Der Plan P

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version 3 août 2011
Der Plan P,
ein Verfassungsprojekt für die Völker Europas:
Zusammenfassung
ATTAC Rh ne, ATTAC Turin, ATTAC Liège, ATTAC Catalunya
Lyon, Turin, Lüttich, Barcelona, den 14. Mai 2009
Die Globalisierung der Wirtschaft und des Finanzwesens ist das Ergebnis einer Reihe von politischen
Entscheidungen. Aber die Ausrichtung und die Tragweite der politischen Entscheidungen sind
gleichermaßen bedingt durch einen gewissen institutionellen Rahmen. Wenn wir den Widerstand auf dem
politischen Parkett aufrechterhalten wollen, dann wird dies allein nicht ausreichen, um hart gegen diese
Vorherrschaft zu kämpfen: unsere öffentliche Ordnung muss eine Verfassung erhalten.
Nachdem wir die Möglichkeiten und wünschenswerte Dinge beim Aufbau Europas 1 erforscht haben,
verfassten wir zwischen 2007 und 2009, von bestehenden Texten ausgehend, ein Verfassungsprojekt.
Diese Ausarbeitung soll ein konkretes Exempel aufstellen von dem, was ein alternatives
Verfassungsprojekt sein könnte. Die Verbreitung des Textes soll Debatten um eine zukünftige
europäische verfassungsgebende Versammlung auslösen, die einen grundsätzlichen Text verfassen soll,
der danach einem europäischen Referendum unterworfen sein wird. Wir stellen in diesem Dokument die
wichtigsten Neuerungen vor, die im Plan P (Projekt einer Verfassung für die europäischen Völker 2)
eingefügt wurden: „P“ wie „peuples (französisch), popoli (italienisch) oder pueblo (spanisch) - Völker“.
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Formale Aspekte
Ein kurzer Text: 18 Seiten, 54 Artikel.
Klare und prägnante Formulierungen; eine logische Gliederung.
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Ein Europa der BürgerInnen: eine Republik, die Völker eint und nicht Staaten
Die ausschlaggebendste Neuerung für die Demokratie liegt ohne Zweifel in der föderalen Form
Europas: die Regierung soll aus der Mehrheit des Parlamentes hervorgehen, welches wiederum von
den BürgerInnen gewählt wird. Es gibt zudem die doppelte Staatsbürgerschaft (national und föderal)
und einen föderalen Staat. Es ist ein Bruch mit der „verkleideten“ 3 Konföderation, die die aktuelle
Europäische Union darstellt (allein das Parlament, mit den Stimmen der BürgerInnen gewählt,
unterscheidet die aktuelle Union von einer Konföderation, sprich Staatenunion. Aber dieses Parlament
hat sehr wenig Machtbefugnisse). Dieser Wechsel ist entscheidend, um die Gewaltenteilung (die
grundsätzlich wichtig ist in einer konstitutionellen Staatsform, verbunden mit der Garantie der
Grundrechte) und die Volkssouveränität wieder herzustellen.
Die Vereinigung der Völker Europas bleibt nicht bei einem Vertrag stehen, der zwischen Staaten
geschlossen wird, sondern verfolgt eine Verfassung, die angenommen und modifiziert wird über ein
Referendum, das gleichzeitig bei allen europäischen BürgerInnen durchgeführt wird. Diese Union wird
nicht „Mitgliedsstaaten“, sondern „Mitgliedsnationen“ haben.
Kein Mitglied oder Delegierte/r der ausführenden nationalen Gewalt darf gleichzeitig eine Funktion auf
europäischer Ebene haben.
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Welches Europa wollen wir bauen? Die wichtigsten Schlagworte der Debatte:
http://local.attac.org/rhone/article.php3?id_article=868.
Plan P, ein Verfassungsprojekt für die Völker Europas:
http://local.attac.org/rhone/article.php3?id_article=1275.
Siehe die detaillierte Analyse zum Lissabon-Vertrag (in französich):
http://local.attac.org/rhone/article.php3?id_article=1121.
