Gesundheitsverständnis (1 LE) (B) Einordnung/Stellenwert Der Gesundheitsbegriff, hat sich in den letzten 20 Jahren stark verändert. Weg vom pathogenetischen Ansatz mit der Frage nach den Krankheitsursachen, wird Gesundheit heute ganzheitlich und als individueller Gestaltungsprozess betrachtet. In ihrer Funktion als Multiplikatoren für Kinder- und Jugendliche sollen sich die Freiwilligen mit dem Gesundheitsverständnis auseinandersetzen, um die Gesundheitserziehung der Kinder und Jugendlichen unterstützen zu können. Dabei liegen die Schwerpunkte in der Stärkung der Widerstandressourcen sowie in der Anwendung von Entspannungsverfahren. Ziele Die Freiwilligen: lernen das salutogenetische Gesundheitsmodell Antonovskys kennen und verstehen kennen die Begriffe Stressoren, Ressourcen sowie Kohärenzgefühl und können ihnen Unterpunkte zuordnen wissen um die Bedeutung dieses Ansatzes für ihre Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und ihr eigenes Leben haben sich mit ausgewählten Aspekten des eigenen Gesundheitsverständnisses und Gesundheitsverhaltens auseinandergesetzt können Gesundheit als ganzheitlichen Prozess definieren und wissen, dass dazu motorische, kognitive, emotionale und soziale Anteile zählen sind sich darüber bewusst, dass Bewegung eine große Bedeutung für die Gesundheit hat wissen, welche Aspekte bei einem gesundheitsfördernden Training berücksichtigt werden müssen wissen, dass es bei der ganzheitlichen Gesundheitsförderung vor allem auf die Stärkung der Ressourcen von Menschen ankommt wissen, dass die Berücksichtigung der Motive der einzelnen Teilnehmenden eine Voraussetzunfg für die positive Förderung der Gesundheit ist Inhalte „Gesundheit ist der Zustand des vollständigen körperlichen, geistig-seelischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen.“ (Weltgesundheitsorganisation, 1949) „Gesundheitsförderung zielt auf einen Prozess, allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Lebensumstände und ihre Umwelt zu ermöglichen und sie damit zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen.“ (Weltgesundheitsorganisation 1986) Daraus ergeben sich einige Kernbegriffe: Gesundheit ist ein ganzheitliches Phänomen ganzheitliche Sichtweise Gesundheit ist mehr als das Gegenteil von Krankheit salutogenetische Sichtweise Gesundheit ist ein aktiver Prozess individuelle Gestaltungsfähigkeit Das salutogenetische Gesundheitsverständnis Der Landessportbund NRW bezieht sich auf das Gesundheitsverständnis von Aaron Antonovsky (1997), der mit seinem salutogenetischen Gesundheitsmodell ein positives Verständnis von Gesundheit entwickelt hat. Er beschäftigt sich nicht mit der Frage: „Was macht den Menschen krank?“, wie es der klassische pathogenetische Ansatz macht. Vielmehr ist für ihn das Entscheidende: „Was hält den Menschen gesund?“ Antonovsky verknüpft in seinem Modell ein Konzept von Gesundheit als Kontinuum mit Risiko- und Schutzfaktoren. Ein wichtiger Begriff, den Antonovsky prägt, ist das Kohärenzgefühl. Darunter versteht er die Einstellung eines Menschen, hinter jeder Handlung, die er vollzieht, einen Sinn zu sehen, bzw. zu verstehen. An dieser Stelle kann der Breitensport einen entscheidenden Einfluss auf die Gesundheitserhaltung von Kindern, Jugendlichen haben. Das Kohärenzgefühl ist nämlich nicht determiniert, sondern lässt sich im Laufe des Lebens entwickeln und auch verändern. Aufgabe der Multiplikatoren und somit auch der Freiwilligen im Sport soll es sein, die Kinder im Entwicklungsprozess des Kohärenzgefühls zu unterstützen. Der