Steuerabzug auf Weiterbildung

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Pressedienst Travail.Suisse – Nr. 12 – 8. September 2008 – Bildung
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Steuerabzug auf Weiterbildung
Nur für die Höhere Berufsbildung bedeutsam
Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben WAK des Ständerates hat eine
Kommissionsmotion angenommen, welche den Bundesrat beauftragt, den
Steuerabzug auf beruflich veranlaßte Aus- und Weiterbildung neu zu regeln1.
Gemäss Steuerverwaltung führt die WAK-Forderung zu einem Steuerausfall
von insgesamt rund 50 Mio. Franken bei Bund und Kantonen. Wie ist die
ständerätliche Forderung zu bewerten? Aus Sicht von Travail.Suisse hängt die
Beantwortung dieser Frage stark davon ab, in welchen Kontext sie gestellt wird
und welches die nicht beabsichtigten Folgen dieser Forderung auf andere
politische Geschäfte sind.
Grundsätzlich ist zu betonen, dass die Schweiz ihre Weiterbildungspolitik verbessern
muss. Politische Initiativen von Parlament und Regierung in diesem Bereich sind deshalb
primär zu begrüssen. Die Kommissionsmotion des Ständerates hat dabei Einfluss auf
zwei bildungspolitische Bereiche: auf die Politik im Bereich der Höheren Berufsbildung
und die Weiterbildungspolitik.
Kontext höhere Berufsbildung
Die höhere Berufsbildung ist gegenwärtig ein Sorgenkind. Nicht deshalb, weil es an
Studierenden oder Angeboten fehlen würde, sondern weil es in diesem Bereich beim
Bund und den Kantonen an einer klaren Politik mangelt. Aus diesem Grund ist eine
Masterplangruppe Höhere Berufsbildung eingesetzt worden, welche die offenen Fragen
und Probleme einer Lösung zuführen soll. Zentrales Thema ist die zukünftige
Finanzierung der höheren Berufsbildung, insbesondere auch die kantonale Finanzierung
über die Kantonsgrenzen hinaus. Denn im Unterschied zur Tertiär A-Stufe (Universität,
1
Der Bundesrat wird beauftragt, dem Parlament eine Vorlage betreffend Änderung des DBG und des StHG
zu unterbreiten. Zweck der Vorlage ist es, die beruflich veranlassten Aus- und Weiterbildungskosten nach
dem Verfassungsgrundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu behandeln.
Die Vorlage soll folgendes vorsehen:
1. Beruflich veranlasste und vom Steuerpflichtigen getragene Aus- und Weiterbildungskosten sind
abzugsfähig. Beruflich veranlasst sind Bildungskosten, die dem Erhalt oder der Erweiterung der bisher
ausgeübten unselbständigen Erwerbstätigkeit dienen (Berufsaufstieg) oder die zu einer neuen oder wieder
aufgenommenen selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit qualifizieren (Umschulung,
Wiedereinstieg).
2. Für den Abzug ist eine betragsmässige Obergrenze vorzusehen.
3. Nicht abzugsfähig sind Kosten für die berufsqualifizierende Erstausbildung. Ein berufsqualifizierender
Abschluss liegt vor, wenn die betroffene Person durch den Abschluss zum ersten Mal befähigt wird, eine
berufliche Tätigkeit auszuüben, welche es ihr ermöglicht, ihren Lebensunterhalt fortan selber zu verdienen.
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Fachhochschule, ETH) ist im Tertiär B-Bereich (Höhere Berufsbildung) die
gesamtschweizerische Mobilität der Studierenden nicht garantiert.
Die Kommissionsmotion des Ständerates nimmt Einfluss auf diesen Tertiär B-Bereich.
Denn im Unterschied zum Tertiär A-Bereich zahlen die Studierenden im Tertiär B-Bereich
einen grossen Teil der Schulkosten selber. Steuerabzüge auf beruflich veranlaßte Ausund Weiterbildung sind daher für Studierende der Höheren Berufsbildung attraktiv.
Zumindest einen Teil der Schulkosten wird ihnen nach der Idee des Ständerates durch
Steuerabzüge zurückerstattet.
