kann ihm der Entlastungsbetrag erstmals für den Monat nach der Heirat nicht gewährt werden. Zwar besteht die Möglichkeit, dass Ehegatten im Jahr der Eheschließung die besondere Veranlagung nach § 26c EStG wählen und dann so behandelt werden, als ob sie diese Ehe nicht geschlossen hätten. Doch der Entlastungsbetrag knüpft ausdrücklich daran an, dass der Steuerpflichtige nicht die Voraussetzungen für die Anwendung des Splittingverfahrens erfüllt. Fundstellen: FG Berlin-Brandenburg 20.7.11, 1 K 2232/06, unter www.iww.de, AbrufNr. 114097 AStW 2012/032 BVerfG 22.5.09, 2 BvR 310/07 BFH 25.10.07, III R 104/06, BFH/NV 08, 545 AStW 2012/033 § 32 EStG – BMF zu den Auswirkungen der weggefallenen Einkommensgrenze ab 2012 Durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 sind die Einkünfte und Bezüge eines volljährigen Kindes ab 2012 für die steuerliche Berücksichtigung bis zum 25. Geburtstag unbeachtlich. Nunmehr werden die Kinder ohne Einkommensprüfung grundsätzlich bis zum Abschluss der erstmaligen Berufsausbildung oder des Erststudiums berücksichtigt. Darüber hinaus werden Kinder nur noch berücksichtigt, wenn einer der Grundtatbestände des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a - 2d EStG erfüllt ist. Das sind neben der Berufsausbildung: eine Ausbildungsmaßnahme, die Gegenstand eines Dienstverhältnisses ist, die Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten, keine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz, ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr und die Ableistung des neuen Bundesfreiwilligendienstes. Das BMF erläutert in einem umfangreichen Schreiben die Auswirkungen dieser Neuregelungen. Der Abschluss von Berufsausbildung oder Erststudium führt dazu, dass ein volljähriges Kind anschließend als neue Voraussetzung keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Hierunter fällt generell jede auf die Erzielung von Gewinn- oder Überschusseinkünften gerichtete Beschäftigung, die den Einsatz der persönlichen Arbeitskraft erfordert. Auf die eigene Vermögensverwaltung trifft das nicht zu. Diese Einschränkung greift auch, wenn die erstmalige Maßnahme bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres abgeschlossen worden ist. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass der Nachwuchs bis zum Abschluss seiner erstmaligen Berufsausbildung oder seines Erststudiums einer Erwerbstätigkeit nachgehen darf, ohne die steuerliche Anerkennung zu gefährden. AStW 2012/034 Keine schädliche Erwerbstätigkeit liegt vor, wenn das Kind eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von maximal 20 Stunden aufweist, sich in einem Ausbildungsdienstverhältnis befindet oder einen 400-EURMinijob bzw. eine kurzfristige Beschäftigung ausübt. Die Bedingung der Erwerbstätigkeit gilt nicht für bei einer Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete Kinder bis 21 Jahre und nicht für Behinderte. Das Schreiben stellt ausführlich mit einer Auflistung der einzelnen auf dem Markt angebotenen Berufsmaßnahmen und Angebote dar, was eine erstmalige Berufsausbildung und ein Erststudium darstellt und demzufolge als Abschluss der Erstausbildung anzusehen ist. Der Besuch einer allgemeinbildenden Schule führt regelmäßig zu einer weiteren Berücksichtigung von Kindern und der Erwerb eines Schulabschlusses ist kein Verbrauch der erstmaligen Berufsausbildung. Gleiches gilt für ein Volontariat, ein freiwilliges Berufspraktikum, die Fachschule als Einrichtung der beruflichen Weiterbildung oder Studiumswechsel sowie -unterbrechung. Unschädlich ist eine Erwerbstätigkeit mit einer regelmäßigen individuell vertraglich vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden, wobei eine vorübergehende und höchstens 2 Monate andauernde zeitliche Ausweitung erlaubt ist, wenn es im Jahresdurchschnitt bei den 20 Stunden bleibt. Das BMF erläutert dies anhand von Beispielen und definiert die Voraussetzungen an ein unschädliches Ausbildungsdienstverhältnis, den 400-EUR-Mini-Job sowie das kurzfristige Beschäftigungsverhältnis. Hierzu wird das geltende Monatsprinzip mit Beispielen dargestellt. Dabei wird ein Kind für jeden Kalendermonat berücksichtigt, in dem wenigstens an einem Tag die Anspruchsvoraussetzungen vorgelegen haben, also nicht mehr ab dem Folgemonat. Zudem wird dargestellt, welche behinderten Kinder berücksichtigt werden und welche Ausgangsgrößen für die Prüfung von Grund- und individuellem behinderungsbedingtem Mehrbedarf, kindeseigenen finanziellen Mitteln und dem verfügbaren Nettoeinkommen maßgebend sind. Dabei gilt ein BMF-Schreiben aus November 2010 weiter. Nur auf die Einkünfte und Bezüge wird nicht mehr abgestellt. AStW 2012/035 Praxishinweise: Nachdem nun die Einkünfte und Bezüge außer Ansatz bleiben, ergeben sich folgende Konsequenzen: Minderjährige Kinder werden wie bisher ohne besondere Voraussetzungen steuerlich berücksichtigt. Das Steuervereinfachungsgesetz hat hier keine Neuregelungen getroffen. Für Eltern bietet sich die Möglichkeit, ihrem volljährigen Nachwuchs nun eine eigene Einkommensquelle zukommen zu lassen, ohne dass sich dies negativ auf den Familienlastenausgleich auswirkt. Denkbar ist etwa die Beteiligung am elterlichen Betrieb, der Übertrag von Kapitalvermögen, um zusätzliche Freibeträge nutzen zu können oder die Einräumung eines Nießbrauchsrechts an einer Mietimmobilie, das zeitlich auf die Periode