Tabu und Vorurteile

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„der Weg“ Nr. 2/März 2011
Editorial ......................................................................................... 2
Ist es schlimm, blind zu sein? .................................................... 2
Tabu und Vorurteile ....................................................................... 4
Tabus oder Verbote ................................................................... 4
Sexualität und Behinderung – das ultimative Tabu .................... 6
Mein Name ist tabu .................................................................... 9
Und wie geht es deinen Blinden? ............................................ 11
Jugendliche ohne Tabus bauen Vorurteile ab .......................... 12
Im Schatten des Scheinwerferlichts ........................................ 15
Fokus .......................................................................................... 18
Von Mistern und Missen .......................................................... 18
«Es führen viele Wege nach Rom» ......................................... 20
Kinderkrankheiten einer jungen Idee. Ein Kommentar ............ 25
Magazin ....................................................................................... 30
Milestone als Farberkenner und Barcodeleser ........................ 30
Au-delà de la vue: Keine Identifikation möglich ....................... 31
Licht am Ende des Tunnels ..................................................... 34
Verband ....................................................................................... 35
IVG-Revisionspaket 6a/6b ....................................................... 35
Nachrichten aus der Interessenvertretung .............................. 36
Jubiläumsfeier des SBV am 1. August auf dem Rütli .............. 37
Kandidaten gesucht! ................................................................ 39
Die erste von sieben ................................................................ 39
Veranstaltungen ....................................................................... 40
Leserbrief: Kreativgruppe Biel ................................................. 43
Herzliche Gratulation, tanti auguri, joyeux anniversaire .......... 44
Inserate ....................................................................................... 44
Reinecker MANO ..................................................................... 44
Tagarno IBIS HD ...................................................................... 45
Werden Sie unabhängig mit Hilfsmitteln von Accesstech ........ 45
A G Y P T EN ........................................................................... 46
MANRA Hilfsmittelvertrieb ....................................................... 46
Zweiter internationaler Cup ..................................................... 47
5. Prix Canne blanche ............................................................. 47
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Erholungszentrum des Vorarlberger Blinden- und
Sehbehindertenverbandes ...................................................... 48
Kurse für Ehrenamtliche des SBV ........................................... 48
Gurtenfestival 2011 .................................................................. 49
ONKYO Braille Contest ........................................................... 49
Impressum .................................................................................. 50
Titelbild
«Warum essen blinde Menschen so gerne Sesambrötchen?» Die
Frage steht auf einem Zettel, der auf blauem Grund liegt. Essen
Blinde wirklich lieber Sesambrötchen als andere? Wer behauptet
denn so etwas? Die Frage regt zum Nachdenken an. Sie
provoziert Bilder und vielleicht sogar Vorurteile. Deutschschweizer
kennen die Frage als Anfang eines Witzes: «Weil da immer so
schöne Kurzgeschichten drauf stehen», lautet die Antwort. Witze
rühren an Tabus und spielen mit Vorurteilen. Ja es kann ihnen
sogar gelingen, Vorurteile zu entlarven.
Rückseite
Der Verein Blindspot organisiert im Sommer, Herbst und Winter je
ein Ferienlager für blinde, sehbehinderte und normal sehende
Jugendliche. Dabei verlieren die Jugendlichen gegenseitig die
Berührungsängste, bauen Vorurteile ab und Freundschaften auf.
Bilder aus den Blindspotlagern: Ein Kind im Seilpark, eine Gruppe
beim Kanufahren, ein Jugendlicher beim Ski fahren, ein Mädchen
im Zeltlager in einer Badewanne voll Schnee, zwei Jungs beim
Auftritt als Rapper, Streetdance. www.blindspot.ch (Fotos: Jonas
Staub)
Editorial
Ist es schlimm, blind zu sein?
Naomi Jones
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Man fragt Behinderte nicht direkt nach ihrer Behinderung. Schon
als Kind lernen wir dies. Neugierig mustern wir die Frau, die mit
einem langen weissen Stock auf den Boden schlägt, während sie
geht. Welches Spiel spielt sie wohl? «Starr sie nicht an, sie ist
behindert», flüstern die Eltern verschämt. Behinderung muss also
etwas sein, dessen man sich schämt. Oder ist Behinderung gar
so schlimm, dass man nicht einmal danach fragen darf?
Tabus sind ausgesprochene und unausgesprochene
gesellschaftliche Verbote, über etwas zu reden. Es sind Dinge,
die als negativ empfunden werden. Man fürchtet, den andern zu
verletzen, wenn man über das für negativ Gehaltene spricht.
Doch je länger wir unsere Fragen für uns behalten, umso grösser
werden die Vorurteile, umso weniger erfahren wir, ob der andere
seine Behinderung wirklich als schlimm empfindet.
Und so werden wir stumm und wenden uns schüchtern ab.
Zurück bleibt ein Gegenüber, das denkt, wir wollten nichts mit ihm
zu tun haben, denn wir seien Egoisten, die nur mit ihresgleichen
zu tun haben wollten und wir würden alle, die von der Norm auch
nur ganz wenig abwichen, ausschliessen. Auch dies sind
Vorurteile, die aus dem Tabu entstehen. Letztlich aber entstehen
sie aus dem menschlichen Wunsch, niemanden zu verletzen.
Tabus verschleiern eine Tatsache. Sie hindern uns daran, genau
hinzusehen. Sie behindern unsere Erkenntnis. So bleiben wir
undifferenziert in der Angst zu diskriminieren, obwohl das
lateinische Wort «discriminare» nichts anderes heisst als
«unterscheiden», also den Unterschied bzw. die Differenz zu
erkennen.
In unserem Heft versuchen wir zu unterscheiden. Wir fragen,
welche Tabus die Gesellschaft im Umgang mit sehbehinderten
Menschen hat und welche Vorurteile diese allenfalls gegenüber
der Gesellschaft haben. Was sind Tabus genau, woher kommen
sie, und wie können wir Tabus und Vorurteile abbauen? Wir
wagen uns an eines der grössten Tabuthemen überhaupt:
Sexualität und Behinderung. Und wir rühren an ein Tabu, wenn
wir im Fokus-Dossier einen noch jungen Anlass von Frauen mit
einer Behinderung kritisch beleuchten. Wir hoffen, wir täten dies
zumindest so differenziert, dass ein offener Dialog gefördert und
Tabus wie Vorurteile aktiv abgebaut werden.
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Legende: Naomi Jones (Foto: Luzius Dinkel)
Tabu und Vorurteile
Tabus oder Verbote
Jean-Marc Meyrat
Tabu: etwas, über das man aus Scham oder Angst nicht
sprechen darf
Unser Wort «Tabu» findet sich in sämtlichen polynesischen
Sprachen als tapu oder kapu. In Europa etablierte es sich nach
der Rückkehr des britischen Entdeckers und Kartografen James
Cook (1728–1779), der auf einer Forschungsreise unter anderem
nach Tahiti gelangt war.
Ethnologen verstehen unter «Tabu» ein «heiliges» Verbot, dessen
Übertretung eine Bestrafung durch übernatürliche Mächte nach
sich zieht. Im weiteren Sinne meinen wir damit in aller Regel ein
Thema, das man tunlichst nicht anspricht, wenn man nicht gegen
die Anstandsregeln der jeweiligen Gesellschaft verstossen will. Im
Abendland verpönt sind etwa Themen wie Sexualität, Drogen,
Exkremente, Inzest, Beischlaf während der Menstruation – all
diese Dinge sind für uns mit einem Tabu belegt.
Ethnologen dient das polynesische Wort als Überbegriff für
sämtliche Verbote magischer, religiöser oder ritueller Natur, ganz
gleich, in welcher Volksgruppe sie Gültigkeit haben. In
ausnahmslos allen Religionen spielen Tabus eine wichtige Rolle.
Besser wäre es allerdings, von verpönten Begriffen oder Verboten
zu sprechen, zumal das Wort «Tabu» sowohl das Verbot als auch
das Verbotene selbst bezeichnet.
Ursprünglich waren Tabus ein religiöses Phänomen, sozusagen
das negative Pendant zur Heiligkeit, etwas zugleich
Ansteckendes und Gefährliches. Ein Tabu umfasst drei
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Komponenten: den Glauben, dass eine bestimmte Person oder
Sache unrein oder heilig ist; das Verbot, diese Person oder Sache
zu berühren oder zu verwenden, und die Überzeugung, dass ein
Verstoss gegen dieses Verbot automatisch eine Bestrafung des
Übeltäters nach sich zieht, etwa indem sein Körper anschwillt
oder verkümmert, indem er einen Unfall erleidet, seine Ernte
einbüsst oder seine Eltern verliert. Schlimmstenfalls wird die
Übertretung eines Tabus mit dem Tod bestraft, bestenfalls mit
sozialer Ächtung.
Im religiösen Kontext kann ein Tabu auch als Warnung aufgefasst
werden: Demzufolge löst ein Verstoss nicht zwangsläufig eine
Bestrafung aus, sondern die Reaktion einer höheren Macht, die
den Menschen ebenso fasziniert wie ängstigt – und zwar so sehr,
dass er sich allein aus Furcht vor der göttlichen Macht hütet, ein
Tabu zu brechen. Auf Dauer entsteht dabei eine unumstössliche
Regel, die in einen Formalismus münden kann.
Das erste Tabu der Menschheit war das Verbot der Endogamie,
d.h. das Verbot sexueller Beziehungen zwischen engen
Verwandten. Es entwickelte sich weiter zum Inzestverbot, dessen
Umsetzung in den verschiedenen Kulturen immer komplexere
Sozialstrukturen entstehen liess. Das in Stammesverbänden
entstandene Inzesttabu ist inzwischen durch die Gesetze der
Genetik untermauert und deshalb universell. Es untersagt Heirat
und Geschlechtsverkehr zwischen Blutsverwandten.
Interessanterweise ist dieses Tabu nicht auf den Menschen
beschränkt, sondern findet sich auch im Tierreich, insbesondere
bei zwei Menschenaffenarten, nämlich den Schimpansen (Pan
troglodytes) und den Bonobos (Pan paniscus).
Mit der Aufweichung oder dem Verschwinden der Verbote
bezüglich gesellschaftlich tolerierter oder einvernehmlich
zwischen Personen stattfindender Sexualpraktiken wird heute auf
breiter Ebene gegen sexuelle Tabus verstossen, und zwar mit
Handlungen genauso wie im gesellschaftlichen Diskurs. Dadurch
verlieren Tabus zunehmend ihre Bedeutung nicht nur für den
Einzelnen, sondern auch für soziale Gruppen und ganze
Gesellschaften.
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Tabus gehören für uns heute zum Alltag. Über religiöse
Zusammenhänge hinaus erstrecken sie sich längst auch auf
soziale Belange, militärische Aktionen oder die Justiz, bis hin zu
den Ernährungsgewohnheiten.
Krankheiten, allen voran AIDS und Krebs, der Tod,
Körpergerüche, Exkremente, mangelnde öffentliche Hygiene;
Sexualität und Begierde, vor allem in normwidriger Form, also in
traditionellen Gesellschaften insbesondere der Inzest, in
modernen die Pädophilie; Geld, Behinderungen, Betteln; Adolf
Hitlers Gemälde, das Hakenkreuz, die Menschenexperimente der
Nazi-Ärzte, die Kollaboration Frankreichs; Kritik an Religionen –
das sind einige traditionelle und moderne Tabus. Die Liste ist bei
weitem nicht erschöpfend.
Schwere Zeiten für Tabus
Es stimmt: Wer heute eine Zeitung aufschlägt, das Radio oder
den Fernseher einschaltet, muss auf alles gefasst sein. Dass
etwa Pädophilie oder Homosexualität längst keine Tabuthemen
mehr sind, ist nun einmal der Lauf der Dinge. Eine Gefahr besteht
dabei allerdings: Wenn jederzeit überall und ganz gleich wie über
alles gesprochen werden darf, kann dies schlicht und einfach zu
einem Konformismus ohne Mass und Verstand führen.
Verlassen können wir uns allerdings auf eines: Die Tabus, mit
denen Behinderungen belegt sind, haben auch weiterhin
Konjunktur.
