Kollegiale Kommunikation Lehrer/in

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Kommunikation
E. Kossmeier, PI Linz
Definition: ................................................................................................................................................. 1
Eisbergmodell .......................................................................................................................................... 1
Elemente eines Kommunikationstrainings: ............................................................................................. 2
Kollegiale Kommunikation Lehrer/in - Lehrer/in ...................................................................................... 2
Zusammenarbeit und beruflicher Austausch .................................................................................. 3
Warum funktioniert die kollegiale Kommunikation so oft so schlecht? ................................................... 3
Grundlagen der Kommunikation nach Schulz von Thun („Miteinander Reden“) .................................... 4
Die drei Empfangsvorgänge ........................................................................................................... 5
Über die vielen verschiedenen Aspekte einer Botschaft („die 4 Ohren“) ....................................... 6
Einige Basis-Kommunikationsregeln ....................................................................................................... 8
Kritik üben ................................................................................................................................................ 9
Beachtenswertes für ein Beratungsgespräch .......................................................................................... 9
Das Eltern – Lehrer/in - Beratungsgespräch ........................................................................................... 9
Neben den bereits angeführten Kriterien und Regeln für eine gelungene Kommunikation (siehe oben)
kommt dem Eltern-Lehrer-Gespräch wegen seiner Schwierigkeit eine spezielle Bedeutung zu. ........... 9
Die Idealform - eine Utopie? ........................................................................................................... 9
Hindernisse, Probleme, Fallen ...................................................................................................... 10
Was müsste jede/r Lehrer/in können, um ein gutes Elterngespräch führen zu können? ............. 11
Kommunikation zwischen Lehrer/in und Schüler/in .............................................................................. 11
Dass es mir – oder allen – so scheint, daraus folgt nicht, dass es so ist.
Ludwig Wittgenstein
Hohe kommunikative Kompetenz wird von jeder Lehrerin und jedem Lehrer als wesentlicher Teil der
beruflichen Kompetenz gefordert.
Definition:
Der viel zitierte „pädagogische Eros“, also die Liebe zu den Schülerinnen und Schülern, das
sogenannte „Gespür“ für andere Menschen kann als Definition für eine professionelle Kommunikation
nicht ausreichen.
Grundsätzliche Kriterien für gelungene Kommunikation:
 menschenwürdiger Umgang mit JEDEM Menschen,
 achtende und wertschätzende Haltung gegenüber jedem anderen Individuum.
Eisbergmodell
Jede Lehrerin, jeder Lehrer steht als Mensch mit individueller Erfahrungs- und Beziehungsebene,
mit eigenem privaten Bereich und eigener Intimsphäre denen gegenüber, mit denen sie/er beruflich
verbunden ist: Schülerinnen und Schülern, Kolleginnen und Kollegen, Eltern, Chef/in usw.
Jeder Kontakt und auch Konflikt ist beeinflusst durch diese Ebene, die bewusst oder unbewusst
Sympathie- und Antipathie-Gefühle auslöst. Ohne professionelles Training kann niemand
professionelle Kommunikation garantieren
1
Das „Eisbergmodell“: Trotz
anscheinender
Kommunikation auf dem
„sichtbaren“ Bereich der
Sachebene schwingen bei
jedem Kontakt die
Beziehungs- und
Erfahrungsebene mit (und
„drängen“ sich oft auf,
ohne dass dies bemerkt
wird). So können
Sachfragen auch als
„Scheingefechte“ für
tiefgehendere
(unbewusste) Probleme
verwendet werden! –
KONFLIKTLÖSUNG ist
NUR durch entsprechende
Erkenntnis möglich!
SACHEBENE
ERFAHRUNGSEBENE
BEZIEHUNGSEBENE
Elemente eines Kommunikationstrainings:
Kommunikationskompetenz ist die Basis jeder Sozialkompetenz und muss immer wieder trainiert
werden.
Siehe auch unter www.sozialkompetenz.at/soko.htm Menüleiste: Lehrgänge
Wesentliche Kompetenzen, die gelungene Kommunikation braucht:
 wertschätzend miteinander reden können:
 Ich-Botschaften statt Du-Botschaften senden („auf mich wirkt etwas wie...“, „ich empfinde
etwas so...“ statt „du bist, du hast, du tust...“)
 Aktives Zuhören: nachfragen statt vermuten bzw. interpretieren bzw. unterstellen
 Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung miteinander in Einklang
 bringen. Feedback ernst nehmen und annehmen.
