Grosser Rat - beim Kanton Aargau

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Art. 1340
17. August 1999
99. Sitzung
17. August 1999, 10.00 Uhr
Vorsitzender:
Reinhard Gloor, Birr
Protokollführer:
Marc Pfirter, Staatsschreiber
Tonaufnahme/Redaktion:
Norbert Schüler
Präsenz:
Anwesend 183 Mitglieder
Abwesend mit Entschuldigung 17 Mitglieder
Entschuldigt abwesend: Abbühl-Hilfiker Hansruedi, Oberkulm; Binder Andreas, Baden;
Birri René, Stein AG; Böhlen Walter, Niederrohrdorf; Bron-Maurer Silvia, Schöftland;
Feldmann-Huggenberger Hans, Boniswil; Glur Walter, Glashütten; Guignard Marcel,
Aarau; Haber Johanna, Menziken; Hümbeli Urs, Hägglingen; Kaufmann Rainer,
Rupperswil; Kym-Mächler Eveline, Rheinfelden; Leitch Thomas, Hermetschwil-Staffeln;
Leoff Patricia, Hägglingen; Lüscher Edith, Staufen; Sacher Martin, Schinznach Dorf;
Wilhelm Anita, Neuenhof
Protokoll:
Die Protokolle der 90. und 91. Sitzung sind vom Büro genehmigt.
Vorsitzender: Ich begrüsse Sie herzlich zur 99. Ratssitzung
der laufenden Legislaturperiode.
3. Vom 14. Juli 1999 an das Eidg. Departement für Umwelt,
Verkehr, Energie und Kommunikation zum Entwurf der
Verordnung über die Abgabe zur Sanierung von Altlasten
(VASA).
1340 Mitteilungen
4. Vom 14. Juli 1999 an das Eidg. Departement für Umwelt,
Verkehr, Energie und Kommunikation zur Verordnung über
eine leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (SVAV)
und zur Verordnung über den Einbau von Geräten für den
Vollzug des Schwerverkehrsabgabegesetzes.
Vorsitzender: Anfangs Juli ereilte uns die Nachricht, dass
am 3. Juli 1999 Dr. Karl Albert Kuhn-Rüter, Rechtsanwalt,
Alt-Gemeindeammann und Alt-Grossrat, Wohlen, nach
langer Krankheit verstorben ist. Der Vater unseres
Ratsmitgliedes Margrit Kuhn gehörte dem Grossen Rat als
Mitglied der CVP-Fraktion von 1961-1977 an. Ihnen, Frau
Kuhn, Ihrer Mutter und den weiteren Angehörigen entbieten
wir unser herzliches Beileid. Ich bitte die Ratsmitglieder,
zum Gedenken an den Verstorbenen kurz innezuhalten! - Ich
danke Ihnen.
Zu weiteren Mitteilungen: Die Bedienung der
Mikrophonanlage
ist
ganz
im
Sinne
der
Gleichberechtigung - zur Hälfte in Frauenhand
übergegangen. Ich stelle Ihnen Frau Klara Stettler, Suhr,
vor, die diese Aufgabe anstelle von Herrn Max Künzli
übernommen hat und wünsche ihr Freude und Befriedigung
bei der Begleitung unseres Rates! Frau Klara Stettler, bitte
erheben Sie sich, damit wir Sie alle sehen und in Pflicht
nehmen können! (Heiterkeit und Beifall) Ende August wird
uns Herr Künzli nach einer gründlichen Einführung seiner
Nachfolgerin verlassen, und ich werde dannzumal
Gelegenheit haben, das Wirken von Herrn Künzli zu
würdigen.
Regierungsrätliche Vernehmlassungen an Bundesbehörden:
1.
Vom
7.
Juli
1999
Volkswirtschaftsdepartement
zur
Getreidegesetzes
und
zur
Landesversorgungsgesetzes.
an
das
Aufhebung
Änderung
Eidg.
des
des
2. Vom 14. Juli 1999 an das Eidg. Finanzdepartement zur
Verdoppelung der pauschalen Schwerverkehrsabgabe.
5. Vom 11. August 1999 an das Eidg. Justiz- und
Polizeidepartement zur Ausländerregelung 1999/2000;
Teilrevision der Verordnung über die Begrenzung der Zahl
der Ausländer vom 6. Oktober 1986 (BVO).
Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Beschlüsse des
Grossen Rates: Entscheid: Im Beschwerdeverfahren der
Brigitte
Blöchlinger,
Baden,
gegen
den
Genehmigungsbeschluss vom 11. Juni 1996 des Grossen
Rates betreffend Nutzungsplanung der Stadt Baden hat das
Verwaltungsgericht am 11. Dezember 1998 entschieden: In
teilweiser Gutheissung der Beschwerde werden der
Genehmigungsbeschluss des Grossen Rates vom 11. Juni
1996 in Bezug auf die Unterschutzstellung des Gebäudes
Nr. 1603 (Liegenschaft Mühlbergweg 14, Baden) und der
Einspracheentscheid des Regierungsrates vom 3. April 1996
vollständig aufgehoben, und die Beschwerdesache wird zu
neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an den
Regierungsrat zurückgewiesen.
Staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht: Gemäss
Mitteilung vom 16. Juli 1999 des Bundesgerichts hat René
Müller, Möhlin, am 9. Juli 1999 eine staatsrechtliche
Beschwerde betreffend die Aargauische Volksabstimmung
vom 13. Juni 1999 über "Gesetz über Massnahmen des
Finanzpaketes 1998 vom 9. März 1999" eingereicht. Sein
Antrag lautet: Dieser Beschluss der Stimmbürgerinnen und
Stimmbürger sei ungültig zu erklären und damit als
verfassungswidrig aufzuheben. Zur Wahrung der Rechte der
Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sei der Beschwerde
aufschiebende Wirkung zu erteilen.
2011
15. November 1994
Art. 770
Die Vernehmlassung erfolgt durch den Regierungsrat.
1341 Neueingänge
1. Schulen für Spital- und Gesundheitsberufe des Kantons
Aargau;
Jahresbericht
1998.
Geht
an
die
Gesundheitskommission.
2. Finanzpaket 1998; Dekret III über Massnahmen des
Finanzpakets 1998 (Schulgelder Lehrerbildungsinstitute);
Dekret
über
Kostenbeiträge
(Ausserkantonale
Lehrerbildungsinstitute). Vorlage des Regierungsrates vom
7. Juli 1999. - Geht an die Staatsrechnungskommission.
3.
Heroingestützte
Behandlung
schwerstabhängiger
Drogensüchtiger im Kanton Aargau. Vorlage des
Regierungsrates vom 7. Juli 1999. - Geht an die
Gesundheitskommission.
4. Interner Psychiatrischer Dienst Königsfelden (IPD);
Begegnungszentrum;
Neubau
und
Archäologische
Grabungen; Projektgenehmigung und Kreditbewilligung.
Vorlage des Regierungsrates vom 7. Juli 1999. - Geht an die
Gesundheitskommission.
5. Verwaltungsgebäude Behmen 2 Süd Aarau;
Unterbringung von
Teilen
der
Staatsverwaltung;
Genehmigung der Variante Miete und Bewilligung Kredit
für Mieterausbau. Vorlage des Regierungsrates vom 7. Juli
1999. - Geht an die Bau- und Planungskommission.
6. Döttingen: Kantonaler Nutzungsplan K284, Surbtalstrasse. Vorlage des Regierungsrates vom 7. Juli 1999. - Geht an
die Bau- und Planungskommission.
7. Kantonale Behindertendienste des Kantons Aargau;
Jahresbericht 1998. - Geht an die Gesundheitskommission.
8. Dekret über die Teilrevision des Steuergesetzes vom
15. Dezember 1998. Vorlage des Regierungsrates vom
14. Juli 1999. - Geht an die nichtständige Kommission Nr.
07 "Steuergesetz".
9. Muhen IO/AO; Eigentrassierung der WSB im Abschnitt
Schlüsselstrasse bis Gemeindegrenze Hirschthal mit
Teilausbau der K 208; Hochwasserschutz; Bewilligung
Zusatzkredite für die Eigentrassierung WSB und
Verpflichtungskredite für Hochwasserschutz/Renaturierung;
Kostenteilung. Vorlage des Regierungsrates vom 14. Juli
1999.
- Geht an die Verkehrskommission.
10. Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die
Krankenversicherung (EG KVG); Teilrevision, insbesondere
im Bereich der Prämienverbilligung; Ergänzung und
Änderung des Gesundheitsgesetzes; 2. Beratung. Vorlage
des Regierungsrates vom 14. Juli 1999. - Geht an die
Gesundheits-kommission.
11. Aargauische Beamtenpensionskasse; Genehmigung der
Teilrevision der §§ 2 und 3 der Statuten. Vorlage des
Regierungsrates vom 14. Juli 1999. - Geht an die
Staatsrechnungskommission.
12. Dekret über die Organisation der Schweizerischen
Bauschule Aarau (SBA). Vorlage des Regierungsrates vom
14. Juli 1999. - Geht an die Kommission für Erziehung,
Bildung und Kultur.
13. Aargauische Beamtenpensionskasse; Genehmigung der
Jahresrechnung 1998. Vorlage des Regierungsrates vom
14. Juli 1999. - Geht an die Staatsrechnungskommission.
14.
Änderung
des
Einführungsgesetzes
zum
Schweizerischen Zivilgesetzbuch (EG ZGB); Schaffung
einer Rechtsgrundlage für Zwangsmassnahmen im Rahmen
der fürsorgerischen Freiheitsentziehung. Vorlage des
Regierungsrates vom 4. August 1999. - Geht an die
Gesundheitskommission.
15. Änderung des Einführungsgesetzes zu den
Bundesgesetzen
über
die
Altersund
Hinterlassenenversicherung und die Invalidenversicherung
(EG AHVG/IVG); 2. Beratung. Vorlage des Regierungsrates
vom
4.
August
1999.
Geht
an
die
Staatsrechnungskommission.
1342 Motion Reinhard Keller, Seon, betreffend
Änderung von § 87 Abs. 2 der Verfassung des Kantons
Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Reinhard Keller, Seon, und 41 mitunterzeichnenden
Ratsmitgliedern wird folgende Motion eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat wird beauftragt, dem Grossen Rat eine
Vorlage betreffend folgende Änderung von § 87 Abs. 2 der
Verfassung des Kantons Aargau vorzulegen: "Er besteht aus
sieben Mitgliedern".
Begründung:
1. Seit 1948 wird der Kanton Aargau von fünf
Regierungsratsmitgliedern regiert. Damals zählte die
Wohnbevölkerung rund 200'000 Einwohnerinnen und
Einwohner. Heute leben rund 540'000 Menschen im
Kantonsgebiet. Damals wurde ein Staatsbudget von
1'096'000 Franken verwaltet, demgegenüber 1999 eines von
3,151 Mia. Franken. Schon diese Zahlen sagen viel über die
Entwicklung der Geschäftslast des Regierungsrates aus.
1998 erledigte er in 50 Sitzungen 2'503 Geschäfte.
2. Ein Vergleich der Kantone betreffend Einwohnerschaft
(1997) und Anzahl Regierungssitze ergibt folgendes:
Kanton
Einwohnerzahl
Regierungssitze
Zürich
1'200'000
7
Bern
941'000
7
Vaud
607'000
7
Aargau
532'000
5
St. Gallen
444'000
7
Genf
395'000
7
Luzern
342'000
7
Fribourg
228'000
7
Basel-Stadt
195'000
7
2012
99. Grossratssitzung vom 17. August 1999 (Vormittag) / 1. Entwurfexemplar vom 6. September 1999
Auch dieser Vergleich spricht für sich. Zudem ist
festzuhalten, dass in den Kantonen mit grösseren Städten
eine bessere Arbeitsverteilung stattfindet. Dort bilden
vollamtliche Stadtregierungen eine wesentliche Entlastung
Ein weiterer, gewichtiger Aspekt: Die Geschäfte des
Regierungsrates sind komplexer geworden, erfordern öfters
nationale und auch internationale Verhandlungen sowie
interdisziplinäre Absprachen. Die Information der
Öffentlichkeit durch persönliche Referate und vertiefte
Medienarbeit nimmt heute auch für die Regierung breiten
Raum ein.
der kantonalen Regierungstätigkeit. Die Stadtkantone Basel
und Genf befinden sich diesbezüglich in einer noch
günstigeren Situation.
Die Arbeitslast hat sich quantitativ und qualitativ massiv
vergrössert.
Der ganze Bereich der Betagtenbetreuung, namentlich die
Pflege, untersteht mit einem wesentlichen Anteil der
Finanzierung dem KVG. Damit wird auch das Thema der
Qualitätssicherung in den Vordergrund gerückt. Da die
Heime mit ihrem Anteil in der Pflege den Hauptteil ihrer
Finanzierung im Gesundheitssystem erarbeiten, wird es
besonders wichtig, dass in den verschiedenen Heimen, die
nicht mit einheitlichen Qualitätssicherungssystemen arbeiten
werden, mindestens vergleichbare und überprüfbare
Standards
in
der
Pflege
eingesetzt
werden.
Marktvergleichbarkeit in der Pflege und der dazugehörenden
Qualität wird erst dann hergestellt, wenn die
Markttransparenz durch standardisierte Prüfvergleiche nach
sauber und funktional zutreffenden Leistungsstandards
sichergestellt wird. Erst dann kann die Transparenz
geschaffen werden, die ein Marktsystem braucht, das diesen
Namen überhaupt verdient. Dass die Qualitätssicherung vor
allem zum Schutz der zu Pflegenden eingesetzt werden
muss, ist zentral. Und diese Leistung soll überprüfbar
gemacht werden.
3. Eine politische Dimension umschreibt Hans Fahrländer in
der AZ vom 3. Juni 1999: "Vielleicht böte die grössere Zahl
auch spannendere Konstellationen bei Ersatzwahlen,
könnten die Fälle solcher fürs Volk langweiligen, bereits an
einem Parteitag entschiedenen Einervakanzen reduziert
werden. Ein Siebnergremium ermöglicht jedenfalls mehr
Variationen für eine Mehrparteienregierung".
4. In jüngerer Zeit haben zwei Regierungsräte im besten
Alter ihre Funktion niedergelegt. Neben verständlichen
persönlichen Motiven lagen aber auch Anzeichen von
Überlastung und Kräfteverschleiss vor. Es ist zu vermuten,
dass das heutige Arbeitspensum eines noch so gut
organisierten Regierungsratsmitgliedes die zumutbaren
Grenzen der Arbeitsbelastung zu sprengen droht. Die
Regierungsaufgaben sind heute besonders vielfältig,
komplex und widersprüchlich, was eine sorgfältige,
geduldige
und
vertiefte
Auseinandersetzung
mit
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen
erfordert. Das scheint aus zeitlichen Gründen nur begrenzt
möglich zu sein. Weil wir auch im neuen Jahrtausend
weiterhin eine funktionsfähige Regierung dringend
benötigen, ist die Erhöhung des Rates von bisher fünf auf
sieben Mitgliedern erforderlich.
5. Zurzeit wird eine Parlamentsreform geprüft. Die
Überprüfung der Grösse, Struktur und Funktionsweise des
Regierungsrates soll und kann in diesen laufenden Prozess
der ganzheitlichen Betrachtungsweise eingebunden werden.
1343 Postulat Dr. Hans-Ulrich Gersbach, Baden,
betreffend Qualitätssicherung in der Betagtenpflege;
Einreichung und schriftliche Begründung
Von Dr. Hans-Ulrich Gersbach, Baden, und 37 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgendes Postulat
eingereicht:
Text:
Der Regierungsrat erarbeitet praktikable Vorschläge, mit
denen die Alters- und Pflegeheime regelmässig auf das
Einhalten von minimalen Standards in der Pflege überprüft
werden können. Gleichzeitig soll die Frage gelöst werden, in
welcher Form diese Prüfungen rechtlich institutionalisiert
werden können.
Begründung:
Das KVG wurde unter anderem eingeführt mit der
Begründung, dass im Gesundheitswesen mehr Markt
wirksam werden soll. Im gleichen Gesetz wird verlangt, dass
ein System der Qualitätssicherung eingeführt werden soll.
Im weiteren wird erwartet, dass die Leistungserbringer und
-bezahler die Grundlagen erarbeiten sollen, nach denen die
"professionellen Standards" für die Anwendung von
Qualitätssicherungssystemen eingesetzt und überprüft
werden sollen.
Denkbar wäre ein Vorgehen, das alle betroffenen Kreise in
einer Arbeitsgruppe zum Wort und Mitarbeiten kommen
lässt.
1344 Postulat Dr. Dragan Najman, Baden, vom
17. August 1999 betreffend sofortige Rückschaffung von
arbeitsfähigen Kosovo-Albanern; Einreichung und
schriftliche Begründung; Antrag auf dringliche
Behandlung; Ablehnung
Von
Dr.
Dragan
Najman,
Baden,
mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird
Postulat eingereicht:
und
8
folgendes
Text:
Der Regierungsrat möge veranlassen, dass alle
arbeitsfähigen Männer und Frauen ab ca. 16 Jahren, die als
sogenannte Kriegsvertriebene in die Schweiz gekommen
sind (und zum Teil unter diesem Titel immer noch kommen,
trotzdem der Krieg im Kosovo vorbei ist), umgehend in den
Kosovo zurückgeschickt werden, um am Aufbau ihres
Landes zu helfen. Sind Kinder unter 16 Jahren hier, darf
selbstverständlich eine Person pro Familie (im allgemeinen
werden das Frauen sein) zur Betreuung hier bleiben. Nach
einer bestimmten, noch festzulegenden Frist (die zum
Aufbau der Häuser oder Wohnungen als notwendig
befunden wird und die je nach Zerstörungsgrad verschieden
sein kann), sollen dann auch die übrigen Familienmitglieder
ohne Wenn und Aber zurückkehren müssen.