Legende: Der englische Seefahrer James Cook brachte das Wort «Tabu»
gewissermassen von seiner Reise nach Tahiti zurück. Porträt einer Tempeltänzerin mit
Kopfschmuck. (Foto: flickr.com/p.lenedic)
Sexualität und Behinderung – das ultimative Tabu
Claudine Damay
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Im Sommer 2009 berichtete die Presse über die Diplomierung
der ersten Sexualassistentinnen und -assistenten für
Behinderte in der Romandie. In der Deutschschweiz sind
solche «Berührer/innen» schon seit einigen Jahren im
Einsatz. In unseren Kreisen weckte das Ereignis kaum ein
Echo. Sind Sehbehinderte davon nicht auch betroffen, oder
ist das Sexleben von Behinderten nach wie vor ein absolutes
Tabu?
Was heisst Sexualassistenz?
Gemeint ist ein Beitrag zum körperlichen Wohlbefinden einer
behinderten Person, die den Wunsch danach äussert. Wie weit
das geht, wird zwischen Assistent/in und Begünstigter/m
vereinbart. Dabei ist es nicht Aufgabe der Sexualassistenz,
emotionale Defizite auszugleichen. Geboten wird eine bezahlte
Dienstleistung, die rund 150 Franken pro Stunde kostet. Das
Honorar ist nicht auf Profit ausgerichtet, sondern soll die Rollen
der Beteiligten klarstellen: Es handelt sich um einen
Partnerschaftsvertrag, der keinem der beiden Macht über den
anderen einräumt.
Wer arbeitet als Sexualassistent/in?
Die frisch Diplomierten wurden sorgfältig ausgewählt und
mussten einen einjährigen, rund 320 Stunden umfassenden
Lehrgang absolvieren. Auf dem Lehrplan standen primär die Arten
von Behinderungen sowie Recht und Ethik. In der Praxis werden
Sexualassistenten durch Supervisoren betreut und müssen sich
fortbilden. Sie stammen aus allen sozialen und kulturellen
Schichten, müssen mindestens 30 Jahre alt und berufstätig sein.
Die Reaktionen der Öffentlichkeit
In Internet-Foren findet man sehr unterschiedliche Reaktionen,
teils von begeisterten Leuten, die es nur für gerecht halten,
Behinderten endlich Gelegenheit zu geben, ihre Sexualität
auszuleben, teils von frustrierten Zeitgenossen, die nicht
einsehen, warum Behinderte, die ja per se unter ihnen stehen, in
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den Genuss von Annehmlichkeiten kommen sollen, die ihnen
verwehrt sind. Ein paar Gutmenschen sind überzeugt, Behinderte
stünden in Sachen Sex weit über den Dingen oder seien
zumindest in der Lage, solch gemeine Triebe zu besiegen. Von
Betroffenen selbst gibt es so gut wie keine Meldungen.
Sexualassistenz und Sehbehinderung
Auf den ersten Blick könnte man meinen, Sehbehinderte gehe
das Thema gar nichts an, weil sie ja in ihrer Kommunikation nicht
eingeschränkt sind und ihre Chancen auf die grosse Liebe oder
auch den One-Night-Stand, ob mit oder ohne Bezahlung, ebenso
gut stehen wie bei Sehenden. Wie einer meiner Freunde sagen
würde: «Sich mit einer Prostituierten zu amüsieren, ist ganz
einfach. Das Problem ist, dort hinzukommen…»
Hüten wir uns jedoch vor vorschnellen Urteilen. Wenn jemand,
der von Geburt an blind ist, seine ersten sexuellen Erfahrungen
sammelt, ist es sicher gar nicht so einfach, einen anderen Körper
allein mit dem Tastsinn zu erkunden. Wäre es für den oder die
Betreffende(n) nicht viel sicherer, diese ersten Schritte mit einer
solide ausgebildeten, einfühlsamen Bezugsperson zu
unternehmen? Noch schwieriger ist wohl der leider gar nicht
seltene Fall, dass jemand erst das Augenlicht und dann auch
noch den Lebenspartner verliert, weil dieser mit der neuen
Situation nicht fertig wird. Welche Gefühle hat man gegenüber
dem eigenen Körper, den man nicht mehr oder nur mit Mühe
sieht? Wäre es nicht beruhigend, wenn man sich in einem
geschützten Umfeld damit vertraut machen könnte? Und da es ja
um die Überwindung von Tabus geht: Wer weiss schon, wie viele
Sehbehinderte schlicht und einfach nie Gelegenheit hatten,
jemanden kennen zu lernen, und sich nun stillschweigend mit
ihrer Einsamkeit abfinden?
Viele Fragen, viele Antworten
Das alles sollte zu einigen Fragen anregen, die man eigentlich
nicht zu stellen wagt. Es geht nicht darum zu behaupten,
Sexualassistenz sei eine gute Lösung für die affektiven und
sexuellen Schwierigkeiten sehbehinderter Menschen, denn sie
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kann allenfalls einen gelegentlich willkommenen Ersatz bieten.
Allein das Wissen, dass es so etwas gibt, gibt manchen vielleicht
Kraft. Offen darüber zu sprechen ist jedoch der erste Schritt, um
das ultimative Tabu zu durchbrechen und unsere Sexualität auf
dieselbe Stufe zu stellen wie die aller anderen – ein komplexes
Unterfangen, bei dem jemand, der nicht den Vorzug einer stabilen
emotionalen Beziehung geniesst, nur mit Mühe den eigenen Platz
findet.
Mein Name ist tabu
Jean-Marc Meyrat
Von Behinderung, Handicap, schlimmer noch von Invalidität
zu sprechen, ist tabu. Wäre es nicht an der Zeit, auch die
Bezeichnung «Invalidenversicherung» zu überdenken?
Genau, es ist tabu. Das bezeugen allein die Samthandschuhe,
die sich die Leute überstreifen, bevor sie sich unseren
Alltagsproblemen zuwenden. Selbst innerhalb des SBV scheut
man Begriffe wie «Blinde», «Sehbehinderte» oder «Behinderung»
und ersetzt sie immer öfter durch Euphemismen wie «die
Betroffenen». Betroffen wovon? Wir können uns nicht betroffen
fühlen, denn mit diesen Gegebenheiten sind wir in den
allermeisten Situationen unseres Lebens konfrontiert. Bald
werden wir alle nur noch «politisch korrekt» reden und uns den
Kopf über Euphemismen zerbrechen, um nur ja nicht Dinge
auszusprechen, die verärgern, die ängstigen, die stören. Auch
vom Tod werden wir bald nicht mehr reden, obwohl er uns ebenso
betrifft wie alle anderen. Wir sprechen dann vielleicht davon,
dieser oder jener sei am Ende seines biologischen Prozesses
angekommen.
Sie haben «blind» gesagt!
Aber nein, das heisst heutzutage «nichtsehend» (non voyant). Ich
persönlich kann dieses Attribut nicht ausstehen, denn es ist glatt,
keimfrei, akzeptabel, während «blind» nach Mittelalter klingt, etwa
nach der Schelmennovelle von den «Drei Blinden aus
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Compiègne», in der vermutlich Courtebarbe im 13. Jahrhundert
Betrug und Schadenfreude triumphieren liess, sehr zur
Entrüstung der modernen Empfindsamkeit!
Oh ja, meine Leidenschaft ist die Etymologie
Das französische Wort aveugle ist verwandt mit aveûle im
Wallonischen, aveule im Rouchi-Dialekt von Valenciennes,
éveugle im Burgundischen, aveule, avugle, avule im
Picardischen, avocolo im Italienischen, und leitet sich direkt aus
dem lateinischen oculus (Auge) ab, das zusammen mit dem
Präfix ab – «ohne Auge», also «nicht sehend» bedeutet.
Das deutsche blind findet sich in unterschiedlicher Form in allen
germanischen, angelsächsischen und skandinavischen Sprachen:
im Friesischen, Isländischen, Schwedischen, Dänischen,
Niederländischen, Gotischen (blinds), im Althochdeutschen (plint)
und im Litauischen (blendzas). Seine Etymologie ist nicht genau
bekannt, doch geht man davon aus, dass es denselben Ursprung
hat wie blend(en); als transitives Verb hat es die Bedeutung
mischen/vermengen, in militärischen Kontexten (den Feind)
einnebeln oder einräuchern, um ihn – ja genau – blind zu
machen; die intransitive Form heisst so viel wie «trübe,
verschwommen sein», etwa wenn man bei Dämmerlicht zu lesen
versucht.
Für unsere Freunde südlich der Alpen stand selbstredend das
Lateinische Pate für cieco, was die Dinge sehr vereinfacht, denn
es leitet sich direkt von caecitas (Blindheit) ab.
Im Rätoromanischen (Surselvischen) sagt man für blind tschiec
(weibliche Form: tschocca, Plural: tschocs), im Sutselvischen,
Surmeirischen und Oberengadinischen orv, im
Unterengadinischen orb, im Rumantsch Grischun, der künstlichen
Schriftsprache der fünf rätoromanischen Dialekte, tschorv, eine
Kontraktion aus tschiec und orv. Während die Etymologie von
tschiec sich von selbst versteht, sieht die Sache bei orb bzw. orv
ganz anders aus, denn sie leiten sich vom spätlateinischen orbis
ab, das Rad, Kreis, Spiegel, Loch oder Auge bedeuten konnte.
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Falls es Sie interessiert: Das entsprechende Wort im
Rumänischen lautet ebenfalls orb.
Die Etymologie erforscht die Wortursprünge. Manchmal zieht man
sie heran, um treffende Bezeichnungen für eine Wissenschaft
oder Tätigkeit zu konstruieren – und damit nicht selten bewusst
Verwirrung zu stiften. Das gilt etwa für «Typhlophilie», das sich
von den altgriechischen Wörtern typhlos (blind) und philia (Liebe)
ableitet und so viel wie «Zuneigung zu Blinden» heisst. Ein
kleiner Tipp von mir: Verwenden Sie dieses Wort nie ausserhalb
unserer Gemeinschaft, denn der Rest der Welt hat davon noch
nie etwas gehört.
Und wie geht es deinen Blinden?
Pierre-Yves Graber
Immer, wenn wir uns trafen, stellte mein inzwischen
verstorbener Freund Daniel diese unschuldig wirkende
Frage, begleitet von einem halb mitfühlenden, halb
spöttischen Lächeln. So unschuldig, dass ich mich darüber
nicht wirklich ärgerte, aber wiederum nicht so naiv, dass ich
sie hätte übergehen können. Heute sehe ich darin die Essenz
der Vorurteile und Tabus, mit denen man Blinden und
Sehbehinderten begegnet.
Jemand, der keinerlei Kontakt zu Sehbehinderten hat, lässt sich
von Vorurteilen möglicherweise zu extremen Schlüssen verleiten,
zumindest, was das Verhalten betrifft. Ein Blinder besitzt nämlich
entweder einen sechsten Sinn und übernatürliche Kräfte, sodass
ich ihn schätze oder gar bewundere, oder er ist ein armer Teufel,
der im Dunkeln hockt und deshalb Anspruch auf mein Mitleid und
einen Teil meiner Steuern hat. Lassen wir die Tabus beiseite: Wir
sind ja unter uns, nehmen wir kein Blatt vor den Mund!
Wenn Grossmutter ihre Nase fast in ihr Kreuzworträtsel drückt
oder der Herr Nachbar samt Gattin und Blindenstock spazieren
geht, entwickeln wir Vorurteile, die sich auf unser Verhalten
auswirken. – Nein, nein, man braucht ihm nicht ins Ohr zu brüllen,
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und man muss auch nicht über seinen Kopf hinweg mit seiner
Frau sprechen, Blindheit macht ja nicht taub! Oder debil. Ich muss
doch bitten: Mein Kopf ist völlig in Ordnung!
Auch Tabus machen sich bemerkbar, wenn auch dezenter:
«Haben Sie schon gesehen...» Oh, Verzeihung. Tut mir Leid. Wir
glauben, gegenüber Blinden nicht von Sehen sprechen zu dürfen.
In gemischten Arbeitsgruppen schwächen sich die Unterschiede
zwischen sehenden und sehbehinderten Kollegen ab. Die
Vorurteile verschwinden, dafür kommen die Tabus mit Macht zum
Tragen. Ich schäme mich der visuellen Kommunikation mit einem
sehenden Kollegen. Es fällt mir schwer, dem blinden Paul zu
sagen, dass ich ihn für einen Idioten halte. Leichter ist es
dagegen bei André, aber ich räume ein, dass uns auch eine
gewisse Freundschaft verbindet.
Für meinen Freund Daniel war das alles wohl etwas verwirrend:
Als Sehender ohne Kenntnis von Sehbehinderungen und deshalb
voller Vorurteile, hatte er es mit jemandem zu tun, der zwar
ebenfalls sehend ist, sich aber um Blinde und Sehbehinderte
kümmert und insofern selbst mit Tabus konfrontiert ist. «Und wie
geht es deinen Blinden?» fasst dieses Unbehagen zusammen.