der Berufsausbildung oder des Studiums befristet wird. Die Kinder können diese Einkunftsquelle anschließend zur Deckung ihres Unterhalts verwenden. Mit zusätzlichen Einkünften gelingt es dem Kind besser, die nach geltendem Recht nur als Sonderausgaben absetzbaren Ausbildungskosten geltend zu machen. Das kann dann dazu führen, dass dieses zusätzliche und bisher bei den Eltern versteuerte Einkommen unter dem Grundfreibetrag bleibt und damit keine Besteuerung mehr eintritt. Ergänzend zum BMF-Schreiben hat das BZSt noch weitere Anweisungen an die Familienkassen hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen für die Berücksichtigung volljähriger Kinder herausgegeben, die durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 neu geregelt worden sind. Dieses beinhaltet neben Allgemeinem das materielle Recht, die Anspruchszeiträume vor und ab 2012 sowie die Überprüfung bestehender Festsetzungen. Fundstellen: BMF 7.12.11, IV C 4 - S 2282/07/0001-01, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 114226 AStW 2012/036 BMF 22.11.10, IV C 4 - S 2282/07/0006-01, BStBl I 10, 1346, Abschnitt IV BZSt 20.12.2011, St II 2 - S 2282-PB/11/00002 AStW 2012/037 § 32 EStG – Keine Bescheidänderung wegen nachträglicher Festsetzung von Kindergeld Ein nachträglich festgesetztes Kindergeld begründet keinen Anspruch auf Herabsetzung der Einkommensteuer durch den Ansatz der Kinderfreibeträge. Nach einem aktuellen Urteil des Niedersächsischen FG fehlt es in diesem Fall im Verhältnis zwischen Kindergeld und Einkommensteuer am Verhältnis Grundlagen- zu Folgebescheid. Es liegt kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 AO vor. Hierzu muss sich der Sachverhalt in der Weise ändern, dass nunmehr der neue anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist. Die nachträgliche Festsetzung oder Zahlung von Kindergeld kann den Abzug von Freibeträgen nach § 32 Abs. 6 EStG aber nicht begründen. Zwar besteht zwischen Freibeträgen und Kindergeldzahlung insofern eine Wechselbeziehung, als der Abzug davon abhängt, ob die Steuerfreistellung durch das Kindergeld nicht in vollem Umfang bewirkt wird und ob das Kindergeld der Einkommensteuer hinzugerechnet wird. Dadurch wirkt sich das nachträgliche Kindergeld aber nur insofern als rückwirkendes Ereignis auf die Einkommensteuerfestsetzung aus, als es zu einer höheren Einkommensteuer oder der Rückgängigmachung der Freibeträge aufgrund der Günstigerprüfung führt. Der Kindergeldbescheid hat aber keine weitere Wirkung, weil das FA bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 32 EStG, das Ergebnis der Familienkasse nicht übernehmen muss, sondern selbstständig prüft. Auch eine Korrektur nach § 173 AO wegen neuer Tatsachen scheidet aus. Zwar ist dem FA nicht bekannt, ob die Voraussetzungen für die Berücksichtigung als Kind erfüllt sind. Ein Steuerbescheid darf aber nicht zugunsten des Steuerpflichtigen aufgehoben oder geändert werden, wenn das FA bei ursprünglicher Kenntnis nicht anders entschieden hätte. Dadurch ist die Unkenntnis der später bekannt gewordenen Tatsache nicht rechtserheblich. AStW 2012/038 Fundstellen: Niedersächsisches FG 14.9.11, 4 K 207/11, rkr., unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120079 BFH 27.1.11, III R 90/07, BStBl 2011 II S. 543 AStW 2012/039 § 32 EStG – Bemessung der Einkommensgrenze bei volljährigen Kindern Der BFH hat sich in zwei Urteilen mit der Bemessung der Einkommensgrenze von Kindern über 18 Jahre, die sich in der Berufsausbildung befinden, beschäftigt. Diese Entscheidungen sind bis 2011 relevant. Ab 2012 entfällt die Einkünfte- und Bezügegrenze von 8.004 EUR durch das Steuerentlastungsgesetz 2011. Eltern erhalten ab diesem Zeitpunkt die Steuerprivilegien, Riester-Zulage und Kindergeld für ihre Sprösslinge über 18 Jahren in Berufsausbildung unabhängig von den Einkünften (vgl. AStW 2012, 93 ff.). Semestergebühren sind ausbildungsbedingter Mehrbedarf Das erste Urteil befasst sich mit der Abzugfähigkeit von Semestergebühren. Diese sind nach Auffassung des BFH grundsätzlich insgesamt abziehbarer ausbildungsbedingter Mehrbedarf und keine Mischkosten, auch wenn der Studierende privat nutzbare Vorteile wie beispielsweise ein Semesterticket erlangt. Die Semestergebühren stellen nach § 34 Abs. 4 Satz 5 EStG Bezüge dar, die für besondere Ausbildungszwecke bestimmt sind und bleiben damit außer Ansatz, sofern sie nicht bereits als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte des Kindes berücksichtigt werden. Der Studierende muss die Semestergebühren zwingend entrichten, um sein Studium aufnehmen oder fortsetzen zu können. Eine schädliche private Mitveranlassung ist insoweit nicht gegeben, auch wenn er privat nutzbare Vorteile erlangt. Maßgeblich ist, dass er nicht frei über den Erwerb solcher mit der Zahlung der Semestergebühr verbundenen Leistungen entscheiden kann. Dem Abzug der Kosten für ein in der Semestergebühr enthaltenes Semesterticket steht auch nicht entgegen, dass die Kosten für die Fahrten zwischen seiner Wohnung und der Universität bereits mit den Sätzen der Entfernungspauschale berücksichtigt werden. Die Entrichtung des mitenthaltenen Betrags beruht nämlich auf einem anderen Veranlassungszusammenhang. Maßgeblicher Grund für die Zahlung der Gebühr ist nicht AStW 2012/040 die Erlangung eines Tickets, um Fahrten zurücklegen zu können, sondern die erforderliche