2013
17. August 1999
Art. 1341-1342
Falls die Rückführung von Kriegsvertriebenen in die
Kompetenz des Bundes fallen sollte (die Ausschaffung von
abgewiesenen "normalen" Asylbewerbern fällt ja in die
Kompetenz der Kantone), soll unser Regierungsrat im Sinne
des Postulats beim Bundesrat vorstellig werden.
In einem Schreiben des Erziehungsdepartementes an die
Gemeinderäte und Schulpflegen des Kantons Aargau vom
16. Juni 1999 stand auf S. 1 u.a. zu lesen, "dass der
Zeitpunkt der Rückkehr der Kriegsvertriebenen insofern
unbe-
Begründung:
stimmt sei, als zuerst die zerstörten Häuser und Wohnungen
wieder bewohnbar gemacht werden müssten, damit eine
Rückkehr der Familien zumutbar ist".
Mit andern Worten: Die im Land verbliebenen oder
zurückgekehrten Kosovo-Albaner (immerhin sind ca. 75-80
% der vor dem Krieg geflüchteten Albaner bereits wieder in
den Kosovo zurück gekehrt) sollen also den ins
Schlaraffenland Schweiz Geflüchteten ihre Häuser,
Wohnungen, Fabriken usw. wieder aufbauen (die in die
Schweiz geflüchteten Bauern werden selbstverständlich
verlangen, dass man ihnen auch ihre Felder bearbeitet und
sät, damit sie nur noch ernten müssen).
Die ohne Asylverfahren als sogenannte Kriegsvertriebene
vorläufig
aufgenommenen
Kosovo-Albaner
sollen
inzwischen hier im "warmen Schweizer Nest" bleiben und
sich auf grosszügigste Art und Weise verwöhnen lassen
können. Dazu gehören nebst einem grosszügigen
Taschengeld natürlich auch eine Schulung und Ausbildung,
die sie im Kosovo nie und nimmer erhalten würden, totale
ärztliche und zahnärztliche Sanierung (einem Schweizer
werden im allgemeinen von keinem Amt die Zahnarztkosten
bezahlt) usw. Ausserdem erhalten sie erst noch eine
grosszügige geldmäs-sige Entschädigung und Aufbauhilfe
im Kosovo, wenn sie irgendwann mal geruhen, unser
Gastland wieder zu verlassen.
Die hier Bleibenden sollen sich nicht wundern müssen,
wenn sie bei einer späteren Rückkehr in den Kosovo von
ihren dort verbliebenen oder bereits zurück gekehrten
Landsleuten nicht gern gesehen sein werden, wie dies
(verständlicherweise) bereits in Bosnien geschehen ist.
Vorsitzender: Der Postulant beantragt
Behandlung gemäss § 74 der Geschäftsordnung.
dringliche
Dr. Dragan Najman, Baden: Das Postulat über die sofortige
Rückschaffung
arbeitsfähiger
Kosovoalbaner
wird
eingereicht, weil wir gelesen haben, dass die sofortige
Rückkehr von Kosovo-Albanern nicht möglich sei, weil ja
im Kosovo noch alles zerstört sei. Das Postulat verlangt,
dass jene, die arbeitsfähig sind, also ab 16 oder 18 Jahren
aufwärts, sofort zurückkehren sollen, damit sie am Aufbau
mithelfen können. Wenn ihre eigenen Häuser dann wieder
aufgebaut sind, können sie ihre Familien nachziehen; nicht
dass dasselbe geschieht wie in Bosnien, wo die Leute
hiergeblieben sind und die dann, wie Sie alle wissen, sehr
unfreundlich aufgenommen wurden zu Hause, weil sie sich
eben hier in der warmen Schweiz niedergelassen hatten, bis
man ihre Wohnungen und Häuser wieder aufgebaut hatte.
Deshalb ist eine Dringlicherklärung nötig, damit das sofort
in Angriff genommen werden kann. In einigen Jahren ist
diese Sache nicht mehr aktuell. Ich bitte Sie deshalb um
Bewilligung der Dringlichkeit.
Ursula Padrutt-Ernst, Buchs: Ich bitte Sie, die Dringlichkeit
abzulehnen! Als Präsidentin der Subkommission der
Spezialverwaltungsgerichte haben wir am letzten
Donnerstag das Ausländerrekursgericht besucht und uns
2012
über die aktuelle Situation bezüglich Ausschaffung von
Kosovo-Albanern à fonds informieren lassen. Die Tatsachen
sind die folgenden: Im Moment ist der Flughafen in Pristina
nach wie vor geschlossen; es können keine Ausschaffungen
durchgeführt werden. Der einzige Flughafen ist in Belgrad;
es ist unzumutbar, dass man Kosovo-Albaner in serbisches
Gebiet ausschafft. Aus diesem Grund, auch wenn wir das
Postulat für dringlich erklären würden, sind momentan keine
Ausschaffungen möglich. Das ist ein Faktum. Es hat keinen
Sinn, solche Dringlicherklärungen durchzuführen, wenn die
Realität anders aussieht.
Dr. Dragan Najman, Baden: Einen Satz dazu: Die Leute
sind ja auch nicht per Flugzeug hierher gekommen, sondern
auf dem Schiff- und Landweg. Sie könnten auch auf
dieselbe Art zurückgeschafft werden; das hat überhaupt
nichts damit zu tun, ob der Flughafen in Kosovo, Moskau
oder Kuba offen ist. Hauptsache ist, dass man die
arbeitsfähigen Leute zurückschaffen sollte, und zwar sofort.
Katharina Kerr Rüesch, Aarau: Ich möchte auf Herrn Najman, von dem ich persönlich immer wieder sehr enttäuscht
bin, dass er mit solchen Vorschlägen kommt, nur einen Satz
sagen: Was er verlangt, ist gegen das internationale Recht;
dieses verlangt, dass, wenn Flüchtlinge ausgeschafft werden,
diese in ein sicheres Gebiet ausgeschafft werden. Es ist von
unseren Bundesbehörden, die dort waren, jedoch bekannt,
dass die Landwege mörderisch sind, und dass man deshalb
nicht ausschaffen kann.
Vorsitzender: Wir befinden über die Dringlichkeit. Ich bitte
um Aufnahme der Präsenz. Das Quorum liegt bei 110
Stimmen.
Abstimmung:
Für Dringlichkeit: 45 Stimmen.
Vorsitzender: Damit ist das Quorum von 110 Stimmen nicht
erreicht und Dringlichkeit abgelehnt.
1345 Interpellation Barbara Kunz-Egloff, Brittnau,
betreffend
Baubewilligungspraxis
bei
Mobilfunkantennen und Schutz der Bevölkerung vor
nichtionisierender
Strahlung;
Einreichung
und
schriftliche Begründung
Von
Barbara
Kunz-Egloff,
Brittnau,
und
40
mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende
Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes
beschert den Bewilligungsbehörden auf Gemeinde- und
Kantonsebene eine Flut von Baugesuchen für neue
Mobilfunkantennen.
Art. 1343-1344
Swisscom, DIAx und Orange kämpfen um Marktanteile und
um die Gunst der Handy-Benützerinnen und -Benützer. Die
neuen Netze erfordern in kürzester Zeit den Bau unzähliger
Basisstationen.
In verschiedenen Gemeinden regt sich heftiger Widerstand
gegen geplante Mobilfunkantennen, denn die betroffene
Bevölkerung fürchtet sich vor den schädlichen
Auswirkungen der nichtionisierenden Strahlung (NIS) und
hindert werden, dass die Netzbetreiber bereits vor
Inkrafttreten der NIS-Verordnung mit dem Bau neuer
Basisstationen vollendete Tatsachen schaffen, andererseits
will das UVEK die Befürchtungen der Bevölkerung und die
gemeldeten Gesundheitsschädigungen ernst nehmen.
Aufgrund dieser Tatsachen ist auch eine Verschärfung der
NISV durchaus denkbar.
In diesem Zusammenhang bitte ich den Regierungsrat,
folgende Fragen zu beantworten:
1. Ist der Regierungsrat auch der Meinung, dass die
Bevölkerung vor nichtionisierender Strahlung (NIS) und den
nachgewiesenen gesundheitsschädigenden Auswirkungen
(z.B. übermässige Erwärmung des menschlichen Körpers)
geschützt werden muss?
2. Wird im Kanton Aargau der NIS-Verordnungsentwurf
bereits jetzt als Beurteilungsgrundlage verwendet?
3. Werden die Vorgaben des Bundes bezüglich
Freihaltebereich und Immissionsgrenzwerte konsequent
eingehalten?
4. Ist der Regierungsrat bereit, bei auftretenden
gesundheitlichen
Beeinträchtigungen
im
konkreten
Einzelfall eine Gesundheitsabklärung vorzunehmen und
wenn nötig die Strahlenbelastung zu verringern (Antenne
entfernen), so wie dies der NISV-Entwurf vorsieht?
17. August 1999
macht ihren Anspruch auf Schutz vor "Elektrosmog"
geltend.
Auf Bundesebene hat das Departement für Umwelt,
Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) im Februar
den NIS-Verordnungsentwurf in die Vernehmlassung
geschickt und den Kantonen empfohlen, diesen bereits jetzt
als vorläufige Beurteilungsgrundlage anzuwenden und bei
den Baubewilligungen Zurückhaltung zu üben. Einerseits
soll
verAlarmstellenbetreiber von der Abteilung Feuerwehrwesen
über das Alarmierungsprojekt SMT 750 NT, das 5
Alarmregionen
vorsieht,
unter
dem
Titel
"Alarmstellenvision im Kanton Aargau" informiert. Zur
weiteren Abklärung wurden die Diskussionen über das
Projekt in Arbeitsgruppen weitergeführt. Anfangs Juli 1999
konnte man der Presse überraschenderweise entnehmen, es
sei ein völlig neues Konzept mit 2 von der KAPO
betriebenen Alarmstellen für den ganzen Kanton
vorgesehen. Die bisherigen Alarmstellenbetreiber wurden
gleichentags ebenfalls schriftlich orientiert.
In diesem Zusammenhang stellen sich nun verschiedene
Fragen:
1. Sind sich Regierung und AVA bewusst, dass die
vorgesehene Systemänderung gravierende Auswirkungen
auf die bisherigen Alarmstellenbetreiber hat und nicht nur
ein Prob-lem technischer, sondern auch existenzieller Art
ist? Ist auch bekannt, dass die heutigen Alarmstellen in
ihrem
24-Stundenbetrieb
auch
andere
Alarmierungsaufgaben wahrnehmen, die sie nachher kaum
mehr weiterführen könnten?
2. Ist man bereit, einvernehmliche, evtl. auch gestaffelte
Lösungen zu suchen und allenfalls auf das ursprünglich
vorgesehene Konzept zurückkommen?
5. Kann davon ausgegangen werden, dass in den
entsprechenden Bewilligungsverfahren die Freihaltebereiche
auch für bereits existierende, aber noch nicht überbaute
Bauzonen festgelegt werden?
3. Wie wird bei einem "Kantonsmonopol" sichergestellt,
dass die Gemeinden resp. ihre Feuerwehren nicht einfach
einem Anschlusskostendiktat ausgeliefert sind? Werden
analog dem Submissionsdekret auch Alternativofferten bei
andern möglichen Betreibern eingeholt?
6. Welche Mittel setzt der Kanton ein, um die im Bundesamt
für
Kommunikation
BAKOM
vorgesehene
Koordinationspflicht für Mobilfunkantennen bereits jetzt
umzusetzen?
4. Wie kann man mit einer einzigen zentralen Anlage
sicherstellen, dass bei einem flächendeckenden Ereignis alle
Anrufer innerhalb kürzester Frist bedient werden und das
System nicht zusammenbricht?
7. Wie viele Antennen sind im Kanton bereits gebaut? Wie
viele geplant?
5. Bringt das neue System für die Feuerwehren insgesamt
einen Mehraufwand finanzieller und organisatorischer Art?
Wie
verhält
es
sich
beispielsweise
bezüglich
Funkunterstützung und Nachalarmierungen?
1346 Interpellation Urs Locher, Zofingen, betreffend
Alarmierungskonzept für die Feuerwehren im Kanton
Aargau; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Urs Locher, Zofingen, und 16 mitunterzeichnenden
Ratsmitgliedern wird folgende Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Bis heute erfolgte die Alarmierung der Feuerwehren im
Kanton Aargau über 3 ausserkantonale und 15
kantonsinterne
Alarmstellen
mit
unterschiedlichem
Ausbaustandard. Im Januar und März 1999 wurden die
6. Weshalb sind betroffenen Alarmstellenbetreiber, die sich
seit einiger Zeit in Arbeitsgruppen mit der Materie
befassten, nicht frühzeitig über diese entscheidende
Konzeptänderung orientiert worden? Wieso wurde keine
Vernehmlassung durchgeführt?
1347 Interpellation Dr. Dragan Najman, Baden,
betreffend Missbrauch unseres Asylwesens, insbesondere
Fürsorgeleistungen an Asylbewerber und Instanzenweg
für Asylbewerber; Einreichung und schriftliche
Begründung
2013
17. August 1999
Art. 1345
Von Dr. Dragan Najman,
Interpellation eingereicht:
Baden,
wird
folgende
Text und Begründung:
In der Aargauer Zeitung vom 30. Juli 1999 stand zu lesen,
dass eine Kurdenfamilie weggewiesen worden sei, weil für
sie bis zu 400'000 (in Worten vierhunderttausend)
Schweizerfranken an Fürsorgezahlungen pro Jahr (!)
angefallen seien (und dies nur für die Eltern plus drei noch
nicht erwerbstätige Kinder!). Wohl nicht nur mich, sondern
wahrscheinlich auch alle andern Leute, die noch nicht
vollends mit pseudohumaner Blindheit geschlagen sind, hat
Ich bitte deshalb den Regierungsrat um Beantwortung
folgender Fragen:
1. Wie oft ist es in den letzten 10 Jahren im Aargau
vorgekommen, dass für eine Asylantenfamilie mehr als Fr.
100'000.-- pro Jahr an Fürsorge- oder anderen öffentlichen
Geldern ausgegeben werden mussten und wie hoch waren
diese jeweils?
2. Was wurde in solchen Fällen getan?
3. Wie oft kam es
Schweizer Familien
Jahr an Fürsorgeausgegeben werden
jeweils?
in demselben Zeitraum vor, dass für
ebenfalls mehr als Fr. 100'000.-- pro
oder anderen öffentlichen Geldern
mussten und wie hoch waren diese
In demselben Zusammenhang möchte ich noch einige
Fragen stellen, die sich das Schweizervolk und auch eine
sehr grosse Anzahl hier lebender Ausländer wohl schon oft
gestellt haben: Als das Schweizervolk 1987 über die
Totalrevision des Asylwesens abstimmen konnte, hiess es in
der Vorlage, dass ein Asylgesuch zuerst bei den Kantonen
behandelt würde und dieser Entscheid dann noch vor eine
Bundesinstanz weiter gezogen werden könne. Die
Stimmbürgerinnen und Stimmbürger waren wohl sicher,
dass es sich also um zwei Untersuchungsinstanzen handeln
werde: 1. Instanz Kanton, 2. Instanz Bund - Basta.
Die Wirklichkeit sieht aber offenbar anders aus. Nach dem
angeblich "letzten" Entscheid des Bundes folgen x
Beschwerden,
Rekurse,
Wiederewägungsgesuche,
Untersuchungen über Zumutbarkeit der Ausschaffung,
Härtefälle, usw. usf. Und zum Schlimmsten: Nach der
angeblich endgültig letzten Ablehnung eines Asylgesuchs
beginnt dieses Rekurs-, Beschwerdespiel von vorne, um die
längst fällige Ausschaffung zu verhindern. Die
unverschämtesten unter den Asylanten bringen es auf diese
Weise fertig, über Jahre hinweg das Asylrecht der Schweiz
zu missbrauchen.
Schliesslich kommen pseudohumane Leute und behaupten,
nach 4, 5 oder mehr Jahren könne man doch diese "armen"
Leute nicht mehr nach Hause schicken, sie seien ja schon
sooo gut in der Schweiz integriert, wenn nicht geradezu
assimiliert.
Ich bitte deshalb den Regierungsrat um Beantwortung
folgender Fragen:
4. Wie viele Möglichkeiten hat ein Asylant bzw. dessen
dabei sehr gut profitierender Anwalt, wenn er alle
Möglichkeiten bis zum letzten ausschöpft. Ich bitte um eine
lückenlose Aufzählung aller Möglichkeiten inkl. den
offenbar möglichen Rekursen/Beschwerden usw. nach der
2014
diese Meldung und alles was damit im Zusammenhang
steht, erschüttert. Befremdend war auch die Mitteilung, dass
die Ausweisung bereits im Jahr 1997 verfügt worden sei, die
Familie aber erst zu Jahresbeginn 1999 definitiv ausreisen
musste, nachdem sie offenbar wiederum alle möglichen
Beschwerdemittel ausgeschöpft hatte (von "Rechts"-mitteln
möchte ich hier nicht sprechen, denn ein solches "Recht"
gibt es weltweit wahrscheinlich nur in der Schweiz). Ausserdem wurde für einen sich in einer Anlehre befindlichen
Sohn nochmals eine weitere Aufenthaltsverlängerung
bewilligt.