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Das Europäische Parlament, das von der Gesamtheit der BürgerInnen gewählt wird, übt die
Hauptkontrolle über die europäischen Institutionen aus. Die föderale Regierung geht vom Parlament
aus und nur von diesem. Das Parlament benennt die Mitglieder der konstitutionellen Organe und des
Gerichtshofes. Seine gesetzgebende Gewalt, die sich weitreichend auf alle Angelegenheiten auf
föderaler Ebene bezieht, ist nicht begrenzt außer durch ein Referendum auf Bürgerinitiative.
Die europäischen „Senatoren“ sind Repräsentanten der Mitgliedsnationen und wirken als abgegrenzte
Einheiten mit möglicherweise widersprüchlichen Interessen. Die Senatoren gehen ihrerseits aus den
nationalen und/oder regionalen Parlamenten hervor (gemäß der Wahlmethode einer jeden
Mitgliedsnation).
Eine klare und strikte Hierarchie der Gesetzesnormen
Die Verfassung nimmt wieder ihren Platz an der Spitze der Gesetzeshierarchie ein: jede in einem
Vertrag enthaltene Klausel, die ihr widerspricht, ist null und nichtig. (I-5)
In ihrem Kompetenzbereich dominiert das Recht der EU dasjenige der europäischen Staaten (I-5; II10-3), aber die Trennung der Kompetenzen wird strikt eingehalten. Der Vorrang bei den
gemeinsamen Kompetenzen wird entweder der EU oder den Staaten zugesprochen. Dies wird mit
funktionalen Begriffen ausgedrückt: die Entscheidungshoheit und das Recht, die Weichenstellungen
und gemeinsamen politischen Prinzipien (II-11-2) zu bestimmen, liegt am besten bei demjenigen (der
EU oder den Staaten), der alle Ziele der geplanten Aktion (II-10-2) am besten umsetzen kann (II-102). Die EU darf sich keine neuen Kompetenzen verleihen (II-10-1), außer ihre Verfassung zu ändern,
und dies erfordert die Zustimmung der Bevölkerung (II-19-2).
Die Trennung der Kompetenzen zwischen der EU und den Staaten in der Art, wie wir sie definiert
haben, ist nur als Hinweis zu verstehen. Die Entscheidungen sind an sich sehr offen.
Die Ziele der EU basieren grundlegend auf der Garantie der Grund- und Menschenrechte (I-8). Die
EU und die europäischen Staaten akzeptieren sich im politischen Sinne getrennt voneinander. Dies
wird in operativen Begriffen ausgedrückt: die Umsetzung des Rechts ist an die jeweiligen
Kompetenzen gebunden. Diese Bedingung ist ohne Zweifel nicht ausreichend, aber sie erlaubt das
Problem der Kompetenzen-Konflikte zum guten Teil zu lösen, wenn eine Entscheidung auf
mindestens zwei Kompetenzen einen Einfluss hat. Die Passage zur föderalen Struktur der EU reicht
weitestgehend aus, um die politischen Zuständigkeiten dort zu platzieren, wo die Machtbereiche sind.
In der gegenwärtigen EU müssen die Vorschriften zuvor in die Gesetzesverordnungen der
Mitgliedsstaaten transponiert werden, um angewendet werden zu können. Die aktuelle EU macht von
den Mitteln der Staaten Gebrauch, gleichermaßen auf exekutiver wie legislativer Ebene. Dies beruht
auf dem Faktum, dass die EU auf Verträgen beruht. In der vorgeschlagenen Verfassung sind die
Staaten in der hohen Kammer repräsentiert, die aus den nationalen und regionalen Parlamenten
hervorgeht und mit dem Parlament die Gesetze verabschiedet und ein Vetorecht mit einer 2/3
Mehrheit besitzt (II-24-d). Die Kammer kann auch Berufung beim Gerichtshof einlegen, wodurch die
Respektierung der Regeln der Kompetenzen-Teilung sichergestellt wird (II-10-3).
Eine Beziehung zum Völkerrecht, die auf den Rechten der Individuen beruht
Die EU trägt zur Entwicklung des Völkerrechts bei, wenn dieses auf den Rechten der Individuen
beruht. Sie bestimmt Anordnungen bezüglich des Asylrechts und definiert eine Einwanderungspolitik
und Aufnahmebestimmungen, die konform mit den internationalen Konventionen sind und die
Grundrechte respektieren (I-2-2).
