Entwicklung eines Verfahrens zur Erzeugung monodisperser

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Entwicklung eines Verfahrens zur Erzeugung
monodisperser Partikel mit definierter elektrischer Ladung
Vom Fachbereich Ingenieurwissenschaften, Abteilung Maschinenbau der
Universität Duisburg-Essen
zur Erlangung des akademischen Grades
DOKTOR-INGENIEUR
genehmigte Dissertation
von
Thomas Leclaire
aus
Duisburg
Referent:
Korreferent:
Tag der mündlichen Prüfung:
Prof. Dr.-Ing. Klaus Gerhard Schmidt
Prof. Dr.-Ing. habil. Joachim Ulrich
23. März 2005
Vorwort
Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Arbeit im Fachgebiet Verfahrenstechnik/
Umwelttechnik
der Gerhard-Mercator-Universität
Duisburg,
inzwischen
Universität
Duisburg-Essen. Mein Dank gilt dem Leiter des Fachgebietes, Herrn Prof.-Dr. Ing. Klaus
Gerhard Schmidt, für seine fachliche Betreuung und Unterstützung.
Herrn Prof. Dr.-Ing. habil. Joachim Ulrich vom Institut für Verfahrenstechnik an der MartinLuther-Universität Halle-Wittenberg danke ich für die freundliche Übernahme des
Korreferates.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Dr.-Ing. Frank Schmidt für die stete Unterstützung und
anregenden Diskussionen.
Weiterhin danke ich Herrn Dipl.-Chem.-Ing. Gerhard Rapp für seine Unterstützung bei der
experimentellen Arbeit, sowie allen Kolleginnen und Kollegen für ihre Hilfsbereitschaft und
die angenehme Arbeitsatmosphäre im Fachgebiet.
Entwicklung eines Verfahrens zur Erzeugung monodisperser Partikel mit
definierter elektrischer Ladung
NOMENKLATUR .............................................................................................. IV
1
EINLEITUNG UND ZIELSETZUNG ............................................................ 1
2
TROPFENDYNAMIK .................................................................................. 6
2.1
Erzeugung und Merkmale von Tropfenketten ..........................................................................6
2.1.1
Aufbau und Funktionsweise des Schwingblendenaerosolgenerators ....................................6
2.1.2
Beobachtungsmethode ..........................................................................................................8
2.1.3
Strahleinschnürung und Tropfenabriss ...............................................................................11
2.1.4
Tropfengrößen ....................................................................................................................16
2.1.5
Austrittsgeschwindigkeit und Volumenstrom .....................................................................17
2.2
Verdunstung von Tropfen .........................................................................................................19
2.2.1
Isotherme und nicht isotherme Verdunstung von Einzeltropfen .........................................21
2.2.2
Stoffbilanz ..........................................................................................................................25
2.2.3
Wärmebilanz.......................................................................................................................27
2.2.4
Verdunstung in der Tropfenkette ........................................................................................28
2.2.5
Überlagerungsmodell für Wechselwirkungen.....................................................................29
2.3
Tropfenbewegung in einer Tropfenkette..................................................................................33
2.3.1
Widerstandsbeiwert von Kugeln im Übergangsbereich laminar-turbulent .........................33
2.3.2
Bahnkurven von Einzelpartikeln mit konstantem Durchmesser..........................................36
2.3.3
Bahnkurven von Partikeln mit veränderlichem Durchmesser .............................................37
I
2.3.4
Wirbelbildung bei verzögerter Bewegung ..........................................................................39
2.3.5
Wechselwirkung zwischen Nachbartropfen........................................................................39
2.3.6
Die Kohärenzlänge .............................................................................................................51
2.3.7
Messung der Tropfenabstände über der Wegstrecke ..........................................................54
2.3.8
Messung der Tropfengeschwindigkeit über der Wegstrecke ..............................................55
3
ELEKTROSTATISCHE UND ELEKTRODYNAMISCHE EFFEKTE ......... 56
3.1
Neutralisierung geladener Aerosolpartikel ..............................................................................56
3.2
Mechanismen der Tropfenaufladung im Schwingblendengenerator.....................................57
3.2.1
Diffusionsaufladung und Feldaufladung .............................................................................58
3.2.2
Ladung bei der Topfenentstehung aufgrund der dielektrischen Doppelschicht ..................60
3.2.3
Ladung bei der Tropfenentstehung durch Influenz .............................................................62
3.3
Berechnung der Tropfenladung................................................................................................64
3.3.1
„Ladungsschatten“ - Der abschirmende Einfluss voraus fliegender Tropfen......................64
3.3.2
Vereinfachtes Modell zur Bestimmung des Einflusses voraus fliegender Tropfen.............65
3.3.3
Ermittlung des elektrostatischen Feldes..............................................................................70
4
MESSUNG DER TROPFENLADUNG IN DER TROPFENKETTE ........... 73
4.1
Literatur zur Messung der Ladung an Tropfenketten ...........................................................73
4.2
Ablenkung der Tropfenkette im Plattenkondensator .............................................................75
4.3
Messung abfließender Ladung mittels Faraday-Cup..............................................................80
4.4
Tropfenladung im Verhältnis zur Strahllänge.........................................................................83
II
4.5
Variation der Betriebsparameter..............................................................................................85
4.5.1
Änderung von Druck bzw. Volumenstrom .........................................................................85
4.5.2
Änderung der Frequenz ......................................................................................................86
4.5.3
Wahl des Blendenquerschnitts............................................................................................86
4.5.4
Leitfähigkeit des verwendeten Wassers ..............................................................................86
4.6
Gezielte Einstellung der Tropfenladung...................................................................................87
4.7
Untersuchung der Partikelladung bei verdunstenden Salzlösungen .....................................92
5
UNTERSUCHUNGEN AN EINEM POLYDISPERSEN SPRAY................ 95
5.1
Experimenteller Aufbau ............................................................................................................95
5.2
Messergebnisse ...........................................................................................................................96
6
ZUSAMMENFASSUNG .......................................................................... 102
7
LITERATURVERZEICHNIS .................................................................... 105
III
Nomenklatur
Lateinische Buchstaben
Formelzeichen
Einheit
Bedeutung
A
m²
Fläche
b
m/s²
Beschleunigung
C
F
Kapazität
c
mol/m³
Konzentration
cW
-
Widerstandsbeiwert
d
m
Durchmesser
D
m²/s
Diffusionskoefizient
e
As
Elementarladung (1,6 10-19 As)
E
V/m
elektrische Feldstärke
F
N
Kraft
g
m/s²
Erdbeschleunigung (9,81 m/s²)
h
kJ/kg
spezifische Enthalpie
h
m
Höhe, Fallhöhe
I
A
el. Stromstärke
L
m
Länge
m
kg
Masse
M
kg/kmol
molare Masse
Nu
-
Nusseltzahl
p
Pa
Druck
Q
As
elektrische Ladung
q
kJ/kg
spezifische Wärmemenge
r
m
Radius
R
J/(mol K)
universelle Gaskonstante (8,14 J/molK)
Re
-
Reynoldszahl
s
m
Strecke, Wegstrecke
Sh
-
Sherwoodzahl
t
s
Zeit
T
K
Temperatur
IV
T
s
Periodendauer
U
V
Spannung
v
m/s
Geschwindigkeit
We
-
Weberzahl
x
m
Ortskoordinate
y
m
Ortskoordinate
z
m
Ortskoordinate
Griechische Buchstaben
Formelzeichen
Einheit
Bedeutung
a
W/(m²K)
Wärmeübergangskoeffizient
e
AS/Vm
Dielektrizitätskonstante
h
kg/(ms)
kinematische Viskosität
l
W/(mK)
Wärmeleitfähigkeit
L
S/m
el. Leitfähigkeit
n
m²/s
dynamische Viskosität
s
N/m
Oberflächenspannung
r
kg/m³
Dichte
t
s
Relaxationszeit
Indizes
Bl
Blende
K
Konvektion
P
Partikel
R
Reibung
Tr
Tropfen
U
Umgebung
V
Verdunstung
0
Anfangszustand, Bezugszustand
V
1 Einleitung und Zielsetzung
Zur Erzeugung von Aerosolen für technische Anwendungen oder in der
Forschung
werden
unterschiedliche
Verfahren
eingesetzt.
Bei
allen
Zerstäubern besitzen die erzeugten Partikel eine elektrische Ladung, deren
Höhe abhängig ist von dem eingesetzten Verfahren, den Betriebsparametern
und
den
eingesetzten
Substanzen.
Die
Messung
des
exakten
Ladungszustandes der Partikel in Abhängigkeit vom Durchmesser ist sehr
aufwendig .
Ist die Aufladung der Partikel unerwünscht, erfolgt eine Neutralisation des
erzeugten
Partikelkollektivs
durch
Kontakt
mit
Ionen,
die
durch
Koronaentladung oder radioaktive Präparate bereitgestellt werden. Dabei wird
ein Partikelkollektiv angestrebt, das nach außen hin elektrisch neutral ist,
während es i.a. aus Partikeln mit unterschiedlichen Ladungszahlen besteht [1].
Es ist bisher nicht möglich, Partikelkollektive zu generieren, die aus jeweils
elektrisch neutralen Partikeln bestehen. Bei der Neutralisierung elektrisch
geladener
Partikelkollektive
hängt
der
Grad
der
Neutralisierung
näherungsweise linear von der Anzahlkonzentration der mit dem Aerosol in
Kontakt gebrachten Ionen sowie der Kontaktzeit ab. Im günstigsten Fall erfolgt
die Neutralisation bis zum Gleichgewichtszustand, der Boltzmannverteilung.
Bisher stellt die unzureichende Kenntnis der Partikelladung, beispielsweise bei
der Prüfung von Filtermaterialien einen Unsicherheitsfaktor dar, weil der
Ladungszustand der Partikel den Abscheidegrad maßgeblich beeinflusst.
Wissenschaftliche Grundlagenuntersuchungen in Bezug auf Eigenschaften und
Verhalten von Aerosolen lassen sich sehr gut an Tropfenketten durchführen.
Diese stellen ein wohldefiniertes System mit monodispersem Tropfenspektrum
und fester Austrittsfrequenz dar, das ein ideales Bindeglied zwischen dem
isolierten Einzeltropfen und einem Spray darstellt. Zur Erzeugung von
Tropfenketten werden Schwingblendengeneratoren eingesetzt. Dabei wird eine
Flüssigkeit mit erhöhtem Druck durch eine kleine Blendenöffnung getrieben und
1
der austretende Strahl durch eine erzwungene Schwingung der Blende
gleichmäßig aufgebrochen, so dass sich eine Tropfenkette bildet. Darüber
hinaus können die Tropfen durch entsprechende Zuführung von Zusatzluft
dispergiert werden. Bei Verwendung von Lösungen entstehen nach Verdunsten
des
Lösemittels
feste
Partikel.
Das
technische
Einsatzgebiet
der
Schwingblendengeneratoren ist sehr begrenzt, da sich nur relativ geringe
Partikelanzahlkonzentrationen erzeugen lassen.
Grundsätzliches zur Tropfengenerierung mit einem Schwingblendengenerator
und seinen Betriebseigenschaften wurde 1973 von Berglund und Liu
veröffentlicht [2]. Sie nannten auch einen Wert für die elektrische Ladung von
Partikeln, die mit einem Schwingblendengenerator erzeugt wurden. Die
ermittelte Ladungszahl von im Mittel etwa 7300 Elementarladungen je Partikel
gilt jedoch nur für die dort verwendete Substanz und die verwendeten
Betriebsparameter.
Während Berglund und Liu die Neutralisierung der dispergierten Tropfen mit
einem radioaktiven Präparat untersuchten [2], wiesen Reischl et al. bereits
1977 auf die Möglichkeit hin, durch Anlegen eines elektrischen Feldes im
Bereich der Blendenöffnung den Ladungszustand der generierten Tropfen zu
beeinflussen [3]. Sie konnten für einen bestimmten Betriebspunkt des
Schwingblendengenerators
experimentell
eine
lineare
Abhängigkeit
der
Partikelladung von der angelegten Spannung nachweisen und entwickelten ein
einfaches physikalisches Modell zur Beschreibung der Tropfenladung als
Funktion der elektrischen und geometrischen Randbedingungen. Dabei
nahmen sie an, dass sich die Tropfenladung durch Addition einer durch den
Sprühvorgang hervorgerufenen Ladung sowie der durch die angelegte
Spannung influenzierten Ladung ergibt. Letztere wurde als direkt proportional
zur
angelegten
Spannung
und
zur
Länge
des
zusammenhängenden
austretenden Flüssigkeitsstrahls bis zum Tropfenabriss angenommen, da diese
die Lage des sich ablösenden Tropfens im elektrischen Feld bestimmt. Reischl
et al. konnten die Strahllänge jedoch nicht messen und beschränkten ihre
Versuche auf einen festen Betriebspunkt des Generators.
2
Es sind seitdem keine weitere Arbeiten bekannt geworden, die zusätzliche
Erkenntnisse diesem Thema liefern. 1995 wurde eine Untersuchung von
Vercoulen et al. [4] veröffentlicht, in der es um die Entwicklung einer induktiven
Messsonde zur Bestimmung von Partikelladungen geht. Die Experimente
wurden an Tropfenketten aus wässrigen Salzlösungen durchgeführt. Zur
Kalibrierung der relativen Messsignale bezogen sie sich auf den von Berglund
und Liu veröffentlichten Zahlenwert [2].
Ziel der
vorliegenden
Arbeit
ist
es,
aufbauend
auf
den
genannten
Erkenntnissen ein Verfahren zu entwickeln, mit dessen Hilfe die Erzeugung
elektrisch neutraler Tropfen oder von Tropfen mit definierter elektrischer
Ladung möglich ist, wobei es insbesondere das Verhalten bei unterschiedlichen
Betriebszuständen zu charakterisieren gilt.
Dem experimentellen Teil der Arbeit wird ein theoretischer Teil vorangestellt, in
dem anhand von Erkenntnissen aus der Literatur und eigenen Überlegungen
und Berechnungen eine Charakterisierung von Tropfenketten und eine
umfassende Beschreibung der Tropfeneigenschaften in Tropfenketten erfolgt.
Der Darstellung der Tropfenentstehung folgt eine Betrachtung der Verdunstung
und der Bewegung der Tropfen. Die Verdunstungskinetik und damit die
Tropfengrößenentwicklung ist wichtig als Grundlage für die Betrachtung der
Tropfenbewegung. Sie liefert auch die Basis für die Experimente zur Erzeugung
von Aerosolen mit Feststoffpartikeln durch Verdunstung einer dispergierten
Salzlösung, unter anderem bei der Auslegung der Trockenstrecke.
Die Untersuchungen zur Tropfengeschwindigkeit und den Tropfenabständen
dienen der Kenntnis über die Verweildauer der Tropfen innerhalb der bei den
Experimenten mikroskopisch betrachteten Strecke, liefern die erforderlichen
Daten für den konvektiven Stoff- und Wärmeübergang, zeigen die Grenzen der
Anwendbarkeit von Tropfenketten auf und finden bei der Berechnung der
Tropfenladung Verwendung.
3
Zur Durchführung der experimentellen
Arbeiten
wird
ein
modifizierter
Schwingblendengenerator eingesetzt, bei dem durch Anbringen einer der
Blende gegenüberliegenden Elektrode Tropfen mit definierter Ladung erzeugt
werden sollen. Mittels Videomikroskopie wird die Strahllänge bestimmt und mit
der gemessenen Tropfenladung korreliert. Zur Ladungsmessung werden zwei
unterschiedliche experimentelle Methoden eingesetzt.
In einer Anordnung wird die Ablenkung der Tropfen in einem Plattenkondensator
untersucht.
Die
Beobachtung
gibt
Aufschluss
über
die
Einheitlichkeit des Ladungszustands. Zur Berechnung der Tropfenladung aus
der gemessenen Ablenkung im Kondensator sind eingehende Kenntnisse über
den Zustand der Tropfenkette bei unterschiedlichen Betriebsbedingungen,
insbesondere Größe und Geschwindigkeit der Tropfen in Abhängigkeit von der
zurückgelegten
Wegstrecke
erforderlich.
Mit
Kenntnis
des
Geschwindigkeitsverlaufs im Kondensator und der gemessenen Ablenkung
kann die Tropfenladung bestimmt werden, sie wird jedoch von der am
Kondensator angelegten Spannung beeinflusst. Daher werden die Tropfen in
einem zweiten Experiment in einem Faraday-Cup aufgefangen, wobei die
Tropfenladung aus dem abfließenden Strom bestimmt wird. Diese Methode
liefert einen integralen Mittelwert der Tropfenladung. Im Fall einer einheitlichen
Tropfenladung kann so auf den Ladungszustand der einzelnen Partikeln
geschlossen werden.
Besonders wichtig ist es, die Abhängigkeit der Tropfenladung von den
Betriebsparametern (Blendengröße, Flüssigkeitsvolumenstrom, Anregungsfrequenz) des Generators zu bestimmen, da nur mit dieser Kenntnis ein
praktischer Einsatz sinnvoll möglich ist. Insbesondere das Wissen um die
empfindliche Abhängigkeit der Ladung von der Anregungsfrequenz stellt eine
Erweiterung des bisherigen Kenntnisstands dar. Grundsätzlich neu an den in
dieser Arbeit vorgestellten Experimenten ist auch, die Messung der Strahllänge
in Abhängigkeit von Volumenstrom und Frequenz. Um dies zu ermöglichen,
wird der Schwingblendengenerator so verändert, dass eine mikroskopische
4
Betrachtung des Flüssigkeitsaustritts an der Blende mit stroboskopischer
Belichtung möglich wird.
Die Untersuchungen am Schwingblendengenerator dienen als Grundlage für
weitergehende Verfahrensentwicklungen mit Techniken, die höhere Partikelanzahlkonzentrationen
ermöglichen.
So
finden
Aerosolgeneratoren
mit
Zweistoffdüse weite Verwendung, insbesondere zur Erzeugung von Feststoffpartikeln durch Zerstäuben von Salzlösungen, beispielsweise bei der
Partikelgeneration für Filterprüfungen. Abweichende elektrostatische Eigenschaften der Partikeln führen zu einem unterschiedlichen Abscheideverhalten,
so dass ein undefinierter Ladungszustand eines Testaerosols eine Unsicherheit
für die erzielten Ergebnisse bedeutet. Die mit dieser Arbeit angestrebte
Einstellung
des
Ladungszustands
der
Partikel
würde
eine
deutliche
Verbesserung der Reproduzierbarkeit von Messungen des Filterwirkungsgrades ermöglichen.
Abschließend werden deshalb erste Versuche zur Übertragung der gewonnen
Erkenntnisse auf die Verhältnisse an einer Zweistoffdüse durchgeführt, so dass
Aussagen über die technische Umsetzung und Verwertbarkeit der gewonnenen
Erkenntnisse getroffen werden können.
5
2 Tropfendynamik
2.1 Erzeugung und Merkmale von Tropfenketten
Eine Tropfenkette besteht aus einer Vielzahl in einer Linie dicht hintereinander
folgender Tropfen. Idealerweise handelt es sich um eine monodisperse,
äquidistante Tropfenkette. Das heißt, die Tropfen besitzen alle die gleich Größe
und den gleichen Abstand voneinander. Zur Beschreibung der Kinetik
verdunstender Tropfen in einer Tropfenkette sind folgende grundlegende
Eigenschaften hervorzuheben.
·
Die Tropfen besitzen eine relativ hohe Austrittsgeschwindigkeit aus dem
Schwingblendengenerator (10 - 20 m/s).
·
Sie folgen in sehr dichten Abständen aufeinander.
·
Sie werden aufgrund der Luftreibung abgebremst.
·
Durch Verdunstung verlieren die Tropfen an Masse und Volumen.
·
Die Verdunstung wird durch die dichte Aufeinanderfolge der Tropfen
behindert.
Dadurch unterscheidet sich dieser Vorgang von der Bewegung starrer Körper
konstanter Abmessung aber auch
von
dem
Verhalten
verdunstender
Einzeltropfen.
2.1.1 Aufbau und Funktionsweise des Schwingblendenaerosolgenerators
Zur Erzeugung einer monodispersen, äquidistanten Tropfenketten eignet sich
ein Schwingblendengenerator (Abb. 2.1) [2], [5]. Dabei wird eine Flüssigkeit mit
erhöhtem Druck durch eine kleine Blendenöffnung getrieben und der
austretende
Strahl
durch
eine
erzwungene
Schwingung
gleichmäßig
aufgebrochen. Die Schwingung wird durch eine mittels Frequenzgenerator
angeregte Piezokeramik erzeugt.
6
Signaleingang
Lösungszufuhr
D0
Schwingende
Blende
Einschnürung
l
Piezokeramik
Tropfenkette
DP
Abb. 2.1:
Skizze eines Schwingblendengenerators
Die periodische Störung des Strahls führt zum Tropfenabriss, wenn die
Amplitude ausreichend groß ist und die Frequenz bzw. Wellenlänge eine
Einschnürung des Strahls verursacht, die zu einer Oberflächenverkleinerung
führt. Ist die Wellenlänge zu klein, würde eine Einschnürung zu einer Oberflächenvergrößerung führen und ist damit nicht stabil.
