Aktuelles aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht

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AStW 2011/01
§ 2 EStG – Regelung zur Mindestbesteuerung ist nicht anwendbar ................................................ 2
§ 4 EStG – GmbH-Anteile als notwendiges Betriebsvermögen beim Einzelunternehmer.................... 3
§ 4 EStG – Aufwendungen für einen Jaguar E-Type sind nicht abzugsfähig ..................................... 4
§§ 4, 9 EStG – Aktuelle Urteile zum häuslichen Arbeitszimmer ..................................................... 5
Durchgangsraum in den Gartenbereich .............................................................................. 5
Einstufung aufgrund der Zeitkomponente ........................................................................... 5
Lehrer mit freiberuflicher Nebentätigkeit ............................................................................ 6
§ 6 EStG – Keine Rückstellung für Kosten der Entsorgung nach dem Abfallgesetz ........................... 8
§ 8 EStG – Abgrenzung zwischen Bar- und Sachlohn bei Gutscheinen ........................................... 9
§ 9 EStG – Nachweis der Fahrkilometer bei großer Entfernung zur Arbeitsstelle ............................ 10
§ 10b EStG – Kein Spendenabzug bei Zuwendungen nach dem Tod ............................................ 11
§ 15 EStG – Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze durch Aufteilung im Kaufvertrag ................. 12
§ 15 EStG – Umfang von stillen Reserven ist für die Einordnung als Liebhaberei irrelevant ............. 13
§ 16 EStG – Zeitpunkt der Betriebsaufgabe bei Insolvenz eines Unternehmens............................. 14
§ 17 EStG – Keine nachträglichen Anschaffungskosten durch Gewinnverzicht ............................... 15
§ 19 EStG – Einordnung von Gemeinschaftsverpflegung auf Dienstreisen .................................... 16
§ 21 EStG – Keine Werbungskosten mehr nach einem Immobilienverkauf.................................... 17
§ 23 EStG – Keine Verrechnung von Spekulationsverlusten mit anderen Einkünften ...................... 18
§ 32 EStG – Berücksichtigung von Kindern in der Berufsausbildung ............................................ 19
§ 33 EStG – Aufwand für notwendigen Gesundheitssport ist nicht abzugsfähig ............................. 20
§ 33 EStG – Haussanierung wegen Asbestbelastung ist nicht absetzbar ....................................... 21
§ 36 EStG – Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer ........................................................ 22
§ 3 UStG – Steuerfreie Entnahme eines ohne Vorsteuerabzug erworbenen Kfz ............................. 23
§ 4 UStG – Keine Steuerfreiheit für gesondert vereinbarte Haftungsvergütungen ......................... 24
§ 13b UStG – Steuerschuldnerschaft bei Handys und integrierten Schaltkreisen ........................... 25
§§ 15, 15a UStG – Anwendungserlass zum Vorsteuerabzug bei Grundstücken ab 2011 ................. 26
§ 15a UStG – Anspruch auf Vorsteuerberichtigung ist eine Masseverbindlichkeit ........................... 27
§ 3 ErbStG – Abfindung an weichenden Erben ist nicht steuerpflichtig ......................................... 28
§ 10 ErbStG – Steuerschulden aus dem Todesjahr sind nicht abzugsfähig .................................... 29
AO – Keine Bindung an unverbindliche Auskunft bei neuer Rechtslage ......................................... 30
AO – Aberkennung der Gemeinnützigkeit bei Verfolgung allgemeinpolitischer Ziele ....................... 31
§ 37 AO – Anrechnung der Vorauszahlung eines Gatten auf Schulden beider Eheleute ................... 32
§ 191 AO – Zulässigkeit eines ergänzenden Haftungsbescheids nach Außenprüfung ...................... 33
BpO – Die zeitnahe Betriebsprüfung kommt bundesweit einheitlich in 2012.................................. 34
Zollrecht – Abgabenpflichtiger Import durch Reisende aus Drittländern ....................................... 35
Steuern kompakt .................................................................................................................. 36
§ 4 EStG – Keine Bilanzänderung bei berichtigten Einkünften ............................................. 36
§ 9 EStG – Werbungskosten für Verlust einer stillen Einlage ............................................... 36
§ 13 EStG – Übergangsregeln zum Hofladen ..................................................................... 36
§ 15 EStG – Verpachtung von Mandantenstamm bei Betriebsaufspaltung ............................. 36
§ 26 EStG – Insolvenzverwalter kann getrennte Veranlagung wählen .................................. 37
§ 33 EStG – Versicherungsleistungen mindern Pflegeaufwand ............................................. 37
§ 34 EStG – Ausgleich des Handelsvertreters ist nicht tarifbegünstigt .................................. 37
§ 41b EStG – Nachträgliche Korrektur unrichtiger Lohnsteuerdaten ..................................... 37
§ 2 UStG – Selbstständigkeit eines Personengesellschafters ............................................... 37
§ 3 UStG – Übertrag immaterieller Güter ist eine Leistung .................................................. 38
§ 19 UStG – Private Kfz-Nutzung zählt beim Kleinunternehmer nicht ................................... 38
§ 75 AO – Erwerberhaftung bei Kauf durch Bruchteilsgemeinschaft ..................................... 38
§ 156 AO – Kleinbetrags-VO ist auch zulasten des Steuerpflichtigen anwendbar.................... 38
AStW 2011/02
§ 2 EStG – Regelung zur Mindestbesteuerung ist nicht anwendbar
Der BFH hat in zwei Urteilen zur Mindestbesteuerung entschieden, dass die ehemalige
beschränkte Verlustverrechnung in der Regel keine Anwendung findet. Zum zwischen
1999 und 2003 geltenden § 2 Abs. 3 EStG a.F. hatte er zunächst das Verfahren dem
BVerfG wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Gebot der Normenklarheit vorgelegt,
was jedoch im Oktober 2010 als unzulässig verworfen wurde. Nunmehr stellt der BFH
klar, dass im Rahmen eines Rücktrags solche Verluste abzusetzen sind, die nur aufgrund
der Einschränkung durch die Mindestbesteuerung damals nicht oder nur zum Teil
berücksichtigt werden konnten. Das gilt aber grundsätzlich nur für negative Einkünfte, die
wirtschaftlich tatsächlich erzielt worden sind.
Da der Wortlaut der Norm – nicht nur nach Meinung des BFH – für sich genommen keinen
eindeutigen
Sinn
ergibt,
ist
die
Regelung
bei
sogenannten
unechten
Verlusten
wirtschaftlich zu verstehen. Das betrifft auch die Auslegung des damaligen Normzwecks,
wonach die Einschränkung der Verrechnung in den verfassungsrechtlichen Grenzen des
Besteuerungseingriffs sowie im gesetzgeberischen Willen nur unechte Verluste betreffen
kann. Dabei zählten nach Maßgabe der wirtschaftlichen Betrachtungsweise negative
Einkünfte,
soweit
sie
auf
die
Inanspruchnahme
von
Sonderabschreibungen
zurückzuführen sind, zu den unechten Verlusten. Lediglich die regulären oder erhöhten
Absetzungen
für
Abnutzung
oder
Substanzverringerung
führten
nicht
zu
einem
buchmäßigen, sondern einem erzielten echten Verlust. Grundsätzlich können nun in
offenen Altfällen wirtschaftlich erzielte echte Verluste bei der Berechnung der Summe der
Einkünfte in vollem Umfang horizontal und vertikal ausgeglichen werden. Beim Rücktrag
eines Verlusts aus 1999 nach 1998 ist § 2 Abs. 3 EStG aber nicht anzuwenden.
Fundstellen:
BFH 9.3.11, IX R 72/04, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 111848; IX R 56/05, unter
www.iww.de, Abruf-Nr. 111847
BVerfG 12.10.10, 2 BvL 59/06, BFH/NV 10, 2387
AStW 2011/03
§ 4 EStG – GmbH-Anteile als
notwendiges Betriebsvermögen
beim Einzelunternehmer
Die Beteiligung an einer GmbH oder AG gehört zum notwendigen und nicht nur zum
gewillkürten
Betriebsvermögen
ihres
Gesellschafters,
wenn
sie
ausschließlich
und
unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke des Steuerpflichtigen genutzt wird, um