Die EU schreibt in ihrem Kompetenzbereich Modelle vor und garantiert diese bezüglich der
Produktion, des Konsums und der Verteilung der natürlichen Ressourcen, die allen Menschen ein
würdiges Leben ermöglichen und die Ökosysteme schützen, ohne die Befriedigung der
Grundbedürfnisse zukünftiger Generationen und anderer Völker auf dem Planeten in Frage zu stellen
(I-2-4).
Eine Gewaltenteilung ähnlich derjenigen der parlamentarischen Systeme
Das föderale Parlament ist aus einem Parlament (II-21) und einer hohen Kammer, die einem Senat
äquivalent ist (II-24), zusammengesetzt. Die Abgeordneten werden zur Hälfte in den Wahlkreisen
gewählt, im Verhältnis von einem Abgeordneten pro zwei Millionen BürgerInnen, mit einem Minimum
an Abgeordneten pro Mitgliedsnation. Und zur anderen Hälfte werden sie nach allgemeinem
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Verhältniswahlrecht – oder durch Losziehung 4 aus einer europäischen Liste – gewählt. Diese Option
wurde eingefügt, um eine Diskussion auszulösen. Die Losziehung der Repräsentanten (unter
Freiwilligen) könnte mit der Wahl kombiniert werden und ein Stadium des Auswahlprozesses bilden.
Direkt ausgeübt verdient dieser Vorschlag Beachtung (es ist an sich kein neues Prinzip), sofern er den
demokratischen Kontrollmechanismen beigefügt wird. Die Mitglieder der Hohen Kammer (II-24-a)
werden zum Teil von jedem nationalen oder regionalem Parlament der europäischen Staaten gewählt,
in der Anzahl proportional zur repräsentierten Bevölkerung, und zum Teil von den nationalen
Parlamenten mit vier Gewählten pro nationalem Parlament der europäischen Staaten. Diese
Modalitäten streben insbesondere das Gleichheitsprinzip der BürgerInnen in striktester Weise an.
Die Regierung der EU (II-23) wird unter der Autorität des Premierministers von einem Ministerrat
ausgeübt. Dieser entsteht allein aus dem Parlament. Letzteres kann ihm das Misstrauen
aussprechen 5.
Wir haben einen EU-Präsidenten eingeführt (II-22), aber seine Befugnisse sind begrenzt, sogar
symbolisch (ausgenommen eine Repräsentantenrolle auf internationaler Ebene): diese Option kann
ausgelassen werden, ohne das vorgeschlagene institutionelle Gleichgewicht zu stören.
Der Gerichtshof (Verfassungsgerichtshof) besteht aus dreißig Richtern, die je zu einem Drittel alle drei
Jahre ausgetauscht werden. Die Amtszeit ist nicht verlängerbar und die Richter sind unabsetzbar. Die
Mitglieder des Tribunals, das aufgrund der Gesetze der EU eingesetzt wird, werden für sechs Jahre
gewählt, je zur Hälfte alle drei Jahre. Die Amtszeit ist ein Mal verlängerbar. Die Richter, die
Staatsanwälte und die Mitglieder des Tribunals werden vom Parlament ernannt, nachdem ein Bericht
eines Prüfungsausschusses erfolgt ist, der vom Parlament und der Hohen Kammer zu gleichen Teilen
bestimmt wird (II-25-a).
Die Verteilung der Gewalten, die den legislativen, exekutiven und judikativen Organen gewährt wird,
ist klassisch: das Parlament stimmt über die vorgeschlagenen Gesetze der Abgeordneten, Mitglieder
der Hohen Kammer oder der Regierung ab; die Regierung stellt den Haushaltsentwurf auf, über den
das Parlament abstimmt. Die Vorschläge, die aus Bürgerinitiativen hervorgegangen sind, werden
einem Referendum unterworfen, das Parlament stimmt nicht über diese ab. Es wäre wünschenswert,
dass dies mehr zur Debatte stünde.