"endgültigen" Abweisung, d.h. wirklich bis zur endgültigen
Abreise bzw. Ausschaffung?
5. Wie lange geht es im Mittel, bis ein endgültig
abgewiesener Asylant wirklich abreist bzw. untertaucht (was
ja bekanntlich in der grossen Mehrzahl der Abweisungen der
Fall ist)?
6. Gibt es im Fall von kriminellen Asylanten die
Möglichkeit einer Verkürzung der Verfahren. Wenn ja, wie
sieht ein solches "abgekürztes" Verfahren aus?
7. Welche Meinung vertritt der Regierungsrat, wenn - wie
im vorliegenden Fall - gewisse (bzw. in diesem Fall eher
gewissenlose) Pseudohumanisten eine offenbar mehr als
gerechtfertigte und überfällige Ausschaffung hintertreiben
wollen?
Ebenfalls in der AZ stand Anfang August zu lesen, dass der
letzte dieser berüchtigten Kurdenfamilie, der 22-jährige P,
der
wegen
seiner
Anlehre
eine
weitere
Aufenthaltsverlängerung erhalten hatte und am 31. Juli 1999
hätte ausreisen müssen, an eben diesem Tag mit einem
Nasenbeinbruch ins Kantonsspital hatte eingeliefert werden
müssen (!!!). In diesem Zusammenhang habe ich noch
folgende Fragen an den Regierungsrat:
8. Was war der Grund für diesen Nasenbeinbruch? Man
kann sich ja die Nase selber an einem entsprechenden
Gegenstand anschlagen oder einen Freund bitten, dies zu
tun, eventuell gegen gutes Entgelt, da man ja bei unseren
Behörden damit rechnen kann, noch weitere unabsehbare
Zeiten gutes Geld und weitere Vergünstigungen zu erhalten.
In diesem Zusammenhang habe ich noch folgende
Zusatzfragen:
8.1 Wer trägt die Kosten in diesem speziellen Fall (Arzt-,
Spitalkosten,
wahrscheinlich
mehrmonatige
Arbeitsunfähigkeit usw.)?
8.2 Wer trägt die erwähnten Kosten ganz allgemein, wenn
Ausländer, insbesondere Asylbewerber (die ja im
allgemeinen ihre Krankenkassenprämien nicht selber
bezahlen müssen), bei Schlägereien, selbstverschuldeten
Unfällen usw. verletzt oder getötet bzw. invalid werden?
8.3 Wie oft musste in den letzten 10 Jahren in solchen Fällen
(wie in 8.1 und 8.2 beschrieben) die Allgemeinheit, d.h. die
Steuerzahler via AHV, IV, Fürsorgegelder usw. finanziell
einspringen:
8.3.1 bei Ausländerinnen und Ausländern
8.3.2 bei Schweizerinnen und Schweizern
Art. 1346-1347
9. Wie lange kann P. jetzt weiter in der Schweiz bleiben?
(Bei Sportarten, z.B. im Fussball, geschieht es ja des öfteren,
dass ein Spieler einen Nasenbeinbruch erleidet. In solchen
Fällen erfolgt die Behandlung meistens ambulant und nach
höchstens 1 Woche ist der Verletzte wieder zu Hause, wenn
er nicht gar mit der Mannschaft gleichentags wieder nach
Hause fährt).
17. August 1999
10. Kann P. jetzt das Spielchen mit den
Rekursen/Beschwerden usw. von vorne beginnen, kräftig
unterstützt von dubiosen sogenannten Hilfswerken,
Pseudohumanisten, weiteren Personen mit ähnlicher
Gesinnung und natürlich Anwälten, welch letztere
selbstverständlich dabei nochmals kräftig abkassieren?
11. Wer zahlt ganz allgemein, also nicht nur in diesem
speziellen Fall, die Kosten für die erwähnten unzähligen
Verfahren inkl. Anwaltskosten? Wenn der Staat ein solches
Rekurs-, Beschwerde-, Rückkommens- usw. - Verfahren
ausnahmsweise einmal verliert, muss natürlich der
Steuerzahler dafür aufkommen. In den allermeisten Fällen
werden diese Verfahren jedoch abgewiesen. Da diejenigen
Asylbewerber, die sich ihren Unterhalt nicht mit
Drogenhandel oder anderen Strafhandlungen ergaunern, im
allgemeinen über wenig Geld verfügen (sollten), werden sie
diese enormen Kosten, welche jahrelanges Prozessieren
kostet, sicher nicht selber bezahlen können. Gehe ich Recht
in der Annahme, dass diese Gerichts-, Anwaltskosten usw.
ebenfalls
vom Staat, d.h. von uns Steuerzahlern, bezahlt werden
müssen?
"Volksvertrerinnen" am 24. Oktober hoffentlich die
Rechnung präsentieren.
12. Wenn angeblich mittellose letztinstanzlich abgewiesene
Asylbewerber vielleicht doch einmal wirklich ausreisen und
noch offene Rechnungen vor allem für die erwähnten
Rekurse-, Beschwerde-"Spielchen" usw. bestehen, dürfen
sie dann ihre hier (womöglich ehrlich) erworbenen
Luxusgegenstände wie Autos, Fernseher, Videogeräte usw.
frischfröhlich - womöglich per Flugzeug - mitnehmen oder
werden diese dann zumindest in Zahlung für die Schulden
zurück behalten, damit die Steuerzahler doch etwas entlastet
werden?
Ich bin der Meinung, dass es nun allerhöchste Zeit ist, dass
unsere Behörden, nicht nur der Regierungsrat, sondern auch
die Bundesbehörden, energische und vor allem glaubhafte
Schritte unternehmen, um zum mindesten die allerschlimmsten Asylmissbräuche zu beseitigen. Denn sonst wird
einerseits unser Land mit unserer traditionell humanen
Asylaufnahme vollends unglaubwürdig und zu einem noch
grösseren Magneten für AsyIschmarotzer aus der ganzen
Welt und andererseits besteht die grosse Gefahr, dass unser
überaus
gutmütiges
Schweizervolk
einmal
doch
"explodiert".
Begründung, soweit im Text nicht bereits erwähnt: Wie im
Text der Interpellation bereits erwähnt, haben der grösste
Teil der Schweizer sowie der hier ansässigen Ausländer,
aber ebenfalls die vielen sich anständig benehmenden
Asylbewerber nachgerade die Nase voll von solchen krassen
Asylmissbräuchen, die hin und wieder an die Öffentlichkeit
gelangen. Festzuhalten ist, dass es sich hier - wie bei den
meisten Straftaten oder Unregelmässigkeiten - wohl nur um
die Spitze des Eisbergs handelt. Der hier beschriebene Fall
hat das Fass aber endgültig zum Überlaufen gebracht, was
nicht nur diverse Leserbriefe von "gewöhnlichen" Leuten
beweisen sondern insbesondere derjenige von einem von P's
früheren Lehrern, dem uns allen bestens bekannten Erwin
Meier, Wohlen (ich kann wohl als sicher annehmen, dass es
sich dabei um den langjährigen Grossrat handelt). Ich
glaube, keine nur halbwegs ehrliche Person wird Herrn
Meier auch nur die geringsten fremdenfeindlichen oder
rassistischen Vorwürfe machen, wie dies in ähnlichen Fällen
aus dem sozialistisch-marxistischen Topf jeweils genannt
wird.
Ausserdem möchte ich daran erinnern, dass P. anscheinend
schriftlich versprochen hat, nach der Anlehre bzw. nach
einem selbstverschuldeten Abbruch derselben unser Land
unverzüglich zu verlassen. Ich stelle hier die rhetorische
Frage, ob gegebene Versprechen nur von Schweizerinnen
und Schweizern eingehalten werden müssen.
Dass zwei Nationalrätinnen der SP bzw. der Grünen es sich
erlauben, in einem so krassen Fall von Asylmissbrauch zu
intervenieren und die Frechheit haben, zu behaupten, dieser
"arme" P. "sei einem Unrechtsregime ausgeliefert", wirft ein
überdeutliches Bild auf die Gesinnung dieser beiden
"Damen". Sind sich Agnes Weber und Katrin Kuhn
eigentlich bewusst, dass sie mit dieser Aktion den vielen
anständigen Asylbewerbern und auch solchen, die noch
kommen werden, einen Bärendienst erweisen? Die
Stimmbürgerinnen und Stimmbürger werden diesen beiden
1348 Interpellation Josef Winter, Kaisten, betreffend
Abbau des "Service public" auf den Fricktaler
Bahnhöfen; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Josef Winter, Kaisten, und 27 mitunterzeichnenden
Ratsmitgliedern wird folgende Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Die Zukunft der Fricktaler Bahnhöfe scheint ungewiss.
Gemäss einem internen Informationsschreiben an die
Mitarbeiter der Bahnhöfe von Frick und Möhlin werden die
Betroffenen aufgefordert, sich auf dem Stellenmarkt der
SBB umzusehen. Ihre bisherigen Stellen würden auf den 1.
Juni 2000 aufgehoben. Die Fricktaler Bevölkerung ist
empört über das Vorgehen der SBB, das nebst anderen,
folgende Fragen aufwirft:
1. Ist die Regierung des Kantons Aargau durch die SBB
über die gravierenden Bahnreformen informiert worden?
2. Wenn ja: Wann und wie ist die Information erfolgt? Wie
hat die Regierung dazu Stellung genommen? Wenn nein:
Wären der Kanton und die Gemeinden als Mitfinanzierer
des öffentlichen Verkehrs nicht sehr berechtigt, ein
Mitspracherecht bei solchen Entscheidungen zu verlangen?
3. Teilt die Regierung die Meinung, dass das Vorgehen der
SBB jegliches Einfühlungsvermögen vermissen lässt? Dies
gilt sowohl gegenüber den betroffenen Angestellten, als
auch gegenüber der Bevölkerung des Fricktals.
4. Aus dem Vorgehen der SBB lässt sich kein Konzept
erkennen. Falls es doch ein solches gibt, stellen sich weitere
Fragen: Welches sind die Kriterien des Konzeptes? In
2015
17. August 1999
welchem Zeitrahmen soll es umgesetzt werden? Welches
Ziel soll damit erreicht werden?
Der öffentliche Verkehr im Fricktal und insbesondere im
Raum Frick, ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Die
steigenden teuerungsbereinigten Verkaufszahlen des
Bahnhofes in Frick beweisen dies. Das jährliche Wachstum
von 5 % ist umso erfreulicher, wenn man bedenkt, dass die
begrenzte Öffnungszeit des Bahnhofes (06.00 - 20.15 Uhr)
für ein Einzugsgebiet mit rund 35'000 Einwohnern an der
unteren Grenze liegt. Noch berechtigter ist die Feststellung,
wenn man weiss, wie gut die Bahnlinie mit
Schnellzughalten in Frick und Rheinfelden und die fünf
Art. 1347
Postautolinien mit einem Halbstundentakt nach Aarau aus
der Region benützt werden. Weiter hat sich die Gemeinde
Frick in den letzten Jahren am Ausbau der
Bahnhofumgebung mit ca. 5 Mio. Franken beteiligt. Ebenso
wurde recht viel Wohnraum geschaffen. Diese erfreuliche
Entwicklung darf nicht durch einen schleichenden Abbau
des "Service public", bedingt durch den Abbau von
qualifiziertem Personal, gestoppt werden. Meine
Ausführungen gelten sinngemäss auch für Möhlin und die
weiteren, heute noch mit Personal besetzten Bahnhöfe im
Fricktal. Die Bevölkerung zählt deshalb auf die
Unterstützung der Regierung für den Erhalt des heutigen
Standards im öffentlichen Verkehr.
Jahr 1999494 Haushalte resp. 1'024 Personen
von dieser Klausel betroffen.
Zu Frage 5: Nein.
1349 Interpellation Beatrice Bolliger-Sahli, Rothrist,
vom 23. März 1999 betreffend Grenze der
auszuzahlenden
KVG
Prämienverbilligungen;
Beantwortung; Erledigung
(vgl. Art. 1148 hievor)
Antwort des Regierungsrates vom 16. Juni 1999:
Zu Frage 1: Die Grenze von Fr. 120.-- entstammt
betriebswirtschaftlichen Überlegungen, welche auf dem
Auszahlungsprozess basieren. Die Auszahlung der
Prämienverbilligung folgt grundsätzlich pro Monat / Person,
somit macht bei einem Verbilligungsanteil von jährlich
Fr. 120.-- die monatliche Auszahlung Fr. 10.-- aus. Bei der
Festlegung der Grenze war dieser Betrag massgebend, da
der Gesetzgeber die Meinung vertritt, dass die Auszahlung
kleinerer Beträge und der damit verbundene Aufwand
(Bearbeitungsaufwand,
Aufwand
für
Auszahlung,
Mutationsaufwand bei Kassenwechsel des Betroffenen
usw.), welcher zu Lasten der öffentlichen Hand (der
Steuerzahler) geht, in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen.
Zu
Frage
2:
Die
Auszahlung
des
Prämienverbilligungsbetrages löst im Wesentlichen folgende
wichtigste Arbeitsschritte pro Auszahlung aus:
- Mutationen;
- Auszahlung allfälliger Restguthaben an versicherte
Personen, welche den Versicherer wechseln;
- Meldung an den ASVA von betroffenen Versicherten,
welche ins Ausland wegziehen;
- Portospesen;
Abwicklungsund
EDV-Spesen
für
die
Zahlungsdurchführung.
Zu Frage 3: Es ist mit folgenden Minderaufwendungen zu
rechnen:
Minderaufwendungen bei den Auszahlungen 1998
Fr. 25'770.-Minderaufwendungen bei den Auszahlungen 1999
Fr.32'430.-- (Schätzung)
Zu Frage 4: Von jenen Bürger und Bürgerinnen, die einen
Antrag eingereicht haben, waren im
Jahr 1998416 Haushalte resp. 880 Personen
2016
Vorsitzender: Mit Datum vom 3. Juli 1999 hat sich die
Interpellantin gemäss § 84 Abs. 2 GO schriftlich von der
Antwort des Regierungsrates nicht befriedigt erklärt. Sie
verzichtet auf Traktandierung. Das Geschäft ist erledigt.
Art. 1348
1350 Interpellation Urs Hümbeli, Hägglingen, vom
16. März 1999 betreffend Behandlung der SD-Motion,
Änderung des § 4 des Unvereinbarkeitsgesetzes; Beantwortung; Erledigung
(vgl. Art. 1127 hievor)
Antwort des Regierungsrates vom 14. Juli 1999:
Die Gründe für die Verzögerung bei der Bearbeitung sind in
der Stellungnahme des Regierungsrates vom 14. Juli 1999
zur Motion der SD-Fraktion betreffend Änderung von § 4
des Unvereinbarkeitsgesetzes dargelegt. Der Regierungsrat
verweist auf die entsprechenden Ausführungen.
Vorsitzender: Mit Datum vom 23. Juli 1999 hat sich der
Interpellant gemäss § 84 Abs. 2 GO schriftlich von der
Antwort des Regierungsrates befriedigt erklärt. Das
Geschäft ist erledigt.
1351 Zur Traktandenliste
Vorsitzender: Ich bitte Sie, von folgenden Bemerkungen
betreffend der Geschäftslast Kenntnis zu nehmen: Nach
einer ruhigeren Phase haben wir nun zwangsläufig ein
volles, sehr volles Programm. Zusätzlich haben wir am
1353 Aargauische Volksinitiative "Lehre statt Leere!
(Für genügend Ausbildungsplätze und den Erhalt der
Berufswahlschulen)"; Gültigerklärung in formeller und
materieller Hinsicht; Empfehlung zu Handen des Volkes
auf Ablehnung ohne Gegenvorschlag
(Vorlage vom 2. Juni 1999 des Regierungsrates)
Vorsitzender: Auf der Regierungsbank begrüsse ich herzlich
Herrn Ady Bütler, Chef Amt für Berufsbildung.
Dr. Daniel Heller, Aarau, Präsident der Kommission
Erziehung, Bildung und Kultur: Die EBK hat sich am 22.
Juni 1999 mit der Aargauischen Volksinitiative "Lehre statt
Leere - für genügend Ausbildungsplätze und den Erhalt der
Berufswahlschulen" befasst.
Im Grundsatz teilt die Kommission die hauptsächlichsten
Anliegen des Initiativkomitees, nämlich die Sorge um das
Gelingen des Berufseinstiegs für möglichst alle jungen
Leute, die eine Berufslehre absolvieren wollen und sich
auch dafür eignen. Mit den von der Initiative
17. August 1999
24. August die traditionellen Fraktionsausflüge; diese sind
wichtig. Ich bin der letzte, der das Gegenteil behaupten will.