eine branchengleiche gewerbliche Betätigung zu fördern,

den Absatz der eigenen Produkte zu gewährleisten oder

mittels der Beteiligung neue Dienstleistungsumsätze zu erstreben oder vorhandene zu
sichern.
Dabei kommt es entscheidend auf den Umsatzanteil an, den der Beteiligte durch seine
Geschäftsbeziehung mit der GmbH erzielt. Zwar sind Geldgeschäfte Freiberuflern
grundsätzlich wesensfremd und GmbH-Anteile können damit nicht dem freiberuflichen
Betriebsvermögen
zugerechnet
werden.
Dies
gilt
grundsätzlich
aber
nicht
für
Gewerbetreibende. Bei ihnen hängt die Entscheidung der Frage, ob mittels der Beteiligung
der eigene Absatz gefördert oder gesichert werden soll, grundsätzlich auch nicht von der
Branchenzugehörigkeit ab, weil die Beteiligung auch zur Erweiterung um ein zusätzliches
Geschäftsfeld führen kann. Dabei ist es unschädlich, wenn das neue Geschäftsfeld ein
eigenständiges Gewicht erlangt.
Fundstellen:
FG Münster 25.2.11, 12 K 656/08 F, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 112252
BFH 31.5.05, X R 36/02, BStBl II 05, 707; 12.1.10, VIII R 34/07, BStBl II 10, 612
AStW 2011/04
§ 4 EStG – Aufwendungen für einen
Jaguar E-Type sind nicht abzugsfähig
Der Aufwand für einen 28 Jahre alten Jaguar E-Type darf den Gewinn selbst dann nicht
mindern, wenn der Oldtimer ausschließlich für gelegentliche Kundenbesuche benutzt wird.
Aufwand dieser Art ist als unangemessener Repräsentationsaufwand anzusehen, der nach
Ansicht des FG Baden-Württemberg eine Nähe zur privaten Lebensführung aufweist.
Derartige Ausgaben fallen unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 4 EStG für
Aufwendungen für Jagd, Fischerei, Segel- und Motorjachten. Das Abzugsverbot beinhaltet
Repräsentationsaufwendungen, bei denen die Nähe zur privaten Lebensführung auf der
Hand liegt, sodass sie bereits ihrer Art nach nicht abziehbar sein sollen. Das betrifft
Aufwendungen
zur
sportlichen
Betätigung,
Unterhaltung
von
Geschäftsfreunden,
Freizeitgestaltung oder Repräsentation.
Der entscheidende Senat des FG Baden-Württemberg teilt nicht die Auffassung der
Klägerin, Kfz fielen nicht unter das Abzugsverbot des
§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 EStG, da
betrieblich genutzte Transportmittel nicht der Repräsentation oder Freizeitgestaltung
dienten und daher vom zweckbestimmten Anwendungsbereich der Nr. 4 nicht erfasst
würden. Nach Auffassung des Gerichts ist nicht ersichtlich, weshalb ein Kfz der
Repräsentation des Unternehmens dienen sollte.
Es widerspräche dem mit der Regelung verfolgten Vereinfachungszweck, wenn zu prüfen
wäre, ob betriebliche Werbezwecke oder private Neigungen im Vordergrund stehen. Diese
Abgrenzung zu vermeiden ist gerade das Ziel der Vorschrift. Das Abzugsverbot greift also
immer dann ein, wenn dort genanntes Wirtschaftsgut eingesetzt wird. Ob dies im
Einzelfall tatsächlich gegeben ist, ist nicht zu prüfen.
Der Jaguar E-Type ist der Freizeitgestaltung zuzurechnen. Er bietet nicht den Komfort und
den
Sicherheitsstandard
eines
Neuwagens
und
löst
infolge
seines
äußeren
Erscheinungsbildes als Prototyp eines Sportwagens, seiner Motorisierung, der Seltenheit
im heutigen Straßenbild sowie seines Alters Emotionen beim Halter aus. Eine Ausnahme
vom Abzugsverbot käme selbst dann nicht in Betracht, wenn private Neigungen des
Unternehmers durch betriebliche Interessen in den Hintergrund gedrängt werden.
Fundstellen:
FG Baden-Württemberg 28.2.11, 6 K 2473/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 112253
BFH 22.12.08, III B 154/07, BFH/NV 09, 579; 7.2.07, I R 27-29/05
AStW 2011/05
§§ 4, 9 EStG – Aktuelle Urteile zum
häuslichen Arbeitszimmer
Vier Finanzgerichte haben sich aktuell mit Sachverhalten beschäftigt, die für die
Beraterpraxis von Bedeutung sein könnten.
Durchgangsraum in den Gartenbereich
Ist das Arbeitszimmer nicht von den Wohnräumen getrennt, kann nicht von einer nur
untergeordneten Bedeutung der privaten Mitbenutzung ausgegangen werden. Nach einem
Urteil des FG Baden-Württemberg kommt in diesem Fall auch kein Abzug nur eines Teils
der Aufwendungen in Betracht. Das gilt, wenn das heimische Büro zum Durchgang in den
anderen Wohnbereich genutzt werden kann oder es den alleinigen Zugang zu Terrasse
und Garten bietet. In diesem Fall ist das Arbeitszimmer nicht ausreichend gegenüber den
anderen Räumen abgeschlossen. Dies spricht dafür, dass es nicht nur beruflich genutzt
wird.
Ein Abzug beim häuslichen Arbeitszimmer setzt grundsätzlich voraus, dass es nahezu
ausschließlich beruflich oder betrieblich genutzt wird, da es sich bei Kosten für die eigene
Wohnung grundsätzlich um solche der privaten Lebensführung handelt. Eine private
Mitbenutzung ist lediglich ausschließbar, wenn gewährleistet ist, dass Arbeits- und
Wohnbereich getrennt nutzbar sind. Das gilt sowohl in Hinsicht auf eine Durchquerung als
auch den Zutritt in den Außenbereich.
Eine Aufteilung der Kosten aufgrund der BFH-Rechtsprechung zu gemischt veranlassten
Reisen ist auch nicht möglich. Reisekosten unterscheiden sich von den grundsätzlich
verzichtbaren Aufwendungen für die Lebensführung. Anderenfalls ließen sich theoretisch
auch
Aufwendungen
etwa
für
bürgerliche
Kleidung,
Brille
oder
Armbanduhr
bei
feststehender Arbeitszeit durchaus entsprechend aufteilen. Derartige Aufwendungen sind
aber grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4 und 9 EStG entzogen.
Entsprechendes gilt auch für teilweise beruflich genutzten Wohnraum.
Praxishinweis: Nach Auffassung des FG Köln können hingegen die Kosten für ein
häusliches Arbeitszimmer auch bei erheblicher Privatnutzung in Höhe des beruflichen
Nutzungsanteils steuerlich abgezogen werden. Das FG stützt seine Entscheidung im
Wesentlichen auf den Beschluss des Großen Senats des BFH zur Aufteilung von gemischt
veranlassten Reisekosten.
Einstufung aufgrund der Zeitkomponente
Der Schwerpunkt der Berufstätigkeit eines Richters befindet sich eindeutig nicht im
häuslichen Arbeitszimmer, selbst wenn er sich dort intensiv auf die Sitzungen und die
Urteile vorbereitet und mehr als die Hälfte der Arbeitszeit dort im Büro verbringt. Ein
Richter hat nach dem Urteil des FG Niedersachsen trotz der Neuregelungen über das
Jahressteuergesetz 2010 seinen Arbeitsplatz in Form eines Dienstzimmers bei Gericht.
AStW 2011/06
Der Aufenthalt in der Wohnung bildet nicht den Mittelpunkt der Tätigkeit. Berufsprägend
für
Zivilrichter
und
damit
qualitativer
Schwerpunkt
sind
die
mündlichen
Gerichtsverhandlungen und Erörterungen der Beweisaufnahme mit den Parteien.
Ohne Bedeutung ist, ob mehr als 50 % der gesamten Arbeitszeit im Arbeitszimmer
verbracht werden, denn dem zeitlichen Nutzungsumfang kommt keine entscheidende
Bedeutung zu. Zudem ist das häusliche Arbeitszimmer für notwendige Büroarbeiten nicht
unverzichtbar, wenn diese im Dienstzimmer bei Gericht erledigt werden können. Wird
dennoch vorwiegend zu Hause gearbeitet, beruht diese Entscheidung offensichtlich auf
privaten Befindlichkeiten. Das BVerfG hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das
Abzugsverbot bei der zeitlichen Komponente vertretbar ist, da dies nur ein schwaches
Indiz ist und es zudem an leicht nachprüfbaren, objektiven Anhaltspunkten für die
Kontrolle der Angaben fehlt.
Praxishinweis: Die eingelegte Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung
zugelassen, um dem BFH Gelegenheit zur Klärung zu geben, ob die bisherige
Rechtsprechung zum anderen Arbeitsplatz und Mittelpunkt der Betätigung auch auf die
gesetzliche Neuregelung übertragen werden kann.
Lehrer mit freiberuflicher Nebentätigkeit
Ist ein Angestellter, wie zum Beispiel ein Lehrer, nebenbei noch freiberuflich, etwa als
Schriftsteller tätig, bestimmt sich der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit nach deren
qualitativem Schwerpunkt. Das Gesamtbild der Tätigkeit wird nach einem aktuellen Urteil
des FG Münster durch den Hauptberuf geprägt, sofern dieser überwiegt und inhaltlich mit
der
Nebentätigkeit
verbunden
ist.
Dabei
sind
zunächst
jedoch
die
jeweiligen
Betätigungsmittelpunkte der Einzelaktivitäten und dann auf dieser Grundlage der
Schwerpunkt der Gesamttätigkeit zu ermitteln. Der Schwerpunkt der Gesamttätigkeit wird
durch die Ausübung des Lehrerberufs indiziert, der außerhalb des Arbeitszimmers in der
Schule stattfindet.
Der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit wurde im entschiedenen Fall durch die Haupttätigkeit
des Klägers, nämlich seine Lehrtätigkeit außerhalb des Arbeitszimmers, indiziert. In der
Rechtsprechung ist eindeutig geklärt, dass ein Lehrer den qualitativen Mittelpunkt seiner
Tätigkeit in der Schule und damit außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers hat. Zwar ist
der qualitative Mittelpunkt der schriftstellerischen Tätigkeit im Streitfall im Arbeitszimmer
zu sehen, doch reicht dies nicht aus, im Rahmen der Gesamtschau auch den Mittelpunkt
der Gesamttätigkeit dort zu verorten.
Praxishinweis: Das BMF regelt in seinem neuen Anwendungserlass zum Arbeitszimmer
ausführlich mit Berechnungsbeispielen, inwieweit die Aufwendungen bei mehreren
Tätigkeiten entsprechend dem Nutzungsumfang abzugsfähig sind.
Fundstellen:
FG Baden-Württemberg 2.2.11, 7 K 2005/08, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 112254
AStW 2011/07
FG Köln 19.5.11, 10 K 4126/09
FG Niedersachsen 8.2.11, 14 K 329/09; Revision unter VI R 13/11, unter www.iww.de,
Abruf-Nr. 112255
FG Münster 22.2.11, 1 K 3351/08 E, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 112256
BMF 2.3.11, IV C 6 -S 2145/07/10002, BStBl I 11, 195
BVerfG 6.7.10, 2 BvL 13/03, BFH/NV 10, 1767
AStW 2011/08
§ 6 EStG – Keine Rückstellung für Kosten
der Entsorgung nach dem Abfallgesetz
Die Verpflichtung zur Entsorgung eigenen Abfalls nach dem Abfallgesetz ist nach
Auffassung des FG Münster als eigenbetrieblicher Aufwand nicht rückstellungsfähig.
Mangels Verpflichtung handelt es sich um eine Aufwandsrückstellung. Ihre Bildung
unterliegt in der Handelsbilanz einem Passivierungswahlrecht. Dies führt zu einem
Passivierungsverbot in der Steuerbilanz. Nach den handelsrechtlichen Grundsätzen sind
Rückstellungen zu bilden für ungewisse Verbindlichkeiten. Eine solche Rückstellung darf
nur gebildet werden, wenn

es sich um eine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten oder eine öffentlichrechtliche Verpflichtung handelt,

die Verpflichtung vor dem Bilanzstichtag verursacht ist und

mit einer Inanspruchnahme aus einer nach ihrer Entstehung oder Höhe ungewissen
Verbindlichkeit ernsthaft zu rechnen ist.
Die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten setzt – als Abgrenzung zur
Aufwandsrückstellung – eine Verpflichtung gegenüber einem anderen voraus. Auch
öffentlich-rechtliche Verpflichtungen können Grundlage für eine Rückstellung sein. Zur
Abgrenzung
von
nicht
zulässigen,
reinen
Aufwandsrückstellungen
ist
jedoch
Voraussetzung, dass die Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist. Es muss also
regelmäßig ein inhaltlich bestimmtes Handeln durch Gesetz oder Verwaltungsakt
innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorgeschrieben und an die Verletzung der
Verpflichtung müssen Sanktionen geknüpft sein. Das Abfallentsorgungsgesetz lässt keine
öffentlich-rechtliche Verpflichtung erkennen, die ein inhaltlich bestimmtes Handeln durch
Gesetz oder Verwaltungsakt innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorschreibt und an
deren Verletzung Sanktionen geknüpft sind. Eine allgemeine Entsorgungspflicht reicht
dagegen als Voraussetzung nicht aus.
Fundstellen.
FG Münster 16.12.10, 11 K 398/06 E, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 112257
BFH 8.11.00, I R 6/96, BStBl II 01, 570
AStW 2011/09
§ 8 EStG – Abgrenzung zwischen
Bar- und Sachlohn bei Gutscheinen
Der BFH hat mit drei Grundsatzurteilen entschieden, dass bei der Zuwendung von
Tankkarten, Tankgutscheinen und Geschenkgutscheinen die monatliche Freigrenze von 44
EUR für Sachbezüge auch dann anzuwenden ist, wenn neben der Bezeichnung der
abzugebenden
Ware
oder
Dienstleistung
auch
ein
anzurechnender
Geld-
oder
Höchstbetrag angegeben ist. Insoweit ist es unerheblich, ob der Arbeitgeber im Gutschein
eine konkrete Sache oder einen Betrag zum Erwerb von Dienstleistungen und Waren
ausgewiesen hat (s. AStW 11, 227). In beiden Fällen liegt kein Bar-, sondern Sachlohn
vor. Die BFH-Urteile sind im BStBl veröffentlicht worden und damit in allen offenen Fällen
anwendbar. Insoweit ist die hiervon abweichende Anweisung in R 8.1 Abs. 1 S. 7 LStR
nicht mehr anwendbar und die Beispiele in H 8.1 (1-4) LStH zu den Warengutscheinen
sind überholt.
Zu beachten ist allerdings, dass die Regelung in R 8.1 Abs. 2 S. 9 LStR, wonach der
geldwerte Vorteil bei einem Sachbezug mit 96 % des Endpreises anzusetzen ist, keine
Anwendung findet, wenn für diese Vereinfachungsregelung kein Bewertungserfordernis
besteht. Das ist der Fall, wenn

es aufgrund des ausgegebenen Gutscheins zu einer nachträglichen Kostenerstattung
durch den Arbeitgeber kommt,

