Besuch im ungarischen Nationalpark Aggtelek

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Aggtelek
Ein Nationalpark mit vielen Höh(l)en und Tiefen
„Hier sieht’s ja aus wie vor 200 Jahren,“ das ist der erste Eindruck der Besucher des Aggtelek-Nationalparks, eine Region im äußersten Nordosten Ungarns. In die sanfte Hügellandschaft schmiegen sich Dörfer mit einstöckigen, holzverzierten Häusern. Viele Radfahrer und bäuerlich gekleidete Fußgänger sind unterwegs. Sogar auf dem Parkplatz
stehen kaum Autos, dafür aber einige gut gepflegte Kutschen. Nur die Flagge der EU, die
neben der ungarischen in der frischen Märzbrise weht, weist darauf hin, dass diese Gegend nicht vom Rest der Welt abgeschnitten ist.
In Aggtelek befinden sich nämlich riesige, unterirdische Schätze. Es handelt sich um ein
gigantisches Höhlensystem von insgesamt 1200 Höhlen. Eine dieser Höhlen ist die Baradla-Höhle. Vorsichtig tastet man sich die feuchten 271 Stufen in die Tropfsteinhöhle
hinab. Der Besucher fühlt, wie sich die feuchte Luft langsam in seinen Lungen ausbreitet.
Das liegt an der hohen Luftfeuchtigkeit von 94% und der ganzjährig konstanten Temperatur von 10 Grad. Links und rechts neben dem schummrig beleuchteten Weg befinden
sich eiszapfenähnliche Tropfsteine. Mit etwas Fantasie erkennt man in ihnen einen Drachenkopf oder auch Romeo und Julia. Plötzlich schießt eine Fledermaus mit einem Affenzahn über die Köpfe der erschreckten Besucher hinweg.
Der Höhepunkt der Führung ist ein prächtiger Höhlensaal von unzähligen, filigran geformten Tropfsteinen. Als dann noch sanfte Musik ertönt und einzelne Tropfsteine im
Lichtstrahl hervorgehoben werden, weiß der überwältigte Besucher gar nicht, wo er
zuerst hinsehen soll und staunt über die hervorragende Akustik. Wegen dieser besonderen Atmosphäre finden manchmal in der Höhle Konzerte und sogar Hochzeiten statt. Im
sogenannten „Observatorium“ steht man dann vor einem 19 Meter hohen und 800 Tonnen schweren Koloss, dem größten Stalakmiten Ungarns. Fällt der Blick trotzdem einmal
auf den Boden, kann man mit etwas Glück eine kleine, an ein Reiskorn erinnernde Blindassel über die Steine huschen sehen. Sie hat keine Pigmentierung, da nie ein Sonnenstrahl bis zu ihr dringt. Sie ist eine der rund 20 Tierarten, die in der Höhle leben, von
denen die meisten aber nur mikroskopisch zu sehen sind.
Auch die Spuren von menschlicher Nutzung der Höhle fallen ins Auge. Die Wände und
die Tropfsteine sind normalerweise strahlend weiß oder haben eine warme, rötliche
Tönung. Leider aber wird dieses Farbenspiel oft durch ein rußiges Schwarz überdeckt.
Diese Verschmutzung entstand durch die Fackeln, die früher zur Ausleuchtung verwendet wurden. Auch die Touristen stellten eine Gefahr für die Höhle dar. Denn sie haben
einige Spitzen der Tropfsteine einfach als Souvenir mitgenommen. Deshalb ist es sehr
erfreulich, dass das zwei Millionen Jahre alte Höhlensystem heute zum Unesco-Welterbe
zählt und unter besonderem Schutz steht. So kann seine einzigartige Schönheit noch von
vielen zukünftigen Generationen bewundert werden.
Nicht nur unter Erde, auch überirdisch hat der Nationalpark einiges zu bieten. Ein leises
Wiehern weist darauf hin, dass Pferde in der Nähe sind. Beim ersten Anblick könnte man
meinen, dass es sich um Ponys handelt. Irrtum! Es ist eine kleine, robuste Pferderasse,
die aus den Karpaten stammt – die Huzulenpferde. Die anspruchslosen Tiere sind weltweit sehr selten und in Ungarn gibt es nur dieses eine Gestüt, auf dem 170 Pferde und
zur Zeit auch ein niedliches, langbeiniges Fohlen namens Picùr leben. Typisch für diese
Rasse ist der matt-schwarze Aalstrich auf dem Rücken. Die stämmigen Pferde spielen für
den Schutz und die Aufrechterhaltung der Steppenwiese eine wichtige Rolle. Durch das
Fressen der Gräser verhindern sie nämlich, dass die Weiden allmählich verbuschen.
Dass es diese Pferderasse überhaupt noch gibt, ist nur einem Budapester Zoodirektor zu
verdanken. Denn nach dem 2. Weltkrieg hat er die letzten 10 – 15 überlebenden Pferde
bei sich im Zoo aufgenommen. Später brachte er die Pferde in den Nationalpark, wo sie
einen natürlichen Lebensraum fanden. Mittlerweile leben weltweit wieder ungefähr
1500 Huzulenpferde. „Zum Glück war der Zoodirektor so pferdelieb“, denken sich wohl
die meisten der Besucher.
