VL Biochemie 9

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Bioenergetik
Prof. Dr. Albert Duschl
Gesetze der Thermodynamik
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1. Gesetz: Die Summe der Energie im
Universum ist gleich.
2. Gesetz: Die Entropie nimmt zu.
Geordnete Strukturen, wie Lebewesen,
verletzen den 2. Satz der Thermodynamik
nicht. Sie stellen zwar lokale Anomalien dar,
halten die eigene Ordung aber nur aufrecht
indem sie anderswo die Entropie erhöhen.
Der zweite Satz verletzt den ersten auch nicht,
denn die Energie geht ja nicht verloren. Sie
wird nur in eine nicht für Arbeit nutzbare Form
umgewandelt (Wärme).
Die Gesamtmenge an Energie eines Systems
ist immer grösser als die freie Energie, also
die Menge an Energie die zur Verfügung steht
um Arbeit zu leisten. Ein Teil der
Gesamtenergie wird bei jeder Umsetzung zu
Wärme umgesetzt und erhöht so die Entropie.
Keith Haring: Ohne Titel
Gibbs'sche Freie Energie 1
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Die potentiell nutzbare, freie Energie ist die Gibbs'sche freie Energie, G. Wenn das
System während einer Reaktion freie Energie verliert, ist die Änderung von G, ΔG,
negativ: ΔG < 0. Die Reaktion ist dann exergonisch. Wird während der Reaktion die
freie Energie erhöht, ΔG > 0, ist die Reaktion endergonisch.
Für jede Reaktion gilt ΔG = ΔH - TΔS.
H ist der Wärmegehalt des Sytems. Wird Wärme freigesetzt so hat das System
nachher ein niedrigeres H, also ist ΔH < 0 (exotherme Reaktion). Muss von aussen
Wärme zugeführt werden damit die Reaktion abläuft ist ΔH > 0. Positives ΔH definiert
eine endotherme Reaktion.
T ist die absolute Temperatur in °K und S ist die Entropie. Wenn die Produkte
weniger Ordnung haben als die Substrate ist ΔS >0. Wird durch die Reaktion die
Ordnung erhöht ist ΔS < 0.
Beispiel für Zunahme der Entropie: Lösung von Salz in Wasser.
Beispiel für Abnahme der Entropie: Kristallisation von Salz bei Verdunsten des
Wassers. Da Wasserdampf eine höhere Entropie hat als flüssiges Wasser, wird
insgesamt gesehen auch in diesem Fall die Entropie erhöht.
Gibbs'sche Freie Energie 2
Die Beziehung ΔG = ΔH - TΔS beschreibt also, ob eine Reaktion Energie freisetzt
(exergonisch) oder Energiezufuhr benötigt (endergonisch). Das hängt ab von der
Änderung der Temperatur (exotherm oder endotherm) und der Änderung der
Entropie.
Immer dann wenn ein System nicht im Gleichgewicht ist, gibt es eine Triebkraft die auf
eine Einstellung des Gleichgewichts hindrängt. Diese Triebkraft ist die Änderung der
Gibbs'schen freien Energie, ΔG. Für eine chemische Reaktion A → B lässt sich
definieren:
[B]
ΔG = ΔG° + RT ∙ ln ———
[A]
ΔG° ist die Änderung der freien Energie unter Standardbedingungen (1 atm, 25°C, 1 M
Konzentration von Substrat und Produkt)
R ist die Gaskonstante
T ist die absolute Temperatur
Für biologische Reaktionen verwendet man ΔG°', dabei ist noch pH = 7
Gibbs'sche Freie Energie 3
Mit der Beziehung
[B]
ΔG = ΔG°' + RT ∙ ln ———
[A]
kann man ausrechnen, ob eine Reaktion A → B abläuft.
Bei negativem ΔG (ΔG < 0) erniedrigt sich die freie
Energie des Systems und die Reaktion läuft freiwillig
ab.
Im Gleichgewicht ist die treibende Kraft ΔG = 0
[B]
[B]
ΔG = 0 = ΔG°' + RT ∙ ln —— oder - ΔG°' = RT ∙ ln —--[A]
[A]
Ob die Reaktion in vivo wirklich abläuft wird von
weiteren Parametern abhängen, wie dem Schicksal
der Produkte (Fließgleichgewicht!).
© Nelson/Cox: Lehninger
Principles of Biochemistry
Massendefekt
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Die Quelle fast aller biologisch
genützten Energie ist letztlich die
Sonne. Zu einem geringen Anteil spielen
auch andere Prozesse eine Rolle, etwa
Wärmegradienten die durch natürliche
Radioaktivität oder durch geothermale
Prozesse erzeugt werden.
In der Sonne findet der Prozess
4 H → He statt. Da ein Helium leichter
ist als vier Wasserstoff (Massendefekt)
wird die fehlende Masse in die
äquivalente Energie überführt
(E = m ∙ c²). Diese Energie wird in Form
von elektromagnetischer Strahlung
abgegeben. Ein Teil der auf die Erde
fallenden Sonnenstrahlung kann durch
Photosynthese biologisch genutzt
werden.