Keine Sorge, es geht ihnen gut, vielen Dank. Genauso wie
meiner Familie, meinen Freunden, Kollegen, Nachbarn ...
Jugendliche ohne Tabus bauen Vorurteile ab
Jonas Staub, Blindspot
«Hätte ich nicht geglaubt»
Eva, ein 13-jähriges Mädchen bewegt sich zusammen mit vielen
anderen Kindern und Jugendlichen zu Hip Hop Musik. Sie ist flink
und dreht sich geschickt am Boden, ahmt andere bei ihren Moves
nach und ruht sich in einer der vielen Pausen verschwitz und
ausser Atem im Tanzlokal auf einem Stuhl kurz aus.
Dora, ebenfalls 13, kommt auf sie zu und fragt: «wie viel
sehbehindert bist du eigentlich?» Darauf Eva: «Auf dem linken
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Auge sehe ich zwei und dem rechten Auge sieben Prozent.»
«Hey krass», bemerkt Dora erstaunt. «Mit so wenig kannst du
überhaupt noch tanzen? Hätte ich nicht geglaubt, aber find ich
voll geil.»
Eine Szene, beobachtet im Sommercamp Cooltour von Blindspot.
Betrachtet man sie durch die Brille «Tabu und Vorurteile» fällt auf:
Für Dora scheint es kein Tabu zu sein, ihre Kollegin nach deren
Behinderung zu fragen. Eva ist sich dies offenbar nicht gewohnt.
Vermutlich weil die Frage im jugendlichen Slang daherkommt. Sie
hat jedoch unmittelbar gemerkt, dass Dora Interesse zeigt,
wissen will, was läuft, und dass es sowieso normal ist, sich mit
andern Jugendlichen über Persönliches auszutauschen.
Anderseits konnte Eva Doras Vorurteile abbauen: Stark
Sehbehinderte können tanzen. Das hätte Dora nicht geglaubt.
Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen nehmen im
Blindspotlager gleichgestellt an altersgerechten Freizeitangeboten
teil. Alle kommen wegen dem Tanzen oder wegen andern
Workshops ins Camp. Alle wollen etwas lernen, alle machen
Fehler und erleben Erfolge. Die Behinderung der einen rückt in
den Hintergrund und doch wird sie alsbald thematisiert.
So können Tabus durchbrochen werden. Die Konfrontation
zwischen behinderten und nichtbehinderten Jugendlichen ist real.
Weder Dora noch Eva können der Situation ausweichen. Dadurch
wird der Bann gebrochen, das Tabu entfernt und der Weg, ein
Vorurteil zu beseitigen, geebnet.
Auch behinderte Jugendliche haben Vorurteile
Darüber hinaus arbeitet Blindspot bewusst daran, über Jahre
hinweg entstandene Vorurteile von behinderten Menschen ohne
Tabu zu diskutieren.
Gerade Interessenverbände argumentieren oft, dass die
Gesellschaft Menschen mit Behinderungen zusätzlich behindert.
Das stimmt teilweise. Doch wäre es falsch, Betroffene aus der
Eigenverantwortung zu entlassen: Wir erleben nicht selten
behinderte Jugendliche oder deren Eltern, die glauben, aufgrund
der Behinderung in sämtlichen Lebensbereichen Rabatte zu Gute
zu haben.
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Warum? Ist Behinderung automatisch mit Rabatt gleichzustellen,
mit Vergünstigungen, mit weniger Wert als üblich? Oder ist es das
angenehme Gefühl, wenigstens in einem Bereich gegenüber
Nichtbehinderten massiv im Vorteil zu sein?
Wer wen wie behindert, ist eine berechtigte Frage und muss
immer wieder tabufrei von Menschen mit und ohne Behinderung
besprochen werden, wie dies in den Lagern wie auch bei deren
Vorbereitung in ungezwungenem Rahmen geschieht.
Denn eine Haltung, wie sie sich im genannten Rabattwunsch
zeigt, hilft dem Ausmerzen von Vorurteilen nicht. Sie stigmatisiert
Menschen mit Behinderungen weiterhin und fördert nicht den
angestrebten Zustand der sozialen Gleichberechtigung.
Beziehung schafft gegenseitigen Respekt
«Möngi, Spasti, Behindos» sind grobe und sehr verletzende
Bezeichnungen und oft auf Pausenplätzen zu hören. Doch in den
Aktivitäten von Blindspot sind solche Schimpfwörter nicht
anzutreffen.
Warum, fragen wir uns. Sind die Teilnehmenden in unseren
Camps nur anständige, bestens sozialisierte Kinder und
Jugendliche?
Nein, denn wir wissen, dass viele von den Lagerteilnehmenden
«Spasti» schon oft als Schimpfwort benutzt haben. Bisher.
Doch in kürzester Zeit bilden sich in den Camps freundschaftliche
Beziehungen, weil alle zusammen etwas erreichen wollen. So
entsteht eine positive Konfrontation und diese lässt grobe und
gegenseitige Beleidigungen nicht (mehr) zu.
Schöne Erfahrungen machen wir mit vielen Kindern und
Jugendlichen: Nachdem sie an einem Projekt teilgenommen
haben, klären sie ihr Umfeld voller Stolz und Überzeugung auf.
Sie erzählen, was sie mit Behinderten alles erlebt haben und was
die alles konnten. Sie sagen, wie man die verschiedenen
Behinderungen nennt und wie eben nicht. Sie wissen, wo Hilfe
und Unterstützung angebracht ist, und was trotz Behinderung
einfach normal ist. Behinderte Jugendliche haben erfahren, was
sie trotz der Behinderung alles können, woran sie vorher nie
gedacht hätten.
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Vorurteile werden von jungen Menschen schnell wieder abgebaut,
wenn sie positive Konfrontationen erleben. Aktive Sensibilisierung
hilft dabei. Ohne Moralfinger und Belehrungen Vorurteile
zwischen Menschen mit und ohne Behinderungen abzubauen
gelingt nur, wenn es eine Plattform gibt, wo beide aufeinander
zugehen können und wo beide gleichberechtigt Anstrengungen
unternehmen, sich gegenseitig zu respektieren.
Diese Plattform zu schaffen, erachtet Blindspot als seinen
Auftrag.
Kasten
Das nächste Cooltour-Lager für blinde, sehbehinderte und normal
sehende Jugendliche findet vom 30.7.–5.8.2011 statt. Die
Anmeldefrist läuft bis am 30.6.2011.
www.cooltourschweiz.ch
Legende: Im ungezwungenen Rahmen gewinnt die Neugier, und Jugendliche beginnen
ganz natürlich, sich gegenseitig nach der Behinderung oder anderen Eigenarten zu
fragen. Bild aus dem Cooltour-Lager: Ein Mädchen in einer Gruppe Jugendlicher, die
zum Seilpark aufbricht, fragt seine blinde Kollegin etwas. (Foto: Naomi Jones)
Im Schatten des Scheinwerferlichts
Daniel Pulver
Menschen, die ihr Augenlicht verloren haben oder
hochgradig sehbehindert sind, werden von Mitmenschen oft
mit Vorurteilen belegt. Ihr «Sehen» wird klassifiziert,
interpretiert, ohne genau hinzuschauen, in die Tiefe zu
blicken. Oder ist es gar umgekehrt? Hören Menschen mit
einer Beeinträchtigung des Sehvermögens nicht richtig hin?
Sind es gar wir Betroffenen, welche Sehende pauschal
vorverurteilen?
Als ich ein Teenager war, verbrachte ich meine Samstagabende
oft in Restaurants, in einem Dancing oder in der Disco. Mit
Freunden redete ich über dies und das und trank ein Glas. Es war
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eine fröhliche, lockere Atmosphäre. Meine Blicke schweiften
durch das Lokal und schauten – nichts Konkretes fixierend – in
den Raum. Viele Blicke erwiderten (eher zufällig) meine Blicke.
Richtig sehen konnte ich es jedoch nicht, ich fühlte mich einfach
beobachtet. Meine Augen sind oft zugekniffen und praktisch zu.
Mein Blick daher leer. Ich hörte öfter mal die Worte: «Schau mal,
der ist ja voll zu, hat sicher gekifft oder zuviel getrunken.» Dem
war jedoch keinesfalls so. Ich kann ganz einfach nicht anders.
Meine Augen gehorchen mir nicht. Ich sass im Dunkel und
schaute in Scheinwerferlichter. Von diesen geblendet und durch
das Tagwerk waren meine beiden Augen so müde, dass sie sich
zusammenkniffen und ich halt so schauen musste, ob ich es
wollte oder nicht. Diese Vorverurteilung von Menschen in meiner
Umgebung tat weh. Ich hatte keine Chance, darauf zu reagieren,
ich war abgeschrieben, abgestempelt. Also blieb ich oft alleine
zurück im Schatten der Lichter.
Vom Schatten ins Scheinwerferlicht
Diese Erfahrungen prägten mich schon sehr. Warum können mich
die Leute nicht so nehmen, wie ich bin? Warum müssen sie
meine Situation so interpretieren, ja vorverurteilen? Dies ohne
meine Geschichte zu kennen, ohne zu hinterfragen, ob es auch
andere Gründe geben könnte, welche meinen Blick erklären
würden. Oder warum lassen diese Menschen mich nicht einfach
in Ruhe? Fragen über Fragen. Ich suchte eine Antwort und fand
sie darin, dass ich mir sagte: «Geh raus aus dem Schatten, setze
dich mitten ins Scheinwerferlicht.» So blendete mich kein greller
Lichtstrahl mehr und so ging ich von Beginn an bei meinen
Arbeitgebern im Profifussballbusiness nicht in den Schatten,
sondern begab mich mitten ins Geschehen. Auch da kamen
Fragen. Jedoch waren diese direkt an mich gerichtet und klar
formuliert: «Warum sind deine Augen immer so
zusammengekniffen?» Welch angenehmes Gefühl war das, direkt
angesprochen zu werden, die Möglichkeit zu bekommen zu
erzählen und einfach mich selber zu sein.
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Aua, der hat diesen Ball extra in meine Richtung geworfen, der soll doch besser
schauen ...
In meinem Alltag landeten viele Fussbälle mitten in meinem
Gesicht. Ich sah diese schlicht und einfach nicht auf mich
zukommen. Die Schmerzen waren oft enorm durch den Aufprall
des Balles. Dies ärgerte mich sehr. Ich beschuldigte auch sofort
den Absender dieses Balles verbal. «Schau doch besser, du hast
ja schliesslich gesunde Augen», waren meine vorverurteilenden
Bemerkungen. Doch wie sich herausstellte, war es in keinem der
Fälle Absicht. Im Gegenteil, Betroffenheit machte sich stets breit,
grosses Verständnis für meine Situation. Doch ich – in meiner
ersten Reaktion – verurteilte den Schützen.
Zuhören anstatt nur erklären
Ich fühlte mich von Beginn an wohl in der neuen Umgebung, in
Mitten der Profifussballer. Ich gehörte dazu. Klar kam es oft auch
zu «harten Begegnungen» ähnlich wie vorhin beschrieben. Diese
gehören aber ganz einfach dazu. Es gibt immer Menschen, die
einfach mal dreinfahren, bevor sie überhaupt überlegen, was sie
anrichten können. Dies ist aber auch umgekehrt – also von uns
betroffenen Menschen her kommend – der Fall. Auch ich habe
mich schon ertappt, dass ich einfach mit einem Vorurteil
Menschen klassifiziert habe. Ohne auch nur eine Sekunde
zuzuhören legte ich einen Rahmen für andere Personen fest. Ich
nahm mir das Recht heraus, zu pauschalisieren, zu klassifizieren.
Warum denn eigentlich? Wenn mir ein Sportler seine Hilfe anbot,
so hörte ich ihm nicht zu, ich sagte: «Nein, ich will selber, brauche
es nicht». Dieses pauschale Vorverurteilen, die Person
abschieben, war genau das Selbe, wie ich es selber erlebt habe
als Teenager.
Gegenseitiger Respekt
Um Vorurteile gar nicht erst aufkommen zu lassen, müssen wir
alle Respekt zeigen. Respekt gegenüber jedem einzelnen
Menschen, gegenüber aber auch uns selber. Nur so sind wir in
der Lage, auch Vorurteile nicht einfach als solche pauschal
anzusehen, sondern als Boden, um miteinander im Dialog
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umgehen zu lernen, zuzuhören, nicht pauschal zu denken und zu
handeln, sondern jeden Menschen vom Schatten ins
Scheinwerferlicht zu setzen. Erst dann findet eine Integration
statt. Wenn wir uns aus dem Schatten ins Scheinwerferlicht
wagen.