Breitensport bietet für diesen ressourcenorientierten Ansatz zahlreiche Möglichkeiten, die verstärkt genutzt werden sollen. Gesundheits- Krankheits-Kontinuum Es gibt kein ganz krank oder absolut gesund – wir befinden uns ständig irgendwo zwischen den beiden Polen. Belastungen (Stressoren) „verschieben“ unseren Zustand in Richtung Krankheit. Widerstandsressourcen helfen uns auf dem Weg in Richtung Gesundheit! gesund krank Widerstandsressourcen Stressoren Ein Beispiel aus der Sportpraxis: Im ersten Fall (pathogenetischer Ansatz) jogge ich, weil ich Gefäßerkrankungen und Übergewicht vermeiden möchte. Im zweiten Fall (salutogenetischer Ansatz) jogge ich, weil ich Abstand zum Alltag bekomme; weil ich mich danach entspannt fühle, weil ich dort Freunde treffe, o.ä.. Die positive Wirkung auf das HerzKreislauf-System ist hier genauso vorhanden, steht aber nicht im Vordergrund des Interesses. Flussmetapher Die Salutogenese hat das Bild des Menschen, der in einem Fluss schwimmt - dem „gefährlichen“ Strom des Lebens Pathogenetisch orientierte Medizin versucht, den Ertrinkenden aus dem Fluss zu retten. Salutogenetisch orientierte Medizin versucht, den Menschen zu einem guten Schwimmer zu machen. Die salutogenetische Fragestellung ist also Was hält den Menschen trotz der vielen gefährdenden Einflüsse (persönliche, soziale, umweltbedingte und berufliche Belastungen) gesund? Was ist das besondere an Menschen, die trotz extremer Belastungen nicht krank werden? Eine Ressource, die dem Menschen hilft gesund zu bleiben, ist das Kohärenzgefühl Kohärenzgefühl Verstehbarkeit Bewältigung Sinnhaftigkeit die Grundhaltung gegenüber der Welt und dem eigenen Leben. Sie setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen: die Fähigkeit einer Person, Situationen, die ihr widerfahren, angemessen bewerten und einordnen zu können die Überzeugung eines Menschen in seine Fähigkeiten, Schwierigkeiten und Probleme selbst lösen zu können das Gefühl, Probleme und Schwierigkeiten als Herausforderung und nicht nur als Last zu empfinden; es lohnt sich, mich für diese Sache zu engagieren Für die Sportpraxis hat diese Sichtweise folgende Bedeutung: Will man die Teilnehmenden umfassend fördern, hat das Auswirkungen auf Inhalte, Methodik und Übungsleiterverhalten: Verstehbarkeit: TN lernen ihren Körper wahrzunehmen und seine Funktionsweisen zu verstehen; Planungen und Überlegungen zur Sportstunde werden transparent gemacht; Wirkungen von Übungen oder Spielen sind verständlich ... Bewältigung: Alle TN werden durch Übungen oder Spiele gefordert, aber nicht überfordert; sie erleben, dass sie die (angemessenen) Herausforderungen bewältigen können; sie erfahren Erfolgserlebnisse ... Sinnhaftigkeit: TN erkennen Spielräume und können sie nutzen; ihre Bedürfnisse und Wünsche sind interessant und werden berücksichtigt; TN werden in die Lösung von Problemen einbezogen ... Individuelle Gestaltungsfähigkeit Nicht nur im Kindes- und Jugendalter sollen Sport und Bewegung einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung alltäglicher Lebenssituationen und zu eigenverantwortlicher Lebensgestaltung leisten. Erkennen bestehender individueller Verhaltensmuster Förderung persönlicher Kompetenzen, die zu einer individuellen Lebensgestaltung befähigen. Erproben von Verhaltensalternativen. Dabei geht es aber nicht darum, als „richtig“ vorgegebene Verhaltensweisen zu trainieren, sondern um das Suchen und Finden von individuell angemessenen Verhaltensweisen in einem „geschützten“ Raum. Für die Sportpraxis heißt