Der Generator bestehend aus Schwingblendenkopf (siehe Abb. 2.2), Frequenzgenerator und Druckvorlagebehälter mit Membranfilter ist in VDI 3491 Blatt 13
beschrieben. Abweichend von der dort genannten Methode zur Flüssigkeitsaufgabe
mittels
mechanischer
Dosierspritze,
bei
der
es
durch
die
Kolbenreibung zu kleinen Schwankungen des Volumenstroms kommt, wird
gemäß einer Empfehlung von Lin und Campillo [6] der Flüssigkeitsstrom durch
einen von außen aufgeprägten konstanten Gasdruck eingestellt. Die Anregung
des Piezokristalls mit einem Rechtecksignal anstelle eines Sinussignals bewirkt
ein schärferes Trennen des austretenden Strahls.
7
Abb. 2.2:
Schwingblendengenerator mit Dispergierkappe
Abb. 2.3:
Schwingblendengenerator mit innen liegender
Piezokeramik
Die Piezokeramik, mit der die Anregung des Flüssigkeitsstrahls und der
gewünschte Strahlzerfall bewirkt werden, kann auch weiter innen liegend
angebracht werden (Abb. 2.3). Gegenüber der ursprünglichen Anordnung bietet
das den Vorteil, dass im Bereich um den Strahlaustritt mehr Raum für
Beobachtungsinstrumente vorhanden ist. Dies ist unter anderem wichtig bei der
mikroskopischen Beobachtung der Tropfenentstehung. In anderen Anwendungen steht der Vorteil einer besseren Umströmung des Blendenkopfes im
Vordergrund.
Die Schwingung der Piezokeramik ruft eine Schallwelle hervor, die sich auf den
Flüssigkeitsstrahl überträgt. Wesentlich für die Einschnürung des Flüssigkeitsstrahls, die zur gleichmäßigen Tropfenbildung führt, ist die dadurch bewirkte
Druckschwankung und die damit verbundene periodische Geschwindigkeitsänderung der Flüssigkeitssäule im Blendenaustritt.
2.1.2 Beobachtungsmethode
Wesentliche Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen Tropfenentstehung und Tropfenladung lassen sich durch mikroskopische Beobachtung
des austretenden Flüssigkeitsstrahls gewinnen. Wie in anderen Arbeiten
bereits erwähnt, eignen sich fotografische oder holografische Methoden
8
aufgrund mangelnden Auflösungsvermögens jedoch nicht zur Bestimmung der
Radienabnahme in der Tropfenkette (z. B. [6]). In der hier vorliegenden Arbeit
wird durch Videomikroskopie und Mikrofotografie der Abrissort der Tropfen
bestimmt und die Ausbildung von Satellitentropfen untersucht. Die gemessene
Strahllänge – der Länge des austretenden Flüssigkeitsstrahls von der
Blendenöffnung bis zum Ort des Tropfenabrisses – lässt sich mit der
gemessenen Tropfenladung korrelieren. Ebenso wird die Auslenkung der
Tropfenkette im Plattenkondensator mittels Videomikroskopie quantitativ
untersucht.
Die Anordnung von Aerosolgenerator und optischen Komponenten, bei der die
Tropfenkette unter dem Objektiv des Mikroskops (Olympus BH-2-UMA)
durchgeführt wird und die eine Positionierung der Blende relativ zum Objektiv
ermöglicht, ist in Abb. 2.4 zu sehen.
Um den Austritt des Flüssigkeitsstrahls aus der Blende beobachten zu können
wird ein gemäß Abb. 2.3 gestalteter Schwingblendenkopf verwendet und ein
Objektiv mit großem Arbeitsabstand (Olympus LMPLFL20x/0.40 mit 12 mm
Arbeitsabstand). Dadurch kann der Schwingblendenkopf so weit unter das
Objektiv gefahren werden, dass der Flüssigkeitsstrahl am Blendenaustritt in der
Brennebene liegt (Abb. 2.5).
Die Bilderfassung erfolgt durch eine auf das Lichtmikroskop aufgesetzte CCDKamera. Zur stroboskopischen Belichtung wird eine lichtstarke Leuchtdiode
verwendet, die mit gleicher Frequenz wie der Tropfengenerator betrieben wird.
Problematisch bei der stroboskopischen Belichtung ist einerseits, dass die
Lichtstärke bei Verkürzung der Impulsdauer stark abnimmt, und andererseits,
dass kleine örtliche Schwankungen der Tropfenkette zu unscharfen stehenden
Bildern führen, was die Größenanalyse erschwert. Im Fall homogener
Tropfenketten bietet diese Methode jedoch eindeutige Vorteile gegenüber der
nachfolgend beschriebenen Einzelbildmethode, da die Tropfenkette über einen
längeren
Zeitraum
kontinuierlich
beobachtet
9
werden
können
und
die
Phasenverschiebung des Beobachtungszeitpunktes gegenüber der Anregungsfrequenz mit einem entsprechenden Phasenschieber eingestellt werden kann.
Abb. 2.4:
Skizze des Versuchsstands zur Videomikroskopie
Abb. 2.5:
Mikroskopische Beobachtung des
stroboskopischer Belichtung (lichtstarke Diode)
10
Strahlaustritts
mit
Der Einsatz einer Funkenentladungs-Blitzlampe (Nanolite, HSPS High-Speed
Photo-Systeme, Wedel) ermöglicht durch eine äußerst kurze Belichtungszeit
(20 ns) bei ausreichender Lichtstärke die Aufnahme einzelner Tropfen der
Tropfenkette als Momentaufnahme. Ein Vorteil der Fotografie einzelner Partikel
im Gegensatz zum stehenden Bild liegt darin, dass keine Überlagerung der
Bilder mehrerer aufeinander folgender Partikeln stattfindet. Dies ist bei der
Untersuchung ungleichmäßig geformter Partikel wichtig, da nur so eindeutige
Aussagen über die Partikelform möglich werden.
Der
gesamte
Versuchsaufbau
ist
auf
einem
schwingungsgedämpften
Labortisch aufgebaut. Zur Positionierung des Blendenkopfes kommt ein
separater in drei Achsen motorisch positionierbarer Scanningtisch zum Einsatz.
Anhand der Schrittweite des Scanningtisches und der Fluggeschwindigkeit der
Tropfen lässt sich eine zeitliche Auflösung in der Größenordnung von unter
100 µs bestimmen.
Die von der CCD-Kamera aufgenommenen digitalen Bilder werden entweder
direkt am Monitor ausgewertet oder mit einem üblichen Bildauswerteprogramm
(ImageTool, The University of Texas Health Science Center, San Antonio)
analysiert. Dazu werden die Bilder zunächst in Graustufen, dann als Binärdatei
umgewandelt, anschließend eine Randerkennung vorgenommen und die
Objekte vermessen. Die Skalierung auf Längeneinheiten erfolgt durch
Aufnahme und Vermessung eines Referenzbildes mit den jeweils verwendeten
Vergrößerungen.
2.1.3 Strahleinschnürung und Tropfenabriss
Der austretende Strahl wird durch die Schwingung des Generatorkopfes
periodisch eingeschnürt, bis die Oberfläche zwischen den Verdickungen des
Strahls sich schließt und einen neu gebildeten Tropfen abschnürt. Der Ort der
Tropfenabtrennung ist abhängig von der Anregungsfrequenz, der Amplitude der
Schwingung und der Austrittsgeschwindigkeit des Strahls.
11
Bereits im 19. Jahrhundert wurden intensive Untersuchungen an Tropfenketten
durchgeführt. Plateau und Lord Rayleigh beobachteten den Zerfall von aus
einem Behälter austretenden Wasserstrahlen. Rayleigh verwendete dazu unter
anderem eine stroboskopische Beleuchtung und betrachtete die dabei
entstehenden stehenden Bilder. Die meisten aktuellen Veröffentlichungen über
den Strahlzerfall zitieren die Beobachtungen und die mathematischen
Beschreibungen Rayleighs, die er in den Proceedings of the Royal Society of
London veröffentlichte [8, 9].
Einen umfassenden Überblick über den Stand der Forschung in Bezug auf
Strahlzerfall und Tropfenbildung findet man bei Eggers [10].
Ausgehend von einem zylinderförmigen Strahl, der mit einer äußeren Störung
beaufschlagt wird, werden Veränderungen der Strahloberfläche beobachtet, die
je nach Eigenschaften der Störung zu Einschnürungen bis zur Bildung
einzelner Tropfen führen. Wesentlich für die Strahlstabilität ist dabei, ob die
Veränderung
der
Oberfläche
zu
einer
Oberflächenverkleinerung
oder
-vergrößerung führt. Es kann beobachtet werden, dass der Strahl eine gewisse
Wegstrecke mit nur geringer Einschnürung zurücklegt und die periodischen
Einschnürungen mit wachsendem Abstand von der Blende ausgeprägter sind
bis hin zur vollständigen Zerteilung des Strahls wie in Abb. 2.6 anhand eigener
Aufnahmen dargestellt.
Abb. 2.6:
Kombination von 4 Aufnahmen an verschiedenen Positionen
der Tropfenkette (nicht zeitgleich aufgenommen)
Folgende Faktoren üben Einfluss auf die Tropfenbildung aus:
12
1. der Durchmesser der Blendenöffnung
2. der Vordruck
3. die Anregungsfrequenz der Piezokeramik
4. die Amplitude der an der Piezokeramik angelegten Wechselspannung.
Durch Variation der Parameter Blendendurchmesser und Vordruck kann der
Volumenstrom auf einen gewünschten Wert eingestellt werden. Dabei muss ein
Mindestdruck
aufgebracht
werden,
um
die
Oberflächenspannung
der
eingesetzten Flüssigkeit zu überwinden. Daraus ergibt sich eine Mindestaustrittsgeschwindigkeit, die von der eingesetzten Flüssigkeit und dem
Blendendurchmesser abhängt.
v min =
8s
rd Bl
Gl. 2-1
Der Einfluss der Frequenz auf den Strahlzerfall wird in Abb. 2.8 deutlich.
Dargestellt sind Fotos des aus der Blende austretenden Flüssigkeitsstrahls
bzw. der entstehenden Tropfenkette bei Variation der Anregungsfrequenz f und
sonst gleichen Parametern. Während bei einer Frequenz von 120 kHz kaum
eine Abweichung des Strahls von der Zylinderform zu erkennen ist, sind bei
150 kHz an gleicher Position bereits separate Tropfen sichtbar. Auch ist in der
dargestellten Bildreihe das Auftreten und Verschwinden von Satellitentropfen
gut sichtbar. Nach Rayleigh [8] ist die optimale Wellenlänge diejenige, bei der
die auf den Strahl aufgeprägt Störung sich am besten fortpflanzt. Aus der
Theorie der linearen Stabilität bei kleinen Störungen lässt sich die optimale
Wellenlänge zu lopt = 4,508 dBl ermitteln. Die minimale Wellenlänge stellt die
Grenze zu dem Wellenlängenbereich dar, bei dem eine Einschnürung zu einer
Oberflächenvergrößerung führen würde. Störungen durch kleinere Wellenlängen (bzw. größeren Frequenzen) sind nicht stabil. Nach Plateau ist dies
13
lmin = p dBl. Schneider und Hendricks ermittelten einen nutzbaren Wellenlängenbereich von 3,5 < l/dBl < 7 [5].
Des weiteren spielt die Amplitude der angelegten Wechselspannung eine
wichtige Rolle bei der Tropfenentstehung, denn die Auslenkung der
Piezokeramik ist von der Spannung abhängig. Bei zu geringer Spannung wird
der austretende Flüssigkeitsstrahl nicht stark genug gestört, um zu einer
Einschnürung und zu einem Tropfenabriss zu führen (Abb. 2.7).
DBl = 20 µm, p = 3 bar, Abstand von der Blende x = 1 mm
f = 150 kHz; l/dBl = 6,7; U = 10 V
f = 150 kHz; l/dBl = 6,7: U = 5 V
f = 150 kHz; l/dBl = 6,7; U = 2,5 V
f = 150 kHz; l/dBl = 6,7; U = 1 V
Abb. 2.7:
Unterschiedliche Einschnürung des Flüssigkeitsstahls bei
Variation der Anregungsamplitude (Spannungsamplitude U an der
Piezokeramik)
14
DBl = 20 µm, p = 3 bar, v = 20 m/s, U = 10 V, Abstand von der Blende x = 1 mm
f = 120 kHz
f = 200 kHz
l/dBl = 8,3
l/dBl = 5,0
f = 150 kHz
f = 230 kHz
l/dBl = 6,7
l/dBl = 4,3
f = 160 kHz
f = 240 kHz
l/dBl = 6,3
l/dBl = 4,2
f = 170 kHz
f = 250 kHz
l/dBl = 5,9
l/dBl = 4,0
f = 180 kHz
f = 260 kHz
l/dBl = 5,6
l/dBl = 3,8
Abb. 2.8:
Flüssigkeitsstahl und Tropfenentstehung bei Variation der
Anregungsfrequenz
15
2.1.4 Tropfengrößen
Die mit einem Schwingblendengenerator erzeugbaren Tropfengrößen sind von
der Blendengröße, dem Flüssigkeitsvolumenstrom und der Frequenz abhängig.
Da (innerhalb eines bestimmten Frequenzbereichs) bei jeder Schwingung der
Piezokeramik genau ein Tropfen entsteht, ist die Tropfenfrequenz gleich der
Anregungsfrequenz. Tropfengröße und Tropfenabstand lassen sich daher
durch
die
Auswahl
der
Frequenz
steuern.
Ein
Vergleich
zwischen
Strahlabmessung und Tropfenvolumen führt zu folgender Beziehung zwischen
dem Tropfendurchmesser dTr und dem Volumenstrom V&sowie der Frequenz f
d Tr = 3
6 V&
p f
Gl. 2-2
oder unabhängig von Volumenstrom und Frequenz als Funktion der
Wellenlänge und des Blendendurchmessers
d Tr = 3
3 2
ld Bl .
2
Gl. 2-3
120
l min
100
l opt
DTr / µm
80
lmax
60
40
20
0
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
DBl / µm
Abb. 2.9:
Tropfendurchmesser (DTr) in Abhängigkeit vom Blendendurchmesser (DBl) und der Wellenlänge l der Anregungsfrequenz
16
In Abb. 2.9 ist der Tropfendurchmesser in Abhängigkeit vom Blendendurchmesser mit der Wellenlänge als Parameter aufgetragen. Der Bereich
zwischen lmin und lmax ist der nutzbare Wellenlängebereich. Dabei stellt lopt die
optimale Wellenlänge für den Rayleighschen Strahlzerfall dar. In dieser Arbeit
werden die im Diagramm eingetragenen Blendendurchmesser verwendet.
2.1.5 Austrittsgeschwindigkeit und Volumenstrom
Durch Sammlung der Tropfen in einem Auffanggefäß wird das Flüssigkeitsvolumen in einem Zeitintervall und damit der Volumenstrom bestimmt. Eine
Division des Volumenstroms durch die Fläche der Blendenöffnung ergibt die
Austrittsgeschwindigkeit. Ergebnisse für Wasser bei einem Blendendurchmesser von 40 µm sind in Abb. 2.11 mit kreisförmigen Symbolen dargestellt.
Der Kurvenverlauf gibt die Abhängigkeit der Austrittsgeschwindigkeit vom Druck
p wieder, der auf die Flüssigkeitsoberfläche des Vorratsbehälters aufgebracht
wird.
Die Austrittsgeschwindigkeit kann auch anhand der Einschnürung des austretenden Flüssigkeitsstrahls bestimmt werden (Abb. 2.10). Die Einschnürung
des Strahls hinter der Blendenöffnung wird anhand der Momentaufnahmen
vermessen. Die Wellenlänge der Strahldeformation ist das Produkt aus der
Anregungsfrequenz der Blende und der Ausbreitungsgeschwindigkeit der
Welle. Näherungsweise wird die Austrittsgeschwindigkeit des Flüssigkeitsstrahls mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit der Oberflächenwelle gleichgesetzt. Da die Frequenz vorgegeben wird, kann die Geschwindigkeit ermittelt
werden. Der austretende Volumenstrom ist das Produkt aus Geschwindigkeit
und Querschnittsfläche der Blendenöffnung.
Die bei einem Blendendurchmesser von 40 µm und zwei unterschiedlichen
Anregungsfrequenzen ermittelten Werte sind ebenfalls in Abb. 2.11 dargestellt,
wobei sich die Unabhängigkeit von der Frequenz bestätigt. Die Ergebnisse
liegen etwas höher (10-12%) als die durch die Massen- bzw. Volumenmessung
bestimmten Daten. Die Diskrepanz zwischen den beiden Kurven kann durch
17
Spritz- und Verdunstungsverluste beim Auffangen der Flüssigkeit sowie
Ungenauigkeiten bei der Bestimmung der Wellenlänge erklärt werden.
Zusätzlich
ist
zum
Vergleich
die
theoretische
Austrittsgeschwindigkeit
eingetragen, die sich aus dem Ansatz von Bernoulli für reibungsfreie Strömung
ergibt. Erwartungsgemäß ergibt dieser Ansatz bei gleichem Verlauf jeweils
höhere Werte.
Abb. 2.10: Bestimmung der Wellenlänge bei zwei unterschiedlichen
Anregungsfrequenzen und sonst gleichen Parametern
DBl = 40 µm
30
25
v / m/s
20
15
Messung 90 kHz
10
Messung 150 kHz
aus Massendifferenzen
5
nach Bernoulli
0
0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5
4
4,5
p / bar
Abb. 2.11: Durch unterschiedliche Methoden bestimmte Austrittsgeschwindigkeit (v) in Abhängigkeit vom Blendenvordruck p bei einem
Blendendurchmesser von 40 µm
18
2.2 Verdunstung von Tropfen
In der Literatur finden sich bereits mehrere Studien zur Verdunstung von
Tropfen, wobei Untersuchungen an levitierten Einzeltropfen durchgeführt
wurden und Konvektion und Tropfen-Tropfen-Wechselwirkung prinzipbedingt
unberücksichtigt blieben. Es wurden Experimente mit unterschiedlichen
Einstoffsystemen, binäre Tropfen und Multikomponententropfen durchgeführt
(z. B. [11] - [13]). Lediglich für relativ große Tropfendurchmesser von ca. 2 mm
haben Seaver et al. [14] durch Anströmen des levitierten Tropfens den Einfluss
der Konvektion experimentell untersucht.
Zur Berechnung der Verdunstungskinetik isolierter Einzeltropfen aus einer oder
zwei Komponenten sind verschiedene Modelle aufgestellt worden, mit denen
der Stofftransport beschrieben werden kann. Prinzipiell basieren diese Modelle
alle auf den Grundgleichungen der Massen- und Energieerhaltung, wobei
unterschiedliche vereinfachende Annahmen zugrunde liegen. Im stationären,
isothermen Fall lässt sich die zeitliche Änderung des Radius eines
verdunstenden homogenen Tropfens durch einen linearen Verlauf des
Radienquadrats über der Zeit darstellen. Im Bereich kleiner Tropfen mit einem
Durchmesser unter etwa 0,1 µm wird die Verdunstung zusätzlich durch den
Kelvin-Effekt beschleunigt.
Wenn bei hoher Verdunstungsrate die für den Phasenwechsel aufzubringende
Energie zu einer signifikanten Abkühlung des Tropfens führt, können isotherme
Verhältnisse nicht mehr vorausgesetzt werden und die Temperaturabhängigkeit
der Stoffwerte ist zu berücksichtigen. Kulmala und Vesala [15] haben ein
erweitertes Einzeltropfenmodell aufgestellt und am Beispiel kondensierender
Wassertropfen
gezeigt,
welchen
Einfluss
die
temperaturabhängigen Diffusionskoeffizienten hat,
Berücksichtigung
sowie
den
eines
jeweiligen
Einfluss von Stefan-Fluss, Thermodiffusion und Dufour-Effekt auf den
berechneten Massenstrom untersucht. Sie haben festgestellt, dass bei einer
Temperaturdifferenz zwischen Tropfenoberfläche und umgebendem Fluid von
mehr als 20 K die Temperaturabhängigkeit des Diffusionskoeffizienten einen
deutlichen Einfluss auf die Kinetik ausübt.
19
Schirrmann und Brauer [16] haben einen Überblick über die verschiedenen
Ansätze zur Beschreibung der stationären und instationären Verdunstung eines
Reinstofftropfens und der Diffusion eines binären Gemischs aus einer Kugel mit
konstantem Volumen gegeben und dann ein Modell zur Beschreibung der
instationären Verdunstung eines binären Tropfens unter Berücksichtigung des
inneren Stofftransportwiderstandes entwickelt. Dabei haben sie ein einzelnes
Partikel in unendlich ausgedehnter, kontinuierlicher Umgebung betrachtet, die
als ruhend angenommen wurde.
Wie Devarakonda et al. [17] zeigen konnten, wird in einer Tropfenkette die
Verdunstungsrate der Flüssigkeitstropfen durch den geringen Abstand der
Tropfen und die damit verbundene gegenseitige Beeinflussung deutlich
verringert. Die Autoren wiesen dieses Phänomen am Beispiel Ethanol durch
elastische Lichtstreuung und Raman-Streuung an einer Tropfenkette, die durch
einen Schwingblendengenerator mit 10 µm Blendendurchmesser erzeugt
wurde, experimentell nach. Die im Versuch bestimmte Verdunstungsrate betrug
nur etwa 35 % des Wertes, der für isolierte Einzeltropfen berechnet wurde.
