Dissoziative Störungen inkl. Somatoforme Störungen

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Vorlesung
Dissoziative Störungen
Konversions- und Somatisierungssyndrome
im Kindes- und Jugendalter
KJPP
Würzburg
Sommersemester 2007
Klinik- und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und
Psychotherapie der Universität Würzburg
Direktor: Prof. Dr. A. Warnke
Passwort: Dissoziative28112006
Dissoziative Störungen,
Konversionsstörungen
Verlust der Integration von Erinnerungen,
des Identitätsbewusstseins,
der Empfindungen sowie der Körperbewegungen
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Würzburg
Dissoziative Störungen,
Konversionsstörungen
• Fehlen einer organischen Störung, welche die
Symptomatik kausal erklären könnte
• nahe zeitliche Verbindung zu traumatisierenden
Ereignissen, unlösbaren oder unerträglichen
Konflikten oder gestörten Beziehungen
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Klinische Manifestationsformen
konversionsneurotischer Symptome (I.)
Motorisch
Sensibel
Sensorisch
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- Lähmungen
- Abasie, Astasie
- Torticollis
- abnorme Bewegungsabläufe
- Hypästhesien, Anästhesien
- Hyperästhesien
- Schwerhörigkeit, Taubheit
- Hyperacusis
- Sehstörungen, partielle oder totale Blindheit
- Makropsien, Mikropsien
Klinische Manifestationsformen
konversionsneurotischer Symptome (II.)
Visceral
- Sprechstörungen, Aphonie
- Dysphagien, Singultus, Erbrechen
Bewusstseinsveränderungen
- ekstatische Zustände
- Dämmerzustände
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Dissoziative Störungen
(Konversionsstörungen)
Klassifikation
• Amnesie
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Fugue
Stupor
Trancezustände und Besessenheitszustände
Bewegungsstörungen
Krampfanfälle
Sensibilitäts- und Empfindungsstörung
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Dissoziativer Krampfanfall
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Psychopathologische
Merkmale
• Symptomatik erscheint zweckgerichtet und
• hat demonstrativen Charakter.
• Gleichgültigkeit oder Indolenz (sog. Belle indifférence)
gegenüber Symptomatik
• Die Zweckorientierung ist Außenstehenden sichtbar,
dem Patienten jedoch nicht.
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Dissoziative Störungen,
Konversionsstörungen
• Verlust selektiver Kontrolle
über willkürlich beherrschbare körperliche Funktionen
(im Wesentlichen: Willkürmotorischer Bewegungen,
Sinneswahrnehmungen, Gedächtnisleistungen)
• Häufigkeitsgipfel im Jugendalter
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Dissoziativer Stupor
• Beträchtliche Verringerung oder das Fehlen willkürlicher
Bewegungen und normaler Reaktionen auf äußere Reize
• Fehlen körperlicher oder spezifischer psychiatrischer
Störungen, die den Stupor erklären können
• Kurz vorhergegangenes belastendes Ereignis oder
gegenwärtige Probleme
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Dissoziative Sehstörung
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Gesichtsfeldeinschränkungen (ca. 75 %)
Seitendifferenzen
Mikropsie
Makropsie
Nacht- und Farbenblindheit
Refraktionsänderungen
Funktionsstörungen der Augenmuskeln
oft flüchtige und/oder wechselnde Symptomatik
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Dissoziative Sehstörung
- Diagnostische Hinweise
• Plötzlicher Beginn (innerhalb von Tagen)
• Verzögerte Untersuchung (3 Wochen bis 10 Monate nach
Symptombeginn)
• Geringer Leidensdruck des Patienten
• Untersuchung wird eher von besorgten Angehörigen veranlasst
• Patienten bewegen sich kaum beeinträchtigt im Raum
• Beeinträchtigung bei definierten Anforderungen
• Organische Sehstörungen bei Patienten oder Bezugspersonen
• Sehschärfe schwankend - Zögern auch bei größten Optotypen
• Zeitlicher Zusammenhang mit Überforderungserleben
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Epidemiologie
• 1 bis 2 % der Aufnahmen in kinder- und
jugendpsychiatrischen Kliniken
• häufiger in vorindustriellen Gesellschaften bzw.