Referendum: Anwendung und demokratische Tragweite
Die Volkssouveränität ist auf konstitutioneller Ebene durchgesetzt, was gleichermaßen bedeutet,
dass die verfassungsgebende Gewalt von den eingesetzten Gewalten getrennt ist: die gegenwärtige
Verfassung unterliegt einer organisierten europäischen Wahl, am selben Tag, von der Gesamtheit der
EU-BürgerInnen (III-48); jede Verfassungsänderung (III-53; II-19-2) und jeder Vertrag, der die
Ausarbeitungsregeln der internationalen Politik definiert (II-19-1) müssen durch ein Referendum
ratifiziert werden. Ein Referendum auf Regierungsinitiative ist sonst in keinem anderen Fall
vorgesehen.
Das Referendum auf Volksinitiative wird eingeführt (II-19-3). Seine Reichweite umfasst: die
Einführung, Änderung oder Abschaffung von Gesetzen, weiterhin die Abschaffung von Verordnungen
und die (Nicht-)Ratifizierung von internationalen Verträgen, die bereits von der EU genehmigt wurden
(die Petitionsschwelle, um ein Referendum durchzuführen, liegt dabei bei 1 % der Wähler).
Eine minimale Anzahl von Abgeordneten der nationalen Parlamente kann die Abhaltung eines
Referendums über ein Gesetzesprojekt durchsetzen (II-19-5).
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Ein Recht auf ehrliche und pluralistische Information, die nicht nur aus leeren Phrasen besteht
Die BürgerInnen haben ein Recht darauf, einfachen Zugang zu pluralistischen und entgegengesetzten
Informationen zu haben, und das Recht auf Einführung von Analysen, Fragen und Vorschläge (II-36)
in der öffentlichen Debatte: weder die politische Freiheit noch die Gleichheit sind möglich ohne
effiziente Vermittlung durch ehrliche und pluralistische Medien.
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Zum Nachlesen: „Prinzipien einer repräsentativen Regierung“: Principes du gouvernement représentatif, B.
Manin ou « Tirage au sort ou élection ? Démocratie ou aristocratie? », É. Chouard :
http://www.agoravox.fr/article.php3?id_article=19301.
Diese Maßnahme geschieht aufgrund einer einfachen Mehrheit (II-21-a) (in der gegenwärtigen EU mit einer 2/3Mehrheit).
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Ein öffentlicher Informationsdienst 6 (II-36). Die Mitgliedschaft in diesem Dienst ist frei (die
betroffenen Journalisten sind keine Beamten); sie erfordert lediglich von den beigetretenen
Journalistenverbänden die Anerkennung der so genannten München-Charta 7 und die Verpflichtung,
selbst ihre Führungskader zu wählen. Seine Finanzierung und die Kontrolle der Anerkennung des
journalistischen Pflichtenkatalogs fallen in die Zuständigkeit einer unabhängigen Versammlung, die
von jeder anderen öffentlichen Gewalt unabhängig ist: der Kammer der öffentlichen Medien. Die
Mitglieder dieser Vereinigung sind zur Hälfte gewählt und zur Hälfte per Losziehung mitten unter den
BürgerInnen ermittelt. Die Presseorgane, die dem öffentlichen Dienst beigetreten sind, werden als
einzige durch den Staat und zusätzlich von den BürgerInnen (mit Beschränkungen) finanziert. Die
Verbreitung von Reklame ist in allen Organen der öffentlichen Presse verboten.
EU-BürgerInnen und Menschen mit Wohnsitz in den europäischen Staaten können Dokumente von
jeglichen Institutionen einsehen, es sei denn, das Recht verbietet dies aus Gründen des öffentlichen
oder privaten Interesses; die Parlamentskammern tagen öffentlich (II-37).
Ein wirtschaftlicher Rahmen, der von Feudalismen befreit ist
Falls die Mission des europäischen Systems der Zentralbanken gleichzeitig die Beschäftigung, die
nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und die Preisstabilität (II-29-2) beinhaltet, so ist die Macht der
europäischen Zentralbank ansonsten auf eine rein exekutive Rolle reduziert im Rahmen eines
doppelt veränderten Geldsystems:
Die den Institutionen anvertrauten Gelder dürfen nichts anderes als die öffentlichen
Investitionsausgaben zu finanzieren. Die Schuldentilgung und die Ausgaben für das Funktionieren der
öffentlichen Ämter müssen über die Steuern finanziert werden (II-29-6). Unter diesen Bedingungen
müssen die Budgets der EU und der europäischen Staaten in Bezug auf die Einnahmen wie
Ausgaben ausgeglichen sein (Ausnahmen bestehen bei einem mehrjährigen Finanzrahmen: II-39 bis
41).