es sich um einen betragsmäßig begrenzten Gutschein handelt oder

eine zweckgebundene Geldzuwendung vorliegt.
Praxishinweis: Die Rechtsprechung kann auch für die Ausnutzung des Freibetrags von
40 EUR für Aufmerksamkeiten verwendet werden, etwa einen Gutschein für Blumen oder
einen Präsentkorb zum Geburtstag.
Fundstellen:
OFD Münster 17.5.11, S 2334 - 10 - St 22 - 31
BFH 11.11.10, VI R 21/09, BStBl II 11, 383; VI R 27/09, BStBl II 11, 386;
VI R 41/10, BStBl II 11, 389; VI R 40/10, BFH/NV 11, 590; VI R 26/08
AStW 2011/010
§ 9 EStG – Nachweis der Fahrkilometer
bei großer Entfernung zur Arbeitsstelle
Die fehlende Verpflichtung zur Aufzeichnung der Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte führt nicht dazu, dass das FA die erklärten Einkünfte ungeprüft übernehmen
muss. Bei der Geltendmachung einer großen Gesamtkilometerzahl ist bereits im
Eigeninteresse des Arbeitnehmers eine entsprechende Beweisvorsorge zu treffen. Daher
ist das FA nach dem Urteil des Saarländischen FG zur Schätzung berechtigt, wenn die
Fahrten
zwischen
verschiedenen
Wohnungen
und
der
Arbeitsstätte
mangels
Aufzeichnungen nicht exakt ermittelt werden können. Dies gilt vor allem, wenn der Beruf
keine tägliche Präsenz an der Arbeitsstelle voraussetzt.
Das FA hat Werbungskosten insbesondere zu schätzen, wenn der Steuerpflichtige keine
oder nicht vertrauenswürdige Aufzeichnungen vorlegt. Bei Fahrten zur Arbeit ist der
Arbeitnehmer im Eigeninteresse gehalten, die für die Besteuerung maßgeblichen
Umstände klar, vollständig und plausibel darzulegen, sodass sich der Sachbearbeiter zu
den Vorgängen ein Bild machen kann. Diese freiwillige und im Eigeninteresse liegende
Dokumentation dient auch der Entscheidung, ob die Aufwendungen durch die Einkunftsart
veranlasst sind.
Bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist dies im Regelfall nicht notwendig, da
sich Zahl und Entfernung ohne Weiteres bestimmen lassen. Sind die Anzahl der Fahrten
und der Ort, von dem aus die Arbeitsstelle jeweils angefahren worden ist, strittig, ist eine
entsprechende Beweisvorsorge angesichts der geltend gemachten ungewöhnlich hohen
Fahrleistungen im Eigeninteresse durchaus geboten.
Fundstelle:
FG des Saarlandes 17.2.11, 1 K 1468/08, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 111284
AStW 2011/011
§ 10b EStG – Kein Spendenabzug bei
Zuwendungen nach dem Tod
Ordnet der Verstorbene testamentarisch an, dass sein Nachlass an eine gemeinnützige
Stiftung
gehen
soll,
lassen
sich
die
Zuwendungen
beim
Erblasser
nicht
als
Sonderausgaben absetzen. Nach einem aktuellen BFH-Urteil fließen die Mittel in den
Vermögensstock der Stiftung erst durch Erbeinsetzung mit dem Tod ab. Am Todestag
erlischt aber die persönliche Steuerpflicht und der Verstorbene ist für das Sterbejahr nur
mit den bis zum Todeszeitpunkt erzielten Einkünften zu veranlagen. Für die Abziehbarkeit
von Sonderausgaben ist gemäß § 11 Abs. 2 EStG der Zeitpunkt maßgebend, zu dem sie
geleistet wurden. Nur bis zum Todeszeitpunkt geleistete Stiftungszuwendungen sind
daher beim Erblasser berücksichtigungsfähig.
Bei der Gesamtrechtsnachfolge geht das Vermögen nach § 1922 Abs. 1 BGB unmittelbar
auf den Erben über. Auslösendes Moment hierfür ist daher der Tod des Erblassers, erst ab
dann fließt das Erbe ab und mithin ist kein Abfluss noch zu Lebzeiten gegeben. Eine
Erbeinsetzung als freiwillige Entscheidung zu Lebzeiten des Verstorbenen hat keine
Auswirkung auf den Abflusszeitpunkt. Das Testament bildet nur den ersten Schritt des
Vermögensübergangs, der tatsächlich aber erst mit dem Tod stattfindet. Zwar kann eine
erst nach dem Tod des Stifters genehmigte Stiftung gemäß § 84 BGB bereits für die
vorherigen Zuwendungen als entstanden gelten. Dies bewirkt aber keine Vorverlegung
des Abflusszeitpunkts, sondern fingiert lediglich die Existenz der errichteten Stiftung.
§
10b
Abs.
1a
EStG
enthält
zwar
eine
Abweichung
vom
Abflussprinzip,
weil
Stiftungszuwendungen auf Antrag wahlweise innerhalb von zehn Jahren abzugsfähig sind.
Anhaltspunkte dahingehend, dass Zuwendungen bereits für vor dem Abflusszeitpunkt
liegende Zeiträume als Sonderausgaben geltend gemacht werden können, waren im
Streitfall für den BFH aber nicht erkennbar.
Fundstelle:
BFH 16.2.11, X R 46/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 111407
AStW 2011/012
§ 15 EStG – Überschreitung der
Drei-Objekt-Grenze durch Aufteilung
im Kaufvertrag
Ein gewerblicher Grundstückshandel liegt in der Regel vor, sofern mehr als drei Objekte
innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs von in der Regel fünf Jahren ab der
Anschaffung veräußert werden. Entsprechendes gilt bei der Bebauung von Grundstücken.
In diesen Fällen ist der Zeitraum zwischen der Errichtung der Objekte und ihrem Verkauf
maßgeblich. Der Fünf-Jahres-Zeitraum ist dabei aber nicht im Sinne einer starren
Begrenzung zu verstehen. Eine (geringfügige) Überschreitung kann insbesondere bei
Vorliegen anderer Anhaltspunkte unbeachtlich sein. Trotz Überschreitens der Drei-ObjektGrenze ist ein gewerblicher Grundstückshandel nicht anzunehmen, wenn eindeutige
Anhaltspunkte gegen eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht sprechen.
Diese müssen jedoch derartig gewichtig erscheinen, dass einer im Grunde stets
bestehenden bedingten Veräußerungsabsicht keine Bedeutung zukommt.
Die
zur
Abgrenzung
der
privaten
Vermögensverwaltung
vom
gewerblichen
Grundstückshandel dienende Drei-Objekt-Grenze ist jedoch nach Ansicht des BFH
überschritten, wenn der Kaufvertrag zwar nur über einen ungeteilten Miteigentumsanteil
abgeschlossen, das Grundstück jedoch in derselben Urkunde in 25 Wohn- und
Gewerbeeinheiten aufgeteilt wird. In diesem Fall entfaltet der Besitzer besondere
Aktivitäten zur Erhöhung des Grundstückswerts in einem Zeitpunkt, zu dem die
Immobilien aus seinem Vermögen ausscheiden sollen.
Damit
liegt
eine
zumindest
bedingte
Veräußerungsabsicht
vor,
auch
wenn
der
Miteigentumsanteil später als fünf Jahre nach dem Kauf veräußert wird. So rechtfertigen
es weniger als drei Monate Zeitüberschreitung nicht, den zeitlichen Zusammenhang zu
verneinen, wenn zuvor bereits der Entwurf des Kaufvertrags und der Teilungserklärung
vorlagen. Eine Tätigkeit ist regelmäßig nachhaltig, wenn eine Wiederholungsabsicht
besteht.
Im Urteilsfall bestand die Absicht darin, dass sich der Verkäufer zum Rückerwerb
derjenigen Wohneinheiten verpflichtet hatte, die der Neubesitzer nicht innerhalb einer
bestimmten Frist selbst veräußern konnte. In diesem Fall sollte versucht werden, diese
Wohnungen wiederum an andere abzustoßen. Solche Geschäfte entsprechen dem Bild
einer unternehmerischen Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr, auch wenn der
Grundstücksteil mit den Wohneinheiten nur an einen Käufer geht.
Praxishinweis: Die Ausführungen im Urteil enthalten umfangreiche Erläuterungen und
zahlreiche
Verweise
auf
die
bisherige
Rechtsprechung
Grundstückshandel.
Fundstelle:
BFH 30.9.10, IV R 44/08, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 111998
zum
gewerblichen
AStW 2011/013
§ 15 EStG – Umfang von stillen Reserven
ist für die Einordnung als Liebhaberei
irrelevant
Bei der Beurteilung, ob eine Tätigkeit als gewerbliche Tätigkeit oder Liebhaberei zu
qualifizieren ist, kommt der Frage grundsätzliche Bedeutung zu, ob ein Steuerpflichtiger
seinen Betrieb steuerlich wirksam so lange weiterführen darf, solange die stillen Reserven
des Betriebs die aufgelaufenen Verluste übersteigen. Der BFH hat aktuell geurteilt, dass
es nicht möglich ist, einen Verlustbetrieb mit steuerlicher Anerkennung so lange
weiterzuführen, solange die stillen Reserven des Unternehmens die aufgelaufenen
Verluste noch übersteigen. Nach Auffassung des Gerichts muss ein positives Ergebnis
über eine größere Zahl von Jahren hinweg angestrebt werden.
Zu den Kriterien, an denen die Gewinnerzielungsabsicht zu messen ist, gehört sowohl der
Erfolg als auch die Art der darauf ausgerichteten Tätigkeit. Dabei setzt sich der für die
Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht maßgebliche erzielbare Totalgewinn aus den in der
Vergangenheit erzielten und künftig zu erwartenden laufenden Gewinnen und Verlusten
und
einem
voraussichtlichen
Veräußerungs-
oder
Aufgabeerlös
zusammen.
Wäre
hingegen eine Anerkennung der aufgelaufenen Verluste bis zur Höhe der stillen Reserven
möglich, würde man nicht auf die Gesamtdauer der wirtschaftlichen Betätigung, sondern
auf den Verbrauch der stillen Reserven abstellen. Der Zeitpunkt des Übergangs zur
Liebhaberei bestimmt sich aber gerade nicht danach, ob aufgelaufene Verluste die stillen
Reserven
übersteigen,
sondern
ob
und
gegebenenfalls
ab
wann
keine
Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Hierzu hat die Rechtsprechung diverse Kriterien
entwickelt, wozu die Höhe der stillen Reserven nicht gehört.
Fundstelle:
BFH 13.4.11, X B 186/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 112258
AStW 2011/014
§ 16 EStG – Zeitpunkt der
Betriebsaufgabe bei Insolvenz eines
Unternehmens
Zwar wird davon ausgegangen, dass bis zur Aufgabeerklärung durch den Inhaber in der
Regel eine Betriebsunterbrechung vorliegt, solange die Möglichkeit zur Wiederaufnahme
der gewerblichen Tätigkeit besteht. Nach einem Urteil des FG Münster tritt jedoch eine
Betriebsaufgabe ohne ausdrückliche entsprechende Erklärung schon dann ein, wenn der
Inhaber sein nahezu wertloses Unternehmen auf einen neuen Rechtsträger, wie etwa eine
GmbH so umstrukturiert, dass der ursprüngliche Gewerbebetrieb nicht mehr fortgesetzt
wird und lediglich ein nicht verkäufliches Betriebsgrundstück noch mehrere Jahre lang
unter
Zwangsverwaltung
zurückbehält.
Dann
kommt
es
auf
den
Zeitpunkt
der
Veräußerung dieser Immobilie nicht mehr an.
Eine Betriebsunterbrechung ohne Aufgabe-Erklärung ist nämlich nur anzunehmen, wenn
die
zurückbehaltenen
weiterhin
gebrauchstauglichen
Wirtschaftsgüter
jederzeit
die
Wiederaufnahme des Betriebs gestatten und es wahrscheinlich ist, dass die Tätigkeit
innerhalb eines überschaubaren Zeitraums in ähnlicher Weise wieder aufgenommen oder
der Betrieb bald ohne Aufgabe verpachtet wird. Hiervon kann aber dann nicht mehr die
Rede sein, wenn bereits mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens feststeht, dass ein
Einzelunternehmen mangels Masse nicht fortzuführen ist und mit der Gründung einer
Auffang-GmbH zudem zu erkennen gegeben wird, dass keine Wiederaufnahme der
Einzelunternehmenstätigkeit erfolgen soll. In einem solchen Fall ist für die Aufgabe keine
besondere Erklärung mehr notwendig.
Praxishinweis: Ab der Verkündung des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 eintretende
Betriebsaufgaben
gelten
nach
dem
neuen
§
16
Abs.
3b
EStG
so
lange
als
Betriebsverpachtung oder -unterbrechung, bis die Aufgabe ausdrücklich erklärt oder
dem FA bekannt wird, dass die Voraussetzungen für eine Aufgabe vorliegen.
Fundstelle:
FG Münster 8.4.11, 12 K 4487/07 F, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 112259
AStW 2011/015
§ 17 EStG – Keine nachträglichen
Anschaffungskosten durch
Gewinnverzicht
Verkauft ein GmbH-Gesellschafter seine wesentliche Beteiligung, mindert der Verzicht auf
seinen Anteil am Gewinnvortrag und dem Jahresüberschuss gegenüber dem Erwerber
nicht die Anschaffungskosten und somit nicht den Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG.
Nach einem Urteil
des BFH aus Februar 2011
gehören zu den nachträglichen
Anschaffungskosten einer Beteiligung neben den Einlagen und Notarkosten auch die durch
das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Aufwendungen, die weder Werbungskosten bei
den Kapitaleinkünften noch Veräußerungs- oder Auflösungskosten darstellen. Ein anteilig
zustehender Gewinnvortrag aus früheren Jahren und der laufende Jahresüberschuss
gehören dagegen nicht dazu. Vielmehr deckt das eingezahlte Stammkapital das
Mitgliedschaftsrecht mit allen seinen Bestandteilen und auch den Gewinnanteil ab. Es
handelt sich hierbei lediglich um unselbstständige, preisbildende Bestandteile des
veräußerten
GmbH-Anteils,
aus
denen
keine
besonderen
nachträglichen
Anschaffungskosten entstehen. Der Erwerber zahlt nämlich den Kaufpreis gerade auch
dafür, dass die erhaltenen Anteile auch Gewinnvortrag und Jahresüberschuss beinhalten.
Die Realisierung genau dieser Werthaltigkeit soll gemäß § 17 EStG beim Veräußerer
besteuert werden, so der BFH. Der BFH-Tenor ist wenig überraschend, denn auch bei
Aktionären beinhaltet der Verkaufs- und Börsenpreis die noch nicht als Dividenden
ausbezahlten Gewinne der Gesellschaft, ohne dass es zu einer Korrektur käme.
Praxishinweis: Das Urteil betrifft die Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG. Es ist aber
weiterhin anzuwenden. Zwar wurde das Eigenkapitalersatzrecht aufgegeben. Für die
Frage nachträglicher Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG wird aber weiter auf
die gesellschaftsrechtliche Veranlassung abgestellt.
Fundstellen:
BFH 8.2.11, IX R 15/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 112065
BFH 9.6.10, IX R 52/09, BStBl II 10, 1102
BMF 21.10.10, IV C 6 - S 2244/08/10001, BStBl I 10, 832
AStW 2011/016
§ 19 EStG – Einordnung von
Gemeinschaftsverpflegung auf
Dienstreisen
Nimmt ein Arbeitnehmer während der Dienstreise kostenlos an der angebotenen
Gemeinschaftsverpflegung
teil
und
erstattet
der
Arbeitgeber
nur
ein
geringes
Trennungsreisegeld und behält die Differenz zum Verpflegungshöchstbetrag von 24 EUR
pro Tag ein, kann der Differenzbetrag als Werbungskosten geltend gemacht werden. Nach
einem
aktuellen
Urteil
Reisekostenvergütungen
des
oder
BFH
stehen
steuerfreie
Trennungsgelder
Erstattungen
für
Abzug
von
dem
Verpflegungsmehraufwand als Werbungskosten nur insoweit entgegen, als sie dem
Arbeitnehmer tatsächlich ausgezahlt wurden. Für den Abzug der Verpflegungspauschale
kommt es also auf die konkrete Verpflegungssituation ebenso wenig an, wie darauf, ob
überhaupt ein Mehraufwand entstanden ist. Macht der Arbeitgeber entsprechend den
reisekostenrechtlichen Bestimmungen von seinem Einbehaltungsrecht Gebrauch oder
kürzt er die Vergütungen, kommt nach dem Urteil des BFH der § 3c EStG nicht zur
Anwendung. Der Abzug der Werbungskosten ist nämlich nach § 3c EStG nur insoweit
ausgeschlossen, als dem Arbeitnehmer steuerfreie Reisekostenvergütungen tatsächlich
gewährt und ausgezahlt werden.
Auch eine gewährte Gemeinschaftsverpflegung steht dem Werbungskostenabzug nicht
entgegen. Solche unentgeltlichen Mahlzeiten in der Kaserne für Soldaten während einer
Dienstreise
sind
keine
steuerfreien,
sondern
regelmäßig
mangels
einer
Steuerbefreiungsnorm steuerbare und steuerpflichtige Einnahmen. Diese erhöhen den
Bruttoarbeitslohn um die amtlichen Werte der Sachbezugsverordnung. Das gilt auch für
die Truppenverpflegung als besondere Art der Verköstigung. Diese Kosten sind – anders
als
die
Preise
für
Hotel-
oder
Gaststättenbesuche
–
mit
denen
der
amtlichen
Sachbezugswerte als Kosten für Nahrungs- und Genussmittel vergleichbar.
Fundstellen:
BFH 24.3.11, VI R 11/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 112002
BFH 19.11.08, VI R 80/06, BStBl II 09, 547; 13.12.07, VI R 73/06, BFH/NV 08, 936
AStW 2011/017
§ 21 EStG – Keine Werbungskosten mehr
nach einem Immobilienverkauf
Der BFH hatte jüngst zu § 17 EStG entschieden, dass Schuldzinsen nach einem
Anteilsverkauf nachträgliche Werbungskosten darstellen, soweit der Veräußerungserlös
nicht zur Kredittilgung ausreicht (s. AStW 10, 664). Laut OFD Frankfurt ist dies aber nicht
auf § 21 EStG übertragbar, da im EStG eine Unterscheidung zwischen betrieblichen und
privaten
Einkunftsarten
Vermögenszuwächse
der
besteht,
indem
Besteuerung
nur
bei
unterliegen.
den
Daher
Gewinneinkünften
entfällt
für
auch
betriebliche
Schuldzinsen der Veranlassungszusammenhang mit der Einkünfteerzielung nicht, wenn
der Veräußerungs- oder Aufgabeerlös nicht zur Tilgung von Darlehen ausreicht. Im
Privatbereich
hingegen
entfällt
der
Veranlassungszusammenhang
mit
Wegfall
der
Einkunftsquelle.
Der BFH hat diese Grundsätze nicht aufgegeben, sondern lediglich zu § 17 EStG
entschieden, dass bei fremdfinanzierten GmbH-Anteilen aufgrund der Absenkung der
Wesentlichkeitsgrenze
auf
jetzt
1
%
eine
Steuerverstrickung
der
Vermögensveränderungen der privat gehaltenen Anteile ähnlich dem betrieblichen Bereich
eingeführt wurde. Damit entfällt für diesen speziellen Bereich die Grundlage, Schuldzinsen
für Anschaffungs- oder Herstellungsdarlehen anders zu behandeln als im betrieblichen
Bereich. Demgegenüber ist im Bereich des § 21 EStG keine ähnliche Annäherung zu
sehen. Daran ändert auch die Ausdehnung der Spekulationsfrist von 2 auf 10 Jahre
nichts. Während GmbH-Anteile zeitlich unbeschränkt steuerverstrickt bleiben, kann eine
Immobilie nämlich nach zehn Jahren steuerfrei veräußert werden.
Praxishinweis: Auch das FG Baden-Württemberg lehnt den Werbungskostenabzug in
diesen Fällen ab. Da die Revision anhängig ist, sollten geeignete Fälle über ein ruhendes
Verfahren offengehalten werden.
Fundstellen:
OFD Frankfurt 21.1.11, S 2211 A - 17 - St 214
FG Baden-Württemberg 1.7.10, 13 K 136/07, Rev. BFH IX R 67/10
BFH 16.3.10, VIII R 20/08, BStBl II 10, 787; 8.9.10, VIII R 1/10, BFH/NV 11, 223
AStW 2011/018
§ 23 EStG – Keine Verrechnung von
Spekulationsverlusten mit anderen
Einkünften
Den
Ausgleich
zwischen
privaten
Veräußerungsverlusten
und
positiven
anderen
Einkunftsarten schließt § 23 Abs. 3 S. 8 EStG ausdrücklich aus. Diese Beschränkung ist
nach einem Urteil des FG Münster auch dann verfassungsgemäß, wenn der Hausverkäufer
aufgrund von Alter oder Krankheit keine Immobiliengeschäfte mehr abwickeln wird und
deshalb voraussichtlich nicht mehr in den Genuss der Verrechnung mit späteren
Spekulationsgewinnen kommt. Der Gesetzgeber braucht nicht dahingehend Regelungen
zu treffen, dass persönliche Umstände wie etwa Erkrankung, hohes Alter oder
Behinderung Anlass für eine weitere Differenzierung des § 23 EStG sein sollten.
Die Einschränkung ist an die Geschäftsabwicklung innerhalb der Spekulationsfrist
geknüpft und spätere Veräußerungen mit Gewinnrealisierung sind – anders als bei den
Gewinneinkünften – nicht steuerbar. Das eröffnet die Chance, durch die Wahl des
Verkaufszeitpunkts über den Eintritt der Steuerpflicht selbst zu entscheiden und
diskriminiert damit weder alte noch kranke Menschen. Zudem hindert dies nicht beim
Erzielen von Spekulationsgewinnen, die innerhalb kurzer Zeit erzielt werden können und
keine lange Lebensspanne voraussetzen. Der Entschluss, solche Geschäfte nicht mehr
vorzunehmen, ist eine freie Entscheidung und trifft auch junge und gesunde Menschen,
die keine Grundstücke mehr kaufen möchten oder können. Die begrenzte Verrechnung
gilt für alle gleichermaßen und würde unterlaufen, wenn sie auf unverbindliche Planungen
einzelner abstellen würde.
Praxishinweis: Der gesondert festgestellte verbleibende Verlustvortrag mindert nicht
nur Gewinne mit Immobilien, sondern auch mit Gold, privaten Sammlungen, sonstigen
beweglichen Wirtschaftsgütern und den Verkaufserträgen aus vermögensverwaltenden
geschlossenen Leasingfonds.
Fundstellen:
FG Münster 17.3.11, 11 K 2624/09 E, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 112260
BFH 18.9.07, IX R 42/05, BStBl II 08, 26; 18.10.06, IX R 28/05, BStBl II 07, 259
AStW 2011/019
§ 32 EStG – Berücksichtigung von
Kindern in der Berufsausbildung
Der BFH hat Richtsätze aufgelistet, inwieweit ein Kind im Zeitraum zwischen seiner
Exmatrikulation und der letzten Prüfung oder der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses
noch für einen Beruf ausgebildet wird:

Schließt die Ausbildung mit einer Prüfung ab, ist das Berufsziel erst mit dem
Bestehen,
spätestens
mit
der
Bekanntgabe
des
Ergebnisses
erreicht.
Ein
Universitätsstudium endet daher regelmäßig mit der Bekanntgabe und frühestens mit
der letzten Prüfungshandlung, es sei denn, es wird vorher abgebrochen oder nicht
mehr ernsthaft weiter betrieben.

Eine
Vollzeiterwerbstätigkeit
schließt
die
Berücksichtigung
als
Kind
in
der
Berufsausbildung oder in einer Warte- oder Übergangszeit nicht aus.

Eine
Ausbildung
erfordert
Ausbildungsinstitution.
Die
keine
organisatorische
Exmatrikulation
Eingliederung
eines Studenten
kann
in
eine
daher
nicht
zwingend als Beendigung der Ausbildung angesehen werden.

Bereitet
sich
ein
Kind
ohne
regelmäßigen
Besuch
einer
Ausbildungsstätte
selbstständig auf Prüfungen vor, sind an die Ernsthaftigkeit strenge Ansprüche zu
stellen. Bei bestandener Prüfung kann aber in der Regel unterstellt werden, dass es
sich ernsthaft und nachhaltig vorbereitet hat.