 Den eigenen Schatten im anderen erkennen
 Mit Konflikten umgehen, Konflikte lösen
 Vertraut werden mit den eigenen Stärken und Schwächen
 Vertrauen entwickeln in die Leistungen und Werte des Gegenübers
 Klarheit über die jeweilige Rolle in unterschiedlichen Beziehungsfeldern gewinnen
 Mit den eigenen Gefühlen und den Gefühlen anderer sorgsam, aufmerksam und nicht wertend
umgehen
 Sich und die eigene Arbeit angemessen und professionell darstellen und präsentieren
 Die Fähigkeit sich zu zentrieren und dennoch die Umgebung wahrnehmen zu können
 Und vieles andere mehr, je nach Schwerpunkt, Beziehungsfeld und Unterthema des
jeweiligen Trainings
Kollegiale Kommunikation Lehrer/in - Lehrer/in
Die kollegiale Ebene ist auch die Arbeitsebene. Zusammenarbeit kann nur funktionieren, wenn
ausreichend Kommunikationskompetenz im Lehrkörper vorhanden und sichtbar ist.
Lehrer/innen müssen einander nicht mögen, sie müssen einander respektieren und
miteinander arbeiten können!
Sie sind, ob es ihnen bewusst ist oder nicht, eine Arbeitsgemeinschaft:
gemeinsamer Arbeitsplatz
gemeinsames „Klientel“
gemeinsame Aufgaben
2
Kontakt und Konfliktpotential liegen im beruflichen Austausch über Unterricht,
Unterrichtsmethoden, pädagogische Fragen, Projektmanagement, Schulklima, Öffentlichkeitsarbeit,
gemeinsam zu beschließende Maßnahmen usw.
Zusammenarbeit und beruflicher Austausch
Kriterien/Indikatoren einer gelungenen Kommunikation:
 Vereinbarungen können gemeinsam getroffen werden
 Lehrer/innen kooperieren miteinander
 Lehrer/innen haben eine professionelle Diskussions- und Streitkultur
 Arbeitsprozesse werden so strukturiert, dass sie möglichst effizient und gleichzeitig
ressourcenschonend vor sich gehen
Miteinander kooperieren zu können bedeutet Professionalisierung.
 Was Lehrer/innen bisher gelernt haben, ist Strategien zu entwickeln, wie sie als
Einzelkämpfer/innen in ihrem Beruf, der an die Lehrer/innen höchste und auch neue
Anforderungen stellt, durchkommen können.

Was Lehrer/innen bisher NICHT gelernt haben, ist eine effektive und ressourcenschonende
Zusammenarbeit innerhalb des eigenen Lehrkörpers.
Je mehr Autonomie die einzelnen Schulen erhalten, umso mehr ist in weitreichendem Maß diese
Kooperationskompetenz gefordert.
Die Schule braucht im Sinne der Autonomie einen eigenen Platz auf dem „Markt“, muss sich
positionieren durch ein eigenes Leitbild, Schulprofil, Schulprogramm. Dafür müssen die
unterschiedlichsten Aktionen gesetzt, Maßnahmen erarbeitet, beschlossen und durchgeführt werden.
Damit sich ALLE Lehrer/innen mit allen Maßnahmen identifizieren und sie damit mittragen können,
sind Kooperationskompetenz und Koordinationsfähigkeiten aller Lehrer/innen gefragt und
gefordert.
Meistens müssen diese Fähigkeiten als neuer Aufgabenbereich erst erlernt werden!
Gleichgestellte können relativ autonom agieren, andererseits sind sie in hohem Maße
aufeinander angewiesen.
Um gemeinsam wirksam zu werden, müssen sie ständig miteinander kommunizieren –
Sichtweisen austauschen und Interessen aushandeln.
(B.Heitger)
Warum funktioniert die kollegiale Kommunikation so oft so schlecht?