Außer seltenen Tieren und einzigartigen Lebensräumen hat der Nationalpark aber auch
noch Kulturschätze zu bieten. Um sie bewundern zu können, muss man allerdings einen
1,5 km langen Fußmarsch in Kauf nehmen. Mitten im noch unbelaubten Wald, weitab
von jeder Zivilisation befindet sich eine einsame, alte Klosterruine. Einst wohnten hier
die Pauliner-Mönche (siehe Seitenartikel). Heute scheint es unvorstellbar, wie man so
abgelegen leben konnte, ohne Wasser und ohne jeden Kontakt zur Außenwelt. In dem
völlig zerfallenen Kloster gibt es im Inneren alte Baumstümpfe, die eine gute Sitzgelegenheit zum Meditieren bieten.
Der Aggtelek Nationalpark – ein Geheimtipp für den Urlaub: Der Abenteurer kann Höhlen erforschen, der Pferdeliebhaber kann Reiterferien mit einer seltenen Pferderasse
machen, der Kuturinteressierte kann alte Ruinen bestaunen und die Sportler können in
dem Karstgebirge klettern.
(Tim Kinalzyk; Dennis Zumbil; Konstantin Schmid; Sarah Estor; Eva Heil; Romy Melzl)
Aggtelek-Nationalpark: ein Ramsargebiet
Was ist ein Ramsar-Gebiet? Am 2. Februar 1971 wurde im Iran ein internationales
Übereinkommen zum Schutz von Feuchtgebieten abgeschlossen. Der Grund dafür war
der drastische Rückgang der Anzahl von Watt- und Wasservögeln in den 1960-er Jahren.
Inzwischen sind 160 Staaten diesem Ramsar-Übereinkommen beigetreten. Insgesamt
gibt es mittlerweile 2005 Gebiete, deren Gesamtfläche sich über 1,9 Millionen Quadratkilometer erstreckt. Auch Deutschland ist diesem Vertrag beigetreten und allein in Bayern gibt es sieben dieser geschützten Feuchtgebiete wie z. B. die Donauauen.
Ein eher ungewöhnliches Ramsar-Schutzgebiet ist der Nationalpark „Aggtelek”. Seine
zahlreichen unterirdischen Wasservorräte sind sehr wertvoll, aber auch empfindlich.
Diese liegen unterhalb der 1200 Tropfsteinhöhlen und bieten einen Lebensraum für seltene Tiere, wie z. B. den Blindflohkrebs.
(Julia Theiss; Denise Staporowski; Charlotte Wiench)
Jugendliche untersuchen Wasserqualität
Auf sehr einfache Weise können selbst Schüler die Sauberkeit eines Gewässers testen.
Dazu sind keine Chemikalien oder physikalische Geräte nötig. Die Besucher im Nationalpark erhalten einen Keschers und ein Gefäß und schöpfen aus dem Fluss Jósva Wasser.
Dabei müssen sie den Boden mit dem Kescher aufwühlen, um auch Wassertierchen einzufangen. Anschließend zählen sie die verschiedenen eingefangenen Tierarten und versuchen sie mit einem Lupendöschen zu bestimmen. „Da rührt sich was“, „Iiih, voll eklig“,
tönt es aus allen Richtungen. Anscheinend ist die Ausbeute recht groß. Die Führerin erklärt: „Wenn mindestens sechs Tierarten gefunden werden und darunter auch die Eintagsfliege ist (die nur in sehr sauberem Wasser leben kann), dann hat das Wasser auf
einer Skala von 1 – 10 neun Punkte. Das ist so sauber, dass man es trinken kann.“ Wenn
eine Verschmutzung vorläge, müsste die Probe in ein Labor geschickt werden, um die
genaue Art der Verschmutzung zu bestimmen. Da wäre dann der richtige Wissenschaftler gefragt!
(Svenja Göhl; Marina Wilmerstadt)
Paulaner für die Pauliner
Die Pauliner sind der einzige in Ungarn gegründete Orden, von dem es heute allerdings
nur noch ca. 20 Mönche in Ungarn gibt. Sie lebten fernab von jeglicher Zivilisation, um
sich ganz auf ihren Glauben konzentrieren zu können. Als Selbstversorger betrieben sie
ihre eigene Landwirtschaft. Außerdem zählten zu ihren Aufgaben aber auch Lehrtätigkeiten und das Unterstützen von armen Menschen. Aufgrund der politischen Wirren in
der Geschichte konnten die Pauliner-Mönche das Kloster Háromhegyi bei Martonyi im
Aggtelek-Nationalpark aber nur ca. 200 Jahre bis ca. 1550 bewohnen. Seit dieser Zeit
holt sich die Natur den Bau zurück, so dass im 20. Jahrhundert nur noch die zerfallenen
Klostermauern zu sehen waren. Trotz intensiver Nachforschungen ranken sich auch
heute noch viele Geheimnisse um diesen Ort.
Nun soll das Kloster mit Hilfe von EU-Geldern wieder in seinen ursprünglichen Zustand
(so weit man ihn rekonstruieren kann) zurückversetzt werden und zu einer Touristenattraktion werden. Das Dach wurde schon erneuert. Dafür nahm man sogar in Kauf, zwei
jeweils 130 Jahre alte Eichen zu fällen. Sie wuchsen im Innenraum des Klosters und
drohten das Gemäuer weiter zu zerstören. Da hat der Kulturschutz über den Naturschutz gesiegt, auch wenn die Eichen vielleicht ein paar Jahre später ohnehin gestorben
wären.
Damit in Zukunft aber wirklich viele Touristen kommen, ist noch einiges zu tun. Ein bayerischer Marketing-Vorschlag wäre: ein traditioneller Biergarten neben dem Kloster
nach dem Motto „Paulaner für die Pauliner“.
(Maximilian Käss; Jessica Zimbelmann; Renate Kitzinger)
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