Treten wir alle aus dem Schatten der Scheinwerferlichter hervor,
setzen wir uns mitten ins Leben und helfen so, einander
gegenseitig nicht zu verurteilen, zu klassifizieren, sondern sich
gegenseitig integrierend zu respektieren.
Legende: «In meinem Alltag landeten viele Fussbälle mitten in meinem Gesicht.» Bild
eines Fussballs im nassen Gras. (Foto: flickr.com/campknows)
Fokus
Von Mistern und Missen
Naomi Jones
Am 20. November 2010 ist im Kursaal Bern die 29-jährige
Jasmin Rechsteiner zur neuen Miss Handcap gewählt
worden.
Der Event
Die Wahl zur Miss Handicap 2010 findet im Kursaal Bern statt
und beginnt mit einem VIP-Apéro. Sie endet mit einer After-Party
im renommierten «Du Théâtre». Der Dresscode ist für Damen
und Herren elegant. In der Jury sitzen: Ellen Ringier, Gattin des
Medienunternehmers Michael Ringier, Karina Berger, ehemalige
Miss Schweiz und Verwaltungsrätin der Miss-SchweizOrganisation, Renzo Blumenthal, Mister Schweiz 2005, David
Cuñado, Fernsehmoderator bei TSR und Heinz Frei,
Rollstuhlrennfahrer.
Die Wahl der Miss Handicap sei ein Event mit sozialem
Hintergrund und gezielter Nachhaltigkeit, erklären die
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Organisatorinnen. Die Wahlnacht biete sich «als Plattform an, wo
sich Menschen mit und ohne Behinderung treffen und als gutes
Beispiel der Gleichstellung vorangehen.»
An die 1000 Gäste bilden das Publikum. Darunter ist die
amtierende Miss Bern. Der Moderator Christian Franzoso
begrüsst die Gründerin Michelle Zimmermann. Sie erzählt, wie sie
selbst als 16-Jährige Miss Schweiz hätte werden wollen, was
aber aufgrund ihrer Behinderung nicht ging. Zimmermann hat
eine äusserst seltene Hautkrankheit. So hat sie kurzerhand eine
eigene Miss-Wahl organisiert. Das Ganze wird auf zwei Monitoren
übertragen und von einer Gebärdendolmetscherin übersetzt.
Das Wahlverfahren
Und dann kommen die zwölf Kandidatinnen. In modischer
Streetwear gehen und rollen sie über die Bühne, präsentieren
sich in Gruppen. Die beiden sehbehinderten Frauen lassen sich
von Frauen mit einer andern Behinderung führen. Während sich
die Missanwärterinnen für die zweite Runde umziehen, wird jede
in einem kurzen Filmporträt vorgestellt. Man sieht sie zu Hause,
im Freundeskreis und erfährt mit welcher Behinderung sie leben.
In der zweiten Runde treten nochmals alle Kandidatinnen,
diesmal im Abendkleid, auf. Nun werden sie vom Moderator
interviewt. Die sehbehinderte Leila Bahsoun aus Lausanne
erzählt in Schweizerdeutsch mit französischem Akzent, dass der
Name ihres hellen Labradors «Zwetschge» bedeute. Anja
Reichenbach, ebenfalls sehbehindert, spricht über ihre Arbeit im
Integrationsprojekt für sehbehinderte Jugendliche Blindspot. Der
Moderator interessiert sich aber mehr für ihren Führhund und die
Reise nach Australien. Reichenbach kontert mit Witz.
Nun müssen die ersten Kandidatinnen den Final verlassen.
Sechs der zwölf jungen Frauen gehen in die nächste Runde. Anja
Reichenbach scheidet aus. Auch die langbeinige, blonde
Fussballerin, die via Gebärdendolmetscherin schlagfertig auf die
Fragen des Moderators geantwortet hat, muss sich
verabschieden.
Die Kür
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Es folgen zwei Fragerunden an die verbleibenden Kandidatinnen.
Nach der ersten scheidet wieder ein Teil aus. Derweil warten ein
paar junge Leute im Rollstuhl seit einer halben Stunde in der
Kälte auf das Behindertentaxi. Einen späteren Termin als zehn
Uhr konnten sie nicht kriegen. Denn das Taxi ist an einem Abend
wie diesem voll ausgebucht.
Im Saal ist die Jury zum Ergebnis gekommen: Die elegante
Paraplegikerin aus der Romandie, Soraya Elouaret, und die
sympathische Sandra Brühwiler, die aufgrund einer
Friedreichschen Ataxie im Rollstuhl ist, dürfen sich den dritten
Rang teilen. Die amtierende Miss Handicap Corrinne Parrat setzt
Jasmin Rechsteiner mit dem entstellten Körper die Krone auf.
Und während sich alle um die Frischgekrönte kümmern, erkennt
Leila Bahsoun, dass sie offenbar die Vize-Miss ist.
Legenden: Königin Jasmin strahlt.
Prinzessin Leila lächelt. (Fotos: Naomi Jones)
«Es führen viele Wege nach Rom»
Naomi Jones
Ein kritisches Gespräch mit Michelle Zimmermann und
Mirjam Gasser vom Miss Handicap OK-Team.
«der Weg»: Findet 2011 wieder eine Miss-Handicap-Wahl statt?
Mirjam Gasser: Ja, die Anmeldungen laufen. Bis am 15. April
können sich Frauen mit einer Behinderung für die Wahl
bewerben. In den letzten beiden Jahren hatten wir zwischen 40
und 50 Bewerbungen. Ca. 20 Kandidatinnen laden wir zum
Casting ein. 12 kommen in den Final. Die Auswahl beim Casting
macht eine Jury, die gleich funktioniert wie die Jury an der
Wahlnacht. An der Wahlnacht sind hingegen neue Leute in der
Jury.
«der Weg»: Wie definieren Sie Schönheit?
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Michelle Zimmermann: Schönheit ist innere Zufriedenheit, die
nach aussen sichtbar wird. Sie äussert sich im gepflegten
Auftreten, in der Ausstrahlung, in einem Charisma, das packt.
Die Vorbereitung auf die Wahlnacht beginnt mit einer Stilberatung
und einem Fotoshooting. Dies ist für viele Frauen ein weiterer
Schritt zu sich und ihrer Behinderung. Nun müssen sie öffentlich
ihre Behinderung bejahen. Ein dreitägiges Wochenende mit
Wellnessparcours, Mediencoaching, Choreographie und einer
Schulung zum Thema Gleichstellung bereitet die Frauen auf den
Auftritt vor. Das ist viel Stoff in kurzer Zeit. Das Resultat befriedigt
unsere professionellen Ansprüche leider nicht immer. Dann
müssen wir uns ins Bewusstsein rufen, dass die Miss Handicap
Wahl noch sehr jung ist, dass fast alle ehrenamtlich arbeiten und
dass wir uns trotz hoher Ausgaben für Infrastruktur etc. nicht
verschuldet haben. Dies ohne eine Defizitgarantie von aussen.
«der Weg»: Was sind die Wahlkriterien für eine Miss Handicap und wie beurteilt die
Jury die Kandidatinnen?
Michelle Zimmermann: In der Jury sollen jeweils Personen mit
und ohne Behinderung sein. Je ein Jurymitglied soll Profi in
einem Bereich, der beurteilt wird, sein. Ein Medienprofi beurteilt
die Medienwirksamkeit der Kandidatinnen. Styling und MarketingQualitäten der Frauen sind Kriterien. Ebenso der Umgang mit der
Behinderung und die Botschafterqualitäten. Wir definieren für
jeden dieser Bereiche eine Liste von Eigenschaften, die eine Miss
Handicap erfüllen sollte. Vor dem Casting bzw. vor der Wahl
führen wir mit der Jury intensive Gespräche über unsere
Philosophie und die Wahlkriterien. Jedes Jurymitglied beurteilt für
sein Spezialgebiet, wie weit die Kandidatin die benötigten
Eigenschaften besitzt und verteilt Punkte auf einer Skala von eins
bis zehn. Schliesslich entscheidet die Punktzahl, ob eine Frau in
den Final bzw. zur Krone gelangt.
Wir wollen eine Botschafterin. Das heisst, sie braucht Wissen
über verschiedene Behinderungen. Sie soll eine konkrete
Vorstellung davon haben, was es zur Gleichstellung braucht. Sie
muss eine offene Person sein, die eine Meinung klar vertreten
kann. Ebenso muss sie bereit sein, offen und ohne Verbitterung
über ihre Behinderung zu reden.
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«der Weg»: Warum also sind ausgerechnet die wenigen Frauen, die eine Ahnung von
Integrationsprojekten hatten, schon in der ersten Runde ausgeschieden?
Michelle Zimmermann: In der ersten Finalrunde machen die
Punkte vom Publicvoting zwei Drittel der Punktezahl aus. Beim
Public voting gelten Kriterien, die wir nicht beeinflussen können:
etwa Sympathie, Freundschaft, Aussehen...
Wir haben lange über das Public voting diskutiert. Einerseits
haben wir keinen Einfluss auf die Wahlkriterien. Andererseits
wollen wir, dass das Publikum aktiv an der Wahl teilnimmt. Die
Wahlnacht soll eine Plattform der Begegnung von Menschen mit
und ohne Behinderung sein. Ausserdem finanziert das Public
voting einen kleinen Teil der Ausgaben. Der Kompromiss ist
folgender: In der ersten Finalrunde entscheidet das Publikum, in
den beiden folgenden Runden die Jury.
«der Weg»: Diese Begegnungsplattform, die Wahlnacht, war aber nicht völlig
zugänglich. Die Abendkasse ein Stehpult. Getränke gab‘ s nur an der Bar ...
Michelle Zimmermann: Und es gibt weitere Mängel. Die ganze
Show wurde in Gebärdensprache simultan übersetzt. Aber für
stark schwerhörige Menschen, die die Gebärdensprache oft nicht
beherrschen, hatten wir nichts. Die dafür benötigten Hörschleifen
sind unheimlich teuer.
Gleichzeitig wollten wir bewusst nicht alles wegräumen. Unsere
Realität ist nicht barrierefrei. Und kleine Barrieren schaffen
Kontakt. Denn Integration heisst nicht, dass man keine Hilfe
braucht und es keine Barrieren mehr gibt, sondern dass es
selbstverständlich ist, sich gegenseitig zu helfen.
Wir haben sehr viel in die Zugänglichkeit des Berner Kursaals
investiert: Wir mussten lange darum kämpfen, dass es überall, wo
nötig, Rampen gab. Als Garderobe mussten wir ein beheizbares
Zelt mit rollstuhlgängiger Toilette aufstellen. Nicht zuletzt setzen
unsere finanziellen Möglichkeiten Grenzen.
«der Weg»: Weshalb erfuhr ich an der Wahlnacht so wenig über das Leben mit einer
Behinderung?
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Mirjam Gasser: Wir wollen in erster Linie die Stärke der Frauen
zeigen. Zwischen Aufklärung und Mitleid ist es ein schmaler Grat.
Auch ist für uns Menschen mit einer Behinderung vieles
selbstverständlich, was für nichtbehinderte Menschen im
Publikum offenbar nicht klar ist. Dass z.B. der Weg zur eigenen
Wohnung für jemanden im Rollstuhl beschwerlich sein kann. Aber
wir nehmen den Einwand gerne als Anregung. Wir wollen uns
laufend weiter entwickeln.
«der Weg»: Und weshalb waren Sie selbst nur so kurz auf der Bühne? Mit Ihrem
eigenen Auftritt hätten Sie vorzüglich zeigen können, was behinderte Frauen alles zu
leisten vermögen.
Mirjam Gasser: Das haben wir im ersten Jahr gemacht. Aber es
brachte uns den Vorwurf ein, wir seien nicht professionell genug.
Tatsächlich ist keine von den Miss-Handicap-Organisatorinnen ein
Moderationsprofi. Deshalb wollten wir in diesem Jahr jemanden,
der sicher und geübt durch den Abend führt.
Michelle Zimmermann: Im Zentrum der Show stehen die
behinderten Frauen. Daneben wollten wir auch nichtbehinderte
Menschen auf der Bühne haben. Wir wollen aus dem Biotop
ausbrechen, in dem nur Behinderte für Behinderte etwas machen.