Eine theoretische Beschreibung der Wechselwirkungen in der Tropfenkette
wurde nicht vorgenommen.
Anders [7] betrachtete die instationäre Verdunstung in der Tropfenkette
ebenfalls für eine reine Komponente (Ethanol bzw. Propanol-2). Er verwendete
laserspektroskopische Methoden zur Bestimmung der Tropfengröße und
-geschwindigkeit und modellierte den Prozess unter Berücksichtigung der
konvektiven Anteile für Wärme- und Stoffübergang. Wechselwirkungen
zwischen den Tropfen berücksichtigte er in seinem Modell nicht. Abweichungen
zwischen Rechenergebnissen und experimentell ermittelten Daten, die er auf
diesen Effekt zurückführt, machen sich hauptsächlich in der Anfangsphase des
Prozesses bemerkbar.
Moritz [18], [19] berichtet über ramanspektroskopische Messungen der
Desorption von Acetylen aus Acetontropfen und der Absorption von
Schwefeldioxid in Wassertropfen, wobei erstmals die Gaskonzentration
20
zwischen Tropfen einer Tropfenkette gemessen wurde. Die lokale Sättigung der
Tropfenzwischenräume und der Umgebung der Tropfenkette führt zu einer
verminderten Verdunstungsrate gegenüber Einzeltropfen oder Aerosolen mit
deutlich größerem Tropfenabstand.
Im Rahmen der hier vorgestellten Untersuchungen werden die folgenden
Betrachtungen in Bezug auf die Tropfenverdunstung angestellt.
-
Vergleich
der
isothermen
und
nicht-isothermen
Verdunstungs-
berechnung und ihre Anwendbarkeit auf die Verhältnisse in der
Tropfenkette
-
Betrachtung der Wechselwirkungen zwischen Nachbartropfen in der
Tropfenkette und Möglichkeiten der Modellbildung
-
Verdunstung
von
Tropfen
aus
Salzlösungen
und
Bildung
von
Feststoffpartikeln durch Trocknung
Die Bedeutung dieser Themen liegt in erster Linie im Bereich der Generierung
von Feststoffpartikeln, hier vor allem bei der Auslegung der erforderlichen
Trockenstrecke.
Darüber
hinaus
können
grundsätzliche
Aussagen
zur
Bedeutung der Tropfenverdunstung auf die Tropfendynamik gewonnen werden.
2.2.1 Isotherme und nicht isotherme Verdunstung von Einzeltropfen
Eine isotherme Verdunstung stellt dann eine gute Näherung dar, wenn der für
den Phasenwechsel benötigte Wärmestrom so gering ist, dass keine
signifikante Temperaturabsenkung des Tropfens und der näheren Umgebung
erfolgt.
Die zeitliche Veränderung des Partikeldurchmessers wird durch die bekannte
Gleichung beschrieben, die aus dem 1. Fickschen Gesetz hergeleitet wird [1].
d( d P ) 4 D AB M m
=
dt
Rr P d P
æ pu p d ,P
çç
TP
è Tu
21
ö
÷÷
ø
Gl. 2-4
Wenn die einzusetzenden Stoffwerte und Umgebungsbedingungen konstant
bleiben, ergibt sich ein linearer Verlauf des Durchmesserquadrats.
d P2 = d P2 ,0 -
8D AB M m
Rr P
æ pd ,P pu ö
çç
÷ × (t - t 0 )
Tu ÷ø
è TP
Gl. 2-5
Der zeitliche Verlauf des Tropfenradius ist als Radienquadrat über der Zeit für
einen verdunstenden Wassertropfen in Abb. 2.12 dargestellt. Die Abhängigkeit
vom Umgebungspartialdruck zeigt sich in der Steigung der entsprechenden
Geraden.
Wassertropfen, r0=15 µm
250
200
r² / µm²
phi = 0,9
phi = 0,60
150
phi = 0,40
100
phi = 0,20
phi = 0
50
0
0,00
0,20
0,40
0,60
0,80
1,00
t/s
Abb. 2.12: Stationäre Tropfenverdunstung: Zeitliche Radienabnahme
eines Wassertropfens bei Variation der Umgebungsfeuchte
Eine größere Verdunstungsrate führt zu einer Temperaturabsenkung des
Tropfens, die dann den Dampfdruck an der Tropfenoberfläche herabsetzt und
so zu einer Verringerung der Verdunstungsrate führt. Ein stationäres
Gleichgewicht ergibt sich, wenn die aus der Umgebung zugeführte Wärme
gleich der für die Verdunstung benötigten Wärmemenge ist (Kühlgrenztemperatur). Die Differenz der Temperatur des abgekühlten Tropfens
gegenüber der Umgebungstemperatur hängt von der Umgebungstemperatur
und dem Sättigungszustand der Umgebung ab. Für Wassertropfen ist dieser
Zusammenhang in Abb. 2.13 dargestellt. Die Lebensdauer des Tropfens wird
durch die Temperaturabsenkung verlängert.
22
15
10
(Td - Tu) / K
5
0
TU in °C
-5
0
-10
10
-15
20
-20
30
-25
40
-30
0
0,5
1
1,5
2
SR
Abb. 2.13: Temperaturabsenkung verdunstender Wassertropfen in
Abhängigkeit von Temperatur und Wasserdampfsättigung der Umgebung
In Bezug auf Verhältnisse in einer Tropfenkette ist nicht nur die stationäre
Verdunstung nach Erreichen der Kühlgrenztemperatur sondern insbesondere
der instationäre Anfangszustand von Bedeutung. Die zur Beobachtung der
Tropfen in der Tropfenkette zur Verfügung stehende Zeit beträgt etwa 10 ms.
Wie in Abb. 2.14 gezeigt wird, kühlt sich während dieser Zeit ein verdunstender
Wassertropfen bis auf die Kühlgrenztemperatur ab. In diesem Beispiel wurde
mit einer geringen Umgebungsfeuchte (Fu = 0,02) gerechnet.
23
0,001
0,002
0,003
0,004
0,005
0,006
0,007
0,008
0,009
0,01
20,00
291
18,00
289
16,00
287
14,00
285
12,00
283
10,00
281
T / °C
T/K
0
293
8,00
Tu=308K
Tu=303K
Tu=298K
Tu=293K
Tu=288K
279
277
275
6,00
4,00
2,00
273
0
0,001
0,002
0,003
0,004
0,005
0,006
0,007
0,008
0,009
0,00
0,01
t/s
Abb. 2.14: Zeitlicher Verlauf der mittleren Temperatur eines verdunstenden Wassertropfens bei unterschiedlicher Umgebungstemperatur
(fu=0,02)
0,001
0,002
0,003
0,004
0,005
0,006
0,007
0,008
0,009
0,01
10
9,9
9,9
9,8
9,8
Tu=308K
Tu=303K
Tu=298K
Tu=293K
Tu=288K
9,7
9,7
9,6
0
0,001
0,002
r / µm
r / µm
0
10
0,003
0,004
0,005
0,006
0,007
0,008
0,009
9,6
0,01
t/s
Abb. 2.15: Radienabnahme eines verdunstenden Wassertropfens bei
unterschiedlicher Umgebungstemperatur
In Abb. 2.15 ist die Radienabnahme eines verdunstenden Wassertropfens bei
Berücksichtigung der instationären Temperaturabsenkung (Abb. 2.14) und
damit verbundenen Absenkung des Dampfdrucks dargestellt. Während der
24
ersten 10 ms nimmt der Radius eines Tropfens mit einem Anfangsdurchmesser
von 10 µm nur um ca. 2 % ab. Der Einfluss der Umgebungstemperatur als
Parameter der Kurvenschar ist ersichtlich. Die Temperaturabsenkung und
damit verbundene Erniedrigung des Dampfdrucks führt zu einer deutlichen
Reduktion der Verdunstungsrate.
Um die gekoppelte Wärme- und Stoffbilanz zeitgleich auszuwerten, wird ein
numerisches Berechnungsverfahren eingesetzt, wobei die Masseänderung und
die Temperaturänderung des Tropfens nach diskreten Zeitintervallen Dt
ermittelt werden. Die zur Berechnung erforderlichen Stoffwerte können für
jeden neuen Zeitschritt mit der aktuellen Temperatur ermittelt werden.
2.2.2 Stoffbilanz
Die
zeitliche
Entwicklung
des
Tropfenradius
kann
als
Funktion
des
Radienquadrats folgendermaßen dargestellt werden:
Dg M A p s (T )
¶r 2
= Sh
(1 - j u )
¶t
r Tr RTTr
Gl. 2-6
Die Lösung dieser Differentialgleichung erfolgt numerisch mittels Differenzenverfahren oder Runge-Kutta-Verfahren, wobei nach jeweils einem Zeitintervall
Dt die Änderung des Radienquadrats Dr², die Massendifferenz Dm sowie die
Temperaturänderung DT bestimmt werden.
Durch Umformen erhält man die im Zeitschritt Dt erfolgte Radienänderung
Dr ² = Sh
Dg M A p s (T )
r Tr RTTr
(1 - j u )Dt
Gl. 2-7
und die dadurch bewirkte Verminderung der Tropfenmasse
DmTr = r Tr A Dr = rTr 4p r ² Sh
Dg M A ps (T )
(1 - j u )Dt .
rTr RTTr
25
Gl. 2-8
Die Sherwoodzahl Sh wird anhand einer empirischen Formel für den
Stoffübergang an einer Kugel [20] berechnet.
Sh = 2 + Shl2 + Sht2
Gl. 2-9
Shl = 0,644 Re 3 Sc
Gl. 2-10
0,037 Re 0,8 Sc
.
1 + 2,443 Re -0,1 ( Sc 2 / 3 - 1)
Gl. 2-11
Dabei sind
und
Sht =
In dem Fall, dass nicht eine reine Flüssigkeit sondern eine Salzlösung
verdunstet, ist für die durch den Salzanteil hervorgerufene Dampfdruckabsenkung eine Korrektur vorzunehmen. Dies geschieht durch einen
korrigierten Dampfdruck. Da bei Salzlösungen kein ideales System (ideale
Gasphase und ideale Lösung in der Flüssigkeit) angenommen werden kann,
läßt sich die Korrektur nicht mit dem einfachen Ansatz nach Raoult bestimmen.
Statt dessen wird folgender Ansatz [1] gewählt
æ
6im Salz M Salz
p s = p s , 0 ç1 +
ç
M H 2O r H 2O p d P3
è
ö
÷
÷
ø
-1
,
Gl. 2-12
in dem M für die molare Masse des gelösten Salzes und des Lösemittels steht
und i für die Anzahl der Ionen, die bei der Dissoziation aus jedem Salzmolekül
entstehen (z.B. 2 bei NaCl oder KCl).
Für Partikeldurchmesser unter 1 µm wird der Dampfdruck außerdem
entsprechend der Fuchs-Korrektur und unterhalb von 0,1 µm zusätzlich
entsprechend der Kelvin-Korrektur angepasst. Beide Korrekturen führen zu
einer Dampfdruckerhöhung, die der Dampfdruckerniedrigung durch gelöste
Salze entgegenwirkt.
26
2.2.3 Wärmebilanz
Die vom Tropfen auf die Umgebung übergehende Wärmemenge setzt sich aus
dem konvektiven Wärmeübergang und dem Wärmeübergang durch Leitung
zusammen. Beide Anteile werden mit der mittleren Nusseltzahl berücksichtigt.
Der Strahlungsanteil kann hier vernachlässigt werden. Darüber hinaus wird
dem Tropfen durch Verdunstung Wärme entzogen.
q&= q&K + q&V
Gl. 2-13
Dabei ist q&V der zur Verdunstung des in die Dampfphase übergehenden
Massenstroms erforderliche Wärmemenge.
q&V = m&Tr DhV
Gl. 2-14
und q&K der durch Konvektion hervorgerufene Wärmestrom.
q&K = a A (Tu - TTr ) mit a =
Nu l
2r
Gl. 2-15
Dabei wird die Nusseltzahl anhand empirischer Formeln bestimmt [20].
Nu = 2 + Nu l2 + Nu t2
Gl. 2-16
Nu l = 0,644 Re 3 Pr
Gl. 2-17
0,037 Re 0,8 Pr
Nu t =
.
1 + 2,443 Re - 0,1 (Pr 2 / 3 - 1)
Gl. 2-18
und
Die im Zeitschritt Dt übertragene Wärmemenge ist entsprechend
Dq = a A (Tu - TTr )Dt + DmTr DhV .
Gl. 2-19
Die Temperaturänderung des Tropfens aufgrund des Wärmeübergangs lässt
sich daraus zu
27
DTTr =
ermitteln,
wobei
dieser
Dq
mTr c p
Ausdruck
in
Gl. 2-20
guter
Näherung
mit
konstanter
Tropfenmasse im Zeitintervall Dt berechnet wird.
2.2.4 Verdunstung in der Tropfenkette
Durch die Wechselwirkungen in der Tropfenkette wird die Verdunstung
verzögert. Bei Umgebungstemperatur findet innerhalb der Kohärenzlänge quasi
keine Radienabnahme statt.
1. Die lokale Sättigung in unmittelbarer Umgebung der Tropfenkette führt zu
einer Absenkung der Verdunstungsrate auf bis zu 1/10 der Verdunstungsrate eines isolierten Einzeltropfens.
2. Flüssigkeitstropfen mit einem hohen Dampfdruck verlieren in den ersten
Mikrosekunden so viel Wärme, dass ihre Verdunstung bei Kühlgrenztemperatur auf niedrigem Niveau stagniert.
Eine signifikante Verdunstungsrate in einer Tropfenkette kann durch eine
ausreichend hohe Wärmezufuhr erreicht werden. Dies wurde beispielsweise
von Anders et al. [21] experimentell durchgeführt. Ziel war die Untersuchung
brennender Tropfen, wobei als Voruntersuchung die Verdunstung bei
Siedetemperatur ohne chemische Reaktion betrachtet wurde.
In Tropfenkollektiven beeinflussen sich die Tropfen gegenseitig. So kann in
Tropfenschwärmen die Umgebung durch den verdunstenden Dampfmassenstrom so angereichert werden, dass eine Betrachtung als isolierte Einzeltropfen
nicht mehr zulässig ist. Insbesondere bei dicht benachbarte Tropfen ist die
Wechselwirkung von großer Bedeutung. Bei Tropfenketten folgen die Tropfen
zwar nur in einer Linie aufeinander, jedoch sind die Abstände zwischen den
Tropfen so gering, dass eine gegenseitige Behinderung der Verdunstung durch
benachbarte Tropfen berücksichtigt werden muss. Aufgrund der stets gleichen
Flugbahn erfolgt mit der Zeit eine Anreicherung der Umgebung im Nahbereich
28
der Tropfenkette, sofern nicht durch eine entsprechende Gasströmungsführung
die Dampfatmosphäre stetig abgeführt werden kann.
Da die Tropfen so dicht aufeinanderfolgen, kann die Verdunstung näherungsweise unter der Annahme berechnet werden, dass die Tropfenzwischenräume
dampfgesättigt
sind
und
die
Verdunstung
über
eine
zylinderförmige
Grenzschicht erfolgt.
2.2.5 Überlagerungsmodell für Wechselwirkungen
Die Wechselwirkung zwischen den Tropfen in der Tropfenkette wurde
folgendermaßen abgeschätzt. Das radiale Konzentrationsprofil um einen
isolierten Einzeltropfen verläuft bei stationärer Diffusion vom Wert an der
Tropfenoberfläche (Sättigungskonzentration) in Form einer Hyperbel und nähert
sich asymptotisch der Umgebungskonzentration.
c( r ) = c¥ -
ra
(ca - c¥ )
r
Gl. 2-21
c( r ) = Konzentration in Abhängigkeit
vomRadius r
c¥ = Umgebungskonzentration
ca = Oberflächenkonzentration
ra = Außenradius des Tropfens
1,2
1
0,8
0,6
0,4
0,2
Abb. 2.16:
R1
46
42
44
36
38
40
32
34
28
R7
30
22
24
26
18
20
12
14
16
6
8
10
0
4
-2
2
-8
-6
-4
-10
0
Konzentrationsprofil um einen Einzeltropfen
29
Befinden sich mehrere Tropfen in unmittelbarer Nachbarschaft, so überlagern
sich die Konzentrationsfelder zu einem Gesamtfeld. Die Betrachtung kann nun
nicht mehr eindimensional erfolgen, im einfachsten Fall handelt es sich um ein
um die Tropfenkettenachse rotationssymmetrisches, also zweidimensionales
Feld. Im ersten Ansatz wurde eine einfache Superposition durchgeführt, wobei
in der Summe die Umgebungskonzentration cµ nur einmal addiert werden darf.
n
ra
( ca - c ¥ )
( x - xi )² + y ²
c ( x, y ) = c ¥ + å
i =1
Gl. 2-22
x = Ortskoordinate in Richtung der Tropfenkettenachse
y = Ortskoordinate orthogonal zur Tropfenkettenachse
xi = Ort des Mittelpunktes des i - ten Tropfens
In den nachfolgenden Abbildungen ist das durch Superposition gewonnene
Konzentrationsprofil für verschiedene Tropfenabstände dargestellt. Der Einfluss
der Nachbartropfen kann so gut visualisiert werden.
1,2
1
0,8
0,6
0,4
0,2
44
R1
46
40
42
36
38
32
34
28
R7
30
24
26
20
22
16
18
12
14
8
10
4
6
0
2
-4
-2
-8
-6
-10
0
Abb. 2.17: Vernachlässigbare Wechselwirkung bei mehr als 10
Tropfendurchmesser Zwischenraum
30
1,4
1,2
1
0,8
0,6
0,4
0,2
44
R1
46
40
42
36
38
32
34
28
R7
30
24
26
20
22
16
18
12
14
8
10
4
6
0
2
-4
-2
-8
-6
-10
0
Abb. 2.18: Konzentrationserhöhung bei kleineren Abständen (4 Tropfendurchmesser)
1,6
1,4
1,2
1
0,8
0,6
0,4
0,2
44
R1
46
40
42
36
38
32
34
28
R7
30
24
26
20
22
16
18
12
14
8
10
4
6
0
2
-4
-2
-8
-6
-10
0
Abb. 2.19: Lokale Sättigung (Zwischenraum 2 Tropfendurchmesser)
Aus den Abbildungen ist die lokale Sättigung bei kleinen Tropfenabständen
entsprechend dem einfachen additiven Überlagerungsodell gut ersichtlich. Um
den Konzentrationsverlauf um die Tropfen herum von der Oberflächenkonzentration
bis
zur
Umgebungskonzentration
richtig
zu
beschreiben,
sind
kompliziertere Modelle erforderlich, auf die hier nicht weiter eingegangen wird.
An dieser Stelle reicht die Feststellung, dass bei Tropfenabständen von etwa 2
Tropfendurchmessern, wie sie in Tropfenketten vorkommen, die Verdunstung
31
aufgrund der lokalen Sättigung so weit vermindert wird, dass sie bei den
optischen Untersuchungen (einige cm Wegstrecke) vernachlässigbar ist.
Zur Generierung von monodispersen Feststoffpartikeln aus Salzlösungen wird
die Tropfenkette mit Dispergierluft beaufschlagt, so dass die Tropfen vereinzelt
werden und einer höheren Verdunstungsrate unterliegen. Aufgrund der dann
vorliegenden niedrigen Partikelanzahlkonzentration kann in diesem Fall mit den
Modellen für Einzeltropfen gerechnet werden.
32
2.3 Tropfenbewegung in einer Tropfenkette
2.3.1 Widerstandsbeiwert von Kugeln im Übergangsbereich laminarturbulent
Der Luftwiderstand von Mikrotropfen unterscheidet sich nicht wesentlich von
dem starrer Kugeln. Bei größeren Tropfen und großen Relativgeschwindigkeiten kann es zu einer Abweichung von der Kugelform kommen. Eine
Möglichkeit, den Einfluss der Tropfendeformation abzuschätzen, liefert die
Weberzahl We. Sie ist das Verhältnis von Trägheitskraft zur Oberflächenkraft
[22], [23].
We =
r g d Pv²
Gl. 2-23
sP
100
v / m/s
80
60
Grenzkurve We < 1
40
20
0
0
20
40
60
80
100
120
dP, max / µm
Abb. 2.20: Maximale Geschwindigkeit für We < 1 in Abhängigkeit vom
Tropfendurchmesser
In Abb. 2.20 ist die maximale Geschwindigkeit über dem Durchmesser
aufgetragen, mit der die Bedingung We < 1 noch erfüllt ist. Der übliche Arbeits-
33
bereich des Schwingblendengenerators liegt unterhalb der Grenzkurve, so dass
die Approximation einer starren Kugel im Rahmen dieser Arbeit zulässig ist.
Der Widerstandsbeiwert ist abhängig von der Reynoldszahl. Man unterscheidet
zwischen dem laminaren Bereich und dem turbulenten Bereich. Der laminare
Widerstandsbeiwert für niedrige Reynoldszahlen wird nach Stokes durch den
einfachen Zusammenhang
cw =
24
Re
Gl. 2-24
und die zugehörige Widerstandskraft durch Luftreibung durch
FR = 6phrv
Gl. 2-25
beschrieben.
Im turbulenten Bereich kann die Widerstandskraft durch
FR =
1
cW r L Av ²
2
Gl. 2-26
dargestellt werden. Dabei ist A die senkrechte Projektionsfläche des
angeströmten Körpers. Der Widerstandsbeiwert cW ist eine Funktion der
Reynoldszahl, die für große Reynoldszahlen einen nahezu konstanten Wert
annimmt. In der Literatur findet man unterschiedliche Zahlenwerte und
Berechnungsansätze.