Einkünfte und Bezüge des Kindes bleiben außer Ansatz, soweit sie
auf Monate
entfallen, in denen die Voraussetzungen einer Berücksichtigung an keinem Tag
vorgelegen haben. Insoweit ermäßigt sich der Jahresgrenzbetrag. Darüber hinaus
bleiben Einkünfte und Bezüge außer Ansatz, soweit sie auf den Teil eines
Kalendermonats entfallen, in dem das Kind noch nicht oder nicht mehr zu
berücksichtigen ist. Befindet sich ein Kind nach seiner Exmatrikulation weiter in der
Berufsausbildung, sind daher auch die in diesem Zeitraum erzielten Einkünfte
anzusetzen.

Eine
Berücksichtigung
als
Kind
entfällt,
wenn
Einkünfte
Jahresgrenzbetrag überschreiten. Dies ist mit dem GG vereinbar.
Fundstellen:
BFH 7.4.11, III R 50/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 112261
BFH 26.4.11, III B 191/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 112262
BFH 21.1.10, III R 68/08, BFH/NV 10, 872
BFH 17.6.10, III R 34/09, BStBl II 10, 982
und
Bezüge
den
AStW 2011/020
§ 33 EStG – Aufwand für notwendigen
Gesundheitssport ist nicht abzugsfähig
Allein der Umstand, dass Sport für einen Steuerpflichtigen infolge eines körperlichen
Leidens besonders notwendig ist, macht die Ausübung nicht zu einer Heilbehandlung und
die mit ihr verbundenen Kosten nicht zu außergewöhnlichen Belastungen. Dies hat das
Sächsische FG zu Aufwendungen für Krankengymnastik, Gesundheitssport und die
Teilnahme an einer Krankenkassen-Aktivwoche entschieden, die der Arzt mit Privatrezept
empfohlen hatte. Die Urteilsbegründung enthält eine Reihe von Grundsätzen zur
Beurteilung von Rehabilitationssport wie Rückenschule, Seniorengymnastik oder Aktiv
50+, was angesichts der älter werdenden Bevölkerung an Bedeutung gewinnt.
Aufwendungen für die Ausübung von Sport sind grundsätzlich Kosten der Lebensführung,
sofern sie nicht konkret dazu dienen, eine Krankheit zu heilen oder zur Linderung
beizutragen. Hierzu muss der Sport aber nach Einzelverordnung unter Verantwortung
eines Arztes betrieben werden und die Ausübung nicht nur ratsam sein. Als Prävention
konzipierte Sport- und Gymnastikkurse haben den Charakter von Vorsorgemaßnahmen,
es fehlt
an einem im Hinblick auf
die
Erkrankung
spezifischen
Programm zur
Heilbehandlung. Die Aufwendungen werden auch nicht dadurch zwangsläufig, dass sie
eine unterstützende Wirkung auf den individuellen Heilungsverlauf haben. Im Rahmen des
§ 33 EStG ist für die Leistungserbringung der gesetzlichen Krankenversicherung
objektiver Maßstab das SGB V. Sofern kein Leistungsanspruch des Versicherten besteht,
kommen keine außergewöhnlichen Belastungen in Betracht. Ausgaben für die Teilnahme
an Rehabilitationssport gehen über das zur Heilung unbedingt erforderliche medizinisch
ausreichende und wirtschaftliche Maß hinaus. Sie sind durch den Grundfreibetrag
abgegolten. Gleiche Belastungen erwachsen nämlich auch gesunden Dritten, die Schäden
durch gezielte sportliche Aktivität vorbeugen wollen.
Fundstelle:
Sächsisches FG 24.1.11, 8 K 1403/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 112278
AStW 2011/021
§ 33 EStG – Haussanierung wegen
Asbestbelastung ist nicht absetzbar
Ist das selbst genutzte Eigenheim mit Asbest belastet, sind Kosten für die Sanierung der
formaldehydhaltigen Außenfassade nach einem Urteil des FG Niedersachsen keine
außergewöhnliche Belastung. Die Hausbeschädigung ist nicht durch ein unabwendbares
Ereignis wie Brand oder Hochwasser verursacht und zudem ist die Anschaffung von
schadstoffbelasteten
Gegenständen
kein
von
außen
kommendes,
willentlich
nicht
beeinflussbares Ereignis wie Naturkatastrophen.
Zwar kann Aufwand nach § 33 EStG absetzbar sein, wenn von einem Gegenstand des
existenznotwendigen Bedarfs eine Gesundheitsgefährdung ausgeht und die Sanierung im
Zeitpunkt ihrer Durchführung unerlässlich ist. Dies ist jedoch durch ein von einer
zuständigen amtlichen technischen Stelle erstelltes Gutachten nachzuweisen. Der BFH hat
zwar jüngst entschieden, dass Krankheitskosten nicht mehr zwingend durch ein vor
Beginn der Behandlung eingeholtes Attest nachgewiesen werden müssen. Gleichwohl
bleibt
der Steuerpflichtige
weiterhin verpflichtet, die
medizinische
Indikation der
Aufwendungen nachzuweisen. Er trägt das Risiko, dass ein Sachverständiger dies im
Nachhinein möglicherweise nicht mehr konkret feststellen kann. Dieser Gefahr kann er
entgehen, wenn er dieses vor Beginn der Maßnahme einholt und hieraus hervorgeht, dass
die Haussanierung zur Beseitigung einer konkreten Gesundheitsgefährdung infolge der
Freisetzung eines Schadstoffs unverzüglich erforderlich war.
Praxishinweis: Unabhängig vom Ansatz als außergewöhnliche Belastung lassen sich
Aufwendungen für die Fassadensanierung als Handwerkerleistungen im Privathaushalt
nach § 35a EStG absetzen.
Fundstellen:
FG Niedersachsen 17.2.11, 14 K 425/09, Revision unter VI R 21/11, unter www.iww.de,
Abruf-Nr. 112263
BFH 11.11.10, VI R 17/09, BFH/NV 11, 503; VI R 16/09, BFH/NV 11, 501
AStW 2011/022
§ 36 EStG – Anrechnung ausländischer
Körperschaftsteuer
Der EuGH hat entschieden, dass Aktionäre die auf Auslandsdividenden entfallende
Körperschaftsteuer nur unter bestimmten Voraussetzungen anrechnen lassen können. Zu
diesen Voraussetzungen zählt, dass die geforderten Belege vorgelegt werden, mit denen
eindeutig und genau überprüft werden kann, ob die vorgesehenen gesetzlichen
Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer Steuergutschrift vorliegen. Es verstößt
nicht gegen das Gebot der Freizügigkeit beim Dienstleistungs- Kapital-Zahlungsverkehr,
die Anrechnung zu verweigern, wenn die erforderlichen Nachweise nicht vorgelegt
werden. Behörden dürfen vom Anleger die Vorlage von Belegen verlangen, anhand derer
sie
eindeutig
und
genau
überprüfen
können,
ob
die
national
vorgesehenen
Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer Steuergutschrift vorliegen, ohne dass sie
dabei schätzen dürfen.
Hierbei ging es um das ehemalige Anrechnungssystem gemäß § 36 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 EStG
a.F.
Hierzu
hatte
der EuGH
bereits
2007
den
Ausschluss
der
Anrechnung
für
Auslandsdividenden als Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit eingestuft, jedoch die
praktische Umsetzung nicht konkretisiert. Die FÄ sperren sich meist gegen eine
Anrechnung, weil keine entsprechende Steuerbescheinigung wie von inländischen AG
erbracht wird. Daraufhin hatte das FG Köln erneut angefragt, welche formellen
Anforderungen bei Auslandsdividenden bestehen. Die geforderte Präzision an die
Nachweise gilt für In- und Auslandsdividenden gleichermaßen, um in den Genuss einer
Steuergutschrift zu kommen.
Nicht entschieden hat der EuGH hingegen zur rückwirkenden Änderung des § 175 Abs. 2
AO, wonach eine nachträgliche Vorlage kein rückwirkendes Ereignis mehr darstellt. Es ist
Sache
nationaler
Gerichte
zu
bestimmen,
welche
Frist
Bescheinigung angemessen ist.
Fundstellen:
EuGH 30.6.11, C-262/09; 6.3.07, C-292/04, DStR 07, 485
FG Köln 14.5.09, 2 K 2241/02, EFG 09, 1491
für
die
Vorlage
dieser
AStW 2011/023
§ 3 UStG – Steuerfreie Entnahme eines
ohne Vorsteuerabzug erworbenen Kfz
Wird ein Pkw privat erworben und später ohne Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs durch
Einlage dem Unternehmen zugeordnet, kann er nicht ohne Umsatzsteuer veräußert
werden. Der Verkauf erfolgt im Rahmen des Unternehmens. Nach einem Urteil des FG
Baden-Württemberg
besteht
lediglich
die
Möglichkeit,
den
Pkw
bereits
vor
der
Veräußerung mangels Vorsteuerabzugs steuerfrei aus dem unternehmerischen Bereich zu
entnehmen. Diese Differenzierung ergibt sich aus der Mehrwertsteuer-Richtlinie, wonach
die Veräußerung eines Investitionsguts aus dem Unternehmensvermögen in vollem
Umfang der Umsatzsteuer unterliegt. Dabei ist der Umstand, dass der Unternehmer den
Gegenstand gebraucht erworben und daher nicht die darauf lastende Vorsteuer
abgezogen hatte, ohne Bedeutung.
Entnimmt er andererseits einen solchen Gegenstand, so ist es unzulässig, die Entnahme
zu besteuern. Anschließend kann er frei darüber verfügen. Wenn er ihn später veräußert,
so ist diese Leistung dem Privatbereich zuzurechnen und unterliegt daher nicht dem
Mehrwertsteuersystem. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass objektive Anhaltspunkte
für eine vorherige Entnahme vorliegen. Unternehmer können also den Pkw vor der
Veräußerung
mit
der
positiven
Folgewirkung
entnehmen,
dass
die
nachfolgende
Veräußerung nicht mehr im Rahmen des Unternehmens erfolgt, und dadurch die
Umsatzsteuerpflicht des Verkaufs vermeiden. Sofern allerdings ein enger zeitlicher
Zusammenhang zwischen Entnahme und Verkauf besteht, prüft die Finanzverwaltung dies
als Indiz für einen Gestaltungsmissbrauch.
Fundstellen:
FG Baden-Württemberg 16.2.11, 1 K 4834/08, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 111354
AStW 2011/024
§ 4 UStG – Keine Steuerfreiheit für
gesondert vereinbarte Haftungsvergütungen
Zahlen geschlossene Fonds an ihre Komplementäre für die persönliche Haftung jeweils
gesondert vereinbarte Festvergütungen, kann hierfür keine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 8
Buchst.
g
UStG
in
Anspruch
genommen
werden.
Mit
Verweis
auf
die
EuGH-
Rechtsprechung stellt der BFH jetzt klar, dass diese Vorschrift für die Übernahme von
Verbindlichkeiten, Bürgschaften und anderen Sicherheiten, nicht aber für die Haftung gilt.
Diese umfasst nämlich nur einen Teil der einheitlichen Leistung aus Geschäftsführung,
Vertretung und Haftung und hieraus kann kein Vergütungsanteil gesondert betrachtet
werden. § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG kommt nur in Betracht, wenn für Geldverbindlichkeiten
eingestanden
werden
soll,
nicht
aber
bei
der
Haftung
als
Einstandspflicht
für
Sachleistungsverpflichtungen. Ein Komplementär muss entsprechend dem Regelstatut des
HGB für die Verbindlichkeiten der KG zwingend haften. Schon wegen dieser rechtlichen
Abhängigkeit liegt ein einziger untrennbarer wirtschaftlicher Vorgang vor, dessen
Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Die Haftung ist insoweit zwingend mit der
Geschäftsführung und Vertretung verbunden. Die Steuerfreiheit für die Übernahme von
Geldverbindlichkeiten bezieht sich maßgeblich auf Finanzgeschäfte, was klar aus der
Mehrwertsteuer-Richtlinie hervorgeht.
Praxishinweis: Das Urteil betrifft alle als Personengesellschaft konzipierten Fonds, die
ihren geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Gesellschaftern gewinnunabhängige
Haftungsvergütungen zahlen und die aufgrund ihrer vermögensverwaltenden Tätigkeit
ohne Erbringung von umsatzsteuerpflichtigen Leistungen nicht zum Vorsteuerabzug
berechtigt sind. Folge dieser Entscheidung ist im Umkehrschluss aber auch, dass der
Komplementär zum Unternehmer wird und somit zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Fundstellen:
BFH 3.3.11, V R 24/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 111576
EuGH 19.4.07, C-455/05
AStW 2011/025
§ 13b UStG – Steuerschuldnerschaft bei
Handys und integrierten Schaltkreisen
Das BMF erläutert die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Steuerschuldnerschaft
des
Leistungsempfängers
nach
§
13b
Abs.
2
Nr.
10
UStG
durch
das
Verbrauchsteuergesetz mit Wirkung vom 1.7.2011 auf Lieferungen von Mobilfunkgeräten
und integrierten Schaltkreisen. Insoweit kommt es zur Anpassung des Abschn. 13b.1
UStAE.
Unter
kombinierte
Mobilfunkgeräte
Produkte
bei
fallen
insbesondere
gemeinsamer Lieferung
Mobil-
und
Satellitentelefone,
von Handy und
Zubehör zum
Einheitspreis, wenn der Geräteverkauf die Hauptleistung darstellt. Nicht erfasst werden
hingegen
Navigationsgeräte,
Computer
ohne
Sprachübertragung
über
drahtlose
Mobilfunk-Netze, mp3-Player und Spielekonsolen.
Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers greift nur bei Lieferungen, wenn die
Summe der für sie in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen
Vorgangs, bezogen auf alle im Rahmen eines zusammenhängenden Vorgangs gelieferten
Gegenstände mindestens 5.000 EUR beträgt. Das ergibt sich insbesondere aus Bestellung,
Auftrag oder Vertrag. Dabei sind auch Anzahlungen einzubeziehen. Nachträgliche
Entgeltminderungen
und
Teilrückabwicklungen
bleiben
für
die
Beurteilung
der
Betragsgrenze unberücksichtigt.
Darüber hinaus geht es sehr detailliert um die Übergangsregelungen, die Unternehmer
gerade in der aktuellen Umstellungsphase betreffen:

Schlussrechnung über ab Juli 2011 erbrachte Leistungen, für die Abschlagszahlungen
bis Juni 2011 erfolgten,

Berichtigung einer vor Juli 2011 erstellten Rechnung über Anzahlungen, wenn
Zahlung erst nach Juni 2011 erfolgt,

Abrechnungen nach Juni 2011 über Leistungen vor Juli 2011 oder

Berichtigung nach Juni 2011 einer vor Juli 2011 erstellten und bezahlten Rechnung
über Anzahlungen.
Fundstelle:
BMF 24.6.11, IV D 3 - S 7279/11/10001, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 112264
AStW 2011/026
§§ 15, 15a UStG – Anwendungserlass
zum Vorsteuerabzug bei Grundstücken
ab 2011
Durch das Jahressteuergesetz 2010 wurde der Vorsteuerabzug für solche Grundstücke
neu
geregelt,
die
sowohl
für
Zwecke
des
Unternehmens
als
auch
für
nicht
unternehmerische Zwecke oder zur Nutzung für den privaten Bedarf des Personals
dienen. Bei Kauf oder Baubeginn ab 2011 darf die Umsatzsteuer auf Ausgaben im
Zusammenhang mit einem gemischt genutzten Grundstück nach dem neuen § 15 Abs. 1b
UStG höchstens zu dem Teil als Vorsteuer abgezogen werden, der auf die Verwendung
des Grundstücks für unternehmerische Zwecke entfällt.
Damit wurden die Auswirkungen der günstigen Seeling-Rechtsprechung eingeschränkt.
Das teilweise unternehmerisch und privat genutzte Gebäude lässt sich zwar weiterhin
insgesamt dem Unternehmen zuordnen, doch die auf das Gebäude insgesamt entfallende
Umsatzsteuer ist nicht mehr komplett als Vorsteuer abziehbar. Im Gegenzug unterliegt
die Verwendung dieses Grundstücks für außerhalb des Unternehmens liegende Zwecke
oder fürs Personal dafür auch nicht mehr der Besteuerung als unentgeltliche Wertabgabe.
Das BMF erläutert in einem umfangreichen Schreiben die Auswirkungen der Änderung für
teilunternehmerisch genutzte Grundstücke. Das führt zu Ergänzungen in verschiedenen
Abschnitten und der Einfügung eines Abschnitts 15.6a in den UStAE. Inhalte sind
insbesondere

teilweiser Ausschluss des Vorsteuerabzugs, mit vielen Rechenbeispielen.

Auswirkungen auf die unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG.