Ich bin jedoch der Meinung, wir sollten uns Gedanken
darüber machen, ob diese Ausflüge nicht besser vor die
Sommerferien zu verlegen seien, weil in dieser Phase in der
Regel weniger Geschäftslast besteht. Ich bitte Sie, sich in
den Fraktionen darüber Gedanken zu machen; ich werde das
Problem meinerseits im Büro einbringen. Bedingt durch
diese Geschäftslast müssen wir die Behandlung strukturieren
und haben heute jene Geschäfte traktandiert, die dem
obligatorischen Gesetzesreferendum unterstehen und die
daher bewältigt werden müssen; das ist der Hintergrund der
Traktandenliste. Dazu liegen keine Wortmeldungen vor. Die
Traktandenliste ist so genehmigt.
1352 Nils Graf, Frick, und Patricia Schreiber-Rebmann,
Wegenstetten; Inpflichtnahme als Mitglieder des Grossen Rates
Es werden folgende neue Mitglieder des Grossen Rates in
Pflicht genommen:
- Nils Graf, Frick (anstelle von Marianne Herzog-Ernst,
Oberhof)
- Patricia Schreiber-Rebmann, Wegenstetten (anstelle von
Thomas Bretscher, Zeiningen)
vorgeschlagenen etatistischen Wegen und Lösungen konnte
sie sich jedoch mehrheitlich nicht anfreunden, sondern folgt
den Überlegungen und Lösungsansätzen, welche die
regierungsrätliche Botschaft aufzeigt. Die Überbürdung
einer derart weitgehenden Verantwortung für die
Berufsbildung an den Kanton wäre ein Bruch mit dem
bisherigen dualen System, dessen Vorzüge von allen Seiten
unbestritten sind. Weder Regierungsrat noch die
vorberatende Kommission dieses Hauses (EBK) wollen die
Wirtschaft aus der Verantwortung der Lehrlingsausbildung
entlassen. Dieser Haltung liegt die Auffassung zu Grunde,
dass weder mit staatlichen Fonds noch mit Lehrwerkstätten
die bestehenden Probleme im Lehrstellenbereich
ordnungspolitisch befriedigender als bis anhin gelöst werden
könnten.
In der Kommission wurde vor einer Überforderung des
Staates gewarnt. Wiederholt wurde auch darauf
hingewiesen, dass die wirtschaftliche Situation, in der die
Initiative eingereicht worden war, doch eine wesentlich
andere gewesen ist. Beeindruckt war die EBK insbesondere
auch durch die Palette der vom ED auf Grund der bisherigen
Zuständigkeit subsidiär seither ergriffenen Massnahmen zur
Verbesserung der Situation im Lehrstellenbereich. Diese
Massnahmen sind denn auch nicht ohne positive Wirkung
geblieben. Sie sind auf den Seiten 10 bis 13 der
regierungsrätlichen Botschaft dargelegt.
Wir haben heute nicht zu wenig Lehrstellen, sondern die
falschen. Die Situation widerspiegelt die strukturellen Probleme, in welchen sich die Wirtschaft seit einigen Jahren
befindet. Es fehlen vor allem im Dienstleistungsbereich
Lehrstellen. Im Kanton Aargau sind letztes Jahr rund 500
Lehrstellen unbesetzt geblieben. Für leistungsschwache
Schulabgängerinnen
und
Schulabgänger
wurden
beispielsweise dieses Jahr 35 Plätze als Betriebspraktiker
2017
17. August 1999
geschaffen. Bis jetzt haben sich jedoch
Bewerberinnen und Bewerber gemeldet.
Art. 1349-1352
erst
20
Die Kommission verzichtet darauf, Ihnen die Ausarbeitung
eines oder mehrerer Gegenvorschläge zu beantragen. Die
vom Regierungsrat in seiner Botschaft aufgezeigten
Massnahmen und Lösungswege für einzelne Probleme sind
realistischer und effizienter als die Forderungen der Initiative.
Die vom Regierungsrat unterbreitete Botschaft geht
ausführlich auf die Anliegen der Initiative ein, bietet nach
Auffassung
der
Kommissionsmehrheit
gute
Entscheidgrundlagen und zeigt effiziente und finanziell
machbare Massnahmen auf. Diese mehr als ausreichenden
materiellen Grundlagen für die Entscheidfindung bewogen
die Kommission auch dazu, auf eine Anhörung der
Initianten zu verzichten. Ein ensprechender Antrag wurde
nicht gestellt.
Eintreten war unbestritten. Die Kommission Erziehung
Bildung und Kultur wird Ihnen beantragen, den Anträgen
des Regierungsrates zu folgen.
Haltung der EBK zu den einzelnen Initiativforderungen: Die
Kommission hat die von der Initiative zur Diskussion
gestellten zwei Problembereiche und Forderungen wie folgt
beurteilt:
Absatz 3 der Initiative:
Mit der Formulierung "... der Kanton sorgt ... für eine
ausreichende Zahl von Ausbildungsplätzen..." wird in letzter
Konsequenz die Verstaatlichung des Lehrlingswesens
stipuliert. Zwar ist weiterhin von einer Zusammenarbeit mit
der Wirtschaft die Rede, letztlich bliebe aber die
Verantwortung dafür beim Staat. Eine Gesetzesvorlage
müsste der absoluten Formulierung "sorgt für..." Rechnung
tragen. Und wenn sich die Wirtschaft aus dieser
Verantwortung abmelden würde, hätte der Staat, um dem
Verfassungsauftrag nachzukommen, alleine alle dazu
nötigen Massnahmen zu treffen. Das ging der
Kommissionsmehrheit entschieden zu weit.
Absatz 4 der Initiative:
Er fordert die Verankerung der Berufswahlklassen in der
aargauischen Verfassung. Die EBK war sich mit der
Regierung
einig,
dass
eine
Verankerung
der
Berufswahlklassen auf Verfassungsstufe weder nötig noch
sinnvoll ist. Mit der Schulgesetzrevision sind diese Klassen
bereits auf Gesetzesstufe verankert. Ihre Abschaffung
bedürfte einer Gesetzesänderung, somit eine obligatorische
Volksabstimmung. Damit würde ihre Verankerung auf
Verfassungsstufe keine höhere Hürde für eine
Infragestellung oder Abschaffung bewirken.
Die Kommission konnte sich davon überzeugen, dass der
öffentliche Druck und nicht zuletzt auch diese Initiative
dazu beigetragen haben, dass der Kanton - im vorliegenden
Fall insbesondere das Amt für Berufsbildung unter Herrn
Ady Bütler - subsidiär und in Zusammenarbeit mit der
Wirtschaft - zahlreiche Massnahmen erfolgreich lanciert und
umgesetzt hat. Die Botschaft gibt darüber Auskunft und ich
denke, der Herr Erziehungsdirektor wird sie hier noch
einmal skizzieren.
Der Vorschlag, dass die Kommission dem Rat einen Antrag
auf Ausarbeitung eines Gegenvorschlags unterbreiten sollte,
wurde in der EBK verworfen. Es sollte die Formulierung
"sorgt für" ersetzt werden durch die Formulierung "trifft
Vorkehrungen". Damit sollte nach Auffassung der
Antragsteller vor allem auf Verfassungsstufe ein Signal
gesetzt und der Boden für einen Rückzug der Initiative
geebnet werden.
Die Mehrheit argumentierte damit, dass eine solche
schwächere Formulierung höchstens den Ist-Zustand
umschreiben könnte und damit nichts bewirken würde.
Tatsächlich wäre es schwierig, in der Verfassung einen
Mittelweg gegenüber Ist-Zustand und Initiativforderung zu
definieren: Entweder bleibt es bei der heutigen subsidiären
Verantwortung im dualen System oder die Verantwortung
geht - mit allen Folgen - voll an den Staat über. Die ins Spiel
gebrachten Alternativmodelle wie Genfer-Modell oder die
Allgemeinverbindlich-Erklärung von branchenspezifischen
Lastenausgleichsmodellen
wurden
vom
Amt
für
Berufsbildung in ihrer Wirksamkeit in Zweifel gezogen. So
hat etwa Genf trotz seines Modells mehr Lehrlinge ohne
Stelle als der Aargau und eine Durchfallquote von 21 % bei
den Lehrabschlussprüfungen.
Die Mehrheit der Kommission war der Auffassung, dass ein
Gegenvorschlag im Sinne des Antrags nichts bewirken
würde und lehnte den Antrag deshalb mit 9 zu 5 Stimmen
ab.
Gegenvorschlag zur Ablehnung empfehlen. Letzteren
Antrag stellt Ihnen die EBK mit 9 zu 5 Stimmen.
Ich danke allen Beteiligten für
Zusammenarbeit zu diesem Geschäft.
die
konstruktive
Allgemeine Aussprache
2. Der Grosse Rat möge dem Antrag des Regierungsrates
auf Feststellung der formellen und materiellen Gültigkeit der
Initiative "Lehre statt Leere" zustimmen.
Linus Keusch, Villmergen: Die CVP-Fraktion teilt die
Auffassung des Regierungsrates, dass die vorliegende
Initiative zwar gut gemeint, wichtige Ziele anstrebt und im
Kanton Aargau auch tatsächlich nicht ohne Wirkung
geblieben ist. Ähnlich wie die seinerzeitige Volksinitiative
"Qualität statt Quantität! Für kleinere Klassengrössen, mehr
Freifächer, Schulsport und Mitbestimmung" schiesst aber
auch dieses Volksbegehren in wichtigen Anliegen über das
Ziel hinaus und will den Kanton unnötigerweise
verpflichten, "für eine ausreichende Anzahl von
Ausbildungsplätzen in angemessener Vielfalt für
Schulentlassene" zu sorgen - was immer das heissen mag.
Sie fordert damit mehr als unserer Ansicht nach zu den
Kernaufgaben des Staates gehört.
3. Der Grosse Rat möge dem Antrag des Regierungsrates
auf Ablehnung der Initiative ohne Gegenvorschlag Folge
leisten und dem Aargauer Volk die Initiative ohne
Andererseits verlangt die Initiative in Abs. 4 die
Verankerung der Berufswahlschulen auf Verfassungsstufe,
was wir als unnötig und falsch erachten, da diese bereits im
Die EBK stellt im Lichte ihrer detaillierten und
ausführlichen Debatte über die Volksinitiative "Lehre statt
Leere" darum dem Grossen Rat folgende Anträge:
1. Auf das Geschäft sei einzutreten.
2018
Art. 1353
1998 revidierten Schulgesetz verankert sind. Die CVP hat in
den letzten Jahren mehrere Vorstösse in diese Richtung
eingereicht; sie wurden auch überwiesen. Auch von anderen
Fraktionen wurde das getan. Die Berufsbildung muss
gestärkt werden! Dafür haben wir uns immer stark gemacht,
beispielsweise an einem Parteitag, an welchem das unser
Thema war. Wir haben ein dickes Dossier verabschiedet, mit
Forderungen und Zielvorstellungen. Diverse Vorstösse aus
der Fraktion gingen in die gleiche Zielrichtung. Der Weg
dieser Volksinitiative ist unseres Erachtens aber falsch.
Wir stellen fest, dass der Kanton Aargau zusammen mit der
Wirtschaft in den letzten Jahren viele zusätzliche Lehrstellen
geschaffen hat. Das anerkennen wir. Wir sind überzeugt,
dass der Kanton auch weiterhin alles Interesse daran hat,
dass Jugendliche bzw. Schulentlassene nicht arbeitslos
werden. Es kann aber nicht in Frage kommen, dass er
verpflichtet wird, jedem Schulabgänger die individuell
gewünschte Stelle bzw. Ausbildung zukommen zu lassen.
Der Kanton unternimmt viel. Und in Zusammenarbeit mit
Industrie, Gewerbe und Dienstleistungsbetrieben wird er
sicher auch in Zukunft sein Möglichstes tun, um
Jugendarbeitslosigkeit zu vermeiden und um fremdsprachige
Jugendliche
ohne
genügend
Schulkenntnisse
in
Integrationsklassen zu fördern. Aus ordnungs- und
wirtschaftspolitischen Gründen kann er jedoch nicht alles
und jedes tun. Insbesondere verursachen staatliche
Lehrwerkstätten unverhältnismässig hohe Kosten für eine
relativ geringe Anzahl von Ausbildungsplätzen (die
Botschaft spricht von 15'000 bis 25'000 Franken pro
Lehrstelle und Lehrjahr).
Da wir der Meinung des Regierungsrates zustimmen, dass
diese Initiative mit Abs. 3 einen für den Kanton allzu
verpflichtenden Charakter hat und mit Abs. 4 etwas völlig
Unnötiges auf Verfassungsstufe fordert, stimmt die CVPFraktion den Anträgen des Regierungsrates zu. Es gab nur 2
Gegenstimmen.
Wir bitten Sie deshalb, geschätzte Kolleginnen und
Kollegen, das Volksbegehren "Lehre statt Leere" als gültig
zu erklären, dieses aber aus oben erwähnten Gründen dem
Volk ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen.
dem nicht gemeldet als Arbeitslose. Zudem haben viele
Personen in der Not irgendeine Lehrstelle angenommen,
obwohl sie für diesen Beruf wenig Interesse und Eignung
haben, was auch zu erhöhten Abbruchraten von
Lehrverhältnissen führt. Für einen funktionierenden
Lehrstellenmarkt würde es Angebot brauchen, das erheblich
grösser ist als die Nachfrage. Die Ausbildung der
Jugendlichen ist ein zentrale Aufgabe des Kantons.
Zusammen
mit
Industrie,
Gewerbe
und
Dienstleistungsbetrieben - so steht es auch in der Initiative
und nicht nur alleine der Kanton - sollte er daher
sicherstellen, dass genügend Lehrstellen angeboten werden.
Zur terminologischen Abgrenzung des Regierungsrates Seite
6 der Botschaft: Das Anliegen der Initianten geht tatsächlich
über eine blosse Unterstützung hinaus; das haben wir ja
heute schon. Wichtig wäre aber auch eine Unterscheidung
der Initiative gegenüber weiterführenden Vorstellungen. Die
nationale Lehrstelleninitiative beispielsweise geht über die
Gewährleistung eines genügenden Angebots hinaus und
postuliert dazu noch ein individuell einklagbares Grundrecht
17. August 1999
Zum Schluss noch eine persönliche Bemerkung: In der EBK
wurde vom Chefbeamten Ady Bütler und von mir der
Vorschlag gemacht, man solle die Initianten in Anbetracht
der Situation dazu bewegen, die Initiative zurückzuziehen.
Man könnte hier nämlich etwa 400'000 Franken sparen und
gezielter in die Berufsbildung einsetzen. Die Antwort kam
dann - von linker Seite - postwendend, wobei man glaubte,
dass das nicht möglich sei; die Jusos hätten sich diese
Initiative wohlüberlegt und selbstverständlich auch den
Wahlkampf vor Augen gehabt. Ich bitte Sie, das auch zu
berücksichtigen. Ich bedaure, dass man diese Initiative
ähnlich wie damals das Volksbegehren "Qualität statt
Quantität" aus diesen und anderen Gründen nicht
zurückziehen kann resp. will und so eine unnötige
Volksabstimmung provoziert.
Max Chopard-Acklin, Untersiggenthal: Ich hoffe, Sie hatten
schöne Ferien und damit neue Kapazitäten, um aufmerksam
zuzuhören. 60 % der Jugendlichen beginnen ihre berufliche
Ausbildung mit einer Lehre. Für sie ist der Zugang zu einer
Lehrstelle der Schlüsselfaktor für ihr Leben; dazu müssen
wir Sorge tragen! Eine Jugend mit gesicherter beruflicher
Zukunft ist ein zentraler Vorteil für den Wirtschaftsstandort
Schweiz und natürlich auch für den Kanton Aargau. Dies zu
vergessen, wäre sträflich. Denn Jugendarbeitslosigkeit als
mögliche Folge ist eine soziale Zeitbombe. Bedenken Sie
das!
Zur Botschaft und zur Initiative: Die bisherigen
Anstrengungen des Amtes für Berufsbildung waren nötig
und verdienen Lob. Sie haben mitgeholfen, dass die
Lehrstellensituation nicht noch schlimmer geworden ist; sie
haben aber längst nicht dazu geführt, dass sich die Situation
auf dem Lehrstellenmarkt normalisiert hätte. Davon sind wir
leider nach wie vor weit entfernt. Es gibt nämlich immer
noch Schulentlassene, die 60 Bewerbungen schreiben dieses Beispiel war kürzlich in der Aargauer Zeitung zu
lesen - und trotz guter Qualifikationen mangels Lehrstellen
nach Zwischenlösungen suchen müssen. Die Aussage auf
Seite 13 der Botschaft, es seien nur 50 Jugendliche ohne
Lösung, ist schönfärberisch. Alle andern konnten irgendwie
eine Übergangslösug finden, um nächstes Jahr ihr Glück auf
dem Lehrstellenmarkt wieder zu versuchen. Einige wurden
zuauf berufliche Ausbildung. Soweit geht diese Initiative ja
wirklich nicht! Übrigens: Es steht auch nirgends etwas von
kantonalen Lehrwerkstätten. Das wurde hereininterpretiert,
Herr Keusch. Nur das Angebot an Lehrstellen insgesamt
muss genügend gross sein; das verlangt die Initiative.
Die SP begrüsst - in Anlehnung an den Regierungsrat - den
Ausbau im Bereich der Lehrstellen und der Schaffung der
Integrationsklassen für siebzehn- bis zwanzigjährige
fremdsprachige Jugendliche. Allerdings sollte nicht nur
geprüft, sondern auch umgesetzt werden, Herr
Regierungsrat! Die in der Botschaft auf Seite 3 verwendete
Formulierung ist eindeutig zuwenig verbindlich.