Während die Sedimentationsgeschwindigkeit (stationäre Fallgeschwindigkeit)
von Partikeln bis 100 µm Durchmesser zu einer laminaren Umströmung führt,
treten durch die höhere Austrittsgeschwindigkeit aus dem Schwingblendengenerator Strömungsverhältnissen auf, die im Übergangsbereich liegen oder
turbulent sind (Re in der Größenordnung 100). Erst die Verzögerung der
Tropfen aufgrund des Luftwiderstands bewirkt einen allmählichen Übergang in
den Stokes'schen Bereich.
34
Wesentlich ist bei der hier betrachteten Problemstellung deshalb, dass der
Übergangsbereich zwischen dem laminaren und dem turbulenten Fall
vernünftig angepasst wird. In Tab. 2.1 sind vorgeschlagene Werte bzw.
Formeln für cW mit Angabe des jeweiligen Gültigkeitsbereiches aufgelistet. Der
Verlauf des Widerstandsbeiwertes über der Reynoldszahl ist für diese Formeln
in Abb. 2.21 dargestellt.
Tab. 2.1:
Unterschiedliche Ansätze zur Bestimmung des Widerstandsbeiwertes für laminar oder turbulent umströmte Kugeln
Modell
Stokes
Abraham
Formel
ang. Bereich Literatur
24
Re
24
(1 + 0,11 Re ) 2
Re
Re < 1
[1]
Re < 6000
[24]
Clift
24
(1 + 0,15 Re 0,687 )
Re
keine
Angabe
[1]
White
24
6
+
+ 0,4
Re 1 + Re
keine
Angabe
[25]
Yilmaz
24 3,73 0,00483 Re
+
+ 0,49
- 6 1,5
Re
Re (1 + 3 10 )
keine
Angabe
[22]
35
10000
1000
relevanter
Re-Bereich
cw
100
Stokes
Abraham
Clift
White
Yilmaz
10
1
0,1
1E-03 1E-02 1E-01 1E+00 1E+01 1E+02 1E+03 1E+04 1E+05 1E+06
Re
Abb. 2.21: Verlauf des Widerstandsbeiwertes für angeströmte Kugeln
nach unterschiedlichen Berechnungsansätzen
Die Anpassung an den laminaren Bereich sowie die Darstellung des
Übergangsbereiches wird in allen dargestellten Kurven etwa identisch
wiedergegeben, während die Ergebnisse im Bereich größerer Reynoldszahlen
(Re>1000) deutlich voneinander abweichen. Der in den Tropfenkettenexperimenten relevante Re-Bereich ist im Diagramm eingezeichnet. Es wird
deutlich, dass die Tropfenbewegung, insbesondere in der Anfangsphase (Re
etwa 100 am Blendenaustritt) nicht mehr mit der Formel nach Stokes
beschrieben werden kann. Im betrachteten Re-Bereich kommen alle genannten
Berechnungsansätze gleichermaßen in Frage, so dass die Wahl auf ein formal
einfaches Modell fallen kann. Es wurde bei allen weiteren Berechnungen der
Widerstandsbeiwert mit dem Ansatz nach Abraham bestimmt.
2.3.2 Bahnkurven von Einzelpartikeln mit konstantem Durchmesser
Die Tropfenbewegung wird im wesentlichen durch die Austrittsgeschwindigkeit
aus der Blende und die Widerstandskraft bestimmt. In der Vertikalen ist die
Gewichtskraft maßgebend für die stationäre Endgeschwindigkeit des Partikels,
36
die nach einer größenabhängigen Zeitkonstante erreicht wird. Zusätzliche
äußere Kräfte (elektrische, magnetische, thermophoretische) sowie eine
Bewegung des umgebenden Fluids werden gegebenenfalls überlagert.
Für Tropfen, die bei laminarer Umströmung (Re<1) im Gravitationsfeld ohne
zusätzliche externe Kräfte fallen, lautet die Bewegungsgleichung
mTr &
x&= mTr g - FR = mTr g - 6ph L rTr x&
Gl. 2-27
Daraus lassen sich der zeitliche Verlauf der Geschwindigkeit und der zeitliche
Verlauf des Ortes herleiten.
v (t ) = v e + ( v 0 - v e )e - t / t
Gl. 2-28
x (t ) = x 0 + v e t + t ( v 0 - v e )e - t / t
Gl. 2-29
mit der Relaxationszeit
mTr
r Tr d Tr2
t =
=
6ph L rTr
18h L
Gl. 2-30
v e = gt
Gl. 2-31
und
Im
Falle
waagerecht
oder
schräg
austretender
Tropfen
sind
die
entsprechenden Gleichungen in den beiden bzw. drei Ortskoordinaten zu lösen.
Bei größeren Reynoldszahlen lässt sich die Bewegungsgleichung nicht mehr in
dieser einfachen Form lösen. Es kommen dann numerische Verfahren zur
Lösung der Differentialgleichung zum Einsatz.
2.3.3 Bahnkurven von Partikeln mit veränderlichem Durchmesser
Im Fall verdunstender Tropfen handelt es sich bei den betrachteten Partikeln
um Körper veränderlicher Größe. Die Abnahme von Masse und Radius
verändert die auf das Partikel wirkenden Kräfte. Die Berechnung von
37
Partikelbahnkurven erfolgt durch numerische Lösung der Differentialgleichung,
die sich aus dem Kräftegleichgewicht am Partikel herleiten lässt. Die
Koeffizienten der zu lösenden Differentialgleichung müssen in jedem Zeitschritt
an die neuen Größenverhältnisse angepasst werden. Verdunstungsprozess
und Bewegungsgleichung sind gekoppelt zu lösen.
Bei "langsam" verdunstenden Tropfen werden Kühlgrenztemperatur und
stationäre Fallgeschwindigkeit im Verhältnis zum Verdunstungsprozess schnell
erreicht, so dass bei der Betrachtung des gesamten Verdunstungsprozesses
die instationären Verhältnisse am Anfang vernachlässigt werden können und
andererseits während der instationären Anfangsphase die Radienabnahme
keine Rolle spielt. Bei "schnell" verdunstenden Tropfen gelten diese
Vereinfachungen nicht.
60
3,5
konstanter Radius
2,8
abnehmender Radius
(Verdunstung)
40
2,1
Geschwindigkeit bei konstantem Radius
30
1,4
v / m/s
r / µm
50
Geschwindigkeit bei abnehmendem Radius
20
0,7
10
0
0
0,5
1
1,5
2
2,5
t/s
Abb. 2.22: Vergleich der Partikeldynamik bei konstantem Radius und
verdunstendem Tropfen
Wie bereits im Abschnitt 2.2.4 dargestellt, hat bei der Betrachtung der
Tropfenketten die Verdunstung nur eine sehr untergeordnete Bedeutung.
Innerhalb der Zeiträume und Wegstrecken, die im Rahmen der durchgeführten
Experimente betrachtet wurden, kann die Radienabnahme vernachlässigt
werden.
38
2.3.4 Wirbelbildung bei verzögerter Bewegung
Die Ausbildung von Wirbeln hinter einer angeströmten Kugel beeinflusst nicht
nur die Kräfte, die auf die betreffende Kugel wirken, sondern im Fall dicht
aufeinanderfolgender Körper auch die Umströmung des nachfolgenden
Objektes. Da dies von wesentlicher Bedeutung bei der Betrachtung von
Tropfenketten sein könnte, soll hierauf näher eingegangen werden.
Brauer [26] untersuchte insbesondere die Wirbelbildung an beschleunigten und
verzögerten Körpern und stellte fest, dass im Gegensatz zu gleichförmig
bewegten Körpern deutlich längere Wirbel und größere Umschließungswinkel
zu erwarten sind. Die Untersuchungen wurden an Kugeln mit Durchmessern
von 1 mm und 5 mm durchgeführt. Mit Hilfe numerischer Berechnungen wurde
der zeitliche Verlauf der Stromlinien ermittelt und grafisch dargestellt. Zur
Auswertung wurde eine dimensionslose Beschleunigung
b* = b
mit
b=
d P3
Gl. 2-32
h2
dv
dt
eingeführt und die Wirbelgröße in Abhängigkeit von Re und b* dargestellt. Der
Partikeldurchmesser geht mit der dritten Potenz in b* ein.
Für Tropfendurchmesser unter 100 µm, Anfangsgeschwindigkeiten bis maximal
20 m/s und den ermittelten Verzögerungen ist b* < 10 und damit die Wirbelbildung gemäß der in [26] dargestellten Zusammenhänge vernachlässigbar.
2.3.5 Wechselwirkung zwischen Nachbartropfen
In Tropfenketten beeinflussen sich die aufeinanderfolgenden Tropfen. Durch
den geringen Abstand wird der Luftwiderstand reduziert, denn im Gegensatz zu
einem isolierten Einzeltropfen bewegt sich ein Tropfen in einer Tropfenkette
nicht im ungestörten Strömungsfeld sondern im Windschatten des vorausfliegenden Tropfens bzw. der vorausfliegenden Tropfen. Darüber hinaus gibt es
39
einen Einfluss der nachfolgenden Tropfen auf das Strömungsfeld auf der
Rückseite des betrachteten Körpers. Im Extremfall sich berührender Tropfen
kann sich die Strömung zwischen den Tropfen nicht schließen. Die
Tropfenkette bildet dann ein zusammenhängendes Element mit periodisch
eingeschnürter Oberfläche. Zwischen diesen Extrema – Einzeltropfen und
geschlossenes Gebilde – ist die Situation der Tropfenkette einzuordnen. Dabei
ist der Tropfenabstand das charakteristische Merkmal.
Der Einfluss von Nachbarkörpern auf die Anströmung in Abhängigkeit vom
Abstand ist in mehreren Arbeiten für unterschiedliche Randbedingungen
untersucht worden. Die Ergebnisse einer Auswertung der Literatur im Hinblick
auf die Übertragbarkeit der jeweiligen Untersuchungsergebnisse auf die hier
interessierenden Fragestellungen bei Tropfenketten werden nachfolgend
zusammengefasst.
Für große Kugeln (Stahlkugeln mit 1,6 cm Durchmesser in einer GlycerinWasser-Mischung) ist von Chen und Lu [27] die Abhängigkeit des
Widerstandsbeiwertes für verschiedene Abstände zweier hintereinander
angeordneter Kugeln und verschiedene Reynoldszahlen experimentell ermittelt
worden.
Abb. 2.23: Luftwiderstandsbeiwert einer im Windschatten angeordneten
Kugel [27]
40
Bei kleinen Abständen sinkt der Widerstandsbeiwert der hinteren Kugeln
dramatisch ab, was bedeutet, dass die Tropfen in einer Tropfenkette einer
deutlich geringeren Verzögerung unterworfen sind als einzeln fallende Tropfen.
Der
Einfluss
der
Reynoldszahl
ist
maßgeblich
für
den
absoluten
Widerstandsbeiwert, scheint sich aber nicht auf den hier betrachteten Effekt
auszuwirken. Das in Abb. 2.23 aufgetragene Verhältnis c/c0 ist offensichtlich
nicht von Re abhängig. Unklar bleibt bei der genannten Arbeit die Abhängigkeit
des Ergebnisses von der absoluten Körperabmessung. Da die Untersuchungen
nur an einer Kugelgröße vorgenommen wurden, konnte nicht gezeigt werden,
ob der dargestellte Verlauf des relativen Widerstandsbeiwertes über dem
relativen Abstand für andere Körperabmessungen gleich bleibt.
Es wird angenommen, dass auch hier die üblichen Grenzen zwischen der
Kontinuumsmechanik und der molekularen Gasdynamik gelten, wobei der
Übergangsbereich mit der Cunningham-Slip Korrektur angepasst werden kann.
Aus den Ergebnissen von Chen und Lu (Abb. 2.23) kann eine empirische
Formel zur Beschreibung der Abhängigkeit des Widerstandsbeiwertes vom
relativen Abstand der beiden aufeinanderfolgenden Kugeln hergeleitet werden.
t
æ æ c ö öæ
æ c ö
cW
= çç W ÷÷ + ç1 - çç W ÷÷ ÷çç 1 - e l / d
cW , 0 è cW , 0 ø min çè è cW ,0 ø min ÷øè
ö
÷
÷
ø
Gl. 2-33
Für den dargestellten Fall lassen sich (cW/cW,0)min zu 0,2 und die Zeitkonstante
der Exponentialfunktion zu t=0,28 bestimmen (Abb. 2.25).
Abb. 2.24:
Abstand zwischen Nachbartropfen
41
1
0,9
0,8
CD/CD0
0,7
0,6
Chen und Lu
0,5
0,4
a(1-exp(-bx))+c
0,3
0,2
0,1
0
0
2
4
6
8
10
12
14
16
l/d
Abb. 2.25: Empirische Exponentialfunktion zur Beschreibung der experimentellen Daten von Chen und Lu [27]
Diese Beziehung kann nun verwendet werden, um bei der Berechnung der
Bahnkurve in jedem Zeitschritt den ermittelten Widerstandsbeiwert anzupassen. Hierzu muss der jeweils aktuelle Abstand zwischen den Tropfen
bestimmt werden. Da der Abstand zwischen zwei benachbarten Tropfen in der
Tropfenkette sehr klein ist, kann die Geschwindigkeit zweier benachbarter
Tropfen
näherungsweise
als
gleich
angenommen
werden
sowie
die
Geschwindigkeit, die über der einem Tropfenabstand entsprechenden Strecke
zurückgelegt wird, als konstant.
Der freie Abstand zur Zeit t des i-ten Tropfens nach vorn und hinten li(t) kann so
durch
l i (t ) = v i (t )T - d T
Gl. 2-34
bestimmt werden. Dabei ist T die Periodendauer der Blendenfrequenz, die dem
konstant bleibenden zeitlichen Abstand der Tropfen voneinander entspricht.
42
Eine Anordnung mit drei hintereinander positionierten Kugeln wurde von
Kleinstreuer und Wang für Re > 100 theoretisch betrachtet [28]. Gegenstand
der Untersuchung waren Brennstoff-Tropfen (n-Decan) mit einem Durchmesser
von 50 µm in einer 1.000 K heißen Umgebung bei 10 bar. Es wird jeweils eine
Formel zur Berechnung des Widerstandsbeiwertes für die erste, zweite und
dritte Kugel angegeben.
Kleinstreuer und Wang benutzten als Parameter den auf den Kugeldurchmesser bezogenen Mittelpunktsabstand. In Abb. 2.26 sind die drei Kurven für
eine Reynoldszahl von 10 dargestellt. Der schraffierte Bereich weist darauf hin,
dass für den relativen Mittelpunktsabstand zwischen 0 und 1, d. h. Mittelpunktsabstand kleiner d, eine Überschneidung der Kugeln vorliegt.
1,0
0,9
0,8
CDj/CD0
0,7
0,6
0,5
0,4
CD1
0,3
Re = 10
0,2
CD2
CD3
0,1
0,0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
rel. Abstand (z1-z2)/d
Abb. 2.26: Widerstandsbeiwert nach Kleinstreuer und Wang [28] für
erste, zweite und dritte Kugel in einem Dreierkollektiv
Auffällig ist, dass der asymptotische Verlauf über dem relativen Abstand steil
beginnt aber sehr flach weiterläuft. So werden bei einem Abstand von 10
Kugeldurchmessern noch deutlich verminderte Beiwerte berechnet. Bei Re=100
für die mittlere Kugel 30 % und für die dritte Kugel 20 % geringer als bei einer
43
Einzelkugel, bei Re=10 für die mittlere Kugel ein um 20 % verminderter
Widerstandsbeiwert.
Die von ihnen angegebenen Werte unterscheiden sich von den Daten, die
Chen und Lu ermittelt haben. In Abb. 2.27 ist ein Vergleich dargestellt, wobei
hier über dem freien Abstand l/d zwischen den Kugeln aufgetragen ist.
1,0
0,9
0,8
Cw/Cw0
0,7
0,6
Re = 1
Re = 2
Re = 5
Re = 10
Re = 20
Re = 50
Re = 100
nach Chen und Lu
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
0,0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
l/d
Abb. 2.27: Vergleich der nach Kleinstreuer und Wang [28] für die mittlere
Kugel bei unterschiedlichen Reynoldszahlen berechneten abstandsabhängigen Widerstandsbeiwerte mit dem Modell nach Chen und Lu [27]
Der Einfluss des verwendeten Modells für die Abstandsabhängigkeit des
Widerstandsbeiwertes auf die berechneten Bahnkurven ist in Abb. 2.28 anhand
der Wegstrecke über der Zeit und in Abb. 2.29 anhand des Geschwindigkeitsverlaufs über dem Ort dargestellt.
44
0,07
Einzeltropfen
0,06
Chen und Lu
Kleinstreuer und Wang
s/m
0,05
0,04
0,03
0,02
Tropfenradius 20 µm
Anfangsgeschwindigkeit 10 m/s
Frequenz 100 kHz
0,01
0
0
0,002
0,004
0,006
0,008
0,01
0,012
0,014
t/s
Abb. 2.28: Berechnete Wegstrecke eines Tropfens in einer Tropfenkette
über der Zeit bei Berücksichtigung des Widerstandsbeiwertes nach
unterschiedlichen Modellen
30
Kleinstreuer et al. 19,5 µm
Chen und Lu 19,5 µm
25
Kleinstreuer et al. 10 µm
Chen und Lu 10 µm
v / m/s
20
15
Re0 = 65, f = 165 kHz
10
5
Re0 = 27, f = 200 kHz
0
0
0,005
0,01
0,015
0,02
0,025
0,03
0,035
0,04
h/m
Abb. 2.29: Auswirkung des verwendeten Modells für den Widerstandsbeiwert auf den berechneten Geschwindigkeitsverlauf über dem Ort
45
Mit dem Modell nach Chen und Lu sind Berechnung von Bahnkurven für eine
horizontale
Tropfenkette
Bahnkurvenberechnung
verschiedene
(waagerechter
für
Frequenzen
Wurf)
Einzeltropfen
ist
der
im
Vergleich
durchgeführt
berechnete
mit
worden.
der
Für
Geschwindigkeitsverlauf
(horizontale Geschwindigkeit) über der Zeit in Abb. 2.30 aufgetragen in Abb.
2.31 die entsprechend zurückgelegte Wegstrecke h in der Horizontalen. Durch
die Reduzierung des Luftwiderstandes aufgrund des vorausfliegenden Tropfens
behält der Tropfen in der Tropfenkette eine höhere Geschwindigkeit.
Während ein fallender Tropfen in der Vertikalen ein Beschleunigung erfährt und
aufgrund der Luftreibung eine stationäre Sinkgeschwindigkeit annimmt, geht die
Horizontalgeschwindigkeit bis auf null zurück.
Bei unterschiedlichen Blendenfrequenzen ergibt sich ein unterschiedlicher
Tropfenabstand. Eine höhere Blendenfrequenz führt zu kürzeren Tropfenabständen. Eine beliebige Variation der Frequenz bei konstantem Durchmesser
und konstanter Austrittsgeschwindigkeit ist nur in der Rechnung möglich. In der
Praxis ist dies mit einem Schwingblendengenerator nicht zu realisieren, da man
zur Erzeugung von Tropfenketten in der Parameterwahl eingeschränkt ist.
46
20
Einzeltropfen
10 kHz
50 kHz
100 kHz
150 kHz
200 kHz
v / m/s
15
10
d0 = 40 µm
v0 = 20 m/s
5
0
0
0,005
0,01
0,015
0,02
t/s
Abb. 2.30: Zeitlicher Verlauf der Tropfengeschwindigkeit für unterschiedliche Blendenfrequenzen (bzw. Anfangsabstände)
0,2
Einzeltropfen
25 kHz
50 kHz
100 kHz
150 kHz
200 kHz
h/m
0,15
d0 = 40 µm
v0 = 20 m/s
0,1
0,05
0
0
0,005
0,01
0,015
0,02
t/s
Abb. 2.31: Zeitlicher Verlauf der zurückgelegten Wegstrecke für
unterschiedliche Blendenfrequenzen
Der Tropfenabstand ist für verschiedene Blendenfrequenzen bei gleichem
Anfangsdurchmesser und gleicher Anfangsgeschwindigkeit in Abb. 2.32 bis
47
Abb. 2.35 über der Zeit bzw. über dem Ort aufgetragen. Zum Vergleich sind die
Berechnungen einmal mit und einmal ohne Anpassung des Widerstandsbeiwertes durchgeführt worden. So kann der Einfluss dieses Effektes auf das
Rechenergebnis beurteilt werden. Bei einem Abstand l = 0 stoßen die beiden
Nachbartropfen zusammen. Der grau hinterlegte Bereich in den Diagrammen
verdeutlicht den Teil der Kurven mit l < 0.
Aus einem Vergleich der beiden Diagramme in Abb. 2.32 und Abb. 2.33 ist
ersichtlich, dass durch den Einfluss der jeweils vorausfliegenden Tropfen und
der damit verbundenen höheren Tropfengeschwindigkeit der Kollisionszeitpunkt
um etwa einen Faktor 2 verschoben wird, was sich auch in einer entsprechend
größeren Wegstrecke bemerkbar macht (Abb. 2.34 und Abb. 2.35).