Änderung der Verhältnisse bei der Verwendung des Grundstücks gemäß § 15a UStG.
Fundstelle:
BMF 22.6.11, IV D 2 - S 7303-b/10/10001 :001, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 112265
AStW 2011/027
§ 15a UStG – Anspruch auf
Vorsteuerberichtigung ist eine
Masseverbindlichkeit
Muss die Vorsteuer berichtigt werden, weil der Insolvenzverwalter ein Wirtschaftsgut
abweichend von den für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissen
verwendet, gehört der Anspruch des FA zu den Masseverbindlichkeiten und kann durch
Steuerbescheid gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Diese
Entscheidung des BFH hat für den Fiskus den Vorteil, dass es sich nicht um eine
Insolvenzforderung handelt, die nur nach Quote bezahlt, sondern als Masseverbindlichkeit
aus der Insolvenzmasse in voller Höhe vorweg befriedigt wird. Entscheidend für diese
Abgrenzung ist, ob der die Steuerforderung auslösende Tatbestand bereits vor Eröffnung
des Insolvenzverfahrens verwirklicht wurde oder erst danach. Im zweiten Fall handelt es
sich um eine Masseverbindlichkeit.
Im Urteilsfall wurde ein Gebäude zu einem hohen Anteil steuerpflichtig vermietet und in
dem Umfang die Vorsteuer aus den Baukosten abgezogen. Nach Eröffnung des
Insolvenzverfahrens vermietete der Verwalter zu einer verminderten Quote steuerpflichtig
weiter, sodass eine Berichtigung nach § 15a UStG erfolgen musste. Dieser Tatbestand ist
erst durch die geänderten Verhältnisse eingetreten, denn erst mit Ablauf eines Jahres
steht fest, ob und in welchem Umfang sich die Vermietung im Vergleich zur
ursprünglichen Ausganslage geändert hat. Dabei geht es nicht um die Korrektur eines vor
Insolvenzeröffnung
abgeschlossenen
Geschäfts,
sondern
um
erst
nachfolgend
entstehende Berichtigungsansprüche des FA.
Die
Vermietung
ist
der
Masse
zuzurechnen.
Die
Tätigkeit
des
Verwalters
ist
ausschlaggebend dafür, ob eine Berichtigung nach § 15a UStG infrage kommt. Für die
hieraus resultierende Verbindlichkeit gilt dasselbe wie für die sonstigen Verpflichtungen im
Zusammenhang mit den Mietverträgen.
Fundstellen:
BFH 9.2.11, XI R 35/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 112067
BFH 29.1.09, V R 64/07, BStBl II 09, 682
AStW 2011/028
§ 3 ErbStG – Abfindung an weichenden
Erben ist nicht steuerpflichtig
Erhält ein Nachkomme aufgrund eines Prozessvergleichs dafür, dass er die Erbenstellung
eines anderen nicht mehr bestreitet, eine Entschädigung, ist dies kein unter § 3 ErbStG
fallender
Vorgang.
Die
Vorschrift
gilt
nur
für
die
Erbfolge,
durch
die
ein
Vermögenszuwachs eingetreten ist. Eine Abfindung wird aber nicht durch Erbanfall
erworben, da der Verzichtende weder gesetzlicher noch testamentarisch eingesetzter Erbe
geworden ist. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Erbvergleich
können eine Steuerbarkeit nicht begründen.
Ein solcher Vergleich ist nur schuldrechtlicher Natur, sodass durch ihn kein Erbrecht mit
dinglicher Wirkung begründet werden kann. Erbschaftsteuerlich basiert die Abfindung
nicht auf einem erbrechtlichen Rechtsgrund wie Erbanfall, Vermächtnis oder geltend
gemachter Pflichtteilsanspruch. Er unterliegt daher nicht § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
Dementsprechend ist eine gezahlte Entschädigung aufgrund eines Prozessvergleichs nicht
der Erbschaftsteuer zu unterwerfen. Soweit der BFH dies bislang als Erwerb von Todes
wegen eingestuft hatte, hält er daran nicht mehr fest. § 3 ErbStG ist nicht lückenhaft,
zählt die Erwerbe klar auf und ist abschließend.
Die Abfindung ist auch kein Vermächtnis, weil sich hierfür keine Anhaltspunkte im
Testament des Erblassers finden lassen oder anderweitig ein entsprechender Wille
feststellbar ist, der von den Beteiligten vollzogen wird. Die Abfindung kann nicht als ein
vom Erblasser stammendes Vermächtnis angesehen werden und sie ist kein Erwerb vom
Erblasser.
Fundstellen:
BFH 4.5.11, II R 34/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 112062
BFH 1.7.08, II R 71/06, BStBl II 08, 874
AStW 2011/029
§ 10 ErbStG – Steuerschulden aus dem
Todesjahr sind nicht abzugsfähig
Nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG sind die vom Erblasser herrührenden Schulden als
Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig. Die Einkommensteuer für das Kalenderjahr, in
dem der Erblasser verstirbt, kann nach Ansicht des FG Niedersachsen beim Erben nicht
als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden, weil sie zum maßgeblichen Stichtag der §§
9,
11
ErbStG
noch
nicht
entstanden
ist,
sondern
erst
mit
Ablauf
des
Veranlagungszeitraums. Zwar endet die persönliche Steuerpflicht mit dem Tode, sodass
die
Einkünfte
nur
für
den
Zeitraum
bis
zum
Ableben
zu
ermitteln
sind.
Veranlagungszeitraum bleibt jedoch weiterhin das gesamte Kalenderjahr. Auch nach
Ansicht des BFH setzt den Abzug von Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten deren
rechtlicher Bestand im Zeitpunkt der Entstehung der Erbschaftsteuer voraus. Daher ist
weder
ein
Abzug
latenter
Steuerschulden
anzunehmen,
noch
ist
für
Erbschaftsteuerzwecke von einem anderen Zeitpunkt der Steuerentstehung auszugehen.
Der Erbe übernimmt den Nachlass in diesem vorhandenen Zustand. Dies schließt die
Berücksichtigung von künftigen Belastungen aus.
Das Abstellen auf die Vollendung des Kalenderjahrs als Entstehungszeitpunkt der
Einkommensteuer wirkt sich nicht einseitig negativ aus. Hatte der Erblasser mit hohen
Einkommensteuervorauszahlungen sein der Erbschaftsteuer unterliegendes Vermögen zu
Lebzeiten gemindert, wird der spätere Erstattungsanspruch noch nicht als Forderung
erfasst. In den eingelegten Revisionen kann der BFH diese in der Literatur kontrovers
diskutierte Rechtsfrage klären. Die Finanzverwaltung hat ebenfalls die Sichtweise des FG
Niedersachsen bei Erstattungen und Schulden für Zeiträume vor dem und im Todesjahr.
Fundstellen:
FG Niedersachsen 23.2.11, 3 K 332/10, Revision unter II R 15/11, unter www.iww.de,
Abruf-Nr. 112073; 3 K 220/10, Revision unter II R 19/11, unter www.iww.de, Abruf-Nr.
112266
FG Niedersachsen 3 K 476/10, Revision unter II R 18/11
FinMin Bayern 27.1.10, 34 - S 3810 - 029 - 2 177/10
AStW 2011/030
AO – Keine Bindung an unverbindliche
Auskunft bei neuer Rechtslage
Ändert sich die einer unverbindlichen schriftlichen Auskunft zugrunde liegende Rechtslage
durch nachfolgende Urteile, ist das FA nicht nach Treu und Glauben daran gehindert,
einen der neuen Sichtweise entsprechenden Steuerbescheid zu erlassen. Etwas anderes
gilt nur dann, wenn das FA anderweitig einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat. Diese
Voraussetzung ist nach einem Urteil des BFH nicht dadurch geschaffen worden, dass nach
Änderung der einer unverbindlichen Auskunft zugrunde liegenden Rechtslage kein
entsprechender Hinweis an den Steuerpflichtigen erfolgt ist.
Der auch für das Besteuerungsverfahren geltende allgemeine Grundsatz von Treu und
Glauben verdrängt gesetztes Recht nur dann, wenn das Vertrauen in ein bestimmtes
Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in so hohem Maß schutzwürdig
ist, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit zurücktreten müssen. Dies
kommt nur dann in Betracht, wenn eine bestimmte steuerliche Behandlung verbindlich
und ohne Einschränkung oder Vorbehalte zugesagt worden ist, oder das FA durch sein
früheres Verhalten außerhalb einer Zusage einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat.
Unter diesem Aspekt kann ein Steuerpflichtiger nicht davon ausgehen, dass an einer
schriftlich vertretenen Rechtsauffassung auf Dauer festgehalten wird. Es entspricht dem
Grundsatz der Abschnittsbesteuerung, dass Besteuerungsgrundlagen stets erneut zu
prüfen und rechtlich zu würdigen sind. Eine als falsch erkannte Rechtsauffassung ist
selbst dann zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufzugeben, wenn dies im Prüfungsbericht
niedergelegt worden ist oder das FA diese Sicht über eine längere Zeitspanne vertreten
hatte. Das gilt auch, wenn der Steuerpflichtige im Vertrauen darauf disponiert hat.
Fundstellen:
BFH 30.3.11, XI R 30/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 111703
BFH 14.1.10, IV R 86/06, BFH/NV 10, 1096
AStW 2011/031
AO – Aberkennung der Gemeinnützigkeit
bei Verfolgung allgemeinpolitischer Ziele
Ist nach der Satzung der Hauptzweck eines gemeinnützigen Vereins die Förderung der
Kultur und betätigt er sich darüber hinaus auch in nicht unerheblichem Maße
allgemeinpolitisch, verfolgt er keinen im Rahmen der AO vorgegebenen Zwecke mehr.
Daher scheidet eine Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft nach einem Urteil des
BFH
insgesamt
aus.
Die
tatsächliche
Geschäftsführung
muss
nämlich
auf
die
ausschließliche und unmittelbare Erfüllung steuerbegünstigter Zwecke gerichtet sein und
zudem auch den Satzungsbestimmungen entsprechen.
Werden in der Selbstdarstellung im Internet politische Forderungen gestellt und
Meinungen geäußert, geht dies über den gemeinnützigen Zweck weit hinaus. Eine
Körperschaft ist nämlich nur dann ausschließlich gemeinnützig, wenn sie gelegentlich zu
tagespolitischen Themen im Rahmen ihres Satzungszwecks Stellung nimmt. Politische
Forderungen haben aber mit der Kulturförderung nichts zu tun. Damit scheitert die
Steuerbefreiung bereits daran, dass die tatsächliche Geschäftsführung nicht nur auf die
Erfüllung der Satzungszwecke gerichtet war.
Praxishinweis: Bei der Prüfung, ob Gemeinnützigkeit vorliegt und die Vorgaben der AO
eingehalten
werden,
darf
die
Selbstdarstellung
einer
Körperschaft
im
Internet
herangezogen und aus den dort befindlichen Äußerungen steuerliche Schlussfolgerungen
gezogen werden. Ein Verein oder eine andere Einrichtung muss damit rechnen, dass auch
ihre Äußerungen auf der angebotenen Internetseite oder in anderen Medien hierfür
relevant sein und zum Ausschluss der Steuerfreiheit führen können.
Fundstelle:
BFH 9.2.11, I R 19/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 112235
AStW 2011/032
§ 37 AO – Anrechnung der Vorauszahlung eines Gatten auf Schulden
beider Eheleute
Vorauszahlungen eines Ehegatten aufgrund eines an beide Ehegatten gerichteten
Vorauszahlungsbescheids dienen letztlich der Tilgung der zu erwartenden Steuerschulden
beider Ehegatten. Dies ist unabhängig davon, ob die Eheleute später zusammen oder
getrennt veranlagt werden. Die vorausgezahlten Steuern sind deshalb zunächst auf die
festgesetzten Steuern beider Ehegatten anzurechnen. Ein verbleibender Rest ist nach
Kopfteilen an die Ehegatten auszukehren. Mit dieser Entscheidung entwickelt der BFH
seine Rechtsprechung weiter.
Grundsätzlich ist nach § 37 Abs. 2 AO relevant, wessen Steuerschuld nach dem Willen des
Zahlenden getilgt werden sollte. Das FA muss nicht prüfen, wer auf Erstattungsbeträge
rechtlich einen Anspruch hat. Ehegatten sind keine Gesamtgläubiger, jedem steht die
Erstattung zu, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist. Dabei kann das FA
bei intakter Ehe davon ausgehen, dass einer auch die Steuerschuld des anderen mit
begleichen will. Ob sich das Paar später trennt oder nachträglich die getrennte
Veranlagung beantragt, ist unerheblich. Es kommt nur auf die Umstände im Zeitpunkt der
Vorauszahlung an.
Die unterstellte Tilgungsabsicht hatte bislang zur Folge, dass bei Überzahlung beide
Ehegatten erstattungsberechtigt waren und zwischen ihnen nach Köpfen aufzuteilen ist.
Der BFH entwickelt dies aber weiter, indem eine Erstattung nur hinsichtlich des Betrags in
Betracht kommt, um den er die Summe der für beide Ehegatten festgesetzten
Einkommensteuer übersteigt. Verbleibt danach noch ein Rest der Vorauszahlungen, wird
dieser anteilig erstattet.
Praxishinweis: Wie aufzuteilen wäre, wenn die Vorauszahlung zur Tilgung beider
Zahllasten nicht ausreicht, hat der BFH ausdrücklich offengelassen.
Fundstellen:
BFH 22.3.11, VII R 42/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 111944
BFH 30.9.08, VII R 18/08, BStBl II 09, 38
AStW 2011/033
§ 191 AO – Zulässigkeit eines
ergänzenden Haftungsbescheids nach
Außenprüfung
Das Finanzamt ist zum Erlass eines ergänzenden Haftungsbescheids berechtigt, wenn die
Erhöhung der dem ersten Haftungsbescheid zugrunde liegenden Lohnsteuerschuld auf
neuen, im Rahmen einer Außenprüfung festgestellten Tatsachen beruht. Dass die Schuld
und damit der Haftungsanspruch im Zeitpunkt des Erlasses des ersten Bescheids bereits
entstanden war, steht einer weiteren Inanspruchnahme nicht entgegen. Mit diesem Urteil
entwickelt
der BFH seine
Rechtsprechung
weiter. Bislang
stand
einem weiteren
ergänzenden Haftungsbescheid ein erster entgegen, in dem der Haftungsbetrag zu niedrig
festgesetzt worden ist, obwohl die Steuerschuld tatsächlich mit einem höheren Betrag
entstanden ist.
Hierbei handelt es sich nicht um eine allgemeingültige Aussage dahingehend, dass dann
stets eine spätere weitere Haftungsinanspruchnahme ausgeschlossen sein soll. Es kann
nämlich Fallkonstellationen geben, in denen die Erhöhung der Steuerschuld auf neuen
Tatsachen beruht, die das FA mangels Kenntnis im ersten Haftungsbescheid nicht
berücksichtigen konnte. Daher hält der BFH einen ergänzenden Haftungsbescheid für
zulässig,
wenn
nicht
versteuerte
Beträge
erst
durch
die
später
durchgeführte
Außenprüfung erstmalig festgestellt werden.
Der zweite Haftungsbescheid ist auch nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze des