Es gibt grundsätzliche Schwierigkeiten, die sich durch die beruflichen Rahmenbedingungen ergeben:
1. das Autonomie-Paritätsmuster (C. Lortie), das als mentales Muster der Organisation Schule
zugrunde liegt:
 Autonomie: niemand darf einem Kollegen, einer Kollegin etwas drein reden, Lehrer sind
„Autopiloten“
 Parität: der Mythos von Gleichheit wird nach außen hin hochgehalten! Das geht so weit,
dass es in der Schule für besonders aktive Lehrer/innen den Satz gibt: „Der/die will sich ja
nur (!!) profilieren!!“
Lehrer/innen pflegen den scheinbaren „Mythos der Gleichheit“: alle Lehrer/innen sind offiziell
gleich, „gleich gut“, „gleich fleißig“, „gleich qualifiziert“ und werden daher auch gleich bezahlt, egal
wie viel/wie wenig und in welcher Qualität sie arbeiten – es gibt keine leistungsorientierte
Bezahlung. Es gibt auch kaum Kontrolle der Leistung – die Kontrolle verlagert sich durch diesen
Mangel an jeglicher Leistungskontrolle in die Lehrerschaft selbst, wo sie NICHT hingehört und der
Kommunikation und Kooperation schadet bzw. ständige Konfliktfelder provoziert. Verstärkend ist
dabei das 2. mentale Muster
3
2. der „antihierarchische Affekt“ (M. Krainz-Dürr)
Hierarchie wird nur als Macht gesehen und empfunden, nicht als (wichtige?) Funktion. Daher gibt
es den üblichen „Reflex“: Wenn etwas nach Leitung „riecht“, baut sich Widerstand auf. Dabei wäre
es extrem wichtig, dass Leitung als Funktion in vielen Bereichen übernommen wird, was im
Grunde die Übernahme von Verantwortung für unterschiedliche Bereiche, Arbeitsgruppen,
anstehende Themen usw. bedeutet.
Gründe dafür (M.Krainz-Dürr):
 Tradition in der Schule ist bürokratisch: Gesetze und Anordnungen werden daher eher
„durchgetaucht“ als ernst genommen und als Einschränkung und Belastung empfunden.
Die Lehrer übertragen dieses Muster auf die Organisation, was sehr schade ist, denn
eine Organisation ist dazu da, eine Arbeit zu erleichtern, nicht sie zu erschweren!
 Menschen in Sozialberufen (=Schule) sind mehrheitlich eher mit sozial Schwachen
identifiziert, daher als Reflex die Scheu vor Leitung.
3. Lehrer/in zu sein bedeutet für viele in gewisser Weise ein Leben in einem
„Richtig-Falsch-Wertesystem“. Das ständige Werten und Beurteilen, das einen Teil des
beruflichen Lebens ausmacht, erschwert die gegenseitige Toleranz gegenüber gegensätzlichen
Auffassungen. („Ich weiß, wie es richtig ist!“)
4. Die den Lehrerinnen und Lehrern vom Gesetz her zugesagte Methodenfreiheit
Bewirkt gemeinsam mit den oben genannten Faktoren in der Praxis eine TABUISIERUNG des
Unterrichts. Es findet kaum ein Austausch über das eigentliche Kerngeschäft jeder Lehrerin, jedes
Lehrers, nämlich den Unterricht, statt. Was hinter der geschlossenen Klassenzimmertüre vorgeht,
wird oft wie ein Geheimnis gehütet. Das erschwert die gemeinsame Erstellung von
pädagogischen Konzepten und den offenen und ehrlichen beruflichen Austausch.
Grundlagen der Kommunikation nach Schulz von Thun („Miteinander Reden“)


Kommunikation passiert zuerst NONVERBAL.
Sender und Empfänger tragen in sich „Bilderwelten“, die sie in Sprache übersetzen bzw.
zurückübersetzen. Kommunikation ist nur im „Überschneidungsbereich“ möglich. Je deutlich und
klarer die eigenen Vorstellungen in Sprache umgesetzt werden können, umso größer ist die
Chance auf Verständigung.
Sender
Empfänger
Verständigungsbereich

Sender
Empfänger
Keine Verständigung
Jenseits der Sprache geht es um die Haltungen / Einstellungen des Senders / Empfängers,
um die Gefühle, mit denen jemand auf den anderen zugeht, die Ängste, Vorurteile, die
(angelernten und erlebten) Beziehungsmuster, um das eigene Selbstbild, eigene
Verhaltensmuster, Moralvorstellungen usw.
4
Die drei Empfangsvorgänge
Die innere Reaktion des Menschen baut sich aus drei Vorgängen auf, die man auseinander zu halten
lernen sollte:
WAHRNEHMEN: was sehe ich? (z.B. Blick, Stirnrunzeln...) was höre ich? (z.B. die Frage: bist du im
Stress?)