5
50 kHz
100 kHz
150 kHz
200 kHz
4
l/d
3
2
d0 = 40 µm
v0 = 20 m/s
1
0
-1
0
0,005
0,01
0,015
0,02
t/s
Abb. 2.32: Tropfenabstand als Funktion der Zeit ohne Berücksichtigung
von Windschatten
48
5
25kHz
50 kHz
100 kHz
150 kHz
200 kHz
4
l/d
3
2
d0 = 40 µm
v0 = 20 m/s
1
0
-1
0
0,005
0,01
0,015
0,02
t/s
Abb. 2.33: Tropfenabstand als Funktion der Zeit mit Berücksichtigung
von Windschatten
5
50 kHz
100 kHz
150 kHz
200 kHz
4
l/d
3
2
d0 = 40 µm
v0 = 20 m/s
1
0
-1
0
0,02
0,04
0,06
0,08
0,1
h/m
Abb. 2.34: Tropfenabstand als Funktion des Ortes ohne Berücksichtigung
von Windschatten
49
5
25 kHz
50 kHz
100 kHz
150 kHz
200 kHz
4
l/d
3
2
d0 = 40 µm
v0 = 20 m/s
1
0
-1
0
0,02
0,04
0,06
0,08
0,1
h/m
Abb. 2.35: Tropfenabstand als Funktion des Ortes mit Berücksichtigung
von Windschatten
Beim Vergleich der beiden Diagramme für den Verlauf des Tropfenabstands
über der zurückgelegten Wegstrecke (Abb. 2.34, Abb. 2.35) fällt auf, dass
durch die Berücksichtigung des verringerten Luftwiderstands sich eine
Überschneidung der dargestellten Kurven ergibt, die bei Vernachlässigung
dieses Effektes nicht auftritt. Die Erweiterung der berechneten kollisionsfreien
Tropfenstrecke wird also erheblicher bei größeren Frequenzen bzw. kleineren
Anfangs-Tropfenabständen. So beträgt z.B. die Verlängerung der berechneten
Strecke bis zum gegenseitigen Einholen der Tropfen durch Berücksichtigung
des Windschatteneffektes bei 50 kHz etwa einen Faktor 1,5 und bei 200 kHz
etwa einen Faktor 3,5. Dies liegt daran, dass sich die Verringerung des
Luftwiderstandes bei kleinen Tropfenabständen besonders bemerkbar macht.
50
100
Chen und Lu
Kleinstreuer und Wang
cw0
90
80
hend / mm
70
60
50
40
30
20
10
0
0
50
100
150
200
250
300
f / kHz
Abb. 2.36: Maximale kollisionsfreie Wegstrecke als
Frequenz für die unterschiedlichen Widerstandsmodelle
Funktion
der
Die Kurven in Abb. 2.35 enden jeweils beim Kollisionspunkt (l/d = 0). In Abb.
2.36 sind die aus Abb. 2.35 abgelesenen Werte für die zurückgelegte
Wegstrecke hend am Kollisionspunkt l/d = 0 für die unterschiedlichen
Frequenzen eingetragen sowie eine zugehörige empirische Kurve, die den
Verlauf hend(f) wiedergibt. Diese Kurve besitzt für die beiden Rechnungen mit
Windschatten ein Maximum.
2.3.6 Die Kohärenzlänge
In der idealen Tropfenkette werden monodisperse Tropfen erzeugt, die
äquidistant auf einander folgen. Der Abstand zwischen den Tropfen ändert sich
mit der Lauflänge aufgrund der Verzögerung, welche die Tropfen durch die
Luftreibung erfahren. Diese Änderung des Abstands ist wegen ihrer dichten
Folge für benachbarte Tropfenpaare sehr gering. Über "längere" Distanzen
gesehen jedoch signifikant. Für einen festen Ort bleiben Tropfengröße und
-abstand zeitlich konstant.
51
Die Länge der Wegstrecke, auf der diese idealen Bedingungen zutreffen, ist die
Kohärenzlänge.
Grundsätzlich müssen die folgenden Fälle unterschieden werden. Vertikale
oder horizontale Tropfenkette; Luftreibung bei Umgebungsbedingungen oder
davon abweichende Bedingung (z. B. erhöhter oder abgesenkter Druck,
Vakuum mit dem theoretischen Grenzfall reibungsfreier Zustand ).
Im vertikalen Fall ohne Anfangsgeschwindigkeit erfährt ein Tropfen eine
Beschleunigung aufgrund der Gravitation bis die Gewichtskraft (abzüglich
Auftriebskraft) und die Reibungskraft gleich groß sind. Der Tropfen fällt dann
mit der stationären Sedimentationsgeschwindigkeit weiter. Diese Sedimentationsgeschwindigkeit ist bei kleinen Tropfen sehr gering (z.B. ca. 0,01 m/s bei
einem Durchmesser von 10 µm). Da die Tropfen aus einem Schwingblendengenerator mit einer demgegenüber relativ großen Geschwindigkeit austreten (220 m/s), werden sie abgebremst. Der Geschwindigkeitsverlauf über der Zeit ist
in Abb. 2.37 für unterschiedliche Anfangsgeschwindigkeiten dargestellt.
Geschwindigkeitsverlauf unter Annahme laminarer Umströmung
1,00E+01
dP = 10 µm
Anfangsgeschwindigkeit
v/ms-1
1,00E+00
0 m/s
0,1 m/s
1 m/s
10 m/s
1,00E-01
1,00E-02
1,00E-03
1,00E-04
0
0,005
0,01
0,015
0,02
0,025
0,03
t/s
Abb. 2.37: Zeitlicher Verlauf der Geschwindigkeit eines
Tropfens bei unterschiedlichen Anfangsgeschwindigkeiten
Der Tropfenabstand nimmt mit sinkender Geschwindigkeit ab.
52
fallenden
Die ideale Tropfenkette besteht aus jeweils gleich großen Tropfen mit zeitlich
gleichbleibendem Abstand für jeden Ort, wobei Tropfengröße, Geschwindigkeit
und Abstand ortsabhängig sind. In der Realität können diese Bedingungen nur
sehr eingeschränkt aufrecht erhalten werden, da jede Ungleichmäßigkeit bei
der Tropfenerzeugung und jede äußere Störung zu Abweichungen von der
idealen Tropfenkette führen.
Diese idealen Verhältnisse lassen sich über längere Distanzen nicht realisieren.
Nach Anders [7] können Monodispersität und Äquidistanz für Strecken bis zu
etwa 200 bis 300 Tropfenabständen aufrechterhalten werden. Bei einem
optimalen l von ca. 90 µm bei einem Blendendurchmesser von 20 µm und
einem optimalen l von ca. 180 µm bei einem Blendendurchmesser von 40 µm
entspricht dies einer Lauflänge von 1,8 cm bis 2,7 cm bzw. 3,6 cm bis 5,4 cm.
Geringe Ungenauigkeiten oder Störungen aus der Umgebung führen ebenfalls
dazu, dass Abweichungen von den idealen Bedingungen der Tropfenkette
auftreten. Es kommt zu transversalen und longitudinalen Auslenkungen der
Tropfen von ihrer idealen Bahn und schließlich zu Kollisionen. Sobald
Zusammenstöße erfolgen, wird das Erscheinungsbild der Tropfenkette durch
das
abweichende
Verhalten
der
aus
zwei
oder
mehr
Primärtropfen
entstandenen größeren Tropfen bestimmt.
Die Störungen der Tropfenkette führen zu Polydispersität, wobei das
Tropfenvolumen der Zwillings- und Drillingstropfen ein ganzzahliges Vielfaches
der Einzeltropfen darstellt. Der Tropfendurchmesser ist daher um den Faktor
3
Ö2 bzw. 3Ö3 erhöht. Hat eine Kollision stattgefunden, so bewegt sich der
entstandene Zwillingstropfen entsprechend seiner neuen Geometrie und stört
dadurch
seinerseits
Querschnittsfläche
die
ihn
sowie
die
umgebende
Abstände
zu
Tropfenkette.
den
Masse
und
vorauseilenden
und
nachfolgenden Tropfen weichen von den vorherigen Verhältnissen ab.
Zur Erzeugung monodisperser Aerosole wird üblicherweise die Tropfenkette mit
einem Luftstrom dispergiert. Die Tropfen werden auf diese Weise in einem
Moment auseinander getrieben, in dem noch keine Koagulation stattgefunden
53
hat. Dadurch wird die Monodispersität in dem entstehenden dreidimensionalen
Spray beibehalten.
2.3.7 Messung der Tropfenabstände über der Wegstrecke
Nach Ablösung eines Tropfens vom austretenden Flüssigkeitsstrahl bewegt
sich dieser entsprechend seiner Anfangsgeschwindigkeit und der auf ihn
wirkenden resultierenden Kraft weiter. Die in rascher Folge hintereinander
fliegenden Tropfen werden aufgrund der Luftwiderstandskraft abgebremst.
Dadurch verringert sich ihr Abstand. Theoretisch würden alle Tropfen eine
gleichartige Abbremsung und Abstandsverringerung erfahren.
Die mittels Mikroskop, CCD-Kamera und Bildauswertesoftware gemäß dem in
2.1.2 beschriebenen Aufbau ermittelten Werte für den Tropfenabstand über der
Lauflänge der Tropfenkette sind in Abb. 2.38 dargestellt. Ebenfalls eingetragen
sind die Ergebnisse der numerischen Berechnung entsprechend der im
vorangegangenen Abschnitt beschriebenen Modelle.
4,5
in den ausgewerteten Bildern:
bis 15 mm nur einzelne Tropfen, ab 20 mm viele Doppeltropfen
bei 15 mm schon einige Tropfen kurz vor Kollision
4,0
3,5
Messung 1
Messung 2
Chen und Lu
0,2 cw0
(Dx-dTr)/dTr
3,0
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
0,0
0
5
10
15
20
25
30
x / mm
Abb. 2.38: Gemessene Tropfenabstände über der Wegstrecke mit
Markierung der Mittelwerte und Bandbreiten sowie mit unterschiedlichen
Modellen berechnete Werte
54
2.3.8 Messung der Tropfengeschwindigkeit über der Wegstrecke
Eine Geschwindigkeitsmessung der Tropfen ist auf unterschiedliche Weise
möglich. Eine optische Methode zur Geschwindigkeitsbestimmung ist z.B. die
Phasen-Doppler-Anemometrie. Die nachfolgend beschriebene und in der hier
vorgestellten Arbeit verwendete Methode basiert auf der Messung der
Tropfenabstände.
An äquidistanten Tropfenketten ist der Tropfenabstand ein direktes Maß für die
Tropfengeschwindigkeit. Wie bei der oben beschriebenen Ermittlung der
Strahlaustrittsgeschwindigkeit lässt sich bei bekannter Frequenz aus dem
Tropfenabstand als die während einer Schwingungsperiode zurückgelegten
Wegstrecke die aktuelle Tropfengeschwindigkeit direkt berechnen. Diese
Methode hat ihre Grenze in dem Moment, in dem die Tropfenkette ihre
Kohärenz
verliert.
In
diesem
Fall
weicht
die
Geschwindigkeit
der
Nachbartropfen voneinander ab und die Unsicherheit in der Bestimmung der
Tropfengeschwindigkeit nimmt mit der Abweichung der Tropfenabstände an
einem Ort zu.
25,0
v / m/s
20,0
15,0
10,0
exp
Chen und Lu
5,0
Kleinstreuer und Wang
0,2 cW0
0,0
0
5
10
15
20
25
30
x / mm
Abb. 2.39: Relativer Tropfenabstand über der Weglänge, experimentell
und rechnerisch
55
3 Elektrostatische und elektrodynamische Effekte
3.1 Neutralisierung geladener Aerosolpartikel
Da in vielen Anwendungen eine elektrostatische Aufladung von Partikeln in
einem Aerosol unerwünscht ist, versucht man die nach der Erzeugung der
Partikeln vorhandene Ladung auf unterschiedliche Weise zu neutralisieren.
Dies geschieht grundsätzlich durch die Bereitstellung einer hohen Anzahl
beweglicher Ionen, die mit dem Aerosol in Kontakt gebracht werden.
Zusammenstöße zwischen Ionen und Partikeln finden statistisch, aber
bevorzugt zwischen gegensätzlich geladenen Teilchen statt, so dass eine
(teilweise) Entladung des Aerosols stattfindet. Der Grad der Neutralisierung
nimmt mit der Ionenkonzentration, der Ionenbeweglichkeit und der Kontaktzeit
von Aerosol und Ionen zu. Da die Ionen nur eine begrenzte Lebensdauer
besitzen, kann die Verweilzeit nicht beliebig ausgedehnt werden. Daneben
können andere Faktoren, die sich aus der jeweiligen Anwendung ergeben, die
Kontaktzeit beschränken.
Wesentliche Unterschiede bestehen in der Art der Ionenerzeugung. Oft kommt
ein radioaktives Präparat (z. B. Krypton) zum Einsatz, das ein Rohrstück
umschließt, durch welches das Aerosol geführt wird. Nach außen hin ist die
Vorrichtung mit einer Bleiummantelung abgeschirmt. Die radioaktive Strahlung,
die in erster Linie auf den vom Aerosol durchströmten Innenraum wirkt, führt zu
einer bipolaren (positiven und negativen) Ionisierung der Luft.
Nachteile eines radioaktiven Präparates:
·
Der Umgang mit einer Strahlenquelle ist mit gesundheitlichen Gefahren,
einer
Meldepflicht
und
der
Erfordernis
einer/eines
Strahlenschutz-
beauftragten verbunden.
·
Die Strahlungsintensität lässt mit der Zeit nach, so dass in größeren
zeitlichen Abständen eine Neuanschaffung erforderlich wird.
56
·
Der Verlust der Strahlungsintensität und damit der Neutralisationswirkung ist
ein allmählicher Prozess. Die Kenntnis der jeweils aktuellen Leistungsfähigkeit ist Unsicherheiten unterworfen.
·
Die notwendige geometrische Abmessung ist in manchen Fällen hinderlich.
Eine andere Möglichkeit zur Bereitstellung von Ionen, die zur Neutralisierung
von Aerosolen verwendet wird, ist der Einsatz einer Koronaentladungsvorrichtung. Hierbei werden unipolare Ionen durch eine Funkenentladung
erzeugt. Die Ionen müssen aus dem Bereich zwischen den Elektroden in die
Nähe der Partikeln transportiert werden. Je nach Polung der Elektroden
entstehen
positive
oder
negative
Ionen.
Zur
Neutralisierung
unipolar
aufgeladener Partikeln müssen Ionen entgegengesetzter Polarität erzeugt
werden. Um ein bipolar geladenes Aerosol zu neutralisieren, kann eine
Wechselspannung zur Koronaentladung eingesetzt werden.
Nachteile der Koronaentladungsvorrichtung:
·
Einsatz von Hochspannung
·
Ionen müssen in Kontakt mit den Partikeln gebracht werden.
3.2 Mechanismen der Tropfenaufladung im Schwingblendengenerator
Es gibt mehrere Mechanismen, die zur Aufladung von Aerosolpartikeln führen.
Hier sollen nur die betrachtet werden, die bei der Tropfengenerierung im
Schwingblendengenerator eine Rolle spielen. Auf Reibungselektrizität, die nur
bei Feststoffpartikeln von Bedeutung ist, Flammenionisation und andere
spezielle Ladungsmechanismen wird im folgenden nicht eingegangen.
Bei der Tropfenentstehung sind elektrolytische Effekte und Influenz wirksam.
Die Ladung der gebildeten Tropfen kann sich im weiteren Verlauf durch
Zusammenstöße mit Ionen aus der Umgebung verändern. Dabei wird zwischen
der Diffusionsaufladung und der Feldaufladung unterschieden.
57
Die unterschiedlichen Ladungsmechanismen wirken teilweise gleichzeitig,
teilweise in zeitlicher Abfolge. Die Effekte, die beobachtet werden können,
ergeben sich aus der Überlagerung der Einzeleffekte. Für ein Verständnis der
in Experimenten gemessenen Tropfenladung, sind die Versuchsbedingungen
so einzustellen, dass der Einfluss der Einzeleffekte abgegrenzt werden kann.
Theoretische Überlegungen zu den relevanten Ladungsmechanismen und
experimentelle Ergebnisse sind in den nachfolgenden Teilkapiteln dargestellt.
3.2.1 Diffusionsaufladung und Feldaufladung
Bewegen sich die Tropfen durch eine Umgebung, die bewegliche Ionen enthält,
so kann sich der Ladungszustand der Tropfen durch Aufnahme von Ionen
ändern. Die Bewegung der Ionen, die zu Zusammenstößen zwischen Tropfen
und Ionen führt, erfolgt durch reine Diffusion (Diffusionsaufladung) oder unter
Einfluss eines elektrischen Feldes (Feldaufladung).
Bei der Diffusionsaufladung werden Aerosolpartikel durch unipolare Ionen (alle
Ionen haben das gleiche Vorzeichen) geladen. Dabei existiert kein zusätzliches
elektrisches Feld. Die Kollision der Ionen mit den Partikeln findet aufgrund der
Brownschen Molekularbewegung der Ionen statt. Bei der Kollision bleiben die
Ionen an den Partikeln haften und bauen so die Ladung auf. Durch diese
Ladung entsteht auf den Partikeln ein elektrisches Gegenfeld, das die
ankommenden Ionen abstößt und einen weiteren Ladungsaufbau erschwert.
Die Ionen selbst weisen eine Boltzmann-Geschwindigkeitsverteilung auf, so
dass immer Ionen existieren, die das elektrische Gegenfeld überwinden
können. Somit existiert für die Diffusionsaufladung theoretisch keine obere
Ladungsgrenze.
Zusammenstöße mit verschieden geladenen Ionen führen zur Neutralisation
der bereits vorhanden Ladung. Da in der normalen Umgebungsluft in erster
Näherung gleich viele positive wie negative Ionen vorhanden sind, können die
Tropfen durch Diffusions- oder Feldaufladung keine unipolare Aufladung
erfahren. Zusammenstöße ungeladener Partikel mit Ionen führen nach
ausreichend langer Verweilzeit zur Gleichgewichtsladung mit einer Gaußschen
58
Normalverteilung. Der Mittelwert der Beträge aller Ladungen im Kollektiv lässt
sich mit Hilfe einer empirischen Formel abschätzen. In diese Formel gehen
sowohl die Ionenkonzentration als auch die Verweilzeit ein [1].
n(t ) =
mit
d P kT é pK E d P c i e² N i t ù
ln ê1 +
ú
2 K E e² êë
2kT
úû
Gl. 3-1
m
, mittlere Ionengeschwindigkeit
s
s
N i > 10 12
, Ionenkonzentration (bei Normbedingungen)
m³
c i = 240
Bereits geladene Partikel werden durch vorhandene Ionen wieder (teilweise)
neutralisiert. Ein ausreichend großes Angebot an Ionen und eine ausreichende
Verweilzeit
führen
wieder
zu
o.g.
Gleichgewichtsladung.
In
normaler
Umgebungsluft sind etwa 10-9 Ionen/m³ vorhanden. Bei einer Verweilzeit von
maximal 10 ms (realistische Flugdauer im Tropfenkettenexperiment) kann auf
diese Weise keine Entladung angenommen werden. Unter diesen Bedingungen
liegt die Restladung noch über 99,99% der Anfangsladung.
Die in den an Tropfenketten gemessenen Tropfenladungen können also nur
vernachlässigbar durch Zusammenstoß mit Ionen beeinflusst sein. Die Ladung
der Tropfen wird im wesentlichen durch andere Mechanismen hervorgerufen.
Dies gilt nicht für dispergierte Tropfenketten, wenn für das so erzeugte Aerosol,
das eine geringere Partikelgeschwindigkeit besitzt, längere Verweilzeiten in
einer Umgebung mit hoher Ionenkonzentration realisiert werden.
Im Unterschied zur Diffusionsaufladung bewegen sich die Ionen bei der
Feldaufladung gerichtet, da sie den Feldlinien folgen. Bei der Feldaufladung
wird ein stetiger, geordneter Strom unipolarer Ionen zwischen zwei Elektroden
realisiert. Die Ionen müssen durch eine geeignete Einrichtung (z. B. Koronaentladung) bereitgestellt werden. Auch bei der Feldaufladung bildet sich durch
die aufgenommenen Ionen ein Gegenfeld auf dem Partikel aus. Ladungen
werden solange zum Partikel transportiert, bis das entstandene Gegenfeld dazu
führt, dass keine Feldlinien mehr auf dem Partikel enden und damit auch kein
59
Ladungstransport zum Partikel mehr stattfindet. Dieser Ladungszustand wird
als Sättigungsladung bezeichnet. Sie ist von der Feldstärke und der
Dielektrizitätskonstante des Partikelmaterials abhängig.
2
æ 3e öæç Ed P ö÷
ns = ç
÷
è e + 2 øçè 4 K E e ÷ø
mit
Gl. 3-2
e der relativen Permittivitätszahl und E der elektrischen Feldstärke
3.2.2 Ladung bei der Tropfenentstehung aufgrund der dielektrischen
Doppelschicht
Die dielektrische Doppelschicht, die sich an der Flüssigkeitsoberfläche
ausbildet, ist bei der Tropfengenerierung von großer Bedeutung. Beim Austritt
des Flüssigkeitsstrahls aus der Blendenöffnung (in der Regel Metall) ändert
sich der Oberflächenpartner von Metall zu Luft. Der Ladungsaustausch an der
Grenzfläche der beiden Medien wird unterbrochen. Dielektrische Flüssigkeitstropfen, die von einer Metalloberfläche gelöst werden, tragen eine negative
Ladung [29]. Vorzeichen und Höhe der Ladung ist von den Dielektrizitätszahlen
der Flüssigkeit und des Feststoffes abhängig.