Erlangung des Studentenstatus, um das Studium aufnehmen oder fortsetzen zu können. Nach der Verwaltungsauffassung in der Dienstanweisung sind Semestergebühren Mischkosten und die darin enthaltenen Einzelpositionen können nur dann abgezogen werden, wenn die erhebende Institution diese getrennt ausweist. Erbe der Eltern ist irrelevant Das zweite Urteil, das sich mit der Bemessung des Einkommens eines volljährigen Kindes in der Berufsausbildung beschäftigt, geht auf die Relevanz des Erbes für das eigene Einkommen ein. Der BFH nimmt für die Beteiligung am Nachlass eines verstorbenen Elternteils keinen Bezug an. Der Nachlass fließt damit nicht in die Grenzberechnung von 8.004 EUR nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ein. Nicht einzubeziehen sind freiwillige, über die gesetzliche Unterhaltspflicht hinausgehende Leistungen eines Elternteils, sodass auch Vermögensübertragungen von Vater oder Mutter auf ihre Kinder bei Ermittlung der Bezüge des Kindes allgemein außer Betracht bleiben. Anzusetzen sind allein Zuflüsse Dritter von außerhalb der Familie, sofern sie zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung geeignet oder bestimmt sind. Ein Zufluss von Vermögenswerten, der bei einem Kind über 18 Jahre dadurch eintritt, dass er einen Elternteil beerbt, ist für steuerliche Zwecke und beim Kindergeld ebenso außer Betracht zu lassen wie Schenkungen seitens der Eltern zu deren Lebzeiten. In beiden Fällen liegt kein schädlicher Zufluss von dritter Seite vor. Dieses Ergebnis vermeidet Schwierigkeiten, die auftreten können, wenn der Nachlass keine oder nur geringe liquide Mittel enthält, die das Kind für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung einsetzen könnte. Es braucht daher nicht im Einzelfall entschieden zu werden, in welchem Umfang ein Kind gehalten ist, ererbte liquide Mittel zu verbrauchen und ob es verpflichtet ist, nicht liquide Nachlassgegenstände zu verwerten. Das wäre insbesondere nicht sachgerecht, wenn der überlebende kindergeldberechtigte Elternteil mit dem Nachwuchs eine Erbengemeinschaft bildet. AStW 2012/041 Fundstellen: Semester: BFH 22.9.11, III R 38/08, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113954 Erbe: BFH 4.8.11, III R 22/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113761 AStW 2012/042 § 32b EStG – Teilweise unzutreffende Daten zu bescheinigten Lohnersatzleistungen Die OFD Rheinland weist darauf hin, dass laut Mitteilung der Bundesagentur für Arbeit in Einzelfällen unzutreffende Daten zu Lohnersatzleistungen elektronisch an die Finanzbehörden übermittelt worden sind. Eine elektronische Übermittlung der berichtigten Daten ist dabei nicht möglich. Hierbei handelt es sich um die Daten, die Träger der Sozialleistungen nach § 32 b Abs. 3 EStG über die im Kalenderjahr gewährten Leistungen sowie die Dauer des Leistungszeitraums für jeden Empfänger bis zum 28. Februar des Folgejahres nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz für den Progressionsvorbehalt zu übermitteln haben, es sei denn, die Leistungen sind bereits auf der Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesen. Dazu sind die steuerlichen Identifikationsmerkmale des Leistungsempfängers erforderlich, die für die erstmalige Übermittlung der Daten 2011 seit dem 1.10.2011 beim BZSt abfragt werden können. Bisher wurde in diesen Einzelfällen mit unzutreffenden Daten ein berichtigter Papier-Leistungsnachweis erstellt. Auf diesem war vermerkt, dass er die elektronische Übermittlung an die Finanzverwaltung ersetzt. Dieser Papier-Leistungsnachweis wurde auch dem betroffenen Steuerpflichtigen zugeleitet. Das BMF hat der Bundesagentur für Arbeit mitgeteilt, dass die Berichtigung elektronisch übermittelter Daten grundsätzlich ebenfalls elektronisch erfolgen muss. Soweit dieses derzeit noch nicht möglich ist, wurde die Bundesagentur für Arbeit gebeten, die berichtigten PapierLeistungsnachweise dem Wohnsitz-FA der betroffenen Person zuzuleiten. Soweit im Einzelfall ein berichtigter Papier-Leistungsnachweis ergeht und die betroffene Veranlagung bereits durchgeführt worden war, ist zu prüfen, ob der Einkommensteuerbescheid zu ändern ist. Fundstellen: OFD Rheinland 14.11.11, Kurzinfo ESt 49/2011 BMF 22.2.11, IV C 5 - S 2295/11/10001, BStBl I 11, 214 AStW 2012/043 § 33 EStG – Zivilprozesskosten bleiben weiterhin nur im Ausnahmefall abzugsfähig Der BFH hatte jüngst entschieden, dass Zivilprozesskosten sowohl für den Kläger als auch den Beklagten unabhängig vom Gegenstand des Verfahrens außergewöhnliche Belastungen sind, wenn das Verfahren eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (S. AStW 11, 583). Die Urteilsbegründung, wonach Ansprüche regelmäßig nur gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren sind und eine Person das Prozesskostenrisiko daher nicht freiwillig übernimmt, ließ darauf schließen, dass hierunter nicht nur die Kosten für Zivilprozesse, sondern auch für Verwaltungs-, Sozial-, Straf- und privat veranlasste Finanzgerichtsverfahren fallen. Die Verwaltung ist jedoch vom BMF angewiesen, dieses Urteil nicht anzuwenden, weil solche Aufwendungen regelmäßig nicht zwangsläufig erwachsen. Es bleibt damit bei der bisherigen Ausnahme, dass ein Abzug im Rahmen des § 33 EStG nur in Betracht kommt, wenn eine Person ohne den Rechtsstreit Gefahr laufen würde, ihre Existenzgrundlage zu verlieren und ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Die langjährige Auffassung von Rechtsprechung und Verwaltung hat der BFH aktuell geändert. Nach der neuen Sichtweise muss die Prozessführung nur eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten. Für eine solche eindeutige, zuverlässige und rechtssichere Einschätzung stehen der Finanzverwaltung keine Instrumente zur Verfügung. Betroffen von dieser neuen Rechtsprechung ist eine erhebliche Anzahl von Fällen. Im Hinblick auf eine mögliche gesetzliche Neuregelung der steuerlichen Berücksichtigung von (Zivil-)Prozesskosten, die auch die Rückwirkung an die bisher geltende Rechtslage einschließt, können daher grundsätzlich Prozesskosten auch für eine Übergangszeit nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. AStW 2012/044 Fundstellen: BMF 20.12.11, IV C 4 - S 2284/07/0031 :002, unter www.iww.de, AbrufNr. 120080 BFH 12.5.11, VI R 42/10 AStW 2012/045 § 35 EStG – Gewerbesteuer-Ermäßigung wird vom Wohnsitzfinanzamt geprüft Der BFH hat sich jetzt in zwei Urteilen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung damit beschäftigt, welches FA für den GewerbesteuerMessbetrag der Gesellschaft und welches für die Anrechnung der Steuerermäßigung nach § 35 EStG auf die einzelnen Mitunternehmer zuständig ist. Das Feststellungs-FA hat lediglich zu prüfen, ob eine Mitunternehmerstellung vorliegt. Ob und inwieweit für den Beteiligten eine Anrechnung möglich ist, bleibt insoweit ohne Bedeutung, sodass sich die Bindungswirkung eines Feststellungsbescheids nur auf die einzelnen Mitunternehmer erstreckt. Gesondert und einheitlich festzustellen ist nur der GewerbesteuerMessbetrag und der auf die einzelnen Mitunternehmer entfallende Anteil. Auch sofern eine GmbH beteiligt ist, darf das FA die Feststellung nicht mit der Begründung verweigern, dass die Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer bei einer Kapitalgesellschaft keine Bedeutung hat. Die Prüfung und Entscheidung, ob bei einem Mitunternehmer auch steuerlich von einer Kapitalgesellschaft auszugehen ist, obliegt dem FA, das über eine Anrechnung nach Maßgabe des auf den einzelnen Mitunternehmer festgestellten Anteils am Gewerbesteuer-Messbetrag zu entscheiden hat. Handelt es sich um eine mehrstöckige Personengesellschaft mit einer zwischengeschalteten GmbH, ist bei der Untergesellschaft auch für die zwischengeschaltete GmbH ein Anteil am Gewerbesteuer-Messbetrag festzustellen. Diese kann ebenfalls nicht mit dem Verweis auf die mangelnde Anrechnungsmöglichkeit unterbleiben. Nach Ansicht des BFH kann es nämlich durchaus zweifelhaft sein, ob eine GmbH auch tatsächlich eine Kapitalgesellschaft im steuerlichen Sinne ist. Die Anwendung der Tarifermäßigung prüfen und entscheiden die jeweiligen Wohnsitz- oder BetriebsFÄ der einzelnen Gesellschafter. Fundstellen: BFH 22.9.11, IV R 8/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113883 BFH 22.9.11, IV R 3/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113884 AStW 2012/046 § 35a EStG – Ermäßigung für Erd-, Pflanz- und Mauerarbeiten im Garten Die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen nach § 35a Abs. 3 EStG kann auch für Erd- und Pflanz- sowie Bauarbeiten an einer Mauer im Garten eines selbstbewohnten Hauses gewährt werden. Nach einem Urteil des BFH ist insoweit ohne Bedeutung, ob die Grünanlage neu angelegt, ein naturbelassener Garten umgestaltet wird oder eine Stützmauer an der Grenze zum Nachbargrundstück errichtet werden. Dabei handelt es sich bei Erd- und Pflanzarbeiten im Garten nicht um hauswirtschaftliche Verrichtungen, die als haushaltsnahe Dienstleistungen mit bis zu 4.000 EUR begünstigt sind, sondern um handwerkliche Tätigkeiten mit einem Abzug von bis zu 1.200 EUR. Diese Tätigkeiten weisen keine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung auf, weil sie über die übliche hauswirtschaftlich geprägte Pflege des Gartens etwa bei Rasenmähen hinausgehen. § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG gilt seinem Wortlaut nach nur für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen „für Renovierungs-, Erhaltungsund Modernisierungsmaßnahmen”. Hierzu sollen auch Aufwendungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten auf dem Grundstück, z.B. Garten- und Wegebauarbeiten, gehören. Unerheblich ist, ob dies wie bei der Gartenumgestaltung Erhaltungsaufwand oder wie beim Mauerbau und der Gartenneuanlage Herstellungskosten darstellt, wenn die Maßnahme im Bereich eines vorhandenen Haushalts erfolgt. Das FA hatte den Abzug mit der Begründung abgelehnt, es handele sich um die nicht begünstigte Herstellung des Wirtschaftsguts Garten. Fundstellen: BFH 13.7.11, VI R 61/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 114211 BMF 15.2.10, IV C 4-S 2296-b/07/0003, 2010/0014334, BStBl I 10, 140 AStW 2012/047 SolZG – Ist die fehlende Erstattung des Soli-Guthabens verfassungswidrig? Der BFH hat dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob es den allgemeinen Gleichheitssatz und den Vertrauensschutz verletzt, dass die Rückzahlung des Körperschaftsteuerguthabens beim Solidaritätszuschlag nicht berücksichtigt wird. Die Entscheidung des BVerfG ist für Kapitalgesellschaften bedeutsam, die aus der Zeit des Anrechnungsverfahrens noch über ein Körperschaftsteuerguthaben verfügen, das nun innerhalb von 2008 bis 2017 in zehn gleichen Jahresbeträgen