Vertrauensschutzes nicht zu beanstanden, selbst wenn dem ersten kein ausdrücklicher
Vorbehalt
über
die
Festsetzung
eines
Teilbetrags
zu
entnehmen
war.
Da
die
Lohnsteueranmeldung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht, muss der in Anspruch
genommene Haftungsschuldner mit einer Erhöhung der Steuerschuld infolge einer
Außenprüfung durch einen ergänzenden Nachforderungsbescheid rechnen.
Fundstellen:
BFH 15.2.11, VII R 66/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 111476
BFH 25.5.04, VII R 29/02, BStBl II 05, 3
AStW 2011/034
BpO – Die zeitnahe Betriebsprüfung
kommt bundesweit einheitlich in 2012
Die allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der BpO sieht für Anordnungen nach
2011
erstmals
Betriebsprüfung
bundesweit
vor.
einheitliche
Hiernach
kann
das
Rahmenbedingungen
FA
Steuerpflichtige
für
für
eine
zeitnahe
eine
zeitnahe
Betriebsprüfung auswählen. Die Betriebsprüfung umfasst dann zumindest den letzten
Veranlagungszeitraum, für den eine Steuererklärung abgegeben wurde. Sie kann aber
auch mehr als ein Jahr umfassen. Über das Ergebnis wird ein Bericht erstellt, der die
Änderungen der Besteuerungsgrundlagen hinsichtlich der Sach- und Rechtslage so
detailliert wiedergibt, dass Grund und Höhe überprüfbar sind. Alternativ erfolgt eine
schlichte Mitteilung über die ergebnislose Prüfung. Durch die bundeseinheitlich geregelte
zeitnahe
BP
soll
das
derzeit
erhebliche
zeitliche
Auseinanderfallen
von
Veranlagungszeitraum und -durchführung sowie Abschluss von Prüfungen deutlich
verkürzt werden und Unternehmen mehr Rechts- und Planungssicherheit bringen.
Außerdem reduzieren sich die Suche nach Unterlagen aus der Vergangenheit, die
Bereithaltung veralteter Soft- und Hardware, die Gefahr erheblicher Steuernachzahlungen
sowie Zinsen auf die Mehrergebnisse durch die großen Zeitabstände.
Praxishinweis:
Die
formalen
Rahmenbedingungen,
unter
denen
zeitnahe
Betriebsprüfungen durchgeführt werden, unterscheiden sich nicht von denen der
herkömmlichen Außenprüfung. Auch die zeitnahe Betriebsprüfung wird auf Grundlage
eingereichter Steuererklärungen sowie einer Prüfungsanordnung durchgeführt und mit
einem förmlichen Prüfungsbericht abgeschlossen. Unternehmen können zwar Anträge auf
Durchführung von zeitnahen Prüfungen stellen. Ein Rechtsanspruch darauf besteht aber
nicht, weil das FA die Auswahl nach pflichtgemäßem Ermessen vorzunehmen hat.
Fundstelle:
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Betriebsprüfungsordnung 8.7.11, BRDrucks. 330/11 (Beschluss)
AStW 2011/035
Zollrecht – Abgabenpflichtiger Import
durch Reisende aus Drittländern
Das FG Düsseldorf hat sich passend zur Sommerzeit mit einem Ehepaar beschäftigt, das
nach der Rückkehr aus einem Türkeiurlaub am Flughafen den grünen Ausgang für
anmeldefreie Waren benutzte. Der Zollbeamte durchsuchte den Rucksack des Mannes und
fand darin die Rechnung für einen mitgebrachten Gegenstand über 690 EUR. Die
Freigrenze für aus Drittländern mitgebrachte Reisemitbringsel beträgt allerdings nur 430
EUR, daher setzte das Zollamt Einfuhrabgaben von 120 EUR und einen Zuschlag in
gleicher Höhe fest. Dabei kann die Wertgrenze für anmeldepflichtige Waren nicht mit der
Anzahl der zusammen einreisenden Personen multipliziert werden und steht jedem
Reisenden nur einzeln zu.
Gegenstände werden vorschriftswidrig in die EU verbracht, wenn hierfür der grüne
Ausgang für anmeldefreie Waren benutzt wird, obwohl die Voraussetzungen nicht
vorliegen, also die Waren im persönlichen Gepäck die Schwellenwerte und Höchstmengen
überschreiten.
Dabei
darf
der
Zoll
einen
Zuschlag
festsetzen,
wenn
eine
Steuerordnungswidrigkeit begangen wird. Wer verpflichtet ist, Gegenstände ungefragt
anzumelden,
dies
jedoch
unterlassen
hat,
begeht
zumindest
eine
leichtfertige
Steuerverkürzung. Der BFH hatte hierzu festgestellt, dass im Allgemeinen davon
auszugehen ist, dass einem mit den Gegebenheiten an den Flughäfen einigermaßen
vertrauten Reisenden geläufig ist, dass er mit Waren, von denen er zumindest für möglich
halten muss, dass sie einfuhrabgabenpflichtig sind, den roten Ausgang benutzen und
diese dort anmelden muss.
Praxishinweis: Die Freigrenze für aus Drittländern mitgebrachte Waren beträgt 430 EUR
für den Flug- und Seeweg und 300 EUR auf anderen Verkehrswegen. Für Reisende unter
15 Jahren gelten einheitlich 175 EUR.
Fundstellen:
FG Düsseldorf 25.3.11, 4 K 120/11 Z, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 111925
BFH 16.3.07, VII B 21/06; 21.9.07, VII B 81/07, BFH/NV 08, 126
AStW 2011/036
Steuern kompakt
§ 4 EStG – Keine Bilanzänderung bei berichtigten Einkünften
Erfolgt
die
Auflösung
einer
6b-Rücklage
im
Hinblick
auf
den
Abzug
eines
Veräußerungsfreibetrags und wird dieser nicht gewährt, kann die Rücklage nicht im Wege
der Bilanzänderung rückgängig gemacht werden. Nach § 4 Abs. 2 S. 2 EStG ist eine
Änderung
nur
zulässig,
wenn
sie
in
einem
engen
zeitlichen
und
sachlichen
Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung steht und soweit diese Auswirkung auf den
Gewinn hat. Es liegt jedoch keine Bilanzberichtigung vor, da der Freibetrag keinen
Bilanzansatz berührt und nicht bei der Gewinnermittlung, sondern auf der Ebene der
Einkünfteermittlung abgezogen wird (BFH 23.3.11, IV B 68/10, unter www.iww.de, AbrufNr. 112267).
§ 9 EStG – Werbungskosten für Verlust einer stillen Einlage
Der Verlust der im Rahmen einer stillen Beteiligung an den Arbeitgeber geleisteten
Einlage kann zum Werbungskostenabzug bei den Lohneinkünften führen, wenn besondere
Umstände dafür vorliegen, dass die Gründe für den unfreiwilligen Verlust in der Berufsoder Erwerbssphäre liegen. Der Verlust einer stillen Einlage unterliegt jedenfalls dann
dem
Werbungskostenabzug,
wenn
ein
Veranlassungszusammenhang
zum
Arbeitsverhältnis bestand und es dem Arbeitnehmer nicht auf die Nutzung der Beteiligung
als Kapitalertragsquelle ankam (Niedersächsisches FG 23.2.11, 9 K 45/08, unter
www.iww.de, Abruf-Nr. 112268).
§ 13 EStG – Übergangsregeln zum Hofladen
Ergeben sich für landwirtschaftliche Betriebe, die auch zugekaufte Waren absetzen,
Nachteile aus den neuen Regeln zur Abgrenzung von § 13 zu § 15 EStG, kann ein
schädlicher Strukturwandel für vor der Veröffentlichung geänderter Richtlinien beginnende
Wirtschaftsjahre nach den bisherigen R 15.5 Abs. 5 und 6 EStR beurteilt werden. Zuvor
musste die neue BFH-Rechtsprechung zum Hofladen bei ab Juli 2011 beginnenden
Wirtschaftsjahren angewendet werden (BMF, 27.5.11, IV D 4 - S 2230/11/10001, unter
www.iww.de, Abruf-Nr. 112269).
§ 15 EStG – Verpachtung von Mandantenstamm bei Betriebsaufspaltung
Die Verpachtung des Mandantenstamms einer Einzelpraxis, die eine vom Freiberufler
beherrschte Steuerberatungs-GmbH erzielt, unterliegt der Gewerbesteuer, weil insoweit
eine
freiberufliche
Betriebsaufspaltung
vorliegt.
Der
Mandantenstamm
kann
als
eigenständiges Wirtschaftsgut Gegenstand eines Pachtvertrags und eines wesentlichen
und werthaltigen Teils des Betriebsvermögens sein. Dabei führt die vermietende Tätigkeit
der Besitzgesellschaft im Rahmen der freiberuflichen Betriebsaufspaltung zu Einkünften
nach
§
15
EStG.
Das
hatte
der
BFH
bislang
für
vermietete
Räume,
Einrichtungsgegenstände und Geräte entschieden. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern dies
bei Mandanten anders sein sollte (BFH 8.4.11, VIII B 116/10, unter www.iww.de, AbrufNr. 112270).
AStW 2011/037
§ 26 EStG – Insolvenzverwalter kann getrennte Veranlagung wählen
Das Ehegattenwahlrecht für eine Getrennt- oder Zusammenveranlagung in der Insolvenz
eines Ehegatten kann durch den Insolvenzverwalter ausgeübt werden. Dies hat der BFH
ausdrücklich klargestellt. Die Wahl
des § 26 Abs. 2
EStG stellt nämlich kein
höchstpersönliches Recht dar. Das Veranlagungswahlrecht geht beim Tod eines Ehegatten
auf die Erben über und bei Insolvenz analog auf den Verwalter. Wählt dieser die getrennte
Veranlagung, entspricht dies dem Zweck des § 80 Abs. 1 InsO, die Insolvenzmasse
möglichst ungeschmälert zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu erhalten. Insoweit
liegen hierfür wirtschaftlich verständliche und vernünftige Gründe vor und der Antrag
erscheint nicht willkürlich (BFH 22.3.11, III B 114/09, unter www.iww.de, Abruf-Nr.
112271).
§ 33 EStG – Versicherungsleistungen mindern Pflegeaufwand
Aufwand wegen Pflegebedürftigkeit ist nur insoweit als außergewöhnliche Belastung zu
berücksichtigen, als er die Leistungen der Pflegepflicht- und
Pflegekrankenversicherung
übersteigt.
Nach
§
33
EStG
einer ergänzenden
können
Kosten
für
die
krankheitsbedingte Unterbringung in einem Altenpflegeheim nur insoweit abgezogen
werden, wie der Steuerpflichtige sie endgültig selbst trägt. Deshalb sind Vorteile oder
Kostenerstattungen zum Ausgleich für die eingetretene Belastung abzugsmindernd
anzurechnen (BFH 14.4.11, VI R 8/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 111942).
§ 34 EStG – Ausgleich des Handelsvertreters ist nicht tarifbegünstigt
Da Handelsvertreterausgleichsansprüche auch bei Betriebsaufgabe oder -veräußerung
zum laufenden Gewinn gehören, ist die Steuerbegünstigung nach § 34 EStG selbst dann
ausgeschlossen, wenn sie in zeitlichem Zusammenhang mit dem Ausscheiden des
Vertreters aus dem Beruf entstehen. Das ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BFH
9.2.11, IV R 37/08, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 111856).
§ 41b EStG – Nachträgliche Korrektur unrichtiger Lohnsteuerdaten
Die
ungeprüfte
Übernahme
von
unzutreffendem
Lohn,
den
der
Arbeitgeber
auf
elektronischem Wege an das für den Arbeitnehmer zuständige FA übersendet, ist eine
offenbare Unrichtigkeit und berechtigt zur Berichtigung der Steuerfestsetzung gegenüber
dem Arbeitnehmer nach § 129 AO. Es handelt sich um einen mechanischen Fehler ohne
Rechtsirrtum, wenn nicht ersichtlich ist, dass der Sachbearbeiter bewusst von den
erklärten Angaben des Arbeitnehmers abweichen wollte (FG Münster 24.2.11, 11 K
4239/07 E, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 111709).
§ 2 UStG – Selbstständigkeit eines Personengesellschafters
Abweichend von der Verwaltungsauffassung kann der Komplementär einer KG nach einem
Urteil des BFH eine nicht selbstständige Tätigkeit ausüben, wenn er gegenüber der
Gesellschafterversammlung oder einem anderen Gremium weisungsverpflichtet ist. Die
AStW 2011/038
Verwaltung folgt dem durch Änderung von Abschn. 2.2 Abs. 2 S. 3 UStAE. Es wird aber
für vor dem 1.7.2011 ausgeführte Umsätze nicht beanstandet, wenn die Tätigkeit trotz
eines vereinbarten Weisungsrechts weiterhin als selbstständig behandelt wird (BMF
2.5.11, BStBl I 11, 490; BFH 14.4.10, XI R 14/09, BStBl II 11, 433).
§ 3 UStG – Übertrag immaterieller Güter ist eine Leistung
Als
Reaktion
auf
die
Wirtschaftsgüter
EuGH-Rechtsprechung
wie
etwa
gilt
die
Übertragung
Firmenwert,
immaterieller
Kundenstamm
oder
Lebensrückversicherungsvertrag in allen offenen Fällen als sonstige Leistung und nicht
mehr als Lieferung. Dies wird in Abschn. 3.1 Abs. 4 S. 2 UStAE aufgenommen. Aus
Vereinfachungsgründen darf der Unternehmer die Übertragung immaterieller Güter vor
Juli 2011 weiterhin als Lieferung behandeln (BMF 8.6.11, IV D 2 - S 7100/08/10009 :001,
unter www.iww.de, Abruf-Nr. 112272; EuGH 22.10.09, C-242/08).
§ 19 UStG – Private Kfz-Nutzung zählt beim Kleinunternehmer nicht
Die private Pkw-Verwendung eines Unternehmers ist bei der Berechnung des Umsatzes
nach § 19 Abs. 1 S. 2 UStG nicht zu berücksichtigen. Die unentgeltliche Wertabgabe setzt
voraus, dass der für nicht unternehmerische Zwecke verwendete Gegenstand zum
Vorsteuerabzug berechtigt hat. Da diese Voraussetzung bei Kleinunternehmern nicht
vorliegt,
ist
bei
fehlendem
Vorsteuerabzugsrecht
eine
nicht
unternehmerische
Verwendung nicht steuerbar (FG Berlin-Brandenburg 15.2.11, 5 K 5162/10, unter
www.iww.de, Abruf-Nr. 112273).
§ 75 AO – Erwerberhaftung bei Kauf durch Bruchteilsgemeinschaft
Wird ein Unternehmen von mehreren Personen zu Miteigentum nach Bruchteilen gekauft,
haften diese gemäß § 75 AO als Gesamtschuldner für die festgesetzte oder angemeldete
Steuer seit Beginn des letzten Kalenderjahrs vor der Übereignung bis zum Ablauf von
einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber. Durch den gemeinsamen
Abschluss eines Kaufvertrags mit den anderen Käufern wird der Tatbestand des Erwerbs
gemeinsam mit diesen erfüllt. Dies begründet eine Haftung der Miteigentümer als
Gesamtschuldner im Sinne des § 44 AO (BFH 12.1.11, XI R 11/08, unter www.iww.de,
Abruf-Nr. 111343).
§ 156 AO – Kleinbetrags-VO ist auch zulasten des Steuerpflichtigen anwendbar
Die
Kleinbetragsverordnung
betrifft
nicht
nur
Änderungen
zulasten,
sondern
gleichermaßen zugunsten des Steuerpflichtigen. Sie unterbleiben, wenn die Abweichungen
zu den bisherigen Festsetzungen nicht mindestens 10 EUR erreichen. Die Betragsgrenze
soll
im
Falle
einer
Steueränderung
zur
Verwaltungsvereinfachung
beitragen
und
differenziert dabei nicht danach, ob sie Nachzahlungen oder Erstattungsansprüche
auslöst. Das soll unverhältnismäßige Kosten des Veranlagungsverfahrens vermeiden. Vor
diesem Hintergrund ist dies vom betroffenen Steuerpflichtigen zu akzeptieren (BFH
16.2.11, X R 21/10, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 112150).
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