INTERPRETIEREN: welche Bedeutung hat für mich das Wahrgenommene? (z.B. ein Blick kann als
„abfällig“ interpretiert werden, die Frage „Bist du im Stress“ als Kritik...)
Die Interpretation kann RICHTIG oder FALSCH sein !!!
FÜHLEN: mit welchem Gefühl reagiere ich auf das Wahrgenommene und das Interpretierte?
Das Gefühl ist eine Tatsache und unterliegt NICHT der Beurteilung „richtig oder falsch“ !!
In der Regel verschmelzen diese 3 Vorgänge zu einem „Kuddelmuddel-Produkt“:
.: Eine Frau berichtet ihrem Mann über ihre Pläne. Als der Mann die Stirn ein wenig runzelt, ruft sie
erzürnt: „nun mach doch nicht gleich wieder so ein angewidertes Gesicht!
z.B
Es ist wichtig, die inneren Vorgänge zu sortieren, um zu erkennen, dass meine Reaktion immer meine
Reaktion ist – mit starken eigenen Anteilen. Die eigenen Anteile können dann überprüft werden,
z. B.: „Du runzelst die Stirn – passt dir das nicht, was ich vorhabe?“
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Über die vielen verschiedenen Aspekte einer Botschaft („die 4 Ohren“)
Schulz von Thun („Miteinander Reden“1 und 2) entwickelt das Modell der „vier Ohren“. Jede
Botschaft kann auf vier verschiedenen Ebenen wahrgenommen und interpretiert werden.
Genauso kann der Hintergrund jeder gesendeten Botschaft vierfach gefärbt sein.
Da die meisten Menschen etwas Gehörtes interpretieren ohne nachzufragen und auf das
(selbst)Interpretierte reagieren statt z.B. nachzufragen, entstehen Missverständnisse und Konflikte
– die Kommunikation erfährt eine mehr oder weniger empfindliche Störung.
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Genauso „verstecken“ Sender oft das, was sie z.B. eigentlich auf der Beziehungsebene, Appellebene
oder Selbstoffenbarungsebene sagen wollen, hinter einer Sachebene (siehe Eisbergmodell) – es
kommt zu Konflikten, die den eigentlichen Konflikt aussparen und daher nicht gelöst werden
können!
Zum Bildbeispiel „Du, da vorne ist grün!“ „Fährst du oder fahre ich?“:
1.Sachinhalt
oder: Worüber ich informiere
„die Ampel ist grün“
2. Selbstoffenbarung
oder: Was ich von mir selbst kundgebe, was ich über mich selber sage
„ich habe es eilig“, oder „ich bin wach und denke mit“
3. Beziehung
oder: Was ich von dir halte und wie wir zueinander stehen
je nach Tonfall: „ich traue dir nicht recht zu, dass du ohne mich gut fahren kannst“
4. Appell
oder: Wozu ich dich veranlassen möchte
„gib Gas, dann schaffen wir es noch bei Grün“
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Einige Basis-Kommunikationsregeln
Damit Missverständnisse möglichst vermieden werden können, gilt als wichtigste Regel:
• Nachfragen statt interpretieren
• Nachfragen statt unterstellen
Beispiel: Schüler: „Ich schaffe diese Übung nicht“
kommunikationsbehindernde
Antwort: Lehrer: „Du hast die Zeit übersehen und zu spät angefangen zu lernen!“ –
Interpretation (kann richtig oder falsch sein !!) fördert Widerstand und den Abbruch der
Kommunikation und kann auf allen Ebenen missdeutet werden: Beziehungsohr „die Lehrerin mag
mich nicht“, Appellohr: „sie glaubt, ich hab nichts anderes zu tun als immer nur für ihr Fach zu lernen“,
Selbstoffenbarung: “heute ist sie wieder total schlecht drauf“
kommunikationsfördernde Antwort: „du hast Probleme mit dieser Übung? Was sind das genau für
Probleme?“
die Kommunikation kann in wertschätzender Atmosphäre fortgesetzt werden – LERNEN (=das Ziel
der Schüler-Lehrer-Beziehung) wird möglich.
Beispiel 2 : Sohn: “Mir ist schlecht!“
Vater: kommunikationsbehindernd: „Rauch nicht so viel!“
Vater: kommunikationsfördernd: „Du fühlst dich nicht wohl? Willst du Hilfe von mir?“
Thomas Gordon nennt diese Art des Nachfragens auch aktives Zuhören, also das aktive Bemühen
des Empfängers, genau herauszufinden, was der Sender eigentlich sagen will.