ausbezahlt wird und was sich auf den Soli im Gegensatz zur früheren Rechtslage nicht mehr auswirkt. Nach Auffassung des BFH ist die fehlende Erstattung des Soli-Guthabens verfassungswidrig. Dies wird damit begründet, dass diese Vorgehensweise die Körperschaften benachteiligt, die im Vertrauen auf die ursprüngliche Regelung keine rechtzeitigen Gewinnausschüttungen vorgenommen hatten. Für diese Benachteiligung sind keine sachlichen Gründe ersichtlich. Die vom Gesetzgeber angeführten Gründe wie Missbrauchsabwehr, Verwaltungsvereinfachung oder Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte rechtfertigen dies nicht. Eine nachteilige Änderung zulasten der Steuerpflichtigen ist nur bei erheblichen Gründen des Gemeinwohls zulässig. Diese sind im Vorlageverfahren aber nicht ersichtlich. Das Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Regel mit mindernder Wirkung für den Soli hat Vorrang vor dem Änderungsinteresse des Gesetzgebers. Die verfolgten Ziele erfordern nicht, den Anspruch auf Körperschaftsteuerminderung von der Bemessungsgrundlage zum Solidaritätszuschlag auszunehmen. Zudem ist es nicht gerechtfertigt, gerade diejenigen Körperschaften zu bevorzugen, die durch ihr Ausschüttungsverhalten geänderte Übergangsvorschriften ausgelöst haben. Diese haben sofort in vollem Umfang den auf die Steuer entfallenden Soli erhalten, während die GmbH, die auf Übergangsfristen vertraut hat, es hinnehmen muss, ihr Guthaben zeitlich gestreckt, unverzinst und überdies ohne Soli zurückzuerhalten. AStW 2012/048 Als weiteren Punkt bemängelt der BFH die Argumentation von Gesetzgeber und Finanzverwaltung, wonach für die Körperschaftsteuerrückzahlung verfahrensrechtlich die Vorschriften für Steuervergütungen angewendet werden. Hieraus kann nicht gefolgert werden, dass es sich um eine Steuer-vergütung handelt, die dann die Bemessungsgrundlage zum Soli nicht mindert. Eine Steuervergütung liegt nämlich nur vor, wenn eine gezahlte Steuer an eine andere Person als den Steuerschuldner zurückgezahlt wird. Diese Voraussetzung liegt hinsichtlich der Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens nicht vor. Es handelt sich um eine Steuererstattung. Praxishinweise: Das BVerfG hatte die Umgliederung des Körperschaftsteuerguthabens beim Wechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren in 2001 bereits als unvereinbar mit dem Gleichheitssatz eingestuft, soweit dies zu einem Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotenzial geführt hatte. Daraufhin wurde dies durch das Jahressteuergesetz 2010 so geändert, dass ein höheres Körperschaftsteuerguthaben festzustellen ist, weil rückwirkend in allen offenen Fällen auf die beanstandete Umgliederung generell verzichtet wird. Die neue Regelung zur Umgliederung der EK-Teilbeträge in ein Körperschaftsteuerguthaben ist nach einem Urteil des BFH aber mit dem GG vereinbar. Das betrifft auch die fortgeltende Verrechnung von negativem nicht belastetem mit belastetem EK. Diese gesetzliche Anordnung bleibt unberührt davon, dass das BVerfG die zuvor bestimmte Umgliederung von EK 45 in EK 40 verworfen hatte. Die Verwaltung weist Einsprüche gegen die Festsetzung des Anspruchs auf Auszahlung des Soli-Guthabens derzeit noch als unzulässig mit der Begründung zurück, dass keine Beschwer vorliegt. Durch die Vorlage des BFH beim BVerfG können Einspruchsverfahren jetzt aber ruhend gestellt werden. Hierzu sollte die Festsetzung eines Soli-Guthabens beantragt und anschließend gegen den Ablehnungsbescheid Rechtsbehelf eingelegt werden. AStW 2012/049 Fundstellen: BFH 10.8.11, I R 39/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113950 BFH 20.4.11, I R 65/05 BVerfG 17.11.09, 1 BvR 2192/05 OFD Münster 19.8.10, akt. Kurzinfo KSt 8/2008 AStW 2012/050 UStG – Änderung des Anwendungserlasses aufgrund der aktuellen Rechtslage Das BMF hat in einem 45-seitigen Schreiben insgesamt 102 Änderungen in den Umsatzsteuer-Anwendungserlass eingearbeitet. Dies beinhaltet auch die seit dem 1.11.2010 ergangene und bisher nicht berücksichtigte Rechtsprechung, welche im BStBl veröffentlicht worden ist. Außerdem enthielt der UStAE bisher redaktionelle Unebenheiten, die beseitigt wurden. Weiterhin erfolgte eine Aufgliederung des unübersichtlich gewordenen bisherigen Abschnitts 13b.1 zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen und bei der Gebäudereinigung sowie bei der Lieferung von Industrieschrott, Altmetallen, sonstigen Abfallstoffen, Mobilfunkgeräten und Gold, um eine bessere Lesbarkeit für die Anwender zu erreichen. Vor allem wurden die Regelungen in den Abschnitten zu § 18a UStG an die geltende Rechtslage zur Abgabe monatlicher Zusammenfassender Meldungen angepasst. Aktualisiert wurden zudem in Abschnitt 2.5 Abs. 5 die Tarife der Einspeisevergütung für Solarstrom, Regeln zu Eintrittsberechtigungen für Messen, Ausstellungen und Kongresse, Leistungen von Orchestern, Theatern oder Chören, die Definition von Ingenieurleistungen, die Verwaltung von Sporthallen durch gemeinnützige Vereine, der Vertrauensschutz bei der Steuerfreiheit einer Ausfuhrlieferung, Umsätze zwischen Betriebsabteilungen desselben Unternehmens oder innerhalb eines Organkreises, die Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG und die Ist-Besteuerung. Die Änderungen sind – neben ein paar Ausnahmen – grundsätzlich auf Umsätze ab dem Tag nach der Veröffentlichung im BStBl anzuwenden. AStW 2012/051 Fundstelle: BMF 12.12.2011, IV D 3 - S 7015/11/10003, unter www.iww.de, AbrufNr. 