Das europäische Parlament sollte (mit Beratung des Rechnungshofes) über den Anteil der
öffentlichen Investitionen entscheiden, der durch Geldschaffung aufgebracht wird, und im Rahmen
des Kompetenzgebietes der EU liegt.
Der Plan P hebt die neoliberale Reform, die darin bestand, der Obrigkeit das Recht auf
Geldschaffung und auf Nutzung des Geldes ohne Zins wegzunehmen, auf 8.
Mit nichts wäre es zu rechtfertigen, dass man die Nutznießung der Geldausschüttung bei den privaten
Mächten belässt und die Kontrolle über diese Ausschüttung bei den öffentlichen, vollkommen
unabhängigen Instanzen beibehält, dank der Ersteren 9.
Die Regel, nach der die Europäische Zentralbank einzig dazu befugt ist, Eurogeld zu schaffen,
(I-29-3) gilt für Geld in allen seinen Formen: Realgeld (in Scheinen und Münzen), aber auch
Kreditgeld (elektronisch, virtuell), was dem Regime des Bankkredits einen strikten Rahmen
auferlegt 10.
Damit das Recht auf Information für die BürgerInnen garantiert ist, muss die Verfassung gewisse Prinzipien
integrieren, die insbesondere von den Generalständen der Medien, die dem Einfluss der wirtschaftlichen und
politischen Mächte entzogen sein sollen (http://www.acrimed.org/article2453.html).
„Erklärung der Rechte und Pflichten von Journalisten“, Charta, die 1971 von einem Journalisten-Kongress
verabschiedet wurde: http://www.acrimed.org/article29.html. Die Respektierung bestimmter Rechte von
Journalisten, die die auf der Pflicht zu informieren beruhen, soll auch eine Verpflichtung für den Staat darstellen.
Diese gesetzliche Bestimmung (Artikel 25 des Gesetzes vom 3. Januar 1973; Artikel 3 des Gesetzes vom 4.
August 1993, in Frankreich) ist in der EU in den Verfassungsrang erhoben worden (Art. 104 des
Maastrichtvertrages, Art. 123-1 im VAU): Es ist der Zentralbank und den Zentralbanken der Mitgliedstaaten (...)
verboten, Überziehungs- oder jede andere Form von Krediten an die Institutionen, Organe oder Körperschaften
der Union, die zentralen Verwaltungen, die regionalen oder örtlichen Obrigkeiten, andere öffentliche
Körperschaften, andere Organisationen oder öffentliche Unternehmen der Mitgliedstaaten zu vergeben; direkte
Akquisition ihrer Schuldverschreibungen von ihnen durch die Zentralbank oder die nationalen Zentralbanken ist
ebenfalls verboten.
F. Morin: Le nouveau mur de l’argent (Die neue Mauer aus Geld) (Hg. Seuil, 2006) und F. Lordon: Quand la
finance prend le monde en otage (Wenn das Finanzwesen die Welt als Geisel nimmt): http://www.mondediplomatique.fr/2007/09/LORDON/15074).
Siehe die Vorschläge von M. Allais: La crise mondiale d’aujourd’hui (Die globale Krise von heute), hg. v. Clément
Juglar, 1999.
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Die Bestimmungen, die zum Neoliberalismus inspirieren, sind weggelassen worden: der freie Verkehr
von Dienstleistungen, Waren und Kapital und die Niederlassungsfreiheit sind nur im Innern der EU
garantiert in einem zuallererst steuerpolitisch, sozial und umweltbezogen harmonisierten Rahmen. Ein
Handlungsverbot, das sich in einer Verfassung an die öffentlichen Mächte richtet, kann nur existieren
in der Absicht, die zivilen und politischen Freiheiten der BürgerInnen zu beschützen 11.
Die Gesetzgebung über Unternehmen und die Steuergesetze werden einander angenähert (II-34).
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Trennung von Politik und Religion
Institutionelle Trennung der Politik einerseits, der Religion und Philosophie andererseits (I-1).