Abb. 3.1:
Abriss der dielektrischen Doppelschicht
60
Bei der Tropfenerzeugung mit einem Schwingblendengenerator, lösen sich die
einzelnen
Tropfen
üblicherweise
nicht
sofort
beim
Austritt
aus
der
Blendenöffnung ab. Die Tropfen lösen sich von dem austretenden noch
zusammenhängenden Flüssigkeitsstrahl. Vor dem Tropfenabriss kommt es zur
Strahleinschnürung zwischen den sich ausbildenden Tropfen.
An der
Grenzfläche Flüssigkeit-Luft bildet sich eine elektrische Doppelschicht aus. Im
Fall Wasser-Luft lagern sich auf der Wasseroberfläche vermehrt negative
Ladungen an. Daher ist der eingeschnürte Bereich relativ negativ, während der
ausgebauchte Bereich durch ein kleineres Oberfläche-Volumen-Verhältnis
relativ positiv geladen ist (relativ zur mittleren Ladung der Flüssigkeit). Je
nachdem an welcher Stelle der Strahl zuerst abreißt, erhält der abgetrennte
Tropfen
einen
unterschiedlichen
Ladungszustand.
In
den
folgenden
Abbildungen sind die unterschiedlichen Fälle anhand von Fotos dargestellt, die
Bewegungsrichtung ist immer von links nach rechts.
Im Fall 1
erfolgt die Trennung direkt am hinteren Ende des Tropfens.
Die eingeschnürte Verbindung verbleibt am Strahl, wo ein Ladungsaustausch
stattfinden kann, während der Tropfen mit einer positiven Ladung separiert
davonfliegt.
Im Fall 2
erfolgt der Abriss zwischen der eingeschnürten Verbindung
und der Vorderseite des nachfolgenden Tropfens. Der Zipfel verbleibt am
abgetrennten Tropfen und wird kurz darauf in der sich bildenden Kugelgestalt
des Tropfens aufgehen. Die oben beschriebene Ladungsverschiebung durch
Einschnürung und Ausbauchung wird dadurch wieder kompensiert. Sofern
keine anderen Ladungseffekte auftreten, werden die Tropfen neutral sein.
Im Fall 3
werden durch einen beidseitigen Abriss der
eingeschnürten Brücke zwischen den entstehenden Tropfen Satellitentropfen
61
ausgebildet. Diese kleineren Zwischentropfen werden sehr schnell von den
jeweils
dahinter
befindlichen
Primärtropfen
eingeholt.
Bei
der
dann
stattfindenden Koagulation gleicht sich eine vorhandene Ladungstrennung
wieder aus.
Abb. 3.2:
Zusammenfassung der drei verschiedenen Möglichkeiten der
Ladungsverteilung durch die dielektrische Doppelschicht beim Tropfenabriss
Nach Iribane, Jonas und Mason [30] und [31] fließt im Flüssigkeitsstrahl ein
Strom aufgrund der Einschnürung. Die Ladungsmenge des abgeschnürten
Tropfens ist abhängig von der Stromstärke dieses internen Ionenstroms und
der Zeitspanne zwischen Beginn der Einschnürung und Tropfenabriss. Dabei
wird in [31] bei leitfähigen Flüssigkeiten (verdünnte Salzlösungen) und Tropfen
mit einem Durchmesser von 20-30 µm für die Tropfenladung eine Größenordnung von 10-6 e.s.u. angegeben.
3.2.3 Ladung bei der Tropfenentstehung durch Influenz
Befindet sich der austretende Flüssigkeitsstrahl in einem elektrischen Feld, so
wird in ihm eine Ladung influenziert. Die Größe der Ladung ist von der
Feldstärke, der Dielektrizitätszahl der Flüssigkeit und der Geometrie abhängig.
Durch Influenz erhält die Spitze des Strahls je nach Richtung des Feldes eine
62
positive oder negative Ladung, so dass der abreißende Tropfen entsprechend
positiv oder negativ geladen ist.
E
Abb. 3.3:
Influenz im elektrischen Feld
Ein solches Feld kann im Bereich des Tropfengenerators von außen gezielt
angelegt werden und es kann ungewollte externe Störfelder geben. Eine
Besonderheit beim Schwingblendengenerator ist, dass intern ein Wechselfeld
an die Piezokeramik angelegt wird, um diese zur Schwingung anzuregen. So
wird beispielsweise eine Rechteckspannung mit einer Amplitude von 10 V
verwendet, mit deren Frequenz die Tropfenbildung gesteuert wird. Die
austretende Flüssigkeit hat leitenden Kontakt mit dem Nulleiter. Die
Piezokeramik ist ein Isolator, so dass durch sie hindurch kein Strom fließt. Da
sie jedoch als Kondensator zu betrachten ist, der sich mit jeder Spannungsänderung auflädt bzw. entlädt, fließt aufgrund der Ladungsverschiebung im
Kondensator auch auf der Gegenseite ein induzierter Strom. Die Ladungsverschiebung innerhalb des Generators wirkt sich auch auf die leitend
verbundene Flüssigkeit aus, da aufgrund der Konstruktion (Abb. 2.1) der
gesamte Generatorkopf als Gegenelektrode des Kondensators wirkt. Der
Einfluss dieser Ladungsverschiebung auf den Ladungszustand der Flüssigkeit
hängt dabei wesentlich von deren Leitfähigkeit ab.
63
Der Tropfenabriss erfolgt periodisch mit der gleichen Frequenz wie die
Anregung der Piezokeramik. Es existiert eine Phasenverschiebung zwischen
der Anregungsschwingung und dem Tropfenabriss. Diese Phasenverschiebung
ist frequenzabhängig. Dadurch ergeben sich frequenzabhängig unterschiedliche Ladungszustände des Flüssigkeitsstrahls im Moment des Tropfenabrisses.
3.3 Berechnung der Tropfenladung
3.3.1 „Ladungsschatten“ - Der abschirmende Einfluss voraus fliegender
Tropfen
Die erzeugten Tropfen tragen eine Ladung, die im wesentlichen durch die
Influenzladung an der Strahlspitze des austretenden Flüssigkeitsstrahls hervorgerufen wird. In dem Moment, in dem der Tropfen sich vom zusammenhängenden Strahl ablöst, wird die elektrisch leitende Verbindung zum
Generator unterbrochen und der Tropfen behält die Ladung, die er im Moment
der Ablösung trägt. Wie bereits weiter oben gezeigt, ist die Aufnahme und
Abgabe von Ladungen während der Flugphase in dem hier betrachteten
Prozess vernachlässigbar. Die Influenzladung wird durch die Geometrie und die
einwirkende Feldstärke bestimmt.
Die Abschirmung durch die vorausfliegenden Tropfen kann insbesondere dann
eine Rolle spielen, wenn durch ein elektrisches Feld im Bereich des
Strahlaustritts die Tropfenladung beeinflusst werden soll. Die Ladung wird
durch ein Potential an einer Gegenelektrode hervorgerufen, die Tropfen tragen
dementsprechend eine diesem Potential entgegen gerichtete Ladung. Die
vorausfliegenden Tropfen verändern das elektrische Feld. Durch ihre Ladung
wird die Feldstärke im Bereich des Flüssigkeitsaustritts an der Blende
verringert. Denn das durch die Ladung dieser Tropfen hervorgerufene
elektrische Feld wird dem vorhandenen Feld vektoriell überlagert. Die
Tropfenladung kann daher nur iterativ bestimmt werden.
64
3.3.2 Vereinfachtes Modell zur Bestimmung des Einflusses voraus
fliegender Tropfen
Um
den
Einfluß
der
Tropfenladung
der
voraus
fliegenden
Tropfen
abzuschätzen, können folgende Vereinfachungen der Geometrie angenommen
werden:
-
ein Flüssigkeitsstrahl befindet sich in einem homogenen Feld orthogonal
zwischen zwei parallelen Kodensatorplatten (ebene Platten ohne Bohrung);
-
Der Flüssigkeitsstrahl im Moment des Tropfenabrisses sei als Kugel an
einem vernachlässigbar dünnem Stab anzusehen.
-
eine Anzahl n Tropfen befindet sich in äquidistanten Abständen Dx vor dem
Strahlende;
-
die Tropfen besitzen alle die Ladung q, hervorgerufen durch die Feldstärke
E an der Spitze des Flüssigkeitsstrahls;
-
Die Ladung wird als Punktladung in der Tropfenmitte angenommen.
Die Kondensatorplatten besitzen einen Abstand H von einander und eine
Potentialdifferenz U, die durch eine Spannungsquelle hervorgerufen wird. Der
Strahl besitzt die Länge l, so dass der Abstand der Strahlspitze von der
gegenüberliegenden Platte H-l beträgt.
Das elektrische Feld zwischen den Platten lässt sich entsprechend der
Potentialtheorie durch additive Überlagerung des homogenen Feldes des
Plattenkondensators und der radialen Felder der Tropfen ermitteln. Die
Feldstärke am Strahlende ist die Summe der Feldstärken der Teilfelder.
E = SEi = E0 + Edrop
Die Feldstärke E0, hervorgerufen durch die Kondensatorplatte, beträgt
65
Gl. 3-3
E0 =
U
,
H -l
Gl. 3-4
wobei U die anliegende Spannung und H-l der Abstand des Strahlendes zur
Platte sind.
Abb. 3.4:
Skizze zur Geometrie im vereinfachten Modell
Die Feldstärke durch die n Tropfen wird durch die Summe der Feldstärken
ermittelt, die die einzelnen Tropfen im betrachteten Punkt hervorrufen. Diese ist
jeweils proportional zur Ladung des Tropfens und umgekehrt quadratisch
proportional zum Abstand zwischen dem Tropfen und dem betrachteten Punkt,
welcher gemäß dem untersuchten Modell ein ganzzahliges Vielfaches des
äquidistanten Tropfenabstands Dx ist. Jeder Tropfen trägt die gleiche Ladung q.
n
Edrop = å
i =1
qi
q
1
=
2
4pe (iDx)
4pe Dx 2
n
1
åi
i =1
2
Gl. 3-5
Aufgrund des elektrischen Feldes wird in der Spitze des Flüssigkeitsstrahls eine
Ladung induziert, deren Vorzeichen derjenigen auf der Elektrode entgegengesetzt ist. In dem Moment, in dem der nächste Tropfen sich von der
Strahlspitze löst, ist der Abstand zum nächsten Tropfen gleich dem
äquidistanten Tropfenabstand Dx. Die Ladung, die der Tropfen trägt, entspricht
der induzierten Ladung in dieser Region des Flüssigkeitsstrahls und ist gleich
der Ladung, die auch die vorherigen Tropfen tragen. Anhand der gültigen
66
Beziehungen
für
die
elektrische
Verschiebungsdichte
kann
nun
die
Tropfenladung folgendermaßen bestimmt werden:
Aus
r
r
D =e E
Gl. 3-6
und
r r
D
ò dA = Q
Gl. 3-7
A
folgt die Beziehung
r r
æ
q
q = ò e E dA = p d 2e çç E0 +
4pe Dx 2
è
A
n
1ö
÷
2 ÷
ø
åi
i =1
Gl. 3-8
bzw.
æ
q
q = p d 2 e çç E 0 4pe Dx 2
è
n
1 ö÷
,
2 ÷
ø
åi
i =1
Gl. 3-9
woraus sich die Ladung q isolieren läßt zu
p d 2e E0
p d 2e
U
.
=
q=
2
2
n
n
d
d
1
1 H -l
1+
å 1 + 4 Dx 2 å
2
4Dx 2 i =1 i 2
i =1 i
Gl. 3-10
Für i=0, den Fall, dass sich keine Tropfen zwischen der Strahlspitze und der
Gegenelektrode befinden, gilt
q = p d 2e E0 = p d 2e
U
,
H -l
Gl. 3-11
während die Reduzierung der Ladung aufgrund der abschirmenden Wirkung
voraus fliegender Tropfen durch den Quotienten
67
1+
d2 n 1
å
4Dx 2 i =1 i 2
Gl. 3-12
beschrieben wird, der mit wachsender Anzahl n der Tropfen asymptotisch
gegen
1+
d2 p2
p 2d 2
=
+
1
4 Dx 2 6
24Dx 2
Gl. 3-13
konvergiert. Mit einem Tropfenabstand von beispielsweise Dx=2d beträgt dieser
Term 1,103. Das heißt, bei unendlich vielen Tropfen wäre die Ladung q um den
Faktor 0,907 also um 9,3% vermindert. Die maximale Anzahl n der Tropfen ist
dabei jedoch durch den Abstand der Elektrode und den Tropfenabstand
vorgegeben.
nmax =
H -l
Dx
Gl. 3-14
Bei n=4 oder n=10 beträgt die Reduzierung der Ladung für Dx=2d nach diesem
Modell beispielsweise 8,2% bzw. 8,8% gegenüber der berechneten Ladung
ohne vorgelagerte Tropfen. Variationen der Tropfenanzahl n und dem
Tropfenabstand in Vielfachen m des Tropfendurchmessers d sind in Abb. 3.6
dargestellt.
Der Verlauf der Ladung über der Strahllänge, der mit Gl. 3.10 bzw. Gl. 3.11
berechnet werden kann (Abb. 3.5), geht progressiv gegen unendlich, da in
diesem vereinfachten Modell eine geschlossene Platte als Elektrode (Plattenkondensator) angenommen wurde. Da die Elektrode bei den Tropfenkettenexperimenten jedoch eine Öffnung besitzt, durch die die Tropfen hindurch
treten, wird auch bei großen Strahllängen der Abstand zur Elektrode nicht
unendlich klein und somit die Feldstärke nicht unendlich groß, wie dies im Fall
des Plattenkondensators ist.
68
H = 2 mm, U = 20 V, d = 45 µm
4,0E-15
80.000
E0 / V/m
70.000
Q0 / C
3,0E-15
60.000
2,0E-15
40.000
Q/C
E / V/m
50.000
30.000
1,0E-15
20.000
10.000
0,0E+00
0
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
1,4
1,6
1,8
2
L / mm
Abb. 3.5:
Feldstärke E und Tropfenladung q in Abhängigkeit von der
Position L des Strahlendes in einem Plattenkondensator
0%
-1%
-2%
(q-q0)/q0
-3%
-4%
-5%
-6%
-7%
2
3
4
5
m
6
-8%
-9%
-10%
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
n
Abb. 3.6:
Beeinflussung der Tropfenladung q durch n vorausfliegende
Tropfen relativ zur unbeeinflussten Ladung q0 bei einem Tropfenabstand
von m Durchmessern und bei vereinfachter Geometrie
69
3.3.3 Ermittlung des elektrostatischen Feldes
Um die Ladung der Tropfen, die durch Influenz aufgebracht wird, theoretisch zu
bestimmen, muss zunächst die Feldstärke an der Flüssigkeitsoberfläche des
sich vom Flüssigkeitstrahl lösenden Tropfens ermittelt werden. Hierzu wurde
ein kommerzielles Programm zur Feldberechnung (QField) verwendet.
Die Geometrie für die Anordnung Blende-Elektrode-Flüssigkeitsstrahl wurde
entsprechend
vorgegeben.
Als
weitere
Randbedingungen
wurden
die
Permittivität der Medien (Luft, Wasser) sowie die Potentiale der Oberflächen
angegeben. Nach Generierung eines diskreten Gitters ermittelt das Programm
im vorgegebenen Raum an jedem Gitterpunkt unter anderem das Potential und
die
Feldstärke.
Eine
grafische
Darstellung
der
Ergebnisse
für
drei
unterschiedlich lange Flüssigkeitsstrahlen ist in Abb. 3.7 zu sehen. Da der zu
berechnende Raum achsensymmetrisch bezogen auf die Strahlmitte ist, wurde
das Problem in Zylinderkoordinaten von der Strahlmitte ausgehend gezeichnet.
Es ist jeweils am unteren Bildrand der Flüssigkeitsstrahl zu sehen, der sich von
der Blendenöffnung am linken Bildrand aus nach rechts erstreckt.
Die berechneten Werte an jedem Gitterpunkt sind tabellarisch abrufbar.
Relevant für die Ladung des sich vom Strahl lösenden Tropfens ist die
Feldstärke an der Strahlspitze. Daher wurde für eine Reihe unterschiedlicher
Strahllängen das Feld berechnet und die Feldstärke an der Strahlspitze
ermittelt. Für eine Potentialdifferenz zwischen Blende und Elektrode von 10 V
ist der Verlauf der Feldstärke über der Strahllänge in Abb. 3.8 aufgetragen.
Der Unterschied zu dem in Abb. 3.5 dargestellten Verlauf der Feldstärke über
der Strahllänge in einem Plattenkondensator ist deutlich sichtbar. Während dort
die Feldstärke bei Annäherung an die gegenüberliegende Kondensatorplatte
gegen unendlich geht, nimmt die Feldstärke bei der im Tropfenkettenexperiment vorliegenden Geometrie nach Durchlaufen eines Maximums wieder
ab.
70
Abb. 3.7:
Grafische Darstellung des elektrischen Feldes für drei
verschiedene Strahllängen mit Äquipotentiallinien und Farbskala für die
Feldstärke
71
4.000
3.500
Elektrodenspannung 10 V
3.000
E / V/m
2.500
2.000
1.500
1.000
500
0
0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1
L/H
Abb. 3.8:
Berechnete elektrische Feldstärke an der Spitze des
Flüssigkeitsstrahls in Abhängigkeit von der Strahllänge L bezogen auf
den Abstand H zwischen Blende und Elektrode
10.000
20
10
1.000
E / V/m
5
2
1
100
Elektrodenspannung U / V
10
0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1
L/H
Abb. 3.9:
Berechnete elektrische Feldstärke an der Spitze des
Flüssigkeitsstrahls in Abhängigkeit von der Strahllänge L bezogen auf
den Abstand H zwischen Blende und Elektrode für unterschiedliche
Spannungen
72
In Abb. 3.9 sind die Ergebnisse dieser Berechnungen für mehrere
unterschiedliche Spannungen zwischen Blende und Elektrode zusammengestellt, wobei hier aus Gründen der Übersicht eine logarithmische Auftragung
gewählt wurde.
4 Messung der Tropfenladung in der Tropfenkette
4.1 Literatur zur Messung der Ladung an Tropfenketten
Berglund und Liu [2] fanden in Aerosolen aus dem Schwingblendengenerator
im Mittel 7300 Elementarladungen, sofern keine Neutralisierung vorgenommen
wird. Die Partikel (Durchmesser 3,75 µm) wurden erzeugt, indem Tropfen aus
einer DOP-Ethanol-Lösung generiert wurden (Blendendurchmesser 24,3 µm)
und unter Verwendung einer Dispergierkappe mit Dispergierluft zerstäubt
wurden. Die mittlere Ladung wurde mit einem Parallelplattenabscheider
gemessen. Das dispergierte Aerosol wurde in dem beschriebenen Versuchsaufbau durch eine Trockenstrecke geführt, die aus einem Plastikrohr besteht.
Vercoulen et al., die mit einem induktiven Verfahren Ladungsmessungen an
Tropfenketten aus wässrigen Elektrolytlösungen durchführten, konnten nur
relative Unterschiede in der gemessenen Ladung bestimmen [4]. Zur
Bewertung ihrer Ergebnisse hinsichtlich der absoluten Ladung bezogen sie sich
auf einen von Berglund und Liu veröffentlichten Wert [2]. Dabei wurden jedoch
weder die unterschiedlichen Eigenschaften der verwendeten Flüssigkeiten noch
variable Betriebsbedingungen berücksichtigt.
Dunn-Rankin et al. [32, 33] untersuchten experimentell das Verhalten eines
oder
mehrerer
Tropfen,
die
elektrostatisch
aus
einer
Tropfenkette
herausbewegt werden und dem Strömungsverhalten des umgebenden Fluids
ausgesetzt
sind.
Dadurch
wurde
Rückschluss
gezogen
auf
das
Geschwindigkeitsprofil, das die Tropfenkette in ihrer nächsten Umgebung
hervorruft.
73
Die Tropfenkette bestehend aus Wassertropfen mit 100-135 µm Durchmesser
wurde mit einem Schwingblendengenerator erzeugt. Die Piezokeramik wurde
mit einer Rechteckspannung (bis zu 60 Vp-p) mit Frequenzen zwischen 10 und
20 kHz angeregt. Die Aufladung der Tropfen erfolgte mit einer Ringelektrode,
an die ein Rechtecksignal mit einer Spannung von 200-250 Vp-p angelegt
wurde.
Anschließend
wurden
die
aufgeladenen
Tropfen
in
einem
Plattenkondensator (2-7 kV) abgelenkt.
Durch diese gezielte Aufladung und Ablenkung wurden Einzeltropfen oder
Tropfenkollektive aus der Tropfenkette entfernt und mit verschiedenen
Messmethoden hinsichtlich Abstand und Geschwindigkeit untersucht.