das: Den eigenen Körper und seine Sinne wahrnehmen Spielräume und Grenzen erkennen und mit ihnen umgehen können Sich selbst und seine Fähigkeiten richtig einschätzen Zusammenhänge zwischen eigenem Verhalten und dem von anderen erkennen Alleine und mit anderen Lösungen finden In diesem Zusammenhang bekommen „Reflexionsphasen“ eine besondere Bedeutung, weil damit das in Spiel und Sport Erlebte verarbeitet werden kann! Ganzheitlichkeit Gesundheit bezieht sich nicht nur auf den Körper. Geistig-seelische, soziale (und ökologische) Aspekte spielen ebenso eine Rolle. Im Bereich von Sport und Bewegung werden vier Dimensionen der Gesundheit unterschieden: körperliche Dimension kognitive Dimension emotionale Dimension soziale Dimension Für die Sportpraxis hat diese Sichtweise folgende Bedeutung: Bei der Durchführung jeder Breitensportstunde sollen alle Teilnehmenden auf jeder dieser Dimensionen angesprochen werden. Konkret könnte das heißen: Spiele und Übungen sind so gewählt, dass alle sich ausreichend bewegen können. körperlich: Die TN werden geistig gefordert; lernen etwas; verstehen etwas über sich oder den Sport. kognitiv: Spiele und Übungen sind so gewählt, dass alle TN Erfolgserlebnisse haben können; die TN emotional: werden motiviert; die TN erleben, dass der/die ÜL sich für sie interessiert. die TN kommen in Kontakt untereinander; dürfen auch miteinander lachen und Spaß haben. sozial: Selbst bei Sportstunden, die einen sehr festgelegten körperlichen Stundenschwerpunkt haben, können diese Ziele besonders in den Einstimmungs- und Ausklangphasen erreicht werden => vergleiche entsprechende Kapitel. Erfolgsorientiertheit Neben einer salutogenetischen Betrachtungsweise im Gegensatz zur pathogenetischen Betrachtungsweise kann eine ÜL auch in Bezug auf ihre Sportgruppen eine erfolgsorientierte Herangehensweise wählen, die im Gegensatz zur Misserfolgsorientierten Betrachtungsweise steht. Konkret bedeutet dies, dass eine ÜL auch bei Niederlagen oder misslungenen Aufgaben die Dinge hervorstellen kann, die funktioniert haben. Indem sie dies macht, stärkt sie einerseits das Selbstbewusstsein derjenigen Person, die sie gelobt hat und andererseits haben die anderen TN der Gruppe die Möglichkeit sich diese gelungene Umsetzung einzuprägen und zukünftig können sie selbst versuchen diese umzusetzen. Ablaufplan Thema/Zeit Intention/Ziele Inhalte Methodik/ Material/Medien Warm-Up (5 Min.) Kognitiver und bewegter Einstieg ins Thema Obstsalat Stuhlkreis Theoriephase 1 (25 Min.) Theoriephase 2 (15 Min.) Aktivierung von Vorwissen durch Bearbeitung einer Fragestellung und weitergehende Auseinandersetzung in der Kleingruppe. Erwerben der neuen Begrifflichkeiten. Auseinandersetzung mit der salutogenetischen Theorie. In Kleingruppen werden Plakate zum Thema Gesundheit erstellt (dazu können auch alte Zeitschriften, die die LL mitbringt zu Collagen verarbeitet werden). Themen für die Kleingruppen: Gesundheit, was ist das? Was hält den Menschen gesund? Was macht den Menschen krank? Gesundheit und Sport. Die Plakate werden anschließend im Plenum präsentiert. Powerpoint-Präsentation zum salutogenetischen Ansatz durch die LL. Die Oberbegriffe Ressourcen und Stressoren mit den Unterpunkten(biochemisch, physikalisch, psychosozial) werden auf der Pinnwand befestigt. Die TN bearbeiten die Handouts entsprechend der Instruktionen der PowerPoint. Kleingruppenarbeit Plakate Eddings Evtl. Zeitschriften (Kleber, Scheren) Plenum Laptop, Beamer Moderationskarten Eddings Pinnwand zweiseitiges Handout für TN