114235 AStW 2012/052 § 4 UStG – Steuerfreiheit für Arztleistungen gegenüber Krankenhaus und anderen Ärzten Der BFH hat klargestellt, dass die Steuerbefreiung für ärztliche Leistungen nach § 4 Nr. 14 UStG nicht zwingend auf Tätigkeiten für den einzelnen Patienten beschränkt ist. So können Beratungsleistungen auch dann begünstigt sein, wenn die gegenüber anderen Ärzten, Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen zur Unterstützung einer Heilbehandlung erbracht werden und selbst keinen direkten Bezug zu einem konkreten Krankheitsfall haben. Im zugrunde liegenden Fall bejahte der BFH diese für infektionshygienische Leistungen, weil hierdurch andere Ärzte oder Krankenhäuser ihre gesetzlichen Verpflichtungen zur steuerfreien Heilbehandlung erfüllen können. § 4 Nr. 14 UStG ist nach den Vorgaben des EU-Rechts so auszulegen, dass die Steuerfreiheit voraussetzt, dass der Arzt, Heilpraktiker oder Physiotherapeut als Unternehmer eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin durch ärztliche Leistungen erbringt und dafür die Qualifikation besitzt. Dazu können auch vorbeugende Tätigkeiten gehören. Die infektionshygienische Leistung soll sicherstellen, dass Ärzte und Krankenhäuser die Vorgaben des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen erfüllen. Insoweit ist dies als ärztliche Heilbehandlung zu qualifizieren. Die Steuerbefreiung erfordert nicht zwingend ein bestehendes Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient. Ausreichend ist nämlich nach der Rechtsprechung des EuGH bereits, dass eine Dienstleistung einen unerlässlichen, festen und untrennbaren Bestandteil eines Gesamtverfahrens darstellt, dessen einzelne Abschnitte sinnvollerweise nicht isoliert voneinander durchgeführt werden können. Im Einzelfall muss aber geprüft werden, in welchem Umfang die Leistungen unmittelbar dazu dienen, dass Ärzte und Krankenhäuser ihre bestehenden Verpflichtungen erfüllen können. AStW 2012/053 Fundstellen: BFH 18.8.11, V R 27/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113559 BFH 30.4.09, V R 6/07, BStBl II 09, 679 EuGH 18.11.10, C 156/09 AStW 2012/054 §§ 4, 12 UStG – Einordnung der Leistung von Physiotherapeuten und Masseuren Für Physiotherapeuten und Masseure kommt die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14a UStG für Heilbehandlungen und der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG für umsatzsteuerpflichtige Maßnahmen in Betracht. Das Bayerische LfSt fasst hierzu praxisrelevante Grundsätze zusammen: Grundsätzlich erfüllen Physiotherapeuten und staatlich geprüfte Masseure die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit. Doch anders als Ärzte sind sie nicht zu Behandlungen ohne ärztliche Verordnung berechtigt. Daher ist zu prüfen, inwieweit eine begünstigte Heilbehandlung vorliegt, bei der ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht. Massagen müssen der konkreten, individuellen Diagnose, Behandlung, Vorbeugung und Heilung von Gesundheitsstörungen dienen. Kosmetische Leistungen und Wellness zur Verbesserung des Wohlbefindens sind nicht begünstigt. Die Steuerbefreiung greift für physiotherapeutische Leistungen nur bei ärztlicher Verordnung oder genehmigten Vorsorgeoder Rehabilitationsmaßnahmen. Tragen Patienten bei Folgebehandlungen die Kosten selbst, sind dies steuerpflichtige Präventionsmaßnahmen. Vor 2012 ausgeführte Behandlungen aufgrund einer ärztlich verordneten Behandlung dürfen noch steuerfrei behandelt werden. Physiotherapieleistungen ohne Verordnung wie Wellness- und Kosmetik-Anwendungen sind umsatzsteuerpflichtig. Dabei kommt der ermäßigte Steuersatz in Betracht für bestimmte physiotherapeutische Leistungen wie Fango oder Heilmassage als begünstigte Heilbäder. Solche Maßnahmen müssen lediglich ihrer Art nach allgemeinen Heilzwecken dienen. Grundsätzlich gilt dies für die Umsätze, die typischerweise von Physiotherapeuten oder Masseuren erbracht werden und von den Krankenkassen als Heilmittel anerkannt sind. Reine Wellness- Anwendungen wie Thai-Massagen unterliegen hingegen dem vollen Steuersatz. AStW 2012/055 Fundstellen: Bayerisches LfSt 25.10.11, S 7170.1.1-10/51 St33 BFH 28.9.07, V B 7/06, BFH/NV 08, 122; 7.7.05, V R 23/04, BStBl II 05, 904 AStW 2012/056 § 15 UStG – Zeitpunkt der Zuordnungsentscheidung bei Mischnutzung von Gebäuden Die Vorsteuer aus den Herstellungskosten für eine sowohl unternehmerisch als auch privat genutzte Immobilie kann nur abgezogen werden, wenn der Bauherr zeitnah entscheidet und dokumentiert, in welchem Umfang das Gebäude unternehmerisch genutzt werden soll. Maßgeblich ist die gesetzliche Abgabefrist für die Umsatzsteuer-Erklärung. Diese endet mit dem 31. Mai des Folgejahres. Eine danach getroffene oder dokumentierte Entscheidung wird nicht mehr berücksichtigt. Mit diesem nachträglich zur Veröffentlichung bestimmten Urteil hat der BFH seine Rechtsprechung zur Einschränkung des Vorsteuerabzugs aufgrund des SeelingModells bestätigt und ergänzt. Im Urteilsfall berücksichtigte der Unternehmer zunächst keine Vorsteuern aus den Baukosten, reichte erst im Juni des Folgejahres berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldungen ein und machte darin erstmals den Vorsteuerabzug geltend. Da die beim Leistungsbezug zu treffende