Übergangsgesellschaften
• häufiger bei Migranten
• typisches Manifestationsalter Jugendalter bzw. frühes
Erwachsenenalter
• weibliches Geschlecht häufiger betroffen
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Differenzialdiagnose
bei dissoziativen Störungen
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Epilepsien
Neurologische Erkrankung
Synkopale Anfälle
Hyperventilationstetanie
Hypoglykämischer Bewusstseinsverlust
Tics
Persönlichkeitsstörungen
Schizophrene Psychosen
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Somatoforme Störungen
(nach ICD-10) Klassifikation
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• F 45.0
Somatisierungsstörung
• F 45.2
• F 45.3
Hypochondrische Störung
Somatoforme autonome Funktionsstörung
(kardiovaskulär, oberer unterer
Gastrointestinaltrakt, respiratorisch, urogenital)
Anhaltende somatoforme Schmerzstörung
• F 45.4
Dissoziative Störungen
Auslösende Faktoren / Ursachen
Überforderng durch:
• Kritische Lebensereignisse
• organische Erkrankung
• psychische Dauerbelastung
(z.B. Erkrankung der Eltern)
• tägliche Belastungen
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Auslösende Faktoren
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• Zentrales Moment ist die Überforderung
• Schule (schulische Überforderung, Lern- und
Leistungsstörungen
• Familie (familiäre Konflikte, Krankheiten oder Todesfälle
von Bezugspersonen etc.)
• soziales Umfeld, erfahrene Übergriffe, Außenseitertum etc.)
Verhaltenstheoretischer Ansatz
• Körperliches Symptom
• Stresssituation (Distress)
• Mangelhafte Copingstrategien des Individuums
• Sozialer (auch sensorischer) Rückzug aus der nicht zu
bewältigenden Konfliktsituation (Fluchtreaktion))
• Fixierung und erhöhte Aufmerksamkeit auf
körpereigene Stimuli (Autosuggestion)
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Therapie der Konversionsstörung
I. Verhaltensanalyse
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Auslöser (wer, was, wann, wie, wo)
Biologische und psychosoziale Entwicklung
Gegenwärtige soziale Beziehungen
Situationen, die zu einer Zu- oder Abnahme der
Symptomatik führen
• Soziales, ökonomisches, kulturelles Umfeld
• Die Hierarchie der Ziele, Motive, Einstellungen, Werte;
Kognitionen, emotionales Erleben
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Therapie
dissoziativer Störungen - II
• Funktionsverlust aufheben
• Entlastung vom Ursprungskonflikt/Überforderung
• Minimierung von sekundärem Krankheitsgewinn
• Umattribuierung der Krankheitsauffassung
• Keine Deutung des Symbolgehalts der Symptomatik,
• “Ein Umlernen ist möglich”
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Therapie derKonversionsstörung
III. Intervention
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• Behandlung des offensichtlichen Symptoms (z.B.
Physiotherapie der Gangstörung, der gelähmten Extremität
usw.)
• Behandlung der physiologisch-organischen Reaktion
(Behandlung der Atemstörung, Muskelverspannung ,
Entspannung nach Jacobson; medikamentöse Behandlung)
• Therapie des psychischen Verhaltens ( kognitive Therapie)
• Situative Veränderungen
• Biographische Aufarbeitung
Therapie
dissoziativer Störungen
Stufe 2 - Grundstörung behandeln
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Klärungs- und bewältigungsorientiertes Vorgehen
Individuell
Gruppe
Familie
Zeitkontingentes Behandlungssetting
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Therapeutische Grundhaltung
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• Der Therapeut muss sachlich-empathisch zusichern, dass
das Kind für seinen jetzigen Zustand keine Schuld trage.
• In eine Aufmerksamkeitslücke des Kindes muss
hineingesprochen werden, “dass man nur lernen kann,
etwas dagegen zu tun”.
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