Zum Ladungszustand der nicht durch die Ringelektrode gezielt aufgeladenen
Tropfen schreiben die Autoren "allowing the undeflected, uncharged droplets to
pass into the measurement region". Dies bedeutet, dass sie entweder davon
ausgingen, dass die Tropfen im nicht beeinflussten Zustand keine Ladung
trugen oder dass die Ladung im Vergleich zu der mit der Ringelektrode
aufgebrachten Ladung vernachlässigbar war.
Brandenberger et al. verwendeten eine Vorrichtung zur Aufladung von Tropfen.
Dabei wurde mit dem Ziel einer möglichst großen Tropfenladung eine
Hochspannung an einen Schwingblendengenerator angelegt. Die hohe Ladung
der Tropfen in der Tropfenkette dient der Dispergierung durch elektrostatische
Abstoßungskräfte. Der Einsatz von Dispergierluft kommt in dem speziellen
Einsatzfall bei der Herstellung medizinischer Partikel offenbar nicht in Betracht
[34]. Das verwendete Verfahren und die benutzte Vorrichtung wurden von
ihnen zum Patent angemeldet [35].
74
4.2 Ablenkung der Tropfenkette im Plattenkondensator
Es wurden eigene Experimente zur Ablenkung der Tropfen in einem
Plattenkondensator durchgeführt. Die Tropfenkette wurde wie in Abb. 4.1
skizziert durch einen Plattenkondensator geführt. Bei Anlegen einer Spannung
zwischen den Kondensatorplatten wirkt eine elektrostatische Kraft auf geladene
Tropfen. Der Plattenabstand betrug etwa 0,5 cm und es wurden Spannungen
bis zu einigen kV angelegt.
Abb. 4.1:
Skizze des Experiments zur Ladungsbestimmung durch
Messen der Ablenkung im Plattenkondensator
Die Tropfen weisen in der monodispersen Tropfenkette einen gleichen
Ladungszustand auf, alle Tropfen der Tropfenkette wurden gleichmäßig
abgelenkt, wie die in Abb. 4.2 und Abb. 4.3 wiedergegebenen Aufnahmen
zeigen.
75
Abb. 4.2:
Mikrofotographie der Tropfenkette zwischen den Kondensatorplatten ohne und mit anliegender Spannung, Ablenkung zum
anliegenden Potential am unteren Bildrand
Abb. 4.3:
Einzelblitzaufnahme der in Abb. 4.2 dargestellten Situation
Bei Tropfenkollisionen ergibt sich ebenfalls eine gleiche Ablenkung, da bei
doppelter Masse und doppelter Ladung die elektrische Mobilität gleich bleibt.
Aufgrund der geringen Auslenkung kann die unterschiedliche Luftreibung von
Doppeltopfen und Einzeltropfen diesbezüglich vernachlässigt werden.
Je nach Anregungsfrequenz stellt sich eine bidisperse Tropfenkette mit
Primärtropfen und kleineren Sekundärtropfen ein. Bei diskreten Frequenzen
kann eine Strahlaufspaltung in zwei separate Tropfenketten beobachtet
werden. Im elektrischen Feld erfahren Tropfen unterschiedlicher elektrischer
Mobilität eine andere Kraft und werden unterschiedlich abgelenkt.
76
Auf elektrisch neutrale Topfen wirkt keine Kraft. Aufgrund der elektrostatischen
Kraft erfahren elektrisch geladene Tropfen eine Beschleunigung orthogonal zur
ursprünglichen Bewegungsrichtung. Die Bahnkurve ergibt sich aus der
additiven Überlagerung der beiden Bewegungen. Entsprechend kann aus der
gemessenen Ablenkung y an der Stelle x die elektrostatische Kraft und damit
die Ladung q des Tropfens berechnet werden. Die Geschwindigkeit in xRichtung im Kondensator wird durch die angelegte Spannung und dadurch
verursachte Ablenkung nicht beeinflusst.
m Tr &
y&= Fel = qE = q
y=
U
D Platten
1 U
1
t²
Fel t ² = q
2 DP
2
Gl. 4-1
Gl. 4-2
Die gemessenen Auslenkungen in Abhängigkeit von der angelegten Spannung
sind in Abb. 4.4 aufgetragen.
Ablenkung im Plattenkondensator
140
120
y / µm
100
80
60
40
20
0
0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
U / kV
Abb. 4.4:
Ergebnisse der Bildauswertung zu den Versuchen mit dem
Plattenkondensator
77
Aus der gemessenen Auslenkung y kann nach Gl. 4-2 die Tropfenladung
bestimmt werden. Hierzu muss die Aufenthaltsdauer im elektrischen Feld
bekannt sein. Sie lässt sich aus dem Geschwindigkeitsverlauf über dem Weg
ermitteln. Die Austrittsgeschwindigkeit der Tropfen aus der Blende wird aus
dem gemessenen Massenstrom (Auswiegen der austretenden Flüssigkeit in
einem
Zeitintervall)
berechnet.
Der
Geschwindigkeitsverlauf
und
die
zurückgelegte Wegstrecke über der Zeit werden entsprechend der in Kapitel
2.3 dargestellten Berechnungsmethode für Tropfenketten mit Berücksichtigung
des reduzierten Widerstandsbeiwertes numerisch berechnet. Daraus ergibt sich
der in Abb. 4.5 dargestellte Zusammenhang zwischen der Wegstrecke und der
zugehörigen Flugzeit der Tropfen.
Benötigte Zeit über der Wegstrecke
D = 37 µm, v0 = 17 m/s, f = 200 kHz, Kondensator: 5 mm < s < 55 mm, Ukond = 0 V
0,007
Zeit im Kondensator
(s von 5 bis 55 mm)
etwa 5,03 ms
0,006
t/s
0,005
0,004
0,003
3
2
y = 2,7981x + 0,542x + 0,0588x + 8E-08
2
R =1
0,002
0,001
0
0
0,01
0,02
0,03
0,04
0,05
0,06
s/m
Abb. 4.5:
Tropfenbewegung im Kondensator: Benötigte Zeit über der
Wegstrecke. Die vertikalen Linien zeigen den Kondensatoreintritt und den
Ort der mikroskopischen Beobachtung an.
Die aus der Ablenkung berechnete Tropfenladung ist in Abb. 4.6 als Funktion
der angelegten Kondensatorspannung wiedergegeben. Diese sollte idealer
Weise für jedes gemessene Wertepaar gleich sein und nicht von der
angelegten Kondensatorspannung abhängen. Allerdings bildet sich am Rand
78
des Kondensators ein inhomogenes Streufeld aus. Die Potentialdiffenz
zwischen
dem
beaufschlagten
austretenden
geerdeten
Blendenkopf
Kondensatorplatte
Flüssigkeitsstrahl,
führt
so
und
zu
dass
der
einer
mit
mit
dem
Potential
Ladungsinfluenz
höherer
Spannung
im
die
Tropfenladung steigt.
aus gemessener Ablenkung
berechnete Ladung
zu Wertepaaren (U;y)
25.000
q/e
20.000
15.000
10.000
5.000
0
0
200
400
600
U/V
Abb. 4.6:
spannung
Tropfenladung
in
Abhängigkeit
von
der
Kondensator-
Unabhängig vom Vorzeichen der angelegten Spannung werden die Tropfen
immer zur Platte mit dem anliegenden Potential hin bewegt. Dies beruht darauf,
dass durch das an der Kondensatorplatte anliegende Potential am Ende des
Flüssigkeitsstrahls eine Ladung influenziert wird, deren Vorzeichen entgegengesetzt zu dem an der Kondensatorplatte ist. Entsprechend werden die so
aufgeladenen Tropfen von dieser Platte angezogen.
Um den Einfluss der Influenz durch die Kondensatorplatte auszuschalten,
wurde zur elektrostatischen Abschirmung eine geerdete Metallplatte senkrecht
zwischen
Schwingblendengenerator
und
Kondensator
angebracht.
Die
Tropfenkette konnte die Platte durch eine Bohrung (Durchmesser 2 mm)
passieren. Diese Maßnahme bewirkte, dass bis zu einer Spannung von 5 kV
keine Ablenkung der Tropfen mehr sichtbar (d.h. < 1µm) war. Höhere
Spannungen konnten mit den vorhandenen Geräten nicht realisiert werden. Im
79
Versuch wurde eine Blende mit 40 µm Durchmesser eingesetzt und ein Druck
von 2 bar eingestellt. Aus den geometrischen Randbedingungen folgt daraus,
dass je nach Frequenz und sich daraus ergebendem Tropfendurchmesser
(etwa 69 µm bis 87 µm) die Tropfenladung maximal 1500 bis 5000
Elementarladungen betragen kann. Ohne Abschirmung wurden bereits bei
einer Kondensatorspannung von 1 kV Tropfenladungen von über 3 Mio.
Elementarladungen ermittelt. Das Rayleigh-Limit liegt bei dieser Tropfengröße
für Wassertropfen bei 2, 5 1012 bis 3,5 1012 Elementarladungen.
Dieses Ergebnis bestätigt die Annahme, dass die Tropfenladung durch die am
Kondensator
anliegende
Spannung
erhöht
wird.
Das
Streufeld
des
Kondensators kann jedoch wirksam abgeschirmt werden. Mit dem vorhandenen
messtechnischen Equipment war es nicht möglich, die verbleibende Ladung mit
diesem Experiment genauer zu bestimmen. Dies konnte jedoch mit dem
zweiten Versuchsaufbau realisiert werden.
4.3 Messung abfließender Ladung mittels Faraday-Cup
Die Tropfen wurden in einem Kollektor (Faraday-Cup) aufgefangen. Die von
den Tropfen getragene Ladung wurde über ein abgeschirmtes Kabel und ein
Messgerät (Nano-Amperemeter) abgeführt. Der gemessene Strom ist dem
Produkt aus Tropfenladung und Frequenz direkt proportional. Der gesamte
Versuchsaufbau konnte gegen äußere elektrische Felder abgeschirmt werden.
80
Abb. 4.7:
Experimenteller Aufbau zur Bestimmung der Tropfenladung
mit einem Faraday-Cup
Folgende unterschiedliche Randbedingungen wurden realisiert:
1. offener Versuchsaufbau mit Feldwirkung (Ladungsträger in der Umgebung)
2. offener Versuchsaufbau "ohne" äußeres Feld
3. abgeschirmter Versuchsaufbau
4. abgeschirmter Versuchsaufbau mit Stickstoffspülung
Ergebnisse: In allen Fällen wurde das gleiche Muster für den Verlauf des
Stroms über der Frequenz gefunden, jeweils unterschiedliche Niveaus und
Peakhöhen von 1 nach 4 fallend. Daraus folgt, dass der eigentliche
Tropfenentstehungsprozess nur zu einem geringen Anteil an der Tropfenladung
beteiligt ist, die Umgebungsatmosphäre etwas ausmacht und ein vorhandenes
Feld den größten Einfluss besitzt (Influenz).
Bei monodispersen Tropfenketten lässt sich direkt die Ladung der Einzeltropfen
ermitteln. Bei nicht monodispersen Tropfenketten liefert der gemessene Strom
81
eine Aussage über die mittlere Ladung. Bei hohen Frequenzen im Bereich des
unkontrollierten Strahlzerfalls ist der gemessene Strom nicht mehr frequenzabhängig. Die Blendenfrequenz hat keinen sichtbaren Einfluss mehr auf die
Tropfenbildung. Es bilden sich polydisperse Tropfenketten mit statistischer
Verteilung
mit
einer
gleichbleibenden
mittleren
Ladung.
In
dem
Frequenzbereich, in dem der Strahlzerfall durch die Anregungsfrequenz
kontrolliert wird, ist ein ausgeprägtes charakteristisches Spektrum der StromFrequenz-Kurve sichtbar. Die Minima und Maxima lassen sich mit den Bildern
des Strahlzerfalls korrelieren.
Das äußere elektrische Feld führt zur Polarisation bzw. zu einer Influenzladung
des austretenden Flüssigkeitsstrahls, so dass beim Abriss des Tropfens dieser
eine Ladung trägt. Die dadurch hervorgerufene Ladung des Tropfens ist
unabhängig von der danach zurückgelegten Wegstrecke. Der Effekt der
Aufladung des Tropfens ist abhängig von der Strahllänge, was die deutliche
Frequenzabhängigkeit erklärt.
1,20
1,10
1,00
0,90
I / I max
0,80
0,70
0,60
0,50
0,40
0,30
0,20
0,10
0,00
0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
200
f / kHz
Abb. 4.8:
Zusammenhang zwischen Tropfenladung und Tropfenabriss
82
In Abb. 4.8 ist deutlich zu sehen, dass an den Stellen, das heißt bei den
Frequenzen, bei denen sich ein langer Strahl ausbildet, ein hoher Strom,
gleichbedeutend mit eine hohen Tropfenladung, gemessen wird, während bei
den Frequenzen, bei denen eine kurze Strahllänge herrscht bzw. die Tropfen
sich auf den kleinen eingefügten Fotos bereits gelöst haben, einen niedrige
Stromstärke gemessen wurde, was einer geringen Tropfenladung entspricht.
4.4 Tropfenladung im Verhältnis zur Strahllänge
Die Strahllänge bis zum Tropfenabriss wird als Funktion der Frequenz für einen
konstanten Volumenstrom gemessen. Der Strahlabriss ist eine nicht triviale
Funktion der Anregungsfrequenz. Er ergibt sich aus dem Zusammenspiel der
Piezoschwingung, der Schwingung des Generatorkopfes und der Schwingung
des Flüssigkeitsstrahls mit ihren jeweiligen Resonanzfrequenzen.
Der Ort des Tropfenabrisses lässt sich durch Beobachtung mit dem Mikroskop
bestimmen. Dabei wird mit einer lichtstarken Diodenlampe stroboskopisch
beleuchtet. Die Anregung der Lampe erfolgt mit einem Signal, das durch
Triggerung mit der Blendenfrequenz (Rechtecksignal) synchronisiert wird. Um
scharfe Abbildungen zu bekommen, wird durch Verkürzung der Spannungsimpulse bei gleicher Frequenz die Lichtimpulse verkürzt. Der genaue Ort kann
durch Phasenverschiebung des Signals ermittelt werden. Der Ort wird an der
Anzeige des Scanningtisches am Mikroskop abgelesen. Nullwert ist die Kante
der Blendenkappe. Die abgelesene Strecke muss noch um den Betrag der
Kappendicke (Abb. 4.9) korrigiert werden.
83
Abb. 4.9:
Blendenkopfkappe, Dicke als x0
Die Frequenzabhängigkeit der Strahllänge bis zum Tropfenabriss ist in Abb.
4.10 dargestellt.
DB = 40 µm, p = 2 bar
9000
120
Strahllänge
Strom
100
8000
80
60
6000
40
I / pA
L / µm
7000
5000
20
4000
0
3000
0
20
40
60
80
100
120
-20
140
f / kHz
Abb. 4.10: Abrissort der Tropfen (Strahllänge L) sowie gemessener
Strom in Abhängigkeit von der Frequenz
84
zur Messung Juni_10_C
80
60
I / pA
40
20
y = 0,017x - 46,7
R2 = 0,7443
0
-20
3000
4000
5000
6000
7000
8000
L / µm
Abb. 4.11:
Gemessener Strom in Abhängigkeit von der Strahllänge
Die Messwerte in Abb. 4.10 unterliegen einer relativ großen Streuung, was
dadurch erklärt werden kann, dass die Wertepaare aus den beiden Grafen für
die frequenzabhängige Strahllänge und die frequenzabhängige Stromstärke
abgelesen wurden. Dabei sind beide Kurvenverläufe, gemessener Strom und
gemessene Strahllänge, Unsicherheiten unterworfen.
4.5 Variation der Betriebsparameter
4.5.1 Änderung von Druck bzw. Volumenstrom
Eine Änderung des Blendenvordrucks hat eine Erhöhung des Volumenstroms
und damit eine Erhöhung der Austrittsgeschwindigkeit zur Folge. Bei gleicher
Frequenz bedeutet dies eine Vergrößerung des Tropfendurchmessers und eine
Vergrößerung der Strahllänge. Dadurch erhöht sich auch der im Faraday-Cup
gemessene Strom.
Bei Verwendung einer Dispergierkappe ist bei Vergrößerung der Strahllänge
von Bedeutung, ob der zusammenhängende Flüssigkeitsstrahl so lang ist, dass
er aus der Kappe hervortritt. Dadurch ist dann die Möglichkeit der Influenzladung durch äußere elektrische Felder gegeben.
85
4.5.2 Änderung der Frequenz
Eine Änderung der Frequenz bedeutet bei gleichem Volumenstrom immer eine
Änderung des Tropfendurchmessers. Wie im Abschnitt 4.4 bzw. Abb. 4.10
gezeigt, reagiert auch die Strahllänge empfindlich auf eine Frequenzänderung
und damit auch die Influenzwirkung äußerer elektrischer Felder. Dabei kann der
Zusammenhang zwischen Strahllänge und gemessenem Strom als linear
angenommen werden, während der Zusammenhang zwischen Frequenz und
Strahllänge äußerst kompliziert ist und zahlreiche lokale Minima und Maxima
aufweist.
Dieses charakteristische Frequenzspektrum führt dazu, dass eine Aussage
über den Ladungszustand der Tropfen praktisch nur durch Messungen
getroffen werden kann.
4.5.3 Wahl des Blendenquerschnitts
Durch den Blendenquerschnitt werden Volumenstrom, Austrittsgeschwindigkeit
und Tropfendurchmesser beeinflusst. Ein bestimmter Tropfendurchmesser
kann mit unterschiedlicher Blendengröße generiert werden, wenn Volumenstrom und Frequenz entsprechend angepasst werden. Das gleiche Tropfenvolumen folgt dann jedoch bei einem anderen Wellenlänge-StrahldurchmesserVerhältnis.
4.5.4 Leitfähigkeit des verwendeten Wassers
Die Leitfähigkeit des eingesetzten Wassers hat maßgeblichen Einfluss auf die
Tropfenladung. So unterscheiden sich partikelfreies, entmineralisiertes und
bidestilliertes Wasser u.a. durch die Art und Menge der gelösten Ionen und die
dadurch hervorgerufene Leitfähigkeit. Die Leitfähigkeit aufgrund gelöster Ionen
kann z.B. anhand der Formel von Debye-Hückel [36] abgeschätzt werden.
Beispiel Natriumchlorid: Die Summe der molaren spezifischen Leitfähigkeiten l
+
von Na und Cl ergibt die gesamte molare spezifische Leitfähigkeit von NaCl.
86
Die Abhängigkeit der Leitfähigkeit von der molaren Konzentration wird nach
Debye-Hückel durch
L = L 0 - ( AL 0 + B ) c
Gl. 4-3
bestimmt mit
L 0 = l 0, Na + l 0,Cl
l 0, Na ( 25°C ) = 50,1 S cm ² / mol
l 0,Cl ( 25°C ) = 76,4 S cm ² / mol
und c der molaren Konzentration in mol/l. A und B sind stoff- und temperaturabhängige Parameter. Für einwertige Ionen bei 25°C gilt
A = 0,2285
B = 60,21.
Die Leitfähigkeit der Lösung lässt sich durch Multiplikation der molaren
Leitfähigkeit mit der molaren Konzentration ermitteln. Bei einer Massenkonzentration von 290 mg/l NaCl in Wasser lässt sich so eine Leitfähigkeit von ca. 600
µS/cm berechnen.
Die meisten Versuche wurden mit einer NaCl-Konzentration von ca. 1200 mg/l
durchgeführt. Die entsprechend obenstehender Beziehung berechnete Leitfähigkeit beträgt 2352 µS/cm. Gemessen wurde bei einer Einwaage von
1204 mg/l eine Leitfähigkeit von 2358 µS/cm (theoretisch 2359,4 µS/cm).
4.6 Gezielte Einstellung der Tropfenladung
Die Ladung der Tropfen kann durch Anlegen eines externen elektrischen
Feldes beeinflusst werden. Das auf den austretenden Flüssigkeitsstrahl
wirkende Feld führt zu einer Influenzladung am Strahlende, durch die der sich
ablösende Tropfen eine Aufladung erfährt. Bei richtiger Wahl des Feldes kann
die Ladung des Tropfens, die dieser ohne äußeres Feld erfährt, kompensiert
werden, so dass man Tropfen erzeugen kann, die vollkommen ungeladen sind.
Da die mit dem Schwingblendengenerator erzeugten Tropfen einer konstant
87
betriebenen Tropfenkette alle die gleichen Eigenschaften besitzen, besteht
dann das gesamte Partikelkollektiv aus ungeladenen oder entsprechend gleich
geladenen Tropfen.
Das hierzu erforderliche Feld wird durch eine Elektrode erzeugt, die aus einem
ebenen Blech besteht, das parallel zur Blendenkopfebene angebracht wird und
in dessen Mitte sich eine kleine Bohrung befindet, durch welche die Tropfenkette durchgeführt wird (Abb. 4.12). Das elektrische Feld, das sich zwischen
Elektrode und Blende ausbildet, führt zu einer Induktion im austretenden
Tropfenstrahl. Bei richtiger Wahl von Vorzeichen und Betrag des angelegten
Potentials zwischen Blende und Elektrode heben sich die induktiven Effekte
innerhalb des Blendenkopfes und durch das außen angelegte Feld gegenseitig
auf.
Abb. 4.12:
Skizze der Ladungs-/Entladungsvorrichtung am Generator
Da die Ladung der Tropfenkette abhängig von der Tropfenflüssigkeit, der
Blendengröße, dem Durchfluss und der Frequenz ist, muss das angelegte
elektrische Feld an den jeweiligen Betriebspunkt angepasst werden.