Zu weitergehenden Massnahmen: Der Regierungsrat sagt
auf Seite 7 der Botschaft selbst, dass aufgrund von Kostenerwägungen, Verschärfungen des Wettbewerbs und
betrieblichen
Optimierungen
sich
Betriebe
unter
Missachtung ihrer längerfristigen Interessen aus der
Ausbildung zurückziehen. Das ist leider eine Realität.
Dieser Analyse ist zuzustimmen. Massnahmen, die gegen
dieses Problem etwas unternehmen würden, lehnt der
2019
17. August 1999
Regierungsrat jedoch unlogischer Weise ab. Für solche
Unternehmungen helfen keine Informationskampagnen oder
Marketingmassnahmen. Gegen ökonomisches Kalkül helfen
auch Appelle an die gesellschaftliche Verantwortung der
Wirtschaft wenig. Hier muss dafür gesorgt werden, dass mit
einem staatlichen Lenkungsinstrumentarium die Betriebe
Anreize für ein Engagement in der Berufsbildung erhalten.
Der einfache, steuerliche Abzug, wie er auf Seite 14 der
Botschaft thematisiert ist, schafft keinen Anreiz. Möglich
wäre beispielsweise der doppelte Abzug. Allerdings brächte
es eine Qualitätskontrolle dazu. Eine Lösung via Steuerrecht
ist aber kompliziert zu realisieren, da unterschiedliche
Berufsausbildungen völlig unterschiedlichen Kosten
unterworfen sind. Wie der Regierungsrat zu Recht schreibt,
gibt es auch Lehrstellen, die für den Betrieb rentieren. Ein
Anreizsystem kann am besten mittels branchenspezifischen
Abmachungen oder einer Fondslösung - siehe das GenferModell - errichtet werden. Um Abwerbungen von
Unternehmungen, welche sich nicht in der Berufsbildung
engagieren, zu vermeiden, ist bei der Branchenlösung
allerdings
wichtig,
dass
die
Abmachung
allgemeinverbindlich erklärt würde.
Der Modellfall Genf zeigt für die Fondslösung, dass die
Kantone nicht auf eine Lösung auf Bundesebene warten
müssen. Der Regierungsrat macht dabei ein Ping-PongSpiel: der Aargauer Regierungsrat tendiert auf eine
Bundeslösung. Die nationalrätliche Kommission empfiehlt
den Kantonen jedoch, eine eigene Lösung einzuführen. In
diesem Zusammenhang wäre es zu begrüssen gewesen,
wenn sich die EBK über die Vor- und Nachteile
verschiedener Anreizsystem von Experten hätte informieren
lassen.
Ich komme zum Schluss: Eine Annahme der vorliegenden
Initiative würde die Voraussetzungen zu neuen Formen der
Unterstützung von Lehrstellen möglich machen. Wir finden
die Initiative "Lehre statt Leere" deshalb richtig und wichtig.
Im Sinne eines Kompromisses könnte die SP-Fraktion auch
einem Gegenvorschlag zustimmen. Wir werden einen
entsprechenden Antrag in der Detailberatung stellen. In
diesem Sinne tritt die SP-Fraktion auf die Vorlage ein und
bittet Sie, das auch zu tun!
Richard Plüss, Lupfig: Die Initiative "Lehre statt Leere" hat
eigentlich einen guten Keim und stösst mit ihrem Anliegen
Geri Müller, Baden: Daniel Heller hat es zitiert: "Wir haben
nicht zuwenig Lehrstellen, sondern die falschen." Als die
Initiative lanciert wurde - das sind jetzt 3 Jahre her - war die
Situation nicht die gleiche, wie wir sie heute haben. Die
Grünen anerkennen die Leistungen, die das Amt für
Berufsbildung erbracht hat, insbesondere jene Leistungen,
die notwendig wurden, was der Absatz 4 verlangt, nämlich:
Was macht man, wenn man nach der obligatorischen
Schulzeit keine Lehrstelle finden kann? Statt dass die
Überschwemmung in höhere Schulen stattfinden kann und
Leute einfach rumhängen oder einfach mal etwas arbeiten,
um Geld zu verdienen, hat sich das Amt für Berufsbildung
einiges einfallen lassen, um dort Möglichkeiten zu schaffen.
Was mir hingegen Sorge macht, ist die Frage nach der
Staatsaufgabe. Es gibt meines Wissens kein Lehrbuch in
dem steht, was eine Staataufgabe ist und was nicht.
Staatsaufgaben definieren wir, das Volk bzw. die
Vertreterinnen und Vertreter des Volkes. In diesem Sinne ist
das, was in Absatz 3 gefordert wird das, was heute noch
2020
Art. 1353
auf gewisses Verständnis. Die Forderung an den Staat, die
Verantwortung und Lehrplatzgarantien für Jedefrau und
Jedermann zu übemehmen, ist aber nie durchführbar, nicht
finanzierbar und keine Staatsaufgabe.
Bleiben wir doch bei unserem bewährten Lehrprinzip mit
einer
funktionierenden
Harmonie
zwischen
den
Lehrbetrieben in Wirtschaft, Gewerbe und Dienstleistung.
Geben
wir
acht
und
schenken
der
grossen
Ausbildungsbereitschaft die nötige Wertschätzung, dass
diese Harmonie zwischen Lehrbetrieb, Berufsverbänden,
Lehrling und Elternhaus nicht gestört, sondern
aufrechterhalten und korrekt honoriert werden. Der SVP ist
es
ein
besonderes
Anliegen,
dass
unsere
Schulabgängerinnen und Schulabgänger eine gute
Berufsausbildung machen können, denn da liegt das
Witschaftspotential der Zukunft. Wir müssen aber zur
Kenntnis nehmen, was das Amt für Berufsbildung bereits
zur Verbesserung dieser schlechten Lehrstellensituation
getan hat. Das sind sehr gute und wirksame Massnahmen.
Wir müssen auch weiterhin zur Kenntnis nehmen, was die
Berufsverbände und die Lehrbetriebe zusätzlich zur
Verbesserung dieser Situation auf sich nehmen und immer
die für den Ausbildungsbetrieb entstehenden Kosten im
Auge behalten. Diesen Lehrbetrieben gebührt ein
aufrichtiger Dank. Es braucht aber auch vom
Lehrstellensuchenden, von seiner laufbahnvorbereitenden
Volksschullehrkraft und von den Eltern realistische und
leistungsangepasste Berufsvorstellungen, denn trotz der
tristen Situation auf dem Lehrstellenmarkt gibt es heute
noch Lehrbetriebe, die ihre Lehrstelle nicht besetzen
konnten.
Es braucht aber auch vom Lehrstellsuchenden eine gesunde
Grundeinstellung und ein minimales Grundwissen, auf das
die entsprechende Lehre erfolgreich aufgebaut werden kann.
In dieser Sparte ist wieder einmal mehr die Volksschule
gefordert, dass sie die Schülerinnen und Schüler
leistungsbewusst und real auf das Berufsleben vorbereitet.
Es braucht aber auch unsere Gesellschaft, die einen
Handwerker als vollwertigen Fachmann akzeptiert und nicht
nur noch die "first class" als Staats-, Wirtschafts und
Gesellschaftsträger hochjubelt.
In diesem Sinne lehnt die SVP diese Initiative ab. Wir
appellieren an Sie, dies auch zu tun!
aufrechterhalten werden müsste: Der Staat übernimmt
Verantwortung für diese Gruppe, die nun eben nicht in
einem der Programme des Amtes für Berufsbildung
Aufnahme gefunden hat. Das ganz alleine auf den Schultern
der Wirtschaft zu belassen, dazu habe ich das Vertrauen
nicht mehr.
Wir werden deshalb den Antrag auf einen Gegenvorschlag,
den die SP stellen wird, deshalb unterstützen. Unseres
Erachtens ist auch der Absatz 4 in diesem Sinne erledigt.
Absatz 3 müsste dann noch einmal überarbeitet werden.
Doris Fischer-Taeschler, Seengen: Ich darf es
vorwegnehmen: Die FDP-Fraktion empfiehlt Ihnen
einstimmig und ohne Wenn und Aber die Initiative "Lehre
statt Leere" gemäss den Anträgen des Regierungsrates
abzulehnen. Das erstaunt Sie wahrscheinlich nicht. Zum xten und vermutlich auch nicht zum letzten Mal weise ich
darauf hin, dass diese Ablehnung nicht eine grundsätzliche
Art. 1353
Ablehnung aller Anliegen der Jugend bedeutet, ob Sie es
nun glauben wollen oder nicht! Selbstverständlich teilen wir
die Grundanliegen des Initiativkomitees. In der Umsetzung
und Problemlösung allerdings sind wir dezidiert anderer
Meinung. Dass allen jungen Menschen, welche eine
Berufslehre absolvieren möchten und sich auch dafür
eignen, ein geeigneter Berufs-einstieg ermöglicht wird, ist ja
so klar, wie das Amen in der Kirche. Ob das nun aber mit
etatistischen, staatlich gelenkten und vorgeschriebenen
Wegen geschehen soll, oder mit denen in der Botschaft
vorgeschlagenen, da scheiden sich die Geister. Der FDP fällt
es aber nicht im Traum ein, mit der dualen Berufsbildung, so
wie sie sich seit Jahrzehnten bewährt hat, zu brechen. Es
wäre fatal - finanziell und emotional - die Wirtschaft aus der
Verantwortung der Lehrlingsausbildung zu entlasten. Das
aber wäre faktisch der Fall, wenn der Staat verpflichtet
würde, für eine ausreichende Zahl von Ausbildungsplätzen
zu sorgen. Fatal deshalb, weil die Berufsbildung massiv
verteuert würde, wenn noch mehr oder gar alles über
staatliche Lehrwerkstätten abgewickelt würde. Fatal auch,
weil die Wirtschaft ihr Know-how dann nicht mehr in die
Ausbildung ihres Nachwuchses einbringen würden. Die
heutige Verantwortung der Wirtschaft - und an die glaube
ich, im Gegensatz zu Herrn Müller -, ihren Nachwuchs
selbst auszubilden, garantiert einerseits, dass genügend, aber
nicht zuviele junge Berufsleute nachgezogen werden und
dass andererseits die Ausbildung immer auf einem hohen
und aktuellen Niveau stattfindet. Hüten wir uns vor der
Überforderung des Staates; wir wissen so schon nicht,
woher wir das Geld für alle bereits bewilligten Projekte,
Träume und Begehrlichkeiten hernehmen sollen. Wir wissen
es und haben es mit Genugtuung zur Kenntnis genommen:
Der Kanton hat sich in den letzten, angespannten Jahren sehr
intensiv im Rahmen der gesetzlichen Rahmenbedingungen
um optimale Lösungen für alle jungen Berufs-einsteiger
bemüht. Dafür gebührt den Verantwortlichen unser Dank
und die Bitte, in diesen Anstrengungen nicht nachzulassen.
Dass Berufswahlklassen auch noch in der Verfassung
verankert werden sollen, überspannt den Bogen jedoch. Wir
wissen, dass der einzige Weg, solche Anliegen
einzubringen, über eine Initiative führt. Dies darf uns aber
nicht dazu verleiten, unsere Verfassung für Partialinteressen
zu missbrauchen. Am Schluss - erlauben Sie mir dieses
Beispiel - schreibt man auch noch die Farbe des zu
benutzenden WC-Papieres vor. Das Anliegen des
Initiativkommitees in diesem Bereich ist aus der Sicht der
FDP bereits erfüllt. Mit der Schulgesetzrevision wurden
wieder erhöht werden soll oder zumindest positiv beeinflusst
werden will, dann ist es nur über die Qualität der
Schulabgänger möglich, d.h., dass die Schule wieder
vermehrt auf die Zeit nach der Schule vorbereiten muss.
Die immer seltener werdenden Berufe, bei welchen auch ein
Realschüler eine Lehre machen kann, erwarten zumindest
von den Lehrlingen, dass sie das 1 x 1 und einen einfachen
Dreisatz beherrschen, und dass sie der deutschen Sprache
mächtig sind. Wir erwarten - und dies ist alles andere als
selbstverständlich -, dass sie mit einer positiven Einstellung
in die Lehre eintreten. Dies ist leider nur allzuoft nicht der
Fall.
Nimmt die Schule diese Anliegen der Wirtschaft in Zukunft
ernster und zeigt auch Bereitschaft, Ausländerkinder
konsequenter
auf
unsere
Sprache
und
unsere
Gepflogenheiten zu trimmen, und hilft der Kanton mit, die
17. August 1999
Berufswahlklassen und die Sonderformen des 10.
Schuljahres im Gesetz verankert, also dort, wo man es
regulär auch tut. Dies erlaubt uns, Ihnen die Initiative "Lehre
statt Leere" mit gutem Gewissen und ohne Gegenvorschlag
zur Ablehnung zu empfehlen.
Markus Kunz, Frick: Ich erlaube mir als langjähriger aktiver
Lehrmeister von permanent 8 Lehrlingen in 3 verschiedenen
Berufen und als Lehrlingsobmann eines Berufsstandes zu
vorliegender Volksinitiative einige Bemerkungen zu
machen.
Grundsätzlich finde ich es beachtlich und bemerkenswert,
dass in den letzten Jahren auch die Linke den Stellenwert
unserer Berufslehre entdeckt hat, und dass sie in den letzten
Monaten sich diesem Bereich mit Tatkraft angenommen hat.
Leider wird die Lösung einmal mehr auf der für mich
falschen Ebene gesucht, d.h., man will einmal mehr dem
Staat eine Aufgabe übertragen, die er in diesem Umfang gar
nicht wahrnehmen kann. Es ist aber wichtig, dass der
Kanton die flankierenden Unterstützungsmassnahmen,
welche er in den letzten Jahren erfolgreich eingeleitet hat,
weiterhin anbietet oder vielleicht sogar noch perfektioniert.
Als Lehrmeister einer Branche, welche trotz dem hohen
Potential an Kreativität weder bei Schulabgängern noch bei
Berufsberatern sehr beliebt zu sein scheint (strenge Arbeit,
ungewöhnliche Arbeitszeiten) bin ich der Überzeugung,
dass es nicht das Ziel sein kann, sämtlichen Schulabgängern
eine Lehre zu ermöglichen. Weshalb nicht ?
Wir Politiker müssen endlich einsehen, dass es für eine
beachtliche Anzahl Jungendlicher aus intellektueller Sicht
nicht möglich ist und auch keinen Sinn macht, eine Lehre zu
absolvieren. In solchen Fällen müssen, sofern möglich die
diversen Alternativen, die auch in unserem Kanton
angeboten werden, zum Tragen kommen.
Es muss zwar ein Ziel sein, dass man in Zusammenarbeit
mit dem Gewerbe möglichst
vielen jungen Leuten eine Lehre anbietet, die Berufsauswahl
kann aber nie so gross sein, dass jeder seinen und jede ihren
Traumberuf ergreifen kann. Vielmehr ist eine gesunde
Konkurrenz auch in diesem Bereich wichtig, so dass auch
weniger attraktive Berufe die Chance haben, Lehrlinge zu
rekrutieren, die den Berufsstand längerfristig sichern
können. Wenn heute die Prozentzahl der verfügbaren
Lehrstellen
Bevölkerung zu sensibilisieren, Lehrbetriebe im täglichen
Konsumverhalten zu berücksichtigen, so wird sich die
Lehrstellensituation zumindest nicht verschlechtern. In
diesem Sinne danke ich dem Regierungsrat für die
Ablehnung der vorliegenden Volksinitiative.
Landstatthalter Peter Wertli: Wir wissen im Kanton, im
Regierungsrat und im Amt für Berufbildung um die
Bedeutung der Berufsbildung für unsere Wirtschaft und für
unsere Gesellschaft. Das ist uns auch in der Regierung ein
echtes Anliegen, und ich glaube sagen zu dürfen, dass wir
unsere diesbezügliche Verantwortung auch wahrnehmen.
Wir haben in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, mit
den Unternehmen und mit den Betrieben erhebliche
Anstrengungen getätigt, um im Bereich der Lehrstellen
Entlastung zu schaffen. Ich darf sagen, dass dies auch mit
Erfolg geschehen ist. Wir konnten in den letzten 2 Jahren
2021
17. August 1999
über 1'200 zusätzliche Lehrstellen im Kanton schaffen; wir
haben unsere Berufsvorbereitsungkurse ausgebaut; wir
haben die Brückenangebote in Angriff genommen; wir
haben die Berufsmaturität und Fachhochschulen eingeführt.
Ich kann an dieser Stelle wiederholen, was bereits von
einzelnen Votantinnen und Votanten gesagt wurde: Die
Lehrstellensituation ist nach wie vor problematisch und
angespannt. Wir haben einerseits höhere Anforderungen in
einigen Berufen, natürlich auch bereits in der Berufsbildung;
wir haben andererseits mehr Schulabgängerinnen und
Schulabgänger, die in den Lehrstellenmarkt kommen
wollen; wir haben zudem Schulabgängerinnen und
Schulabgänger mit sprachlichen Defiziten und wir haben
schliesslich strukturelle Veränderungen in der Wirtschaft
vom Sekundär- in den Tertiärbereich. Das alles gibt
Probleme. Aber wir sind daran, diese zu lösen und - ich
glaube, das sagen zu dürfen - mit Erfolg. Wir haben
insbesondere für die Schülerinnen und Schüler, die
intellektuell den höheren Anforderungen nicht genügen
können, verschiedene Modellangebote wie Vorlehre,
Anlehre oder beispielsweise den Mechapraktiker, die
Betriebspraktikerin, die weniger strenge Anforderungen zu
erfüllen hat. Wenn wir von Seiten der Regierung Nein zur
Initiative sagen, dann ist das kein Nein zur Berufsbildung.