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Sprachen
Für Dokumente und innergemeinschaftliche Beziehungen ist jede Sprache der europäischen
Sprachen in Gebrauch, zusätzlich zu der gemeinsamen Sprache, die die EU noch beschließen könnte
(III-52).
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Was unter anderem noch zu tun bleibt
Eine Charta der Grundrechte, die in der Verfassung (Artikel I-8) als Zweiter Teil vorgesehen ist. Für
diese Charta würden wir Beiträge von verschiedenen Arbeitsgruppen und von zahlreichen sozialen
und politischen Bewegungen in Europa vereinen.
Die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen EU und den europäischen Staaten, wie wir sie definiert
haben, ist bisher nur hinweisender Art bzw. skizzenhaft. Diese Auswahl sollte ebenfalls von sozialen
und politischen Arbeitsgruppen in Europa ausgehen 12.
Wir sollten über die militärischen Aspekte debattieren und Beschlüsse fassen. Manche unserer
Kollegen (besonders die deutschen) sind für einen entschieden pazifistischen Text: eine solche
Orientierung bedeutet nicht die Abwesenheit von Bestimmungen zu Armee und Rüstung in der
Verfassung, im Gegenteil. Welche Entscheidung auch immer getroffen wird, diese Kompetenz sollte
bei der föderalen Ebene liegen.
Die Vervollständigung des Geldkapitels um die Bestimmungen über die Wechselkurskontrolle für die
Eurozone (diese sollten auch im föderalen Kompetenzbereich liegen). Diese Bestimmungen sollten
insbesondere im Einklang mit den Außenhandelsregeln stehen 13.
Eine erneute Sichtung der Anmerkungen über „den Kampf gegen die Steueroasen, wo immer diese
sich auch befinden mögen“ (I-42-1) 14.
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Gegen die willkürlichen Gesetze: «Das Gesetz darf nur solche Handlungen verbieten, die der Gesellschaft
schaden. » (Artikel 5 der Menschen- und Bürgerrechtserklärung von 1789). Siehe auch die ersten zehn
Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung.
Diese Trennung ist nicht entscheidend für die Wahl der juristischen Form Europas, und sie ist nicht
ausschlaggebend, vorausgesetzt, dass sie der Bundesebene eine kohärente Zusammenstellung an
Kompetenzen zuweist und dass sie in den europäischen Staaten Zuständigkeiten aufrechterhält, die es
ermöglichen, Grundlagen des lokalen Lebens und der nationalen Kultur zu regeln. Es geht auch darum, deren
Rahmen zu regeln, deren Aufteilung kann sich im Zuge der Entwicklung des Willens der Völker entwickeln.
Für diesen Aspekt, genau wie für den der gemeinsamen Regeln des Außenhandels, könnte man sich
insbesondere
auf
die
Charta
von
Havanna
von
1948
beziehen
(http://www.wto.org/french/docs_F/legal_f/havana_f.pdf). Siehe auch das Projekt der Verfassung für ein föderales
Europa, das 1944 durch das Legale Komitee der Bewegung Paneuropa des Forschungsseminars für die
Nachkriegs-Europäische Föderation angenommen wurde (http://www.ena.lu). Sein Artikel 66 führt ein
steuerliches Fundament ein, das mit dem Binnen- und Außenhandel verknüpft ist: Die Einnahmen der Union
umfassen auch die Nettohöhen der Zölle, die von den Mitgliedstaaten im Rahmen des Binnenhandels und 50%
der Nettohöhe der Importzölle, die auf Güter, die von außerhalb der Union kommen, erhoben werden.
Für die Steueroasen außerhalb der EU muss diese vage Allgemeinstimmung in genauere Bestimmungen
aufgedröselt werden, die Kriterien und Ausschlussmodalitäten von den Bedingungen des Freihandels/freien
Kapital-, Güter-, Dienstleistungs-, Personenverkehrs etc. beschreibt. Durch diese Präzisionen in der Art und
Weise, in der den Regierenden Verpflichtungen aufgelegt werden, werden sie weniger kriegerisch (auf
internationaler Ebene schafft bekanntlich die Macht das Recht) und von den BürgerInnen kontrollierbar.
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