Wir verstehen Integration dahingehend, dass Behinderte und
Nichtbehinderte selbstverständlich zusammen arbeiten.
Mit Christian Franzoso von Glanz und Gloria haben wir einen
sehr engagierten, professionellen Moderator gefunden, der den
Abend ehrenamtlich moderierte. Er kam im Vorfeld vorbei und
lernte alle Frauen kennen. Nun wird die amtierende Miss
Handicap in der Sendung «Glanz und Gloria» zu sehen sein. Er
engagiert sich also auch im Nachhinein für unsere Sache.
Nebenbei sei erwähnt, dass ein professioneller Moderator rasch
an die 10 000 Franken kosten kann.
«der Weg»: Was tut die Miss Handicap in ihrem Wahljahr und welche Wirkung kann sie
haben?
Michelle Zimmermann: Die Miss Handicap unterstützt Projekte
durch ihre Präsenz. Rund um die Wahl betreiben wir intensive
Medienarbeit, um die neue Miss bekannt zu machen. Sie soll eine
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prominente Figur werden. Wenn sie dies ist, kann sie die mediale
Aufmerksamkeit, die ihr zuteil wird, auf ein anderes Projekt
lenken. So engagiert sich die Miss im Nonprofitbereich.
Andererseits betreibt sie Aufklärung. Corinne Parrat hielt Vorträge
bei der jungen Wirtschaftskammer. Medienarbeit zu Anliegen von
behinderten Menschen oder zu Krankheiten gehört ebenfalls
dazu.
Wir versuchen, die Miss Handicap auch im Profitbereich
unterzubringen. Hier geht es darum, dass eine behinderte Frau
wie eine nichtbehinderte Werbung für etwas machen kann. Über
die Werbung wird die Wahrnehmung der Gesellschaft bezüglich
Menschen mit einer Behinderung beeinflusst. Die
Basellandschaftliche Kantonalbank buchte Corinne Parrat für eine
Plakatkampagne.
Und schliesslich soll die Miss Handicap an öffentlichen Events
auftreten. Gerade in der Promiszene, die manchmal sehr
oberflächlich funktioniert, braucht es einen Titel, um hinein zu
kommen. Wir wollen, dass irgendwann auch behinderte
Menschen ganz selbstverständlich zur Prominenz gehören.
Ausserdem haben Promis Vorbildcharakter. So sensibilisieren
nichtbehinderte Promis im Kontakt mit Behinderten die breite
Bevölkerung.
Man muss die Gesellschaft auf verschiedenen Kanälen
ansprechen und dahin gehen, wo die Leute sind, um sie
abzuholen. Insofern ist die Miss Handicap eines von zahlreichen
Projekten mit dem Ziel der Gleichstellung behinderter Menschen.
Durch den Titel hat die Miss Handicap ein Sprachrohr mit dem sie
breite Massen erreicht. Aber es führen viele Wege nach Rom.
«der Weg»: Wie hat das Ganze begonnen?
Michelle Zimmermann: Ich bin ein Schmetterlingskind. Das heisst,
meine Haut ist unheimlich verletzlich. Und zwar überall wo man
Haut hat, also auch in den Augen, im Mund, im Magen ...
Ich bin in einem wunderbaren Umfeld aufgewachsen, das mich
sehr gefördert hat. Mit 16 wurde mir aber einmal mehr bewusst,
dass mir die Behinderung Grenzen setzt. Meine Freundin, eine
schöne Italienerin mit langen Haaren sagte: «Komm, wir melden
uns an die Miss Schweiz-Wahl an». Ich wusste, dass ich mit
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meiner Haut da keine Chancen hätte und ich fragte mich, warum
es nichts gebe, bei dem ein anderer Schönheitsbegriff zählt.
Als ein Dokumentarfilm über mich gedreht wurde, erhielt ich viele
sehr positive Feedbacks. Da merkte ich, ich muss mich der
Gesellschaft öffnen, und ich darf mich auch mal verletzlich
zeigen. Nur so kann ich über meine Behinderung und mein Leben
damit informieren.
2008 musste ich wegen meiner Behinderung die Stelle aufgeben.
Nun kam die Idee der Miss Handicap wieder. Wenn ich schon IV
beziehen musste, dann wollte ich ehrenamtlich etwas tun, was
Menschen mit einer Behinderung nützt. Die Idee der Miss
Handicap, die nie ganz weg war, kam wieder. Ich recherchierte im
Internet. Ich stiess auf Leute, die mich unterstützten. Ich machte
Flyer und suchte Frauen. Im Kursaal Bern unterzeichnete ich
einen Mietvertrag über 12 000 Franken, ohne zu wissen, ob ich
das Geld je bezahlen könnte: Ich konnte.
Kasten
Anmeldung als Miss Handicap Kandidatin 2011 bis am 15. April:
www.misshandicap.ch
Legenden: Die Organisatorinnen der Miss-Handicap-Wahl: v.l. Janine Ayer, Mirjam
Gasser, Stefanie Weber, Michelle Zimmermann. Bild der vier Organisatorinnen im
Abendkleid. (Foto: Fabienne Bühler)
Michelle Zimmermann, Gründerin der Miss-Handicap-Wahl. (Foto: z.V.g.)
Kinderkrankheiten einer jungen Idee. Ein Kommentar
Naomi Jones
Die Botschaft
Mit der Wahl von Jasmin Rechsteiner hat die Jury ein Statement
gesetzt. Rechsteiner leidet seit ihrer Geburt an einer
Mehrfachverkrümmung der Wirbelsäule. Sie ist ein Meter
einunddreissig gross und hat einen Buckel. Dadurch ist ihr
Lungenvolumen zu zwei Dritteln eingeschränkt und sie kann sich
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nur langsam bewegen. Für längere Strecken benötigt sie einen
Elektrorollstuhl. Von den zwölf Kandidatinnen entspricht
Rechsteiner dem gängigen Schönheitsideal von Fotomodels
eindeutig am wenigsten. Aber sie strahlt. Den ganzen Abend. Aus
der Tiefe ihres Wesens. Jasmin Rechsteiner ist wach. Sie ist klug
und sie ist stark. Im Verlauf des Abends entwickelt sie sich zur
Schönsten. Ihr Wesen überstrahlt die Missbildung. Man nimmt die
Behinderung nicht mehr wahr. Diese Metamorphose zu erleben,
war es wert, den Abend im Kursaal zu verbringen. Und dieses
Erlebnis lässt hoffen, dass es Jasmin Rechsteiner gelingen wird,
als Miss Handicap eine wahre Botschafterin von behinderten
Menschen zu sein. Ja, Jasmin Rechsteiner traut man zu, die Idee
der Miss Handicap in Tat umzusetzen. Sie ist eine Frau mit
«Ausstrahlung, Auftreten und Selbstbewusstsein», wie es die
Organisation wünscht. Sie kann die Augen für eine andere
Schönheit öffnen.
Zweifel
Trotz dieser hoffnungsvollen Wahl hinterlässt die Wahlnacht
gemischte Gefühle.
Der Event war an Seichtheit kaum zu übertreffen. Von Integration
wurde zwar viel gesprochen. Kein einziges Mal wurde aber
gesagt, was Integration tatsächlich bedeuten würde. Permanent
wurden mehr Arbeitsplätze für Behinderte gefordert. Tatsächlich
sassen im Publikum vermutlich der eine oder andere potenzielle
Arbeitgeber. Die Chance aber, zu zeigen, wie die behinderten
Frauen arbeiten und welche Hilfsmittel sie haben, ist verschenkt
geblieben.
Die Miss-Handicap-Wahl solle zeigen, dass Frauen mit einer
körperlichen Behinderung attraktiv seien und mit ihrem Charisma
erfolgreiche Persönlichkeiten in der Gesellschaft sein könnten.
Die Bühne wird betreten oder befahren von einer Gruppe Frauen,
die zwar allesamt sehr sympathisch sind, von denen aber die
meisten fern von einem Miss-Auftreten mit medienwirksamem
Werbecharakter sind, wie es die Beurteilungskriterien vorsehen.
Man glaubt den Kandidatinnen zwar, dass sie ein echtes Anliegen
haben. Und ihren Traum, zur Schönsten gekürt zu werden,
verübelt man ihnen nicht. Er gehört zu einem Mädchenleben. Ein
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intensiveres Medien- und Bühnentraining der jungen Frauen im
Vorfeld der Wahlnacht wäre aber für alle Beteiligten ein Gewinn:
Nicht zuletzt für die Grundidee des Anlasses.
Drei Tage dauerte die Vorbereitung für die Kandidatinnen.
Medien-Coaching, Choreographie, Gleichstellungsschulung,
Wellnessparcours und gleichzeitig Interviews mit
Medienvertretern: viel Stoff für Neulinge auf dem Gebiet. Und
auch hier wurde ein Grossteil der Arbeit ehrenamtlich geleistet.
Wären allerdings die Show an der Wahlnacht und das
Drumherum etwas weniger überladen, so könnten vermutlich
mehr Mittel in Professionalität und Qualität auf jeder Ebene
fliessen. Auch in die Vorbereitung.
Die konkreten Beurteilungskriterien für die Miss-Wahl blieben
dem Publikum verborgen. Böse Zungen behaupteten jedoch, sie
seien mit ihren Tipps nach den Regeln der politischen Korrektheit
an der Wahlnacht sehr treffsicher gewesen. So vermag die
Kürung von zwei Deutsch- und zwei Westschweizerinnen, einer
Frau mit Entstellungen, einer mit Sinnesbehinderung, einer mit
Paraplegie und einer mit fortschreitender Muskelkrankheit nicht
zu erstaunen. Ein Jedes kommt zum Zug.
Wie sich Medienwirksamkeit oder Botschafterqualitäten
definieren, behält die Miss Handicap Organisation für sich. Das ist
schade, denn gerade hier könnte die Organisation die Diskussion
um den Schönheitsbegriff entfachen und dadurch verändern. Man
denke nur daran, wie selbstverständlich Frauen heute einen Beruf
ihrer Wahl ergreifen und ausüben. Dass die Frauen im Bundesrat
die Mehrzahl stellen, ist noch knapp eine Randnotiz wert. Und
wer hätte vor hundert Jahren an einen schwarzen Präsidenten
Amerikas zu denken gewagt. Ohne Diskussionen aber, hätte sich
das Bewusstsein der Menschen kaum verändert.
Und schliesslich, ist es trotz den Vorwürfen vom Vorjahr schade,
dass die selbst behinderten Organisatorinnen Michelle
Zimmermann, Janine Ayer oder Mirjam Gasser nur ganz kurz
aufgetreten sind. Jede von ihnen hätte den Abend zumindest
mitmoderieren können. Die Bühnenpräsenz und Medienerfahrung
haben sie unterdessen. Sie wären selbst beste Botschafterinnen
ihres Anliegens gewesen.
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Taten
Die Wahlnacht war eine Enttäuschung. Was man erlebte und sah,
war das Gegenteil dessen, was die Miss-Handicap-Organisation
beabsichtigte. Das redliche Anliegen der Organisatorinnen wirkte
wie ein Vorwand, im Rampenlicht zu stehen, während sich Halb-,
Viertels- und Möchtegernprominenz wie etwa ein Ex-MisterSchweiz-Kandidat als tolerante Wohltäter inszenierte.
Man fragte sich an jenem Abend, ob Michelle Zimmermanns
Aussage, sie habe sich den Traum verwirklicht, auf der Bühne
des Kursaals zu stehen, vielleicht das ehrlichste Statement war.
Wenn dies denn so wäre, so wäre daran grundsätzlich nichts
auszusetzen. Casting-Shows und Fernsehformate wie Big
Brother sind in den letzten Jahren ein fester Bestandteil unserer
Gesellschaft geworden. Sie zeigen ein offenbar tief verwurzeltes
Bedürfnis der Menschen, Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu
kriegen. Weshalb sollte dies bei den Miss HandicapKandidatinnen anders sein?
Wenn dem aber so wäre, dann hätte sich Zimmermann mehr in
den Vordergrund gedrängt, was unter anderem Gesichtspunkt,
wie erwähnt, wünschenswert gewesen wäre. Nein, man kann ihr
den Vorwurf nicht machen. Im Gegenteil: Man muss ihre Leistung
anerkennen, den Event zum zweiten Mal organisiert zu haben
und ein beachtliches Medienecho gewonnen zu haben. Und man
glaubt Zimmermann, dass es ihr bei dem Anlass wirklich darum
geht, behinderte Frauen als schöne Frauen auftreten zu lassen.