Es ist ein Nein zur Zielrichtung, zur Form und zur Ebene
dieser Initiative.
Zu einigen Einzelvoten: Zu Herrn Chopard: Die bisherigen
Anstrengungen haben Ihren Aussagen zufolge zu keiner
Entspannung im Lehrstellenmarkt geführt; es ist eine
Entspannung eingetreten: Wir haben - zusammen mit der
Wirtschaft, denn das kann der Staat nicht - über 1'200
zusätzliche Lehrstellen geschaffen. Die Probleme sind da,
die Anforderungen gestiegen und eben deshalb die
niederschwelligen Angebote, die ich eben ausgeführt habe.
Sie haben weiter festgehalten, dass die Initiative keine
staatlichen Lehrwerkstätten fordert. Ich meine aber doch!
Wenn der Kanton dafür sorgen muss, dass genügend
Lehrstellen vorhanden sind, dann hat er nicht genug eigene
Kapazitäten,
um
solche
Lehrstellen
anzubieten,
beispielsweise in seinen Verwaltungen oder kantonalen
Betrieben; sollte sich die Wirtschaft aus der Verantwortung
zurückziehen, weil diese beim Kanton liegt, dann bleibt dem
Kanton nichts anderes übrig, als Lehrwerkstätten zu
schaffen. Das wollen wir nicht. Wir wollen weiterhin und
zwingend zusammen mit der Wirtschaft diesen
Lehrstellenbereich bewirtschaften und Lehrstellen schaffen.
Gerade damit kann unser duales Sys-tem, um das uns viele
Länder beneiden, seine Stärke ausspielen, dass hier der
Interesse unserer Gesellschaft, unseres Kantons und unseres
Staates! Das war - glaube ich - ein Fauxpas! Es wird kaum
möglich sein, für jeden Lehrstellensuchenden immer die
richtige Lehrstelle zu finden; wir müssen aber unsere
Bemühungen dahin lenken, dass möglichst viele
Lehrstellensuchenden eine richtige und gute Lehrstelle
finden. Ich habe viel von der Infragestellung unseres dualen
Berufsbildungssystems gehört.
Vorsitzender: Ich muss Sie hier unterbrechen, denn diese
Diskussion ist abgeschlossen. Sie haben das Wort für einen
Antrag. Ich bitte Sie, dazu Stellung zu nehmen.
Eva Kuhn, Full: Danke für den Hinweis. Die SP-Fraktion
möchte Ihnen folgenden Antrag stellen: Antrag auf
Gegenvorschlag; Aufrechthalten von § 30 Absatz 3;
2022
Art. 1353
Praxisbezug von allem Anfang an sichergestellt werden
kann.
Staatliche Anreize schaffen: Wir haben Anreize geschaffen;
der Kanton Aargau ist der einzige Kanton, der
beispielsweise für die Bewilligung von Lehrlingsplätzen
oder Reglementen von Lehrlingsplätzen und anderem mehr
keine Gebühren erhebt.
Zur Fondslösung: Der Bund überlegt ja solche Massnahmen
im Sinne einer Lösung zusammen mit der Wirtschaft. Wir
sind aber davon überzeugt, dass das nicht auf kantonaler
Ebene abschliessend geregelt sein soll; dies deshalb, weil
die Berufsverbände nicht an den Kantonsgrenzen enden,
sondern ihren Wirkungskreis darüber hinaus haben.
Das Anliegen der Berufsbildung ist auch beim Kanton
erkannt; wir haben sehr viel getan in den letzten Jahren und
haben einiges erreicht; wir bleiben am Ball, können aber
nicht die schlussendliche und alleinige Verantwortung
übernehmen, dass in diesem Kanton ausreichend Lehrstellen
für alle vorhanden sind. Da muss die Wirtschaft mitziehen
und mitmachen, nur dann kann das gelingen. In diesem
Sinne bitte ich Sie, die Initiative abzulehnen!
Max Chopard-Acklin, Untersiggenthal: Ich habe gesagt: Die
bisherigen Anstrengungen des Amtes für Berufsbildung
waren nötig und verdienen Lob. Ich habe Sie diesbezüglich
gelobt. Ich habe weiter gesagt, dass Sie mitgeholfen haben,
dass die Situation nicht schlimmer wurde. Es liegt mir etwas
an dieser Berichtigung; Sie haben mich da falsch
verstanden.
Vorsitzender: Eintreten ist unbestritten und beschlossen. Wir
kommen zur Detailberatung. Diese ist auf die Anträge auf
Seite 20 der Botschaft ausgerichtet. Antrag 1 lautet: "Die
Volksinitiative 'Lehre statt Leere' (Für genügend
Ausbildungsplätze und den Erhalt der Berufswahlschulen)
wird in formeller und materieller Hinsicht als gültig erklärt."
Abstimmung:
Der Antrag wird mit 137 Stimmen, ohne Gegenstimme,
angenommen.
Vorsitzender: Zu Antrag 2 liegt ein Antrag auf einen
Gegenvorschlag vor.
Eva Kuhn, Full: Bevor ich zum Antrag der SP-Fraktion
komme, nutze ich die Gelegenheit, um auf einige Voten von
vorher einzugehen. Es hiess, mit der Initiative würden
Partialinteressen vertreten. Lehrlingsausbildung ist jedoch
im
Streichung von Absatz 4 der Verfassung des Kantons
Aargau.
Auch das Initiativkommitee anerkennt, dass Absatz 4
hinfällig geworden ist. Zum Zeitpunkt der Einreichung der
Initiative sah es so aus, als wären die berufsbildenden
Klassen gefährdet. Heute sind diese im Schulgesetz
verankert, womit wir auf Absatz 4 verzichten können. Wir
sind jedoch der Überzeugung, dass Absatz 3 nach wie vor
wichtig und notwendig ist. Es wurde bereits mehrmals
wiederholt: Es herrscht ein Notstand im Lehrstellenbereich!
Wir haben zuwenig Lehrstellen und es fehlt zudem an den
richtigen Lehrstellen. Zusammen mit dem Initiativkommitee
anerkennt die SP auch, dass vom Amt für Berufsbildung
diverse Anstrengungen unternommen und Massnahmen
Art. 1353
ergriffen wurden, um diesem Zustand abzuhelfen. Wir
müssen jedoch feststellen: Es sind Massnahmen, die diesen
Notstand nur mildern. Der Regierungsrat sagt es in seiner
Botschaft selbst: "Der Staat bleibt grundsätzlich darauf
angewiesen, dass die Wirtschaft genügend Lehrstellen für
betriebliche Aus- und Weiterbildung zur Verfügung stellt."
(Zitatende) Er bestreitet auch die allgemein anerkannte
Tatsache nicht, dass je länger je mehr Betriebe keine
Lehrlinge mehr ausbilden, jedoch von jenen Betrieben
profitieren, die sich ihrer Verpflichtung nicht entziehen. Wir
haben vorhin von positiven Beispielen gehört; danke, Herr
Kunz.
In verschiedenen Kantonen wurde die Notwendigkeit des
Handelns in diesem Bereich bereits erkannt; auf das GenferModell wurde verwiesen. Es wird in verschiedenen
Kantonen über einen Lastenausgleich diskutiert. Der
Kommissionspräsident erklärte, das wären wenig taugliche
Instrumente. Ich muss hinzufügen, dass sich die
Kommission selbst mit diesen Modellen nicht
auseinandergesetzt hat. Die SP ist der Meinung, dass dieser
Teil der Initiative - aus den dargelegten Gründen - seine
Berechtigung hat. Ist es nicht wie überall, wo man auf reine
Freiwilligkeit baut: Die Wirkung ist in der Regel kaum
spürbar? Ich erinnere an die Anti-Stau-Aktion am Baregg.
Mit gesetzlichen Massnahmen haben wir jedoch
Instrumente, um alle Beteiligten in die Pflicht zu nehmen.
Dazu gehört der Staat, der jetzt bereits den grössten
übernimmt, die Wirtschaft und das Gewerbe. Davon war ja
wenig die Rede.
Bedenken
wir
aber:
Betriebe
verlegen
ihre
Produktionszweige ins Ausland. Damit verschwinden
automatisch auch die Lehrstellen. Werden diese nicht zur
Rechenschaft gezogen?
Wir sind im Moment dabei, den Standort Fachhochschule
Aargau auszubauen, zu festigen und zu stärken. Hier geht es
um jene, die nachher diese Fachhochschule besuchen
werden. Wir müssen doch dafür sorgen, dass wir gut
qualifizierte Lehrlinge und Lehrtöchter haben, die dorthin
gehen. Ich bitte Sie, dem Gegenvorschlag der SP
zuzustimmen.
Bruno Plüss, Rheinfelden: Es wird immer wieder - speziell
von der SP - von den 'falschen Lehrstellen' gesprochen. Das
ist nur eine Frage der Betrachtungsweise. Unternehmen
bilden selbstverständlich nur Lehrlinge in Berufen aus, für
die sie später auch Bedarf haben. Diese Tatsache ist auch
zum Vorteil der Lehrlinge: Es macht sicher keinen Sinn,
Berufe auszubilden, in welchen kein Bedarf an Berufsleuten
besteht. Dies wäre gegenüber den Jugendlichen sogar
verantwortungslos. Dies wäre, würde das der Staat in die
Hand nehmen, ein Schritt Richtung Planwirtschaft. Ich
Argumente mehr hat, Herr Keusch, überhaupt keine Rede
sein!
Zum Inhaltlichen von Punkt 3: Als Sie das Postulat von mir
überwiesen haben, haben Sie eben auch überwiesen, dass
man diese Möglichkeiten prüfen soll und kann. Es ist
gelogen, wenn man darin behauptet, das Genfer-Modell
habe versagt oder es sei nicht gut. Das Genfer-Modell - und
da wundere ich mich ja wieder einmal über die Damen und
Herren Lehrmeisterinnen und Lehrmeister in diesem Saale,
dass Sie nicht mehr Verständnis zeigen -, ist eben eines, das
die Wirtschaft einbindet und das mit der Wirtschaft
17. August 1999
selbst bilde auch Lehrlinge aus, und ich glaube, dass das
Schweizer Kleinunternehmen seine Sache in der
Vergangenheit ordentlich gemacht hat.
Geri Müller, Baden: Was Herr Plüss nun gesagt hat, ist
genau in unserem Sinne: Das wollen wir auch nicht. Wenn
vorhin gesagt wurde, es werden 'falsche Lehrstellen'
angeboten, dann liegt das darin, dass oftmals auch nicht
absehbar ist, was es in der nächsten Zeit braucht. Da ist für
mich die Lücke, die nun geschlossen werden könnte. Es
liegt nun an uns, die Initiative noch einmal - durch Annahme
des Antrags auf Gegenvorschlag - in die Kommission zu
nehmen und zu beraten. Diesen Absatz 3 könnte man
effektiv besser formulieren und etwas daraus herausholen.
Leider hatten wir in der Kommission nicht genug Zeit, uns
darüber zu unterhalten.
Es geht aber nicht darum, und das ist mir wichtig, dass wir
hier, Herr Keusch, nicht über den Wahlkampf diskutieren.
Diese 400'000 Franken werden nicht für Lehrstellen frei
werden, wenn sie nicht in den Wahlkampf gesteckt werden.
Das wissen Sie und ich genauso wie Herr Bütler. Das war
nur ein Zahlenbeispiel. Es geht hier nicht um einen
Wahlkampf der Jusos oder der Grünen. Die Idee ist die,
diese Lücke anzuschauen, wo wir Leute brauchen, aber
keine Lehren haben. Es ist auch zu fragen, was mit den
Leuten zu machen ist, die intellektuell nicht die Leistung
erbringen können, um eine Lehre zu machen. Das möchte
ich gerne weiter untersuchen, und dafür gäbe uns diese
Änderung der Initiative die Möglichkeit. Ich bin also auch
der Meinung, dass es nicht Richtung staatliche
Lehrwerkstätten gehen sollte, sondern nur um diese eben
genannten Fragen.
Katharina Kerr Rüesch, Aarau: Falls Sie sich nicht mehr
daran erinnern, finden Sie es in der Botschaft abgedruckt:
Ich spreche von den von Ihnen im Grossen Rat
verabschiedeten Vorstössen zum Lehrstellenproblem. Ich
gestatte mir, darauf hinzuweisen, dass mein Vorstoss von
1996, den Sie als Postulat überwiesen haben, der erste in
einer langen Reihe von Vorstössen war, die damals vom
Erziehungsdepartement
schwer
bekämpft
wurden.
Insbesondere von Herrn Bütler, der mir weismachen wollte,
dass da überhaupt keine Probleme seien; aber ich war stur
und habe dran festgehalten. Die Sturheit ist für eine
Politikerin und einen Politiker sicher auch eine wichtige
Voraussetzung!
Die Jusos haben mich 1996 gefragt, ob sie meinen Text für
eine Initiative verwenden dürften, was ich ihnen
selbstverständlich gerne erlaubt habe. Wie wir alle wissen,
war ja geplant, dass diese Initiative viel früher in diesen Rat
kommt, als dies nun der Fall ist. Also von Wahlkampf kann,
wenn man nicht böswillig sein will oder sonst keine anderen
zusammen, volkswirtschaftliche, Frau Taeschler, Interessen
vertritt und eben nicht Partikularinteressen. Diese Initative
vertritt keine Partikularinteressen, sondern Volksinteressen.
Wir alle sind daran interessiert, dass wir gemeinsam mit der
Wirtschaft gute Ausbildungsplätze anbieten. In dieser Initiative ist nirgends die Rede von 'garantieren', sondern nur
von 'fördern'. Ich bitte Sie, das volkswirtschafliche Interesse
an den Anfang zu stellen und hier nicht Wahlkampf zu
machen, und nicht eine so vernünftige Sache - nur weil sie
von den Jusos kommt - abzulehnen!
2023
17. August 1999
Margrit Wahrstätter-Blatter, Wettingen: 17 ist eine schöne
Zahl und ich bitte Sie, Seite 17 dieser Initiative
aufzuschlagen. Dort sind die Massnahmen aufgeführt, die
der Kanton freiwillig bereits angeht: Ausbau des 10.
Schuljahres,
Brückenangebote,
Schaffung
neuer,
intellektuell
weniger
anspruchsvoller
Lehrstellen,
Marketingmassnahmen für die bestehenden Angebote. Das
sind drei ganz wichtige Punkte, die der Kanton angeht und
dem bereits gerecht wird, dass unsere Schulabgängerinnen
und Schulabgänger irgendwo aufgefangen werden können.
Das Problem, Frau Kerr, liegt eben darin, dass in Absatz 3
steht, "...der Kanton sorgt in Zusammenarbeit mit
Industrie...": 'Sorgen', damit geht der Kanton eine
Verpflichtung und Verantwortung ein. Ich denke, dies
nimmt der Kanton freiwillig wahr, und ich bin damit
einverstanden. Ich bin gegen diese Initiative.
Dr. Daniel Heller, Aarau, Präsident der Kommission für
Erziehung, Bildung und Kultur: Wir haben einen
Gegenvorschlag mit 9 zu 5 Stimmen abgelehnt. Die Gründe,
die dazu geführt haben, lauten:
Wenn Sie dem Antrag der SP-Fraktion zustimmen, würde
Absatz 3 stehen bleiben und käme damit in die
Kantonsverfassung. Sind Sie im Zweifel darüber, was die
Formulierung "sorgen für" heissen könnte, dann nehmen Sie
die Kantonsverfassung zur Hand und schauen Sie bei all
jenen Artikeln, bei denen es heisst, der Kanton "sorgt für"
und vergleichen Sie das, was der Staat in diesen Bereichen
tatsächlich macht; dann sehen Sie, dass das einer
Übertragung der uneingeschränkten Verantwortung auf den
Staat gleichkommt. Er müsste entweder per Gesetz die
Betriebe dazu verpflichten, genügend Lehrstellen zu
schaffen, d.h er müsste das quasi dekretieren und zur
Ausführung
eine
staatliche
Administration
und
Planwirtschaft aufziehen. Oder er müsste die Differenz
zwischen angebotenen und nachgefragten Lehrstellen
ausgleichen, was bedeutet, dass er selber Lehrwerkstätten
betreibt. Das wollen wir, so denke ich, nicht. Das war auch
der Grund, weshalb die EBK grossmehrheitlich darauf
verzichtet, einen Gegenvorschlag zu formulieren. Ich bitte
Sie, der Kommission und dem Regierungsrat zu folgen.
Landstatthalter Peter Wertli: Wir sind nun wirklich beim
Kernpunkt der Diskussion: Mit diesem Gegenvorschlag ist
genau das erreicht, was wir als Kanton nicht garantieren
können. Wir sind in der Verantwortung und Verpflichtung,
ausreichend Lehrstellen im Kanton bereitzustellen; das
können wir aber nicht, denn wir haben zuwenig Kapazität in
der Verwaltung und wollen keine Lehrlingswerkstätten. Der
Kanton kann hier nur unterstützen, fördern und mit der
Wirtschaft zusammen Massnahmen treffen, was er im
übrigen auch tut. Das findet sich bereits in der Verfassung in
§ 30, wo klar geregelt ist, dass der Kanton die Aus- und
Weiterbildung unterstützt.