Die Idee der WAK nimmt auch ein Anliegen der neuen Bildungsverfassung wahr. Diese
betont im Artikel 61a Abs. 3, dass sich Bund und Kantone bei der Erfüllung ihrer
Aufgaben dafür einsetzen, dass allgemeinbildende und berufsbezogene Bildungswege
eine gleichwertige gesellschaftliche Anerkennung finden2. Ein höherer Mitteleinsatz von
mehreren 10 Millionen Franken zugunsten der Höheren Berufsbildung ist diesbezüglich
ein Schritt in die richtige Richtung.
Allerdings ist die Forderung der WAK auch mit Problemen behaftet. Dadurch, dass die
Finanzierung der Höheren Berufsbildung heute noch nicht klar geregelt ist, besteht die
Gefahr, dass die Steuerausfälle bei der Definition der Finanzierungsgrundsätze
kompensiert werden. Das würde bedeuten, dass letztlich nicht mehr Geld ins System der
Höheren Berufsbildung fließt. Zudem ist die Frage zu stellen, ob Steuerabzüge die
effizienteste und effektivste Form der finanziellen Entlastung der Studierenden ist.
Steuerabzüge sind oftmals mit administrativen Mehraufwendungen und
Abgrenzungsproblemen behaftet. Dazu kommt, dass Steuerabzüge eher jene bevorteilt,
welche gut verdienen.
Kontext Weiterbildungspolitik
Die Weiterbildungspolitik ist einer jener Politikbereiche, der in den nächsten Jahren am
meisten ausgebaut und entwickelt werden muss. Dies verlangen sowohl die
gesellschaftlichen wie auch die wirtschaftlichen Entwicklungen. Die neue
Bundesverfassung unterstützt dieses Anliegen. Mit dem im Mai 2006 vom Volk
angenommenen Bildungsartikel ist der Bund erstmals in der Geschichte beauftragt,
Grundsätze über die Weiterbildung festzulegen3.
Ziel des neu zu schaffenden Weiterbildungsgesetzes muss es aus Sicht von Travail.Suisse
sein, allen Arbeitnehmenden den Zugang zur Weiterbildung zu ermöglichen. Wie das zu
2
BV Art.61a, Abs. 3: Sie setzen sich bei der Erfüllung ihrer Aufgaben dafür ein, dass allgemein bildende und
berufsbezogene Bildungswege eine gleichwertige gesellschaftliche Anerkennung finden.
3
BV Art. 64a Weiterbildung
1 Der Bund legt Grundsätze über die Weiterbildung fest.
2 Er kann die Weiterbildung fördern.
3 Das Gesetz legt die Bereiche und die Kriterien fest.
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erreichen ist, haben wir schon vor einem Jahr dargelegt mit unserer Forderung nach drei
Tagen obligatorische Weiterbildung für alle Arbeitnehmenden, finanziert durch die
Arbeitgeber.
Was trägt die Idee der ständerätlichen WAK dazu bei, dass alle Arbeitnehmenden einen
Zugang zur Weiterbildung erhalten? Steuerabzüge auf beruflich veranlaßte Aus- und
Weiterbildung – dazu braucht es keine grossen Untersuchungen – können allenfalls
Anreize zur Weiterbildung für Personen sein, die genug verdienen, um Abzüge
überhaupt geltend machen zu können. Die Idee der Steuerabzüge hat daher nur eine sehr
begrenzte Anreizfunktion. Sie sollten daher im neu zu schaffenden Weiterbildungsgesetz
allenfalls eine untergeordnete Rolle spielen. Angesichts der 50 Millionen Franken
Steuerausfall stellt sich sogar die Frage, ob auf eine Neuregelung der Steuerabzüge
insgesamt verzichtet werden sollte. Es wäre wohl besser, die 50 Millionen zielgerichtet in
Projekte für Weiterbildungsferne zu investieren.
Die Neuregelung der Steuerabzüge auf beruflich veranlaßte Aus- und Weiterbildung
kann im Kontext der Höheren Berufsbildung eine begrenzte Bedeutung zugesprochen
werden, nicht aber im Kontext der Weiterbildungspolitik. Dort sind andere Ideen zu
entwickeln, um die Weiterbildungsaktivitäten in der Schweiz zu verbessern.
Bruno Weber-Gobet, Leiter Bildungspolitik Travail.Suisse
Travail.Suisse, Hopfenweg 21, 3001 Bern, Tel. 031 370 21 11, [email protected],
www.travailsuisse.ch
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