© Henri Rousseau: Urwaldlandschaft mit
untergehender Sonne.
Bioenergetics made simple to the
point of inaccuracy
Photosynthese
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Die Lichtreaktion der Photosynthese erzeugt Reduktionsäquivalente (NADPH) und
einen Protonengradienten, der zur ATP-Synthese verwendet wird (Peter Mitchell).
© both figures Nelson/Cox: Lehninger Principles of Biochemistry
Calvin-Zyklus
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Im Calvin-Zyklus wird CO2 aus der Luft fixiert. Es wird Glycerinaldehyd-3-Phosphat
erzeugt, das letzlich zu Glucose umgewandelt werden kann.
© both figures Mohr/Schopfer: Lehrbuch der Pflanzenpysiologie
Glycolyse
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Für die Glycolyse wird aus Glycogen, Stärke
oder anderen Quellen Glucose erzeugt und
dann in zwei Moleküle Pyruvat zerlegt.
Die Reaktion gewinnt netto 2 ATP und
2 NADH.
© Nelson/Cox: Lehninger Principles of Biochemistry
Pyruvat
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Das Endprodukt der Glykolyse ist
Pyruvat. Für den aeroben Abbau
wird Pyruvat in die Mitochondrienmatrix transportiert und dort von der
Pyruvatdehydrogenase in AcetlyCoA
umgesetzt.
Der Transport über die innere
Mitochondrienmembran erfolgt teils
durch passive Diffusion über die
Membran, teils über den
Mitochondrial Pyruvate Carrier
(MPC). Beide Prozesse werden
vom pH-Gradienten angetrieben.
TCA Cycle (Tricarboxylic acid cycle)
ist ein Synonym für den Krebs Cycle
der wieder das gleiche ist wie der
Citratzyklus. Zu dem kommen wir
gleich.
© Divakaruni and Murphy, Science 337:41-43 (2012)
Citratzyklus
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Im Citratzyklus werden
aktivierte Acetylgruppen
(also Acetyl Coenzym A) in
2 CO2 zerlegt. An vier
Stellen werden
Reduktionsäquivalente
gewonnen (3 NADH + H+,
1 FADH2). Ausserdem wird
1 GTP erzeugt. Das CO2
wird abgeatmet.
Das eingeschleuste
AcetylCoA muß nicht aus
der Glycolyse kommen.
Ein wichtiger Lieferant ist
die ß-Oxidation der
Fettsäuren.
© Stryer: Biochemistry
Atmungskette
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In der Atmungskette werden die
Reduktionsäquivalente verwendet um mit
Luftsauerstoff Wasser zu erzeugen. Dabei
entsteht ein Protonengradient, der zur Gewinnung
von ATP genutzt werden kann (nochmal Peter
Mitchell).
© Löffler/Petrides:
Biochemie und Pathobiochemie
© Koolman/Röhm: Taschenatlas Biochemie
Hemmstoffe der Atmungskette
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Die Atmungskette verbraucht 90% des eingeatmeten O2. Sie wird gehemmt durch
- Substratmangel (Sauerstoffmangel)
- Rotenon (hemmt Komplex I ; Insektizid)
- Antimycin (hemmt Cytochrom c-Reduktase)
- Cyanid (hemmt Cytochrom-c-Oxidase)
- Kohlenmonoxid (hemmt Cytochrom-c-Oxidase)
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Der Elektronentransport der Atmungskette wird nicht gehemmt durch Zerstörung der
Mitochondrienmembran, wie sie etwa in der Apoptose auftritt. Man kann in
Mitochondrienfragmenten alle Reaktionen der Atmungskette bis zu Komplex IV
messen. Nur Komplex V, die ATPsynthase, ist aus Mangel an Triebkraft nicht mehr
funktionsfähig.
Die Atmungskette wird auch nicht gehemmt durch Entkoppler die Protonen über die
innere Mitochondrienmembran befördern, wie 2,4-Dinitrophenol. Im Fall des
Protonenkanals Thermogenin im braunen Fettgewebe von Neugeborenen und
Winterschläfern ist das physiologisch erwünscht: Die Atmungskette läuft hier nur um
Wärme zu erzeugen, nicht aber ATP.
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Zusammenfassung
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Leben benötigt Energie in nutzbarer
Form. Das ist zunächst vor allem
Lichtenergie.
In Licht- und Dunkelreaktion der
Photosynthese wird Glucose erzeugt:
6 CO2 + 6 H2O → C6H12O6 + 6 O2.
Das ist auch die Quelle des
Luftsauerstoffs.
In Glycolyse, Citratzyklus und
Atmungskette wird Glucose wieder zu
CO2 und H2O zerlegt.
Beim vollständigen Abbau eines
Moleküls Glucose entstehen 38
Moleküle ATP. Die Energieausbeute
beträgt damit ca. 40% der
physikalischen Verbrennungsenergie.
Der Rest geht als Wärme verloren,
kann dabei aber noch als
Körperwärme nützlich sein.
Jan Breughel d. Ä.: Der Garten Eden
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