Der Kanton hat hier eine Aufgabe, aber er kann die
Verantwortung nicht alleine tragen. In diesem Sinne bitte
ich Sie, diesen Gegenvorschlag abzulehnen.
leistungsgesetz neu eine Kompetenznorm zugunsten des
Grossen Rates schafft. Ich werde in der Detailberatung unter
§ 24 nochmals kurz darauf eingehen.
Dieser Verzicht auf die ursprünglich geplante Einführung
eines Einspracheverfahrens ist die einziqe nennenswerte
Änderung gegenüber der Vorlage zur 1. Lesung. Alle
2024
Art. 1353
Abstimmung:
Für den Antrag Kuhn: 43 Stimmen.
Dagegen: 106 Stimmen.
Vorsitzender: Damit kommen wir zum letzten Antrag
gemäss Botschaft des Regierungsrates: das Volksbegehren
sei ohne Gegenvorschlag dem Volk zur Ablehnung zu
empfehlen.
Abstimmung:
Der Antrag wird mit 107 Stimmen, ohne Gegenstimme,
angenommen.
Vorsitzender: Ich danke der Kommission und ihrem
Präsidenten für die geleistete Arbeit.
1354 Gesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-,
Hinterlassenenund
Invalidenversicherung
(Ergänzungsleistungsgesetz);
Änderung;
zweite
Beratung;
Eintreten,
Detailberatung
und
Schlussabstimmung
(Vorlage vom 9. Juni 1999 des Regierungsrates)
Alexander Hürzeler, Oeschgen, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 15: Am 9. März 1999 hat der Grosse Rat in
erster Lesung den damals vorgelegten Gesetzes-Änderungstext mit 117 zu 6 Stimmen angenommen. Im Anschluss
daran hat das Erziehungsdepartement den kantonalen
Gesetzesentwurf dem Bundesamt für Sozialversicherung zu
einer Vorprüfung unterbreitet.
Wie Sie im Bericht und Entwurf zur heute vorliegenden 2.
Beratung entnehmen können, enthält die überarbeitete
Vorlage im Vergleich zur 1. Lesung eine wesentliche
Änderung: Der Regierungsrat verzichtet auf die Einführung
eines Einspracheverfahrens (§ 23a), dies nachdem die
angesprochene
Vorprüfung
beim
Bundesamt
für
Sozialversicherung
ergeben
hat,
dass
dieses
Einspracheverfahren dem Kanton Aargau nicht genehmigt
würde. Zur Begründung dieser ablehnenden Haltung führte
das BSV insbesondere an, dass ein solches Verfahren im
eidgenössischen Recht nicht vorgesehen sei, und dass Wert
auf kurze Instanzwege gelegt werde. Weiter wurde
hingewiesen, dass ein Einspracheverfahren auf kantonaler
Ebene
auch
in
der
Revision
des
Eidg.
Sozialversicherungsgesetzes ausdrücklich nicht vorgesehen
sei.
Der Regierungsrat schlägt nun einen sinnvollen
Zwischenweg vor, welcher erstens auf die Einführung eines
formellen Einspracheverfahrens verzichtet und statt dessen
die betroffenen Personen mittels vorgängiger Stellungnahme
verstärkt ins Vorverfahren einbezieht, und zweitens im
Ergänzungs-
weiteren Änderungen sind mehr redaktioneller Art bzw.
dienen der Präzisierung oder der Vereinfachung. Die
vorberatende Kommission Nr. 15 folgte am 29. Juni in der
Beratung zur 2. Lesung ohne grosse Diskussion und
Wortmeldungen dem Antrag des Regierungsrates und
beschloss einstimmig mit 13 zu 0, bei vier
Entschuldigungen, Eintreten auf die Botschaft zur
Art. 1354
17. August 1999
"Änderung des Gesetztes über Ergänzungsleistungen zur
Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung".
Vorsitzender: Wird Rückkommen verlangt? Das ist nicht der
Fall. Damit kommen wir zur Schlussabstimmung.
Vorsitzender: Die Fraktionen der Grünen und der SVP treten
stillschweigend auf die Vorlage ein; andere Wortmeldungen
liegen nicht vor. Eintreten ist unbestritten und damit
beschlossen. Wir kommen zur Detailberatung. Grundlage ist
dabei die weisse Synopse.
Schlussabstimmung:
Titel, I. und Ingress, § 1
Alexander Hürzeler, Oeschgen, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 15: In der geltenden Fassung behandelte
§ 1 die Schweizer und § 2 die Ausländer. Da sich die
entsprechende Differenzierung betreffend der Karenzfristen
bereits aus dem Bundesgesetz ergibt, wird auf diese
Unterscheidung bzw. Doppelregelung verzichtet und
vereinfacht nur noch auf das geltende Bundesrecht
verwiesen. Daraus ergibt sich zudem, dass § 2 ersatzlos
gestrichen werden kann.
Zustimmung
§2
Zustimmung zur Aufhebung
§3
Alexander Hürzeler, Oeschgen, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 15: Findige Juristen des Bundesamtes für
Sozialversicherung haben ihrer Arbeit alle Ehre getan und
kamen mit dieser Präzisierung - der Anspruchsberechtigung
auf eine Kinderrente - wohl unserer Redaktionskommission
zuvor. Die vorberatende Kommission schloss sich dieser
Präzisierung stillschweigend an.
Zustimmung
§§ 4, 5, Titel vor § 8
Zustimmung
§8
Zustimmung zur Aufhebung
§§ 23a, 24, 25, 27, II.
Alexander Hürzeler, Oeschgen, Präsident der nichtständigen
Kommission Nr. 15: Zur allgemeinen Verständlichkeit sei
erwähnt: Durch die Streichung des § 23 mit der Marginalie
a) rücken die §§ 24 + 25 je eine Marginalie vor und werden
im Gesetz neu wieder als 24 a) - statt b) - und als 25 b) statt c) geführt. Zudem wurde in § 24 eine weitere
Präzisierung eingebracht, indem die geänderte Zuständigkeit
vom Obergericht zum Versicherungsgericht im Gesetzestext
angepasst wurde. Die Kommission schloss sich diesen
Präzisierungen ebenso an, wie dem neuen Abs. 3 in § 24,
welcher zu Gunsten des Grossen Rates eine
Kompetenznorm zur Einführung eines Einspracheverfahrens
per Dekret vorsieht, falls dies das Bundesrecht inskünftig
einmal zulassen sollte.
Die Gesetzesänderung wird mit 137 Stimmen, ohne
Gegenstimme, in zweiter Lesung zum Beschluss erhoben.
Vorsitzender: Ich danke der nichtständigen Kommission Nr.
15 und ihrem Präsidenten für die geleistete Arbeit.
1355 Schulgesetz,
Partialrevision
Etappe
II;
Regionalisierung
der
Oberstufe
(Regos)
und
Verbesserung der Situation an der Realschule; erste
Beratung; Beginn der Eintretensdiskussion
(Vorlage vom 2. Juni 1999 des Regierungsrates mit
Änderungsanträgen vom 22. Juni 1999 der Kommission für
Erziehung, Bildung und Kultur. Der Regierungsrat hält in §
14 Abs. 1 an seiner Fassung fest. Im Übrigen stimmt er zu)
Dr. Daniel Heller, Aarau, Präsident der Kommission für
Erziehung, Bildung und Kultur: Mit der zweiten Etappe der
Schulgesetzrevision schreitet dieser Rat in der Umsetzung
des Schulleitbildes von 1996 weiter voran. Nach Auffassung
der vorberatenden Kommission Erziehung, Bildung und
Kultur folgt die Vorlage dabei der von diesem Hause
festgelegten Marschrichtung in der Neugestaltung der
Aargauer Schule.
Die Kommissionsberatungen zu dieser zweiten Etappe
haben einmal mehr gezeigt, dass der 1996 in der
Verabschiedung
des
Schulleitbildes
gipfelnde
schulpolitische Konsens im Aargau weiterhin eine
tragfähige Basis ist. Die Prognose darf gewagt werden:
Solange die Reformen die Bandbreite des im Leitbild
vorgezeichneten Marschstreifens nicht verlässt, wird die
"Renovation" der humanen Leis-tungsschule im Aargau
gelingen.
Die Vorlage Regionalisierung der Oberstufe hat nach
Auffassung der EBK nicht einfach "Sparen" zum Ziel; zwar
beinhaltet sie auch wirtschaftliche Aspekte - es können 50
Abteilungen eingespart werden, Infrastrukturen und
Ressourcen können besser genutzt werden. Darüber hinaus
leistet sie einen echten Qualitätsverbesserungs-Beitrag. Sie
führt zu besserer Chancengleichheit für die Schülerschaft
aller Regionen, zu besserer Durchlässigkeit und zu
optimalerem Einsatz von Infrastrukturen und Lehrkräften.
Gesamtschulähnliche Bestrebungen, die man im Leitbild
seinerzeit im Hinblick auf diese Reform explizit ausschloss,
vermochte die EBK in der Vorlage nicht zu erkennen. Es
geht letztlich um die Nutzung von brachliegenden
Synergiepotentialen, wie sie im Bereiche der Bezirksschulen
schon seit langem Usanz ist.
Zustimmung
In der Kommission wurde insbesondere der vorgeschlagene
Weg - nämlich mit einer Effizienzsteigerung und mit dem
Überdenken bisheriger Strukturen Ressourcen freizuspielen
und mit diesen Ressourcen andere Probleme gezielt zu
entschärfen - als mustergültig empfunden. Regos besticht
dadurch, dass durch Optimierung von Ressourcen nicht nur
pädagogisch positive Nebeneffekte erzielt werden, sondern
auch finanzielle Mittel zur Lösung drängender Probleme an
der Realschule freigestellt werden können und dies bei
einem ausbalancierten Mitteleinsatz. Dass die Realschule
Massnahmen erfordert, war insbesondere auch nach der
Debatte, die in diesem Rat über die Situation der Realschule
vor wenigen Monaten geführt wurde, unbestritten. Die
Herabsetzung der maximalen Schülerzahl von 25 auf 22 ist
eine sinnvolle und notwendige Entlastungsmassnahme für
2025
17. August 1999
diese Stufe. Dass sie nicht auf Verordnungsweg erfolgt,
sondern mit dieser Vorlage auf Gesetzessstufe unter
Zustimmung des Volkes angepackt wird, ist politisch richtig
und vemünftig: Grossrat und Volk sollen erkennen, was die
finanziellen Konsequenzen derartiger Massnahmen sind.
Eine Verzögerung ergibt sich dadurch nicht, da die
Schulraumbeschaffung und die Suche nach zusätzlichen
rund 40 Lehrkräften Zeit braucht.
Überzeugend ist auch die Philosophie des Projektes Regos:
Die
Erarbeitung
der
Lösungsvorschläge
der
Regionalisierung und deren konkrete Umsetzung soll in den
Gemeinden und Regionen selbst erfolgen. Es gibt kein
Diktat des Kantons, sondern Zielvorgaben und Anreize, die
den in den Regionen bereits angelaufenen Prozess
beschleunigen sollen. Nach einlässlicher Diskussion
gelangte die Kommission auch zur Überzeugung, dass der
Vorschlag der Regierung, nach dem ein Oberstufenzentrum
mindestens 8 Abteilungen und eine einzelne Schulanlage
mindestens 4 Abteilungen umfassen soll, pragmatisch und
sinnvoll ist. Sie ermöglichen eine vernünftige regionale
Zusammenarbeit im Rahmen bestehender Strukturen.
Zusammenfassend haben sowohl Zielsetzung als auch der
Weg dazu die EBK davon überzeugt, dass die
regierungsrätliche Vorlage Regos Unterstützung verdient.
Eintreten auf die vorliegende Schulgesetzrevision war in der
Kommission unbestritten.
Die Kommission beantragt Ihnen mit 16 zu 0 Stimmen
einstimmig Eintreten auf diese Vorlage.
Vorsitzender: Ich begrüsse Herrn Franz Wille, Projektleiter
Regos ED, der auf der Regierungsbank Einsitz genommen
hat. - Es liegt ein Antrag auf Nichteintreten vor.
Dr. Dragan Najman, Baden: Ich stelle einen Antrag der
SD/FP/EDU-Fraktion auf Nichteintreten. Als Hauptgründe
für Regos - offiziell für die Oberstufenzentren - werden im
Allgemeinen drei Punkte angeführt: 1. Kosteneinsparungen,
2. besseres Freifächerangebot und 3. bessere Ausrüstung der
Schulräume. Dazu möchte ich folgendes bemerken:
Über die Kosten fehlen jegliche Berechnungen;
Kosteneinsparungen wären allenfalls bei den Lehrkräften
möglich. Da aber die Zahl der Schüler kantonsweit gleich
bleiben wird, wird auch die Reduktion der Lehrkräfte und
der damit verbundenen Einsparungen nur sehr beschränkt
möglich sein. Auf weitere Zweifel über Kosteneinsparungen
komme ich noch zu sprechen.
Über die Freifächer: Schon heute haben diverse kleinere
Schulen ein recht breites Freifächerangebot. Ausserdem sind
heute schon Absprachen zwischen einzelnen Schulen
betreffend gemeinsamer Organisation einzelner Fächer
bereits möglich. Dafür müssen nicht ganze Schulen
zusammengelegt werden, sondern es könnten für einzelne
Freifächer die Schülerinnen und Schüler verschiedener
Schulen zusammengefasst werden. Die bessere Ausrüstung
von Schulräumen - insbesondere der Naturwissenschaften,
Informatik und Sprachunterreicht - ist das einzige
Argument, das nach unserer Meinung etwas - ich betone:
etwas - für Oberstufenzentren spricht. Dabei ist zu
Stufen; 2. Schaffung von mehr Durchlässigkeit; 3.
Verbesserung der Qualität, vor allem im Freifächerangebot;
4. Ein stufenübergreifender Unterricht im Sinne einer
2026
Art. 1355
bemerken, dass heute bereits viele, auch kleinere Schulen
sehr gut ausgerüstet sind.
Bei Einführung der Regos müsste eine leider auch nicht
annähernd
bezifferte
Anzahl
neuer
Schulräume,
Schulhäuser, Schulhauserweiterungen, Radwege usw.
gebaut werden. Ausserdem kämen die Kosten für Transporte
durch Schulbusse oder Subventionen für die Fahrkosten
hinzu. Durch die Regos wird vor allem die Entfremdung der
Jugend
von
einer
gesunden
Dorfund
Kleinstadtgemeinschaft gefördert. Die Jugendlichen sind
weniger kontrollierbar und drohen vermehrt in der
Anonymität grosser Schulen zu versinken. Wenn wir
beispielsweise 5 Ortschaften mit je 200 Schülern haben, so
sind diese relativ gut überschaubar; wenn aber ein
Oberstufenzentrum mit 500 bis 1'000 Schülern besteht, gerät
die Sache ziemlich ausser Kontrolle. Schliesslich wird die
Gemeindeautonomie im Schulbereich durch die Regos
massiv eingeschränkt. Ausserdem finden wir gravierend,
dass die Attraktivität der Gemeinden, welche von
Schulschliessungen betroffen sein werden, massiv sinken
wird.
Es wird immer die Freiwilligkeit des Beitritts zu einem
Oberstufenzentrum hervorgehoben. Diese Freiwilligkeit
wird aber sehr stark durch den Wortlaut der Kommission für
den neuen § 67 a Abs. 4 eingeschränkt; dort wird die
Herabsetzung oder Verweigerung von Beiträgen an
Schulbauten
der
Oberstufe,
die
nicht
einem
Oberstufenzentrum beitreten wollen, behandelt. Die "KannFormulierung" für Herabsetzung oder gar Verweigerung von
Beiträgen hat die Kommission in ein "muss" verwandelt. Ich
bitte Sie deshalb, unserem Antrag auf Nichteintreten
zuzustimmen!
Margrit Wahrstätter-Blatter, Wettingen: Ich spreche im
Namen der EVP/LdU-Fraktion. Wir treten einstimmig auf
diese Vorlage ein. Die Idee hinter der Regionalisierung der
Oberstufe erscheint uns sinnvoll. Zusammenarbeit in
gemeinsamen
Strukturen
in
den
verschiedenen
Schulregionen,
allfällige
Zusammenlegungen
von
Schulräumen und die breite Nutzung von verschiedensten
Schulmaterialien trägt der heutigen finanziellen Situation
unseres Kantons Rechnung; diese Situation verlangt
effektvolle Synergien. Diese könnten mit Regos erreicht
werden. Bei der Umsetzung von Regos entstehen unserer
Auffassung nach jedoch grosse Schwierigkeiten, weil die
Strukturreform im Wege steht. Die EVP/LdU-Fraktion ist
einstimmig der Meinung, dass die Entscheide, ob in unserem
Kanton allenfalls 5 oder 6 Primarschulstufen eingeführt
werden sollen, über die Strukturreform als Grundlage
vorhanden sein müssten, um Regos sinnvoll und mit den
erhofften Einsparungen umsetzen zu können. Die Hürde der
Volksabstimmung liesse sich auch eleganter nehmen, wenn
klare Aussagen über das zukünftige Bild unserer Schule
Aargau vorhanden wären. In diesem Sinne treten wir auf die
erste Beratung dieser Vorlage ein.