Zweite Grundregel:
Ich-Botschaften senden statt Du-Botschaften
Die Ich-Botschaft macht deutlich, dass es sich bei dem Gesagten um die EIGENE Sichtweise
handelt, die möglicherweise auch falsch sein kann. Der Empfänger hat die Möglichkeit, etwas zu
erklären oder zu differenzieren – die Kommunikation kann fortgesetzt werden.
Beispiel 1:
Lehrer: „Was ist los? Für mich sieht es aus, als würdest du dich für diese Übung gar nicht
interessieren. Ist das so?“
Beispiel 2:
Lehrer: „Ich erlebe deine Antworten als abwertend meiner Person gegenüber. Spüre ich das richtig,
dass du etwas gegen mich hast?“
Die Du-Botschaft interpretiert den Empfänger und „nagelt“ diesen fest. Meistens beendet die DuBotschaft eine Kommunikation oder führt zum Konflikt.
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Beispiel 1: „Du interessierst dich ja überhaupt nicht für diese Übung! Kein Wunder, dass du sie nicht
schaffst!“
Beispiel 2: „Du gibst mir ständig patzige Antworten. Wenn du mich nicht magst, kannst du auch nichts
vom Unterricht profitieren!“
Kritik üben
Lehrerin und Lehrer erlebt sich häufig in der Position der/des Kritisierenden
Kritik kann wesentlich besser angenommen werden, wenn sie auf der wertschätzenden Basis der
grundlegenden Kommunikationsregeln basiert:
 nachfragen statt interpretieren
 Ich– Botschaften statt Du-Botschaften senden
Beispiel 1: „ Ich ärgere mich, wenn ich so lange brauche, um deine Schrift entziffern zu können.
Warum schreibst du so unleserlich?“ (eigene Gefühle mitkommunizieren)
Beispiel 2: „ Ich nehme dich im Unterricht kaum wahr. Liegt das an mir oder an dir?“ (Freiraum lassen
für Erklärungen)
Beispiel 3: „Ich bin ratlos und mache mir Sorgen um euren Lernfortschritt. Wo seht ihr die Gründe für
eure schlechten Leistungen? Ich denke viel darüber nach, aber ich komme zu keinem klaren
Ergebnis.“ (eigene Ratlosigkeit zugeben)
Beispiel 4: „Ich möchte nicht, dass du so mit mir sprichst. Das macht mich wütend und verletzt mich.“
(eigene Betroffenheit zeigen)
Da Situationen, in denen eine Kritik notwendig erscheint, häufig von mehr oder weniger Emotionen
begleitet sind, ist ein Kommunikationstraining hier von besonderer Bedeutung. Es ist der Sinn der
Kritik, eine positive Wirkung auszulösen. Alles andere fällt letztlich nicht in den Bereich der Kritik,
sondern in den Bereich der Beleidigung, Rache, Verletzung und wird im besten Fall „Ruhe“ herstellen,
Widerstand brechen, nicht aber zu Einsicht führen.
Beachtenswertes für ein Beratungsgespräch








auf klimatisch möglichst angenehme Rahmenbedingungen achten
grundsätzlich wertschätzende Grundhaltung (Körpersprache) und Einstellung (innere
Bereitschaft, sich auf das Gegenüber einzulassen)
aktives Zuhören
nachfragen statt interpretieren
Ich-Botschaften statt Du-Botschaften
Durch gute Fragen soll der zu Beratende selber Lösungen entwickeln können
Das Problem muss immer bei der Person bleiben, die es hat
Nähe zum zu Beratenden bei gleichzeitiger Distanz zur eigenen Person, zur eigenen
Geschichte
Das Eltern – Lehrer/in - Beratungsgespräch
Neben den bereits angeführten Kriterien und Regeln für eine gelungene Kommunikation (siehe oben)
kommt dem Eltern-Lehrer-Gespräch wegen seiner Schwierigkeit eine spezielle Bedeutung zu.
Die Idealform - eine Utopie?

Im Grunde genommen unterhalten sich in einem Lehrer-Eltern-Gespräch zwei „Profis“ über
einen jungen Menschen.
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Die Mutter bzw. der Vater kennt als Erzieher/in das Kind und kann ihr bzw. sein Wissen über
Wesen und Charakter, eventuell private Erfahrungen und Erlebnisse des eigenen Kindes
einbringen.