Zuordnungsentscheidung spätestens im Rahmen der Jahressteuererklärung zu dokumentieren ist und die Angabe wenige Tage nach Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist erfolgt war, kann der Zuordnungsentscheidung nicht mehr gefolgt werden. Der BFH betont, dass dies auch für die sich oftmals über mehrere Jahre erstreckende Gebäudeherstellung gilt. Ist die Zuordnungsentscheidung bei den Umsatzsteuer-Voranmeldungen zunächst unterblieben, ermöglicht der BFH dem Unternehmer eine Korrektur im Rahmen der Jahressteuererklärung, wenn der Unternehmer die für die Jahresfestsetzung maßgebende Dokumentationsfrist bis Ende Mai des Folgejahres beachtet. Einer Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmensvermögen erst nach Ablauf der Dokumentationsfrist kann nicht mehr entsprochen werden. Wollen Unternehmer bis zur Jahreserklärung mit ihrer Entscheidung abwarten, dürfen sie dann also keine Fristverlängerungen für die Abgabe in Anspruch nehmen. AStW 2012/057 Diese Entscheidung ist noch zum alten Recht ergangen. Seit 1.1.2011 gilt § 15 Abs. 1b UStG. Gleichwohl ist auch nach neuem Recht eine Zuordnungsentscheidung im Hinblick auf Änderungen in Folgejahren erforderlich (§ 15a Abs. 6a UStG). Die Rechtsprechung hat also auch für das neue Recht Bedeutung. Fundstellen: BFH 7.7.11, V R 21/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 114094 BFH 7.7.11, V R 41/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113390 BFH 7.7.11, V R 42/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113391 AStW 2012/058 § 17 UStG – Korrektur einer Anzahlung erst bei tatsächlicher Rückgewähr Nach der geänderten Rechtsauffassung des BFH setzt die Berichtigung der für eine erhaltene Anzahlung geschuldeten Umsatzsteuer und die Korrektur des Vorsteuerabzugs bei Nichtausführung der Leistung zunächst die Rückzahlung dieser Anzahlung voraus. Die Verwaltung wendet dies in allen offenen Fällen an und ändert Abschn. 17.1 Abs. 7 UStAE entsprechend: Hat ein Unternehmer eine Anzahlung für eine später auszuführende Leistung erhalten, führt er – unabhängig von der Ist- oder SollBesteuerung – die Umsatzsteuer aus der erhaltenen Anzahlung für den Voranmeldungszeitraum ab, in dem die Anzahlung geflossen ist. Der Leistungsempfänger macht dazu korrespondierend die Vorsteuer für den Voranmeldungszeitraum geltend, in dem die Anzahlungsrechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist. Dies erfolgt unter der Voraussetzung, dass er die spätere Leistung nicht für vorsteuerabzugsschädliche Umsätze verwenden will. Werden geplante Lieferung, Leistung oder innergemeinschaftlicher Erwerb entgegen der ursprünglichen Absicht – etwa bei Insolvenz oder Stornierung der Bestellung – nicht ausgeführt, führt dies sowohl beim leistenden als auch empfangenden Unternehmer zur Korrektur nach § 17 Abs. 2 UStG. Da die Korrektur jetzt an die Rückzahlung gekoppelt ist, kann sie in diesen Fällen für die Umsatz- und Vorsteuer erst dann durchgeführt werden, wenn auch die Anzahlung rückabgewickelt worden ist. Daher erfolgt die Minderung der Bemessungsgrundlage erst in dem Zeitraum, in dem die Anzahlung zurückgewährt worden ist. Praxishinweis: Dies hat zur Folge, dass ein Unternehmer die Anzahlung nicht bereits bei befürchtetem Ausfall der Anzahlung, sondern verbindlich erst mit einem erfolgten Geldfluss entsprechend zu korrigieren hat. AStW 2012/059 Fundstellen: BMF 9.12.11, IV D 2 – S 7333/11/10001, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 114193 BFH 2.9.10, V R 34/09, BFH/NV 11, 383 AStW 2012/060 Steuern kompakt § 4 EStG – Anlage EÜR für die Veranlagung 2011 Das BMF hat den für 2011 anwendbaren Vordruck für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG veröffentlicht. Das Schreiben enthält auch eine Anleitung und ein Muster für die Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen sowie für das zu führende Anlageverzeichnis für abnutzbares Anlagevermögen sowie das Verzeichnis für vom Sofortabzug ausgeschlossenes Umlaufvermögen. Der amtlich vorgeschriebene Datensatz ist für 2011 erstmals zwingend durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Bei Betriebseinnahmen unter 17.500 EUR darf der Steuererklärung anstelle des Vordrucks eine formlose Gewinnermittlung beigefügt werden. Insoweit wird auch auf die elektronische Übermittlung der EinnahmeÜberschuss-Rechnung verzichtet. Die sonstigen gesetzlichen Pflichten bleiben davon unberührt (BMF 21.11.11, IV C 6 – S 2142/11/10001, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 114080). §§ 4, 9 EStG – Neue Pauschalen für Auslandsreisen ab 2012 Die Pauschalbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen und Übernachtungskosten bei beruflich oder betrieblich veranlassten Auslandsreisen wurden für Reisetage ab 2012 neu festgesetzt. Sie gelten auch für Geschäftsreisen und die doppelte Haushaltsführung im Ausland. Änderungen haben sich für viele Länder ergeben, neue Städte sind hinzugekommen. Die Pauschbeträge für Übernachtungskosten sind allerdings bereits seit 2008 nur noch in den Fällen des steuerfreien Arbeitgeberersatzes anwendbar. Für den Werbungskosten- und Betriebsausgabenabzug sind die tatsächlichen Übernachtungskosten zu berücksichtigen (BMF 8.12.11, IV C 5 - S 2353/08/10006 :002, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 114227). § 4g EStG – Zweifel an Besteuerung bei Übertrag ins Ausland Die Regelung