Eva Kuhn, Full: Ich spreche im Namen der SP-Fraktion.
Wir treten einstimmig auf diese Vorlage ein. Wir finden die
Schaffung von Oberstufenzentren sinnvoll, wenn sie
folgenden Zielen dienen: 1. Vernetzung zwischen den
einzelnen
besseren Ausbildung unserer Oberstufen-Schülerinnen und
Schüler.
Art. 1355
Herr Najman, ich glaube, Sie kennen die Schul-Landschaft
doch ein bisschen zu wenig; ich sehe nirgendwo riesige
Schulzentren entstehen von 800 bis 1'000 Schülerinnen und
Schüler, sondern im Gegenteil die Kleinstschulen, wo noch
1. bis 3. Realschule zusammen unterrichtet werden, da ist
Handlungsbedarf. Es muss sich keine Gemeinde dazu
verpflichten, denn es beruht auf Freiwilligkeit und auf
Anreizen. Die SP hat auch diesem Punkt im Leitbild Schule
immer zustimmen können. Für uns ist es zentral, dass die
Mindestanzahl von 8 Abteilungen festgeschrieben steht.
Dass der Regierungsrat gewisse Ausnahmen für kleinere
Schulen bewilligen wird, können wir verstehen. Auch in
meinem Bezirk gibt es solche Schulen, in denen es kaum
möglich sein wird, dass die Schülerschaft noch grössere
Wege unternehmen kann. Aber: Es soll die Ausnahme
bleiben, weil die Ziele sonst nur auf dem Papier sind.
Für uns ist es wichtig, dass die Realisierung von Regos nicht
bloss eine Sparübung sein soll. Denn: Es ist zu verlockend,
dass man einfach alle momentan kleineren Klassen auffüllt,
und dadurch etliche Lehrkräfte einspart. Das wäre nicht im
Sinne der Vorlage.
Mit § 14 Abs. 1 haben wir eine Art Fremdkörper in der
Vorlage. So steht es auch im Titel der Vorlage:
Regionalisierung der Oberstufen und Verbesserung der
Situation an der Realschule. Der Regierungsrat hat hier, so
denke ich, angesichts des grossen Drucks der
Realschullehrer
und
-lehrerinnen, aber auch der bestehenden Situation an den
Realschulen wegen nachgegeben und eine Konzession
gemacht: Festschreibung der Schülerzahl auf 22. Auch die
EBK hat dieser Zahl zugestimmt. Eigentlich ist es
merkwürdig, weil wir eine heftige und gute Diskussion
geführt haben und grossmehrheitlich der Meinung waren,
dass 20 eigentlich gut wäre. Wenn man nun meint, mit
dieser Herabsetzung der Zahl auf 22 wäre alles an der
Realschule in Butter, ist man da im Irrtum. Ich habe mir
sagen lassen, dass sich bis jetzt nichts weiter geändert hat.
Dies wäre der erste kleine Schritt Richtung Verbesserung.
Den dürfen wir keinesfalls gefährden. Nach wie vor herrscht
aber grosser Handlungsbedarf an unseren Realschulen.
Die Kommissionsmehrheit mochte dem Regierungsrat
jedoch nicht folgen, dass er wieder jede Menge Ausnahmen
hineinposten möchte, indem es nämlich heisst, "auf die
Dauer darf die Zahl 22 nicht überschritten werden". Das ist
ein absoluter Gummibegriff! Wir haben die Bestimmung
bereits jetzt im Schulgesetz und sehen die Realität: Ein
Sekundarlehrer, der in der ersten Sekundarschule mit 28
Schülerinnen und Schülern beginnt, diese 3 Jahre führt,
vielleicht kommen auch noch 1 bis 2 Schüler dazu, im 4.
Jahr ist die Grenze dann wieder unten, weil einige noch
wechseln oder weggehen, damit ist aber ein Unterbruch
passiert, er kann also mit einer frischen Klasse wieder
beginnen, mit einer Zahl, die die Höchstzahl überschreitet.
Deshalb fand auch der Vorschlag, diesen Zustand auf höchstens ein Jahr für alle Schulstufen zu begrenzen die
Zustimmung der EBK. Für uns als SP ist hier ein zentraler
Punkt dieser Vorlage: Hier sehen wir einen konkreten
Ansatz zur Verbesserung der Situation in den Oberstufenund Primarklassen. Wir werden an diesem Antrag festhalten.
Ich bitte Sie, auf die Vorlage einzutreten!
17. August 1999
Richard Plüss, Lupfig: Ich spreche im Namen der SVPFraktion. Die SVP Fraktion begrüsst die Vorlage Regos und
betrachtet sie als realistisch, vernünftig und umsetzbar. Die
meisten Schulorte im Aargau sind bereits Regos-konform.
Schon bei der Vernehmlassung plädierten wir bezüglich der
Zentralisierung auf eine Vernunftsvariante. Mit der Grösse
von 8 Abteilungen oder mindestens 4 bei aufgeteilten
Oberstufen können wir uns einverstanden erklären.
Die Qualität des Unterrichts ist unserer Partei ein
permanentes Anliegen und entspricht unseren Forderungen.
Ob die Unterrichtsqualität durch Regos wirklich den in der
Vorlage erwähnten Hoffnungen entspricht, weckt bei uns
gewisse Zweifel, aber wir verfolgen die Umsetzung und
ihren Wirkungsgrad genau. Bezüglich Finanzen geht Regos
in die richtige Richtung, wir hoffen, dass der prognostizierte
Spar-effekt auch wirklich eintrifft und nicht sofort wieder
von einem neuen Projekt an der Volksschule aufgefressen
wird.
Zentralisieren hat aber auch seine Tücken. Für kleine
Landgemeinden und dünnbesiedelte Talschaften führt dies
eindeutig zu
längeren
Schulwegdistanzen.
Diese
Schulwegsituation soll und muss aber mit Regos eine
wichtige Rolle spielen und in einer verkehrstechnischen und
erschlies-sungskonformen Logistik liegen.
Es kann nicht angehen, dass Volksschüler wegen einer sehr
ungünstigen Schulweglogistik keine Zeit für eine
familienintegrierte Mittagspause mehr finden oder am
Abend sehr spät bei Dunkelheit nach Hause kommen. Die in
der Vorlage verpackte Schülerzahlsenkung in Realschulen
von 25 auf 22 Schülerinnen und Schüler wird von uns im
Sinne einer qualitativen Verbesserung des Unterrichts
einerseits, aber auch der Entlastung für den Lehrkörper
anderseits sehr begrüsst und lässt hoffen, dass das Image der
Realschule sich wieder verbessert. Regos betrachten wir als
vernünftig und als gute Vorlage, die wir unterstützen. Der
Projekteitung möchten wir für die gute Arbeit gratulieren
und danken für den breiten Einbezug aller Betroffenen in
der Projektphase.
Vally Stäger-Meyer, Wohlen: Ich spreche im Namen der
FDP-Fraktion. Wir danken dem Regierungsrat für diese gut
vorbereitete Vorlage. Die FDP legt Wert darauf
festzuhalten, dass es sich bei der Regionalisierung der
Oberstufen um eine rein organisatorische und nicht um eine
inhaltliche Zusammenfassung der Oberstufe handelt. Wir
sind zufrieden, dass die Realschulklassengrössen reduziert
werden; dass dies nur in Oberstufenzentren der Fall sein
wird, ist für uns nachvollziehbar und aus finanzieller Sicht
begrüssenswert. Aus Sicht der Schülerschaft ist die
einklassige Oberstufenklasse richtig. Ebenso richtig
erscheint es uns, dass für jede Abteilung - Real- oder
Sekundarschule - eine Lehrperson verantwortlich ist.
Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer sind wichtige
Bezugspersonen. Wir legen besonderen Wert darauf, weil
im Vorfeld dieser Schulgesetzpartialrevision 2 immer
wieder kritische Stimmen laut wurden, welche mahnten,
dass schwierige Kinder kleine, überschaubare Strukturen
bräuchten. Wir bitten den Herrn Erziehungsdirektor, diese
Mahnungen ernst zu nehmen, damit unsere Schulen
tatsächlich eine Qualitätsverbesserung durch Regos
erfahren. In diesem Sinne tritt die FDP-Fraktion auf die
Vorlage ein.
2027
17. August 1999
Flory Dubler-Mattmann, Kallern: Ich spreche im Namen
der CVP-Fraktion. Wir begrüssen die vorliegenden
Reformbestrebungen der Vorlage und sind überzeugt, dass
die Aargauer Schulen durch die Regionalisierung der
Oberstufenschulen in Kreisschulen weiter an Qualität
gewinnen können. Vom Projekt erwarten wir, dass die
anstehenden
pädagogischen
Reformbestrebungen
Umsetzung
des
Schulleitbildes,
keine
isolierten
Schulabteilungen, mehr Durchlässigkeit über die Oberstufen
hinweg, Team-Arbeit und massvoller Fächerabtausch
zwischen
Oberschullehrkräften,
Stärkung
der
Schulleitungen, bessere wirtschaftliche Nutzung der
Schulinfrastruktur usw. - durch das Zusammenrücken der
Schulstandorte Oberstufe umgesetzt werden können. Die
CVP sieht die Mindestzahl von 8 Abteilungen, die für ein
Oberstufenzentrum nötig sind, als sehr pragmatische Lösung
an, die dem lokalpolitischen Gewichtswinkel Rechnung
trägt. Damit sollen eine optimale Nutzung der schulischen
Infrastrukturen und Synergien gewährleistet werden. Wir
sind auch überzeugt, dass die Herabsetzung der Höchstzahl
von 25 auf 22 Schülerinnen und Schüler pro Abteilung eine
klare Qualitätsverbesserung der Realschule bringt. Die CVP
ist einstimmig für Eintreten auf diese Vorlage.
Geri Müller, Baden: Ich spreche im Namen der Fraktion der
Grünen. Wir treten auf das Geschäft ein. Wir haben keine
Befürchtungen, dass die Kinder, die in der Oberstufe nicht
mehr in der Gemeinde in die Schule gehen, entwurzelt
werden, wie das beim Antrag auf Nichteintreten vorgebracht
wurde. Dafür hat man die Bezirksschule als Beispiel gehabt:
Niemand wurde da entwurzelt, der in ein anderes Dorf zur
Schule gegangen ist; auch die Sekundarschüler und
Realschüler, die schon heute in andere Dörfer zur Schule
gehen, haben mindestens aus dem Grund die Wurzel immer
noch drin.
Das Projekt Regos ist im Grossen und Ganzen ein gutes
Projekt. Es hat ab dem 2. Juni ein Wandel innerhalb der
ganzen Projektleitung gegeben, denn seit damals heisst es ja:
Regos und Verbesserungen an der Realschule. Das ist auch
das, was mich beunruhigt hat, wenn man davon ausgeht,
dass Regos per se Probleme der Realschule lösen soll. Das
tut sie nicht, und das ist auch das, was die Berufsverbände
der Realschullehrkräfte gesagt haben: Regos löst die Probleme der Realschule nicht per se. An den Realschulen
besteht nach wie vor eine grosse Heterogenität der
Realschulklassen selbst. Sie sind eines der zentralen
Probleme einer Realschule. Die erschwerte Lehrstellensuche
ist eines der Probleme, weshalb man nicht gerne an die
Realschule geht. Regos verhindert auch die Ausgrenzung
der Realschülerinnen und -Schüler nicht. Es geht ja nur um
20 % Realschulen, die davon betroffen sind. Also: Dieser
Titel ist wahrscheinlich unter dem Eindruck dieser langen
und ausführlichen Diskussionen über die schlimmen
Zustände an den Realschulen des Kantons entstanden. Unter
diesem Eindruck stand auch die Kommission, als sie den
Änderungsantrag vom 22. Juni stellte und eine definitive
Höchstzahl von 22 Personen pro Klasse während einem Jahr
verlangte. Das ist eine klitzekleine Verbesserung der ganzen
Geschichte, die natürlich den Spareffekt zu einem grossen
Teil dahinraffen wird. Für mich persönlich - und da spreche
ich nicht für die Grünen - ist dieser Teil einer der wichtigsten der Vorlage.
Hierhin gehörte eigentlich auch die Diskussion nach einem
Integrationsquotienten, so dass man Schulen mit grossem
2028
Art. 1355
Integrationsanteil entlastet und zwar per Gesetz. Sie werden
sagen, dass die Schulpflegen das teilweise bereits tun.
Teilweise. Ich möchte aber, dass das jedem Kind zugute
kommt. Das darf nicht von der Laune der Schulpflegen oder
des Lehrkörpers abhängen.
Also: Entweder sagt man, Regos ist eine Sparvorlage, bei
der wir enorm viel einsparen, oder wir sagen, dass wir
Regos machen wollen und zusätzlich noch Verbesserungsmassnahmen an den Realschulen mit hineinpacken wollen;
dann müssen wir aber auch § 14 so übernehmen, wie es die
Kommission damals beschlossen hatte.
Die Grünen treten auf die Vorlage ein, und wir werden uns
zu § 14 und § 69 noch einmal äussern.
Hans Ulrich Fehlmann, Oberbözberg: Am vergangenen
Wochenende habe ich mir die Vernehmlassung zu dieser
Angelegenheit des Erziehungsdepartements im Internet
angeschaut. Ich konnte dabei feststellen, dass nicht nur die
Bevölkerung im Gebiet Bözberg gewisse Probleme mit
dieser Vorlage hat. Ich muss aber sagen, dass aus dieser
Vorlage in der Vernehmlassung einiges besser wurde.
Trotzdem möchte ich einige oppositionelle Gründe darlegen:
Vor einigen Jahren hat man bei uns die Realschule
geschlossen, die Schüler müssen seither in den fernen Osten
von Brugg in die Schule, ein Ort, an den man nur durch
Umsteigen mit dem Bus gelangen kann. Was passiert? Diese
Schüler sehen den Mittagstisch in der Familie zwar noch,
aber nur kurz. Jetzt soll mit Regos die Sekundarschule
sowohl in Bözen als auch auf dem Bözberg eingehen. Im
Fall Unterbözberg betrifft das ungefähr 50 Schüler, die
genau dasselbe Schicksal erleiden werden. Seit Mitte der 50er Jahre exis-tiert diese Schule, und ich sehe heute viele
Leute, die diese Schule absolviert haben und gestandene
Bürger wurden. Selbst Leute bei uns auf dem Bözberg - und
wir haben viele Volksbildhauer, sprich Lehrerinnen und
Lehrer, die bei uns wohnen - haben in diesem Punkt gewisse
Probleme. Was passiert weiter? Wir haben überflüssige
Infrastrukturen in den Dörfern; es braucht neue Schulräume,
dort wo die Zentren entstehen, was für das Gewerbe etwas
bringen dürfte; wir Bürger bezahlen dann auf der Ebene der
Gemeinde und auf der Ebene des Kantons. Für mich hat der
Regierungsrat seine Aufgaben bis heute nicht ganz gemacht.
Es heisst nämlich im Richtplan vom 17. Dezember 1996,
Rahmenplan aargauische Volksschule: "Der Regierungsrat
berücksichtigt bei der Planung von Schulstandorten für
Kreisschulen
der
Volksoberstufe
die
folgenden
Planungsgrundsätze: a) die Schulstandorte sind auf die
Siedlungsstrukturen abzustimmen, b) die öffentlichen
Verkehrsmittel sind zu erschliessen und entsprechend auf
die Schulstandorte abzustimmen und c) die Schulstandorte
sind mit Radwegen und zu Fuss gefahrlos zu erreichen."
Diese Vorgaben sind in unserem Fall absolut nicht erfüllt.
Bei uns sind es nämlich 200 Höhenmeter, eine
verkehrsreiche Strasse auf Brugg hinunter und entsprechend
wird auch die Mittagszeit sein; wie es mit dem öffentlichen
Verkehr ist, habe ich schon erwähnt.
Im Falle des Schulstandortes Rüfenacht ergibt sich etwa das
gleiche Bild: Es gibt kein öffentliches Verkehrsmittel, die
Höhendifferenz ist auch 200 Meter. Ich bin mir bewusst,
dass den Beamten im ED die kantonalen Randregionen
wenig Eindruck machen. Der Herr Erziehungsdirektor wird
uns Oberbözberger und Oberbözbergerinnen in 14 Tagen
mit seinem Besuch anlässlich der Eröffnung eines
Art. 1355
17. August 1999
Kindergartens und eines Schulhauses beehren, und ich
hoffe, dass er dann einmal schauen geht, wie die Strecke
Langmatt ist und zumindest dann merkt, dass die Landschaft
nicht nur zwei-, sondern dreidimensional ist.
Damit verstehen Sie vermutlich meinen Skeptizismus
gegenüber der Vorlage. Ich empfehle Ihnen zwar Eintreten,
werde aber die eine oder andere Sache ganz genau
betrachten. Im Bereich Fricktal-Bözberg werden wir uns
vermutlich dann auf die Ausnahmeregelungen berufen
Bözbergmüssen, die in der Vorlage vorhanden sind. Dazu hätte ich
dann noch gerne eine Erklärung vom Herrn
Erziehungsdirektor.
Vorsitzender: Es stehen noch zwei Einzelvotanten zu diesem
Thema an. Ich schliesse die Morgensitzung hier und
wünsche Ihnen allen einen guten Appetit!
(Schluss der Sitzung: 12.30 Uhr.)
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2029
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