88
Spektren Strom über Frequenz, 40µm, 2bar
15.000
10.000
-30 V
-20 V
5.000
I /pA
-10 V
0
0V
+10 V
-5.000
+20 V
+30 V
-10.000
-15.000
0
50
100
150
200
250
f / kHz
Abb. 4.13: Gemessener Strom in Abhängigkeit von der Frequenz
für unterschiedliche Elektrodenspannungen
D = 40 µm, p = 2 bar
10000
I / pA
8000
40 kHz
50 kHz
6000
70 kHz
4000
2000
0
-40
-30
-20
-10
-2000
0
10
20
30 Uel/V 40
-4000
-6000
-8000
-10000
Abb. 4.14: Gemessener Strom in Abhängigkeit von der angelegten
Elektrodenspannung für unterschiedliche Frequenzen (Strahllängen)
89
500
I/pA
40 kHz
50 kHz
400
300
200
100
0
-2
-1,5
-1
-0,5
-100
0
0,5
1
1,5 U/V
2
-200
-300
-400
-500
Abb. 4.15:
Wie vorherige Abbildung, Ausschnitt für geringe Spannungen
In Abb. 4.13 sind die Messergebnisse für den Strom in Abhängigkeit von der
Frequenz für
unterschiedliche
Elektrodenspannungen
aufgetragen.
Das
charakteristische Spektrum über der Frequenz ist in allen Messreihen sichtbar
und ist bei höherer Spannung ausgeprägter.
Abb. 4.14 und Abb. 4.15 zeigen die Abhängigkeit des gemessenen Stroms von
der an der Elektrode angelegten Spannung für zwei bzw. drei unterschiedliche
Frequenzen. Es wurden 40, 50 und 70 kHz gewählt, denn in Abb. 4.13 ist zu
sehen, dass das Spektrum bei 40 kHz ein Minimum besitzt, während bei jedem
Spektrum bei 50 und 70 kHz jeweils etwa der gleiche Strom gemessen wurde.
Der gemessene Strom verhält sich umgekehrt proportional zur angelegten
Spannung. Bei einer Frequenz von 50 kHz ist der Verlauf steiler als bei 40 kHz.
Für 50 kHz und 70 kHz ist der Verlauf wie erwartet nahezu identisch.
Dieses Ergebnis bestätigt den in Abb. 4.11 gefundenen Zusammenhang der
Abhängigkeit des gemessenen Stroms von der Strahllänge. Ebenso ist die
Empfindlichkeit des gemessenen Stroms gegenüber der angelegten Spannung
offenbar nur eine Funktion der Strahllänge bzw. des sich dadurch ergebenden
90
Abstandes zwischen dem Tropfenabrissort und der Elektrode. Das heisst, die
am Strahlende wirksame Feldstärke bestimmt den durch die Tropfenkette
übertragenen Strom. Die Tropfenladung ergibt sich dann aus diesem Strom
und der Frequenz.
Ein Strom von 200 pA bei 50 kHz entsprechen 25.000 Elementarladungen pro
Tropfen. Bei 70 kHz und gleichem Strom sind es nur 17.857 Elementarladungen. Da sowohl I(U) als auch Q(I) direkt proportional sind, stellt auch Q(U)
eine direkte Proportionalität dar, jedoch mit anderen Steigungen, so dass der
Verlauf für 50 und 70 kHz nicht mehr zusammenfällt (Abb. 4.16).
D = 40 µm, p = 2 bar
1,0E+06
Q/e
8,0E+05
40 kHz
50 kHz
6,0E+05
70 kHz
4,0E+05
2,0E+05
-40
-30
-20
0,0E+00
-10
0
-2,0E+05
10
20
30 Uel/V 40
-4,0E+05
-6,0E+05
-8,0E+05
-1,0E+06
Abb. 4.16: Tropfenladung Q als Funktion der angelegten Spannung U für
unterschiedliche Frequenzen f
Aus den durchgeführten Untersuchungen wird deutlich, dass eine definierte
Ladung und auch Entladung mit geringer Spannung möglich ist. Im
dargestellten Experiment kann die Ladung der Tropfen mit einer negativen
Spannung von nur 0,5 bis 1 Volt auf Null gesetzt werden (Abb. 4.15). Es
können also elektrisch neutrale Tropfen generiert werden.
91
4.7 Untersuchung der Partikelladung bei verdunstenden Salzlösungen
Wird im Schwingblendengenerator eine Salzlösung eingesetzt und werden
Bedingungen eingestellt, die ein vollständiges Verdunsten des Wassers
ermöglichen, so lässt sich ein Aerosol aus Salzkristallpartikeln herstellen.
Hierzu wird der Generator mit Dispergierkappe betrieben und Dispergierluft
zugegeben. Das Aerosol wird in einen nachgeschalteten Trockner bestehend
aus einer Heizstrecke und einem Silicagel-Adsorber, geleitet. Mit einem
optischer Partikelzähler (PCS 2000) kann die Partikelanzahlkonzentration und
die Partikelgrößenverteilung ermittelt werden.
Während die Kristallisationsfeuchte für NaCl 47% beträgt, liegt sie bei KCl bei
62%, so dass KCl bereits bei höherer Luftfeuchtigkeit kristallisiert. Daher wird
für die Untersuchungen bevorzugt KCl gewählt.
Die eingestellten Parameter sind:
-
200 kHz Anregungsfrequenz
-
10 V Anregungsspannung SBG
-
20 µm Blendendurchmesser
-
1,2 l/min Dispergierluft
-
6,6 l/min Transportluft
Ergebnisse für drei Messungen bei einer Salzkonzentration von 1 g/l sind in
Abb. 4.17 dargestellt. Es werden nahezu monodisperse Partikel von ca. 7 µm
Durchmesser (6-10µm) reproduzierbar erzeugt. Eine Erhöhung der Salzkonzentration führt erwartungsgemäß zur Ausbildung größerer Salzkristallpartikeln.
Weitere Ergebnisse sind in [37] ausführlich dargestellt.
Bei einer Variation der Trockenlufttemperatur zwischen 30 und 40 °C war in
jedem Fall eine effektive Trocknung möglich. Bei 35,3°C lag beispielsweise ein
relative Luftfeuchte von 40,5% vor.
92
Abb. 4.17: Partikelgrößenverteilung der entstehenden Salzpartikel bei
Einsatz einer 1 g/l KCl-Lösung
Die Partikelgrößenverteilung in diesem Temperaturintervall war etwa gleich
,jedoch wurden unterschiedliche Anzahlkonzentrationen gemessen. Da der
Versuchsaufbau nicht mit einer Temperatur-Konstanthaltung ausgestattet war,
konnten
aus
diesem
Grund
keine
aussagefähigen
Messungen
der
Partikelladung an getrocknetem Aerosol durchgeführt werden. Deshalb wurde
der Strom als Funktion der angelegten Spannung für die erzeugten Tropfen
gemessen. Im Vergleich sind in Abb. 4.18 und Abb. 4.19 die Ergebnisse für
destilliertes Wasser und eine KCl-Lösung (50 g/l) zu sehen.
Wie bereits in den vorangegangenen Experimenten (Abb. 4.14 - Abb. 4.16)
konnte auch hier für die Salzlösung ein linearer Zusammenhang zwischen der
angelegten Spannung und dem gemessenen Strom festgestellt werden (Abb.
4.18). Bei destilliertem Wasser, d.h. einer Flüssigkeit mit vernachlässigbarer
Leitfähigkeit ist praktisch keine Beeinflussung der vorhandenen Ladung durch
die angelegte Spannung möglich (Abb. 4.19).
93
100
80
60
40
I / pA
20
0
-20
-40
-60
-80
-100
-50
-40
-30
-20
-10
0
10
20
30
40
50
30
40
50
U/V
Abb. 4.18:
Strom-Spannungsverlauf für KCl-Lösung
200
180
160
140
I / pA
120
100
80
60
40
20
0
-50
-40
-30
-20
-10
0
10
20
U/V
Abb. 4.19:
Strom-Spannungsverlauf für destilliertes Wasser
94
5 Untersuchungen an einem polydispersen Spray
5.1 Experimenteller Aufbau
Mit einem Schwingblendengenerator können nur relativ geringe Tropfenanzahlkonzentrationen erzeugt werden, die für technische Anwendungen oftmals nicht
ausreichen. Überwiegend kommen Schwingblendengeneratoren in wissenschaftlichen Anwendungen zum Einsatz.
Ein verbreitetes Verfahren zur Tropfenerzeugung stellt die Zerstäubung mittels
Zweistoffdüse dar. Hierbei wird eine Flüssigkeit mittels Gasstrom zerstäubt. Es
entsteht ein polydisperser Spray, ein Aerosol aus Tropfen mit unterschiedlichen
Durchmessern. Die Topfenanzahlkonzentration ist dabei erheblich größer als
bei einem Schwingblendengenerator.
Da hierbei sowohl unterschiedliche Tropfengrößen entstehen, als auch der Ort
der Tropfenentstehung nicht so genau definiert ist wie bei einem Schwingblendengenerator, ist es bei einer Zweistoffdüse nicht möglich, ein Aerosol zu
erzeugen, das aus gleichförmig geladenen Tropfen besteht.
Interessant ist jedoch, inwieweit die Ergebnisse der bei der Tropfenkette
erzielten Tropfenentladung sich auch auf ein mittels Zweistoffdüse erzeugtes
polydisperses Aerosol übertragen lassen. Ziel der hierzu angestellten
Untersuchungen ist es, die Möglichkeiten der einfachen Tropfenentladung
durch
Anlegen
geringer
Spannungen
auch
bei
technisch
relevanter
Aerosolerzeugung aufzuzeigen.
Die Untersuchungen wurden an einer Apparatur durchgeführt, in der eine
Zweiphasendüse der Firma Düsen-Schlick GmbH (Modell 970 Form 0) in einem
Aerosolgenerator
AGK-2000
der
Firma
PaLas
GmbH
mit
einer
Entladungselektrode ausgerüstet wurde [38]. Um Feststoffpartikel erzeugen zu
können wurde dem Aerosolgenerator eine Trockenstrecke bestehend aus
95
einem Silicagel-Trockner und eine Verdünnungsstufe nachgeschaltet. Zur
Bestimmung der Partikelgrößenverteilung wurde ein optischer Partikelzähler
verwendet (PCS 2000 der Firma PaLas GmbH).
Die Bestimmung der Partikelladung wurde ohne Verdünnungsstufe mittels
Elektrometer vorgenommen (Abb. 5.1). Die Messung der Ladung erfolgte an
den getrockneten KCl-Partikeln.
Abb. 5.1:
Versuchsaufbau
polydispersen Aerosolen
zur
Messung
der
Ladungen
auf
5.2 Messergebnisse
In Abb. 5.2 ist der gemessene Volumenstrom über dem Druck aufgetragen.
Während hier der Volumenstrom in der Größenordnung 10-50 l/min liegt, sind
es beim Schwingblendengenerator nur ml/min. Der Volumenstrom und damit
die zum Aerosol dispergierte Flüssigkeit ist somit bei der Zweistoffdüse um den
Faktor 1000 größer.
96
60
50
V / l/min
40
30
20
10
0
0
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5
p / bar
Abb. 5.2:
Gemessener Flüssigkeitsvolumenstrom in Abhängigkeit vom
Druck bei der Aerosolerzeugung
Für vier verschiedene Konzentrationen wurden der mittlere Durchmesser und
die Anzahlkonzentrationen der Partikel der getrockneten Aerosole sowohl für
NaCl als auch für KCl gemessen. Die Ergebnisse sind in Abb. 5.3 und Abb. 5.4
dargestellt. Das NaCl-Aerosol weist eine größere Anzahl Partikeln mit
geringerem mittleren Durchmesser auf als das KCl-Aerosol.
97
0,49
NaCl
0,48
KCl
d / µm
0,47
0,46
0,45
0,44
0,43
0
5
10
15
C / g/l
20
25
30
Abb. 5.3:
Vergleich der mittleren Durchmesser des erzeugten NaClund KCl-Aerosols bei unterschiedlichen Konzentrationen der Ausgangslösung
1400
NaCl
1200
KCl
1000
N / cm
-3
800
600
400
200
0
0
5
10
15
C / g/l
20
25
30
Abb. 5.4:
Vergleich der Anzahlkonzentration des erzeugten NaCl- und
KCl-Aerosols bei unterschiedlichen Konzentrationen der Ausgangslösung
In den Abbildungen Abb. 5.5 und Abb. 5.6 ist die Abhängigkeit der erzielten
elektrostatischen Aufladung des mittels Zweistoffdüse dispergierten Aerosols
von der an der Elektrode angelegten Spannung am Beispiel von Leitungswas-
98
ser und einer KCl-Lösung dargestellt. In beiden Fällen liegt die „Grundladung“
des Aerosols, das heisst die Ladung ohne externe Spannung, bei etwa 0,4
mV. Bei den Versuchen mit Leitungswasser kam es im Gegensatz zur KClLösung bei Anlegen einer negativen Spannung nicht zur vollkommenen
Neutralisierung und Vorzeichenumkehr der Aerosolladung. Bei den Versuchen
mit der KCl-Lösung betrug die zur Neutralisierung erforderliche Spannung etwa
–10 V.
0
-150
-100
-50
-0,1
0
-0,2
50
100
150
U/V
I / µA
-0,3
-0,4
-0,5
-0,6
-0,7
-0,8
-0,9
-1
Abb. 5.5:
Tropfenaufladung bei Zerstäubung von Leitungswasser mit
der modifizierten Zweistoffdüse in Abhängigkeit von der angelegten
Spannung
99
0,6
0,4
0,2
0
I / µA
-150
-100
-50
-0,2
0
50
100
150
U/V
-0,4
-0,6
-0,8
-1
-1,2
Abb. 5.6:
Tropfenaufladung bei Zerstäubung einer KCl-Lösung mit der
modifizierten Zweistoffdüse in Abhängigkeit von der angelegten
Spannung
Weitere Aussagen zur Neutralisierung sind der Abb. 5.7 aus den Versuchen
ohne Trockner und der Abb. 5.8 aus den Versuchen mit Trockner zu
entnehmen. Aufgetragen sind über dem Zerstäubungsdruck die Ladung der
unbeeinflussten Partikeln und die zur Neutralisierung erforderliche Spannung,
wobei sichtbar wird, dass die trockenen Partikeln eine etwas geringere Ladung
aufweisen.
100
0
0
0
1
2
3
4
5
-0,1
-2
-0,15
-3
U/V
-0,05
-0,2
-0,25
-4
I / µA
-1
-0,3
-5
-6
Spannung zur
Neutralisation
-7
gemessener Strom
durch Aerosolladung
-0,35
-0,4
-0,45
-8
-0,5
p / bar
Abb. 5.7:
Entladung des nicht getrockneten Aerosols bei Variation des
Zerstäubungsdrucks
0
0
1
2
3
4
5
-1
-0,05
-2
-0,1
-3
-0,15
-4
Spannung zur
Neutralisation
-0,2
-5
gemessener Strom
durch Aerosolladung
-0,25
-6
I / µA
U/V
0
-0,3
p / bar
Abb. 5.8:
Entladung des getrockneten Aerosols bei Variation des
Zerstäubungsdrucks
101
6 Zusammenfassung
Zur standardisierten Eignungsprüfung von Filtermaterialien ist es erforderlich,
diese mit einer definierten Partikelgrößenverteilung und Anzahlkonzentrationen
zu beaufschlagen. Dies wird im allgemeinen durch den Einsatz von
Teststäuben und eignungsgeprüften Aerosolgeneratoren erreicht. Mindestens
gleichbedeutend ist, dass die Partikel einen definierten und reproduzierbaren
Ladungszustand
aufweisen.
Dies
ist
zur
Zeit
nicht
gegeben,
der
Ladungszustand wird bislang zumeist nicht erfasst oder gezielt verändert.
Zur Vorbereitung der experimentellen Arbeiten sind theoretische Betrachtungen
zur Tropfenbewegung und -verdunstung durchgeführt worden. In einem ersten
Schritt wird die Verdunstung der bewegten Einzeltropfen berechnet. Danach
wird ein vereinfachtes Modell zur Beschreibung der Verdunstung in einer
Tropfenkette vorgestellt sowie die Tropfenbewegung unter Berücksichtigung
des
in
der
Tropfenkette
reduzierten
Luftwiderstands
berechnet.
Die
Rechenergebnisse werden durch videomikroskopische Bestimmung des
Tropfendurchmesser und des Tropfenabstands über dem Ort verifiziert.
Aufgrund der dichten Abstände und hohen Tropfenfrequenz in der Tropfenkette
wird die Verdunstung der Tropfen verzögert, da sich in der Umgebung der
Tropfen
eine
lokale
Dampsättigung
einstellt.
Zur
Erzeugung
von
Feststoffpartikeln aus Salzlösungen wurden die Tropfen dispergiert und
anschließend thermisch und adsorptiv getrocknet.
Im Rahmen dieser Arbeit ist mit zwei unterschiedlichen experimentellen
Methoden der Ladungszustand der Tropfen gemessen worden. In einem weiten
Bereich praxisrelevanter Betriebsparameter sind neue Erkenntnisse zum
Ladungszustand der Tropfen in einer Tropfenkette mit und ohne Anlegen einer
zusätzlichen Spannung gewonnen worden. Insbesondere durch das Messen
der Strahllänge der austretenden Flüssigkeit bei unterschiedlichen Drücken und
Frequenzen konnte der von Reischl et al. vermutete Zusammenhang zwischen
102
Strahllänge und Tropfenladung bestätigt werden. Dabei wurde aber festgestellt,
dass nicht die Tropfenladung sondern der von der Tropfenkette transportierte
Strom direkt proportional zur Strahllänge ist.
Die
Ablenkung
der
Tropfen
in
einem
Plattenkondensator
zeigte
die
Einheitlichkeit der Ladung monodisperser Tropfenketten. Die aus der
Ablenkung bestimmte absolute Tropfenladung wurde von der am Kondensator
angelegten Spannung beeinflusst. Eine Abschirmung des elektrischen Feldes
reduzierte die Ablenkung auf ein nicht messbares Maß, so dass die
unbeeinflusste Tropfenladung auf diese Weise nicht bestimmt werden konnte.
Durch Auffangen der Tropfen in einem Faraday-Cup und Messung des
abfließenden Stroms wurde ein integraler Mittelwert der Tropfenladung
bestimmt. Die Abhängigkeit der Tropfenladung vom Volumenstrom und der
Anregungsfrequenz wurden ebenso untersucht wie der Einfluss eines
elektrischen Feldes im Bereich des Flüssigkeitsaustritts an der Blende.
Ohne Anlegen eines Potentials liegt beispielsweise die Ladung von Tropfen aus
einer NaCl-Lösung mit einem Durchmesser von 75 µm in der Größenordnung
von 2500 Elementarladungen.
Durch Abschirmung des Flüssigkeitsstrahls wurde die Tropfenladung ohne
Influenzeinwirkung gemessen. Dabei kann die Tropfenladung deutlich reduziert
und unkontrollierten äußeren Einflüssen entzogen werden.
Elektrisch
neutrale
Tropfen
können
durch
Anlegen
eines
an
die
Betriebsbedingungen angepassten Potentials an eine Elektrode innerhalb der
nach außen abschirmenden Dispergierkappe erzeugt werden, wobei eine
Spannung von wenigen Volt ausreicht. Ebenso kann den Tropfen eine
definierte Ladung aufgeprägt werden.
Aus diesen Erkenntnissen heraus wurde eine Apparatur entwickelt, mit der es
möglich ist, neutrale oder gezielt geladene Partikel zu erzeugen. Die
Besonderheit des Verfahrens ist, dass nicht die mittlere Ladung des
generierten Partikelkollektivs vorgegeben wird, sondern die einheitliche
103
individuelle Tropfenladung. Das Verfahren basiert auf dem bekannten Prinzip
des Schwingblendengenerators, der mit
einer in
die
Dispergierkappe
integrierten Elektrode ausgerüstet ist. Die anzulegende Spannung liegt im
Bereich weniger Volt. Durch diese
Methode
kann
sowohl auf
eine
Hochspannungseinrichtung, wie sie zur Koronaentladung benötigt wird, als
auch auf radioaktive Präparate, wie sie in anderen Neutralisatoren zum Einsatz
kommen, verzichtet werden.
Die Geometrie der Dispergierkappe, die gleichzeitig zur Abschirmung des aus
der Blende austretenden Flüssigkeitsstrahls dient, ist so zu bemessen, dass
der Tropfenabriss immer innerhalb der Kappe erfolgt. Die zur Ladungsbeeinflussung anzulegende Spannung muss auf den jeweiligen Betriebspunkt
des Generators abgestimmt werden.
Der Einsatzbereich des entwickelten Verfahrens lässt sich auf die in der Praxis
bedeutendere Aerosolerzeugung mittels Zweistoffdüse erweitern, wobei in
diesem Fall nicht die Ladung der individuellen Tropfen sondern der Mittelwert
des zerstäubten Tropfenkollektivs eingestellt wird. Die Möglichkeit der
Anwendung
bei
der
Erzeugung
von
Feststoffpartikelaerosolen
durch
Lösungszerstäubung mit anschließender Trocknung konnte ebenfalls gezeigt
werden.
104
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