der Besteuerung von stillen Reserven, die aufgrund der Übertragung von Wirtschaftsgütern in ausländische Betriebsstätten gebildet werden, ist EU-rechtlich zweifelhaft. Da dies in Rechtsprechung und Literatur teilweise als unvereinbar mit der Niederlassungsfreiheit angese- AStW 2012/061 hen wird, hat das FG Köln nach summarischer Prüfung Zweifel an der Rechtmäßigkeit und die abschließende Entscheidung bleibt einem Hauptsacheverfahren vorbehalten (FG Köln 16.11.11, 10 V 2336/11, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120084). § 7g EStG – Ansparabschreibung für Wirtschaftsgüter im Ausland Eine Ansparabschreibung kann auch für Wirtschaftsgüter gebildet werden, die für eine ausländische Betriebsstätte angeschafft werden sollen. Das ist auch dann nicht ausgeschlossen, wenn die ausländischen Einkünfte im Inland steuerfrei bleiben. Sofern sie dem Progressionsvorbehalt unterliegen, kann die mindernde Wirkung bei der Berechnung des Steuersatzes angewendet werden. Beim neuen Investitionsabzugsbetrag ist hingegen gesetzliche Voraussetzung, dass ein Wirtschaftsgut in einer inländischen Betriebsstätte fast ausschließlich betrieblich genutzt wird (BFH 10.8.11, I R 45/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113951). § 7i EStG – Vorläufige Gewährung erhöhter AfA bei Baudenkmalen Der Schätzung des FA unterliegen alle im Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen. Unterlässt das FA die innerhalb der Schätzungsbefugnis vorzunehmende Prüfung, ob es beim Fehlen einer endgültigen Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde nach § 7i Abs. 2 EStG die gesetzlichen Voraussetzungen für den erhöhten Abzugsbetrag vorläufig als gegeben ansieht, bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des erhöhte Absetzungen ablehnenden Bescheids. Dann hat es das FA in unzutreffender Weise unterlassen, eine Ermessensentscheidung dahingehend zu treffen, ob und in welcher Höhe es einen Betrag schätzt. Ein Steuerbescheid kann auch vor dem Grundlagenbescheid erlassen werden (Sächsisches FG 14.11.11, 4 V 989/11, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 120085). § 32 EStG – Bescheinigung über Zeiten der Ausbildungssuche Einer von der Agentur für Arbeit für die Rentenversicherung erstellten Bescheinigung über Anrechnungszeiten der Ausbildungssuche kommt als öffentlicher Urkunde hinsichtlich des vermerkten Tages der Anmeldung AStW 2012/062 des Ausbildungssuchenden bei der Berufsberatung ein besonderer Beweiswert zu, der widerlegt werden kann. Die Bescheinigung der Ausbildungssuche ist allerdings nur ein Nachweis dafür, dass das Kind sich bei der Agentur für Arbeit als Ausbildungssuchender gemeldet hat, nicht jedoch dafür, dass es dies alle drei Monate erneuert. Lässt sich eine erneute Meldung bei der Berufsberatung in der Folgezeit nicht feststellen, kommt eine Berücksichtigung als Kind ohne Ausbildungsplatz nicht in Betracht (BFH 22.9.11, III R 30/08, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113953). Praxishinweis: Die Regelungen zur Berücksichtigung von ausbildungssuchenden Kindern in § 32 Abs. 4 Nr. 2c EStG gelten 2012 unverändert weiter. § 50a EStG – Abzug von Ausgaben von inländischen Lizenzeinnahmen Bei beschränkter Steuerpflicht wird die Einkommen- und Körperschaftsteuer im Wege des Steuerabzugs beim Vergütungsschuldner erhoben. Dabei können unmittelbar mit der wirtschaftlichen Tätigkeit im Inland zusammenhängende Aufwendungen berücksichtigt werden – auch bei Ausgaben für Lizenzgebühren, wenn das Lizenzrecht etwa für ein Recht zum Aufstellen von Automaten im Inland verwertet wird. Der erforderliche unmittelbare Zusammenhang von Aufwendungen und Inlandseinnahmen ist vom Vergütungsgläubiger in nachvollziehbarer Weise darzulegen (BFH 27.7.11, I R 32/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 113882). § 8 GewStG – Miete für Veranstaltungshaus ist hinzuzurechnen Ein Konzertveranstalter muss die Zahlung für die Anmietung von Konzertsälen und Stadien dem Gewerbeertrag nach § 8 Nr. 1e GewStG hinzurechnen. Zwar kommt bei kurzfristigen Hotel- und Kfz-Anmietungen keine Hinzurechnung in Betracht. Diese Ausnahme ist jedoch nicht auf die Säle übertragbar. Entscheidend ist, welche Bedeutung der angemietete Gegenstand für die Verwirklichung des Unternehmenszwecks hat. Bei Hotel und Kfz wird der Unternehmenszweck nur kurzfristig und mittelbar gestützt. Für Konzertveranstalter ist die Nutzung der Immobilie dauerhaft und dient zudem der unmittelbaren Verwirklichung des Unternehmens- AStW 2012/063 zwecks (Niedersächsisches FG 26.5.11, 10 K 290/10, Revision unter IV R 24/11, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 114280). UStDV – Übergangsfrist für Nachweise bei Auslandsumsätzen Durch die Zweite Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen wurden die Beleg- und Buchnachweispflichten in der UStDV als Voraussetzung der Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen an die Teilnahmepflicht am elektronischen Ausfuhrverfahren angepasst. Für die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen wurden neue Nachweisregelungen geschaffen. Die Änderungen wirken ab dem 1.1.2012. In beiden Fällen darf der Nachweis für bis zum 31.3.2012 ausgeführte Auslandslieferungen noch nach der Rechtslage 2011 erfolgen (BMF 9.12.11, IV D 3 S 7141/11/10003, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 114191).