Zu gross ist das Engagement der jungen Frauen, wie der
Organisatorinnen, als dass es ihnen um Selbstinszenierung
gehen könnte. Zu gross der Aufwand, den sie grösstenteils
ehrenamtlich betreiben. So muss man annehmen, all die
kritisierten Punkte seien Kinderkrankheiten einer neuen
Einrichtung.
Hoffnung
Was übrig bleibt, ist die Wahl Jasmin Rechsteiners und die
Begegnung mit Michelle Zimmermann, und dies lässt hoffen.
Denn Rechsteiner stellt das dar, was die Organisation im
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Programmheft von einer Miss Handicap erwartet. Sie präsentiert
sich mutig und selbstbewusst mit ihren Entstellungen. Sie zeigt,
wie schön sie ist. Mit ihrer Wahl wird der gängige
Schönheitsbegriff in Frage gestellt. Jasmin Rechsteiner ist eine
Persönlichkeit, deren Schönheit in ihrer Ausstrahlung und ihrem
Charisma liegt. Dadurch hat Rechsteiner die Möglichkeit, etwas
von dem zu bewirken, was sich die Organisation erhofft: ein
gesellschaftliches Umdenken, eine verändertes Wahrnehmen von
Behinderung in der Gesellschaft. Es ist ein Schritt auf einem
langen Weg zu einem hohen Ziel, den Michelle Zimmermann
mutig und engagiert in Angriff genommen hat.
Nun ist die Miss-Handicap-Organisation wieder gefragt. Denn
wenn es ihr mit der Integration von behinderten Menschen ernst
ist, so kommt sie nicht umhin, auch den Event dahingehend zu
professionalisieren, dass die Botschaft mit Inhalten und Taten
gefüllt ist. Vielleicht allerdings, braucht sie hierzu die Hilfe der
Behindertenorganisationen und -verbände. Nicht zuletzt die
finanzielle Hilfe.
Kasten
«Ich mag meine Zeit nicht mit Dingen, wie Miss-Wahlen, die ich
ganz allgemein doof finde, verschwenden. Also interessiert mich
auch eine Miss-Handicap-Wahl nicht. Aber ich mag auch
niemandem den Spass verderben, der so etwas toll findet.»
Peter Wehrli, Geschäftsführer Zentrum für Selbstbestimmtes
Leben
«Die Miss-Handicap-Wahl ist ein unabhängiges und
eigenständiges Projekt von Betroffen, das sie mit viel Power
durchziehen. Das ist beeindruckend. Der Anlass mag Fragen
aufwerfen. Aber welche andere Veranstaltung im
Behindertenwesen erzeugt nur annähernd so viel Medienimpact
wie die Miss Handicap-Wahl? Die Organisatorinnen haben ein
grosses Potenzial, die Veranstaltung weiterzuentwickeln. Deshalb
unterstützen wir sie.»
Bruno Schmucki, Mediensprecher von Procap
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Legenden: Nach der Show: Die Vize-Miss Handicap Leila Bahsoun gibt ihr erstes
Interview ...
... und Organisatorin Janine Ayer kümmert sich um die Führhündin Prune. Szenen
nach der Miss-Handicap-Wahl. (Fotos: Naomi Jones)
Magazin
Milestone als Farberkenner und Barcodeleser
Jürg Cathomas
Farberkennung FAME
FAME ist ein Farberkennungsmodul, das auf Milestone 212 oder
312 aufgesteckt werden kann. Als Früherblindeter habe ich zwar
Mühe, mir etwas unter Khaki vorzustellen: Aber es wurde darauf
geachtet, möglichst einfache Farbangaben zu machen.
Es gibt viel billigere Farberkennungslösungen, z. B. für das
iPhone, die aber nicht brauchbar sind, weil jede Messung wieder
ein anderes Resultat liefert. Das ist bei FAME kaum der Fall.
FAME hilft mir, gleichfarbige Socken zu finden: Auf Tastendruck
sagt mir das Gerät, ob die aktuelle Farbe sich von der zuvor
gemessenen unterscheidet.
Eine andere Taste auf dem Milestone verrät mir, ob das Objekt
einfarbig oder mehrfarbig ist, wenn ich darüber hinweg fahre.
Schön ist auch, dass FAME keine Batterien braucht, es bezieht
den benötigten Strom von Milestone.
Beim SZB kostet FAME 360 Franken.
Barcodeleser Woodscan
Schon länger gibt es ein Aufsteckmodul für den Milestone 312,
das Barcodes erkennen und anhand einer gespeicherten
Datenbank die zugehörige Information vorlesen kann. Für Blinde
ist es aber fast unmöglich, den Barcode auf einem Produkt zu
finden. Deshalb gibt es nun alternativ eine Drehspiegelkamera
namens Woodscan, die per USB-Kabel an den Milestone 312
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angeschlossen werden kann. Damit findet Woodscan den
Barcode innert weniger Sekunden, wenn man das Produkt vor
der Kamera bewegt.
Woodscan basiert auf Daten, die von Coop und Migros geliefert
werden, einige Produkte werden aber auch mit den gleichen
Codes in anderen Läden angeboten. Und wenn ein Produkt (z. B.
ein Medikament) nicht in der Datenbank enthalten ist, kann man
selber eine Sprachnotiz dazu erstellen, so dass es dann beim
nächsten Mal erkannt werden sollte. Sprachnotizen können aber
auch als zusätzliche Information zu einem bekannten Produkt
aufgesprochen werden.
Eigentlich wäre es interessant, Woodscan beim Einkaufen
einzusetzen. Um die Sprachausgabe in lärmiger Umgebung zu
verstehen, bräuchte es aber einen Kopfhörer und dann hätte man
zusammen mit der Kamera schon 2 Kabel. Ausserdem muss man
gut aufpassen, dass man die Kamera nicht fallen lässt, denn das
würde sie wohl kaum überleben.
Ein Woodscan mit Kamera kostet beim SZB 550 Franken.
Legende: Milestone mit FAME-Aufsatz. (Foto: SZB)
Au-delà de la vue: Keine Identifikation möglich
Claudine Damay
Leuten eine Kamera in die Hand zu geben, damit sie sich
selbst filmen, ist eine altbekannte Praxis. Doch wählt man
dazu normalerweise nicht gerade Sehbehinderte aus. Zu
dieser neuen Variante lud die Ethnologin und Filmemacherin
Vanessa Langer ein und konnte sieben junge
Welschschweizer für ihr Vorhaben gewinnen.
Ein trauriges Bild
Um es gleich vorweg zu sagen: Ich halte das Ergebnis nicht
unbedingt für einen überragenden Beitrag zur Schweizerischen
Filmkunst. Es handelt sich um eine Art Reality-TV mit einer völlig
fantasielosen Abfolge teils statischer, teils verwackelter Bilder.
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Positiv ist daran, dass die Jugendlichen sich offensichtlich sehr
für Regie und Schnitt interessierten und dabei Erfahrungen
machen konnten, die ihnen sonst kaum offen gestanden hätten.
Erfahrungsbericht oder Sensibilisierung?
Im Prinzip war der Ansatz durchaus interessant. Die Idee, den
Zuschauer in eine Klang- und Bildwelt einzuladen, die sich von
der seinen radikal unterscheidet, hätte neue Wege eröffnen
können, aber dazu kam es nicht. Das ist selbstverständlich nur
meine persönliche Meinung. Jeder zeigt von sich selbst ja nur
das, was er möchte, und stellt sein Leben so dar, wie er es selbst
wahrnimmt.
Der Haken an der Sache ist, dass man uns diese DVD –
jedenfalls den Angaben auf der Hülle zufolge – anbietet als
«Material zur Sensibilisierung, das allfällige Stereotypen in
unserer Gesellschaft abbauen soll». Anders als ein
Erfahrungsbericht muss ein Sensibilisierungsinstrument jedoch
Situationen und Aussagen wiedergeben, die für die Mehrheit der
Blinden und Sehbehinderten gelten.
Mit Freude und Stolz hören wir, dass einem dieser jungen Leute
die berufliche Integration perfekt gelungen ist. Wenn er uns
jedoch erklärt, vergrössernde Sehhilfen solle man lieber nicht
verwenden, weil sie zu sehr ermüden, dann sind solche
Aussagen keineswegs dazu angetan, Arbeitgeber für Mitarbeiter
zu gewinnen, die auf Hilfsmittel wie diese nicht verzichten
können. Wenn es im Film in einem Gespräch heisst, den
sperrigen Blindenstock lasse man am liebsten zu Hause, oder
man könne zwar die anderen Leute nicht sehen, benutze aber
dennoch keinen weissen Stock, dann ist dies sicher nicht
repräsentativ für alle Sehbehinderten, denn sonst wäre der Tag
des Weissen Stocks ja Schnee von gestern.
Manches, was gesagt wird, ist natürlich sinnvoll, etwa der
berühmte Ausspruch «Ich sehe nicht schwarz, sondern gar
nichts.» Aber es verliert sich im schwer zu durchdringenden
Nebel. Der Zuschauer kann nicht unterscheiden, ob es sich um
eine individuelle oder allgemeinverbindliche Aussage handelt –
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und das, obwohl das Publikum ja, wie wir wissen, zu
Verallgemeinerungen neigt.
Ein verblüffender Diskurs
Seit fast 40 Jahren arbeite ich ehrenamtlich für den SBV. Ich
gehöre zu der Generation, die sich mit Zähnen und Klauen das
Recht erkämpft hat, anders zu sein. Meine Sehbehinderung ist
Teil meiner Persönlichkeit. Ich bin eben nicht «wie die anderen»:
Ich bin ich, und ich kann mich nur dann wohlfühlen, wenn die
spezifischen Anforderungen meiner konkreten Seheinschränkung
berücksichtigt werden.
Der rote Faden, der sich durch die sieben Filmbeiträge zieht,
vermittelt dagegen klar die Botschaft, die Betroffenen seien
«genau wie alle anderen» indem die Auswirkungen der
Behinderung heruntergespielt oder banale Dinge wie Laufen oder
sich Ankleiden als besondere Leistungen bejubelt werden.
Die Kehrseite der Medaille?
Betroffen macht mich vor allem das fanatische Streben danach, in
der Masse aufzugehen. Wann und wie ging der Wunsch verloren,
als Behinderter anerkannt zu werden? Und warum löste das
«ICH» das Bestreben ab, gemeinsame Sache mit denen zu
machen, die mehr oder weniger dieselben Probleme haben?
Diese Jugendlichen wurden erheblich schneller ins Schulsystem
integriert und standen dadurch ganz allein der sogenannten Norm
gegenüber. Die Generation davor lebte zum grossen Teil noch in
Institutionen, mit allem emotionalen Leid, das damit verbunden
ist. Aber sie schöpfte auch Kraft aus dem Wissen, dass keiner mit
seinen Problemen allein dastand. Vielleicht ist dies die Kehrseite
der frühen Integration.
Stoff zum Nachdenken
Natürlich macht sich die Öffentlichkeit nicht all diese Gedanken
und findet die Filme ohne Frage ganz fabelhaft. Unsere Aufgabe
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ist es jedoch, aufzudecken, was sich hinter dem äusseren Schein
verbirgt. Wir müssen begreifen, wie sich Menschen mit
Sehbehinderung entwickeln, damit die Selbsthilfe eine
Überlebenschance in einer Gesellschaft hat, die alles immer mehr
normiert. Die Überlegungen waren insofern sicher nicht müssig.
Das Gesagte spiegelt lediglich meine eigenen Erfahrungen – jetzt
ist es an Ihnen, sich eine eigene Meinung zu bilden.
Licht am Ende des Tunnels
Christina Fasser
Forschung auf dem Gebiet der Netzhautdegenerationen
findet weltweit statt. Nachfolgend eine Momentaufnahme.
Erfreulich für Menschen mit trockener AMD (Altersbedingter
Makuladegeneration), RP (Retinitis pigmentosa), Usher
Syndrome oder ähnlichen Netzhautdegenerationen ist, dass es
bereits mehrere weit fortgeschrittene klinische Versuche zur
Behandlung dieser Krankheiten gibt. Erste Resultate sollten im
Jahr 2011 veröffentlicht werden. Die Forschungsansätze
bewegen sich auf verschiedenen Schienen, nämlich der
Gentherapie, der medikamentösen Therapie sowie der
künstlichen Netzhaut.