Die Lehrerin, der Lehrer kennt das Kind in seinem Lern- und Gruppenverhalten.
Beide „Spezialisten“ tragen nun im Interesse des Kindes ihr Wissen zusammen.
Gibt es keine größeren Problem, so ist der gegenseitige Austausch in jedem Fall für das Kind
fruchtbringend, weil sich auf beiden Seiten der Horizont erweitert hat.
Gibt es Probleme, versuchen Eltern und Lehrer gemeinsam aus den gegenseitigen
Informationen eine gute Lösung bzw. einen Aktionsplan für das Kind zu erarbeiten.
Hindernisse, Probleme, Fallen



Eltern haben als Eltern keine Ausbildung. Daher reagieren sie sehr oft nicht „erwachsen“ auf
die Probleme ihres Kindes, sondern hilflos, was sich sowohl in Verzweiflung als auch in
Aggression äußern kann.
Eltern haben ihre eigenen Schulerfahrungen gemacht und sitzen in 70 % der Fälle mental
als „Schüler/in“ vor der Lehrerin, dem Lehrer und nicht als „Profi“ in Sachen Erziehung des
eigenen Kindes
Lehrer/innen haben leider auch meistens keine Ausbildung in Gesprächsführung und
Beratung. Beim Elterngespräch ist es aber ihre Aufgabe als ausgebildete Lehrer/innen, ein
Beratungsgespräch professionell führen zu können. Gerade im Elterngespräch bräuchte jede/r
Lehrer/in die Fähigkeit mit Konflikten umgehen zu können,
Von Lehrern und Lehrerinnen darf / muss man Kommunikationskompetenz verlangen, von
Eltern nicht!
Die Lehrerin, der Lehrer ist der - ausgebildete – „Profi“!
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Was müsste jede/r Lehrer/in können, um ein gutes Elterngespräch führen zu können?




Die klare Sicht auf die Rollen: wie werden die Mutter / der Vater und die Lehrerin/ der Lehrer
„Partner“ im Interesse des Kindes? Notfalls muss die Lehrkraft den betreffenden Elternteil auf
gleich Stufe „anheben“
Es ist nicht die Aufgabe der Lehrerin, des Lehrers, die Eltern zu belehren! – Es geht im
Elterngespräch um Beratung, um Austausch – im Interesse des Kindes!!
Konfliktmanagement und Konfliktberatung
Distanz zur eigenen Geschichte bzw. reflektierte Haltung gegenüber eigenen Erfahrungen und
Erlebnissen (siehe oben : Beratungsgespräch)
Kommunikation zwischen Lehrer/in und Schüler/in
Alles bisher Gesagte gilt auch für das Gespräch Lehrer/in – Schüler/in.
Das Problem in diesem Feld ist das Machtgefälle.
Die Leitung und Führung liegt bei der Lehrkraft.
Mit der eigenen Macht und Autorität gut umgehen zu können, und zwar so, dass zu jeder Zeit eine
wertschätzende Grundhaltung erkennbar und sichtbar ist, ist ein wichtiges Feld in jeder
Sozialkompetenz-Ausbildung!
Für alle Gespräche, ob mit Schülerinnen und Schülern oder mit Eltern gilt, dass die Person mit der
Kommunikationskompetenz stets die Lehrerin / der Lehrer ist und es daher an ihr/ ihm liegt
professionell zu handeln und z.B. einen Konflikt nicht bis zur Zerstörung beider Parteien ausufern zu
lassen.

Selbstverständlich gibt es Schüler- und Eltern-Bemerkungen, die beleidigend sind, ungerecht
und die Menschenrechte verletzen.
Es liegt dennoch an der betreffenden Lehrerin und dem Lehrer, damit auf professionelle
Weise umzugehen.

Außerdem muss allen Lehrerinnen und Lehrern klar sein, dass sie in jedem Fall Modell sind
für die Schüler/innen dafür,
o Wie man miteinander redet
o Wie man Konflikte löst
o Wie man z.B. Ärger ausdrückt
o Wie man auf Widerstand reagiert
o Wie man Leitungsfunktion ausübt
o Usw.
Kein den Schülern und Schülerinnen angebotenes Kommunikationstraining
ist in einem so hohen Maß wirkungsvoll wie die täglichen Modelle, die die
Schüler/innen in all ihren Lehrern und Lehrerinnen vorgeführt bekommen!
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