Spitzenforschung auf dem Gebiet der Netzhauterkrankungen
findet nicht nur im Ausland statt, sondern auch in der Schweiz. So
wurden am IRO (Institut de la Recherche Opthalmique) in Sion in
Zusammenarbeit mit anderen Kliniken zwei neue Gene entdeckt
und charakterisiert, welche vermutlich nicht nur das Verständnis
der Augenerkrankung selber, sondern ebenfalls das Verständnis
anderer Erkrankungen fördern wird.
Aber auch an allen anderen Universitäten der Schweiz wird zum
Thema geforscht und diese Arbeiten finden hohe internationale
Anerkennung. Als Beispiel dafür wurde in der Fernsehsendung
Einstein über die Arbeit von Dr. Botond Rosca berichtet. Rosca
gelang es zusammen mit seinen Mitarbeitenden, in Netzhäuten
von Mäusen teilweise abgestorbene Zapfenzellen wieder zu
regenerieren. Eine Hoffnung für viele Menschen mit
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fortgeschrittener Netzhautdegeneration (vgl. «der Weg» 1/2011).
Rosca beendete seine Präsentation mit dem Satz: «Wir sehen
Licht am Ende des Tunnels.» Den Satz hörten wir dieses Jahr
nicht nur von Botond Rosca, sondern auch von anderen
führenden Persönlichkeiten im Bereich der Netzhautforschung.
Hoffnung für viele, Ermutigung, auf dem eingeschlagenen Weg
weiter zu machen. Obwohl Licht am Ende des Tunnels erkennbar
ist, müssen Menschen mit Netzhautdegenerationen den Alltag
jetzt im Hier und Heute bewältigen.
Kasten
Auskunft, Unterstützung und Kontakt zu anderen betroffenen
Menschen finden Sie jederzeit bei Retina Suisse in Zürich und
Lausanne. Zürich: 044 444 10 77, Lausanne: 021 626 86 52,
www.retina.ch
Verband
IVG-Revisionspaket 6a/6b
Daniel Pulver, Rahel Escher
Der SBV spannt mit den Partnern des Blindenwesens
zusammen und reagiert auf die enttäuschenden Entscheide
des Parlaments.
Der Nationalrat hat bei der Beratung zur IVG-Revision 6a –
insbesondere bei der Schlussbestimmung – schwerwiegende
Gesetzesänderungen zu Ungunsten von Menschen mit einer
Behinderung verabschiedet.
Das Parlament hat über die Zukunft vieler Menschen mit
Behinderungen und chronischen Krankheiten entschieden, ohne
die Menschen hinter den Entscheiden zu sehen.
Diese Schlussbestimmung betrifft primär Menschen mit
Krankheitsbildern wie Depressionen und Panik- und
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Angststörungen. Bedauerlich ist, dass der Nationalrat kein Gehör
für die Vorschläge seiner vorberatenden Kommission (SPK) hatte.
Die Einführung des Assistenzbeitrages ist hingegen ein wichtiger
Schritt in Richtung Gleichstellung. In dieser nun verabschiedeten
Form gestaltet er sich jedoch diskriminierend. Menschen mit einer
geistigen, einer psychischen, einer Hör- oder Sehbehinderung
sind weiterhin benachteiligt.
Auch wurde die Minimalvariante einer vorübergehenden
Quotenregelung bezüglich Anstellung von behinderten
Arbeitnehmenden abgelehnt, wodurch die Arbeitgeber nicht oder
zu wenig in die Verantwortung genommen werden.
Wie geht es weiter?
 Der SBV geht davon aus, dass der Ständerat in der
Frühjahrssession den nationalrätlichen Entscheiden folgen
wird. Danach gilt es, das weitere Vorgehen im Paket 6a
zusammen mit den Partnerorganisationen festzulegen.
 Zu 6b erwarten wir per Ende Februar die Botschaft des
Bundesrates. Diese gilt es im Anschluss zu prüfen und eine
gemeinsame Strategie des weiteren Vorgehens festzulegen.
Zur Zeit laufen die vorbereitenden Massnahmen (innerhalb
der DOK) bereits auf Hochtouren.
 An den GVs 2011 der Sektionen werden/wurden die
Mitglieder durch die jeweils anwesenden ZV-Vertreter über
die IVG-Revision 6a/6b informiert.
Nachrichten aus der Interessenvertretung
Michael Vogt
Für die Petition «Radio- und Fernsehgebühren: 200 Franken
sind genug» werden zur Zeit Unterschriften gesammelt.
Sollte die Petition angenommen werden, könnte dies
negative Auswirkungen für Menschen mit einer
Sinnesbehinderung haben.
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Mit den Gebührengeldern finanziert die SRG SSR (öffentliches
Schweizer Fernsehen) unter anderem die Kosten für
Audiodeskription für sehbehinderte und blinde Menschen. Ebenso
werden die Gelder auch für die Untertitelung und die
Gebärdendolmetscher der Tagesschau verwendet. Diese
Angebote sind für Menschen mit einer Sinnesbehinderung von
immenser Bedeutung, um am politischen und öffentlichen Leben
teilhaben zu können. Erhält die SRG SSR aufgrund der Petition
weniger Gelder, so wird sie ihre Leistungen kürzen müssen. Es ist
anzunehmen, dass diese Kürzungen bei der Audiodeskription
nicht Halt machen werden, wenn sie denn nicht gerade dort
beginnen. Denn die Produktion von Audiodeskriptionen sind
aufwendig und teuer in der Herstellung und erreichen doch nur
einen verhältnismässig kleinen Teil der Schweizer Bevölkerung.
Die Forderung, die Billag-Gebühren zu senken, ist aus der Sicht
der Nutzer und Nutzerinnen verständlich. Im europäischen
Vergleich sind die Radio- und Fernsehgebühren in der Schweiz
hoch. Denn als viersprachiges Land produziert die SRG SSR für
jede Sprachregion ein eigenes Radio- und Fernsehprogramm. Die
Gebührengelder verteilen sich jedoch auf eine vergleichsweise
geringe Anzahl Haushalte. Für sinnesbehinderte Menschen ist es
aber angesichts der laufenden Petition problematisch, dass
sowohl die Audiodeskription wie die Angebote für Hörgeschädigte
durch die Billag-Gebühren finanziert werden.
Jubiläumsfeier des SBV am 1. August auf dem Rütli
Urs Lüscher
Einladung an die Mitglieder des SBV
Alle von einer Sehbehinderung betroffenen Menschen werden am
1. August 2011 auf das legendäre Rütli eingeladen. Dies aufgrund
einer Anfrage der Sektion Zürich anlässlich des 100-JahrJubiläums des SBV an die Rütli Kommission der SGG
(Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft). Die SGG als
Verwalterin des Rütli seit 1860 heisst alle Betroffenen, egal
welcher Vereins- oder Verbandszugehörigkeit, herzlich
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willkommen. Dieser Anlass ermöglicht uns Betroffenen und deren
Begleiter einmal nicht trotz unserer Einschränkung, sondern
gerade deswegen an einer aussergewöhnlichen Feier an einem
symbolträchtigen Ort teilzunehmen.
Solidarität unter Betroffenen
Die 1. August-Feier auf dem Rütli hat in den letzten Jahren eine
beachtliche Medienaufmerksamkeit genossen. Somit bietet sich
für uns eine einmalige Gelegenheit, Solidarität und
Geschlossenheit unter Betroffenen zu demonstrieren. Der Anlass
ermöglicht es uns, unsere Bedürfnisse und Anliegen in die
Schweizer Bevölkerung zu tragen.
Das OK Rütli kann mit seiner Organisation aber nur den Rahmen
bieten. Erst mit der Teilnahme von jedem Betroffenen mit einer
Sehbehinderung, wird die Feier zu einem grossartigen Fest.
Folgen Sie der Einladung und seien Sie Teil eines für das
Sehbehinderten- und Blindenwesen geschichtsträchtigen Tages!
Programm
Am 1. August 2011 beginnt unsere Reise um 11 Uhr in Luzern mit
zwei für uns reservierten Extraschiffen. Die Fahrt dauert
eineinhalb Stunden. Alle Gäste erhalten ein Lunch-Paket, da
keine Verpflegung an Bord möglich ist. Der kurze Fussmarsch auf
steilem Weg zur Rütliwiese dauert zirka zehn Minuten.
Anschliessend eröffnet Remo Kuonen, Präsident des SBV,
unseren 100-Jahre-Jubiläumsakt. Urs Kaiser,
Zentralvorstandsmitglied, richtet ein paar Worte zum Thema
Interessenvertretung an uns. Zum Abschluss hören wir von Martin
Meyer (Vorstand Sektion Zürich) Lieder auf der von ihm
erfundenen Panalotusflöte. Die Panalotusflöte ist ein Weisser
Stock, der zum Instrument umfunktioniert ist.
Nach einer Pause folgt die offizielle Nationalfeier mit
Ständeratspräsident Hans-Heiri Inderkum, der Musikgesellschaft
Brunnen und diversen Überraschungen. Etwa um 18 Uhr treffen
wir nach der Rückreise per Schiff wieder in Luzern ein.
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Ihre persönliche Einladung zum Fest mit allen Angaben zur Anund Rückreise von Ihrem Wohnort nach Luzern erhalten Sie von
Ihrer Sektion. In dieser Einladung befinden sich auch alle
Angaben zur Anmeldung.
Kandidaten gesucht!
Remo Kuonen
Am kommenden 25. und 26. Juni findet in Lausanne die 100.
Delegiertenversammlung des SBV statt.
Dieser Tag soll ein Meilenstein werden. Damit dies jedoch
geschehen kann, ist es zwingend notwendig, dass der neue
Zentralvorstand, der gewählt wird, harmonisch zusammengesetzt
wird. Das heisst, seine Mitglieder sollten gleichmässig aus allen
kulturellen Bereichen unseres Landes kommen.
Es ist also an der Zeit, dass einige unter Euch, Mitglieder des
SBV, das Schicksal unseres Verbandes in die Hand nehmen, sich
aktiv engagieren, Verantwortung übernehmen und sich als
Kandidaten für den Zentralvorstand zur Wahl stellen.
Ich lade Sie daher herzlich ein, Ihre Kandidatur einzureichen, so
dass wir an der Delegiertenversammlung 2011 in Lausanne eine
offene und demokratische Wahl durchführen können.
Kasten
Für weitere Informationen halten wir uns gerne zur Verfügung:
 der Präsident, Remo Kuonen ([email protected]
oder 031 390 88 02)
 die Vize-Präsidentin, Rita Annaheim
([email protected], oder 062 791 34 19) oder Pascal
Lonfat ([email protected] oder 024 471 47 94)
 der Zentralsekretär Kannarath Meystre
([email protected] oder 031 390 88 03)
Die erste von sieben
Jean-Marc Meyrat
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Am 4. und 5. Februar fand in Lausanne die erste der sieben
geplanten Info-Vision-Ausstellungen statt. Die Ausstellungen
werden anlässlich des hundertjährigen Bestehens des
Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverbands
organisiert.
Im Augenspital Jules-Gonin schlugen 16 Aussteller ihre Stände
auf.
Von Alltags-Hilfsmitteln über EDV-Lösungen, funkelnden
Braillezeilen, die Braillemaus Mouskie, taktilen Stadtplänen bis zu
einer ganzen Palette von Lesegeräten konnten die 400 Besucher
der Info Vision die Fortschritte auf diesem Gebiet begutachten.
Zwar waren diesmal keine überragenden Innovationen dabei,
doch sind unsere Erwartungen aufgrund der fulminanten
Neuerungen der letzten Jahre vielleicht etwas hoch.
Retina Suisse veranstaltete für die zahlreichen interessierten
Besucher vier Vorträge über die Fortschritte der Ophthalmologie
(Augenheilkunde).
Kasten
Lugano, 17.–19. März / Bern, 8., 9. April / Zürich, 15., 16, Juli /
Basel, 16., 17. September / St. Gallen, 7., 8. Oktober / Chur 4., 5.
November
Veranstaltungen
Sektion Aargau-Solothurn
05.04.
14.04.
Kaffeetreff in der Aarauerstube, Bahnhofstrasse 78,
Aarau. 14.15–16.15 Uhr. Auskunft: Verena Müller, 062
721 51 67.
iPhone und VoiceOver; Bedienung und Nutzen für
Blinde; Selamet Aydogdu und Urs Kaiser;
Beratungsstelle Olten 14.00–16.30 Uhr. Info und
Anmeldung bei Urs Kaiser, 033 533 21 33.
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40/51
03.05.
Kaffeetreff in der Aarauerstube, Bahnhofstrasse 78,
Aarau. 14.15–16.15 Uhr. Auskunft: Verena Müller, 062
721 51 67.
31.05.
Besuch der Blindenführhundeschule des VBM in Liestal
(ganztägig). Info und Anmeldung bei Verena Müller, 062
721 51 67.
3.–5.06. Literatur im Dunkelzelt an den Solothurner
Literaturtagen. Programm: www.literatur.ch. Info und
Auskunft bei: Urs Kaiser, 032 621 50 30.
Sektion Bern
30.03.
27.04.
18.06.
Stammtisch: ab 17.00 Uhr im Restaurant «a familia
portuguesa», Zähringerstrasse 15, 3012 Bern.
Stammtisch, ab 17.00 Uhr im Restaurant «a familia
portuguesa», Zähringerstrasse 15, 3012 Bern.
Jubiläumsausflug, Anmeldungsfrist bis Ende April
(weitere Details im Jahresprogramm der Sektion).
Sektion Ostschweiz
02.04.
04.04.
10.04.
30.04.
02.05.
21.05.
29.05.
Frühjahrsanlass «Schulmuseum»-Amriswil, Anmeldung
bei Barbara Trudel, 052 720 89 78, weitere Infos in
Televox und Post.
Stamm, Rest. Brasserie, ab 19.00 Uhr, beim HB
St.Gallen.
Wanderung, 08.45 Uhr bei Appenzellerbahn am HB St.
Gallen, ohne Anmeldung, weitere Info siehe 14 Tage
vorher auf Televox.
Neumitgliederbegrüssung im Atelier St. Gallen, weitere
Info in Televox und Post
Stamm Rest. Brasserie, ab 19.00 Uhr, beim HB
St.Gallen
Jubiläumsfeier «100 Jahre SBV», weitere Infos in
Televox und Post
Wanderung, 08.45 Uhr bei Appenzellerbahn am HB St.
Gallen, ohne Anmeldung, weitere Info 14 Tage vorher
auf Televox
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41/51
06.06.
26.06.
Stamm Rest. Brasserie, ab 19.00 Uhr, beim HB St.
Gallen
Wanderung,08.45 Uhr bei Appenzellerbahn am HB St.
Gallen, ohne Anmeldung, weitere Info 14 Tage vorher
auf Televox
Sektion Zürich
19.03.
19.03.
26.03.
29.03.
06.04.
10.04.
25.04.
26.04.
30.04.
07.05
28.05.
Wandergruppe Sunshine Rapperswil – Etzel –
Einsiedeln. Anmeldung bei Giovanni Pasqualotti, Tel.
044 390 11 83
Kulturanlass: «Total dureknallt» Theater mit Jörg
Schneider. Stadthofsaal Uster, zirka 18.45–22.00 Uhr.
Anmeldung bei Urs Lüscher, 044 940 93 10,
[email protected]
Samstags-Lunch: «Gewalt gegen Behinderte». Rest.
Schibli Uster, 11.30–13.30 Uhr. Anmeldung bei Urs
Lüscher, 044 940 93 10, [email protected]
Kontaktgruppe Enge. Kirchgemeindehaus Enge, Zürich,
14.00–16.00 Uhr
Wandergruppe Merkur. Oetwil, Weinigen, Kloster Fahr.
Anmeldung bei Maya + Gilbert Monnerat, Tel. 044 741
23 49 (Ersatzdatum 04.05.)
Wandergruppe Soleblitz. Am Sächsilütesunntig vo Wald
uf Rapperswil. Anmeldung bei Marianne + Walti Ogi,
Tel. 044 432 28 28 (Ersatzdatum 08.05.)
Wandergruppe Sunshine. Zum Bremgartner Markt.
Anmeldung bei Giovanni Pasqualotti, Tel. 044 390 11 83
Kontaktgruppe Enge. Kirchgemeindehaus Enge, Zürich,
14.00–16.00 Uhr
Samstags-Lunch: «Leben und Werdegang von und mit
Judit Stamm» Rest. Schibli Uster, 11.30–13.30 Uhr.
Anmeldung bei Urs Lüscher, 044 940 93 10,
[email protected]
Besuch im Bundeshaus. Anmeldung bei Urs Lüscher,
044 940 93 10 oder [email protected]
Samstags-Lunch: «Konzeptpräsentation des SBVAteliers» Rest. Schibli Uster, 11.30–13.30 Uhr.
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31.05.
Anmeldung bei Urs Lüscher, 044 940 93 10 oder
[email protected]
Kontaktgruppe Enge, Maibummel mit separater
Einladung
Weitere Informationen über die Sektionsaktivitäten finden Sie
stets aktuell auf dem telefonischen Informationssystem Televox
031 390 88 88 oder auf www.blindenverband.ch
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[email protected]
Atelier Luzern, Allmendstrasse 5, 6048 Horw, 041 240 11 24,
[email protected]
Atelier St. Gallen, Schachenstr. 9, 9016 St. Gallen, 071 288 60 11,
[email protected]
Atelier Zürich, Moosmattstr. 30, 8953 Dietikon, 044 740 27 40,
[email protected]
Kreativgruppen in Aarau, Basel, Bern, Biel, Burgdorf, Chur,
Freiburg, Luzern, Lyss, Meiringen, Rapperswil, Spiez, Thun,
Winterthur und Zürich. Weitere Informa-tionen zu Kursleitung, Ort
und Zeit: Christina Arnold, 031 390 88 29, [email protected]
Leserbrief: Kreativgruppe Biel
Elisabeth Bigler
Seit zwei Monaten gehöre ich zur Kreativgruppe von Beatrice
Allemann und Emma Gousset in Biel. Ich kannte niemanden,
niemand kannte mich, und trotzdem wurde ich willkommen
geheissen wie eine alte Bekannte. Dies ist nicht allein der
Tatsache zu verdanken, dass alle sehbehindert oder blind sind,
nein, mir war von der ersten Sekunde an bewusst, dass die
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beiden Leiterinnen (sehend) mit besonderen menschlichen
Qualitäten begnadet sind. (...) Welche Vielfalt von Techniken wir
kennenlernen dürfen, ist unglaublich und macht mich sehr, sehr
glücklich. Gegenwärtig wird gewoben, gestrickt, gedruckt, gefilzt
und Speckstein geschliffen. (...)
Herzliche Gratulation, tanti auguri, joyeux anniversaire
Der Zentralvorstand des SBV gratuliert Frau Charlotte Veciana
aus Lugano und Frau Anni Frick aus St. Gallen herzlich zum 100.
Geburtstag.
Wir wünschen den beiden Jubilarinnen von Herzen alles Gute
und ein mit Gesundheit gesegnetes, wunderbares 101.
Lebensjahr.
Remo Kuonen
Der Zentralpräsident
Legende: Zum 100. Geburtstag! Das Bild eines Geburtstagskuchens. (Foto:
flickr.com/zutaten)
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Website: www.cicnam.grsa.ch oder per E-Mail: [email protected],
Tel.: 0041 79 271 41 56.
5. Prix Canne blanche
Am 23. September 2011 verleiht der Schweizerische
Zentralverein für das Blindenwesen (SZB) zum fünften Mal die
nationale Auszeichnung «Canne blanche, der Preis des
Sehbehindertenwesens».
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Damit zeichnen wir besondere Projekte aus, die blinden,
sehbehinderten und taubblinden Menschen in der Schweiz zugute
kommen.
Nominiert werden können besonders bauliche, informative,
sozialpolitische Massnahmen, Ideen und Aktionen zugunsten
betroffener Personen, aber auch Hilfsmittelentwicklungen im
technischen und elektronischen Bereich oder Forschungen und
Veröffentlichungen. Die Eingabefrist für Vorschläge läuft bis zum
31. März 2011.
Weitere Information: [email protected]
Erholungszentrum des Vorarlberger Blinden- und
Sehbehindertenverbandes
Das Haus liegt ganz in der Nähe des Bodensees in einer äusserst
ruhigen Lage. Die Zimmer sind mit WC/DuscheBad/Radio/Telefon, Minibar und Fernseher ausgestattet. Den
Urlaubern stehen eine spezielle Blindenschiessanlage,
Kegelbahn, Sauna, Gruppenräume, sowie ein Freischwimmbad
zur Verfügung. Die täglichen Ausflüge sind unser Markenzeichen.
Preise: EUR 54.– pro Tag/Vollpension – EZ-Zuschlag EUR 5.–
«all inklusiv»
Kontaktadresse: Vorarlberger Blinden- und
Sehbehindertenverband, A-6858 Schwarzach, Ingrüne 12, Telefon
0043 5572 58221
Homepage: www.vbsv.at, E-Mail: [email protected]
Kurse für Ehrenamtliche des SBV
26.03.
Ehrenamt – Lust oder Frust?
16.04.
Stellenprofile für Vorstandsämter – Grundlagenwissen
07.05.
Kurs 1 für Sensibilisierungsarbeit: Umgang mit
«schwierigen Teilnehmenden»
02.07.
Das Ehrenamt zwischen Kooperation und Abgrenzung
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14.10.
12.11.
Kurs 2 für Sensibilisierungsarbeit: Selbstsicherheit
gewinnen – wirken, wie ich wirken möchte
Das Ehrenamt zwischen Ansprüchen von unten und
von oben
Anmeldungen bis jeweils 4 Wochen vor dem Kursdatum im
Kursbüro bei Cécile Züttel, 031 390 88 00, [email protected]. Weitere Informationen unter www.sbv-fsa.ch, Agenda.
Gurtenfestival 2011
Samstag, 16. Juli 2011, Open Air auf dem Berner Hausberg
Komm gemeinsam mit den Leos ans Gurtenfestival. Sie holen
Dich am Bahnhof Bern ab und spendieren Eintritt und
Verpflegung.
Anmeldung bis zum 1. Mai 2011 bei Daniela Moser, 031 390 88
00, [email protected].
Die Einladung richtet sich an alle blinden und sehbehinderten
Jugendlichen zwischen 15 und 35 Jahren. Die Anmeldungen
werden nach Eingangsdatum berücksichtigt und bestätigt. Die
Platzzahl ist beschränkt. Infos zum genauen Ablauf erfolgen nach
der Anmeldung.
Informationen zum Gurtenfestival: www.gurtenfestival.ch
ONKYO Braille Contest
Thema 2011: «Braille verändert mein Leben».
Teilnehmen können: alle Blindenschriftleser und -schreiber.
Sprache: Schreiben Sie in Ihrer Muttersprache, wir sorgen für die
Übersetzung.
Länge: 1000 Worte
Rechtliches: Die Autorenrechte gehen an die EBU.
Preise:
• Prix Otsuki (Premier Prix): 2000 dollars US
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•Prix d’Excellence:
Juniors (jusqu‘à 25 ans): 1000 dollars US
Seniors (plus de 25 ans): 1000 dollars US
• Prix d’Honneur:
Juniors (deux prix): 500 dollars US, par lauréat
Seniors (deux prix): 500 dollars US, par lauréat
Einreichen bis spätestens am 30. April an: [email protected]. Reglement in französisch und englisch erhältlich.
Impressum
Offizielle Zeitschrift des Schweizerischen Blinden- und
Sehbehindertenverbandes (SBV) im 98. Jahrgang. Erscheint
sechsmal im Jahr in Grossdruck, in Braille, im DAISY-Format, im
Elektronischen Kiosk, teilweise auf www.sbv-fsa.ch sowie auf
Bestellung per E-Mail (ohne Fotos) in Deutsch und Französisch
(«clin d’œil»).
Herausgeber: SBV
Redaktion: Naomi Jones und Jean-Marc Meyrat
Umschlaggestaltung: Büro Grotesk.cc
Layout: Claudia Holzer, Ediprim AG, Biel
Übersetzungen: USG Übersetzungs-Service AG
Druck: Ediprim AG, Biel/Bienne
Druck auf umweltfreundliches FSC-Papier
Brailleumwandlung und -druck: Hanni Wüthrich, Anton
Niffenegger
DAISY: Paul Güntert Tonstudio
ISSN (Schwarzschrift): 1422-0490
ISSN (Blindenschrift): 1422-0504
Für Mitglieder des SBV: gratis. Jahresabonnement für
Nichtmitglieder: Fr. 28.– (Inland), Fr. 34.– (Ausland). Postkonto:
30-2887-6
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Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe: 10. April 2011
Thema: Freundschaft, Liebe und Partnerschaft
Anregungen bitte an: Redaktion «der Weg / clin d’œil»
Schweizerischer Blinden- und Sehbehindertenverband,
Gutenbergstrasse 40b, 3011 Bern, Tel. 031 390 88 00; Fax 031
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